Quantenoptik und Nanotechnologie – auf dem Weg zu einem universellen Quantencomputer D. Jaksch, T. Calarco und P. Zoller Institut für Theoretische Physik, Universität Innsbruck, Technikerstr. 25, A-6020 Innsbruck Auf der theoretischen Seite sind durch die Entwicklung von Methoden der Quantenfehlerkorrektur, Quantenalgorithmen, und fehlertoleranten Schemata in den letzten Jahren große Forschritte erzielt worden [1]. Die experimentelle Realisierung und die praktische Implementierung dieser Konzepte steht allerdings erst am Anfang. In einer Reihe von bemerkenswerten Experimenten der letzten Jahren sind zwar die Grundelemente der QuantenInformationsverarbeitung und -Kommunikation, wie zum Beispiel Quantengatter [3] und Teleportation [4] im Labor demonstriert worden, die Implementation eines skalierbaren Quantencomputers, welcher auch größere Rechnungen durchführen kann, scheint jedoch noch weit entfernt zu sein. Neue theoretische Vorschläge zur Implementation von Quantegattern [5–7] vereinen Technologien aus der Quantenoptik und der Nanotechnologie. Sie lassen Quantenoperationen bei endlichen Temperaturen zu und erlauben – zumindest prinzipiell – diese auf einer unbegrenzten Anzahl von Qubits durchzuführen. Es sind gerade diese Eigenschaften eines Quantencomputers, welche für mögliche technische Anwendungen in Zukunft von entscheidender Bedeutung sein werden. Faszinierende Perspektiven für die Kommunikation und die Informationsverarbeitung werden durch die Quantenmechanik eröffnet. Beachtliche Fortschritte in einigen führenden Labors lassen elementare Quantenprozessoren die mit bis zu zehn Quantenbits arbeiten in den nächsten Jahren realistisch erscheinen. Obwohl damit noch keine beeindruckenden Rechnungen möglich sind werden sich solche Quantenprozessoren doch für wichtige Aufgaben in der Quantenkommunikation einsetzen lassen. Um universell programmierbare Quantenrechner realisieren zu können bedarf es der Implementierung von Konzepten zur Quanteninformationsverarbeitung welche sich auf eine große Anzahl von Qubits anwenden lassen. Solche skalierbare Vorschläge, welche Technologien aus der Quantenoptik und der Nanotechnologie vereinen, könnten sich als möglicher Weg zum universell programmierbaren Quantenrechner erweisen. I. EINLEITUNG Alle Phänomene der mikroskopischen Welt werden – unserem heutigem Verständnis nach – durch die Prinzipien der Quantenmechanik beschrieben. Die Grundlagen der Quantenmechanik wurden experimentell ausführlich untersucht, einige von ihnen, wie das Superpositionsprinzip, sind Basis verschiedener aus dem täglichen Leben bekannter technologischer Anwendungen. Andere Grundprinzipien der Quantenmechanik, wie jene, die den Meßprozeß betreffen, haben erst vor kurzem praktische Andwendung gefunden: sie bilden insbesondere eine der Grundlagen von Quantenkommunikation und Quantencomputing [1]. Diese beiden Gebiete haben während der letzten fünf Jahre eine rasche Entwicklung erfahren, und sie könnten durchaus Ausgangspunkt einer zukünftigen technolgischen Revolution der Datenverarbeitung sein. Es ist Zweck dieses Beitrages, den gegenwärtigen theoretischen und experimentellen Stand dieser Anwendungen der Quantenmechanik, sowie deren erwartete zukünftige Entwicklung zu diskutieren [2], wobei besonderes Augenmerk auf die Skalierbarkeit der besprochenen Schemata wert gelegt wird. Das beachtliche Interesse an den Themenkreisen Quantencomputer und Quantenkommunikation hat mehrere Gründe. Es beinhaltet einerseits grundsätzliche Fragen über die Beziehung zwischen Quantenphysik und Informationstheorie und verspricht andererseits Anwendungen wie geheime Kommunikation und effiziente Quantenalgorithmen. Beispiele sind der Shor Algorithmus zur Faktorisierung großer Zahlen [1] und der Grover Algorithmus zur Datenbanksuche [1]. II. GRUNDBEGRIFFE DER QUANTENINFORMATION Quanteninformation wird in Quantenzuständen eines physikalischen Systems gespeichert. Die Informationseinheit ist hierbei das Qubit, welches den Informationsgehalt, der in einem Zwei-Zustands-System (wie zum Beispiel ein Spin-1/2 Teilchen) gespeichert werden kann, mißt. Die Basiszustände eines solchen Systems werden in Anlehnung an die klassische Konvention häufig mit |0i und |1i bezeichnet. Im Unterschied zur klassischen binären Information kann diese hier auch als quantenmechanische Überlagerung vorliegen. Anstelle von “Schalterstellungen” |0i und |1i sind beliebige Linearkombinationen α|0i + β|1i mit komplexen Koeffizienten α, β, (|α|2 + |β|2 = 1) erlaubt. Diese “Registerzustände” |ψi entsprechen hierbei Tensorprodukten von Qubits, zum Beispiel |ψi = |0i|1i|0i oder |ψi = |1i|0i|1i, und Superpositionen wie |ψi = α|0i|1i|0i + β|1i|0i|1i sind verschränkte Zustände. Der allgemeine Registerzustand ist dann gegeben durch |Ψi = 1 X cxN −1 ,...,x1 ,x0 |xN −1 i · · · |x1 i|x0 i. (1) xN −1 ,...,x0=0 Die Informationsverarbeitung erfolgt durch eine Sequenz von unitären Operationen auf die Register1 zustände. Diese können durch Meß- und Ableseprozesse unterbrochen und gesteuert werden [1]. Die einfachsten Operationen sind sogenannte 1-Qubit und 2-Qubit Quantengatter (siehe Abb. 1), die unitäre Operationen auf einzelnen Qubits beziehungsweise Paaren von Qubits bezeichnen. Ein Beispiel für ein 2-Qubit Quantengatter ist das Phasengatter, das durch folgende Tabelle beschrieben wird: |0i|0i |0i|1i |1i|0i |1i|1i −→ |0i|0i, −→ |0i|1i, −→ |1i|0i, −→ eiϕ |1i|1i, Prinzip die Auswirkungen der Dekohärenz korrigieren können. Es wurden Methoden der Fehlerkorrektur entwickelt, wobei man dabei zeigen kann, daß zur Korrektur eines beliebigen Fehlers eines einzelnen ZweiniveauAtoms nur fünf Atome benötigt werden, um das logische Qubit zu codieren. Im Prinzip lösen diese Fehlerkorrekturschemata das Problem der Wechselwirkung des Quantencomputers mit der Umgebung. In der Praxis jedoch liegt dabei die Annahme zugrunde, daß während der Messung und Korrektur kein Fehler auftritt – eine unberechtigte Annahme. Um dieses Problem zu lösen, wurden fehlertolerante Korrekturschemata entwickelt [2], die es erlauben, Fehler zu korrigieren, welche während der Korrektur passieren. In der Tat versprechen diese Methoden, daß – vorausgesetzt man ist in der Lage, jede beliebige Einzeloperation in einem Quantencomputer mit höherer Genauigkeit als dem Schwellwert ' 10−6 auszuführen – man beliebig lange Rechnungen mit einem Fehler der Größenordnung im Endzustand durchführen kann. Obwohl gegenwärtig die Annahme, Operationen mit Fehlern unterhalb dieser Schwelle auszuführen, unrealistisch ist, gibt es kein Grundgesetz der Physik, das uns verbietet, solche kleinen Fehler in Zukunft zu erreichen. Aus diesen Ergebnissen folgt, daß das Ausführen eines Quantenalgorithmus zur Fakorisierung einer 130-stelligen Zahl (was bereits besser wäre als heutige klassische Computer) man 106 Qubits benötigt mit einem Fehler in jedem Rechenschritt unterhalb von 10−6 . Um überhaupt daran denken zu können derartige Quantencomputer zu implementieren müssen unbegrenzt skalierbare und bei endlichen Temperaturen funktionierende physikalische Systeme mit geringer Dekohärenz gefunden werden, welche zur Speicherung und Verarbeitung von Quanteninformation verwendet werden. (2) wobei sich die linke (rechte) Spalte auf den Zustand der Qubits vor (nach) der Gatteroperation bezieht. ϕ ist die Verschränkungsphase. Es kann gezeigt werden, daß sich jede Rechenoperation als eine Folge (d.h. ein logisches Netzwerk) von Phasengattern, zusammen mit allgemeinen unitären 1-Qubit Operationen darstellen läßt [1]. Jede Art von System, das eine kontrollierte Verarbeitung von Quanteninformation erlaubt wird als Quantencomputer bezeichnet. Die Möglichkeit, quantenmechanische Überlagerungen verschiedener Registerzustände quasi gleichzeitig zu verarbeiten, wird manchmal als “Quantenparallelismus” bezeichnet und verspricht, gewisse mathematische Probleme auf einem Quantencomputer effizienter zu lösen, als dies mit einem klassischen Computer möglich ist. Abbildung 1. 2-Qubitgatteroperation zwischen Kontrollbit und Zielbit entsprechend der unitären Operation U1+2 = |0i1 h0| ⊗ 12 + |1i1 h1| ⊗ Û2 . Falls das Kontrollbit sich im Zustand |1i befindet, wird die unitäre Operation Û2 auf das Zielbit angewandt. III. IMPLEMENTIERUNGEN VON QUANTENCOMPUTERN Zur Realisierung eines Quantencomputers ist eine Reihe von Bedingungen zu erfüllen: Was ist nun aber der Grund, daß wir heute noch keine Quantencomputer haben, die diese schnellen Rechnungen ausführen können? Die Antwort auf diese Frage liegt in der Empfindlichkeit von Quantenzuständen gegenüber kleinen Störungen. Um perfektes Quantencomputing durchführen zu können, benötigt man von der Umwelt isolierte Systeme. Jede unkontrollierte Wechselwirkung erzeugt eine Verschränkung des Systems mit der Umgebung, welche die Zustände so beeinflußt, daß die oben geforderten Voraussetzungen nicht mehr erfüllt sind. Diese ungewollten Effekte faßt man unter dem Begriff der Dekohärenz zusammen. Da perfekte Isolierung technologisch unmöglich ist, hatte es für einige Zeit den Anschein, daß Quantencomputing sich von einem Traum der Theoretiker in einen Alptraum für Experimentalphysiker entwickeln könnte. Erfreulicherweise wurden während der letzten Jahre neue, auf der Quantenmechanik aufbauende Methoden erfunden, welche im • Identifikation einzelner Qubits; • Adressierbarkeit und Auslesen der Bits; • Implementierung von Quantengattern; • Schwache Dekohärenz; • Möglichkeit für Fehlerkorrektur; • Skalierbarkeit. Eine Vorreiterrolle spielt dabei die Quantenoptik. Als Träger der Quanteninformation kommen in der Quantenoptik einzelne Atome und Photonen in Frage. Kombination von Methoden der Quantenoptik mit der Nanotechnologie erlauben die Speicherung einzelne Atome in Fallen und die Präparation des Atoms im Bewe2 Lasern einzeln adressierbar. Dies erlabut die Realisierung von Ein-Qubit Quantengattern, die Ramanübergängen zwischen den elektronischen Zuständen entsprechen. Zur Verwirklichung von Zwei-Qubit Gattern (2) müssen die Ionen in kontrollierter Weise miteinander wechselwirken. Eine solche Wechselwirkung wird durch die Coulombabstoßung zwischen den Ionen vermittelt. gungsgrundzustand der Falle [8,9,3]. Mittels Laserpulsen können die internen Zustände dieser Atome gezielt manipuliert werden. Somit lassen sich 1-Qubit Gatter durch Wechselwirkung von Laserlicht mit Atomen realisieren. Implementierung von 2-Qubit Gattern läßt sich entweder durch Ankopplung an Hilfsfreiheitsgrade wie zum Beispiel kollektive Phononmoden von gespeicherten Atomen oder Ionen oder Photonen in einem Resonator erreichen, oder durch gezielte Zweiteilchenwechselwirkungen zwischen zwei Atomen. Im Fall von Ionen kann die Coulomb-Abstoßung, bei neutralen Atomen s-Wellenstreuung oder Dipol-Dipol Wechselwirkung zur gezielten Verschränkung zweier Atome verwendet werden. Wir werden auf einige Systeme welche Atome und Ionen zur Implementierung von Quantencomputern verwenden eingehen. Andere Vorschläge, wie KernspinQuantenrechner (NMR Quantum Computing) und Implementierungen in Festkörpern sowie Schemata basierend auf optischen Resonatoren hoher Güte und Fragen der Quantenkommunikation verweisen wir auf [10]. Unsere Erwartung für die Zukunft ist, daß während der nächsten fünf Jahre kleine Quantencomputern mit etwa 10 Qubits im Labor zur Verfügung stehen werden. Dies wird sicher die experimentelle Grundlage für eine Reihe von fundamentalen Experimenten zur Teilchenverschränkung, Meßprozeß und Dekohärenzstudien in der Quantenmechanik, wie auch “Proof of Principle” Experimenten in der Quanteninformationsverarbeitung sein. Die tatsächliche Anwendung als Quantencomputer im Sinne von Shor und Grover [1] bedarf einer effizienten Implementierung skalierbarer Konzepte welche sich auf eine große Anzahl von Qubits anwenden lassen. Im folgenden werden mögliche Schemata zur Implementierung von Quantencomputern beschrieben, wobei das besondere Interesse jenen Vorschlägen gilt, welche die Forderung nach Skalierbarkeit besonders gut erfüllen. Abbildung 2. Lineare Ionenfalle. Die hier gezeigte Anordnung entspricht den Experimenten der Innsbrucker Gruppe R. Blatt. (Quelle R. Blatt) Im ersten Modell ergibt sich die Gleichgewichtslage der Ionen aus den Kräften, wie sie durch die Coulombabstoßung und das Fallenpotential erzeugt werden. Schwingungen der Ionenkette entsprechen kleinen Auslenkungen der Ionen um diese Gleichgewichtslage. Die Eigenmoden dieser Oszillationen, wie zum Beispiel die Schwerpunktsbewegung der Kette, sind quantisiert. Durch Laserkühlen kann der Schwingungszustand der Ionen ausgefroren werden und die Ionenkette wird im Schwingungsgrundzustand der Falle präpariert. Der Gesamtzustand der Ionenkette ist somit durch einen Zustandsvektor zu beschreiben, der ein Produktzustand der internen Ionenzustände (dem Quantenregister) 1 und der quantisierten Schwerpunktsbewegung im Grundzustand ist. Die phononischen Freiheitsgrade dienen nun als Datenbus zu Verschränkung der internen Ionenzustände. Dabei wird ein einzelnes Ion mit Laserlicht so bestrahlt werden, daß es vom Zustand |1i in den Zustand |0i übergeht und dabei die Ionenkette durch die Abgabe eines Phonons in Schwingung versetzt. Falls das Ion im Zustand |0i ist, dann wird der Zustand nicht verändert. Dies entspricht einem Prozeß, bei dem das Qubit auf den phononischen Datenbus überschrieben wird. Im Fall einer Ionenkette kann nun in einem beliebigen zweiten Ion der interne Zustand gemäß |0i ↔ |1i umgeschaltet werden. Insgesamt erhält man so einen Prozeß, bei dem der interne Zustand des zweiten Ions verändert wird, sofern das erste Ion sich im Zustand |1i befindet. Wird abschließend der Anfangszustand des ersten Ions wiederhergestellt, so läßt sich damit ein Zwei-Qubit Quantengatter realisieren. Experimentell wurden bisher quantenlogische (Verschränkungs) Operationen mit einem und bis zu vier Ionen demonstriert [3]. Eine der Voraussetzungen und Schwierigkeit der experimentellen Realisierung ist das Laserkühlen in A. Ionenfallen Vorschläge zur Realisierung von Quantenrechnern mit gefangenen und lasergekühlten Ionenketten wurden in [11] und [7] unterbreitet. An der experimentellen Realsierung insbesondere des ersten Vorschlags wird zur Zeit in mehreren Labors auf der Welt, darunter NIST Boulder, Universität Innsbruck, Max Planck Institut für Quantenoptik in München, Los Alamos gearbeitet. Der schematische Aufbau dieser Computermodelle ist in Abb. 2 bzw. 3 und 4 dargestellt. Das erste Model (Abb. 2) entspricht einer Ionenkette, die in einer linearen Ionenfalle gespeichert wird. Im zweiten Model nimmt man an, dass Ionen in periodisch angeordneten Mikrofallen gefangen werden, wie sie beispielsweise mit lithographischen Methoden erzeugt werden können (Abb. 4. In beiden Fällen sind Träger des Quantenbits {|0i, |1i} langlebige elektronische Zustände der Ionen, wie z.B. Zeemangrundzustände. Wie aus den genannten Abbildungen ersichtlich, sind die Ionen mit 3 den Grundzustand des Fallenpotentials. Diese Forderung niedriger Temperaturen besteht nicht im durch Abb. 3, 4 beschriebenen Modells. Abbildung 4. Ein skalierbarer Quantencomputer. Wir stellen uns ein zweidimensionale Struktur von Ionenfallen vor. Ein weiteres Ion, als Kopf bezeichnet, wird über dieser Ebene bewegt und kann mit einem beliebigen zweiten Ion eine 2-Qubitgatteroperation ausführen. Damit lassen sich Verschränkungsoperationen zwischen zwei beliebigen Ionen ausführen. B. Optische Gitter und magnetische Nanostrukturen Abbildung 3. Schema für ein 2-Qubitgatters mit in unabhängigen Mikrofallen gespeicherten Ionen. Um eine Gatteroperation auszuführen, werden die Ionen räumlich verschoben, falls sie im Zustand |1i sind, analog einem atomaren Interferometer (unterer Teil der Abbildung). 1. Kalte kontrollierte Stöße In einem neueren Vorschlag [5] werden ultrakalte atomare Stöße als Mechanismus zur kontrollierten Erzeugung von Verschränkung verwendet. Durch diesen Mechanismus lassen sich wichtige Konzepte der Quanteninformationstheorie in Systemen wie optischen Gittern und magnetischen Mikrofallen experimentell studieren [5,6]. Die rasante Entwicklung beim Fangen und Kühlen von neutralen Atomen erlaubt heute die Erzeugung von Bose-Einstein-Kondensaten und voraussichtlich wird es bald auch möglich sein Bose-Einstein-Kondensate in periodischen Strukturen wie optischen Gittern und magnetischen Nanostrukturen herzustellen. Gelingt es, Nanostrukturen mit einem Atom pro Gitterplatz zu füllen und in den Grundzustand zu kühlen, dann wäre damit der Weg zu einer Vielzahl neuer Anwendungen eröffnet. Periodische Strukturen bieten die einzigartige Möglichkeit, Verschränkungsoperationen auf vielen Teilchen gleichzeitig auszuführen und damit die Erzeugung von hochparallelen Quantengattern für Quantencomputing. Als Qubits werden zwei Zeeman-Grundzustände |0i und |1i von Atomen in weitverstimmten optischen Gittern verwendet. In diesen nahezu konservativen Fallenpotentialen können Speicherzeiten von bis zu 20 Minuten realisiert werden [12]. Übergänge zwischen den beiden Zeeman-Grundzuständen werden, wie bei Ionenfallen, durch Raman-Laserpulse herbeigeführt. Ein Quantengatter wird durch Kopplung der internen atomaren Zustände |0i und |1i an verschiedene Fallenpotentiale, die räumlich gegeneinander verschoben werden können [5], realisiert. Die Verschiebung kann durch eine Variation der Polarisation der Laser erreicht werden, und wird dazu verwendet, um Atome abhängig von ihrem internen Zustand miteinander stoßen zu lassen. Unter adiabatischen Bedingungen ist der Stoßprozeß kohärent und kann durch eine nichtlineare Wechselwirkung, analog dem Kerr-Effekt für Photonen in der Quantenoptik, beschrieben werden. Der Stoßprozeß verschränkt die internen Zustände miteinan- Das Grundprinzip der Realisierung des 2-Qubitgatters in unserem zweiten Modell ist die Anwendung eines äußeren Laserfeldes auf ein Ion, sodass seine Wellenfunktion in Abhängigkeit von seinem internen Zustand räumlich verschoben wird, ähnlich der Aufspaltung der atomaren Wellenfunktion in einem atomaren Interferometer. Dies ist in Abb. 3 dargestellt. Indem zwei benachbarte Ionen mit dem Laser addressiert werden, ergibt sich eine unterschiedliche Coulombwechselwirkung der einzelnen Wege im Interferometer, somit eine differentielle Energieverschiebung, und über die Zeit integriert unterschiedliche Phasen. Dies realisiert ein Phasengatter (2) mit Phase e2 φ=− 4π0 Z T 0 1 1 1 1 dt − − + , d + x̄2 − x̄1 d + x̄2 d − x̄1 d wobei e der Ladung der Ionen entspricht, d den Gleichgewichtsabstand der Ionen bezeichnet und x̄1 (t) bzw. x̄2 (t) die jeweilige Verschiebung der Ionen bezeichnet. Die vier Terme in dieser Gleichung entsprechen Atomen entlang den Wegen |1i1 |1i2 , |1i1 |0i2 , |0i1 |1i2 und |0i1 |0i2 (Abb. 3). Offensichtlich kommt es in erster Linie auf den mittleren Abstand der Ionen an, d.h. für d >> x̄1,2 ist das Gatter unempfindlich gegenüber endlicher Temperatur. Ein Quantencomputermodel, welches auf obigen Ideen basiert, ist in Abb. 4 dargestellt. Dabei nehmen wir an, dass ein Ion als “Kopf” und ein zweites Ion nahe aneinander gebracht werden können, wobei es nicht notwendig ist, die beiden Ionen einzeln zu adressieren. Der Abstand zwischen den Ionen in der Ebene kann hingegen vergleichbar gross sein, da keine Wechselwirkung zwischen ihnen erforderlich ist. Eine solche zweidimensionale Anordnung hat die offensichtliche Eigenschaft zu einer großen Zahl von Quantenbits skalierbar zu sein. 4 der. Sind nur zwei benachbarte Gitterplätze mit je einem Atom besetzt, so erhält man durch diesen Prozeß ein Phasengatter (2). Für Gruppen von Atomen an benachbarten Gitterplätzen entspricht die Gitterverschiebung einem atominterferometrischen Prozeß, bei dem mehrere Atominterferometer gekoppelt sind. Durch Hinzunahme von weiteren internen atomaren Niveaus kann man allerdings erreichen, daß nur ausgewählte Atome selektiv an den Gitterverschiebungen teilnehmen. Dadurch können im Prinzip Stöße zwischen beliebig ausgewählten Atomen herbeigeführt werden. um 2-Qubit Gatteroperationen durchzuführen. Dies führt zu langen Gatteroperationszeiten welche auch durch der Forderung der Adiabatizität der Gatteroperation auf der Zeitskala der durch das Fallenpotential gegebenen Oszillationsperiode bestimmt wird [5]. Ein neuer Vorschlag zur Implementierung von 2-Qubitgattern in optischen Gittern löst dieses Problem [6]. Zur Verschränkung der Atome wird die Wechselwirkung zwischen permanenten Dipolmomenten von Rydberg-Atomen verwendet. Da diese Wechselwirkung langreichweitig und sehr stark ist entfällt die Notwendigkeit des Verschiebens von Atomen und die lange Wechselwirkungszeit. Abbildung 5. Verschränkung mehrerer Atome durch Verschieben des gemeinsamen Fallenpotentials. Es können dadurch fehlertolerante 2-Qubit Gatteroperationen auf 3 × 3 Blöcken von neutralen Atomen durchgeführt werden. Grüne Halbkugeln symbolisieren Qubits (Atome) im Zustand |0i und graue Halbkugeln stellen Qubits im Zustand |1i dar. Der eigentliche Vorteil von optischen Gittern gegenüber anderen Implemetierungen liegt in dem hohen Parallelismus der Gittermanipulationen. Der globale Effekt der Gitterverschiebung erlaubt einerseits dieselbe logische Operation an verschiedenen Stellen im Gitter gleichzeitig auszuführen. Anderseits können ganze Gruppen benachbarter Atome durch eine einzige Gitterverschiebung verschränkt werden, wie in Abb. 5 angedeutet. Damit kann z.Bsp. ein Quantenspeicher realisiert werden, bei dem ein Qubit in einem größeren Block von Atomen codiert und mit Hilfe von Quantenfehlerkorrektur stabilisiert wird [13]. Auch ist es möglich, wie in Abb. 5 dargestellt, fehlertolerante Quantenoperationen auf ganzen Blöcken von Atomen durchzuführen [13]. Weitere Beispiele der Ausnutzung der Parallelität sind die effiziente Erzeugung von GHZ Zuständen einer großen Anzahl von Teilchen, sowie die Implementierung einer Quantenfouriertransformation [13]. Abbildung 6. Schematische Darstellung zweier wasserstoffartiger Atome im statischen elektrischen Feld. Die Verzerrung der Elektronenhülle führt zu einem permanenten großen Dipolmoment von Rydbergzuständen. Der experimentelle Aufbau ist schematisch in Abb. 7 dargestellt. Zwei metastabile Zustände ohne permanentem Dipolmoment eines wasserstoffartigen Atoms werden als Qubit verwendet. Die Atome sind in einem optischen Gitter gefangen und einem statischen elektrischen Feld ausgesetzt. Einer dieser beiden metastabilen Zustände kann von einem Laser in einen niedrig liegenden RydbergZustand angeregt werden. Dieser besitzt ein permanentes Dipolmoment und wechselwirkt mit einem benachbarten, ebenfalls angeregten Atom. Durch gezielte Anregung zweier Atome können wie in [6] beschrieben Phasengatter (2)zwischen Atomen, auf einer Zeitskala die wesentlich kürzer als jene für durch s-Wellenstreuung induzierte Gatter ist, implementiert werden. Zu beachten ist dabei allerdings, daß mechanische Effekte, welche durch die starke Wechselwirkung zwischen den Atomen verursacht werden und zu Dekohärenz führen, verhindert werden müssen. Wie in [6] gezeigt wird, kann dies durch eine geeignete Wahl der Laserparameter die zur Anregung des Rydbergzustandes verwendet werden, erreicht wer- 2. Dipol-Dipol Wechselwirkung Ein Nachteil der bisher beschriebenen Methode zur Durchführung von Quantenoperationen ist, daß, bedingt durch die Kurzreichweitigkeit und die Schwachheit der s-Wellenstreuung, eine Verschiebung der Atome im Gitter und eine lange Wechselwirkungsdauer notwendig sind, 5 Die in diesem Artikel beschriebenen neuen Vorschläge zur Implementierung von Quantengattern sind skalierbar und teilweise unempfindlich gegenüber endlichen Temperaturen der Atome. Dies läßt die Existenz physikalischer Systeme welche das Potential besitzen als Grundlage eines universellen Quantencomputers zu dienen nicht mehr gänzlich unrealistisch erscheinen. Vergleicht man die heutige Situation auf dem Gebiet des Quantencomputings mit den Anfängen der herkömmlichen Computertechnik und betrachtet die dort in den letzten Jahrzehnten gemachten Fortschritte, so mag vielleicht nicht nur noch der grenzenlose Idealist an die Realisierung eines universellen Quantencomputers glauben. den. Erst durch die Verhinderung dieser mechanischen Effekte können Gatteroperationen auf Zeitskalen die unabhängig von der Steilheit der Falle sind erzielt werden. APPENDIX: WECHSELWIRKUNGEN Abbildung 7. Vorgeschlagene experimentelle Anordnung zur Implementation eines Quantengatters mittels Dipol-Dipol Wechselwirkung. Die in grün dargestellten internen Zustände |0i von in Nanonstrukturen gefangenen einem statischen elektrischen Feld ausgesetzten Atome werden durch Laserstrahlen in Rydbergzustände angeregt und durch Dipol-Dipol Wechselwirkung miteinander verschränkt. Atome im Zustand |1i (grau dargestellt) wechselwirken nicht mit dem Laser. Zur Verschränkung der internen Zustände zweier Atome kann eine Reihe von kontrollierten Zweiteilchenwechselwirkungen verwendet werden. (i) Um Ionen zu verschränken eignet sich die Coulombwechselwirkung zwischen den mit Ladung q1 und q2 geladenen Ionen. Das Wechselwirkungspotential ist durch V (R̂) ∝ q1 q2 /R̂ mit R̂ dem Abstandsoperator zwischen den beiden Ionen gegeben. (ii) Zur Verschränkung von neutralen Atomen werden Stöße, welche bei sehr kleinen Temperaturen durch s-Wellenstreuung beschrieben werden, verwendet. Die Wechselwirkung wird dann durch ein Kontaktpotential der Form V (R̂) ∝ as δ(R̂) beschrieben, wobei as die Streulänge und R̂ wiederum den Abstandsoperator zwischen den Atomen beschreibt. δ steht für die Dirac’sche Deltafunktion. (iii) Als zweite Möglichkeit um neutrale Atome zu verschränken kann die Wechselwirkung zwischen permanenten Dipolmomenten von Rydbergzuständen in wasserstoffartigen Atomen in statischen elektrischen Feldern verwendet werden. Anschaulich ist diese Situation in Abb. 6 dargestellt. Im statischen elektrischen Feld wird die Wellenfunktion des Valenzelektrons verzerrt. Es kommt dadurch zu einer Verschiebung des Ladungsschwerpunktes der Elektronenhülle im Vergleich zum Ladungsschwerpunktes des Kerns. Ein Dipolmoment µ, welches mit dem Quadrat der Hauptquantenzahl n2 skaliert, bildet sich aus. Die Wechselwirkung der Dipole µ1 und µ2 zweier benachbarter Atome wird durch das Potential V (R̂) ∝ µ1 µ2 /R̂3 beschrieben. Dieses Wechselwirkungspotential skaliert mit n4 des verwendeten Rydberg-Zustandes und liefert selbst für n ≈ 15 wesentlich größere Wechselwirkungsstärken als kalte Stöße zwischen neutralen Atomen. Als wesentlichste Eigenschaft der Vorschläge zu den Implementierungen in optischen Gittern und Nanostrukturen soll hier noch einmal deren Skalierbarkeit hervorgehoben werden. Einzig durch die realisierbare Größe der periodischen Struktur wird die Grenze an die verarbeitbare Zahl von Qubits gesetzt. Der Vorschlag basierend auf der langreichweitigen Dipol-Dipol Wechselwirkung zwischen Rydberg-Atomen besitzt weiters den Vorteil, daß die Qualität der Gatteroperationen nur unwesentlich von der Temperatur der gefangenen Atome sowie der exakten Stärke des Wechselwirkungspotentials abhängt [6], zwei Eigenschaften, welche die experimentelle Herstellung solcher Quantengatter wesentlich realistischer erscheinen läßt. IV. AUSBLICK Es ist klar, daß wir uns – einerseits wegen der extremen Empfindlichkeit verschränkter Zustände gegenüber der Dekohärenz, andererseits wegen der hohen Anforderungen an die Präzision von Gatteroperationen – auf einige Zeit mit dem Studium von Prototypen von Quantencomputern werden begnügen müssen. Dabei geht es kurzfristig noch nicht darum, einen universell programmierbaren Quantenrechner zu bauen. Eine realistischere Perspektive besteht vielmehr in der Realisierung kleinerer Quantenprozessoren mit einer Anzahl von etwa 10 Qubits, die mit einer Fehlerrate/Genauigkeit im Bereich eines Prozents arbeiten. Auch wenn damit noch keine großen Zahlen faktorisiert werden können, so können wie erwähnt solche ,,kleinen Prozessoren” für wichtige Aufgaben in der Quantenkommunikation eingesetzt werden. APPENDIX: FALLEN FÜR IONEN UND NEUTRALE ATOME Um Atome als Qubits verwenden zu können müssen diese an bestimmten Orten gefangen werden. Es gibt verschiedene Technologien – basierend auf unterschiedlichen 6 Fallenkräften um dieses Ziel zu erreichen. Ionen können zum Beispiel aufgrund ihrer Coulomb-Wechselwirkung in Extrema von elektrischen Feldern gefangen werden. Solche Maxima können allerdings nur mit Hilfe von oszillierenden Feldern erzeugt werden. Eine weitverbreitete Technik ist die Verwendung einer sogenannten linearen Paulfalle, welche, wie in Abb. 2 dargestellt, aus vier parallelen Metallstäben besteht. Ein zeitabhängiges Radiofrequenzpotential wird an zwei gegenüberliegenden Stäben angelegt während die anderen beiden auf Masse gehalten werden. Damit können sich die Ionen nur noch auf einer Linie parallel zu den Stäben anordnen. Zwei zusätzliche zirkulare Elektroden dienen als Abschlüsse an den beiden Enden. render Magnetisierung in einem externen Bias-Feld ein magnetisches Muster mit einer characteristischen Periode von weniger als einem µm wie in Abb. 9 dargestellt, erzeugt werden. Zusätzliche Elektroden mit veränderlicher Ladung – mittels Nanotechnologie auf die magnetische Oberfläche aufgebracht – können verwendet werden, um zustandsselektive Potentiale zu erzeugen und diese auch zu schalten (siehe Abb. 10). Zusätzlich bieten diese Elektroden auch ein Fallenpotential in der transversalen Richtung. Abbildung 8. Laserkonfiguration zur Erzeugung eines zustandsabhängigen optischen Gitters. Durch Veränderung des Winkels θ können die beiden Fallenpotentiale gegeneinander verschoben werden. Abbildung 10. Periodische Nanostruktur mit gepaarten Gitterplätzen. Durch Veränderung der Ladung an der eingezeichneten Elektrode kann die Barriere zwischen zwei gepaarten Gitterplätzen zustandsselektiv geschalten werden. Neutrale Atome erfordern einen gänzlich anderen Fangmechanismus. Eine Möglichkeit stellen optische Dipolkräfte dar. Ein Atom mit der Polarisierbarkeit α erfährt eine AC-Stark Verschiebung Vel = α|E|2 /2 in einer elektromagnetischen stehenden Welle mit dem elektrischen Feld E, wobei die stehende elektromagnetische Welle von zwei entgegenlaufenden Laserstrahlen erzeugt wird. Es wird ein periodisches mikroskopisches Potential – optisches Gitter genannt – mit Minima, die jeweils eine halbe Wellenlänge des Laserlichtes voneinander entfernt sind, erzeugt. Sind die beiden gegenläufigen Laserstrahlen linear polarisiert, so kann durch Variation des Winkels θ zwischen den beiden Polarisationsebenen eine Verschiebung der zwei resultierenden zirkular polarisierten Komponenten erreicht werden. Dies führt zu einem zustandsabhängigen verschiebbaren Potential (siehe Abb. 8). Weiters können neutrale Atome mit einem magnetischen Moment µ, welche sich langsam in einem Magnetfeld B bewegen und dabei ein Potential Vmagn = −µ|B| spüren, gefangen werden. [1] J. Gruska, Quantum Computing (McGraw-Hill, London, 1999); A.M. Steane, Rep. Prog. Phys. 61, 117 (1998). [2] Eine vollständige Literatursammlung befindet sich am Internet auf dem Los Alamos Archiv quant-ph unter http://xxx.lanl.gov/archive/quant-ph [3] C. Sackett et al., Nature 404, 256 (2000); A.M. Steane et al., quant-ph/0003087. [4] Siehe den Beitrag von A. Zeilinger in dieser Ausgabe. [5] D. Jaksch et al., Phys. Rev. Lett. 82, 1975 (1999). [6] D. Jaksch et al. quant-ph/0004038. [7] J.I. Cirac und P. Zoller, Nature 404, 579 (2000). [8] H.C. Nägerl, et al., Phys. Rev. A 60, 145 (1999). [9] R. Folman et al., Phys. Rev. Lett. 84, 4749 (2000); J. Reichel, W. Hansel, and T.W. Hänsch, Phys. Rev. Lett. 83, 3398 (1999). [10] H.-J. Briegel, J.I. Cirac und P. Zoller, Physikalische Blätter 55, 37 (1999). [11] J.I. Cirac und P. Zoller, Phys. Rev. Lett. 74, 4091 (1995). [12] S. Friebel et al., Phys. Rev. A 57, R20 (1998); [13] H.-J. Briegel et al., J. Mod. Opt. 47, 415 (2000). Abbildung 9. Periodisch polarisierte magnetische Oberfläche und dabei entstehendes Potential. Es kann zum Beispiel mittels einer konventionellen Floppy Disk (oder auch einem Videoband) mit alternie7