Cholangitis - Deutsches Ärzteblatt

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DEUTSCHES
ÄRZTEBLATT
Heft 30 vom 24. Juli 1980
Zur Fortbildung
Aktuelle Medizin
UNSPEZIFISCHE ENTZÜNDUNGEN:
Cholangitis
Wolf-Peter Fritsch und Georg Strohmeyer
Aus der Medizinischen Klinik und Poliklinik D
(Direktor: Professor Dr. med. Georg Strohmeyer)
der Universität Düsseldorf
Differentialdiagnostisch sind
die akute bakterielle Entzündung der Gallenwege, die
chronische, nichteitrige destruierende Cholangitis und
die primär sklerosierende
Cholangitis klar voneinander
zu unterscheiden. Diagnostische Fortschritte haben sich
durch die Bestimmung der yGT und durch die mitochondriale Antikörperbestimmung
bei der Frühdiagnose der
chronischen, nichteitrigen destruierenden Cholangitis ergeben. Mit Einführung der
PTC und ERC ist die sichere
Diagnose der primär sklerosierenden Cholangitis und —
gelegentlich — deren konservative Drainagebehandlung
ermöglicht worden. Ampicilline und Cephalosporine haben
heute weitgehend die Tetrazykline in der Behandlung der
akuten Infektion der Gallenwege verdrängt. Bei der Behandlung der chronischen,
nichteitrigen destruierenden
Cholangitis wird man sich
auch in Zukunft auf die symptomatische Therapie der
Cholestase und ihre Folgen
beschränken müssen.
Dem Kliniker bereitet es gelegentlich große Schwierigkeiten, zwischen einer Gallengangsentzündung und einer chronischen Leberentzündung mit Cholestase zu unterscheiden. Selbst die histologische Untersuchung eines Leberpunktatzylinders ist nicht immer entscheidend hilfreich. Ausdruck für
diese diagnostische Unsicherheit ist
der Begriff Cholangiohepatitis. Da
sich bei Entzündungen der Gallenwege häufiger ein inkomplettes als
ein komplettes Verschluß-Syndrom
entwickelt und zusätzlich in wechselndem Umfang Zeichen einer Parenchymschädigung der Leber vorhanden sein können, sind auch biochemische Resultate vieldeutig.
demgegenüber unbedeutend. Lymphogene oder perpetuierende Infektionen aus der Nachbarschaft sind
extrem selten. Während die Existenz
einer sogenannten primären bakteriellen Cholangiolitis und Cholangitis über die Vena portae und die Arteria hepatica angezweifelt wird (10,
11, 17)*), soll die Infektion der Gallenblase dagegen häufig hämatogen
erfolgen (1, 2, 9, 11). Für die Entstehung einer Gallenwegsinfektion
wird eine Gallenstauung als entscheidende Voraussetzung angenommen; eine alleinige Bakterienausscheidung aus dem Blut in die
Galle genügt nicht (17). Prädisponierende Faktoren sind in Tabelle 1 aufgeführt.
Definition
Infektionserreger
Bei Cholangitis liegt eine ätiologisch
unterschiedliche lokale oder diffuse
entzündliche Veränderung der intraund extrahepatischen Gallenwege
vor.
Ätiologie
I. Cholangitis durch Infektion
Der häufigste Infektionsweg ist die
aszendierende Infektion vom Duodenum aus. Die Zahl der hämatogenen Infektionen der Gallenwege ist
Exakte Angaben über Mikroorganismen in der Galle können — abgesehen von Salmonellen — nur nach steriler Punktion der Gallenblase beziehungsweise Gallenwege gewonnen
werden. Die sogenannte Sondengalle aus dem Duodenum führt zu keiner sicher verwertbaren Aussage, da
mit dem Einführen der Sonde Keime
aus der Mundhöhle und dem Pharynx eingeschleust werden können,
ferner Keime des Dünndarms hinzu*) Die Ziffern in Klammern beziehen sich auf
das Literaturverzeichnis des Sonderdrucks.
1841
Cholangitis
kommen. Inwieweit mittels Sondierung des Choledochus über ein flexibles Duodenoskop eindeutige Ergebnisse gewonnen werden, muß
abgewartet werden. Hinsichtlich der
ätiologischen Bedeutung nachgewiesener Bakterien bestehen heute
noch keine klaren Vorstellungen.
Das in der Punktatgalle nachweisbare Erregerspektrum gibt Tabelle 2
wieder.
Bei der akuten Form der Cholangitis
läßt sich in der Mehrzahl der Fälle
eine Monobesiedlung mit überwiegend Escherichia coli und Enterokokken nachweisen. Chronische
Gallenwegserkrankungen sind dagegen durch einen selteneren Nachweis von Mikroorganismen in der
Galle (weniger als 50 Prozent) und
durch ein anderes Keimspektrum
charakterisiert. Der Escherichia-coli-Nachweis nimmt ab, KlebsiellenInfektionen werden relativ häufiger
beobachtet. Ungeklärt bleibt bislang
die Ursache einer Galleninfektion in
den Fällen ohne Erregernachweis in
der Punktatgalle. Es sei darauf hingewiesen, daß Gallenwegspunktionen intraoperativ, meistens im Intervall, durchgeführt werden. Unbekannt bleibt gelegentlich eine Vorbehandlung mit Antibiotika.
II. Cholangitis
ohne wesentliche Infektion
Bei der chronisch nicht eitrigen destruierenden Cholangitis gibt es vie-
le Hinweise dafür, daß primär immunologische Vorgänge für die Ausbildung dieser Erkrankung entscheidend sind. Als Ursache der primär
sklerosierenden Cholangitis werden
neben portalen Bakteriämien und
genetischen Faktoren auch toxische
Einflüsse mit verstärkter Absorption
der Lithocholsäure diskutiert. Aus
Chenodesoxycholsäure entsteht
durch bakterielle Einwirkung im
Darm Lithocholsäure, die bei verstärkter Absorption zur Wandschädigung im Bereich der galleableitenden Wege führen soll. Für Autoimmunvorgänge als mögliche pathogenetische Faktoren spricht das
Auftreten der primär sklerosierenden Cholangitis im Rahmen eines
Ormondschen Syndroms sowie das
gleichzeitige Auftreten einer Orbitalfibrose oder einer Riedelschen Strumitis.
Die destruierenden beziehungsweise obstruierenden Prozesse ziehen
im Verlauf der Krankheit schwelende bakterielle Entzündungen der
Gallenwege nach sich und führen
Tabelle 1: Prädisponierende
Faktoren für die Entstehung
einer Gallenwegsinfektion
Tabelle 2: Erregerspektrum
bei Infektionen im Bereich
der Gallenwege*)
•
Gallensteine (Ductus choledochus, Ductus hepaticus)
Escherichia coli
40-70%
Enterokokken
10-25%
Zustand nach Gallenwegsoperationen oder Operationen im Bereich der angrenzenden Organe
Klebsiellen
10-20%
•
(1)
Gallengangsneoplasma
oder Tumoren der benachbarten Organe
(I) Striktur (Mirrizi-Syndrom)
•
(;)
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Papillitis
Parasiten (Leberegel, Würmer: Clonorchis, Opistorchis, Askariden, Echinokokken)
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insofern episodenartig zum Bild der
chronischen beziehungsweise akuten Gallenwegsentzündung.
Enterobacter
5-15%
Streptokokken
4-15%
Proteus mirabilis
—5 0/0
Proteus vulgaris
—5 0/0
Proteus aeruginosa
1-5%
Bacteroidesspecies
1-5%
Salmonellen
0,1-0,5%
*) nach M. Knothe, D. Maroske, H.
Wacha
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Primäre bakterielle Cholangitis
Die typische Symptomen-Trias in
der akuten Phase sind: Fieber, Ikterus, rechtsseitige Oberbauchschmerzen. Das Fieber beginnt
meist mit Schüttelfrost, zeigt gelegentlich einen intermittierenden
Verlauf (Charcotsches Fieber). Bei
einer Cholelithiasis als Grundkrankheit sind meist Koliken vorausgegangen. Der cholangitische
Schmerz ist in der Regel nicht gut
lokalisierbar und es besteht eine
druck- und klopfschmerzhafte mäßig vergrößerte Leber.
Sonderformen
abszedierende,
obstruktive
Cholangitis ist klinisch gekenn-
Die
zeichnet durch Serien von Schüttelfrösten. Im Verlauf der Erkrankung
entwickeln sich häufig multiple
cholangitische Leberabzesse und
ein septischer Schock. Die rekurrierende pyogene Cholangitis (16) ist
durch wiederholt auftretende akute
Schübe charakterisiert. Bei der
chronischen Cholangitis liegt gewöhnlich ein partieller Gallenwegsverschluß zugrunde. Typisch sind
unklare Fieberschübe, eine leichte
Cholestase und eine mäßig vergrößerte Leber. Sonderformen der bakteriellen Cholangitis stellen ferner
Zustände nach Operationen dar, wie
zum Beispiel Zustand nach Cholezystektomie, Zustand nach Anastomosen-Operationen und Zustand
nach Lebertransplantationen. Die
Erkrankung in diesen Fällen zeichnet sich durch ihren schweren Verlauf aufgrund einer geminderten Abwehrlage einerseits und Verursachung durch Problemkeime andererseits aus.
Komplikationen
Die cholangitische Sepsis ist relativ
selten. Im internistischen Krankengut stellt sie weniger als 10 Prozent
aller Septikämien dar. Besonders
betroffen sind Patienten über dem
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Cholangitis
50. Lebensjahr. Als Grunderkrankungen kommen in erster Linie Gallengangs-Konkremente, Zustände
nach Cholezystektomie sowie bilio-digestive Anastomosen (insbesondere Choledocho-Duodenostomien), Neoplasmen, sowie diagnostische Eingriffe (endoskopische retrograde Cholangio-Pankreatikographie [ERCP], transjuguläre Cholangiographie, perkutane transhepatische Cholangiographie [PTC]) in
Frage. Das Keimspektrum ist ähnlich
wie bei der akuten Cholangitis. Weitere Komplikationen sind Gallenfistelbildung, Leberabszeß, subphrenischer Abszeß und rechtsseitige
pneumopulmonale Erkrankungen.
Diagnose
Die Diagnose der akuten Cholangitis
ist in der Regel relativ einfach zu
stellen. Auf die klinischen Symptome (Charcotsche Trias) wurde
schon hingewiesen, obwohl alle drei
Hauptsymptome nur selten immer
gleichzeitig vorhanden sind. Die
BSG ist sehr stark erhöht, im Blutbild zeigen sich eine Leukozytose
und eine Linksverschiebung. Die
Transaminasen sind leicht bis mittelgradig erhöht. In charakteristischer
Weise findet sich eine starke Erhöhung der alkalischen Phosphatase
und der Gamma-Glutamyl-Transferase (y-GT). Im Urin wird regelmäßig
Urobilinogen nachgewiesen, auch
wenn der Ikterus fehlt.
Differentialdiagnose
Differentialdiagnostisch sind gegenüber der akuten Cholangitis die fulminante Hepatitis, die septische
Pfortaderthrombose und selten der
Morbus Weil abzugrenzen. Seltener
muß auch an eine Malaria, eine septische Endokarditis, an einen subphrenischen Abszeß und an einen
Leberabszeß gedacht werden. Differentialdiagnostische Schwierigkeiten ergeben sich bei der Hepatitis
mit cholostatischem Verlauf sowie
gegenüber der chronischen nichteitrigen destruierenden Cholangitis
und der primär sklerosierenden
Cholangitis.
Abbildung 1: Plasmazelluläres Granulom in der Leber bei chronischer, nichteitriger Cholangitis
Chronische, nichteitrige
destruierende Cholangitis
Der Krankheitsprozeß (19, 20) beginnt in den Duktuli. Zunächst
kommt es zu mononukleären und
plasmazellulären Infiltrationen im
periduktulären Gewebe. Fluores-
zenzmikroskopisch lassen sich hier
Immunkomplexe nachweisen. Im
weiteren Verlauf treten Nekrosen
des Gallengangsepithels und somit
unregelmäßige Gallengangskonturen auf. Es werden plasmazelluläre Granulome nachweisbar (Abbildung 1). Schließlich obliterieren Gal-
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Cholangitis
lengangskanälchen. Im späteren
Stadium kommt es zu Duktuluswucherungen bei gleichzeitiger Fibrosierung der Periportalfelder. Das
Endstadium besteht in einer primär
biliären Zirrhose.
Das klinische Bild läßt sich in drei
Stadien einteilen:
Das Frühstadium ist charakterisiert
durch einen quälenden über Monate
und Jahre anhaltenden Juckreiz. In
diesem Zustand kann bereits eine
geringgradige Lebervergrößerung
festgestellt werden. Bei einem Drittel der Patienten lassen sich bereits
Xanthelasmen nachweisen, seltener
findet sich eine allgemeine Xanthomatose im Bereich der gelenknahen
Streckseiten aller Extremitäten und
der Handflächen.
Im weiteren Verlauf kommt es dann
zu einem geringgradigen Anstieg
der Transaminasen, häufig zeigt
sich ein deutlich erhöhtes Cholesterin, deutlich erhöhte Neutralfette
und erhöhte Gallensäuren. Relativ
früh findet sich eine Dysproteinämie
mit einer Vermehrung der beta-Glo-
buline, später der gamma-Globuline
und eine Erhöhung der IgM-Fraktion.
Das zweite Stadium ist durch eine
ausgeprägte Verschlußsymptomatik
charakterisiert. Es finden sich ein
deutlich ausgeprägter Ikterus und
eine Hepatosplenomegalie. Die alkalische Phosphatase und die GammaGT sind stark erhöht. Der LP-X-Lipoproteinnachweis ist positiv.
Klinisch zeigen sich ferner eine zunehmende Steatorrhoe und ein Gewichtsverlust als Ausdruck der sogenannten „hepatobiliären Maldigestion". Im Rahmen dieser Maldigestion kommt es dann zu Mangelerscheinungen mit Gerinnungsstörungen, Nachtblindheit, Osteoporose,
später Osteomalazie mit spontanen
Knochenfrakturen und selten zu einer Tetanie bei Kalziummangel.
Im Spätstadiumstehen dann die Zeichen der primär biliären Zirrhose
und der portalen Hypertension im
Vordergrund. Die Patienten sterben
meist in der Leberinsuffizienz oder
an einer Ösophagusvarizenblutung.
Diagnose
Die Diagnose der chronischen nichteitrigen destruierenden Cholangitis
kann im Frühstadium, wenn klinisch
nur der quälende Juckreiz offensichtlich ist, durch den Nachweis einer erhöhten Gamma-GT, der erhöhten alkalischen Phosphatase, einer
IgM-Erhöhung und durch den Nachweis von mitochondrialen Antikörpern gestellt werden. In charakteristischer Weise sind bei dieser Erkrankung Immunphänomene nachweisbar: Eine mitochondriale Immunfluoreszenzreaktion in 96 Prozent, mitochondriale Antikörper in
83 Prozent, Antikörper gegen glatte
Muskulatur in 49 Prozent, antinukleäre Antikörper in 24 Prozent.
Die Dignität der histologischen Untersuchung nimmt mit dem Fortschreiten der Erkrankung zu.
Differentialdiagnose
Schwierigkeiten macht die Differentialdiagnose gegenüber dem extrahepatischen Verschluß-Syndrom.
In diesen Fällen hilft die Durchführung der endoskopisch retrograden
Cholangiographie beziehungsweise
der perkutanen transhepatischen
Cholangiographie. Ferner ist die sekundäre sklerosierende Cholangitis
abzugrenzen. Geringere differentialdiagnostische Probleme ergeben
sich bei der Abgrenzung gegenüber
einem Drogen-Ikterus beziehungsweise einer chronisch aktiven Hepatitis. Im Spätstadium ist die primär
biliäre Zirrhose von den sekundären
Formen kaum abzugrenzen.
Primär sklerosierende Cholangitis
Abbildung 2: Primär sklerosierende Cholangitis-Darstellung der galleableitenden Wege durch PTC
1844
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Die Erkrankung (4, 8, 19, 21) ist selten. Charakterisiert ist sie durch eine
röhrenförmige Wandsklerose der
Gallengänge, die submuköse und
subseröse Abschnitte umfaßt. Sie
kann lokalisiert den Ductus hepaticus oder den Ductus choledochus
jedoch auch generalisiert alle extrahepatischen Gallengänge einschließlich der Gallenblase ergreifen
(Abbildung 2). Somit ergeben sich
Aktuelle Medizin
Cholang itis
die in Tabelle 3 genannten Formen
der primär sklerosierenden Cholangitis. Klinisch entspricht das
Krankheitsbild dem einer chronischen Cholangitis. Im Vordergrund
steht die Cholestase, seltener die
Entzündung.
Von der primär sklerosierenden
Cholangitis lassen sich die Pericholangitis (Leber-Colitis-Syndrom) (12,
15) und die chronisch eitrige Colicholangitis (Hongkong disease)
(16) abgrenzen.
Tabelle 3: Formen der primär sklerosierenden Cholangitis
•
intranepanscn
Q
extrahepatisch
a) diffus (totale plastische Cholangitis) häufig charakterisiert
durch eine Pfortaderthrombose wegen der ausgeprägten
Fibrose im Bereich der Leberpforte.
b) segmental (primär: Steinfolge, sekundär: Mirizzi-Syndrom,
Papillitis)
•
Differentialdiagnose
Nach dem Ausschluß einer cholestatischen Verlaufsform einer Hepatitis ist die Lokalisation des Verschlusses mit Hilfe der perkutanen
transhepatischen Cholangiographie
oder der endoskopisch retrograden
Cholangiographie feststellbar. Ganz
im Vordergrund steht die differentialdiagnostische Abklärung gegenüber einem Gallenwegskarzinom.
Die endgültige Diagnose kann häufig erst bei der Operation gestellt
werden: nur die Probeexzision kann
sicher gegenüber einem Gallengangskarzinom unterscheiden.
Differentialdiagnostisch wichtig ist
die Abtrennung der sekundär sklerosierenden Cholangitis von der primär sklerosierenden Cholangitis.
Ätiologisch kommen für die sekundären Formen ebenfalls Abflußhindernisse im Bereich der großen Gallenwege (Steinstriktur, Tumor oder
Duodenaldivertikel) in Betracht. Zusätzlich besteht eine Infektion. Die
lang anhaltende Erkrankung führt
schließlich auch zu einer Wandverdickung mit auffallend sklerosierender Reaktion, die dann im Vordergrund stehen kann. Im Spätstadium
mündet sie dann in eine sekundär
biliäre Zirrhose ein. Als Krankheitsbilder kommen ferner in Betracht eine Cholangitis bei intrahepatischer
Gallengangsatresie (22), eine Chol-
angitis bei kongenitaler Leberfibrose und zystischer Dilatation der prähepatischen Gallenwege (5, 7) und
schließlich die Cholangitis bei segmentalen kongenital erweiterten
Gallenwegen (3).
intra- und extrahepatisch
Diese Form der Erkrankung findet sich häufiger als sogenannte
periduktuläre Form bei der Colitis ulcerosa, seltener im Rahmen
eines Ormond-Syndroms.
Tabelle 4: Entscheidende Kriterien für die Wahl des Antibiotikums zur Behandlung
der Cholangitis
Tabelle 5: Im Schrifttum empfohlene Antibiotika
•
Antibakterielles Spektrum
des Antibiotikums
•
Tetrazykline
•
Ausscheiden des Antibiotikums in die Galle
•
Ampicillin
•
Cephalosporine
•
Wirkung des Antibiotikums
im Medium Galle
•
Carbenicillin
•
Hepatotoxizität des Antibiotikums
O
Streptomycine
(;)
andere schwere Nierenwirkungen des Antibiotikums
Chloramphenicol
O
•
Rifampicin
Drogen-Cholangitis
Akute Formen der Cholangitis können auftreten nach 4,4-Diamino-diphenylmethan (Epping-Jaundice)
und intraarterieller zytostatischer
Therapie sowie nach Allopurinol
(14). Eine mehr chronische Form
wird in typischer Weise durch Chlorpromazin (18) hervorgerufen.
Therapie der Cholangitis
Patienten mit schweren Formen einer akuten Gallenwegserkrankung
sollten hospitalisiert werden. Zur
Bekämpfung der Schmerzen bietet
sich eine Reihe von Analgetika an,
Morphinpräparate sind kontraindiziert. Häufig helfen bereits Spasmo-
lytika. Eine gezielte Antibiotika-Therapie ist bei Gallenwegsinfektionen
nur möglich, wenn man Erreger in
der Blutkultur nachweisen konnte.
Die Wahl der Antibiotika bei der ungezielten Therapie hat sich nach den
in Tabelle 4 genannten Kriterien zu
richten. Empfohlene Antibiotika für
die Behandlung der Cholangitis
zeigt Tabelle 5. Ampicillin und Cephalosporine sind Antibiotika der ersten Wahl. Die Haupterreger von
Gallen-Infektionen sind Escherichia
coli, Enterokokken und Klebsiella.
Sie werden vom Wirkungsspektrum
dieser Antibiotika erfaßt. Nach i. v.
Applikation werden gleiche oder sogar höhere biliäre, antibakterielle
Konzentrationen erreicht als die
mittlere Hemmkonzentration (MHK)
der in ihren Wirkungsspektren gele-
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Aktuelle Medizin
Cholangitis
genen Erreger. Gegen die Tetrazykline läßt sich einwenden, daß Kolibakterien in steigendem Maße eine Tetrazyklin-Resistenz erkennen lassen
und ein erheblicher Wirkungsverlust
der Tetrazykline im Medium Galle
nachweisbar ist. Bei Cholestase ist
die Ausscheidung der Tetrazykline
in die Galle erheblich vermindert.
Tetrazykline haben außerdem eine
gewisse Hepatotoxizität. Die übrigen
Antibiotika sind sicher Therapeutika
der zweiten Wahl und nur bei gezielter Therapie einzusetzen.
Bei der chronischen, nichteitrigen
destruierenden Cholangitis sind die
therapeutischen Möglichkeiten gering. Therapieversuche mit Kortison
und Immunsuppressiva vermögen
den klinischen Verlauf nur unsicher
zu verbessern. Zumindest haben klinische Studien belegt, daß die chronische, nichteitrige destruierende
Cholangitis auf diese Therapie weit
weniger anspricht, als die chronisch
aktive Hepatitis (6). Bislang fehlen
noch langfristige Beobachtungen.
Im Vordergrund der Behandlung der
sklerosierenden Cholangitis steht
die Entlastungsoperation, zum Beispiel durch Aufbougieren der Stenose und Legen eines T-Drains, ferner
durch Choledochojejunostomie beziehungsweise durch Cholezystojejunostomie. Die Operation ist in jedem Fall notwendig, um die Stenose
klar zu lokalisieren und durch Probeexzision die Differentialdiagnose
gegenüber einem Malignom zu klären. Nach eindeutiger Diagnose und
Restenosierung der großen Gallenwege kann mittels perkutaner transhepatischer Drainage zunächst auch
konservativ die Entlastung herbeigeführt werden.
Für eine medikamentöse Therapie
kommt eine Langzeittherapie mit
Steroiden in Frage. Inwieweit diese
den schicksalhaften Verlauf der Erkrankung ändern kann, ist noch ungewiß. In Einzelfällen sind zeitlich
begrenzte Besserungen beschrieben worden. Treten sekundäre Infektionen in den Vordergrund, werden Antibiotika notwendig (Ampicillin, Cephalosporine).
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Nach gelungener Entlastungsoperation hat die primär sklerosierende
Cholangitis eine relativ gute Prognose; anderenfalls führt die Erkrankung meist rasch zur biliären Zirrhose und zur Leberinsuffizienz.
im Frühstadium mit geeigneten laborchemischen Methoden diagnostizieren. Im Spätstadium ist die primär biliäre Zirrhose von den sekundären Formen kaum abzugrenzen.
Eine effektive Therapie steht bislang
nicht zur Verfügung.
Symptomatische Therapie
der chronischen Cholangitis
mit schwerster Cholestase
Die primär sklerosierende Cholangitis ist selten. Sie ist abzugrenzen von
den sekundären Formen und von einer Reihe angeborener Gallengangsveränderungen. Die Diagnose
wird durch PTC oder ERC gesichert.
Im Vordergrund der Behandlung
steht die Entlastungsoperation. Medikamentös kann eine Langzeittherapie mit Steroiden versucht werden.
Unabhängig davon, ob eine primär
sklerosierende Cholangitis, eine
chronisch bakterielle Cholangitis
oder eine chronische nichteitrige
destruierende Cholangitis vorliegt,
führen symptomatische Maßnahmen
zur wesentlichen Erleichterung für
den Patienten. Der Juckreiz läßt sich
meist mit Cholestyramin 6 bis 12
Gramm täglich beseitigen. Man
nimmt dabei eine mögliche Verstärkung der Steatorrhoe in Kauf und
versucht, mittelkettige Fette zuzuführen.
Die parenterale Substitution von Vitaminen besteht in einer vierwöchigen Gabe von 100 000 E Vitamin A
und 10 mg Vitamin K, alle 6 Monate
15 mg Vitamin D. Bei ausgeprägtem
Kalziummangel können drei Brausetabletten (Calcium Sandoz forte)
täglich zwischen den Mahlzeiten
verabreicht werden.
Zusammenfassung
Die klinische Bezeichnung Cholangitis umfaßt die akute bakterielle
Entzündung der galleableitenden
Wege ebenso wie die chronische
Entzündung der intra- und extrahepatischen Gallengänge anderer Genese. Ursache des akut entzündlichen Krankheitsbildes sind meist Infektionen der Gallenwege mit
Escherichia coli und Enterokokken.
Eine gezielte Antibiotika-Therapie
ist nur ausnahmsweise möglich. Antibiotika der Wahl sind Ampicilline
und Cephalosporine, daneben kommen Analgetika und Spasmolytika
zur Anwendung.
Die chronische, nichteitrige destruierende Cholangitis läßt sich bereits
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT
Im fortgeschrittenen Stadium jeder
chronischen Cholangitis steht die
Cholestase und deren Therapie im
Vordergrund.
Literatur
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Anschrift der Verfasser:
Professor Dr. med.
Georg Strohmeyer
Professor Dr. med.
Wolf-Peter Fritsch
Medizinische Klinik und Poliklinik
der Universität Düsseldorf
Moorenstraße 5
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