Urologische Abteilung der AK SEGEBERGER KLINIKEN GmbH Krankenhausstraße 2 23795 Bad Segeberg Ratgeber für Patient(inn)en mit einer Ersatzblase aus Darm (Neoblase) Sehr geehrte Patientin, sehr geehrter Patient, bei Ihnen wurde die Blase entfernt und aus Darmanteilen eine neue Blase gebildet. Um häufige Fragen für Sie zu beantworten, haben wir dieses Merkblatt für Sie zusammengestellt. Besprechen Sie den Inhalt bitte auch mit Ihren Angehörigen. Gibt es Einschränkungen im täglichen Leben? Die Darmersatzblase bringt nur wenige Änderungen in Ihrem täglichen Leben mit sich. Bis auf eine regelmäßige Entleerung, ärztliche Nachkontrollen und gegebenenfalls die Vorbeugung einer Schleimverstopfung ist wenig zu beachten. Wie vor der Operation sind Schwimmbad- und Saunabesuche möglich. Die Ernährung muss wegen der Darmblase nicht umgestellt werden. Im Prinzip dürfen Sie essen, was Ihnen schmeckt. Günstig ist natürlich eine fettarme Ernährung mit viel Gemüse und Vitaminen. Wie wird die Darmersatzblase entleert? Am besten entleeren Sie die neue Blase im Sitzen. In dieser Position können Sie den Beckenboden mit dem Schließmuskel am besten entspannen. Die neue Blase wird durch Pressen mit dem Bauch geleert. Sie können die Bauchpresse durch Drücken mit der Hand auf den Unterbauch zusätzlich unterstützen. Gleichzeitig müssen Sie den Beckenboden entspannen. Die vollständige Entleerung der Neoblase dauert länger als vorher. Sie sollten versuchen, die Darmblase möglichst vollständig zu entleeren. Zurückbleibender Urin begünstigt die Entstehung von Entzündungen und kann auf die Dauer zu einer Überdehnung der Darmblase führen. Neoblase-Ratgeber Seite 1 von 7 Urologische Abteilung der AK SEGEBERGER KLINIKEN GmbH Krankenhausstraße 2 23795 Bad Segeberg Sie spüren - im Gegensatz zu Ihrer ursprünglichen Blase - keinen Harndrang und merken nicht, wenn die Darmblase voll ist. Die Darmersatzblase muss nach der Uhr entleert werden! Einige Patienten entwickeln mit der Zeit ein dumpfes Füllungsgefühl. Sie vermeiden durch die regelmäßige Entleerung eine Überdehnung der Neoblase und unwillkürliche Urinverluste. In den ersten 3 Monaten nach der Operation muss die Blase etwa alle 4 Stunden entleert werden. Dies gilt auch nachts und Sie müssen sich anfangs alle 4 Stunden den Wecker stellen. Nach etwa 3 Monaten ist die Blase so erweitert, dass Sie die Abstände zwischen den Entleerungen auf alle 4-6 Stunden ausdehnen können – auch nachts (Wecker!). Schwierigkeiten beim Wasserlassen Sollten Schwierigkeiten beim Wasserlassen auftreten oder eine Entleerung überhaupt nicht mehr möglich sein, müssen Sie sich an Ihren Urologen wenden. Dieser wird mittels Ultraschall untersuchen, ob die Blase vollständig entleert ist. Unter Umständen muss die Blase dann vorübergehend über einen Blasenkatheter entleert werden. Es kann sonst eine gefährliche Überdehnung der Darmblase oder Entzündungen auftreten. Erscheinen diese Beschwerden plötzlich (Harnverhaltung) und mit stärkerer Ausprägung, suchen Sie bitte notfallmäßig einen Arzt nach Möglichkeit einen Urologen/eine Urologische Klinik - auf. Unwillkürlicher Urinverlust Vor allem in den ersten Wochen nach der Operation kommt es zu unkontrollierten Urinverlusten. Der Blasenschließmuskel im Beckenboden muss nun alleine den Blasenverschluß übernehmen. Diese Aufgabe muss der Schließmuskel im Beckenboden neu erlernen und seine Muskelkraft muss auftrainiert werden (Beckenbodengymnastik). Bei einigen Patienten dauert es Wochen, manchmal auch einige Monate, bis sie den Urin wieder halten können. Häufig zeigt sich jedoch bereits in den ersten Wochen eine deutliche Besserung. Lassen Sie sich durch anfängliche Probleme nicht entmutigen. Neoblase-Ratgeber Seite 2 von 7 Urologische Abteilung der AK SEGEBERGER KLINIKEN GmbH Krankenhausstraße 2 23795 Bad Segeberg In der Übergangszeit sind einfache Saugvorlagen hilfreich. Nach einem Jahr haben über 90% aller Patienten tagsüber die vollständige Kontrolle erhalten. Schleimbildung Der Darm, aus dem die Neoblase gebildet wurde, behält seine natürliche Eigenschaft, Schleim zu produzieren, bei. Es ist ganz normal, dass der Urin aus der Darmblase Schleimflocken enthält oder trübe ist. Nach dem Wasserlassen können auch einmal Schleimflöckchen aus der Harnröhre nachtropfen. Wird zuviel Schleim produziert, kann der Ablauf in die Harnröhre verstopfen. Vor allem kurz nach der Operation besteht häufig eine hohe Schleimproduktion. Bei Röntgenuntersuchungen mit Kontrastmitteln kann die Schleimproduktion vorübergehend zunehmen. Am Untersuchungstag sollten Sie daher die Trinkmenge erhöhen, um den vermehrten Schleim auszuspülen. Damit der Schleim nicht zu zäh wird sollten Sie viel trinken. Preiselbeer- oder Cranberrysaft kann hilfreich sein. Flüssigkeitszufuhr Die Darmblase sondert über ihre Wand Flüssigkeit in den Urin ab. Die tägliche Urinmenge ist dementsprechend bei einer Darmersatzblase erhöht. Dieser Umstand kann leicht zur Austrocknung führen, insbesondere wenn Sie zusätzlich stark schwitzen. Erwachsene mit einer Darmblase sollten jeden Tag 2 - 3 Liter Flüssigkeit aufnehmen. Dies kann in Form von beliebigen Getränken oder Suppen geschehen. Auf keinen Fall sollten Sie abends dursten, um Urinverlust im Schlaf zu vermeiden. Dies ist nicht erfolgreich und führt zu gefährlichen Flüssigkeitsverlusten. Sie sollten abends normal trinken und vor dem Zubettgehen lediglich auf harntreibende Substanzen (Tee, Alkohol, Kaffee ...) verzichten. Neoblase-Ratgeber Seite 3 von 7 Urologische Abteilung der AK SEGEBERGER KLINIKEN GmbH Krankenhausstraße 2 23795 Bad Segeberg Blutübersäuerung Da die Darmersatzblase die, von der Niere ausgeschiedenen Säuren wieder aus dem Urin zurückgewinnt und ans Blut abgibt, kann es bei etwa der Hälfte aller Patienten mit Darmersatzblase zu einer Übersäuerung des Blutes und/oder zu Veränderungen der Blutsalzwerte (Elektrolyte) kommen. Bei geringer Ausprägung wird dies vom Körper gut ausgeglichen. Sie können zur Unterstützung salzhaltiges Gebäck (z.B.: Salzstangen, Cracker etc.) zu sich nehmen. Bei Überschreitung bestimmter Grenzwerte muss die Blutübersäuerung jedoch mit Medikamenten behandelt werden. Sie führt sonst zu Abgeschlagenheit und Müdigkeit. Auch die Einstellung eines, eventuell vorhandenen Blutzuckers (Diabetes mellitus) kann sich verschlechtern. Nach der Entlassung aus dem Krankenhaus müssen daher in zunächst zweimonatlichen Abständen die Blutsäuerung (venöse Blutgasanalyse genannt) und die Blutsalze kontrolliert werden. Später können die Kontrollabstände eventuell verlängert werden. Falls die Leistungsfähigkeit Ihrer Nieren eingeschränkt ist, werden kürzere Kontrollabstände nötig sein. Durchfall Bei 10-20 % der Patienten kommt es nach der Operation zu Durchfall. Der Grund hierfür sind körpereigene Gallensäuren, die jetzt ungehindert in den Dickdarm gelangen können und diesen reizen. Die Ursache ist, dass zur Bildung der Ersatzblase der Darmanteil verwendet wurde, der normalerweise die Gallensäuren aus dem Darm aufnimmt. Fast immer ist der Durchfall mit einfachen Mitteln zu beheben. Dazu gehören Medikamente, welche die Gallensäuren binden oder die Darmtätigkeit beruhigen. Günstig sind dann "stopfende" Nahrungsmittel wie Reis, Brot, Schokolade, Bananen, schwarzer Tee usw. Neoblase-Ratgeber Seite 4 von 7 Urologische Abteilung der AK SEGEBERGER KLINIKEN GmbH Krankenhausstraße 2 23795 Bad Segeberg Vitaminmangel durch die Darmausschaltung Durch die Operation kann es selten (ca. 10 %) zu einer Aufnahmestörung für Vitamin B12 kommen. Auch dies liegt daran, dass man zur Bildung der Ersatzblase häufig Anteile derjenigen Darmabschnitte verwenden muss, die für die Aufnahme dieses Vitamins aus der Nahrung zuständig sind. Die körpereigenen Reserven an diesem Vitamin reichen in der Regel für etwa 3 Jahre. Üblicherweise wird etwa 3 Jahre nach der Operation der Vitamin-B12-Spiegel im Blut bestimmt. Wenn dann in seltenen Fällen ein Mangel festgestellt wird, so kann man von einer Aufnahmestörung ausgehen. Das Vitamin wird dann in Form von monatlichen Spritzen ersetzt. Aufnahmestörungen für die restlichen Vitamine sind nicht bekannt. Welchen Einfluss hat die Operation auf mein Geschlechtsleben? In der Regel erfolgt die Anlage einer Darmersatzblase, weil die radikale Operation einer bösartigen Blasengeschwulst notwendig wurde. Dabei müssen, um die Radikalität (Heilung) nicht zu gefährden, häufig Nachbarstrukturen der Blase mit entfernt werden. Beim Mann: Die Entfernung der ursprünglichen Blase und der Prostata bewirkt, dass der Samenerguss und die Zeugungsfähigkeit verloren gehen. Fast immer kommt es auch zum Verlust der Gliedsteife, da die entsprechenden Nerven bei der Tumoroperation oft nicht geschont werden können. Das Gefühlsempfinden im Glied bleibt aber erhalten. Es gibt verschiedene Hilfsmittel, welche die Gliedsteife auch nach der Operation wieder ermöglichen. Bitte fragen Sie bei Bedarf nach! Neoblase-Ratgeber Seite 5 von 7 Urologische Abteilung der AK SEGEBERGER KLINIKEN GmbH Krankenhausstraße 2 23795 Bad Segeberg Bei der Frau: Die Darmersatzblase wirkt sich bei Frauen i.d.R. nicht so sehr auf das Geschlechtsleben aus. Allerdings können auch hier die Nervenstränge, die von der Klitoris ausgehen, gestört sein. Damit kann dann die sexuelle Stimulation gemindert sein. Verengung am Übergang zwischen Harnleiter und Darmblase Es kann mit der Zeit zu einer Verengung an der Einpflanzungsstelle der Harnleiter in die Darmblase kommen. Dies kann dann zu einer Abflussbehinderung und Schädigung der Niere führen. Da sich die Nierenstauung langsam entwickelt, bereitet dies typischerweise keine Schmerzen. In diesem Falle muss überprüft werden, ob eine Behandlung notwendig ist. Diese bestünde beispielsweise in einer Erweiterung der Engstelle von innen oder einer Operation mit Neueinpflanzung des Harnleiters in die Darmblase. Regelmäßige Untersuchungen der Nieren mit Ultraschall in etwa 6-monatlichen Abständen beim Urologen können mögliche Probleme frühzeitig aufzeigen. Verengung am Übergang zwischen Harnröhre und Darmblase Auch hier kann es mit der Zeit zu einer Verengung an der Verbindung zwischen der Harnröhre und der Darmblase kommen. Dies führt zu einer Behinderung des Wasserlassens und einer Überdehnung der Neoblase. Es muss dann überprüft werden, ob eine Behandlung notwendig ist. Diese bestünde beispielsweise in einer operativen Erweiterung der Engstelle durch die Harnröhre oder einer vorrübergehenden Kathetereinlage. Urologische Nachkontrollen Wichtig ist, dass Sie nach der Operation regelmäßige Kontrollen bei Ihrem Urologen durchführen lassen. Es wird die vollständige Entleerung der neuen Blase, die Nieren, die Blutsalze und Blutsäuerung geprüft sowie die Tumornachsorge Neoblase-Ratgeber Seite 6 von 7 Urologische Abteilung der AK SEGEBERGER KLINIKEN GmbH Krankenhausstraße 2 23795 Bad Segeberg durchgeführt. Die Kontrollen müssen zunächst in kürzeren und können später in längeren Abständen durchgeführt werden. Tumornachsorge War der Grund für die Operation eine bösartige Blasengeschwulst, wird Ihr Urologe regelmäßig die Harnröhre und die oberen Harnwege (Niere, Harnleiter) untersuchen. Neben einer Feststellung von roten Blutkörperchen im Urin (Hämaturie) kann eine spezielle Zelluntersuchung im Urin (Urinzytologie) erfolgen. Eventuell ist auch eine Röntgenuntersuchung der Nieren mit Kontrastmittel erforderlich. So kann ein etwaiges Wiederauftreten der Krebserkrankung in Ihren Harnwegen rechtzeitig erkannt und behandelt werden. Für weitere Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung. Anregungen oder Kritik zu diesem Ratgeber werden gerne entgegengenommen. Neoblase-Ratgeber Seite 7 von 7