1 Induktion Wir bezeichnen mit N = {0, 1, 2, . . .}, Z = {. . . , −2, −1, 0, 1, 2, . . .} p Q= ; p, q ∈ Z und q 6= 0 , R = reelle Zahlen q die Mengen der natürlichen, ganzen, rationalen und reellen Zahlen. Sind A, B beliebige Mengen, so schreiben wir x∈A für “x ist ein Element von A“, A⊂B , falls jedes x ∈ A auch zu B gehört, A∪B = {x; x ∈ A oder x ∈ B}, A∩B = {x; x ∈ A und x ∈ B} ⊂ A ∪ B. Wir setzen voraus, dass die Menge N der natürlichen Zahlen das folgende Axiom erfüllt: Ist n0 ∈ N und ist M ⊂ N eine Teilmenge mit (i) n0 ∈ M , (ii) aus n ∈ M und n ≥ n0 folgt, dass n + 1 ∈ M , so gilt {n ∈ N; n ≥ n0 } ⊂ M . Auf diesem Axiom beruht die Gültigkeit des Induktionsprinzips: Sei n0 ∈ N. Möchte man zeigen, dass für alle n ∈ N mit n ≥ n0 eine Aussage E(n) gilt, genügt es zu zeigen: (i) E(n0 ) ist richtig, (ii) ist n ≥ n0 und gilt die Aussage E(n), so gilt auch die Aussage E(n + 1). Beispiel: Für alle n ∈ N gilt: 0 + 1 + 2 + ... + n = Beweis. (Induktion) Induktionsanfang n = 0: 1 n(n + 1) 2 Linke Seite = 0 = 0(0+1) 2 = Rechte Seite Induktionsschritt n → n + 1, n ≥ 0: Induktionsvoraussetzung : Sei 0 + 1 + . . . + n = Induktionsschluss : n(n + 1) schon gezeigt. 2 Es gilt IV 0 + 1 + . . . + n + (n + 1) = (n + 1)(n + 2) n(n + 1) + (n + 1) = . 2 2 Summen und Produktzeichen: Sind m, n ∈ Z mit m ≤ n und am , . . . , an ∈ R, so definieren wir n X j=m n Y aj = am + am+1 + . . . + an , aj = am · am+1 · . . . · an . j=m Für am , . . . , an , bm , . . . , bn ∈ R, c ∈ R, k ∈ Z gilt: P P P n n n (i) a + b = j=m (aj + bj ), j j j=m j=m (ii) c (iii) P n j=m Pn−k j=m−k P n aj = j=m (caj ), aj+k = Pn j=m aj . Die Eigenschaften (i) und (iii) gelten entsprechend auch für Produkte. Für n < m definiert man: n X n Y aj = 0, j=m aj = 1. j=m Wir erinnern an die Definition der Binomialkoeffizienten. Definition 1.1. Für n ∈ N definiert man n! = n Y k (n − Fakultät). k=1 Beachte, dass 0! = 1 ist. Satz 1.2. Sei {x1 , . . . , xn } eine n-elementige Menge. Dann ist n! gleich der Anzahl der Möglichkeiten, die n Elemente x1 , . . . , xn auf n Plätze zu verteilen. Beweis. (Induktion nach n): (Induktionsanfang) n = 1: LS = 1! = 1 = RS für n = 1. 2 Induktionsschritt n → n + 1, n ≥ 1: Induktionsvoraussetzung: Die Aussage gelte für n. Induktionsschluss: Sei {x1 , . . . , xn+1 } eine (n + 1)-elementige Menge. Auf Platz 1 kann man setzen x1 oder x2 oder . . . xn+1 . Zu jeder dieser n + 1 Möglichkeiten gibt es nach Induktionsvoraussetzung n! Möglichkeiten, die übrigen n Elemente auf die restlichen n Plätze zu verteilen. Insgesamt gibt es also (n+1)n! = (n+1)! Möglichkeiten. Definition 1.3. Für n, k ∈ N setzt man Y k n n−j+1 n(n − 1) · . . . · (n − k + 1) = = k j k! j=1 (Binomialkoeffizienten). Aus der Definition folgt: (i) Für k > n ist n k = 0, denn es ist n − k + 1 ≤ 0 ≤ n. n k (ii) Für 0 ≤ k ≤ n gilt: n 0 (iii) Insbesondere ist = n! k!(n−k)! . =1= n n für alle n ∈ N. Lemma 1.4. Für 1 ≤ k ≤ n gilt: n n−1 n−1 = + . k k−1 k n−1 Beweis. Für k = n gilt nn = 1 = 1 + 0 = n−1 n−1 + n . (n−1)! (n−1)! n−1 + k!(n−1−k)! . Für 1 ≤ k ≤ n − 1 ist n−1 = (k−1)!(n−k)! k−1 + k n! k(n − 1)! + (n − k)(n − 1)! = = = k!(n − k)! k!(n − k)! n . k Satz 1.5. Für n ∈ N, n ≥ 1, ist n k = Anzahl der k-elementigen Teilmengen von {1, . . . , n} für k = 1, . . . , n. Beweis. (vollständige Induktion) (IA) n = 1: Für k = 1 ist: LS = 1 1 = 1 = RS. (IS) n → n + 1, n ≥ 1: Induktionsvoraussetzung: Sei die Behauptung gezeigt für n. 3 Induktionsschluss: Sei k ∈ {1, . . . , n + 1}. Für k = 1 ist n+1 = n + 1 = Anzahl der 1-elementigen Teilmengen von {1, . . . , n + 1}. 1 n+1 Für k = n + 1 ist n+1 = 1 = Anzahl der (n + 1)-elementigen Teilmengen von {1, . . . , n + 1}. Für k = 2, . . . , n gilt: Anzahl der k-elementigen Teilmengen von {1, . . . , n + 1} = Anzahl der k-elementigen Teilmengen A ⊂ {1, . . . , n + 1} mit n + 1 ∈ A + Anzahl der k-elementigen Teilmengen A ⊂ {1, . . . , n + 1} mit n + 1 ∈ /A n n Lemma 1.4 n + 1 IV = + = . k−1 k k Als Folgerung erhält man insbesondere, dass n k ∈ N ist für alle n, k ∈ N. Satz 1.6. (Binomialtheorem) Für x, y ∈ R und n ∈ N gilt: (x + y)n = n X n k n−k . x y k k=0 Beweis. (Induktion) (IA) n = 0: Es ist (x + y)0 = 1 = 0 0 x0 y 0−0 . (IS) n → n + 1, n ≥ 0: Sei die Behauptung gezeigt für n. Dann gilt: (x + y)n+1 = IV (x + y)(x + y)n = (x + y) n X n k=0 = = = = n X n xk y n−k n X n k n+1−k k+1 n−k x y + x y k k k=0 k=0 n+1 n X n X n k n+1−k xk y n+1−k + x y k−1 k k=1 k=0 n X n n n+1 + xk y n+1−k + y n+1 x + k−1 k k=1 n+1 X n + 1 xk y n+1−k . k k=0 Dabei haben wir im letzten Schritt Lemma 1.4 benutzt. Satz 1.7. (Geometrische Summen) Für x ∈ R \ {1} und n ∈ N gilt: k n X k=0 xk = 1 − xn+1 . 1−x 4 Beweis. (Induktion) (IA) n = 0: Es ist LS = x0 = 1 = 1−x 1−x = RS. (IS) n → n + 1, n ≥ 0: Sei die Behauptung gezeigt für n. Dann gilt n+1 X k=0 xk = n X k=0 IV xk + xn+1 = 1 − xn+1 + xn+1 − xn+2 1 − xn+2 1 − xn+1 + xn+1 = = . 1−x 1−x 1−x 5