Know-how Bei modernen Pharmadienstleistern geht es um mehr als nur die Bereitstellung von Mitarbeitern Dirigent des Multichannel-Auftraggebers Ein Dirigent dirigiert mit seinem Taktstock ein Orchester, spielt aber selber dabei kein Instrument. Dennoch gibt es ohne ihn kein perfektes Zusammenspiel aller Musiker für ein gelungenes Konzert! Moderne Pharmadienstleister spielen für die Pharmabranche eine vergleichbare Rolle. Früher stellten Pharmadienstleister nur Pharmaberater bereit, heute jedoch helfen sie bei der Orchestrierung komplexer kommerzieller Strategien und stellen sicher, dass Patienten, Krankenversicherungen und medizinische Fachkräfte gezielt angesprochen werden können. Diese Herausforderung resultiert aus dem dramatischen Wandel im Gesundheitsmarkt, der aber auch dazu geführt hat, dass Pharmadienstleister nun eher als strategische Partner betrachtet werden. �� Einer Studie zufolge leben wir heute in einem Zeitalter, in dem es entscheidend für den Erfolg von Produkten ist, sich an konkrete Zielgruppen zu wenden. Die Ansprache erfolgt dabei mit dem Ziel, Patientenergebnisse zu optimieren und mehr Kunden in sich ständig weiterentwickelnden Märkten zu erreichen. Diese neue Ära setzt eine schnellere und praktikablere Zusammenarbeit zahlreicher Kanäle zwischen Arzneimittelherstellern und Ärzten, Krankenversicherungen, Patienten und Betreuern voraus.1 Pharmadienstleister sollten daher in der Lage sein, durch den Einsatz von integrierten Multichannel-Konzepten diese Zusammenarbeit zu optimieren: •L ive! — Bei Live-Kanälen geht es um Echtzeitinteraktionen zwischen dem Pharmaberater und verordnendem Arzt, unabhängig vom Kanal und der Anzahl der Teilnehmer. Darunter fallen persönliche oder digitale Kontakte, die zum Aufbau einer individuellen Beziehung genutzt werden können. Dies wird vorran- gig für die direkte Ansprache der wichtigsten Kunden verwendet. • Personalisiert — Diese Kanäle bauen per Definition auf der Identifizierung und der Zustimmung der medizinischen Fachkraft auf. Hierzu zählen opt-in (vom Empfänger gebilligt) und persönlich gestaltete E-Mails, soziale Kanäle und virtuelle one-to-many (Einer-zu-vielen) Veranstaltungen. Reaktionen erfolgen oft rasch, allerdings nur selten in Echtzeit. • Unpersönlich — Hierbei bleiben die Kanäle neutral und ohne persönliche Ansprache. Es handelt sich unter anderem um Websites, soziale Medien, Direct Mail, Massen-E-Mails und mobile Anwendungen (Apps). Solche Interaktionen zielen üblicherweise auf eine breite Spanne von weniger bedeutsamen oder schwer erreichbaren Kunden ab.2 Bei integrierten Multichannel-Kampagnen zielt die Rolle eines Pharmadienstleisters nicht unbedingt auf die Entwicklung einer Strategie ab, denn diese liegt immer Bild 1: Synchronisierung der Kanäle; Quelle: QuintilesIMS 38 noch im Verantwortungsbereich der Pharmazeutischen Unternehmen. Auch brauchen Pharmadienstleister nicht unbedingt auf allen Projekt-Kanälen tätig zu sein, da diese auf mehrere Anbieter verteilt werden können. Es geht für Pharmadienstleister wie für Dirigenten um die Schaffung des Einklangs und die Harmonisierung dieser Aktivitäten, um ein erfolgreiches Ganzes zu schaffen. So gesehen sind Pharmadienstleister strategische Partner, die dem Unternehmen Hilfestellung beim Erreichen seiner Ziele leisten. Gartner Research stellte bereits ein ähnliches Konzept vor, nämlich das des „Produktvertreters als Concierge“, Jahre bevor Pharmadienstleister zu anerkannten Vertriebs-Partnern der Pharmaunternehmen wurden.3 Damals ging es für Produktvertreter mehr darum, die Kundenbedürfnisse einzuschätzen und darauf basierend relevante, vorgefertigte Informationen zu übermitteln. Heute stellen strategische Vertragspartner sicher, dass der Angelpunkt jedes Kundenkontaktes auf folgendes hinausläuft: „Was brauchen Sie und wie kann ich Ihnen diese Informationen beschaffen?“ anstatt einer bereits verfassten, verallgemeinernden Vorstellung. Gerade hier liegt jedoch des Pudels Kern: zwar ist dies eine einmalige Chance, aber auch eine Herausforderung, denn der Erfolg basiert auf der Integration von Datensilos und der Synchronisierung zahlreicher Vermarktungskanäle, durch unterstützende Anwendungsprogramme und kanalspezifischen Daten, wie in Bild 1 dargestellt. Also ist der Ausgangspunkt einer leistungsfähigen Kampagne die Erkenntnis, dass das übergreifende Ziel nicht einfach aus einer Transaktion auf einem bestimmen Kanal oder der Ausstellung eines Rezeptes (auch eine Transaktion) besteht, sondern dass das Ziel die Entwicklung einer Beziehung ist. Ein Pharmaberater sollte jeden einzelnen Arzt seiner Zielgruppe so weit wie möglich kennenlernen, damit pharmaberater 4/16 Know-how eine Kundenbeziehung entstehen kann, die dann zum nachhaltigen Kauf bzw. zu Verordnungen führt. Dies setzt das Verständnis der individuellen Präferenzen des Arztes voraus, seiner Vorgehensweisen und den Schwierigkeiten, mit denen er im Alltag konfrontiert ist. Wer versteht, wie Ärzte gerne kontaktiert und informiert werden wollen – z.B. durch Pharmavertreter, E-Mails, Tele-Detailing, Remote E-Detailing, Video-Detailing, Direct Mail oder digitale Medien – kann Verkaufs- und Marketing-Ressourcen ganz speziell zuschneiden, um optimale Ergebnisse zu erzielen. Der optimale Mix Unterschiedliche Ärzte bevorzugen unterschiedliche Kanäle. Wichtig ist daher zu wissen wann, wie und wie häufig sie kontaktiert werden möchten. Kann der Kunde über die Art und Weise, wie er mit Pharmaunternehmen in Beziehung treten möchte selbst entscheiden, verbessert sich damit automatisch die Beziehung. Eine Cegedim/Quantia-Analyse hat kürzlich belegt, dass 76 % der Ärzte Online-Kommunikationskanäle bevorzugen.4 QuintilesIMS befragte Internisten und Fachärzte in Europa und stellte fest, dass 63 % Remote E-Detailing für den zukünftigen Weg der Kontaktaufnahme mit Pharmavertretern halten. Gleichzeitig gaben sie aber an, dass sie die Hälfte ihrer Zeit mit Remote E-Detailing-Interaktionen und die andere Hälfte mit persönlichen Kontakten verbringen wollen.5 Während digitale Live-Kanäle an Beliebtheit zunehmen, bevorzugen zahlreiche Ärzte weiterhin andere persönliche und unpersönliche Kanäle. Darüber hinaus gibt es eine umfangreiche Gruppe von sogenannten „no-see“-Ärzten, die ausschließlich durch unpersönliche Kanäle wie E-Mails erreicht werden können. So steigt einer Studie zufolge diese Gruppe der „no-see“-Ärzte an, von 27 % 2013 auf 42 % gerade mal ein Jahr später.4 Viele Untersuchungen in jüngerer Zeit zeigen jedoch, dass besonders Fachärzte Pharmavertreter-Besuche noch immer sehr schätzen. In der oben zitierten Studie wird erwähnt, dass über 40 % der Ärzte eine Partnerschaft mit Pharmafirmen für ihre eigene Fortbildung und die ihrer Mitarbeiter als wertvoll erachten. Letztendlich werden voraussichtlich alle Kommunikationen hoch-personalisiert und digital integriert sein. Die Kunst besteht darin, alle Kanäle zu vernetzen, um sicherzustellen, dass bei jedem Kontakt der richtige Ansatz gewählt wird. Genau wie bei Symphonikern müs- pharmaberater 4/16 Bild 2: Aufeinander abgestimmte Kanäle zum effektiven Erreichen der Zielgruppe; Quelle: QuintilesIMS sen alle Instrumente im Einklang spielen, um die gewünschte Harmonie hervorzubringen. Von modernen Pharmadienstleistern wird heute erwartet, Call-Center-Mitarbeiter, Nurse Educators, Medical Science Liaisons und Pharmavertreter für Ärztekontakte effektiv einzusetzen (siehe Bild 2). Neue medizinische Produkte zur komplizierten Selbstinjektion oder Injektion in der Praxis sind ein gutes Beispiel für den Stellenwert von Nurse Educators, was dann wiederum die Tür für produktive Pharmavertreter-Gespräche öffnet. MLSs sind zunehmend entscheidend für den Aufbau von vertrauensvollen Beziehungen zu führenden Ärzten, die dann zu Meinungsbildnern werden. Pharmadienstleister müssen heute in der Lage sein, all diese „Live“-Beziehungs-Kanäle zusammen mit digitalen Kanälen strategisch so zu integrieren, dass die Ärzte von einer wachsenden Beziehung profitieren anstatt mit immer mehr Terminen, Anrufen und Direktvermarktung überschwemmt werden. Im Zeitalter der Spezialisierung und der präzisen Abstimmung der Kommunikations-Kanäle auf die Präferenzen der vielen unterschiedlichen Fachpersonen brauchen Arzneimittelfirmen Partner, die mit Geschick die breite Skala an Kanälen und Interessengruppen orchestrieren können. Solche Partner können den Pharmaunternehmen zu einem integrierten, synchroni- sierten Ergebnis verhelfen, das die Ärzte informiert, Umsätze steigert und lebensrettende Medikamente zu den Patienten bringt. �� Quellen 1. “Life in the New Normal – The Customer Engagement Revolution Key Findings: Survey of 200 Pharmaceutical Sales and Marketing Executives,” Accenture, 2013. For more: https://www.accenture. com/t20160210T021624__w__/us-en/_acnmedia/ PDF-7/Accenture-Life-in-the-Normal-The-Customer-Engagement-Revolution.pdf 2. “A Smarter Path to Integrated Multichannel Engagement,” by Gretchen Maciver, September 28 2015. For more: http://www.quintiles.com/library/whitepapers/a-smarter-path-to-integrated-multichannelengagement 3. “Changes in Biopharma Market Require New Approaches and Technologies as Sales Rep Morphs from Influencer to Concierge,” by Dale Hagemeyer, September 24, 2009, Gartner Research. For more: https://www.gartner.com/doc/1188616/changesbiopharma-market-require-new 4. “The Evolving CSO Landscape,” by Nick Basta, January 2015, Pharmaceutical Commerce. For more: http://pharmaceuticalcommerce.com/brandmarketing-communications/the-evolving-cso-landscape/ 5. “Pharm Sales in the Digital Era,” by Liz Murray, October 2015, Pharma Marketing Europe. For more: http://www.pmlive.com/pharma_thought_leadership/pharma_sales_in_the_digital_era_898991 6. “A New Era for Pharmaceutical—New Commercial Models: What’s Working and What’s Not,” PriceWaterhouseCoopers, 2015. For more: http:// www.strategyand.pwc.com/reports/new-commercial-models Autorin Regina Hollstein verantwortet als Project Manager bei QuintilesIMS, Integrated Engagement Services, in Mannheim die Gestaltung und Umsetzung von innovativen Multichannel-Konzepten. Auf internationaler Ebene ist Regina Hollstein Mitglied in dem von Liz Murray geleiteten Global Center of Excellence, das sich darauf spezialisiert hat, Multichannel-Strategien zu konzipieren, neue Kommunikationskanäle zu entwickeln und innovative Ansätze auf die lokalen Bedürfnisse und Gegebenheiten der Kunden auszurichten. Kontakt: [email protected] 39