gurre- lieder 2. Sonderkonzert abschlusskonzert orchesterjubiläum 12/13 GURRE-LIEDER 2. SONDERKONZERT Arnold Schönberg (1874 – 1951) Gurre-Lieder Kantate für Soli, Chor und Orchester – Konzertpause nach Teil I – 120’ 15.12.12 19.00 GROSSES HAUS Dauer ca. 2 ½ Stunden Heidi Melton Tove John Treleaven Waldemar Ewa Wolak Waldtaube Seung-Gi Jung Bauer Matthias Wohlbrecht Klaus-Narr Heinz Zednik Sprecher BADISCHE STAATSKAPELLE BADISCHER STAATSOPERNCHOR & EXTRACHOR Ulrich Wagner Einstudierung, Stefan Neubert Assistenz Daegu City Chorus Seoung Nam Kim Einstudierung Justin Brown Dirigent GURRE-LIEDER ABSCHLUSSKONZERT 350 JAHRE BADISCHE STAATSKAPELLE Begrüßung Peter Spuhler Generalintendant Grußworte Dr. Frank Mentrup Staatssekretär im Ministerium für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Württemberg Designierter Oberbürgermeister der Stadt Karlsruhe Wolfram Jäger Kulturbürgermeister der Stadt Karlsruhe Joachim Fleck Orchestervorstand BADISCHE STAATSKAPELLE Preisverleihung „Bestes Konzertprogramm 2012/13“ Winfried Jacobs Deutscher Musikverleger-Verband e. V. Arnold Schönberg (1874 – 1951) Gurre-Lieder Kantate für Soli, Chor und Orchester – Konzertpause nach Teil I – 16.12.12 19.00 GROSSES HAUS Dauer ca. 3 Stunden 120’ 350 jahre badische staatskaPelle Im 16. Jahrhundert trat die neue Kunstform Oper von Italien aus ihren Siegeszug durch Europa an und veranlasste zahlreiche Adlige und kirchliche Würdenträger, sich den Luxus eines eigenen Instrumentalensembles zu leisten und nicht nur auf durchreisende Musiker zurückzugreifen. War es neben der Begeisterung für Musik und Theater wohl auch der Wille zur Repräsentation, so bildeten die Theater- und Orchestergründungen doch die Keimzellen der einmaligen und überaus reichen Kulturlandschaft Deutschlands. So wurden auch am Hof der in Durlach residierenden Markgrafen von Baden Musiker für ein festes Ensemble angestellt, das 1662 zum ersten Mal urkundliche Erwähnung als „Music der Hof-Capellen“ findet. 428 Gulden und 30 Kreuzer nebst Naturalien waren der Jahresaufwand für die Entlohnung der damals noch überschaubaren Anzahl an Musikern, die den Namen „Kapelle“ bis in die heutige Zeit weitergaben – dass einige Orchester noch heute so genannt werden, geht auf den Kirchenraum zurück, der ursprünglich für ihre Auftritte bestimmt war. Die BADISCHE STAATSKAPELLE gehört somit zu den ältesten und traditionsreichsten Orchestern. 2 Mit der Gründung der Residenzstadt im Jahre 1715 und dem Umzug des Hofstaates zwei Jahre später bezog auch die Hofkapelle ihre neue Heimat Carolsruhe, deren Residenz sich vor allem unter der Regentschaft des der Aufklärung verpflichteten Markgrafen Karl Friedrich (1728-1811) zu einem „Musenhof“ entwickelte. Die Kapelle umfasste damals gut 20 Musiker, die den Kern des damals schon als „Drei-Sparten-Haus“ wirkenden Theaters und seiner Hofmusik bildeten: Mit einem nur aus jungen Mädchen bestehenden Gesangsund Tanzensemble wurden kleinere Opern und Ballette aufgeführt, die zum Großteil unbekannt sind oder nicht überliefert wurden. Eine erste Blüte konnte die Hofkapelle unter der Leitung Johann Melchior Molters erleben, der die Programme durch zahlreiche eigene Kompositionen bereicherte und bis 1765 wirkte. Durch den Hinzugewinn des BadenBadener Hofs wurde die dortige Kapelle der Karlsruher hinzugeschlagen. Mit übernommen wurde auch der namhafte Kapellmeister Joseph Aloys Schmittbaur, der für die Hofkapelle zahlreiche Opern, Kirchenmusiken sowie Sinfonien und Konzerte schrieb und vor allem als Gluck-Dirigent Erfolge feiern konnte. 1808 bezog die um die bischöfliche Kapelle Bruchsal nochmals vergrößerte Hofkapelle endlich einen großen, repräsentativen Theaterneubau, den sich das zum Großherzogtum aufgestiegene Land nun leisten konnte. Hier begann nun auch der große Aufstieg des Orchesters, dem nun mit Franz Danzi ein Kapellmeister und Komponist mit internationaler Ausstrahlung vorstand. Danzi führte zahlreiche zeitgenössische Werke zum ersten Mal in Karlsruhe auf, so Beethovens Fidelio und Webers Freischütz. Auch Karlsruhe blieb, wie so viele andere Städte, nicht vor einem Theaterbrand verschont, und so zog die Hofkapelle 1853 in einen Theaterneubau um. Kurze Zeit später wurde ein erst 25-jähriger Kapellmeister engagiert, unter dessen Leitung sich das Orchester zur völligen Blüte entfalten konnte: Hermann Levi machte Karlsruhe endgültig zu einem Musikzentrum nationalen, ja internationalen Ranges, das zahlreiche bekannte Künstlerpersönlichkeiten anzog. Eine persönliche Freundschaft verband Levi mit Johannes Brahms, der sehr häufig zu Gast war und der Hofkapelle zahlreiche Uraufführungen anvertraute. Neben Kammermusikalischem wie dem Klavierquintett stehen hierfür vor allem orchestrale Chorwerke wie die Alt-Rhapsodie und das Schicksalslied sowie natürlich die 1. Sinfonie. Dirigent war hier der Levi-Nachfolger Otto Dessoff, zuvor prägender Leiter der Wiener Philharmoniker. Die gute Erfahrung mit jungen Kapellmeistern sollte sich auch bei Dessoffs Schüler und Nachfolger Felix Mottl bestätigen. Er war einer der Hauptdirigenten der Bayreuther Festspiele und führte die langjährige WagnerTradition der Kapelle, die auch durch mehrmalige Besuche des Meisters geadelt wurde, zu neuen Gipfeln. Mottl setzte sich ganz besonders auch für die Musik von Hector Berlioz ein und leitete 1890 die Uraufführung der kompletten Trojaner. Der internationale Ruf des Orchesters zog zahlreiche weltbekannte Komponisten, Dirigenten und Solisten an, so mehrfach Richard Strauss, Franz Schreker oder Edvard Grieg. In der kurzen Zeit als Landestheater (1918–33) prägte vor allem Josef Krips Theater und Orchester. Unter anderem leitete er ein Bruckner- sowie ein Händel-Fest. Krips musste Karlsruhe 1933 wegen seiner jüdischen Abstammung verlassen und nahm einen Ruf an die Wiener Staatsoper an, Nachfolger wurde sein Assistent Joseph Keilberth, nun als Generalmusikdirektor der BADISCHEN STAATSKAPELLE, wie sie nach der Umbenennung vom Landes- zum Staatstheater hieß. Auch nach dem 2. Weltkrieg wurde die reiche Tradition mit Werken nicht nur von Wagner und Strauss fortgesetzt, zahlreiche Ur- und Erstaufführungen prägen auch weiterhin das Profil des Orchesters. Zeitgenössische Musik spielte auch im Jubiläumsjahr 2012 eine bedeutende Rolle, so erklang in beinahe jedem Sinfoniekonzert Musik eines lebenden Komponisten. Historische Konzerte, eine Ausstellung, ein Orchesterfest für Alle, CD-Produktionen und vieles weitere waren Höhepunkte der Geburtstagsfeierlichkeiten, nach deren Abschluss ein Buch zum Jubiläum erscheinen wird (siehe Seite 35). Dies alles wurde nur möglich mit großzügiger Unterstützung durch das Land Baden Württemberg, die Stadt Karlsruhe und die Baden Württemberg Stiftung. 3 licht und dunkel der liebe „Schönbergs Frühwerke sind für die meisten Hörer eine angenehme Überraschung, weil sie strapaziöse atonale Exerzitien erwartet haben. Die Musik verströmt jedoch einen betörend reichen Klang, der eher an Klimts vergoldete Porträts und andere Jugendstilwerke erinnert. Forsche Strauss’sche Gesten mischen sich mit durchsichtigen Flächen, die vielleicht nicht zufällig denen von Debussy ähneln. (...) Die Gurre-Lieder, eine gewaltige Wagner‘sche Kantate für Vokalsolisten, mehrere Chöre und Riesenorchester, eröffnet mit einem mächtigen Dampfbad in Es-Dur, wahrscheinlich den Beginn von Wagners Ring nachahmend. Doch etwas ist faul im romantischen Paradies: Unerklärliche Dissonanzen steigen an die Oberfläche, chromatische Melodielinien überschneiden sich in kontrapunktischer Verwirrung, Akkorde der Sehnsucht bleiben unaufgelöst.“ Mit diesen wenigen Worten durchwandert der amerikanische Journalist und 4 Autor Alex Ross in seinem Buch The rest is noise pointiert den Kosmos von Arnold Schönbergs Gurre-Liedern. Die Arbeit daran begann der Wiener Komponist im Jahr 1900, als er noch unter dem Eindruck Richard Wagners stand und in seinem Streichsextett Verklärte Nacht op. 4 die Tonalität beinahe zum Bersten gebracht hätte. Vollendet wurde das Mammutwerk erst 1911, nachdem Schönberg in Werken wie den Fünf Orchesterstücken op. 16 und dem Monodram Erwartung op. 17 die Jahrhunderte dominierende Tonalität vom Sockel gestoßen und mit seiner Atonalität nicht weniger als die Musikgeschichte im 20. Jahrhundert revolutioniert hatte. Die Geburtsstunde dieser Revolution reicht ins 19. Jahrhundert zurück, als 1865 im Münchner Nationaltheater zum ersten Mal jener sehnsuchtsgeladene Akkord am Jens Peter Jacobsen 5 Beginn von Wagners Tristan und Isolde zu hören war, an dessen harmonischer Funktion sich fortan Generationen von Musikwissenschaftlern abarbeiten sollten. Seit den skandalträchtigen Aufführungen von Schönbergs Werken in Wien steht sein Name noch heute für das Schreckgespenst der Neuen Musik, dessen „Komposition mit zwölf Tönen“ als unverdaulich gilt. Schönberg war sich des künstlerischen Risikos sehr bewusst, als er sich nach längeren Pausen 1910 an die Instrumentierung des dritten Teils der GurreLieder setzte. Seinem Schüler Alban Berg gestand er in einem Brief: „Bei der Fertigstellung der Partitur habe ich nur einige wenige Stellen überarbeitet. (...) Ich hätte den Stil nicht mehr getroffen und ein halbwegs geübter Kenner müsste die 4-5 korrigierten Stellen ohne weiteres finden können. Diese Korrekturen haben mir mehr Mühe gemacht, als seinerzeit die ganze Komposition.“ Im selben Brief beschrieb er den genauen Kompositionsverlauf. Im März 1900 entstanden der erste und zweite Teil sowie „vieles aus dem III. Teil (...) Darauf lange Pause, ausgefüllt mit Operetteninstrumentationen.“ Schönberg versuchte nicht, seine künstlerische Entwicklung im erst 1910 und 1911 instrumentierten dritten Teil zu kaschieren: „Ich hatte nicht die Absicht das zu verbergen. Im Gegenteil, es ist selbstverständlich, dass ich zehn Jahre später anders instrumentiere.“ Schärfere Kontraste der Klangfarben, Aufspaltung des orchestralen Gesamtklangs in solistische Einzelstimmen und auffällige Schlaginstrumente kennzeichnen den neuen Stil. Dem Verständnis des Werks hilft diese andersartige Instrumentierung. Der dritte 6 Teil wird aus der Perspektive der Toten erzählt, während der erste unter den Lebenden spielt und der nur wenige Minuten dauernde zweite Teil mit der gotteslästernden Rede des Protagonisten den Übergang dieser beiden Welten markiert. Ein auffälliges Zeugnis der Instrumentierung im dritten Teil ist der Einsatz von einigen großen eisernen Ketten, zu dessen Klängen Waldemars Mannen sich aus ihren Särgen erheben, deren Deckel sie zuvor mit Ratschentönen geöffnet haben. Diese schaurige Szene ist Teil der erzählten heimlichen Liebe König Waldemars zu dem Mädchen Tove, das von Waldemars Gattin Helwig getötet wird. Seinen Gott dafür verurteilend, bietet sich Waldemar als dessen Narr an, um diesen künftig vor derlei Taten warnen zu können. Um das Bild der ermordeten Geliebten und seiner Liebe zu ihr aufrechtzuerhalten, erscheint Waldemar immer wieder mit seinen aus den Gräbern gerufenen Mannen als „Wilde Jagd“. Die Unruhe dieser Toten mündet in einen apotheotischen Schlusschor, der die aufsteigende Sonne preist. Schönberg vertonte mit diesem Versepos die 1869 vollendeten und 1899 durch Franz Arnold ins Deutsche übersetzten GurreLieder des dänischen Schriftstellers Jens Peter Jacobsen (1847–1885). Der studierte Botaniker, der unter anderen zwei Romane verfasste, bearbeitete darin die dänische Sage um den unglücklich liebenden König Valdemar. Dieser pflegte nachts sein Schloss Vordingborg und seine eifersüchtige Gattin Helvig zu verlassen, um nach einem mühsamen langen Ritt seine Geliebte Tove auf Schloss Gurre zu besuchen. Jacobsen verknüpfte in den Gedichten unterschiedliche Versionen dieser Sage und Schloss Gurre in Dänemark 7 gestaltete sie in seiner eigenen Gedankenwelt, wie Norbert Abels in einer Studie betont: „Zum Mysterium des Gottlosen wird die Natur. Von nichts anderem handeln die Gurre-Lieder des jungen Jacobsen, die sich gerade in dieser Zentrierung himmelweit von allen anderen Bearbeitungen der alten Sage unterscheiden.“ Teil umfasst neun abwechselnd von Waldemar und Tove gesungene Lieder, denen ein großangelegtes Orchesterzwischenspiel und das Lied der Waldtaube folgen. Nach dem kurzen zweiten Teil – mit ausschließlich Waldemars gotteslästerndem Lied – bilden weitere neun Lieder den dritten Teil. Tatsächlich spielt die mysteriös aufgeladene Natur die heimliche Hauptrolle. Die zentralen Vorgänge der Handlung werden von der Stimme einer Waldtaube berichtet: der Tod Toves, die daraus resultierende Wildheit Waldemars, der fortan den Sarg der Toten mit seinem Ross zieht, und in ihren allerletzten Zeilen die Aufklärung des Mordes: „Helwigs Falke war’s, der grausam / Gurres Taube zerriss!“ Der „heliozentrische Abschluss“ (Norbert Abels) des Werks wird vorbereitet durch eine ausgedehnte Schilderung der erwachenden Natur. Der leidenschaftliche Darwinist Jacobsen erhob die Natur zu seiner neuen Gottheit, nachdem er sich in den Jahren vor den Gurre-Liedern dem Atheismus zugewandt hatte, auch ausgelöst durch seine Darwin-Lektüre und die Nachbarschaft zu Nietzsche. In diesem heterogeneren Abschnitt kommen wesentlich mehr Stimmen zu Wort: Neben den drei vierstimmigen Männerchören der Bauer, Klaus-Narr, der bereits erwähnte Sprecher sowie der nun gemischte Chor für das lichtdurchflutete Ende. Trotz dieser Heterogenität der einzelnen Teile schafft Schönberg übergreifende Strukturen, die einen zusammenhängenden Eindruck ermöglichen. Schönberg entwickelte für diese Naturschilderung eine musikalische Ausdrucksform, die er in den folgenden Jahren in Werken wie Erwartung, Die Glückliche Hand, Pierrot lunaire und schließlich seiner unvollendeten Oper Moses und Aron perfektionierte: den rhythmisch und melodiös notierten Sprechgesang. Die drei Teile von Schönbergs zweistündigem Werk bestehen aus kompositorisch ineinander verschränkten Liedern, deren unterschiedliche Charaktere dennoch klar voneinander getrennt werden. Der erste 8 Die Technik, der er sich dazu bedient, ähnelt Wagners Leitmotivik, die dieser in seinen Opern ab dem Ring des Nibelungen entwickelt hatte. Bestimmten Personen, Gefühlen, Zuständen werden musikalische Motive zugeordnet, die später in teilweise veränderter Gestalt wiederkehren und so einen Zusammenhang zwischen den Passagen herstellen. Recht prägnant taucht das Motiv von Toves Liebeserklärung aus dem sechsten Lied des ersten Teils („Nun sag ich dir zum ersten Mal: / ,König Volmer, ich liebe Dich!’“) später wieder auf. Diese Klarinettenmelodie ist schon im Orchesterzwischenspiel erneut zu hören, nachdem ein Fortississimo-Schlag den Tod Toves verkündet hat. Auch im dritten Teil gedenkt Waldemar mit dieser Melodie seiner getöteten Geliebten, die er im vierten Lied überall in der Natur zu erkennen scheint („Mit Toves Stimme flüstert der Wald, / Mit Toves Augen schaut der See“). Die unheimlich Arnold Schönberg 9 kreisende Linie der Violoncelli, die Waldemars Todesahnung in seinem Mitternachtslied im ersten Teil begleitet, kehrt im dritten Teil wieder, bevor er seine Mannen zusammenruft. Das motivische Netz, das Schönberg in den Gurre-Liedern spannt, ist kaum zu durchdringen, weshalb 1912 der Direktor der Universal Edition, Emil Hertzka, Schönberg um einen thematischen Leitfaden durch sein Werk bat. Dieser lehnte den Auftrag strikt ab, schlug aber seinen Schüler Alban Berg vor, um einen solchen Führer zu erstellen. Ein derartiges Hilfsmittel gab es bereits auch vor der Uraufführung von Wagners Ring des Nibelungen, wo sich bis heute die Rezeption teilweise im Wiedererkennen der Leitmotive erschöpft. Berg äußerte Zweifel an diesem Projekt und teilte sie auch Schönberg mit: „Ich weiß eben auch gar nicht, ob so eine Arbeit einen Zweck hat, ob sie das Verständnis zu dem Werk selbst hebt.“ Eine wie zu Wagners Werk zuhauf angefertigte Thementafel wurde von Schönberg zurückgewiesen: „Nun weiß ich erst recht nicht, ob das von den Gurreliedern geht, d.h. ob Ihnen das sympathisch wäre, umso mehr, da man unwillkürlich die einzelnen Themen benennen müsste. Und der Gedanke: Liebesmotiv, etc. ist mir schrecklich“, schrieb er an Berg. Es ging noch eine Weile hin und her über diesen Leitfaden, der schließlich zu knapp 100 Seiten mit 129 Motiven anwuchs, das Placet des Komponisten fand und von Anton von Webern als „Bergführer mit prachtvoller Aussicht“ bezeichnet wurde. Ergiebiger als 129 Motive erscheint für die Ohren der Hinweis auf die unterschiedli10 chen Klangwelten, mit denen Schönberg Waldemar und Tove charakterisiert. Während er häufig von dunkel klingenden Instrumenten begleitet wird, kennzeichnen sie helle Holzblas- und Streichinstrumente sowie eine prinzipiell höhere Lage ihrer Musik. Mehrere Momente gestaltet Schönberg wahrhaft dramatisch. Häufig entstehen große Bögen einer Steigerung als Ausdruck eines permanenten Anschwellens der lustvollen Liebe. Nach Waldemars letzten Worten im dritten Lied („Volmer hat Tove gesehn!“) steht in der Partitur die Spielanweisung „mit Feuer“. Dieses Feuer überträgt sich als fortwährende Ekstase auch auf Toves folgendes Lied. Dem Rauschzustand folgt im fünften und sechsten Lied ein – befriedigtes – Glücksgefühl und die Bestätigung der gegenseitigen Liebe. Waldemars Todesahnung hingegen wird vom schmerzhaften Klang gestopfter Blasinstrumente, tiefen Streichern und unheilvollen Schlägen der Trommel begleitet. Tove fürchtet den Tod nicht; im folgenden Lied unterstreicht sie ihr Versprechen einer umso glücklicheren Liebe nach dem Tod – auch hier ist Tristan und Isolde nicht weit entfernt – mit einer stetig höher zielenden Melodie, die schließlich im fortissimo gesungenen „Kuss“ auf h2 endet: „Denn wir gehen zu Grab wie ein Lächeln, ersterbend im seligen Kuss!“ Auch für den Narren im dritten Teil findet Schönberg eine klar zu verstehende Klangsprache mit kurzen, zuckenden Bewegungen in den hohen Registern von Holzbläsern und Trompete. Als wolle er sich für alle Dissonanzen, verminderte und übermäßige Akkorde der zurückliegenden zwei Stunden entschuldigen, komponiert Schönberg die Schluss-Apotheose in strahlendem C-Dur und lässt so das Werk enden. Auch hier mag Richard Wagner Pate gestanden haben, dessen Brünnhilde vom Helden in Siegfried in C-Dur geweckt wird und sich in dieser Tonart dem Liebesrausch hingibt. Nicht von Anfang an sah Schönberg seine Gurre-Lieder in diesen wagnerhaften Dimensionen. Zunächst plante er, die durch einen Hinweis seines Lehrers Alexander Zemlinsky kennengelernte Dichtung als Liederzyklus mit Klavier für einen Wettbewerb der Wiener Tonkünstler-Sozietät zu vertonen. Offensichtlich stellte er bald fest, dass dieses Werk den Rahmen von Klavierliedern sprengen würde. Noch vor der Uraufführung am 23. Februar 1913 in Wien unter der Leitung seines Komponistenkollegen Franz Schreker ordnete er 1912 seine riesenhafte Komposition selbst ein: „Dieses Werk ist der Schlüssel zu meiner ganzen Entwicklung. Es zeigt mich von Seiten, von denen ich mich später nicht mehr zeige oder doch von einer anderen Basis. Es erklärt, wie alles später so kommen musste, und das ist für mein Werk enorm wichtig: dass man den Menschen und seine Entwicklung von hier aus verfolgen kann.“ DIESES WERK IST DER SCHLUSSEL ZU MEINER GANZEN ENTWICKLUNG 11 Gurre-Lieder Text von Robert Franz Arnold (eigentl. Levisohn, 1872–1938) Basierend auf Der dichtung von Jens Peter Jacobsen (1847–1885) TEIL I Waldemar Nun dämpft die Dämm’rung jeden Ton von Meer und Land, Die fliegenden Wolken lagerten sich wohlig am Himmelsrand. Lautloser Friede schloss dem Forst die luftigen Pforten zu, und des Meeres klare Wogen wiegten sich selber zur Ruh. Im Westen wirft die Sonne von sich die Purpurtracht und träumt im Flutenbette des nächsten Tages Pracht. Nun rührt sich nicht das kleinste Laub in des Waldes prangendem Haus; nun tönt auch nicht der leiseste Klang: Ruh’ aus, mein Sinn, ruh’ aus! Und jede Macht ist versunken in der eignen Träume Schloss, und es treibt mich zu mir selbst zurück, stillfriedlich, sorgenlos. Tove Oh, wenn des Mondes Strahlen milde gleiten, und Friede sich und Ruh durchs All verbreiten, nicht Wasser dünkt mich dann des Meeres Raum, 12 und jener Wald scheint nicht Gebüsch und Baum. Das sind nicht Wolken, die den Himmel schmücken, und Tal und Hügel nicht der Erde Rücken, und Form und Farbenspiel, nur eitle Schäume, und alles Abglanz nur der Gottesträume. Waldemar Ross! Mein Ross! Was schleichst du so träg! Nein, ich seh’s, es flieht der Weg hurtig unter der Hufe Tritten. Aber noch stärker musst du eilen, bist noch in des Waldes Mitten, und ich wähnte, ohn’ Verweilen sprengt’ ich gleich in Gurre ein. Nun weicht der Wald, schon seh’ ich dort die Burg, die Tove mir umschließt, Indes im Rücken uns der Forst zu finstrem Wall zusammenfließt; aber noch wilder jage du zu! Sieh! Des Waldes Schatten dehnen über Flur sich weit und Moor! Eh’ sie Gurres Grund erreichen, muss ich stehn vor Toves Tor. Eh’ der Laut, der jetzo klinget, ruht, um nimmermehr zu tönen, muss dein flinker Hufschlag, Renner, über Gurres Brücke dröhnen; eh’ das welke Blatt – dort schwebt es –, mag herab zum Bache fallen, muss in Gurres Hof dein Wiehern fröhlich widerhallen! Der Schatten dehnt sich, der Ton verklingt, nun falle, Blatt, magst untergehn: Volmer hat Tove gesehn! Tove Sterne jubeln, das Meer, es leuchtet, presst an die Küste sein pochendes Herz, Blätter, sie murmeln, es zittert ihr Tauschmuck, Seewind umfängt mich in mutigem Scherz, Wetterhahn singt, und die Turmzinnern nicken, Burschen stolzieren mit flammenden Blicken, wogende Brust voll üppigen Lebens fesseln die blühenden Dirnen vergebens, Rosen, sie mühn sich, zu spähn in die Ferne, Fackeln, sie lodern und leuchten so gerne, Wald erschließt seinen Bann zur Stell’, horch, in der Stadt nun Hundegebell! Und die steigenden Wogen der Treppe tragen zum Hafen den fürstlichen Held, bis er auf alleroberster Staffel mir in die offenen Arme fällt. Waldemar So tanzen die Engel vor Gottes Thron nicht, wie die Welt nun tanzt vor mir. So lieblich klingt ihrer Harfen Ton nicht, wie Waldemars Seele dir. Aber stolzer auch saß neben Gott nicht Christ nach dem harten Erlösungsstreite, als Waldemar stolz nun und königlich ist an Tovelilles Seite. Nicht sehnlicher möchten die Seelen gewinnen den Weg zu der Seligen Bund, als ich deinen Kuss, da ich Gurres Zinnen sah leuchten vom Öresund. Und ich tausch’ auch nicht ihren Mauerwall und den Schatz, den treu sie bewahren, für Himmelreichs Glanz und betäubenden Schall und alle der heiligen Scharen! Tove Nun sag ich dir zum ersten Mal: „König Volmer, ich liebe dich!“ Nun küss’ ich dich zum ersten Mal, und schlinge den Arm um dich. Und sprichst du, ich hätt’ es schon früher gesagt und je meinen Kuss dir geschenkt, so sprech’ ich: „Der König ist ein Narr, der nichtigen Tandes gedenkt.“ Und sagst du: „Wohl bin ich solch ein Narr,“ so sprech’ ich: „Der König hat recht;“ doch sagst du: „Nein, ich bin es nicht,“ so sprech’ ich: „Der König ist schlecht.“ Denn all meine Rosen küsst’ ich zu Tod, dieweil ich deiner gedacht. 13 Waldemar Es ist Mitternachtszeit, und unsel’ge Geschlechter stehn auf aus vergess’nen, eingesunk’nen Gräbern, und sie blicken mit Sehnsucht nach den Kerzen der Burg und der Hütte Licht. Und der Wind schüttelt spottend nieder auf sie Harfenschlag und Becherklang und Liebeslieder. Und sie schwinden und seufzen: „Unsr’e Zeit ist um.“ Mein Haupt wiegt sich auf lebenden Wogen, meine Hand vernimmt eines Herzens Schlag, lebenschwellend strömt auf mich nieder glühender Küsse Purpurregen, und meine Lippe jubelt: „Jetzt ist’s meine Zeit!“ Aber die Zeit flieht, Und umgehn werd’ ich zur Mitternachtsstunde dereinst als tot, werd’ eng um mich das Leichenlaken ziehn wider die kalten Winde und weiter mich schleichen im späten Mondlicht und schmerzgebunden mit schwarzem Grabkreuz deinen lieben Namen in die Erde ritzen und sinken und seufzen: „Uns’re Zeit ist um!“ Tove Du sendest mir einen Liebesblick und senkst das Auge, 14 doch der Blick presst deine Hand in meine, und der Druck erstirbt; aber als liebeweckenden Kuß legst du meinen Händedruck mir auf die Lippen und du kannst noch seufzen um des Todes Willen, wenn ein Blick auflodern kann wie ein flammender Kuss? Die leuchtenden Sterne am Himmel droben bleichen wohl, wenn’s graut, doch lodern sie neu jede Mitternachtszeit in ewiger Pracht. So kurz ist der Tod, wie ruhiger Schlummer von Dämm’rung zu Dämm’rung. Und wenn du erwachst, bei dir auf dem Lager in neuer Schönheit siehst du strahlen die junge Braut. So lass uns die goldene Schale leeren ihm, dem mächtig verschönenden Tod. Denn wir gehn zu Grab wie ein Lächeln, ersterbend im seligen Kuss. Waldemar Du wunderliche Tove! So reich durch dich nun bin ich, dass nicht einmal mehr ein Wunsch mehr eigen; so leicht meine Brust, mein Denken so klar, ein wacher Frieden über meiner Seele. Es ist so still in mir, so seltsam stille. Auf der Lippe weilt brückeschlagend das Wort, doch sinkt es wieder zur Ruh’. Denn mir ist’s, als schlüg’ in meiner Brust deines Herzens Schlag, und als höbe mein Atemzug, Tove, deinen Busen. Und uns’re Gedanken seh’ ich entstehn und zusammengleiten wie Wolken, die sich begegnen, und vereint wiegen sie sich in wechselnden Formen. Und meine Seele ist still, ich seh in dein Aug und schweige, du wunderliche Tove. Stimme der Waldtaube Tauben von Gurre! Sorge quält mich, vom Weg über die Insel her! Kommet! Lauschet! Tot ist Tove! Nacht auf ihrem Auge, das der Tag des Königs war! Still ist ihr Herz, doch des Königs Herz schlägt wild, tot und doch wild! Seltsam gleichend einem Boot auf der Woge, wenn der, zu des Empfang die Planken huldigend sich gekrümmt, des Schiffes Steurer tot liegt, verstrickt in der Tiefe Tang. Keiner bringt ihnen Botschaft, unwegsam der Weg. Wie zwei Ströme waren ihre Gedanken, Ströme fließend Seit’ an Seite. Wo strömen nun Toves Gedanken? Die des Königs winden sich seltsam dahin, suchen nach denen Toves, finden sie nicht. Weit flog ich, Klage sucht’ ich, fand gar viel! Den Sarg sah ich auf Königs Schultern, Henning stürzt’ ihn; finster war die Nacht, eine einzige Fackel brannte am Weg; die Königin hielt sie, hoch auf dem Söller, rachebegierigen Sinns. Tränen, die sie nicht weinen wollte, funkelten im Auge. Weit flog ich, Klage sucht’ ich, fand gar viel! Den König sah ich, mit dem Sarge fuhr er, im Bauernwams. Sein Streitross, das oft zum Sieg ihn getragen, zog den Sarg. Wild starrte des Königs Auge, suchte nach einem Blick, seltsam lauschte des Königs Herz nach einem Wort. Henning sprach zum König, aber noch immer suchte er Wort und Blick. Der König öffnet Toves Sarg, starrt und lauscht mit bebenden Lippen, Tove ist stumm! Weit flog ich, Klage sucht’ ich, fand gar viel! Wollt’ ein Mönch am Seile ziehn, Abendsegen läuten; doch er sah den Wagenlenker und vernahm die Trauerbotschaft: Sonne sank, indes die Glocke Grabgeläute tönte. Weit flog ich, Klage sucht’ ich und den Tod! Helwigs Falke war’s, der grausam Gurres Taube zerriss. 15 16 TEIL II TEIL III – Die wilde Jagd Waldemar Waldemar Herrgott, weißt Du, was du tatest, als klein Tove mir verstarb? Triebst mich aus der letzten Freistatt, die ich meinem Glück erwarb! Herr, du solltest wohl erröten: Bettlers einz’ges Lamm zu töten! Herrgott, ich bin auch ein Herrscher, und es ist mein Herrscherglauben: Meinem Untertanen darf ich nie die letzte Leuchte rauben. Falsche Wege schlägst du ein: Das heißt wohl Tyrann, nicht Herrscher sein! Herrgott, Deine Engelscharen singen stets nur Deinen Preis, doch Dir wäre mehr vonnöten Einer, der zu tadeln weiß. Und wer mag solches wagen? Laß mich, Herr, die Kappe Deines Hofnarr’n tragen! Erwacht, König Waldemars Mannen wert! Schnallt an die Lende das rostige Schwert, holt aus der Kirche verstaubte Schilde, gräulich bemalt mit wüstem Gebilde. Weckt eurer Rosse modernde Leichen, schmückt sie mit Gold, und spornt ihre Weichen: Nach Gurrestadt seid ihr entboten, heute ist Ausfahrt der Toten! Bauer Deckel des Sarges klappert und klappt, Schwer kommt’s her durch die Nacht getrabt. Rasen nieder vom Hügel rollt, über den Lüften klingt’s hell wie Gold! Klirren und Rasseln durch’s Rüsthaus geht, Werfen und Rücken mit altem Gerät, Steinegepolter am Kirchhofrain, Sperber sausen vom Turm und schrei’n, auf und zu fliegt’s Kirchentor! Waldemars Mannen Holla! Titel der Partitur im Erstdruck 17 Bauer Waldemar Da fährt’s vorbei! Rasch die Decke übers Ohr! Ich schlage drei heilige Kreuze geschwind für Leut’ und Haus, für Roß und Rind; dreimal nenn ich Christi Namen, so bleibt bewahrt der Felder Samen. Die Glieder noch bekreuz ich klug, wo der Herr seine heiligen Wunden trug, so bin ich geschützt vor der nächtlichen Mahr, vor Elfenschuß und Trolls Gefahr. Zuletzt vor die Tür noch Stahl und Stein, so kann mir nichts Böses zur Tür herein. Mit Toves Stimme flüstert der Wald, mit Toves Augen schaut der See, mit Toves Lächeln leuchten die Sterne, die Wolke schwillt wie des Busens Schnee. Es jagen die Sinne, sie zu fassen, Gedanken kämpfen nach ihrem Bilde. Aber Tove ist hier und Tove ist da, Tove ist fern und Tove ist nah. Tove, bist du’s, mit Zaubermacht gefesselt an Sees- und Waldespracht? Das tote Herz, es schwillt , es dehnt sich, Tove, Tove, Waldemar sehnt sich nach dir! Waldemars Mannen Gegrüßt, o König, an Gurre-Seestrand! Nun jagen wir über das Inselland! Holla! Vom stranglosen Bogen Pfeile wir senden, mit hohlen Augen und Knochenhänden, zu treffen des Hirsches Schattengebild. Holla! Daß Wiesentau aus der Wunde quillt. Holla! Der Wal statt Raben Geleit uns gaben, über Buchenkronen die Rosse traben, Holla! So jagen wir nach gemeiner Sag’ eine jede Nacht bis zum jüngsten Tag. Holla! Hussa Hund! Hussa Pferd! Nur kurze Zeit das Jagen währt! Hier ist das Schloß, wie einst vor Zeiten! Holla! Lokes Hafer gebt den Mähren, wir wollen vom alten Ruhme zehren. 18 Klaus-Narr „Ein seltsamer Vogel ist so’n Aal, im Wasser lebt er meist, Kommt doch bei Mondschein dann und wann ans Uferland gereist.“ Das sang ich oft meines Herren Gästen, nun aber paßt’s auf mich selber am besten. Ich halte jetzt kein Haus und lebe äußerst schlicht und lud auch niemand ein und praßt’ und lärmte nicht, und dennoch zehrt an mir manch unverschämter Wicht, drum kann ich auch nichts bieten, ob ich will oder nicht, doch – dem schenk ich meine nächtliche Ruh, der mir den Grund kann weisen, warum ich jede Mitternacht den Tümpel muß umkreisen. Daß Palle Glob und Erik Paa es auch tun, das versteh ich so: Sie gehörten nie zu den Frommen; jetzt würfeln sie, wie wohl zu Pferd, um den kühlsten Ort, weit weg vom Herd, wenn sie zur Hölle kommen. Und der König, der von Sinnen stets, so bald die Eulen klagen, und stets nach einem Mädchen ruft, das tot seit Jahr und Tagen, auch dieser hat’s verdient und muß von Rechtes wegen jagen. Denn er war immer höchst brutal, und Vorsicht galt es allermal und off’nes Auge für Gefahr, da er ja selber Hofnarr war bei jener großen Herrschaft überm Monde. Doch daß ich, Klaus Narr von Farum, Ich, der glaubte, daß im Grabe man vollkomm’ne Ruhe habe, daß der Geist beim Staube bleibe, friedlich dort sein Wesen treibe, still sich sammle für das große Hoffest, wo, wie Bruder Knut sagt, ertönen die Posaunen, wo wir Guten wohlgemut Sünder speisen wie Kapaunen – ach, daß ich im Ritte rase, gegen den Schwanz gedreht die Nase, sterbensmüd in wilden Lauf, wär’s zu spät nicht, ich hinge mich auf. Doch o wie süß soll’s schmecken zuletzt, werd’ ich dann doch in den Himmel versetzt! Zwar ist mein Sündenregister groß, allein vom meisten schwatz’ ich mich los! Wer gab der nackten Wahrheit Kleider? Wer ward dafür geprügelt leider? Ja, wenn es noch Gerechtigkeit gibt, Dann muß ich eingehn in Himmels Gnaden... Na, und dann mag Gott sich selber gnaden. Waldemar Du strenger Richter droben, du lachst meiner Schmerzen, doch dereinst, beim Auferstehn des Gebeins nimm es dir wohl zu Herzen; ich und Tove, wir sind eins. So zerreiß’ auch uns’re Seelen nie, zur Hölle mich, zum Himmel sie, denn sonst gewinn’ ich Macht, zertrümmre deiner Engel Wacht und sprenge mit meiner wilden Jagd ins Himmelreich ein. Waldemars Mannen Der Hahn erhebt den Kopf zur Kraht, hat den Tag schon im Schnabel, und von unsern Schwertern trieft rostgerötet der Morgentau. Die Zeit ist um! Mit off’nem Mund ruft das Grab, und die Erde saugt das lichtscheue Rätsel ein. Versinket! Versinket! Das Leben kommt mit Macht und Glanz, mit Taten und pochenden Herzen, und wir sind des Todes, der Sorge und des Todes, des Schmerzes und des Todes, Ins Grab! Ins Grab! Zur träumeschwanger’n Ruh’ O, könnten in Frieden wir schlafen! 19 Des Sommerwindes wilde Jagd Sprecher Herr Gänsefuß, Frau Gänsekraut, nun duckt euch nur geschwind, denn des sommerlichen Windes wilde Jagd beginnt. Die Mücken fliegen ängstlich aus dem schilfdurchwachs’nen Hain, In den See grub der Wind seine Silberspuren ein. Viel schlimmer kommt es, als ihr euch nur je gedacht; Hu! wie’s schaurig in den Buchblättern lacht! Das ist Sankt Johanniswurm mit der Feuerzunge rot, und der schwere Wiesennebel, ein Schatten bleich und tot! Welch’ Wogen und Schwingen! Welch’ Ringen und Singen! In die Ähren schlägt der Wind in leidigem Sinne. Daß das Kornfeld tönend bebt. Mit den langen Beinen fiedelt die Spinne, und es reißt, was sie mühsam gewebt. Tönend rieselt der Tau zu Tal, Sterne schießen und schwinden zumal; flüchtend durchraschelt der Falter die Hecken, springen die Frösche nach feuchten Verstecken. Still! Was mag der Wind nur wollen? Wenn das welke Laub er wendet, sucht er, was zu früh geendet; Frühlings, blauweiße Blütensäume, der Erde flüchtige Sommerträume – längst sind sie Staub! Aber hinauf, über die Bäume schwingt er sich nun in lichtere Räume, denn dort oben, wie Traum so fein meint er, müßten die Blüten sein! 20 Und mit seltsamen Tönen in ihres Laubes Kronen grüßt er wieder die schlanken Schönen. Sieh! nun ist auch das vorbei. Auf luftigem Steige wirbelt er frei zum blanken Spiegel des Sees, und dort in der Wellen unendlichem Tanz, in bleicher Sterne Widerglanz wiegt er sich friedlich ein. Wie stille wards zur Stell! Ach, war das licht und hell! O schwing dich aus dem Blumenkelch, Marienkäferlein, und bitte deine schöne Frau um Leben und Sonnenschein. Schon tanzen die Wogen am Klippenecke, schon schleicht im Grase die bunte Schnecke, nun regt sich Waldes Vogelschar, Tau schüttelt die Blume vom lockigen Haar und späht nach der Sonne aus. Erwacht, erwacht, ihr Blumen zur Wonne. Gemischter Chor Seht die Sonne farbenfroh am Himmelssaum östlich grüßt ihr Morgentraum. Lächelnd kommt sie aufgestiegen Aus den Fluten der Nacht, läßt von lichter Stirne fliegen Strahlenlockenpracht. Bestes konzertprogramm 2012/13 Der Preis für das beste Programm der Spielzeit, der jährlich vom Deutschen Musikverleger-Verband (DMV) vergeben wird, bleibt im Südwesten der Republik. Nach Freiburg kann sich nun die BADISCHE STAATSKAPELLE mit Sitz in Karlsruhe über die renommierte Auszeichnung, passenderweise im Jubiläumsjahr zum 350. Bestehen, freuen. Neben einer Reihe von bedeutenden Werken der großen Klassiker und Romantiker nehme die Musik des 20. Jahrhunderts einen zentralen Platz in den Konzerten ein – ein Umstand, der nach Auffassung der Jury nicht selbstverständlich ist und vom Mut der Programmverantwortlichen zeugt, sich besonders für die weniger bekannte sinfonische Musik des 20. Jahrhunderts einzusetzen. Mit dem ausgezeichneten Programm, das von Generalmusikdirektor Justin Brown, Orchesterdirektor und Konzertdramaturg Axel Schlicksupp und Chefdramaturg Dr. Bernd Feuchtner gestaltet wurde, gelingt es der BADISCHEN STAATSKAPELLE sowohl junge als auch mit sinfonischer Musik bereits vertraute Konzertbesucher auf gleichermaßen spannende wie unterhaltsame Weise für die stilistische und klangliche Vielfalt der sinfonischen Musik zu begeistern. Eine Reihe von Kammermusik- und Festkonzerten, neue Konzertformen mit Moderation und anschließender Begegnung mit den Künstlern sowie das Abschlusskonzert des Jubiläums 350 JAHRE BADISCHE STAATSKAPELLE runden ein Konzertprogramm ab, das es, so die Jury, uneingeschränkt verdient, mit dem Prädikat ausgezeichnet zu werden, das spannendste, instruktivste und ambitionierteste aller deutschen Orchester in der Spielzeit 2012/13 zu sein. Dies gelte auch für die zeitgenössische Musik, die prominent in den Sinfoniekonzerten vertreten ist und dem Karlsruher Publikum damit die Möglichkeit eröffnet, zeitgenössisches Komponieren in seinen unterschiedlichsten Ausdrucksformen kennen und schätzen zu lernen. Wichtig für den DMV ist neben der Förderung zeitgenössischer Autoren und Komponisten auch ein innovatives Educationprogramm. So stehen neben der neuen Reihe der moderierten Jugendkonzerte vier Kinderkonzerte im Zentrum der Musikvermittlungsarbeit, in denen jungen Hörern Orchestermusik beispielhaft präsentiert und erläutert wird. 21 Heidi melton Tove john treleaven Waldemar Die amerikanische Sopranistin Heidi Melton debütierte als Mitglied des Adler Young Artists Program der San Francisco Opera u. a. in der Uraufführung von Phillip Glass’ Appomattox. Ihr Debüt an der Opéra National de Bordeaux gab sie 2007/08 als Amelia und kehrte später für die Elisabeth im Tannhäuser und für die Titelrolle von Ariadne auf Naxos zurück. An der Metropolitan Opera New York debütierte sie als Zweite Magd in Elektra. Als Mitglied des Ensembles der Deutschen Oper Berlin sang sie u. a. Helmwige in Die Walküre und Dritte Norn in der Götterdämmerung. Sie begann die Spielzeit 2010/11 als Sieglinde in einer konzertanten Aufführung des ersten Aktes von Die Walküre zusammen mit dem BBC Scottish Symphony Orchestra unter Donald Runnicles. An der San Francisco Opera sang sie u. a. die Titelpartie in Aida. Sie ist Gewinnerin zahlreicher Preise und Wettbewerbe. Seit Beginn der Spielzeit 2011/12 verstärkt sie das Karlsruher Opernensemble. John Treleaven gehört zu den gefragtesten Heldentenören. Nach seinem Studium sang er überwiegend in seiner englischen Heimat, etwa an Covent Garden, der Welsh National Opera, der Scottish National Opera und der English National Opera oder beim Edinburgh Festival. Zu seinem Repertoire gehören fast alle großen Tenorpartien. Als Lohengrin war er in Wien, Barcelona, Hamburg, Göteborg, Basel und Amsterdam zu erleben, als Tannhäuser überzeugte er u. a. in Hamburg. Besonderes Aufsehen erregte er international als Siegfried in Siegfried und Götterdämmerung u. a. in Tokio, Zürich, Helsinki, Barcelona, Wien, London sowie in Chicago. Die Partie des Tristan in Wagners Tristan und Isolde verkörperte er nach seinem spektakulären Debüt mit Sir Simon Rattle weltweit u. a. beim Lucerne Festival mit Claudio Abbado. Den Tristan sang er zudem wiederholt in München. Seit der Spielzeit 2011/12 gehört er zum Ensemble des STAATSTHEATERS. 22 Ewa Wolak Waldtaube Seung-Gi Jung Bauer Ewa Wolak erhielt ihre Ausbildung in den Fächern Gesang und Bratsche an der Musikakademie Krakau sowie an der Hochschule für Musik in Karlsruhe. Sie ist Preisträgerin verschiedener Wettbewerbe, u. a. der „International Vocal Competition s´Hertogenbosch“ und des „Maria Callas Grand Prix“ in Athen. 1998 wurde sie mit dem Kulturpreis der EU ausgezeichnet. Konzerte führten sie nach Südkorea, Israel, Japan, in die USA sowie zu zahlreichen Festivals. So sang sie u. a. auf Einladung von Penderecki bei der „European Chimey Foundation“ in Belgien, dem Warschauer Herbst, den Tiroler Wagner-Festspielen in Erl sowie dem Vilnius Festival. Außerdem nahm sie an den internationalen Händel-Festspielen in Göttingen, Halle und Karlsruhe teil und gastierte am Nationaltheater Mannheim, der Opéra Montpellier und der Komischen und Deutschen Oper Berlin. Seit 1998 ist die Kammersängerin am STAATSTHEATER KARLSRUHE engagiert. Der Südkoreaner Seung-Gi Jung studierte in Seoul, wo er auch sein Operndebüt als Figaro in Le nozze di Figaro gab und 2006 graduierte. Einen weiteren Abschluss machte der bei mehreren Wettbewerben ausgezeichnete Bariton in Karlsruhe. Bereits während seines Studiums war Jung sowohl als Le Chat in Ravels L’Enfant et les sortilèges wie auch als Golaud in Pelléas et Mélisande am STAATSTHEATER KARLSRUHE als Gast engagiert. Ab 2009 war er Solist am Augsburger Theater, wo er u. a. die Rollen des Ping in Turandot, des Posa in Don Carlo und des Enrico in Lucia di Lammermoor verkörperte. Jüngste Gastrollen umfassen Renato in Un ballo in maschera in Bern oder Tonio in I Pagliacci beim Menuhin Festival Gstaad. Seinen ersten Marcello in La Bohème sang er am Théâtre du Capitole in Toulouse, womit er 2011 auch am Teatro La Fenice in Venedig debütierte. Seit der Spielzeit 2011/12 ist er Mitglied des Karlsruher Opernensembles. 23 Matthias Wohlbrecht Klaus-Narr Heinz Zednik Sprecher Matthias Wohlbrecht studierte in Würzburg und nahm Unterricht in Mailand, wo er 1997 in den Opernchor der Scala aufgenommen wurde. Beim Festival der Kammeroper Schloss Rheinsberg 1998 gab er sein Debüt als Pedrillo in Die Entführung aus dem Serail. 1998/99 folgte ein Engagement nach Rostock, 1999 wechselte er nach Darmstadt und war u. a. als Hexe in Hänsel und Gretel und Franz in Les contes d’Hoffmann zu hören. Als Ensemblemitglied in Mannheim konnte man ihn ab 2001 u. a. als Walther von der Vogelweide in Tannhäuser, Steuermann in Der fliegende Holländer und Hauptmann in Wozzeck erleben. Seit der Spielzeit 2004/05 ist er am STAATSTHEATER KARLSRUHE engagiert. Hier singt er Rollen wie Jaquino in Fidelio, Loge in Das Rheingold und Mime in Siegfried. 2007 debütierte Wohlbrecht als Pong am Teatro La Fenice in Venedig, 2008 sang er am Teatro Petruzzelli in Bari den Loge und 2010 die Partie des Mime im Siegfried. 2011 debütierte er als Herodes in Triest. Der Wiener Heinz Zednik studierte am dortigen Konservatorium und erhielt sein erstes Engagement 1964 in Graz. Bereits ein Jahr später wechselte er an die Wiener Staatsoper, die ihm 1980 den Kammersänger-Titel verlieh und wo er 1994 zum Ehrenmitglied berufen wurde. Gastspiele führten den Tenor an alle großen Opernhäuser. Von 1970–80 trat er jährlich bei den Bayreuther Festspielen auf, ab 1980 gastierte er bei den Salzburger Oster- und Sommerfestspielen. Sein Repertoire umfasst über 80 Partien, wobei er auch regelmäßig bei Konzerten und Oratorien in Erscheinung tritt und zahlreiche CDs eingespielt hat. Im ORF moderierte der österreichische Kammersänger über Jahre eine eigene Fernseh-Show mit Sängerportraits. Als Liedinterpret hat sich Zednik mit Werken des klassischen und zeitgenössischen Repertoires ebenso wie mit Wienerliedern ein großes kammermusikalisches Repertoire erarbeitet. 24 JuSTIN BROWN DIRIGENT Justin Brown studierte in Cambridge und Tanglewood bei Seiji Ozawa und Leonard Bernstein und arbeitete später als Assistent bei Leonard Bernstein und Luciano Berio. Als Dirigent debütierte er mit der gefeierten britischen Erstaufführung von Bernsteins Mass. Für seine Programmgestaltung beim Alabama Symphony Orchestra, wo er fünf Spielzeiten als Chefdirigent wirkte, wurde er drei Mal mit dem ASCAP-Award ausgezeichnet. Auf Einladung des renommierten „Spring for Music Festival“ dirigierte er 2012 das Orchester in der Carnegie Hall. Brown leitete zahlreiche Uraufführungen und dirigierte wichtige Stücke bedeutender Zeitgenossen wie Elliott Carter und George Crumb. Er musizierte zudem mit namhaften Solisten wie Yo-Yo Ma, Leon Fleisher und Joshua Bell. Zahlreiche Gastengagements führten ihn an renommierte Opernhäuser und zu Orchestern weltweit, in Deutschland u. a. an die Bayerische Staatsoper München und zu den Dresdner Philharmonikern. Komplettiert wird sein Erfolg durch viele CD-Einspielungen, 2006 wurde er für einen Grammy nominiert. Als Generalmusikdirektor am STAATSTHEATER KARLSRUHE, der er seit 2008 ist, wird Brown v. a. für seine Dirigate von Wagners Ring sowie den Werken Berlioz‘, Verdis und Strauss’ gefeiert. Unter seiner Leitung stehen auf dem facettenreichen Konzertspielplan Werke wie Amériques von Edgar Varèse, Mahlers 9. Sinfonie oder die Gurre-Lieder von Schönberg. Gemeinsam mit seinem Team erhielt er hierfür die Auszeichnung „Bestes Konzertprogramm 2012/13“. 25 BADISCHER STAATS- OPERNCHOR Sopran Gilda Cepreaga Kerstin Gorny Cornelia Gutsche Nicole Hans Ilka Kern Sang- Hee Kim Masami Sato Kystina Szkwarkowska Maike Etzold Andrea Huber Elena Korenzwit Dagmar Landmann Julia Mazur Camelia Tarlea Alt Ulrike Gruber Elke Hatz Uta Hoffmann Sabine Lotz-Warratz Emma Martjan Claudia Nissen Susanne Schellin Ursula Hamm-Keller Katarzyna Kempa Hemi Kwoun Unzu Lee-Park Christiane Lülf Cecilia Tempesta 26 Tenor Doru Cepreaga Arno Deparade Johannes Eidloth Jan Heinrich Kuschel Sae-Jin Oh Rudolf E. Stache Marian Szkwarkowski Hans-Hermann Bauer Peter Herrmann Jin-Soo Kim Thomas Krause Jong Won Lee Andreas von Rüden Bass Marcelo Angulo Martin Beddig Kwang-Hee Choi Wofram Krohn Dieter Rell Matthias Zerwas Laszlo Hegedüs Alexander Huck Jeong-Gil Kim Andrey Netzner Markku Tervo Bernhard Spingler EXTRACHOR BADISCHEN DES Tenor Jochen Biesalski Gerd Brenner Vincenzo Buono Roman Gallion Hans-Jürgen Heinrich Dietmar Hellmann Kian, Jazdi Horst Jödicke Paul Legeland Philipp Mellies Wolfgang Müller Hans Ochsenreither Bernhard Pfaff Stefan Pikora Pascal Renaud Thomas Schäfer Andreas Sevkić Hiroshi Ueno Aurélien Valicon Florian Wetzel Marius Zachmann STAATSTHEATERS Bass Kurt Augenstein Gerhard Beutel Dr. Martin Blumhofer Werner Faller Tobias Flick Bruno Hartmeier Jürgen Kircher Tom Kohler Hans-Jürgen Köhler Dr. Volker Krusche Werner Lebrecht Volker Leise Georg Lickleder Florian Maurer Raphael Müller Niels von der Osten-Sacken Folker Sesemann Christoph Stamm Albert Süß Sebastian Wielandt Erwin Wild Peter Woidelko 27 DAEGU CITY CHORUS Sopran Kim Hee Ju Jin So Young Lee Yu Mi Na Young Hee Park Ji Eun Byun Ji Young Lim So Yeon Lee Chung Hwa Kwon Eun Kyung Kim Hee Kyoung Lee Eun Hye Lee Young Kyu Tenor Shin Hyun Wook Kim Kwan Wook Park Chun Sik Kim Sam Uel Han Kook Hyun Jung Woo Jin Jeong Mu Si Kim Jung Seong Kim In Sil Choi Hee Chul Lim Hyoung Tak Cha Sang Cheol Alt Leu Sun Ee Eum Mi Ae Kim Ja Young Kim Soo Jung Cho Hee Jin Byun Mi Suk Kim Kyoung Mee Choi Young Mi Shin Min A Suh Hyo Chung Ko Yu Mi Bass Chung Jin Gyun Kim Yong Bae Yun Chun Sik Nam Kyung Hoon Kwak Dae Hoon Yang Young Seung Lim Kyoung Sup Jung Ho Won Shin You Sik Kim Hui Beom Lee Sang Kyu Choi Seong Hwan Kim Sang Hee 28 die badische staatskapelle Als eines der ältesten Orchester Deutschlands und sogar weltweit kann die BADISCHE STAATSKAPELLE auf eine überaus reiche und gleichzeitig gegenwärtige Tradition zurückblicken. 1662 als Hofkapelle des damals noch in Durlach residierenden badischen Fürstenhofes gegründet, entwickelte sich aus dieser Keimzelle ein Klangkörper mit großer nationaler und internationaler Ausstrahlung. Berühmte Hofkapellmeister wie Franz Danzi, Hermann Levi, Otto Dessoff und Felix Mottl leiteten zahlreiche Ur- und Erstaufführungen, z. B. von Hector Berlioz, Johannes Brahms und Béla Bartók, und machten Karlsruhe zu einem der Zentren des Musiklebens. Neben Brahms standen Richard Wagner und Richard Strauss gleich mehrfach am Pult der Hofkapelle; Niccolò Paganini, Clara Schumann und viele andere herausragende Solisten waren gern gehörte Gäste. Hermann Levi führte in den 1860er Jahren die ersten regelmäßigen Abonnementkonzerte des damaligen Hoforchesters ein, die bis heute als Sinfoniekonzerte der BADISCHEN STAATSKAPELLE weiterleben. Allen Rückschlägen durch Kriege und Finanznöten zum Trotz konnte die Tradi- tion des Orchesters bewahrt werden. Generalmusikdirektoren wie Joseph Keilberth, Christof Prick, Günther Neuhold und Kazushi Ono führten das Orchester in die Neuzeit, ohne die Säulen des Repertoires zu vernachlässigen: regelmäßig fanden sich zeitgenössische Werke auf dem Programm; Komponisten wie Werner Egk, Wolfgang Fortner oder Michael Tippett standen sogar selbst vor dem Orchester, um ihre Werke aufzuführen. Die große Flexibilität der BADISCHEN STAATSKAPELLE zeigt sich auch heute noch in der kompletten Spannweite zwischen Repertoirepflege und der Präsentation zukunftsweisender Zeitgenossen, exemplarisch hierfür der Name Wolfgang Rihm. Der seit 2008 amtierende Generalmusikdirektor Justin Brown steht ganz besonders für die Pflege der Werke Wagners, Berlioz’, Verdis und Strauss’ sowie für einen abwechslungsreichen Konzertspielplan. Mit ihm bestreitet das Orchester sein 350-jähriges Jubiläum 2012, in dem sich die BADISCHE STAATSKAPELLE – auf der reichen Aufführungstradition aufbauend – als lebendiges und leistungsfähiges Ensemble präsentiert. 29 besetzung 1. Violine Janos Ecseghy Yin Li Katrin Adelmann Viola Schmitz Rosemarie Simmendinger-Kàtai Susanne Ingwersen Thomas Schröckert Werner Mayerle Herbert Pfau von Kügelgen Benedict Flisfish Ayu Ideue Juliane Anefeld Judith Sauer Claudia von Kopp-Ostrowski Lutz Bartberger Alexandra Kurth Yuki Higashitsuji* Michael Wille* Christine Schwarzmayr* Matia Gotman* 2. Violine Annelie Groth Toni Reichl Gregor Anger Uwe Warné Andrea Böhler Christoph Wiebelitz Diana Drechsler Dominik Schneider Birgit Laub Steffen Hamm Eva-Maria Vischi Anna Heilmeier Tomomi Isobe Tamara Polakovičová Aram Badalian* Moritz von Bülow* Clara Bergius-Bühl* Dorothea Bellmann* 30 Viola Michael Fenton Christoph Klein Andreas Bartsch Joachim Steinmann Ortrun Riecke-Wieck Kyoko Kudo Akiko Sato Sibylle Langmaack Nicholas Clifford Yoko Yoshida Giovanni Simeoni Tanja Linsel Agata Zieba* Katharina Maier* Yuria Uno* Nathalie Kusmirek* Violoncello Thomas Gieron Johann Ludwig Alexander Kaschin Norbert Ginthör Wolfgang Kursawe Benjamin Groocock Alisa Bock Domonkos Nagy Hanna Gieron Iftach Czitron* Yuki Nomura* Vatche Bagratuni* Frederik Jäckel* Cosima Streich* Kontrabass Joachim Fleck Peter Cerny Xiaoyin Feng Monika Kinzler Karl Walter Jackl Roland Funk Christoph Epremian Lars Schaper* Manuel Schattel* Lars Jakob* Annette Schilli* Duckkyu Yoon* Harfe Silke Wiesner Claudia Karsch Angelika Wagner* Martina Schrott* Flöte Georg Kapp Jeremie Abergel Carina Vogel* Ekaterina Ryzhova* Rosemarie Moser Horatiu Roman Rüdiger Jacobsen* Christoph Müller* Oboe Kai Bantelmann Nobuhisa Arai Ilona Steinheimer Dörthe Mandel Katharina Jünemann Klarinette Daniel Bollinger Frank Nebl Andreas Kerner* Martin Nitschmann Martin Walter* Leonie Gerlach Jochen Weidner Fagott Oscar Bohorquez Detlef Weiß Lydia Pantzier Ulrike Bertram Martin Drescher Horn Dominik Zinsstag Jörg Dusemund Frank Bechtel Peter Bühl Susanna Wich-Weissteiner Jürgen Danker Thomas Crome Bastian Schmid* Regina Mickel* Josef Weissteiner* Trompete Jens Böcherer Ulrich Dannenmaier Wolfram Lauel Ulrich Warratz Sebastian Krystek* Peter Heckle Sandor Szabo Pauke & Schlagzeug Helge Daferner Raimund Schmitz Hans-Joachim Göhler Jürgen Heinrich Rainer Engelhardt Philipp Arndt* Christian Gutgsell* Herbert Brandt* Alexander Schröder* Celesta Miho Uchida Posaune Mayumi Shimizu* Angelika Frei Hubert Mayer Michael Biegelmaier Stefanie Scheuer* Holger Schinko Heinrich Gölzenleuchter Tuba Dirk Hirthe *Gäste der Staatskapelle 31 32 33 ANGEBOTE & ABONNEMENTS NEUE NEU bei den Sonderkonzerten Künftig werden die Sonderkonzerte bereichert um kurze Moderationen und die Möglichkeit zum anschließenden Kennenlernen der beteiligten Künstlerinnen und Künstler beim gemeinsamen Umtrunk im MITTLEREN FOYER. Der frühere Beginn um 19 Uhr gibt die Möglichkeit, leger und entspannt ins Konzert zu kommen. Die fünf Sonderkonzerte sind auch im bis zu 30 % ermäßigten Abonnement erhältlich, weitere ca. 50 % Ermäßigung erhalten Jugendliche und Studierende. NEU BEI DEN KAMMERKONZERTEN Ganz neu können Sie sich nach dem Kammermusik-Vormittag beim anschließenden Sonntags-Brunch im MITTLEREN FOYER kulinarisch verwöhnen lassen. Gutscheine erhalten Sie im Vorverkauf oder an der Thea­ terkasse – Abonnenten zum ermäßigten Preis von 14, Normalpreis 15 Euro. Die fünf Kammerkonzerte am Sonntag um 11.00 Uhr im KLEINEN HAUS sind auch im bis zu 30 % ermäßigten Abonnement erhältlich, weitere ca. 50 % Ermäßigung erhalten Jugendliche und Studierende. NEU 100 NEUE SINFONIEKONZERT-ABOS Für die beinahe ausabonnierten Sinfoniekonzerte der BADISCHEN STAATSKAPELLE gibt es durch die Verlegung eines Kontingents 100 neu Abonnements. Sichern Sie sich noch heute Ihren Platz, Sie können jetzt noch einsteigen! NEU VORVERKAUF AB 1.11. Sie wollen lieber Einzelkarten? Alle Vorstellungen – also auch alle Konzerte der BADISCHEN STAATSKAPELLE – bis Ende der Spielzeit 2012/13 sind ab 1.11. im Vorverkauf. Sichern Sie sich also noch heute Ihre Tickets für die zweite Saisonhälfte! Unser Abonnementbüro berät Sie gerne: ABONNEMENTBÜRO T 0721 3557 323 F 0721 3557 346 [email protected] 34 Von einem der äLtesten orchester der weLt nn em a L ind BLi s Bi ot h ek c hi m Joa dr a he i m t hr · ka in e a rd LLw t DASH! BJUetzCt vor- . be s t e l l en ERSCHEINT APRIL 2013 ALS EINES DER ÄLTESTEN ORCHESTER weltweit kann die Badische Staatskapelle auf eine reiche Tradition blicken. Zu einem Zentrum des Musik lebens wurde Karlsruhe durch die Pflege zeitgenössischer Musik in zahlreichen Ur- und Erstauff ührungen u. a. von Berlioz, Brahms, Bartók und Rihm, durch herausragende Musikchefs wie Danzi, Levi, Mottl, Keilberth, Krips und in der Neuzeit Õno sowie Gäste wie Paganini, Wagner, Brahms und Strauss. Und die Tradition lebt weiter: Die Badische Staatskapelle zeigt sich auch heute als extrem leistungsfähiges Ensemble, das – auf reicher Tradition aufbauend – voller Tatkraft in die Zukunft blickt. VON ALL DEM HANDELT DIESES BUCH. 200 x 210 mm · Fadenheftung · Hardcover · ca. 200 Seiten reich bebildert · ISBN 978-3-88190-674-6 · 19,80 Euro LINDEMANNS BIBLIOTHEK www.infoverlag.de 35 bildnachweise UMSCHLAG S. 5 S. 7 S. 9 S. 16 S. 22 S. 23 S. 24 S. 25 S. 32, 33 Uli Deck akg-images Fantasiedarstellung, Postkarte um 1900 Man Ray, 1926 Universal Edition, Wien Jochen Klenk, Monika Wernicke Jochen Klenk, privat Jochen Klenk, Terry Linke Arik Sokol Uli Deck TEXTNACHWEISE S. 4 – 11 S. 12 – 20 Originalbeitrag von Olaf A. Schmitt Universal Edition, Wien Sollten wir Rechteinhaber übersehen haben, bitten wir um Nachricht. STAATSTHEATER KARLSRUHE Saison 2012/13 Programmheft Nr. 92 www.staatstheater.karlsruhe.de impressum Herausgeber BADISCHES STAATSTHEATER Karlsruhe Generalintendant Peter Spuhler VERWALTUNGSDIREKTOR Michael Obermeier Chefdramaturg Bernd Feuchtner ORCHESTERDIREKTOR & KONZERTDRAMATURG Axel Schlicksupp REDAKTION Axel Schlicksupp KONZEPT DOUBLE STANDARDS Berlin www.doublestandards.net GESTALTUNG Kristina Pernesch DRUCK medialogik GmbH, Karlsruhe Besonderer dank geht an ORGANISATION & KOORDINATION Bernard Ohse KOORDINATION GASTCHOR DAEGU Jong Won Lee TECHNISCHE LEITUNG Ralf Haslinger 36 LICHT Stefan Woinke AUFNAHMETECHNIK Stefan Raebel ÜBERTITEL Lena Jaeger DIE nächsten Konzerte Neujahrskonzert Werke von Georges Bizet, Émile Waldteufel, Camille Saint-Saëns, Jules Massenet, Jacques Offenbach & Maurice Ravel Unser Nachbarland Frankreich stand Pate beim Programm des diesjährigen Neujahrskonzerts. Doch hat natürlich auch französische Musik vielfältige Beziehungen über die Landesgrenzen hinweg: So war Offenbach eigentlich Kölner, und feiert Ravels La Valse die Walzerseligkeit Wiens, um diese dann ordentlich zu dekonstruieren. Allen Werken gemeinsam ist aber der typische französische Esprit, Atmosphäre und Schwung – und mit diesem wollen wir gemeinsam das neue Jahr beginnen. Janos Ecseghy Violine Christoph Gedschold Dirigent 1.1.13 19.00 GROSSES HAUS Kinderkammerkonzert AUF 16 SAITEN DURCH DIE WELT Werke für Streicher von Komponisten aus aller Welt – von Russland über die Alpen bis Südamerika. kammerkonzert extra Johannes Brahms Serenade Nr. 1 D-Dur op. 11, Urfassung für Nonett Richard Strauss Serenade Es-Dur op. 7 Richard Strauss Sonatine Nr. 1 F-Dur „Aus der Werkstatt eines Invaliden“ Auf Brahms‘ langem Weg zur Sinfonie entstanden zwei quasi sinfonische Serenaden, die in D-Dur war in der Urfassung zunächst ein Nonett. Strauss‘ heitere Sonatine entstand in den letzten Kriegsmonaten, uraufgeführt 1944 im noch unzerstörten Dresden. Der 16-Jährige hatte dort auch sein erstes Bläserwerk uraufgeführt, die Serenade Es-Dur. Mitglieder der BADISCHEN STAATSKAPELLE Johannes Willig Dirigent 27.1.13 11.00 KLEINES HAUS 2. Kinderkonzert PROFESSOR FLORESTAN UND MAESTRO EUSEBIUS PACKEN AUS: G. F. HÄNDEL Dieses Konzert wird die Händel-Festspiele revolutionieren: Erstmals gibt es einen Anhaltspunkt, dass Händel tatsächlich in Karlsruhe war! Angeblich hat er auf einer Reise hier seinen Koffer vergessen. Darin findet sich natürlich jede Menge Musik. Claudia von Kopp-Ostrowski & Diana Drechsler Violine Michael Fenton Viola Benjamin Groocock Violoncello Gunnar Schmidt Moderation Deutsche Händel-Solisten Christian Firmbach als Professor Florestan Ulrich Wagner als Maestro Eusebius 20.1.13 11.00 KLEINES HAUS 17.2.13 11.00 & 15.00 GROSSES HAUS