DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 30 vom 24. Juli 1980 Zur Fortbildung Aktuelle Medizin UNSPEZIFISCHE ENTZÜNDUNGEN: Cholangitis Wolf-Peter Fritsch und Georg Strohmeyer Aus der Medizinischen Klinik und Poliklinik D (Direktor: Professor Dr. med. Georg Strohmeyer) der Universität Düsseldorf Differentialdiagnostisch sind die akute bakterielle Entzündung der Gallenwege, die chronische, nichteitrige destruierende Cholangitis und die primär sklerosierende Cholangitis klar voneinander zu unterscheiden. Diagnostische Fortschritte haben sich durch die Bestimmung der yGT und durch die mitochondriale Antikörperbestimmung bei der Frühdiagnose der chronischen, nichteitrigen destruierenden Cholangitis ergeben. Mit Einführung der PTC und ERC ist die sichere Diagnose der primär sklerosierenden Cholangitis und — gelegentlich — deren konservative Drainagebehandlung ermöglicht worden. Ampicilline und Cephalosporine haben heute weitgehend die Tetrazykline in der Behandlung der akuten Infektion der Gallenwege verdrängt. Bei der Behandlung der chronischen, nichteitrigen destruierenden Cholangitis wird man sich auch in Zukunft auf die symptomatische Therapie der Cholestase und ihre Folgen beschränken müssen. Dem Kliniker bereitet es gelegentlich große Schwierigkeiten, zwischen einer Gallengangsentzündung und einer chronischen Leberentzündung mit Cholestase zu unterscheiden. Selbst die histologische Untersuchung eines Leberpunktatzylinders ist nicht immer entscheidend hilfreich. Ausdruck für diese diagnostische Unsicherheit ist der Begriff Cholangiohepatitis. Da sich bei Entzündungen der Gallenwege häufiger ein inkomplettes als ein komplettes Verschluß-Syndrom entwickelt und zusätzlich in wechselndem Umfang Zeichen einer Parenchymschädigung der Leber vorhanden sein können, sind auch biochemische Resultate vieldeutig. demgegenüber unbedeutend. Lymphogene oder perpetuierende Infektionen aus der Nachbarschaft sind extrem selten. Während die Existenz einer sogenannten primären bakteriellen Cholangiolitis und Cholangitis über die Vena portae und die Arteria hepatica angezweifelt wird (10, 11, 17)*), soll die Infektion der Gallenblase dagegen häufig hämatogen erfolgen (1, 2, 9, 11). Für die Entstehung einer Gallenwegsinfektion wird eine Gallenstauung als entscheidende Voraussetzung angenommen; eine alleinige Bakterienausscheidung aus dem Blut in die Galle genügt nicht (17). Prädisponierende Faktoren sind in Tabelle 1 aufgeführt. Definition Infektionserreger Bei Cholangitis liegt eine ätiologisch unterschiedliche lokale oder diffuse entzündliche Veränderung der intraund extrahepatischen Gallenwege vor. Ätiologie I. Cholangitis durch Infektion Der häufigste Infektionsweg ist die aszendierende Infektion vom Duodenum aus. Die Zahl der hämatogenen Infektionen der Gallenwege ist Exakte Angaben über Mikroorganismen in der Galle können — abgesehen von Salmonellen — nur nach steriler Punktion der Gallenblase beziehungsweise Gallenwege gewonnen werden. Die sogenannte Sondengalle aus dem Duodenum führt zu keiner sicher verwertbaren Aussage, da mit dem Einführen der Sonde Keime aus der Mundhöhle und dem Pharynx eingeschleust werden können, ferner Keime des Dünndarms hinzu*) Die Ziffern in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks. 1841 Cholangitis kommen. Inwieweit mittels Sondierung des Choledochus über ein flexibles Duodenoskop eindeutige Ergebnisse gewonnen werden, muß abgewartet werden. Hinsichtlich der ätiologischen Bedeutung nachgewiesener Bakterien bestehen heute noch keine klaren Vorstellungen. Das in der Punktatgalle nachweisbare Erregerspektrum gibt Tabelle 2 wieder. Bei der akuten Form der Cholangitis läßt sich in der Mehrzahl der Fälle eine Monobesiedlung mit überwiegend Escherichia coli und Enterokokken nachweisen. Chronische Gallenwegserkrankungen sind dagegen durch einen selteneren Nachweis von Mikroorganismen in der Galle (weniger als 50 Prozent) und durch ein anderes Keimspektrum charakterisiert. Der Escherichia-coli-Nachweis nimmt ab, KlebsiellenInfektionen werden relativ häufiger beobachtet. Ungeklärt bleibt bislang die Ursache einer Galleninfektion in den Fällen ohne Erregernachweis in der Punktatgalle. Es sei darauf hingewiesen, daß Gallenwegspunktionen intraoperativ, meistens im Intervall, durchgeführt werden. Unbekannt bleibt gelegentlich eine Vorbehandlung mit Antibiotika. II. Cholangitis ohne wesentliche Infektion Bei der chronisch nicht eitrigen destruierenden Cholangitis gibt es vie- le Hinweise dafür, daß primär immunologische Vorgänge für die Ausbildung dieser Erkrankung entscheidend sind. Als Ursache der primär sklerosierenden Cholangitis werden neben portalen Bakteriämien und genetischen Faktoren auch toxische Einflüsse mit verstärkter Absorption der Lithocholsäure diskutiert. Aus Chenodesoxycholsäure entsteht durch bakterielle Einwirkung im Darm Lithocholsäure, die bei verstärkter Absorption zur Wandschädigung im Bereich der galleableitenden Wege führen soll. Für Autoimmunvorgänge als mögliche pathogenetische Faktoren spricht das Auftreten der primär sklerosierenden Cholangitis im Rahmen eines Ormondschen Syndroms sowie das gleichzeitige Auftreten einer Orbitalfibrose oder einer Riedelschen Strumitis. Die destruierenden beziehungsweise obstruierenden Prozesse ziehen im Verlauf der Krankheit schwelende bakterielle Entzündungen der Gallenwege nach sich und führen Tabelle 1: Prädisponierende Faktoren für die Entstehung einer Gallenwegsinfektion Tabelle 2: Erregerspektrum bei Infektionen im Bereich der Gallenwege*) • Gallensteine (Ductus choledochus, Ductus hepaticus) Escherichia coli 40-70% Enterokokken 10-25% Zustand nach Gallenwegsoperationen oder Operationen im Bereich der angrenzenden Organe Klebsiellen 10-20% • (1) Gallengangsneoplasma oder Tumoren der benachbarten Organe (I) Striktur (Mirrizi-Syndrom) • (;) 1842 Papillitis Parasiten (Leberegel, Würmer: Clonorchis, Opistorchis, Askariden, Echinokokken) Heft 30 vom 24. Juli 1980 insofern episodenartig zum Bild der chronischen beziehungsweise akuten Gallenwegsentzündung. Enterobacter 5-15% Streptokokken 4-15% Proteus mirabilis —5 0/0 Proteus vulgaris —5 0/0 Proteus aeruginosa 1-5% Bacteroidesspecies 1-5% Salmonellen 0,1-0,5% *) nach M. Knothe, D. Maroske, H. Wacha DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Primäre bakterielle Cholangitis Die typische Symptomen-Trias in der akuten Phase sind: Fieber, Ikterus, rechtsseitige Oberbauchschmerzen. Das Fieber beginnt meist mit Schüttelfrost, zeigt gelegentlich einen intermittierenden Verlauf (Charcotsches Fieber). Bei einer Cholelithiasis als Grundkrankheit sind meist Koliken vorausgegangen. Der cholangitische Schmerz ist in der Regel nicht gut lokalisierbar und es besteht eine druck- und klopfschmerzhafte mäßig vergrößerte Leber. Sonderformen abszedierende, obstruktive Cholangitis ist klinisch gekenn- Die zeichnet durch Serien von Schüttelfrösten. Im Verlauf der Erkrankung entwickeln sich häufig multiple cholangitische Leberabzesse und ein septischer Schock. Die rekurrierende pyogene Cholangitis (16) ist durch wiederholt auftretende akute Schübe charakterisiert. Bei der chronischen Cholangitis liegt gewöhnlich ein partieller Gallenwegsverschluß zugrunde. Typisch sind unklare Fieberschübe, eine leichte Cholestase und eine mäßig vergrößerte Leber. Sonderformen der bakteriellen Cholangitis stellen ferner Zustände nach Operationen dar, wie zum Beispiel Zustand nach Cholezystektomie, Zustand nach Anastomosen-Operationen und Zustand nach Lebertransplantationen. Die Erkrankung in diesen Fällen zeichnet sich durch ihren schweren Verlauf aufgrund einer geminderten Abwehrlage einerseits und Verursachung durch Problemkeime andererseits aus. Komplikationen Die cholangitische Sepsis ist relativ selten. Im internistischen Krankengut stellt sie weniger als 10 Prozent aller Septikämien dar. Besonders betroffen sind Patienten über dem Aktuelle Medizin Cholangitis 50. Lebensjahr. Als Grunderkrankungen kommen in erster Linie Gallengangs-Konkremente, Zustände nach Cholezystektomie sowie bilio-digestive Anastomosen (insbesondere Choledocho-Duodenostomien), Neoplasmen, sowie diagnostische Eingriffe (endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie [ERCP], transjuguläre Cholangiographie, perkutane transhepatische Cholangiographie [PTC]) in Frage. Das Keimspektrum ist ähnlich wie bei der akuten Cholangitis. Weitere Komplikationen sind Gallenfistelbildung, Leberabszeß, subphrenischer Abszeß und rechtsseitige pneumopulmonale Erkrankungen. Diagnose Die Diagnose der akuten Cholangitis ist in der Regel relativ einfach zu stellen. Auf die klinischen Symptome (Charcotsche Trias) wurde schon hingewiesen, obwohl alle drei Hauptsymptome nur selten immer gleichzeitig vorhanden sind. Die BSG ist sehr stark erhöht, im Blutbild zeigen sich eine Leukozytose und eine Linksverschiebung. Die Transaminasen sind leicht bis mittelgradig erhöht. In charakteristischer Weise findet sich eine starke Erhöhung der alkalischen Phosphatase und der Gamma-Glutamyl-Transferase (y-GT). Im Urin wird regelmäßig Urobilinogen nachgewiesen, auch wenn der Ikterus fehlt. Differentialdiagnose Differentialdiagnostisch sind gegenüber der akuten Cholangitis die fulminante Hepatitis, die septische Pfortaderthrombose und selten der Morbus Weil abzugrenzen. Seltener muß auch an eine Malaria, eine septische Endokarditis, an einen subphrenischen Abszeß und an einen Leberabszeß gedacht werden. Differentialdiagnostische Schwierigkeiten ergeben sich bei der Hepatitis mit cholostatischem Verlauf sowie gegenüber der chronischen nichteitrigen destruierenden Cholangitis und der primär sklerosierenden Cholangitis. Abbildung 1: Plasmazelluläres Granulom in der Leber bei chronischer, nichteitriger Cholangitis Chronische, nichteitrige destruierende Cholangitis Der Krankheitsprozeß (19, 20) beginnt in den Duktuli. Zunächst kommt es zu mononukleären und plasmazellulären Infiltrationen im periduktulären Gewebe. Fluores- zenzmikroskopisch lassen sich hier Immunkomplexe nachweisen. Im weiteren Verlauf treten Nekrosen des Gallengangsepithels und somit unregelmäßige Gallengangskonturen auf. Es werden plasmazelluläre Granulome nachweisbar (Abbildung 1). Schließlich obliterieren Gal- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 30 vom 24. Juli 1980 1843 Aktuelle Medizin Cholangitis lengangskanälchen. Im späteren Stadium kommt es zu Duktuluswucherungen bei gleichzeitiger Fibrosierung der Periportalfelder. Das Endstadium besteht in einer primär biliären Zirrhose. Das klinische Bild läßt sich in drei Stadien einteilen: Das Frühstadium ist charakterisiert durch einen quälenden über Monate und Jahre anhaltenden Juckreiz. In diesem Zustand kann bereits eine geringgradige Lebervergrößerung festgestellt werden. Bei einem Drittel der Patienten lassen sich bereits Xanthelasmen nachweisen, seltener findet sich eine allgemeine Xanthomatose im Bereich der gelenknahen Streckseiten aller Extremitäten und der Handflächen. Im weiteren Verlauf kommt es dann zu einem geringgradigen Anstieg der Transaminasen, häufig zeigt sich ein deutlich erhöhtes Cholesterin, deutlich erhöhte Neutralfette und erhöhte Gallensäuren. Relativ früh findet sich eine Dysproteinämie mit einer Vermehrung der beta-Glo- buline, später der gamma-Globuline und eine Erhöhung der IgM-Fraktion. Das zweite Stadium ist durch eine ausgeprägte Verschlußsymptomatik charakterisiert. Es finden sich ein deutlich ausgeprägter Ikterus und eine Hepatosplenomegalie. Die alkalische Phosphatase und die GammaGT sind stark erhöht. Der LP-X-Lipoproteinnachweis ist positiv. Klinisch zeigen sich ferner eine zunehmende Steatorrhoe und ein Gewichtsverlust als Ausdruck der sogenannten „hepatobiliären Maldigestion". Im Rahmen dieser Maldigestion kommt es dann zu Mangelerscheinungen mit Gerinnungsstörungen, Nachtblindheit, Osteoporose, später Osteomalazie mit spontanen Knochenfrakturen und selten zu einer Tetanie bei Kalziummangel. Im Spätstadiumstehen dann die Zeichen der primär biliären Zirrhose und der portalen Hypertension im Vordergrund. Die Patienten sterben meist in der Leberinsuffizienz oder an einer Ösophagusvarizenblutung. Diagnose Die Diagnose der chronischen nichteitrigen destruierenden Cholangitis kann im Frühstadium, wenn klinisch nur der quälende Juckreiz offensichtlich ist, durch den Nachweis einer erhöhten Gamma-GT, der erhöhten alkalischen Phosphatase, einer IgM-Erhöhung und durch den Nachweis von mitochondrialen Antikörpern gestellt werden. In charakteristischer Weise sind bei dieser Erkrankung Immunphänomene nachweisbar: Eine mitochondriale Immunfluoreszenzreaktion in 96 Prozent, mitochondriale Antikörper in 83 Prozent, Antikörper gegen glatte Muskulatur in 49 Prozent, antinukleäre Antikörper in 24 Prozent. Die Dignität der histologischen Untersuchung nimmt mit dem Fortschreiten der Erkrankung zu. Differentialdiagnose Schwierigkeiten macht die Differentialdiagnose gegenüber dem extrahepatischen Verschluß-Syndrom. In diesen Fällen hilft die Durchführung der endoskopisch retrograden Cholangiographie beziehungsweise der perkutanen transhepatischen Cholangiographie. Ferner ist die sekundäre sklerosierende Cholangitis abzugrenzen. Geringere differentialdiagnostische Probleme ergeben sich bei der Abgrenzung gegenüber einem Drogen-Ikterus beziehungsweise einer chronisch aktiven Hepatitis. Im Spätstadium ist die primär biliäre Zirrhose von den sekundären Formen kaum abzugrenzen. Primär sklerosierende Cholangitis Abbildung 2: Primär sklerosierende Cholangitis-Darstellung der galleableitenden Wege durch PTC 1844 Heft 30 vom 24. Juli 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Die Erkrankung (4, 8, 19, 21) ist selten. Charakterisiert ist sie durch eine röhrenförmige Wandsklerose der Gallengänge, die submuköse und subseröse Abschnitte umfaßt. Sie kann lokalisiert den Ductus hepaticus oder den Ductus choledochus jedoch auch generalisiert alle extrahepatischen Gallengänge einschließlich der Gallenblase ergreifen (Abbildung 2). Somit ergeben sich Aktuelle Medizin Cholang itis die in Tabelle 3 genannten Formen der primär sklerosierenden Cholangitis. Klinisch entspricht das Krankheitsbild dem einer chronischen Cholangitis. Im Vordergrund steht die Cholestase, seltener die Entzündung. Von der primär sklerosierenden Cholangitis lassen sich die Pericholangitis (Leber-Colitis-Syndrom) (12, 15) und die chronisch eitrige Colicholangitis (Hongkong disease) (16) abgrenzen. Tabelle 3: Formen der primär sklerosierenden Cholangitis • intranepanscn Q extrahepatisch a) diffus (totale plastische Cholangitis) häufig charakterisiert durch eine Pfortaderthrombose wegen der ausgeprägten Fibrose im Bereich der Leberpforte. b) segmental (primär: Steinfolge, sekundär: Mirizzi-Syndrom, Papillitis) • Differentialdiagnose Nach dem Ausschluß einer cholestatischen Verlaufsform einer Hepatitis ist die Lokalisation des Verschlusses mit Hilfe der perkutanen transhepatischen Cholangiographie oder der endoskopisch retrograden Cholangiographie feststellbar. Ganz im Vordergrund steht die differentialdiagnostische Abklärung gegenüber einem Gallenwegskarzinom. Die endgültige Diagnose kann häufig erst bei der Operation gestellt werden: nur die Probeexzision kann sicher gegenüber einem Gallengangskarzinom unterscheiden. Differentialdiagnostisch wichtig ist die Abtrennung der sekundär sklerosierenden Cholangitis von der primär sklerosierenden Cholangitis. Ätiologisch kommen für die sekundären Formen ebenfalls Abflußhindernisse im Bereich der großen Gallenwege (Steinstriktur, Tumor oder Duodenaldivertikel) in Betracht. Zusätzlich besteht eine Infektion. Die lang anhaltende Erkrankung führt schließlich auch zu einer Wandverdickung mit auffallend sklerosierender Reaktion, die dann im Vordergrund stehen kann. Im Spätstadium mündet sie dann in eine sekundär biliäre Zirrhose ein. Als Krankheitsbilder kommen ferner in Betracht eine Cholangitis bei intrahepatischer Gallengangsatresie (22), eine Chol- angitis bei kongenitaler Leberfibrose und zystischer Dilatation der prähepatischen Gallenwege (5, 7) und schließlich die Cholangitis bei segmentalen kongenital erweiterten Gallenwegen (3). intra- und extrahepatisch Diese Form der Erkrankung findet sich häufiger als sogenannte periduktuläre Form bei der Colitis ulcerosa, seltener im Rahmen eines Ormond-Syndroms. Tabelle 4: Entscheidende Kriterien für die Wahl des Antibiotikums zur Behandlung der Cholangitis Tabelle 5: Im Schrifttum empfohlene Antibiotika • Antibakterielles Spektrum des Antibiotikums • Tetrazykline • Ausscheiden des Antibiotikums in die Galle • Ampicillin • Cephalosporine • Wirkung des Antibiotikums im Medium Galle • Carbenicillin • Hepatotoxizität des Antibiotikums O Streptomycine (;) andere schwere Nierenwirkungen des Antibiotikums Chloramphenicol O • Rifampicin Drogen-Cholangitis Akute Formen der Cholangitis können auftreten nach 4,4-Diamino-diphenylmethan (Epping-Jaundice) und intraarterieller zytostatischer Therapie sowie nach Allopurinol (14). Eine mehr chronische Form wird in typischer Weise durch Chlorpromazin (18) hervorgerufen. Therapie der Cholangitis Patienten mit schweren Formen einer akuten Gallenwegserkrankung sollten hospitalisiert werden. Zur Bekämpfung der Schmerzen bietet sich eine Reihe von Analgetika an, Morphinpräparate sind kontraindiziert. Häufig helfen bereits Spasmo- lytika. Eine gezielte Antibiotika-Therapie ist bei Gallenwegsinfektionen nur möglich, wenn man Erreger in der Blutkultur nachweisen konnte. Die Wahl der Antibiotika bei der ungezielten Therapie hat sich nach den in Tabelle 4 genannten Kriterien zu richten. Empfohlene Antibiotika für die Behandlung der Cholangitis zeigt Tabelle 5. Ampicillin und Cephalosporine sind Antibiotika der ersten Wahl. Die Haupterreger von Gallen-Infektionen sind Escherichia coli, Enterokokken und Klebsiella. Sie werden vom Wirkungsspektrum dieser Antibiotika erfaßt. Nach i. v. Applikation werden gleiche oder sogar höhere biliäre, antibakterielle Konzentrationen erreicht als die mittlere Hemmkonzentration (MHK) der in ihren Wirkungsspektren gele- DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 30 vom 24. Juli 1980 1845 Aktuelle Medizin Cholangitis genen Erreger. Gegen die Tetrazykline läßt sich einwenden, daß Kolibakterien in steigendem Maße eine Tetrazyklin-Resistenz erkennen lassen und ein erheblicher Wirkungsverlust der Tetrazykline im Medium Galle nachweisbar ist. Bei Cholestase ist die Ausscheidung der Tetrazykline in die Galle erheblich vermindert. Tetrazykline haben außerdem eine gewisse Hepatotoxizität. Die übrigen Antibiotika sind sicher Therapeutika der zweiten Wahl und nur bei gezielter Therapie einzusetzen. Bei der chronischen, nichteitrigen destruierenden Cholangitis sind die therapeutischen Möglichkeiten gering. Therapieversuche mit Kortison und Immunsuppressiva vermögen den klinischen Verlauf nur unsicher zu verbessern. Zumindest haben klinische Studien belegt, daß die chronische, nichteitrige destruierende Cholangitis auf diese Therapie weit weniger anspricht, als die chronisch aktive Hepatitis (6). Bislang fehlen noch langfristige Beobachtungen. Im Vordergrund der Behandlung der sklerosierenden Cholangitis steht die Entlastungsoperation, zum Beispiel durch Aufbougieren der Stenose und Legen eines T-Drains, ferner durch Choledochojejunostomie beziehungsweise durch Cholezystojejunostomie. Die Operation ist in jedem Fall notwendig, um die Stenose klar zu lokalisieren und durch Probeexzision die Differentialdiagnose gegenüber einem Malignom zu klären. Nach eindeutiger Diagnose und Restenosierung der großen Gallenwege kann mittels perkutaner transhepatischer Drainage zunächst auch konservativ die Entlastung herbeigeführt werden. Für eine medikamentöse Therapie kommt eine Langzeittherapie mit Steroiden in Frage. Inwieweit diese den schicksalhaften Verlauf der Erkrankung ändern kann, ist noch ungewiß. In Einzelfällen sind zeitlich begrenzte Besserungen beschrieben worden. Treten sekundäre Infektionen in den Vordergrund, werden Antibiotika notwendig (Ampicillin, Cephalosporine). 1846 Heft 30 vom 24. Juli 1980 Nach gelungener Entlastungsoperation hat die primär sklerosierende Cholangitis eine relativ gute Prognose; anderenfalls führt die Erkrankung meist rasch zur biliären Zirrhose und zur Leberinsuffizienz. im Frühstadium mit geeigneten laborchemischen Methoden diagnostizieren. Im Spätstadium ist die primär biliäre Zirrhose von den sekundären Formen kaum abzugrenzen. Eine effektive Therapie steht bislang nicht zur Verfügung. Symptomatische Therapie der chronischen Cholangitis mit schwerster Cholestase Die primär sklerosierende Cholangitis ist selten. Sie ist abzugrenzen von den sekundären Formen und von einer Reihe angeborener Gallengangsveränderungen. Die Diagnose wird durch PTC oder ERC gesichert. Im Vordergrund der Behandlung steht die Entlastungsoperation. Medikamentös kann eine Langzeittherapie mit Steroiden versucht werden. Unabhängig davon, ob eine primär sklerosierende Cholangitis, eine chronisch bakterielle Cholangitis oder eine chronische nichteitrige destruierende Cholangitis vorliegt, führen symptomatische Maßnahmen zur wesentlichen Erleichterung für den Patienten. Der Juckreiz läßt sich meist mit Cholestyramin 6 bis 12 Gramm täglich beseitigen. Man nimmt dabei eine mögliche Verstärkung der Steatorrhoe in Kauf und versucht, mittelkettige Fette zuzuführen. Die parenterale Substitution von Vitaminen besteht in einer vierwöchigen Gabe von 100 000 E Vitamin A und 10 mg Vitamin K, alle 6 Monate 15 mg Vitamin D. Bei ausgeprägtem Kalziummangel können drei Brausetabletten (Calcium Sandoz forte) täglich zwischen den Mahlzeiten verabreicht werden. Zusammenfassung Die klinische Bezeichnung Cholangitis umfaßt die akute bakterielle Entzündung der galleableitenden Wege ebenso wie die chronische Entzündung der intra- und extrahepatischen Gallengänge anderer Genese. Ursache des akut entzündlichen Krankheitsbildes sind meist Infektionen der Gallenwege mit Escherichia coli und Enterokokken. Eine gezielte Antibiotika-Therapie ist nur ausnahmsweise möglich. Antibiotika der Wahl sind Ampicilline und Cephalosporine, daneben kommen Analgetika und Spasmolytika zur Anwendung. Die chronische, nichteitrige destruierende Cholangitis läßt sich bereits DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Im fortgeschrittenen Stadium jeder chronischen Cholangitis steht die Cholestase und deren Therapie im Vordergrund. Literatur Bässler, R.: Pathologische Anatomie der Gallenwegserkrankungen und ihre Komplikationen, Therapiewoche 25 (1975) 1 — Danzi, J. T.; Makipour, H.; Farmer, R. G.: Primary sclerosing cholangitis, Amer. J. Gastroenterol. 65 (1976) 109 — Foulk, T.: Congenital malformations of the intra hepatic biliary tree in the adult, Gastroenterology 58 (1970) 253 — Geubel, A. P.; Baggenstoss, A. H.; Summerskill, W. H. 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