Wenn Sex krank macht Schönste Nebensache mit Folgen Es ist die schönste Nebensache der Welt. Was aber, wenn Sex zur Hauptursache für eine Erkrankung wird? Ein paar Zahlen: 2008 erkrankten in Österreich 821 Personen (Vorarlberg: 1) an Gonorrhoe, 551 (Vorarlberg: 4) an Syphilis und 12 (Vorarlberg: 1) an Ulcus molle. Ebenfalls 2008 gab es in ganz Österreich drei Fälle von Hepatitis C und 70 HIV-Infektionen. Dr. Marcus Kadgien ist Facharzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten oder Dermatologie und Venerologie. Er betreibt zusammen mit seiner Frau eine Praxis in Lingenau. „Venerologie hat nichts mit Venen zu tun sondern leitet sich von Venus, der römischen Göttin der Liebe ab. Es geht hier allerdings um die negativen Auswirkungen im Sinne Ihres Titels und nicht um die genussvolle Seite der körperlichen Liebe“, so der Facharzt. Ein Interview über Geschlechtskrankheiten und Sexually Transmitted Diseases. Und: Was man dagegen tun kann und wie man sich davor schützt. Herr Dr. Kadgien, vorweg eine Frage zu den verwendeten Begriffen: Gibt es einen Unterschied zwischen den Begriffen „Geschlechtskrankheiten“ und „sexuell übertragbaren Krankheiten“ bzw. Sexually Transmitted Diseases (STD)? Nun, definitionsgemäss gibt es die klassischen vier Geschlechtskrankheiten. Das sind Gonorrhoe bzw. Tripper, Syphilis, auch Harter Schanker, Lues oder Franzosenkrankheit genannt, Ulcus Molle bzw. Weicher Schanker und Lymphogranuloma inguinale. Diese vier Geschlechtserkrankungen werden – wie der Name vermuten lässt – vorwiegend, aber nicht ausschliesslich, durch Geschlechtsverkehr übertragen. Zu den Sexually Transmitted Diseases gehören aber noch weitere, ebenfalls vorwiegend durch Geschlechtsverkehr übertragene Erkrankungen. Die da wären? Zu den sexuell übertragbaren Krankheiten zählen etwa die nichtgonorrhoische Urethritis, Chlamydien und Granuloma inguinale. Diese werden über Bakterien übertragen. Hingegen werden Hepatitis, Herpes, Feigwarzen und HIV durch Viren ausgelöst. Parasiten sind die Ursachen für Laus- oder Milbenbefall, Trichomonaden, Amöben und Lambliasis. Und dann gibt es noch die Krankheit Candida, eine Pilzerkrankung. Was unterscheidet diese Krankheiten voneinander und wie zeigen sie sich? Es würde zu weit führen alle Symptome dieser Erkrankungen aufzuführen. Grundsätzlich zeigen sich jedoch meist Auswirkungen im Genitalbereich, aber auch im Analbereich oder gar im Mund. Symptome wie Brennen, Schmerzen, aber auch völlige Schmerzlosigkeit können begleitet werden von Lymphknotenschwellungen, genitalem Ausfluss, üblem Geruch sowie Rötungen, Bläschen, kleinen Kratern, Warzen und anderem mehr. Diese Symptome lassen einen Rückschluss auf die Erkrankung zu. Es stehen aber natürlich auch moderne diagnostische Werkzeuge zur Verfügung. So können, um eine korrekte Diagnose stellen zu können, unter anderem Abstriche gemacht und Blut- sowie Gewebeuntersuchungen durchgeführt werden. Wird eine Erkrankung nicht erkannt oder nicht behandelt kann es zu Spätfolgen kommen – vom Befall des Nervensystems mit starken Schmerzen bis hin zum Tod. Wie gefährlich sind diese Krankheiten? Die meisten der Sexually Transmitted Diseases sind gut zu behandeln und heilen in der Regel auch gut aus – sofern sie korrekt behandelt werden. Die HIV-Infektion bleibt derzeit noch lebenslang bestehen. Allerdings kann der Virus mit modernen antiviralen Medikamenten unter die Nachweisgrenze reduziert werden. Dennoch bleiben die HIV-Positivität und deren Nachweisbarkeit bestehen und natürlich die Ansteckungsmöglichkeit für Sexualpartner. Wann muss man zum Arzt? Treten Symptome im Genitalbereich, aber auch an anderen bereits erwähnten Körperstellen auf, sollte man in jedem Fall einen Arzt Aufsuchen. Mitunter können aber auch Allgemeinbeschwerden, wie Fieber, Lymphknotenschwellungen oder ein allgemeines Krankheitsgefühl, darauf hinweisen – insbesondere wenn vor Auftreten der Symptome sexueller Kontakt stattfand – mit einem neuen Sexualpartner oder bei ungeschütztem Verkehr. Auch in diesen Fällen ist zu empfehlen, sich an einen Arzt zu wenden. Wie werden Geschlechtskrankheiten bzw. sexuell übertragbare Krankheiten behandelt? Es gibt heutzutage ein breites Spektrum insbesondere an antibiotischen und antiviralen Therapeutika, mit denen eine stadiengerechte Therapie möglich ist. Es heißt: „Geschlechtskrankheiten werden durch sexuellen Kontakt übertragen“. Was genau bedeutet in diesem Zusammenhang „sexueller Kontakt“? Meint man damit immer nur Geschlechtsverkehr oder kann es auch bei anderen „sexuellen Kontakten“ zur Übertragung kommen? Die Erreger können auch bei Oral- oder Analverkehr übertragen werden. Weitere sexuelle Kontaktarten, bei denen Sexually Transmitted Diseases übertragen werden können, sind Praktiken mit Urin, Kot und anderen Körperteilen wie Finger, Faust usw. Lässt sich sagen, wer am meisten gefährdet ist, eine Geschlechtskrankheit zu bekommen? Menschen, die häufig ihren Geschlechtspartner wechseln und zudem Schutzmaßnahmen wie Kondome außer Acht lassen, sind sicherlich einem erhöhten Risiko ausgesetzt. Auch homosexuelle Männer sind eher gefährdet. Auch Analverkehr birgt ein erhöhtes Risiko aufgrund einer erhöhten Verletzungswahrscheinlichkeit. Und Menschen, die Drogen konsumieren, da Vorsichtsmaßnahmen öfter außer Acht gelassen werden. Wie schützt man sich davor – anders gefragt: Sind Kondome immer der sicherste Schutz? Das sicherste ist natürlich Sex mit potentiell risikobehafteten Personen zu vermeiden. Ansonsten bietet das Kondom einen recht hohen, aber dennoch nicht vollständigen Schutz. Es kommt ja leider auch vor, dass man, etwa wenn man ein bisschen was getrunken hat, darauf vergisst. Und gerade das sollte freilich nicht passieren. Schutz bietet auch Gleitmittel. Dieses kann nämlich insbesondere bei trockener Scheide und Analverkehr Verletzungen vermeiden. Ebenfalls sollte das Kondom bei männlichem Oralverkehr verwendet werden. Beim vaginalen Oralverkehr empfiehlt sich ein kleines Latextuch oder ein sogenanntes Dental Dam. Zur Not kann es auch ein aufgeschnittenes Präservativ sein. Gibt es bei dieser ganzen Thematik Unterschiede zwischen Frau und Mann? Unterschiede ergeben sich aus dem bereits Gesagtem. Das heißt, es bestehen unterschiedliche Risiken der Art bzw. der Sexualpraktiken und des Ortes der Infektion.