Das Auge im Visier - research - Das Bayer

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MIT AUGENTROPFEN GEGEN DIE FEUCHTE ALTERSBEDINGTE MAKULADEGENERATION
Das Auge im Visier
Die Zerstörung von Zellen auf der Netzhaut führt oft zu schweren Sehbehinderungen und deutlicher Einschränkung
der Lebensqualität. Jetzt testen Forscher von Bayer HealthCare die Anwendung neuartiger Augentropfen zur potenziellen
Therapie der feuchten altersbedingten Makuladegeneration, womit Bayer seine Präsenz auf dem Gebiet der Ophthalmologie unterstreicht.
Blutgefäße sind für unsere Organe lebenswichtig, denn sie versorgen nicht nur jede
Zelle mit Nährstoffen und Sauerstoff. Mit
dem Blutfluss entsorgt der Körper auch
die Abbauprodukte, die beim Stoffwechsel entstehen. Für die Aufrechterhaltung
dieser Transportwege und das Wachstum
neuer Gefäße ist vor allem ein Eiweißmolekül verantwortlich, der sogenannte Vascular Endothelial Growth Factor (VEGF). Er
wird über das Blut transportiert und sorgt
dafür, dass neue Gefäße entstehen. Dazu
heftet er sich an die sogenannten VEGFRezeptoren, die sich an den Gefäßwänden
befinden. „Das ist das Signal für die dortigen Zellen, mit dem Wachstum zu beginnen“, erklärt Dr. Jürgen Klar, Biologe in der
Forschungsabteilung Ophthalmologie bei
Bayer HealthCare in Wuppertal. Durch die
Ausstülpung der Gefäßwand bildet sich
schließlich ein neues Blutgefäß.
Lesen ist mit fortgeschrittener
Makuladegeneration unmöglich
Dieser Mechanismus kann jedoch bei der
feuchten altersbedingten Makuladegeneration – kurz feuchte AMD genannt – im
Auge starke Sehstörungen und schwere
Schäden verursachen. Schauplatz dieser
Erkrankung ist eine gelbe Stelle in der
Mitte der Netzhaut, auch Makula genannt.
Sie ist nur wenige Millimeter groß, aber
hat erstaunliche Fähigkeiten: Die Dichte
an Sehzellen ist dort besonders hoch, was
das scharfe Sehen ermöglicht. Außerdem
nimmt man mit ihrer Hilfe Einzelheiten
und tausende von Farbtönen wahr. Bei der
feuchten AMD wuchern entartete Blutgefäße in der Umgebung der Netzhaut.
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Bayer research 27 Dezember 2014
Netzhaut im Blick: Dr. Jürgen Klar und
Dr. Michael Böttger (v. li.) von Bayer
HealthCare in Wuppertal begutachten
anhand von Bildern den Zustand von Blutgefäßen am Augenhintergrund.
Fatalerweise ist deren Wand durchlässig
und Blutflüssigkeit kann in die Netzhaut
gelangen und dort zu einem Ödem, also
einer Schwellung, führen. Dadurch gehen
Sehzellen der Makula langsam zugrunde. Die Patienten bemerken in der Regel
in kurzer Zeit einen Sehverlust, und je
weiter die Krankheit fortschreitet, desto
stärker wird er. „Die Patienten können
dann meist nicht mehr lesen oder Auto
fahren“, erklärt Dr. Brigitte Stemper, Ärztin
in der Klinischen Entwicklung bei Bayer
HealthCare. Denn gerade Linien erscheinen krumm, Straßenschilder verschwimmen, Farben verblassen, die Sehschärfe
nimmt rapide ab. In einem späten Stadium erscheint in der Mitte des Blickfeldes
nur noch ein grauer Fleck. „Die Patienten
sehen zwar eine Uhr, aber sie können die
Zeiger nicht mehr sehen. Oder sie erken-
nen das Gesicht ihres Gegenübers nicht
mehr“, sagt Stemper.
Betroffen sind vor allem Menschen
über 65 Jahre. „Die Zahl der Patienten
mit feuchter AMD steigt dabei mit der
Lebenserwartung“, sagt Dr. Gesa Deeg,
Globale Projektleiterin bei Bayer HealthCare. Unbehandelt würde die Erkrankung
in der Mehrzahl der Fälle zur Erblindung
führen. Auch wenn sich die feuchte AMD
bislang nicht heilen lässt, können aktuelle
Therapien zumindest ein Fortschreiten der
Erkrankung aufhalten oder sogar verhindern: Hierfür erhält der Patient mehrmals
im Jahr eine Injektion ins Auge. Die BayerForscher um Deeg suchen nun nach neuen Ansätzen, um Ärzten und Patienten
weitere Behandlungsmöglichkeiten für
die feuchte AMD zu erschließen, etwa in
Form von Augentropfen mit dem Wirkstoff Regorafenib.
Wirkstoff hemmt krankhaftes
Wachstum von Blutgefäßen
Regorafenib ist ein Multi-Kinase-Inhibitor, der durch die Hemmung bestimmter
Kinasen, also Enzyme, die Funktion der
VEGF-Rezeptoren blockiert, die für die
Neubildung von Blutgefäßen mitverantwortlich sind. Mechanismus und Wirkstoff sind aus der Krebsmedizin bekannt.
Für die Behandlung von Augenerkrankungen, wie der feuchten AMD, sind die bei
Tumorpatienten angewendeten Tabletten
jedoch nicht geeignet. Denn bei diesen
soll Regorafenib ausschließlich im Auge wirken und in ausreichender Menge
zur Netzhaut gelangen. Für die Anwendung des Wirkstoffs am Auge mussten
Fotos: BSIP/Your Photo Today (1), Sabine Bungert/Bayer AG (1), Thorsten Futh/Bayer AG (1)
Regorafenib MEDIZIN
Weiter sehen: Neuartige Augentropfen sollen Patienten mit feuchter altersbedingter Makuladegeneration helfen.
Bayer research 27 Dezember 2014
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Klarheit für die Netzhaut
Patienten, die an der feuchten altersbedingten Makuladegeneration (AMD) erkranken, erleben eine rapide Abnahme der Sehschärfe. Vor
allem das zentrale Blickfeld ist davon betroffen. Der Wirkstoff Regorafenib – verabreicht als Augentropfen – setzt dort an, wo die Krankheit
beginnt: beim unkontrollierten Wachstum neuer Blutgefäße.
Vorher
Was in der Netzhaut passiert
Was ein Patient mit
feuchter AMD sieht
Weil die Blutgefäße unkontrolliert wachsen und
undicht sind, sammelt sich Flüssigkeit an. Es bilden
sich Ödeme, die die Sehzellen zerstören.
Therapie
Ins Auge getropft, gelangt
der Wirkstoff Regorafenib zur
Netzhaut. Die Substanz greift
in die Signalweiterleitung ein –
und hemmt das unkontrollierte
Wachstum neuer Gefäße.
Nachher
Was in der Netzhaut passiert
Was ein behandelter
Patient sieht
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Bayer research 27 Dezember 2014
Mit dem Wirkstoff Regorafenib lässt sich die
Ausbildung neuer Gefäße zurückdrängen – und das
Sehen verbessert sich.
Regorafenib MEDIZIN
Wenn die Netzhaut ertrinkt
Im Bereich der Makula herrscht reger Stoffwechsel. Entstandene
Abfallprodukte werden durch eine Pigmentschicht unter der Netzhaut
entsorgt. Doch im Laufe des Alterns können diese nicht mehr natürlich vom Auge abtransportiert werden. Stattdessen sammeln sie sich
im Bereich der Makula an und können dadurch die Versorgung der
Netzhautzellen mit Sauerstoff und Nährstoffen behindern. Dies hat zur
Folge, dass diese Zellen allmählich absterben, die zentrale Sehschärfe
verschlechtert sich. Versucht der Körper infolgedessen, die Störung
der Netzhaut durch Bildung neuer Blutgefäße auszugleichen, kann die
Erkrankung einen aggressiven Verlauf nehmen. Denn die neuen Gefäße
sind undicht und entartet: Flüssigkeit tritt aus, und es kommt zur
Bildung von Ödemen in der Makula, die zusätzlich Sehzellen zerstören.
Diese sogenannte feuchte altersbedingte Makuladegeneration (AMD)
betrifft etwa 10 bis 15 Prozent der Patienten und kann unbehandelt
innerhalb weniger Monate zu irreparablen Sehstörungen führen.
die Forscher daher mit der Entwicklung
einer eigenen Augenformulierung technologisches Neuland betreten und dabei
viele Hürden überwinden: „Es war eine
komplette Neuentwicklung nötig“, erklärt
Dr. Annett Richter, Apothekerin in der Formulierungsentwicklung bei Bayer HealthCare. „Unser Ziel war es, eine Darreichungsform des Wirkstoffs zu entwickeln, die wir
als Augentropfen anwenden können.“
Eine große Herausforderung, denn: Die
neue Formulierung sollte gleichermaßen
wirksam, stabil und verträglich sein und
dafür sorgen, dass der Wirkstoff seinen
Weg zur Hinterseite des Auges findet. Dazu
arbeitete Richter in der frühen Phase eng
mit ihren Forschungskollegen zusammen.
Das Team testete verschiedene Formulierungstypen. Eine ölige Suspension kristallisierte sich als die am besten geeignete Darreichungsform. Für diese musste das Team
ein geeignetes Verfahren zur Herstellung
und Sterilisierung entwickeln. Mittlerweile
wurden die Augentropfen erfolgreich im
Tiermodell getestet. Die Daten stimmen die
Forscher hoffnungsvoll, dass RegorafenibAugentropfen auch beim Menschen die
Symptome der feuchten AMD verbessern
könnten. „Und das, obwohl Experten eine
ausreichend therapeutische Wirksamkeit
von Augentropfen für eine derartige Erkrankung bisher bezweifelt haben“, erklärt
Richter stolz, denn: „Es gibt gute Hinweise,
Forschen für den Sehsinn: Um den Wirkstoff Regorafenib in eine
geeignete Darreichungsform zu bringen, haben Dr. ­Brigitte Stemper,
Dr. Annett Richter und Dr. Gesa Deeg, Bayer HealthCare Berlin (v. li.),
Neuland betreten.
dass der Wirkstoff von der Hornhaut zur
Netzhaut gelangt, wo er wirken soll“, so
Richter. Im Auge blockiert Regorafenib die
Funktion der VEGF-Rezeptoren und damit
die Weiterleitung der Signale zur Bildung
neuer Blutgefäße in der Netzhaut. „VEGF
kann zwar an den Rezeptoren in der Gefäßwand andocken, die Zellen sind für das
Wachstumssignal jedoch taub“, erklärt Klar.
Bisherige Entwicklung stimmt
Forscher positiv
Dadurch sinkt möglicherweise die Gefahr
für ungewollte Gefäßneubildungen und
Ödeme. Der Biologe ergänzt: „Die Unterbrechung des VEGF-Wachstumssignals
im Auge könnte bei AMD-Patienten die
krankhaften Gefäße zurückdrängen und
das Sehen verbessern.“ Rund fünf Jahre
dauerte es von der Idee bis zur ersten Prüfung am Menschen. Diese begann mit einer Phase-I-Studie, bei der die Verträglichkeit der neuen Augentropfen an gesunden
Probanden geprüft wurde. Mit Erfolg:
„Regorafenib wird in dieser Formulierung
gut vertragen“, so Dr. Michael Böttger,
verantwortlicher Arzt bei Bayer HealthCare für die frühe klinische Entwicklung
des Projektes. „Der Wirkstoff konnte im
Blutkreislauf kaum nachgewiesen werden,
was ein Vorteil der lokalen Applikation bei
einer Augenerkrankung ist.“ Außerdem
konnten sich die Probanden die tägliche
Anwendung des Medikaments über einen
längeren Zeitraum vorstellen.
„Wir freuen uns, dass die präklinische
Entwicklung und die Phase I so gut verlaufen sind“, so Böttger. Die Forscher gehen
hoffnungsvoll in Phase II, die im Oktober
2014 startete. Böttger erklärt: „In dieser
Studie wollen wir prüfen, ob RegorafenibAugentropfen bei Patienten mit feuchter
AMD wirksam sind.“ Bei gutem Ergebnis
wird im Rahmen derselben Studie die optimale Dosierung und Anwendungshäufigkeit untersucht. „Durch ein innovatives
zweiphasiges Studiendesign und eine enge
Zusammenarbeit zwischen Forschung und
Entwicklung könnte sich die gesamte Entwicklungsdauer verkürzen“, ergänzt Stemper. Die ölige Formulierung ist ein neuer
Ansatz: „Die Tropfen haben das Potenzial,
die erste nicht-invasive Behandlungsmöglichkeit für die feuchte AMD zu werden“,
erklärt Projektleiterin Deeg. „Augentropfen können sich Patienten selbst verabreichen.“ Am Ende könnte möglicherweise
eine ganz neue Therapieform stehen – die
sich von den ins Auge injizierbaren Medikamenten von heute unterscheidet.
www.research.bayer.de/regorafenib
Weitere Infos zum Thema
Bayer research 27 Dezember 2014
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