Statische und stationäre Felder — Analogien Martin Schlup, Prof. 3. August 2015 1 Analogien Die Analogien in der Tabelle 1 sind nicht physikalischer, sondern rein mathematischer Natur (z. B. die magnetische Spannung mit Einheit Ampère hat nichts gemeinsam mit der elektrischen mit Einheit Volt). Ausserdem gelten sie nur unter bestimmten P Bedingungen: das Durchflutungsgesetz ist nur bei verschwindender Durchflutung (Θ = Ik = 0) mit dem Maschensatz und der Satz von Gauß ist nur für Hüllflächen, welche keine freie Ladungen Q enthalten, mit dem Knotensatz vergleichbar. Abgesehen von der Strukturverwandtschaft des magnetostatischen Feldes mit der Gleichstromlehre, welche die (nichtlineare, graphische) Behandlung magnetostatischer Kreise erlaubt (I ↔ Φ, U ↔ Um , G ↔ Λ), werden diese Analogien zur Bestimmung der Feldverläufe in der Praxis kaum mehr benutzt1 , bieten aber den Vorteil der Anschaulichkeit. Stationäre und quasistationäre Strömungsfelder beschreiben den Fluss von Ladungsträgern (Driftgeschwindigkeit, Stromdichte) unter dem Einfluss der elektrischen Feldstärke. 1 Die Feldbestimmung geschieht heute vorwiegend mit numerischen Methoden (finite Elemente). 1 1 Analogien Tabelle 1: Analogien zwischen stationärem oder quasistationärem Strömungsfeld, elektrostatischen und magnetostatischen Feldern stationäres & quasistat. Strömungsfeld E el. Feldstärke γ el. Leitfähigkeit j = γE Stromdichte U= Spannung R Maschensatz: H Stromstärke I= Knotensatz: Leitwert H E ds E ds = 0 R j dA j dA = 0 I G =U elektrostatisches Feld el. Feldstärke E Permittivität magnetostatisches Feld magn. Feldstärke H (magnetische Erregung) Permeabilität µ Verschiebungsdichte D = E (elektrische Erregung) Spannung U= Maschensatz: H R E ds ΦD = Satz von Gauß: H Kapazität R D dA D dA = Q Q C =U Um = magn. Spannung E ds = 0 Versch.-Fluss B = µH magn. Flussdichte Durchflutungsgesetz: magn. Fluss Φ= Quellenfreiheit: H magn. Leitwert R H R H ds H ds = Θ B dA B dA = 0 Φ Λ =U m Dank der Analogien, können Eigenschaften des Strömungsfelds auf die anderen Felder übertragen werden: Planparallele 3-dimensionale Feldbilder2 können als 2-dimensionale Strömungsfelder durch Messung der Äquipotentiallinein am Modell (Kohleschichtpapier oder Wassertank) graphisch einfach bestimmt werden, wie z. B. die Brechung der Feldlinien an einer Materialgrenze (siehe Abb. 1), der Streufluss des magnetischen Felds im Luftspalt eines Elektromotors, die Durchschlagsfestigkeit einer Hochspannungsleitung, die Kapazität einer Elektrodenanordnung (siehe Abb. 2) oder die magnetische Anziehungskraft zwischen den Kontaktzungen eines Reed-Relais. 2 solche die bei einer Verschiebung senkrecht zur Darstellungsebene ihre Gestalt nicht verändern 2 1 Analogien Abbildung 1: Brechung der Feldlinien an Materialgrenze horizontal: Feldlinien der Stromdichte, vertikal: Äquipotentialflächen 3 1 Analogien Abbildung 2: Elektrostatisches Feldbild an Rand eines Plattenkondensators Bermerkung: Dort wo die Anstände zwischen den Äquipotentiallinien am kleinsten sind (an den Kanten der Elektroden), ist auch die elektrische Feldstärke am höchsten. Die Gesamtkapazität des Kondensators kann hier durch Serie- und Parallelschalten der Kapazitäten der einzlenen „Quadrate“ welche alle dieselbe Kapazität CQ = r 0 l aufweisen (l ist dabei die Länge des Kondensators senkrecht zur Zeichnungsebene), unabhängig von ihrer Grösse: C = CQ m/n (hier ist m = 2 · 24 die Anzahl „Stromröhren zwischen den Elektroden und n = 10 die Anzahl Äquipotentiallinien) 4 2 Brechung der Feldlinien an Grenzschichten 2 Brechung der Feldlinien an Grenzschichten An Grenzschichten werden die elektromagnetischen Feldlinien wegen einiger Kontinuitätsbedingungen gebrochen (siehe Abb. 1). Dies soll hier für stationäre3 und quasistationäre4 Stromdichten in Leitern, sowie für elektro- und magnetostatische Felder gezeigt werden. 2.1 Leitungsstromdichte Trifft ein Stromdichtefeld auf die Kontaktgrenzschicht von zwei Leitern mit verschiedenen Leitfähigkeiten γ1 und γ2 , so werden die Feldlinien der Stromdichte j und des entsprechenden elektrischen Feldes (wegen j = γE) an der Trennfläche gebrochen. Dies kann mit folgenden zwei Betrachtungen gezeigt werden: 1. Auf der Kontaktgrenzschicht (Trennschicht) zweier Leiter können sich keine Ladungen ansammeln. Gemäss dem Knotensatz, muss also der Fluss der Leitungsstromdichte j durch jede beliebige, die Trennschicht enthaltende Hüllfläche verschwinden (siehe Abb. 3). I Z Z j · dA = j1 · dA1 + j2 · dA2 = −j1n ∆A + j2n ∆A = 0 Die Normalkomponenten (senkrecht zur Trennschicht) j1n und j2n der Stromdichten müssen auf beiden Seiten gleich sein (siehe Abb. 4). Für die entsprechenden Normalkomponenten der elektrischen Feldstärke gilt daher folgende Beziehung: E1n γ2 = E2n γ1 2. Der Maschensatz entlang des Pfades 1-2-3-4-1 auf beiden Seiten der Trennschicht (siehe Abb. 3) liefert für das Umlaufintegral: I Z Z Z Z E · ds = E · ds12 + E · ds23 + E · ds34 + E · ds41 = E1t ∆s12 + U23 + E2t ∆s34 + U41 = 0 Die Spannungen über der Trennschicht verschwinden (U23 = U41 = 0), da die Strecken ∆s23 und ∆s41 zur Überquerung der Trennschicht beliebig klein gewählt werden können. Da die Wegstrecken ∆s12 und ∆s34 betragsmässig gleich lang sind (∆s34 = −∆s12 ), müssen die Tangentialkomponenten (parallel zur Trennschicht) E1t und E2t des elektrischen Feldes auch gleich sein (siehe Abb. 5). 3 4 Bei stationären Verhältnissen sind alle Grössen zeitlich konstant (Gleichstrom). Quasistationäre Verhältnisse herrschen bei Wechselstrom (sinusförmiger Verlauf der Grössen, niedrige Frequenzen). 5 2 Brechung der Feldlinien an Grenzschichten Abbildung 3: Grenzfläche zwischen zwei Medien Je nach Betrachtung (Strömungs-, elektrostatisches oder magnetostatisches Feld) handelt es sich bei diesen Medien um Leiter, Isolatoren (auch Vakuum) oder ferromagnetische Materialien. Abbildung 4: Identische Normalkomponenten der Feldvektoren gilt für Leitungsstromdichte j, Verschiebungsdichte D und magnetische Flussdichte B 6 2 Brechung der Feldlinien an Grenzschichten Abbildung 5: Identische Tangentialkomponenten der Feldvektoren gilt für elekrische Feldstärke E und magnetische Feldstärke (magn. Erregung) H Dies bedeutet, dass für die entsprechenden Tangentialkomponenten der Leitungsstromdichte folgende Beziehung gilt: j1t γ1 = j2t γ2 Mit den Winkeln ϕk (k = 1, 2) zwischen der Grenzflächennormalen und den Feldlinien in den entsprechenden Medien, erhält man folgende Beziehungen (siehe Abb. 4 und 5): E1t j1t = j1n E1n j2t E2t = j2n E2n tan ϕ1 = tan ϕ2 = Damit ergibt sich für die Feldlinien der Strömungs- und des elektrostatischen Feldes folgendes Brechungsgesetz für leitende Materialien: tan ϕ1 γ1 = tan ϕ2 γ2 (1) 2.2 Elektrostatische Felder Auf Grund der Analogie zwischen der Stromdichte j mit der Verschiebungsdichte D gilt das Brechungsgesetz nach Gleichung (1) für elektrostatische Felder genau gleich wie für Strömungsfelder. Dabei muss selbstverständlich anstelle der Leitfähigkeit die Permittivität eingesetzt werden: tan ϕ1 1 r1 = = (2) tan ϕ2 2 r2 2.3 Magnetostatische Felder Auf Grund der Analogie zwischen der Stromdichte j mit der magnetischen Flussdichte oder Induktion B gilt das Brechungsgesetz analog für magnetostatische Felder: tan ϕ1 µ1 µr1 = = tan ϕ2 µ2 µr2 7 (3)