Vier weitere Beispiele zu vollständiger Induktion Induktionsprinzip: Sei A(n) eine für alle natürlichen Zahlen n ∈ N sinnvolle Aussage. Dann folgt aus den beiden Voraussetzungen Induktionsanfang und Induktionsvoraussetzung (I.A.) A(1) ist richtig (I.V.) Für alle n ∈ N gilt die Implikation A(n) =⇒ A(n + 1). die Gültigkeit der Aussage A(n) für alle n ∈ N. Mit anderen Worten: Haben wir gezeigt, dass die Aussage A(n) im Falle n = 1 gültig ist, und ist es uns gelungen, zu zeigen, dass aus der Gültigkeit der Aussage A(n) die Gültigkeit der Aussage A(n + 1) folgt, so gilt die Aussage schon für alle natürlichen Zahlen. Nun zu einigen elmentaren Aussagen, die wir mittels vollständiger Induktion beweisen wollen: Aussage: Die Summe der natürlichen Zahlen von 1 bis n ist gegeben durch n X i=1 i= n · (n + 1) 2 Beweis. (per Induktion nach n) Wir starten mit dem Indutkionsanfang: (I.A.) Die Summe der Zahlen von 1 bis 1 ist 1 und es gilt 1 X i=1= i=1 1 · (1 + 1) , 2 also ist die Behauptung im Fall n = 1 korrekt. n X n · (n + 1) (I.V.) Es gelte i= . 2 i=1 Wir müssen zeigen: n+1 X i=1 i= (n + 1) · (n + 2) . 2 1 Es gilt: n+1 X i= i=1 n X i + (n + 1) i=1 n · (n + 1) + (n + 1) (nach I.V.) 2 n · (n + 1) 2 · (n + 1) = + 2 2 n · (n + 1) + 2 · (n + 1) = 2 (n + 2) · (n + 1) = 2 = Dies beweist die Behauptung. Aussage: Die Summe 12 +32 +52 + . . . + (2n − 1)2 der ungeraden Quadratzahlen bis 2n − 1 ist n·(2n−1)·(2n+1) , d.h. 3 n X (2i − 1)2 = i=1 n · (2n − 1) · (2n + 1) 3 Beweis. (per Induktion nach n) Wir starten mit dem Indutkionsanfang: (I.A.) Die Summe der Zahlen von 12 bis 12 ist 1 und es gilt 1 X (2i − 1)2 = 1 = i=1 1 · (2 − 1) · (2 + 1) , 3 also ist die Behauptung im Fall n = 1 korrekt. n X n · (2n − 1) · (2n + 1) (2i − 1)2 = . (I.V.) Es gelte 3 i=1 Wir müssen zeigen: n+1 X i=1 (2i − 1)2 = (n + 1) · (2(n + 1) − 1) · (2(n + 1) + 1) . 3 2 Es gilt: n+1 X (2i − 1)2 = i=1 n X (2i − 1)2 + (2n + 1)2 i=1 = = = = = = = n · (2n − 1) · (2n + 1) + (2n + 1)2 (nach I.V.) 3 n · (2n − 1) · (2n + 1) 3 · (2n + 1)2 + 3 3 n · (2n − 1) · (2n + 1) + 3 · (2n + 1)2 3 (n · (2n − 1) + 3 · (2n + 1)) · (2n + 1) 3 (2n2 − n + 6n + 3) · (2n + 1) 3 (2n2 + 5n + 3) · (2n + 1) 3 (n + 1) · (2n + 3) · (2n + 1) 3 Dies beweist die Behauptung. In der Teilbarkeitslehre wollen wir auch vollständige Induktion verwenden. Dazu folgendes kleines Beispiel: Aussage 3 ist stets ein Teiler von n3 − n für alle n ∈ N. Beweis. (per Induktion nach n) Wir starten mit dem Induktionsanfang: (I.A.) Im Fall n = 1 ist n3 − n = 0 und 3 ist ein Teiler der 0. (I.V.) Es gelte: 3 ist ein Teiler von n3 − n. Wir müssen zeigen: 3 ist auch ein Teiler von (n + 1)3 − (n + 1). Es gilt: (n + 1)3 − (n + 1) = n3 + 3n2 + 3n + 1 − n − 1 = (n3 − n) + (3n2 + 3n) = (n3 − n) + 3 · (n + 1) Da nun nach Induktionvoraussetzung 3 ein Teiler von n3 − n ist und 3 sicherlich auch ein Teiler von 3 · (n + 1) ist, folgt, dass 3 ein Teiler von der Summe (n3 − n) + 3 · (n + 1) ist. Dies zeigt die Behauptung. Auch in der Mengentheorie kann vollständige Induktion sehr nützlich angewandt werden: 3 Aussage: Eine n-elementige Menge M besitzt stets 2n Teilmengen, d.h. |℘(M )| = 2n . Beweis. (per Induktion nach n) Wir starten mit dem Induktionsanfang: (I.A.) Sei M = {m} einelementig. Dann ist die Menge der Teilmengen von M gegeben durch ℘(M ) = {∅, {m}}. Es gilt also: M hat 2 = 21 viele Elemente. Damit ist die Aussage für n = 1 richtig. (I.V.) Es gelte, dass jede n-elementige Menge genau 2n viele Teilmengen hat. Sei M nun eine Menge mit n + 1 Elementen, d.h. M = {m1 , . . . , mn , mn+1 } = {m1 , . . . , mn } ∪ {mn+1 } Wir betrachten die Menge aller Teilmengen von M . Diese Mengen können wir in zwei Teilmengen M1 und M2 unterteilen, von denen M1 alle Teilmengen von M umfaßt, die mn+1 enthalten, und M2 alle Teilmengen von M , die mn+1 nicht enthalten. [Hier ist es vielleicht nicht unklug, sich dieses an einem einfachen kleinen Beispiel zu verdeutlichen.] Dann sind in M2 genau die Teilmengen der Menge {m1 , . . . , mn } enthalten. Diese Menge hat n Elemente und besitzt daher nach Induktionsvoraussetzung genau 2n Elemente. Nun müssen aber M2 und M1 gleich viele Teilmengen von M enthalten. Also hat auch M1 genau 2n viele Elemente. Insgesamt ist damit die Anzahl aller Teilmengen von M gegeben durch 2n + 2n = 2 · 2n = 2n+1 Damit ist die Behauptung bewiesen. Zum Abschluß zeigen wir, wie man auch eine Aussage aus der Analysis mit vollständiger Induktion beweisen kann: Aussage: Für alle x ∈ R mit x ≥ −1 und alle n ∈ N gilt: (1 + x)n ≥ 1 + n · x (Bernoullische Ungleichung) Beweis. (per Induktion nach n) Sei im folgenden x ∈ R mit x ≥ −1 beliebig. Wir starten mit dem Induktionsanfang: (I.A.) Für n = 1 gilt (1 + x)1 = 1 + x ≥ 1 + 1 · x, d.h. die Behauptung ist im Fall n = 1 korrekt. (I.V.) Es gelte (1 + x)n ≥ 1 + n · x. Wir müssen zeigen, dass (1 + x)n+1 ≥ 1 + (n + 1) · x gilt. 4 Es gilt: (1 + x)n+1 = (1 + x)n · (1 + x) ≥ (1 + n · x) · (1 + x) (nach I.V.) 2 =1+x+n·n+n·x = 1 + (n + 1) · x + n · x2 = (1 + (n + 1) · x) + n · x}2 | {z ≥0 ≥ 1 + (n + 1) · x also die Behauptung. 5