Prädiktoren des Erfolges der stationären Therapie von

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Aus der
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und
Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität zu Köln
Direktor: Universitätsprofessor Dr. med. G. Lehmkuhl
Prädiktoren des Erfolges der stationären Therapie von
Schulabsentismus bezüglich psychischer Auffälligkeiten
Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde
der Hohen Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln
vorgelegt von
Maike Petermann
aus Köln
promoviert am 08. Mai 2013
Gedruckt mit der Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität zu Köln
2013
Dekan: Universitätsprofessor Dr. med. Dr. h.c. Th. Krieg
1. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. sc. hum. M. Döpfner
2. Berichterstatter: Universitätsprofessor Dr. med. Dr. phil. K. Vogeley
Erklärung
Ich erkläre hiermit, dass ich die vorliegende Dissertationsschrift ohne unzulässige Hilfe Dritter und ohne Benutzung anderer als der angegebenen Hilfsmittel
angefertigt habe; die aus fremden Quellen direkt oder indirekt übernommenen
Gedanken sind als solche kenntlich gemacht.
Bei der Auswahl und Auswertung des Materials sowie bei der Herstellung des
Manuskriptes habe ich Unterstützungsleistungen von folgenden Personen erhalten:
Universitätsprofessor Dr. sc. hum. Manfred Döpfner
Dr. rer. medic. Daniel Walter
Dr. rer. medic. Christopher Hautmann
Weitere Personen waren an der geistigen Herstellung der vorliegenden Arbeit
nicht beteiligt. Insbesondere habe ich nicht die Hilfe einer Promotionsberaterin/eines Promotionsberaters in Anspruch genommen. Dritte haben von mir weder unmittelbar noch mittelbar geldwerte Leistungen für Arbeiten erhalten, die
im Zusammenhang mit dem Inhalt der vorgelegten Dissertationsschrift stehen.
Die Dissertationsschrift wurde von mir weder im Inland noch im Ausland in gleicher oder ähnlicher Form einer anderen Prüfungsbehörde vorgelegt.
Köln, den 18. Juli 2012
Die Erarbeitung des Konzepts dieser Dissertation erfolgte unter Anleitung von
Herrn Universitätsprofessor Dr. sc. hum. Manfred Döpfner und Herrn Dr. rer.
medic. Daniel Walter, Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
des Kindes- und Jugendalters der Universität zu Köln.
Ein Teil der dieser Arbeit zugrunde liegenden Daten wurden von mir in Form
einer postalischen Befragung an der vorliegenden Stichprobe erhoben.
Zum Teil wurden die Daten auch von den jeweiligen Psychotherapeuten, mitwirkenden Diplomanden und Doktoranden der Universität zu Köln erhoben.
Danksagung
Zunächst danke ich Herrn Universitätsprofessor Dr. sc. hum. Manfred Döpfner
für die Überlassung des Themas sowie für die hilfreiche und freundliche Betreuung.
Außerdem danke ich Herrn Dr. rer. medic. Daniel Walter für die hilfreiche und
freundliche Unterstützung. Mein Dank gilt auch Herrn Dr. rer. medic. Christopher Hautmann für die Unterstützung bei den statistischen Analysen.
Weiterhin danke ich den Mitarbeitern der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und
Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität zu Köln, im Besonderen den Mitarbeitern der Jugendstation 3 und den Teilnehmern der Forschungskonferenz.
Schließlich danke ich meiner Familie und Freunden für die Unterstützung und
den festen Glauben an den Abschluss dieser Arbeit.
Meinen Eltern
Inhaltsverzeichnis
VII
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung ................................................................................. 1
2. Theoretischer und empirischer Hintergrund ......................... 5
2.1. Definition von emotional bedingtem Schulabsentismus ...................... 5
2.2. Epidemiologie ........................................................................................... 6
2.3. Klassifikation und Erklärungsansätze .................................................... 7
2.4. Schulabsentismus und psychische Störungen ..................................... 9
2.5. Therapie von emotional bedingtem Schulabsentismus ...................... 11
2.6. Effektivität der Prädiktion von Schulabsentismus .............................. 16
3. Fragestellung der Untersuchung .......................................... 20
4. Methodik ................................................................................. 23
4.1. Stichprobenkriterien .............................................................................. 23
4.2. Stichprobenselektionsprozess.............................................................. 24
4.3. Behandlungskonzept ............................................................................. 25
4.4. Beschreibung der Stichprobe ............................................................... 28
4.4.1. Alter und Geschlecht......................................................................28
4.4.2. Intelligenz .......................................................................................29
4.4.3. Trennung der Eltern .......................................................................29
4.4.4. Diagnosen (ICD-10) .......................................................................30
4.4.5. Behandlungsdauer .........................................................................36
4.4.6. Besuchte Schulform .......................................................................36
4.4.7. Klassenwiederholungen und außerplanmäßiger Schulwechsel .....37
4.4.8. Schulabsentismus ..........................................................................37
4.5. Vorhandene Daten und Messinstrumente ............................................ 38
4.5.1. Hamburg-Wechsler-Intelligenztest .................................................38
4.5.2. Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche ...........................39
4.5.3. Child Behavior Checklist (CBCL) ...................................................39
4.5.4. Youth Self Report (YSR) ................................................................40
4.5.5. Lern- und Arbeitsverhalteninventar (LAVI) .....................................41
4.5.6. Angstfragebogen für Schüler (AFS) ...............................................41
4.5.7. Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und
Jugendalter (DISYPS-KJ) ..............................................................41
Maike Petermann
Inhaltsverzeichnis
VIII
4.5.8. Composite Scores..........................................................................42
4.5.9. Schichtzugehörigkeit ......................................................................44
4.6. Umgang mit Missings ............................................................................ 45
4.7. Prädiktorvariablen .................................................................................. 46
4.8. Zielkriterien ............................................................................................. 47
4.9. Verwendete Verfahren der Datenanalyse ............................................. 48
5. Ergebnisse ............................................................................. 49
5.1. Korrelationskoeffizienten der Prädiktorvariablen ................................ 49
5.2. Hierarchische Regressionsanalyse mit dem Kriterium Composite
Score K1 DISRUP-A (expansives Verhalten im Jugendlichenurteil) .. 51
5.3. Hierarchische Regressionsanalyse mit dem Kriterium Composite
Score K1 DISRUP-P (expansives Verhalten im Elternurteil) ............... 54
5.4. Hierarchische Regressionsanalyse mit dem Kriterium Composite
Score K1 ANDEP-A (Angst und Depression im Jugendlichenurteil) . 57
5.5. Hierarchische Regressionsanalyse mit dem Kriterium Composite
Score K1 ANDEP-P (Angst und Depression im Elternurteil) .............. 59
6. Diskussion .............................................................................. 61
7. Zusammenfassung ................................................................ 67
8. Literaturverzeichnis ................................................................ IX
9. Anhang ................................................................................... XX
9.1. Abbildungsverzeichnis ......................................................................... XX
9.2. Tabellenverzeichnis ............................................................................. XXI
10. Lebenslauf ............................................................................ XXII
Maike Petermann
Einleitung
1
1. Einleitung
Ein regelmäßiger Schulbesuch mit einem regelhaften Schulabschluss ist eine
wichtige Voraussetzung für das gesellschaftliche Bestehen des Heranwachsenden im Hinblick auf die berufliche, finanzielle und soziale Zukunft. Von den etwa
10 Millionen Schülern in Deutschland schaffen es circa fünf Prozent nicht, regelmäßig die Schule zu besuchen (Buhse und Fileccia 2003). Chronisches
Fernbleiben vom Unterricht ist nicht nur häufig mit einem Abbruch der Schule
verbunden, sondern unter anderem auch mit einem erhöhten Auftreten von Delinquenz (Kearney 2008). Ein fehlender Schulabschluss erschwert den Erhalt
eines Ausbildungsplatzes und somit den Einstieg in eine beständige Erwerbstätigkeit (Reißig 2001).
Es gibt vielfältige Ursachen für die Schüler, der Schule fernzubleiben, unter anderem kann entschuldigtes Fehlen vorliegen, beispielsweise krankheitsbedingtes Fehlen, zum anderen das unentschuldigte Fernbleiben (Kearney 2004).
Man unterscheidet die dissozial bedingten Schulverweigerer, die sogenannten
Schulschwänzer, (Jans & Warnke 2004) von den Schülern, die aufgrund emotionaler Störungen und Belastungen (soziale Ängste und depressive Verstimmungen etc.) die Schule nicht mehr besuchen können (Egger et al. 2003). Die
Übergänge zwischen den verschiedenen Arten von Schulabsentismus können
fließend sein. Je nach Schweregrad der Problematik kann es bei den Jugendlichen zu langen Phasen des kompletten Schulabsentismus kommen. (King &
Bernstein 2001).
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Untersuchung möglicher Prädiktoren des Erfolges der stationären Therapie bezüglich psychischer Auffälligkeiten. Bei psychischen Störungen, die mit Schulabsentismus assoziiert sind,
handelt es sich in erster Linie um Angststörungen, depressive Störungen und
Störungen des Sozialverhaltens (Kearney 2008). Es gibt zahlreiche Belege für
die Wirksamkeit der verhaltenstherapeutischen Intervention bei den mit Schulabsentismus assoziierten Störungsbildern, zum Beispiel externalisierende Störungen (Eyberg et al. 2008, McCart 2006).
Es bleibt jedoch unberücksichtigt, bei welchen Patienten im Speziellen die Therapie hilft. Es stellt sich die Frage, ob es bestimmte Faktoren gibt, die verantwortlich für die unterschiedlichen Therapieerfolge sind. Von der Conduct Problems Prevention Group (CPPRG) wurden einige Prädiktoren identifiziert welche
Maike Petermann
Einleitung
2
mit dem Erfolg der Behandlung von Verhaltensstörungen assoziiert sind
(Conduct Problems Prevention Group 2002). Es wurde festgestellt, dass die
Signifikanz der einzelnen Prädiktoren je nach Outcome Kriterium variieren
kann, man also die Wichtigkeit eines Prädiktors nicht generell benennen kann.
Es gibt kontroverse Studienlagen zu einigen Prädiktoren, die Conduct Problems
Prevention Group hat in Bezug auf das Geschlecht herausgefunden, dass Mädchen ein besseres Outcome haben als Jungen, wohingegen Hawkins et al.
1991 berichten, dass Jungen ein besseres Outcome hätten als Mädchen.
Hinsichtlich des Schweregrades von externalisierendem Verhalten als Prädiktor
für den Erfolg der Therapie gibt es ebenso kontroverse Studienlagen. Auf der
einen Seite zeigen Studien, dass Kinder mit gravierenderem externalisierendem
Verhalten häufiger eine größere Veränderung in ihrem Verhalten durchleben
(Hemphill et al. 2006, Reid et al. 2004, Stoolmiller, 2000); auf der anderen Seite
gibt es Studien die berichten, dass Kinder mit weniger schwerem externalisierendem Verhalten sich stärker veränderten (Kazdin et al. 2000).
Auch bei Betrachtung der sozioökonomischen Schicht als potentieller Prädiktor
präsentieren die vorhandenen Studien unterschiedliche Ergebnisse. Manche
Studien zeigen bei benachteiligten Familien größere Veränderungen, sie somit
stärker von der Behandlung profitieren (MacKenzie et al. 2004). Andere Studien
jedoch berichten von Familien aus weniger gut gestellten sozioökonomischen
Schichten, die keine Veränderungen durch die Therapie erfuhren (van Bokhoven 2005).
Komorbidität als Prädiktor wurde in mehreren Studien untersucht, aber auch da
lässt sich kein einheitliches Ergebnis finden. Ollendick und Mitarbeiter (2008)
berichten, dass Komorbidität bei den meisten Studien, die dieses Thema behandeln, keinen Einfluss auf den Erfolg der Therapie hat. Beauchaine und Mitarbeiter (2005) haben herausgefunden, dass Angststörungen und Depression
als Begleiterkrankungen in einem positiven Zusammenhang mit dem Erfolg der
Therapie stehen.
Seit 2004 gibt es an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
des Kindes- und Jugendalters der Universität zu Köln eine Station, die speziell
Jugendliche mit Schulabsentismus behandelt. Erste Hinweise für die Wirksamkeit der hier durchgeführten multimodalen stationären Kurzzeittherapie mit kog-
Maike Petermann
Einleitung
3
nitiv-verhaltenstherapeutischem Ansatz liegen vor (Walter et al. 2005, Ziegert
2006).
Es hat sich gezeigt, dass chronischer Schulabsentismus ein Risikofaktor für
psychiatrische Erkrankungen im Erwachsenenalter darstellt (Tramontina et al.
2001).
Um einer Chronifizierung der Problematik und einer Gefährdung der psychosozialen Entwicklung der betroffenen Schüler vorzubeugen, ist eine zügig einzuleitende professionelle Behandlung notwendig (Elliot, 1999). Tritt durch einen ambulanten Therapieversuch keine Besserung der Problematik ein, so ist eine
stationäre Therapie indiziert (Lauchlan 2003). Die Behandlung von Jugendlichen mit schulverweigerndem Verhalten setzt ihren Fokus auf die den Schulabsentismus begleitenden Symptome, insbesondere Ängste und Depressionen,
aber auch Störungen des Sozialverhaltens. Es liegen klinische Studien vor, die
den kognitiv-verhaltenstherapeutischen Therapieansatz hinsichtlich ihrer Wirksamkeit belegen (Kearney 2008, Pina et al. 2009). Schulabsentismus ist oft mit
verminderten schulischen Leistungen, Familienproblemen und Beziehungsschwierigkeiten zu Gleichaltrigen bis hin zur sozialen Isolation verbunden (Last
et al. 1990, King et al. 2001). Ferner müssen Schüler mit länger anhaltendem
Schulabsentismus im weiteren Verlauf ihres Lebens mit beruflichen und damit
auch finanziellen Einschränkungen rechnen, weil sie in der Regel einen niedrigen oder gar keinen Schulabschluss absolvieren (Hibbett et al. 1990).
An einer Stichprobe von 147 Probanden, die an der Klinik und Poliklinik für
Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Klinikums
der Universität zu Köln stationär behandelt wurden, werden potentielle Prädiktoren für den Erfolg der stationären Therapie hinsichtlich der psychischen
Auffälligkeiten untersucht. Die Prädiktoren beinhalten sowohl Patientenmerkmale, als auch Merkmale der Familie sowie Störungsmerkmale und Therapiemerkmale. Die Bestimmung der Prädiktoren soll helfen die Therapieformen zu
optimieren und auf die individuellen Bedürfnisse der Betroffenen einzugehen.
Zu den untersuchten Variablen gehören soziodemographische Variablen wie
Geschlecht, Alter und die besuchte Schulform, außerdem das Vorliegen einer
Diagnose der Achse 1 nach DSM-V (Depression, Angst, Störung des Sozialverhaltens oder andere) und Variablen die psychische Auffälligkeiten der Jugendlichen zu Behandlungsbeginn darstellen, sowie Fehlstunden auf dem letzMaike Petermann
Einleitung
4
ten Zeugnis und zu Composite Scores zusammengefasste Störungen. Um den
Therapieumfang beurteilen zu können wurde die Dauer der Therapie als Prädiktor genutzt.
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
5
2. Theoretischer und empirischer Hintergrund
2.1. Definition von emotional bedingtem Schulabsentismus
Um emotional bedingten Schulabsentismus zu definieren, kann man nicht auf
bekannte Klassifikationssysteme für psychische Störungen, das DSM-IV (Saß
et al. 2003) oder Teile der ICD-10 (World Health Organisation 2000) zurückgreifen. Emotional bedingter Schulabsentismus ist keine umschriebene psychische
Störung oder diagnostische Entität (Jans et al. 2004).
Daher findet man in den genannten Klassifikationssystemen keine eigene diagnostische Kategorie für Schüler, die Probleme mit dem regelmäßigen Schulbesuch haben. Schulverweigerung tritt in den Klassifikationssystemen (ICD-10
und DSM-IV) lediglich als Symptom verschiedener Krankheitsbilder auf, z. B.
bei der „Emotionalen Störung mit Trennungsangst im Kindesalter“ (ICD-10:
F93.0), bei phobischen Störungen (ICD-10: F40.-), bei der „Störung des Sozialverhaltens“ (ICD-10: F91.-) oder einer Anpassungsstörung(ICD-10: F43.-) (Saß
et al. 2003; Dilling et al. 2006).
Es gibt keinen internationalen Konsens der Nomenklatur von Schulabsentismus. Im alltäglichen Gebrauch gibt es eine Vielzahl von Begriffen, die den Umstand beschreiben, dass ein Schüler die Schule nicht regelmäßig oder gar nicht
besucht. Es wird von Schulverweigerung, Schulflucht, Schulschwänzen, Schulmüdigkeit, Schulverdrossenheit und Schulphobie gesprochen, um nur einige
der gängigen Begriffe zu nennen (Reißig 2001, Ziegert 2006).
Um neutral beschreiben zu können, dass ein Schüler die Schule nicht besucht,
wird in der vorliegenden Arbeit der Begriff Schulabsentismus verwendet. Es
werden weder Annahmen über die Gründe gemacht noch wird die willentliche
Entscheidung des Jugendlichen impliziert (Walter et al. 2005). Durch den Zusatz „emotional bedingt“ wird der Begriff spezifiziert und es somit verdeutlicht,
dass bei dieser Form des Schulabsentismus emotionale Beeinträchtigungen
des Schülers oder ein mit der Schule in Zusammenhang gebrachter emotionaler Stress eine wichtige auslösende oder aufrechterhaltende Rolle spielt. Klinisch-psychiatrische Diagnosen, die im Zusammenhang mit emotional bedingtem Schulabsentismus auftreten können, sind sowohl Ängste, Depressionen,
Anpassungsstörungen als auch kombinierte introversive und expansive Störungen (Egger et al. 2003).
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
6
Der emotional bedingte Schulabsentismus steht in Abgrenzung zu dem Schulabsentismus, bei dem eine emotionale Beeinträchtigung oder emotionaler
Stress als ein Grund für die Schulabwesenheit des Schülers gänzlich ausgeschlossen werden kann, dem Schulabsentismus, der ausschließlich durch eine
körperliche Erkrankung bedingt ist oder dem Schulabsentismus der rein expansiv ist.
2.2. Epidemiologie
Die Vergleichbarkeit epidemiologischer Studien ist wegen des fehlenden Konsenses zu Definition und Nomenklatur des Schulabsentismus sehr schwierig.
Im Folgenden werden einige Hinweise auf die Verbreitung von Schulabsentismus betrachtet.
In einer Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung und der Hertie-Stiftung aus
dem Jahr 2002 zeigt sich, dass circa eine halbe Million Schüler in Deutschland
regelmäßig den Unterricht schwänzen. Das sind etwa fünf Prozent der insgesamt knapp zehn Millionen Schüler in Deutschland (Buhse et al. 2003). Da in
dieser Studie Schulabsentismus nicht weiter differenziert wurde, befinden sich
unter diesen fünf Prozent sowohl Schüler mit emotional bedingtem Schulabsentismus als auch mit dissozialer Schulverweigerung.
Schulabsentismus kann in jedem Alter in Erscheinung treten, trotzdem werden
Häufigkeitsgipfel in bestimmten Altersstufen beschrieben. Es tritt sowohl zwischen dem fünften und sechsten Lebensjahr sowie dem zehnten und elften Lebensjahr eine Zunahme des schulverweigernden Verhaltens (Ollendick et al.
1984) auf. In diesen Altersstufen müssen die Kinder die Einschulung bewältigen
und später den Übergang in die weiterführende Schule meistern. In der Mannheimer Längsschnittstudie von 1993 fanden Esser und Mitarbeiter heraus, dass
0,9 % der 8-jährigen Mädchen und 1,9 % der gleichaltrigen Jungen eine
„Schulangst“ oder eine „Schulphobie“ zeigten. Im Alter von 13 Jahren waren es
bei den Mädchen 5 % und bei den Jungen 6,5 %. Heyne und Mitarbeiter (2001)
berichten, dass 1% der Schüler im ersten und zweiten Schuljahr schulabsentes
Verhalten aufwiese.
King und Mitarbeiter (2001) zufolge gibt es keine geschlechterspezifischen Unterschiede und keinen Zusammenhang zwischen schulverweigerndem Verhal-
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
7
ten und der sozio-ökonomischen Schicht, aus der die Jugendlichen kommen.
Im Gegensatz dazu fanden Wagner und Mitarbeiter (2004) heraus, dass Schulschwänzen bei Jungen etwas häufiger auftritt als bei Mädchen. Ferner konnte
beobachtet werden, dass eine angespannte sozio-ökonomische Situation der
Eltern, eine distanzierte Eltern-Kind-Beziehung und das Aufwachsen in einer
unvollständigen Familie Risikofaktoren für das Schulschwänzen sind (Wagner
et al. 2004).
2.3. Klassifikation und Erklärungsansätze
Das Phänomen der Schulverweigerung ist schon lange bekannt. Broadwin erwähnte 1932 als erster eine Form der Schulverweigerung, die sich vom dissozialen Schulschwänzen unterscheidet. Er berichtete von einem Jungen, der nicht
zur Schule ging, aus Angst, seiner Mutter könne in seiner Abwesenheit etwas
zustoßen.
Um zu beschreiben, dass ein Schüler die Schule wegen Trennungsangst nicht
besucht, nutzten Johnson und Mitarbeiter (1941) den Begriff „school phobia“.
Damit wurde ein Begriff eingeführt, der es zulässt, die Formen der Schulverweigerung zu unterscheiden.
Im Laufe der Zeit zeigte sich, dass andere Ängste neben der Trennungsangst
mit Schulabsentismus assoziiert sind, wie etwa soziale Ängste, Leistungsängste. Für diese Form des Schulabsentismus setzte sich in der angloamerikanischen Literatur der Begriff „school refusal“ durch.
Der Begriff „school phobia“ wurde als Überbegriff für alle Formen des Schulabsentismus beibehalten, bei denen die Schüler mit Wissen der Eltern der Schule
fernblieben (Overmeyer et al. 1995, Ihle et al. 2003).
In Deutschland orientiert man sich an diesen Begriffen, auch hier wird der Begriff „Schulphobie“ verwendet, wenn es sich in erster Linie um trennungsangstbedingten Schulabsentismus handelt. Sobald andere Ängste mit der Schulsituation in Zusammenhang gebracht werden, z. B. soziale Ängste, spricht man von
„Schulangst“ (Overmeyer et al. 1995). Wenn die Schulabwesenheit auf dissozialen Motiven begründet ist, spricht man von „Schulschwänzen“.
Da die Übergänge zwischen den verschiedenen Formen des Schulabsentismus
fließend sein können, kann man keine dichotome Kategorisierung vornehmen.
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
8
Es gibt viele Fälle, in denen eine Kombination von emotional und dissozial bedingtem Schulabsentismus vorliegt (Egger et al. 2003).
Neben der ätiologischen Klassifizierung gibt es einen anderen Ansatz den
Schulabsentismus zu klassifizieren, Kearney und Mitarbeiter (1993) haben den
Schulabsentismus hinsichtlich seiner Funktion für den betroffenen Schüler betrachtet.
Nach Kearney und Mitarbeitern (1993) gibt es vier Funktionen, die der Schulabsentismus für den betroffenen Schüler erfüllen kann:
(1) Das Vermeiden negativer Effekte
(2) Das Vermeiden aversiver sozialer Situationen oder Prüfungssituationen
(3) Aufmerksamkeit suchendes Verhalten
(4) Das Aufsuchen von positiv verstärkenden Situationen außerhalb der Schule
Die unter (1) und (2) aufgeführten Funktionen werden durch das Prinzip der
negativen Verstärkung aufrechterhalten, die unter (3) und (4) aufgeführten
Funktionen durch das Prinzip der positiven Verstärkung (Kearney et al. 1990).
Außerdem stellten Kearney und Mitarbeiter (2004) fest, dass Schulabsentismus, der durch negative Verstärkung zustande kommt, tendenziell mit internalisierenden Störungsbildern wie Angst und Depressionen in Verbindung steht.
Das Aufmerksamkeit suchende Verhalten ist mit Trennungsangst assoziiert und
das Aufsuchen von positiv verstärkenden Situationen außerhalb der Schule
tendenziell mit Störungen des Sozialverhaltens (Kearney et al. 2004).
Studien zur funktionellen Analyse von Schulverweigerung zeigten, dass viele
Kinder und Jugendliche ein gemischt funktionales Profil des Schulabsentimus
aufweisen (Kearney et al. 2004).
Wegen der Heterogenität der Gründe beziehungsweise Funktionen des Schulabsentismus und der eventuell zugrundeliegenden klinisch-psychiatrischen Störungen der Betroffenen empfehlen Walter und Mitarbeiter (2007a) statt einer
diskreten Betrachtung von psychopathologischen Kategorien die Untersuchung
des Einflusses und des Zusammenwirkens unterschiedlicher psychopathologischen Faktoren und moderierender Bedingungen, die bei der Entwicklung von
Schulabwesenheit eine Rolle spielen.
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
9
Zu den wichtigsten psychopathologischen Faktoren im Bereich des Schulabsentismus zählen nach Walter und Mitarbeitern (2007a):
(1) depressiv-apathische Tendenzen
(2) Leistungsängste
(3) soziale Ängste
(4) Trennungsängste
(5) andere Ängste (z. B.: Panikstörung)
(6) dissoziale Tendenzen
Zu den moderierenden Faktoren, die auf den Schulabsentismus Einfluss nehmen können, gehören:
(1) schulische Überforderung
(2) Störungen im Arbeits- und Leistungsverhalten
(3) umschriebene Entwicklungsstörungen in schulischen Fertigkeiten oder eine
Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS)
(4) Bedingungen der Schule
(5) Bedingungen des familiären Umfeldes
Aufgrund der Vielfalt an Faktoren, die im Rahmen des Schulabsentismus mitwirken können, muss vor jeder Behandlung eine umfassende Diagnostik stehen. Dabei sollten kindbezogene, familiäre und schulbezogene Faktoren sowie
ihre Wechselwirkungen exploriert werden, um eine individuell ausgerichtete
Therapie zu planen (Walter et al. 2007a, Elliot 1999).
2.4. Schulabsentismus und psychische Störungen
Es finden sich unterschiedliche Angaben zu der Fragestellung, wie viele Schüler mit schulabsentem Verhalten eine klinisch-psychiatrische Diagnose haben.
Wobei Schulabsentismus das Symptom oder die Folge einer psychischen Erkrankung sein kann (Jans et al. 2004).
In einer nichtklinischen Stichprobe von Schulverweigerern (n = 100) stellten
Bools und Mitarbeiter (1990) fest, dass 50 % dieser Schüler Symptome eine
klinisch-psychiatrischen Diagnose aufweisen. In dieser Studie zeigte sich, dass
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
10
bei Schülern, die als Schulschwänzer eingestuft wurden, häufig eine Störung
des Sozialverhaltens diagnostiziert werden konnte. Bei Schülern, die aus Angst
die Schule nicht besuchten, wurden häufiger Diagnosen aus dem Bereich der
Angststörungen gestellt und bei Schülern mit einem Mischbild aus dissozial und
angstbedingtem Schulabsentismus traten am häufigsten die Kriterien einer
kombinierten introversiven und expansiven Störung auf.
Im Gegensatz dazu fanden Egger und Mitarbeiter (2003) in der Schülerpopulation der Great Smoky Mountain Studie (n = 1422) heraus, dass nur 25 % der
Schüler
mit
schulabsentem
Verhalten
die
Kriterien
einer
klinisch-
psychiatrischen Diagnose aufwiesen. Ähnlich der Studie von Bools und Mitarbeitern (1990) findet man auch hier bei den ängstlichen Schulverweigerern vor
allem Trennungsängstlichkeit und depressive Störungen, bei den dissozialen
Schulverweigerern Störungen des Sozialverhaltens und auch depressive Störungen. Von den Schülern mit einem Mischbild aus dissozial und ängstlich bedingtem Schulabsentismus erfüllten 88 % die Kriterien einer klinischpsychiatrischen Diagnose und zeigten sich somit am stärksten beeinträchtigt.
Die Diagnosen stammten sowohl aus dem expansiven Störungskreis, wie hyperkinetische Störung und Störung des Sozialverhaltens, als auch aus dem
emotionalen Formenkreis, wie Trennungsangst und Depression.
McShane und Mitarbeiter (2001) fanden in einer klinischen Population (n = 192)
von Jugendlichen mit schulabsentem Verhalten eine große Variationsbreite
psychischer Störungen. Am häufigsten traten Angststörungen bei 54 % und affektive Störungen bei 52 % der Schüler auf. Ein kleinerer Anteil von 24 % der
Schüler zeigte eine Störung mit oppositionellem Trotzverhalten. In 53 % der
Fälle lag bei der Mutter und in 34 % der Fälle beim Vater eine psychiatrische
Störung vor.
Kearney und Mitarbeiter (2004) untersuchten eine ambulante Gruppe von n =
143 Jugendlichen im Alter von fünf bis 17 Jahren und fanden heraus, dass neben den bereits bekannten Diagnosen wie Angststörungen und Depressionen
circa ein Drittel (32,9 %) keine Kriterien für eine psychiatrische Diagnose erfüllten.
Tsujimoto und Mitarbeiter (2007) zeigten, dass in einer ambulanten Stichprobe
von n = 52 Jugendlichen mit schulabsentem Verhalten bei 67,3 % von ihnen
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
11
eine somatoforme Störung diagnostiziert wurde und affektive Störungen bei
11,5 %.
Prabhuswamy und Mitarbeiter (2007) fanden in einer kleineren ambulanten
Stichprobe (n = 33) bei 87,9 % der Jugendlichen eine klinisch-psychiatrische
Diagnose. Am häufigsten traten depressive Störungen mit 63,6 % und soziale
Phobien mit 30,3 % auf.
Häufig findet man bei Jugendlichen eine Vielzahl von Symptomen aus unterschiedlichen Störungsbereichen, die sich mit Hilfe der ICD-10 oder DSM-IV nur
unzureichend abbilden lassen (Walter et al. 2005). Bei diesen Symptomen handelt es sich meist um Symptome aus dem Bereich des Selbstwerts und der
schulischen Leistungsfähigkeit, außerdem treten sie häufig bei der Regulation
von Affekten und Aktivitäten und bei Beziehungen zu Erwachsenen und Gleichaltrigen auf. Die Symptome, einzeln betrachtet, erfüllen meist nicht die Kriterien
einer psychischen Störung nach den Diagnosesystemen ICD-10 oder DSM-IV,
so dass der erhebliche Leidensdruck und die Funktionsbeeinträchtigung des
Jugendlichen nur schwer veranschaulicht werden kann (Walter et al. 2005).
Insgesamt lässt sich sagen, dass etwa 25 % (Egger et al. 2003) bis 50 % (Bools
et al. 1990) der Schulabsentisten eine klinisch-psychiatrische Diagnose aufweisen. Am häufigsten finden sich im Zusammenhang mit Schulabsentismus
Angststörungen, depressive Störungen, aber auch Störungen aus dem expansiven Formenkreis sowie kombinierte introversive und expansive Störungen.
Die Schüler mit einem Mischbild aus dissozial und angstbedingtem Schulabsentismus zeigen sich in hohem Maß beeinträchtigt (Egger et al. 2003).
Es gibt allerdings auch einen nicht unerheblichen Anteil an Jugendlichen, bei
denen keine psychiatrische Diagnose gestellt wurde. Kearney und Mitarbeiter
(2008) weisen auf die Möglichkeit hin, dass es sich bei Schulabsentismus um
ein Symptom von Trennungsangst und Störungen des Sozialverhaltens handeln
kann, und nicht um eine eigenständige Diagnose.
2.5. Therapie von emotional bedingtem Schulabsentismus
Um eine gezielte therapeutische Intervention einzuleiten, steht eine umfassende Diagnostik an erster Stelle. Hierbei sollten sowohl der betroffene Schüler als
auch sein Umfeld genau betrachtet werden. Zuerst erfolgt die ausführliche Intel-
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
12
ligenzdiagnostik, um eine schulische Überforderung des Schülers als Ursache
für die Problematik auszuschließen (Döpfner et al. 2006).
Außerdem sollen neben den psychopathologischen Faktoren auch die moderierenden Faktoren betrachtet werden. Weitere Therapieprinzipien für die Behandlung von Schülern mit Schulverweigerung wurden von Elliot (1999) formuliert:
(a) eine möglichst rasche Rückführung in die Schule, um die Vermeidungshaltung des Schülers zu beenden
(b) Vermeidung von Maßnahmen, die das Fernbleiben des Schülers von der
Schule bewirken (das heißt keine Krankschreibung, Hausbeschulung, MutterKind-Kur)
(c) eine engmaschige Zusammenarbeit der an der Behandlung des Schülers
beteiligten Personen und Institutionen (Kinderpsychiater bzw. -therapeut, Lehrer, Jugendhilfe etc.)
(d) ausführliche Aufklärung (Psychoedukation) der Eltern und Lehrer über den
therapeutischen Prozess
(e) Verwendung eines multimodalen Behandlungskonzepts, dass auf den Einzelfall zugeschnitten ist, sowie die Integration von kognitiver, verhaltenstherapeutischer und bei entsprechender Indikation pharmakologischer Intervention
unter Berücksichtigung der funktionellen Aspekte des schulabsenten Verhaltens
und
(f) Erarbeitung eines Konzepts zur Behandlung von Rückfällen.
Die Therapie von Jugendlichen mit Schulabsentismus konzentriert sich auf die
Reduktion von Symptomen, die mit schulabsentem Verhalten assoziiert sind, im
Besonderen Ängste und Depressionen (Kearney et al. 2008). In dieser Hinsicht
haben sich kognitiv-behaviorale Strategien bewährt, die den Jugendlichen helfen, körperliche Stress- und Angstsymptome zu bewältigen, mit irrationale Gedanken dem Schulbesuch gegenüber umzugehen und sich schrittweise wieder
in die Schule zu integrieren (Heyne et al. 2001). Kearney und Mitarbeiter (2000
a, b; auch 2001) erarbeiteten ein verhaltenstherapeutisches Manual, das auf
der von den Autoren beschriebenen jeweiligen Funktion des Schulabsentismus
basiert. Die Wirksamkeit konnte in Einzelfallstudien nachgewiesen werden
(Chorpita et al. 1996, Kearney et al. 2001, Moffitt et al. 2003).
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
13
Falls der Schüler negative Effekte vermeiden möchte, empfehlen Kearney und
Mitarbeiter (2001) eine kindgerechte Psychoedukation, die Erstellung einer
Angsthierarchie, ein Entspannungs- und Atemtraining, die graduelle Exposition
des Schulbesuchs und Selbstverstärkung.
Auch wenn der Schüler versucht, durch Unterlassung des Schulbesuchs aversiv empfundene oder bewertende Situationen zu umgehen, wird zusätzlich zu
den oben genannten patientenzentrierten Maßnahmen die kognitive Umstrukturierung empfohlen, da diese Jugendlichen, die versuchen, einer Prüfungssituation zu umgehen, meist älter und kognitiv weiter entwickelt sind. Auch kann versucht werden, mittels Rollenspielen und Übungen zur (Wieder-) Erlangung
sozialer Fertigkeiten den Schulbesuch schrittweise wieder möglich zu machen.
Vorausgesetzt, es steht Aufmerksamkeit suchendes Verhalten wichtiger Bezugspersonen im Vordergrund, so wird ein elternzentriertes Vorgehen, mit dem
Ziel, Strategien des Kontingenzmanagements einzubauen, angeraten. Es sollten eine klare Tagesstruktur geschaffen werden und ein Regelsystem mit klar
formulierten Konsequenzen für erwünschtes und unerwünschtes Verhalten. In
bestimmten Situationen ist auch der erzwungene Schulbesuch angebracht.
Wenn die Unterlassung des Schulbesuchs durch das Aufsuchen positiv verstärkender Situationen außerhalb der Schule motiviert ist, ist ein familienzentriertes
Vorgehen indiziert. Hierbei spielen Verhaltensverträge mit klar formulierten positiven wie negativen Konsequenzen eine wichtige Rolle; ein familienzentriertes
Kommunikationstraining kann sinnvoll sein. Es wird des Weiteren angeraten,
die Kinder zeitweise zur Schule zu begleiten.
Heyne und Mitarbeiter (2002) beschäftigten sich mit der Frage, inwiefern Eltern
und andere Bezugspersonen in die Therapie von schulabsenten Jugendlichen
einbezogen werden sollten. 61 ängstliche Schulverweigerer im Alter von sieben
bis 14 Jahren wurden randomisiert drei Behandlungsbedingungen zugeordnet
und einer vierwöchigen Therapie unterzogen. Die erste Patientengruppe erhielt
eine kognitiv-verhaltenstherapeutische Therapie mit hoher Einbindung der Eltern
und
Lehrer,
die
zweite
Gruppe
wurde
einer
kognitiv-
verhaltenstherapeutischen Einzeltherapie unterzogen. In der dritten Gruppe
erhielten die Patienten selbst keine Therapie, die Eltern und Lehrer hingegen
schon. Es zeigte sich in allen Behandlungsgruppen eine signifikante Besserung
in der Regelmäßigkeit des Schulbesuchs, auch hinsichtlich der selbst beschrieMaike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
14
benen ängstlichen und depressiven Symptome konnten die Patienten profitieren. Die Studie zeigt die Relevanz der Integration von Eltern und Lehrern in die
Behandlung von Schulverweigerern, denn bei den Patienten mit Einzeltherapie
ohne Einbeziehung der Eltern und Lehrer zeigten sich im Hinblick auf die Wiederherstellung des Schulbesuchs die geringsten Erfolge.
Last und Mitarbeiter (1998) untersuchten die Wirksamkeit der kognitivverhaltenstherapeutischen Therapie im Vergleich zu einer ambulanten „Placebo-Therapie“. Die „Placebo-Therapie“ stellte eine Kombination aus Psychoedukation und unterstützender Psychotherapie dar. Es wurden 56 Schüler im Alter
von sechs bis 17 Jahren mit ausschließlich ängstlicher Schulverweigerung in
die Studie aufgenommen, allerdings wurden Schüler mit depressiver Störung
ausgeschlossen. Im Anschluss an die Behandlung gelang es 65 % der Patienten der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Behandlungsgruppe und 48 % der
„Placebo“-Gruppe bei 95 % aller Unterrichtsstunden anwesend zu sein. Entgegen der Erwartungen von Last und Mitarbeiter (1998) zeigten sich keine signifikanten Unterschiede in der Wirksamkeit der beiden Therapieansätze. Auch die
von den Patienten selbst berichteten ängstlichen und depressiven Symptome
der Patienten beider Behandlungsgruppen waren unter beiden Therapien rückläufig. Im Hinblick auf den Schulbesuch konnten 71 % der Patienten einen Monat nach Abschluss der Therapie befragt werden, Informationen zu den psychischen Befindlichkeiten der Schüler zu dem Katamnesezeitpunkt liegen nicht
vor. 65 % der Patienten der kognitiv-verhaltenstherapeutischen Gruppe gaben
einen Monat nach Abschluss der Therapie einen regelmäßigen Schulbesuch
an, so auch 40 % der Patienten aus der „Placebo“-Gruppe. Wegen der fehlenden Informationen der restlichen Patienten ist das Ergebnis der Studie nur bedingt verlässlich.
Die unterstützende Behandlung von Schulabsentismus mit Pharmaka ist umstritten (Heyne et al. 2001, Lauchlan 2003).
Obwohl kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen als sinnvolle Behandlung des Schulabsentismus erscheinen, wären weitere Untersuchungen wünschenswert, um den empirischen Status zu untermauern (King et al. 2000).
King und Mitarbeiter (2000) erachten es als notwendig, dass weitere Untersuchungen der kognitiv-behavioralen Therapie durchgeführt werden, deren Augenmerk auf andere Variablen als den Schulbesuch gerichtet sind, wie beiMaike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
15
spielsweise Selbstbewusstsein der Kinder, Freundschaften, Strukturen und
Funktionsweisen der Familie.
In einer Untersuchung von Pina und Mitarbeitern (2009) wurden empirische
Beweise für die Effektivität von psychosozialen Interventionen bei Schulabsentismus überprüft. Es wurden acht Einzelfallstudien und sieben Gruppenstudien
untersucht, 296 Teilnehmer im Alter von sieben bis 17 Jahren die hauptsächlich
unter phobischen und ängstlichen Störungen litten. Insgesamt zeigten sich in
allen Studien behaviorale und kognitiv-behaviorale Behandlungen als wirksam
sowohl im Hinblick auf den Schulbesuch als auch auf die Symptome der Jugendlichen wie Ängste, Depressionen etc.. Insgesamt wurden 15 Artikel untersucht. Die acht Einzelfallstudien zeigten, dass behaviorale und kognitive Strategien die Symptome die mit Schulabsentismus assoziiert sind, reduzierten und
der Schulbesuch zunahm. Die Studien arbeiteten mit behavioralen Strategien
wie positive Verstärkung für schrittweise gesteigerte Exposition in der Schule.
Allerdings war der Katamnesezeitraum mit fünf bis zwölf Monaten relativ kurz,
sodass man weitere Daten benötigt um die Aussage zu untermauern. Auch in
den Gruppenstudien zeigte sich, dass die Jugendlichen von behavioralen und
kognitiven Strategien im Bereich Schulbesuch und psychische Auffälligkeiten
profitierten. Die Gruppenstudien arbeiteten mit in vivo Exposition mit gefürchteten Stimuli, Entspannungsübungen, etc.
Neben der Diskussion um die Inhalte der Therapie gibt es auch unterschiedliche Meinungen zum Thema stationäres versus ambulantes Therapiesetting. Im
Vergleich der Schulverweigerer aus ambulanter und stationärer Therapie zeigen sich die stationär behandelten Patienten meist stärker beeinträchtigt. Man
findet signifikant mehr depressive Störungen, komorbide Störungsbilder und
generell stärker ausgeprägte Symptome (McShane et al. 2001, Borchardt et al.
1994).
An der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und
Jugendalters der Universität zu Köln wurde 2004 auf der Jugendstation die stationäre Kurzzeittherapie für Kinder und Jugendliche mit emotionalem Schulabsentismus eingeführt. Das genaue Behandlungskonzept ist im gleichnamigen
Kapitel ausführlich erläutert.
Die Wirksamkeit dieser multimodalen stationären Kurzzeittherapie wurde 2005
von Walter und Mitarbeitern anhand einer kleinen Stichprobe von n = 15 ProMaike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
16
banden überprüft. Bei Aufnahme wurden bei den Jugendlichen klinischpsychiatrische Diagnosen aus den Bereichen Angststörungen, depressive Störungen, kombinierte introversive und expansive Störungen, Anpassungsstörungen sowie hyperkinetische Störungen gestellt. Zum Ende der Therapie besuchten alle Probanden regelmäßig die Schule, wobei bei 60 % der Patienten der
Schulbesuch im geschützten Rahmen der Klinikschule stattfand. Auch im Hinblick auf die psychischen Auffälligkeiten zeigte sich die Therapie erfolgreich, die
ängstlichen und depressiven Symptome gingen im Selbst- und Fremdurteil signifikant zurück. Allerdings muss man zur Auswertung der Ergebnisse die geringe Stichprobengröße beachten (Walter et al. 2005).
Eine erneute Überprüfung der Wirksamkeit erfolgte anhand einer größeren
Stichprobe 2006 durch Ingrid Ziegert. Von den n = 47 in die Untersuchung eingeschlossenen Kindern und Jugendlichen besuchten 80 % die Schule seit mindestens vier Monaten nicht mehr, die anderen Patienten zeigten einen unregelmäßigen Schulbesuch. Die mittlere stationäre Verweildauer betrug acht
Wochen zuzüglich eines durchschnittlich anderthalbwöchigen tagesklinischen
Aufenthalts. Zum Ende der Therapie besuchten 90 % der Probanden regelmäßig eine Schule oder eine Maßnahme zur Berufsvorbereitung. Bei 62 % fand
dieser Schulbesuch im geschützten Rahmen der Klinikschule statt; dieser Anteil
ging zum Katamnesemesszeitpunkt nach zwei Monaten auf 49 % zurück.
Insgesamt lag zum Katamnesezeitpunkt nach zwei Monaten der Anteil der Jugendlichen, die es geschafft haben, einen regelmäßigen Schulbesuch aufrechtzuerhalten, bei 80 %.
Auch bezüglich der psychischen Auffälligkeiten zeigten die Patienten eine deutliche Besserung. Sowohl im Selbst- als auch im Fremdurteil konnte ein statistisch signifikanter Rückgang ängstlicher und depressiver Symptome festgestellt
werden. Diese Ergebnisse bleiben vom Ende der Therapie bis zum Katamnesezeitpunkt nach zwei Monaten stabil (Ziegert 2006).
2.6. Effektivität der Prädiktion von Schulabsentismus
Studien haben verschiedene wichtige Prädiktoren von frühzeitigem Schulabbruch, wie psychiatrische Komorbiditäten und niedriger sozioökonomischer Status, bei Jugendlichen identifiziert (Kearney, 2008).
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
17
In einer Studie die 177 Jugendliche, die die weiterführende Schule abgebrochen haben, umfasst wurde herausgefunden, dass ein Schulabbruch ein dynamischer Prozess ist, der bereits vor der Einschulung beginnt (Jimerson et al.
2000). Als ein wichtiger Prädiktor für einen Schulabbruch im Alter von 19 Jahren zeigte sich die frühkindliche Umgebung, z.B. emotionale und verbale Verfügbarkeit der Eltern, adäquates Spielmaterial, sozioökonomischer Status, Intelligenz, Problemverhalten, akademische Laufbahn und Beteiligung der Eltern.
Diese Ergebnisse bezüglich Risikofaktoren für die Entwicklung von Schulabsentismus lassen vermuten, dass verschiedene soziodemografische und klinische
Gründe den Schulabsentismus begünstigen. Um spezifischere Risikofaktoren
für die Entwicklung von Schulabsentismus zu identifizieren sind umfangreichere Studien notwendig (Walter und Döpfner, 2009).
Curry und Mitarbeiter (2006) untersuchten eine Stichprobe von 439 depressiven
Jugendlichen, die randomisiert in vier Gruppen eingeteilt worden: Eine Gruppe
erhielt Fluoxetin, eine Gruppe durchlief die kognitiv-behaviorale Therapie (CBT),
eine Gruppe erhielt Fluoxetin und CBT und die vierte Gruppe wurde in die Studie für Behandlung Jugendlicher mit Depression (Treatment for Adolescents
with Depression Study (TADS)) aufgenommen, wo sie ein Placebomedikament
erhielt. Sie kamen zu dem Schluss, dass jünger weniger beeinträchtigte Jugendliche besser auf eine akute Intervention reagieren als ältere, stärker beeinträchtigtere Jugendliche oder Jugendliche mit mehr komorbiden Diagnosen.
Jugendliche aus Familien mit höherem Einkommen profitierten von alleiniger
CBT genauso wie von einer kombinierteren Therapie.
Andere Untersuchungen, die Prädiktoren im Rahmen von Schulabsentismus
betrachteten, z. B. Lehmkuhl und Mitarbeiter 2003, kamen zu dem Ergebnis,
dass das steigende Alter der Probanden mit einer ungünstigeren Prognose einhergeht. Auch die Zugehörigkeit zu einer höheren sozialen Schicht erwies sich
als prognostisch günstiger Faktor für die Wiederaufnahme des Schulbesuchs in
der Arbeit von Lehmkuhl und Mitarbeitern. Allerdings wurde in der genannten
Untersuchung der Schulbesuch als Zielkriterium definiert, und der Erfolg der
Therapie wurde zu unterschiedlichen Zeitpunkten gemessen. Wegen der unterschiedlichen Zielkriterien und den abweichenden Erhebungszeitpunkten ist die
Vergleichbarkeit eingeschränkt.
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
18
Layne und Mitarbeiter versuchten 2003, mögliche Prädiktoren der kognitivbehavioralen Therapie (CBT) bei Schulverweigerern mit ängstlichen und depressiven Störungen zu identifizieren. Acht Wochen lang erhielten die Probanden eine verhaltenstherapeutisch basierte Therapie, eine Hälfte bekam zusätzlich das Antidepressivum Imipramin, und die andere Gruppe erhielt ein
Placebomedikament. Nach Durchführung einer hierarchischen multiplen Regressionsanalyse stellten sich vier Faktoren als statistisch signifikante Prädiktoren dar: Schweregrad der Schulverweigerung zu Beginn der Behandlung,
eine kognitiv-behaviorale Therapie (CBT) plus Imipramin, das Vorliegen von
Trennungsangst und das Vorliegen einer ängstlichen Persönlichkeitsstörung.
Das Alter und der sozioökonomische Status spielten für den Therapieerfolg keine Rolle. Jungen zeigten nach der Behandlung einen häufigeren Schulbesuch.
Der Therapieerfolg wurde am Schulbesuch zum Ende der Therapie festgelegt.
In einer follow-up Analyse, ein Jahr später, wurde von Bernstein und Mitarbeitern (2001) mittels multipler Regressionsanalyse geprüft ob die Quantität an
Schulbesuch, familiärer Zusammenhalt oder somatische Beschwerden zu Beginn der Therapie Prädiktoren für Angst oder Depression zum Katamnesezeitpunkt waren. Nur die somatischen Beschwerden zu Beginn der Therapie konnten die verstärkten Depressionen zum Zeitpunkt ein Jahr nach Abschluss der
Therapie vorhersagen.
Es gibt keine Studie die systematisch die differentiellen Effekte der stationären
kognitiv-behavioralen Therapie (CBT) für stark beeinträchtigte Jugendliche, für
die häufig eine ambulante Therapie nicht ausreicht, untersucht. Die Jugendlichen, welche eine hohe Anzahl von Fehlstunden und einen komplexen Umfang
an emotionalen und expansiven Symptomen aufweisen bilden die größte Gruppe der Schulabsentisten und zeigen die größte Beeinträchtigung (Egger et al.
2003).
Es wäre wünschenswert Variablen zu Beginn der Therapie zu identifizieren, die
die Quantität des Schulbesuches oder psychische Auffälligkeiten nach Abschluss der Behandlung vorhersagen. Man könnte Jugendliche erkennen, die
von dieser Art Therapie profitieren, außerdem könnte man die Faktoren, die für
den Erfolg der Therapie verantwortlich sind besser verstehen. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, ob sich Faktoren ermitteln lassen, die vor dem Be-
Maike Petermann
Theoretischer und empirischer Hintergrund
19
ginn der Therapie erhoben wurden, und für die Prognose des psychischen Befindens der Patienten nach der Therapie geeignet sind.
Maike Petermann
Fragestellung der Untersuchung
20
3. Fragestellung der Untersuchung
Wie bereits in vorhergehenden Kapiteln dargestellt, gibt es Methoden und Therapieformen zur Behandlung von Schulabsentismus, für die es bislang Wirksamkeitsnachweise gibt. Über die Dringlichkeit einer Therapie, ob ambulant
oder stationär, je nach Indikation, scheint allgemeiner Konsens zu herrschen.
Es gibt Untersuchungen, die zeigen, dass mit länger andauerndem Schulabsentismus teilweise erhebliche negative Konsequenzen der psychosozialen Entwicklung der Kinder und Jugendlichen einhergehen. Um einer Chronifizierung
der Problematik vorzubeugen, sollte deshalb schnell interveniert werden.
Wie aber kann man wissen, welchen Kindern und Jugendlichen im Speziellen
man mit einer bestimmten Therapieform oder Methode helfen kann und welchen nicht?
Um dieser Fragestellung auf den Grund zu gehen, muss man differentielle Behandlungseffekte der stationären multimodalen Kurzzeittherapie genauer betrachten. Von Ziegert (2006) liegt bereits eine Untersuchung zur Wirksamkeit
der multimodalen Kurzzeittherapie für Kinder und Jugendliche mit emotional
bedingtem Schulabsentismus vor. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden im
Kapitel „Therapie von emotional bedingtem Schulabsentismus“ vorgestellt.
In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, ob sich Faktoren ermitteln lassen,
die vor dem Beginn der Therapie erhoben wurden, und für die Einschätzung der
Prognose des psychischen Befindens der Patienten nach der Therapie geeignet
sind. Es wurden zwei verschiedene Messzeitpunkte untersucht, zum einen wurden Daten zu Beginn der Therapie erhoben und zum anderen zwei Monate
nach Abschluss der Therapie. Es wurden verschiedene Prädiktoren untersucht,
wie z.B. soziodemografische Faktoren (Alter, Geschlecht, etc.) und Faktoren
wie Intelligenzniveau, besuchte Schulform, Qualität des Schulabsentismus, etc.
Die Kriterien die untersucht wurden bestehen aus Composite Scores die verschiedene psychische Befindlichkeiten zusammenfassen. Diese Untersuchung
basiert auf der erweiterten Stichprobe der Untersuchung von Ziegert, welche
mit ihrer Arbeit bereits die Wirksamkeit der stationären multimodalen Kurzzeittherapie an einer Stichprobe von 47 Probanden zeigen konnte.
Maike Petermann
Fragestellung der Untersuchung
21
Zunächst einmal wurde unter Berücksichtigung vorangegangener Arbeiten
überlegt, welche Faktoren sinnvollerweise in die statistischen Analysen mit aufgenommen werden.
Im Jahr 2000 untersuchten Berman und Mitarbeiter Prädiktoren des Behandlungserfolgs einer expositionsbasierten kognitiv-behavioralen Therapie bei Jugendlichen mit phobischen und ängstlichen Störungen. Es nahmen 106 Probanden im Alter von sechs bis 17 Jahren an der Studie teil. Als signifikante
Prädiktoren für einen geringen Behandlungserfolg stellten sich unter anderem
Depression als komorbide Störung, ängstliche Symptome im Eigenurteil und
verschiedene psychische Symptome (z. B. Depression, Paranoia) der Eltern
dar. Nicht als Prädiktoren geeignet erschienen unter anderem Alter, Geschlecht, Familieneinkommen und komorbide externalisierende Störungen. Der
Behandlungserfolg wurde entweder durch das Wegfallen der klinischpsychiatrischen Hauptdiagnose operationalisiert oder durch die drastische Reduktion des Schweregrads der Erkrankung.
Southam-Gerow und Mitarbeiter führten über zwölf Wochen CBT durch, deren
Teilnehmer sich im Alter von sieben bis 15 Jahren befanden. Der fehlende Erfolg der Therapie wurde durch vermehrte internalisierende Probleme, das Vorhandensein von mütterlicher Depression und höheres Alter der Jugendlichen
vorhergesagt. Die Faktoren externalisierende Störungen, komorbide Störungen
und demografische Variablen waren keine Prädiktoren des Behandlungserfolgs.
In dieser Untersuchung wird mit Composite Scores gerechnet. Bei Composite
Scores werden mehrere Messinstrumente, die das gleiche Konstrukt erfassen,
zu einem Score zusammengefasst. Im Hinblick auf die Rechnungen mit Composite Scores in dieser Untersuchung ist der Umstand zu beachten, dass es in
der klinisch-psychologischen Datenerhebung üblich ist, verschiedene Personen
aus dem Umfeld der Probanden zu befragen und deren Einschätzungen und
Aussagen in die ganzheitliche Betrachtung des Patienten einzubeziehen.
Achenbach und Mitarbeiter (1987) beschreiben, dass es mehr Übereinstimmungen in den Beurteilungen gibt, wenn die befragten Personen eine ähnliche
Rolle im Leben der Kinder spielen (wie ein Elternpaar oder zwei Lehrer), als in
den Aussagen von etwa einem Elternteil und einem Sozialarbeiter. Außerdem
beschreiben sie den Sachverhalt, dass sich bei Befragungen die Meinung der
Maike Petermann
Fragestellung der Untersuchung
22
Eltern oft von denen der Kinder unterscheiden. Es bleibt abzuwarten, ob dieses
Phänomen auch in der vorliegenden Untersuchung auftritt.
Nach Sichtung der vorliegenden Daten und unter dem Bestreben einer möglichst umfassenden Betrachtung der Probanden wurde schließlich eine Vielzahl
von Prädiktoren ausgewählt.
Im Kapitel „Prädiktorvariablen“ werden die Variablen, die in die Rechnungen
aufgenommen wurden, genau aufgelistet.
Als Kriterien für die Berechnungen wurden aus verschiedenen Fragebogen
Composite Scores berechnet. Die vorhandenen Daten ließen die Erstellung von
vier Composite Scores zu. Es gab zwei Composite Scores zu expansivem Verhalten, jeweils im Jugendlichen- und im Elternurteil, und zwei zu ängstlichen
und depressiven Symptomen, ebenfalls jeweils im Jugendlichen- und im Elternurteil. Die genaue Zusammensetzung der Composite Scores ist im Kapitel „Methodik“ unter „Daten und Messinstrumente“ im Abschnitt „Composite Scores“
wiedergegeben.
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, festzustellen, ob sich Prädiktoren identifizieren lassen, anhand derer sich das Befinden der Patienten nach der Therapie
vorhersagen lässt. Die Auswahl der Prädiktoren stützt sich auf vorangehend
erwähnte Studien.
Die Hypothese der vorliegenden Arbeit ist, dass ein ausgeprägter Schulabsentismus, ungünstige psychosoziale Umstände, wie z.B. getrennt lebende Eltern,
niedriger sozioökonomischer Status und schwerwiegende psychische Auffälligkeiten bei Aufnahme starke psychische Auffälligkeiten nach Abschluss der Therapie von Eltern und Jugendlichen vorhersagen.
Maike Petermann
Methodik
23
4. Methodik
4.1. Stichprobenkriterien
Die Stichprobe der vorliegenden Arbeit besteht aus n = 147 Jugendlichen, die
im Zeitraum von Januar 2004 bis Juni 2008 in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Klinikums der
Universität zu Köln wegen emotional bedingtem Schulabsentismus stationär
aufgenommen wurden. Folgende Einschlusskriterien mussten erfüllt sein, um in
die Studie aufgenommen zu werden:
Lebensalter zwischen zwölf und 19 Jahren
Bereitschaft zu einer stationären Therapie
Bereitschaft der Eltern zur Teilnahme an wöchentlichen Elterngesprächen
Verweigerung des Schulbesuchs seit mindestens zwei Wochen oder ein
unregelmäßiger Schulbesuch, operationalisiert über mindestens 50 Fehlstunden auf dem letzten Zeugnis und verbunden mit der Sorge der Eltern
über die Schulabsentismus-Problematik des Jugendlichen
Mindestens eine der folgenden Diagnosen trifft zu:
o spezifische oder soziale Phobie
o generalisierte Angststörung
o depressive Episode
o rezidivierende depressive Störung
o anhaltende affektive Störung
o emotionale Störung mit Trennungsangst.
o Kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen
Keine der folgenden Ausschlussdiagnosen trifft zu:
o Anorexia oder Bulimia nervosa
o Psychosen
o Persönlichkeitsstörungen
o schwerer Alkohol-/Drogenabusus
o ausgeprägte Delinquenz/Dissozialität.
Ausschluss einer geistigen Behinderung, operationalisiert über einen Gesamt-IQ-Standardwert > 70 in einem standardisierten, mehrdimensionalen
Intelligenztest (Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Kinder: HAWIK-III, Te-
Maike Petermann
Methodik
24
wes, Rossmann & Schallberger, 1999; Hamburg- Wechsler-Intelligenztest für
Erwachsene: HAWIE-R, Tewes, 1991)
4.2. Stichprobenselektionsprozess
Die dieser Arbeit zugrundeliegenden Daten der 147 Probanden wurden in einem Zeitraum von 4,5 Jahren erhoben und schrittweise in eine Datenbank des
Statistikprogramms SPSS übertragen.
Die Patienten, die sich in der Ambulanz für Jugendliche der Klinik und Poliklinik
für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Klinikum
der Universität zu Köln vorstellten und die oben genannten Stichprobenkriterien
erfüllten, wurden in die Studie aufgenommen.
Im Zeitraum von Januar 2004 und April 2008 stellten sich n = 224 Jugendliche
mit unregelmäßigem Schulbesuch in der Ambulanz für Jugendliche der Klinik
und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters
am Klinikum der Universität zu Köln oder in einer Praxis eines niedergelassenen Kinder- und Jugendpsychiaters und Psychotherapeuten in Köln in einem
Umkreis von bis zu 50 km vor. Diese Jugendlichen wurden mit ihren Eltern zu
einem Gespräch eingeladen, in welchem ihnen die Details der Studie mitgeteilt
wurden und geprüft wurde, ob bei dem jeweiligen Jugendlichen die Einschlusskriterien zutrafen. Der Schulabsentismus wurde in einem Telefonat mit dem
Lehrer der zuständigen Schule des Jugendlichen verifiziert. Von diesen n = 224
Jugendlichen erfüllten n = 163 Jugendliche die oben beschriebenen Stichprobenkriterien, so dass ihnen eine stationäre Aufnahme auf der Station für emotional bedingten Schulabsentismus angeboten wurde. N = 16 Jugendliche brachen die Therapie bereits am ersten Tag ab, diese Jugendlichen zeigten eine
schwere Trennungsängstlichkeit deren Behandlung im offenen Setting nicht
möglich war. Diese Jugendlichen wurden in anderen Häusern im geschlossenen Setting behandelt. Die zwei häufigsten Gründe für die n = 61 Jugendlichen,
die aus der Studie ausgeschlossen wurden, waren die fehlende Bereitschaft an
der Studie teilzunehmen und Verhaltensstörungen ohne zusätzliche ängstliche
oder depressive Störungen.
Insgesamt absolvierten n = 147 Jugendliche die stationäre Therapie und wurden in die vorliegende Untersuchung aufgenommen.
Maike Petermann
Methodik
25
4.3. Behandlungskonzept
Die stationäre Kurzzeittherapie auf der Station für Jugendliche des Klinikums für
Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters der Universität
zu Köln mit emotional bedingtem Schulabsentismus sieht ein multimodales,
kognitiv-verhaltenstherapeutisches Konzept vor.
Das Vorgehen basiert auf einem Stufenplan. Eine stationäre Aufnahme des Jugendlichen wird bei Erfüllung folgender Voraussetzungen empfohlen:
-
eine Schulabwesenheit von mindestens sechs Monaten
-
ein gescheiterter Versuch innerhalb eines umschriebenen ambulanten
Settings einen regelmäßigen Schulversuch wiederherzustellen
-
keine eigene Änderungsmotivation des Schülers
-
starke psychische Belastung der Eltern durch die Schulabwesenheitsproblematik, die sich dadurch nicht mehr in der Lage sehen, ihrem Kind
die nötige Unterstützung im ambulanten Rahmen zu bieten.
Die intensive Behandlungsphase der in die vorliegende Studie eingeschlossenen Jugendlichen während des stationären Aufenthaltes beinhaltet etwa drei
Einzeltermine und ein Elterngespräch pro Woche sowie begleitende Interventionen durch Stationsmitarbeiter (z. B. Expositionen).
Die Erarbeitung eines Störungsmodells mit einer gemeinsamen Zieldefinition
unter Berücksichtigung aller ursächlichen und begleitenden Faktoren ist die
Grundlage für eine Zusammenarbeit zwischen den Jugendlichen, den Eltern
und den Stationsmitarbeitern. Zusätzlich werden mit den Beteiligten die Hauptziele der Behandlung herausgearbeitet und aufeinander abgestimmt (Walter et
al., 2007a).
Eine ausführliche Diagnostik trägt zur Erfassung der einzelnen Faktoren bei, die
zur Entwicklung und Aufrechterhaltung des emotional bedingten Schulabsentismus führen. Die Exploration des Kindes, der Eltern und der Lehrer nimmt
hierbei einen besonderen Platz ein. Außerdem werden die Leistungsmöglichkeiten der Jugendlichen erfasst, um eine adäquate schulische Platzierung sicherzustellen.
Da ungünstige Erziehungsbedingungen (beispielsweise ein psychisch kranker
Elternteil) oder eine erzieherische Überforderung der Eltern häufig dazu beitraMaike Petermann
Methodik
26
gen, dass Kinder und Jugendliche nicht mehr in die Schule gehen, bzw. ein
schulbezogenes Vermeidungsverhalten zu verstärken ist es sinnvoll, gemeinsam mit den Eltern angemessene Erziehungsstrategien zu erarbeiten, einzuüben und anschließend im Alltag umzusetzen (z. B. Verstärkung beim Einhalten
von Regeln oder bei der Bewältigung angstbesetzter Situationen [Döpfner et al.,
2002]). Dabei konnten ambulante Jugendhilfemaßnahmen, die vor allem die
Eltern, aber auch den Jugendlichen im Alltag unterstützten, hilfreich sein. Wiesen die Eltern selbst eine starke psychische Belastung auf, war es sinnvoll, diese zu ermuntern, eigene therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Bei sehr
ungünstigen psychosozialen Bedingungen musste auch eine Unterbringung des
Patienten in einer stationären Jugendhilfeeinrichtung in Erwägung gezogen
werden (Döpfner & Walter 2009).
Bei einer Antriebsminderung, die häufig durch eine depressive Störung bedingt
sein kann, war es zunächst notwendig, durch eine Aktivierung des Patienten
den Antrieb zu steigern und regelmäßige angenehme Aktivitäten aufzubauen
(beispielsweise Verabredungen mit Gleichaltrigen fördern, Lieblingstätigkeiten
wieder aufnehmen). Gerade bei lang anhaltendem Schulabsentismus war der
Tagesrhythmus der Patienten häufig verschoben. Viele der betroffenen Jugendlichen hatten sich angewöhnt, erst spät in der Nacht ins Bett zu gehen und dafür bis in den frühen Nachmittag zu schlafen. Dies ging häufig mit einer Antriebsminderung und dysphorisch-depressiven Stimmung einher. Gemeinsam
wurden Maßnahmen erarbeitet, die eine möglichst rasche Normalisierung des
Schlaf-/Wach-Rhythmus zum Ziel hatten (regelmäßiges Zubettgehen und Aufstehen, Aufbau einer Tagesstruktur). Diese Methoden sind Bestandteil des Therapieprogramms zur Behandlung von Jugendlichen mit Selbstwert-, Leistungsund Beziehungsstörungen SELBST (Walter et al. 2007a) oder des Therapieprogramms für depressive Kinder und Jugendliche (Harrington 2001).
In der Schulzeit und in den Schulferien findet montags bis freitags täglich ein
„Lerncamp“ statt, das durch Stationsmitarbeiter betreut wird. Hier machen die
Jugendlichen ihre Hausaufgaben, holen versäumte Schulinhalte nach und erproben neue Lern- und Arbeitstechniken.
Grundsätzlich werden die Jugendlichen so schnell wie möglich in die jeweilige
Heimatschule zurückgeführt, ist der Jugendliche allerdings psychisch zu stark
beeinträchtigt oder liegt die Heimatschule in zu großer Entfernung, besteht die
Maike Petermann
Methodik
27
Möglichkeit des Besuchs der Klinikschule oder die Beschulung auf Station
durch eine Lehrerin.
Wenn bei Jugendlichen dysfunktionale Grundannahmen oder eine verzerrte
soziale Wahrnehmung vorlagen, war es wichtig diese verzerrten Kognitionen
und soziale Wahrnehmungsprozesse zu korrigieren. Waren ausgeprägte situative oder objektbezogene Ängste vorhanden, so waren Expositionsverfahren
indiziert. Es wurde mit den Jugendlichen ein hierarchisches Angstthermometer
erarbeitet, anhand dessen eine gestufte Exposition gestaltet werden konnte. Art
und Ausmaß der Graduierung wurden eng mit den Patienten abgestimmt.
Grundsätzlich war es wichtig, darauf zu achten, dass der Patient während der
Exposition nicht frühzeitig aus der Situation floh, um ihm die Erfahrung zu ermöglichen, dass seine Ängste überhöht bzw. unangemessen waren und dass
seine Ängste nach einiger Zeit zurückgehen würden (Habituation). Mit den Kindern und Jugendlichen, denen es zum Beispiel wegen einer Trennungsangst
nicht gelang, die Schule zu besuchen, wurde schrittweise erarbeitet, wie sie
zunächst in Begleitung von Erwachsenen und später mit zunehmendem räumlichen Abstand von den Erwachsenen den Schulbesuch bewältigen können. Andere Therapiebausteine, je nach individueller Psychopathologie, können sein:
Token-Systeme, soziales Kompetenztraining und Psychoedukation.
Bei Mangel an sozialen Fertigkeiten (z.B. Konfliktlösung in der Schule) sollte ein
Training der Jugendlichen erfolgen um soziale Fertigkeiten zu erlernen und zu
festigen. Ebenso sollten Jugendliche, die sozial isoliert waren oder Aktivitäten
mit geringem sozialem Bezug nachgingen, dabei unterstützt werden sich im
Gleichaltrigenbereich zu integrieren und soziale Aktivitäten aufzunehmen.
Die stationäre Therapie sieht eine stationäre Verweildauer von sechs Wochen
vor. Falls Interesse beziehungsweise Notwendigkeit bestand, konnte im Anschluss ein ein- bis zweiwöchiger tagesklinischer Aufenthalt mit nachfolgender
ambulanter Weiterbehandlung in Anspruch genommen werden. Die ambulante
Nachbehandlung wurde jedem empfohlen und bei Bedarf vermittelt. Bei einer
erneuten akuten Problembelastung der Jugendlichen besteht die Möglichkeit
einer Wiederaufnahme.
Maike Petermann
Methodik
28
4.4. Beschreibung der Stichprobe
Im Folgenden werden die 147 Patientinnen und Patienten der Gesamtstichprobe auf zentralen Maßen beschrieben.
4.4.1. Alter und Geschlecht
Die Arbeit betrachtet n = 147 Jugendliche, wovon 84 männlich (57,1 %) und 63
(42,9 %) weiblich sind. Das mittlere Lebensalter lag zu Behandlungsbeginn bei
M = 15,05 Jahren (SD = 1,5), eine Übersicht gibt Abbildung eins. Der jüngste
Patient war zu Behandlungsbeginn 12,01 Jahre alt, der älteste 19,04 Jahre alt.
Die absoluten prozentualen Werte der Altersverteilung innerhalb der Stichprobe
zeigt folgende Abbildung 1 auf.
Abbildung 1: Alter der Patienten in Jahren
Quelle: Eigene Erstellung
Maike Petermann
Methodik
29
4.4.2. Intelligenz
Dem Alter entsprechend wurden die Jugendlichen entweder dem HAWIK-IIITest (Tewes et al. 1999) oder dem HAWIE-R-Test (Tewes 1991) bezüglich ihrer
Intelligenz untersucht. Aus der Abbildung zwei ist ersichtlich, dass der Mittelwert
aus der Intelligenzdiagnostik der 119 Patienten bei 101,18 (SD = 13,75) lag. Die
ermittelten Werte liegen zwischen 71 und 135.
Abbildung 2: IQ-Standardwerte
Quelle: Eigene Erstellung
4.4.3. Trennung der Eltern
Von den n = 147 Patienten der Stichprobe haben n = 72 (49 %) eine Trennung
bzw. Scheidung der Eltern erlebt. 75 Patienten (51 %) wurden nicht mit einer
Trennung/Scheidung der Eltern konfrontiert.
Maike Petermann
Methodik
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4.4.4. Diagnosen (ICD-10)
Unten gezeigte Abbildung drei zeigt, dass als erste klinisch-psychiatrische Diagnose nach ICD-10 bei 56 Jugendlichen (38,1 %) aus der Stichprobe n = 147
eine Diagnose aus dem Bereich der Angststörungen gestellt wurde, davon bei
23 Jugendlichen (41,1 %) die Diagnose soziale Phobie (F40.1), bei 16 Patienten (28,6 %) eine „Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters“ (F93.2).
Sieben Jugendliche (12,5%) erfüllten die Kriterien für die Diagnose „emotionale
Störung mit Trennungsangst des Kindesalters“ (F93.0), jeweils drei Patienten
(5,4 %) erhielten die Diagnose „spezifische Phobie“ (F40.2) und „elektiver Mutismus“ (F94.0). Zwei Jugendliche (3,6%) erhielten die Diagnose „generalisierten Angststörung“ (F41.1). Abschließend ergab die Diagnosestellung bei jeweils
einem Patienten (1,8 %) „Angst und depressive Störung gemischt“ (F41.2) und
„phobische Störung des Kindesalters“ (F93.1).
Abbildung 3: Erste Diagnose (Angststörung) nach ICD-10
Quelle: Eigene Erstellung
Aus nachfolgender Abbildung vier ergibt sich, dass aus dem Bereich der depressiven Störungen insgesamt 27 Jugendliche (18,4%) aus der Stichprobe n =
147 eine klinisch-psychiatrische Hauptdiagnose erhielten. Im Einzelnen waren
es bei 19 Jugendlichen (70 %) eine „mittelgradige depressive Episode“ (F32.1),
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Methodik
31
bei fünf Patienten (19 %) eine „längere depressive Reaktion“ (F43.21), bei zwei
Patienten (7 %) eine „leichte depressive Episode“ (F32.0) und bei einem Patienten (4 %) eine „bipolare affektive Störung“ (F31.9).
Abbildung 4: Erste Diagnose (depressive Störung) nach ICD-10
Quelle: Eigene Erstellung
Die Kriterien für eine Diagnose aus dem Bereich der kombinierten introversiven
und expansiven Störungen wurden von insgesamt 39 (26,5 %) Jugendlichen
aus der Stichprobe n = 147 erfüllt. Abbildung fünf veranschaulicht die Verteilung
der Diagnosen. 25 Patienten (64 %) erhielten die Diagnose „Sonstige kombinierte Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen“ (F92.8), 13 Jugendliche (33 %) die Diagnose „Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung“ (F92.0) und ein Jugendlicher (3 %) die Diagnose „gemischte Störung von
Gefühl und Sozialverhalten“ (F43.25).
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32
Abbildung 5: Erste Diagnose (kombinierte introversive und expansive
Störung) nach ICD-10
Quelle: Eigene Erstellung
Diagnosen aus dem Bereich der expansiven Störungen erhielten vier Patienten
(2,8 %), wobei bei jeweils zwei eine „einfache Aktivitäts- und
Aufmerksamkeitsstörung“ (F90.0) und eine „hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“ (F90.1) diagnostiziert wurden.
Abbildung sechs zeigt die Verteilung der restlichen Diagnosen für 21 Jugendliche (14,2 %). Zehn Jugendliche (47%) erfüllten die Kriterien für „Zwangsgedanken und -handlungen gemischt“ (F42.2), fünf Jugendliche (24%) für „sonstige
emotionale Störungen des Kindesalters“ (F93.8) und zwei Jugendliche (9%) für
„vorwiegend Zwangshandlungen“ (F42.1). Jeweils ein Patient (5%) erhielt die
Diagnose „Somatisierungsstörung“ (F45.0), „undifferenzierte Somatisierungsstörung“ (F45.1), „Asperger-Syndrom“ (F84.5) und „emotionale Störung mit Geschwisterrivalität“ (F93.3).
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Methodik
33
Abbildung 6: Erste Diagnose (andere) nach IDC-10
Quelle: Eigene Erstellung
Abbildung sieben veranschaulicht die zweite Diagnose nach ICD-10 auf der
ersten Achse. Von den 147 Patienten erhielten 88 Patienten (59,9 %) aus der
Stichprobe n = 147 eine zweite Diagnose auf der ersten Achse nach ICD-10.
Der größte Anteil fiel mit 36 Jugendlichen (41%) in den Bereich des depressiven Störungen. 27 Patienten erfüllten die Kriterien für eine „mittelgradige depressive Episode“ (F32.1), acht Jugendliche erhalten die Diagnose „leichte depressive Episode“ (F32.0), und ein Jugendlicher wurde mit einer „längeren
depressiven Reaktion“ (F43.21) diagnostiziert.
Die Kriterien für eine Zweitdiagnose im Bereich der Angststörungen wurden von
27 Jugendlichen (31%) erfüllt. 15 Patienten erhielten eine Diagnose aus dem
Bereich der phobischen Störungen, vier jeweils „Agoraphobie“ (F40.0) und
„spezifische Phobie“ (F40.2) und sieben „soziale Phobie“ (F40.1). Bei jeweils
fünf Jugendlichen wurde die Diagnose „Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters“ (F93.0) und „Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters “ (F93.2) gestellt und bei jeweils einem Patienten wurde „Panikstörung“ (F41.0) und „Phobische Störung des Kindesalters“ (F93.1) diagnostiziert.
In die Kategorie kombinierte introversive und expansive Störungen der Zweitdiagnosen wurden bei acht Jugendlichen (9%) entsprechende Diagnosen gestellt.
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Methodik
34
Sieben Patienten erhielten die Diagnose „Sonstige kombinierte Störung des
Sozialverhaltens und der Emotionen“ (F92.8), ein Patient „Störung des Sozialverhaltens mit depressiver Störung“.
Insgesamt zehn Jugendliche (11 %) erhielten als Zweitdiagnose Störungen aus
dem Bereich des Sozialverhaltens, davon erhielten drei Patienten die Diagnose
„Auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens“
(F91.0), und jeweils ein Patient erfüllte die Kriterien für die Diagnose „Störung
des Sozialverhaltens bei fehlenden sozialen Bindungen“ (F91.1), „Störung des
Sozialverhaltens bei vorhandenen sozialen Bindungen“ (F91.2) und „Störung
des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten“ (F91.3). Bei
einem Patienten wurde die Diagnose „hyperkinetische Störung des Sozialverhaltens“ (F90.1) gestellt, bei drei weiteren Jugendlichen die Diagnose „einfache
Aktivitäts- und Aufmerksamkeitsstörung“ (F90.0).
Aus anderen Bereichen der klinisch-psychiatrischen Störungen erfüllten sieben
Jugendliche (8 %) die Kriterien für eine Diagnose. Bei je zwei Jugendlichen ließen sich eine „Somatisierungsstörung“ (F45.0) und „nichtorganische Enkopresis“ (F98.1) diagnostizieren. Je ein Patient erhielt die Diagnose „Manie ohne
psychotische Symptome“ (F30.1), und „Sonstige emotionale Störungen des
Kindesalters“ (F93.8) und „Asperger-Syndrom“ (F84.5).
Abbildung 7: Zweite Diagnose nach ICD-10
Quelle: Eigene Erstellung
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Methodik
35
Eine dritte klinisch-psychiatrische Diagnose erhielten 13 Jugendliche (8,8 %)
aus der Stichprobe n = 147, wie Abbildung acht zeigt.
Fünf Diagnosen (38%) kamen aus dem Bereich der Angststörungen, wobei
zwei Jugendliche die Diagnose „soziale Phobie“ (F40.1) und je ein Patient die
Diagnose „spezifische Phobie“ (F40.2), „Emotionale Störung mit Trennungsangst des Kindesalters“ (F93.0) und „Störung mit sozialer Ängstlichkeit des Kindesalters“ (F93.2) erhielten.
Vier Diagnosen (31%) ließen sich den depressiven Störungen zuordnen, drei
Jugendliche erfüllten die Kriterien einer „mittelgradigen depressiven Episode“
(F32.1), und ein Patient erhielt die Diagnose „leichte depressive Episode“
(F32.0).
Zwei Diagnosen (15%) fallen unter die Kategorie expansive Störungen, ein Jugendlicher erhielt die Diagnose „auf den familiären Rahmen beschränkte Störung des Sozialverhaltens“ (F91.0) und ein Jugendlicher die Diagnose „Störung
des Sozialverhaltens mit oppositionellem, aufsässigem Verhalten“ (F91.3).
Ein Jugendlicher (8 %) erfüllte die Kriterien der Diagnose „Sonstige kombinierte
Störung des Sozialverhaltens und der Emotionen“ (F92.8), und bei einem Jugendlichen (8 %) wurde „Dysthymia“ (F34.1) diagnostiziert.
Abbildung 8: Dritte Diagnose nach ICD-10
Quelle: Eigene Erstellung
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Methodik
36
4.4.5. Behandlungsdauer
Die stationäre Behandlungsdauer lag bei der betrachteten Stichprobe zwischen
vier und 223 Tagen, im Mittel bei 61,71 Tagen (Median = 57,00).
4.4.6. Besuchte Schulform
Abbildung neun stellt die besuchte Schulform vor Aufnahme dar. Zu Behandlungsbeginn besuchte der größte Anteil der Stichprobe mit n = 43
(29,3 %) Jugendlichen die Realschule. An zweiter Stelle folgte mit n = 38 (25,9
%) die Hauptschule, und das Gymnasium wurde von n = 32 (21,8 %) Patienten
besucht.
n = 17 (11,6 %) waren Schüler einer Gesamtschule und n = 7 (4,8 %) einer Berufsschule. n = 10 (6,8 %) besuchten eine andere Bildungsstätte (z. B. eine
Waldorfschule, eine Erziehungsschule oder eine Sonderschule).
Abbildung 9: Besuchte Schulform vor Aufnahme
Quelle: Eigene Erstellung
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Methodik
37
4.4.7. Klassenwiederholungen und außerplanmäßiger Schulwechsel
Von den 147 betrachteten Jugendlichen hatten n = 63 (42,9 %) Jugendliche
zum Zeitpunkt der Aufnahme einmal eine Klasse wiederholt, n = 11 (7,5 %)
mussten zweimal eine Klasse wiederholen. Von einem Schüler lag keine Information zu einer möglichen Klassenwiederholung vor und die restlichen Jugendlichen n = 72 (49 %) hatten bisher keine Klasse wiederholen müssen.
Den außerplanmäßigen Schulwechsel betreffend, stellte sich die Datenlage wie
folgt dar:
Mit 86 Jugendlichen (40,8 %) musste der größte Anteil der Stichprobe die Schule außerplanmäßig wechseln. Von diesen 86 Patienten hatten 60 Jugendliche
(40,8 %) einen außerplanmäßigen Schulwechsel vollziehen müssen, 20 Jugendliche (13,6 %) hatten zweimal die Schule außerplanmäßig gewechselt.
Insgesamt dreimal hatten drei Jugendliche (2,00 %) die Schule wechseln müssen und der Anteil der Schüler, die viermal die Schule wechseln mussten, liegt
bei zwei Jugendlichen (1,4 %). Zu einem Patienten liegt zu diesem Merkmal
keine Information vor. 60 Jugendliche hatten keinen außerplanmäßigen Schulwechsel hinter sich.
4.4.8. Schulabsentismus
Ein Kriterium zur stationären Aufnahme und Teilnahme an dieser Untersuchung
war entweder ein unregelmäßiger oder eingestellter Schulbesuch, es bestand
bei keinem der aufgenommenen Jugendlichen zum Zeitpunkt der Aufnahme ein
regelmäßiger Schulbesuch.
Insgesamt 111 Probanden (75,5 %) hatten den Schulbesuch seit mindestens
zwei Wochen vor Behandlungsbeginn komplett eingestellt. Die Dauer des
Schulabsentismus lag zwischen zwei und 108 Wochen, im Durchschnitt besuchten diese Probanden seit 19 Wochen nicht mehr die Schule (n = 102 Probanden, M = 19,17, SD = 19,33).
Bei 36 Patienten (24,5 %) lag zum Zeitpunkt der Aufnahme zumindest ein unregelmäßiger Schulbesuch vor. Dieser beruhte nicht auf somatischen Gründen;
außerdem erlebten die Eltern die Problematik des Jugendlichen als besorgniserregend.
Maike Petermann
Methodik
38
Bei 120 Patienten (81,6 %) der Gesamtstichprobe liegt Information zu den
Fehlstunden des letzten Zeugnisses vor. Die Menge an Fehlstunden variiert
dabei von null bis 660, im Mittel lagen 146,87 Fehlstunden, mit einer Standardabweichung von 120,76 vor.
4.5. Vorhandene Daten und Messinstrumente
Die dieser Untersuchung zugrundeliegenden Daten stammten von Patienten,
die zwischen Januar 2004 und Juni 2008 in der Klinik und Poliklinik für Kinderund Jugendpsychiatrie der Universität zu Köln wegen emotional bedingtem
Schulabsentismus stationär behandelt wurden.
Es wurden Daten von 147 Patienten in die Datenmatrix eingetragen.
Zu Beginn der Behandlung wurden mittels Anamnese und der Basisdokumentation soziodemografische Angaben und Informationen zur Vorgeschichte oder zu
eventuellen Vorerkrankungen erhoben. Durch die Anwendung diverser Fragebogen wurden vor allem Informationen zu vorhandenen psychischen Störungen
und deren Ausprägung ermittelt; die genaue Beschreibung der jeweiligen Fragebogen folgt in diesem Kapitel. Im Verlauf der stationären Therapie wurden
nach einer festen Vorgabe bestimmte Daten der Patienten erhoben. Es waren
insgesamt vier Messzeitpunkte vorgesehen: eine Prämessung zu Behandlungsbeginn, eine Postmessung zum Zeitpunkt der stationären Entlassung, ferner zwei Katamneseerhebungen, zum einen zwei Monate, zum anderen neun
Monate nach Abschluss der Therapie. In der vorliegenden Untersuchung waren
zwei Messzeitpunkte von Bedeutung: die Prämessung zu Behandlungsbeginn
(M1) und die Katamneseerhebung zwei Monate nach Abschluss der Therapie
(K1).
Die Messinstrumente werden im Folgenden vorgestellt.
4.5.1. Hamburg-Wechsler-Intelligenztest
Der HAWIK-III (Tewes et al. 1999) und der HAWIE-R (Tewes 1991) sind standardisierte mehrdimensionale Intelligenztests, die zu den Standardverfahren in
der psychologischen Intelligenzdiagnostik zählen. Der HAWIK-III wird bei Kindern und Jugendlichen im Alter von 6,0 bis 16,11 Jahren eingesetzt, der HAWIE-R wird ab dem 17. Lebensjahr verwendet. Die Tests setzen sich aus einem
Maike Petermann
Methodik
39
Verbal- und Handlungsteil zusammen, aus denen der Gesamttestwert errechnet
wird, welcher für die allgemeine intellektuelle Leistungsfähigkeit steht.
In der vorliegenden Studie wurden die beiden Verfahren der Intelligenzdiagnostik genutzt, um das Ausschlusskriterium der Lernbehinderung zu überprüfen
und um einschätzen zu können, ob eventuell eine intellektuelle schulische
Überforderung vorliegt.
4.5.2. Depressionsinventar für Kinder und Jugendliche
Das Depressionsinventar für Kinder- und Jugendliche (DIKJ) (StiensmeierPelster et al. 2000) ist ein Selbsteinschätzungsfragebogen zur Erfassung der
Schwere einer depressiven Störung bei Kindern und Jugendlichen im Alter von
acht bis 17,11 Jahren. Außerdem ist das DIKJ sensibel für Veränderungen im
Schweregrad depressiver Störungen. Bei dem aus 26 Items bestehenden Fragebogen können die Probanden zwischen drei vorgegebenen Antwortmöglichkeiten wählen, um die unterschiedliche Ausprägung der Symptome zu beschreiben. Die innere Konsistenz liegt in Schülerstichproben zwischen α =.82
und α =.85 mit der Tendenz zu höheren Kennwerten mit höherem Alter. Bei klinisch auffälligen Kindern und Jugendlichen beträgt sie α =.91. Der Test wurde
mit den Jugendlichen zu Beginn der Therapie und zum Katamnesezeitpunkt
nach 2 Monaten durchgeführt.
4.5.3. Child Behavior Checklist (CBCL)
Der Elternfragebogen über das Verhalten von Kindern und Jugendlichen im Alter von vier bis 18 Jahren (CBCL) wurde von der Arbeitsgruppe Deutsche Child
Behavior Checkliste in Zusammenarbeit mit Thomas Achenbach als deutsche
Fassung der US-amerikanischen Version erarbeitet (Arbeitsgruppe Deutsche
Child Behavior Checklist, 1998a). Der Fragebogen erfasst die Einschätzung der
Eltern bezüglich der Kompetenzen und Probleme ihrer Kinder und umfasst drei
Kompetenzskalen (Aktivität, soziale Kompetenz und Schule), sowie acht beurteilungsübergreifende Syndrome, die problematisches Verhalten beschreiben
(sozialer Rückzug, körperliche Beschwerden, Angst/Depressivität, soziale Probleme, Schizoid/Zwanghaft, Aufmerksamkeitsstörung, delinquentes Verhalten,
aggressives Verhalten). Aus den Syndromskalen werden übergeordnete Skalen
Maike Petermann
Methodik
40
zu internalisierenden und externalisierenden Störungen sowie dem Gesamtauffälligkeitswert für Problemverhalten zusammengefasst.
Für die Syndromskalen des Verfahrens konnte die Arbeitsgruppe Child Behavior Checklist zufriedenstellende interne Konsistenzen ermitteln, außerdem die
faktorielle Validität des Instruments weitgehend bestätigen und die Validität anhand verschiedener Kriterien belegen. (Döpfner et al. 1994, 1995, 1997). Eine
repräsentative Normierung des Fragebogens liegt vor (Döpfner et al. 1997,
1998; Lehmkuhl et al. 1998)
In der vorliegenden Untersuchung wurden die Eltern der Jugendlichen gebeten,
zu Beginn der Behandlung die vorangegangenen zwei Monate einzuschätzen
und zur Katamnesemessung die beiden Monate nach der Entlassung, um herauszufinden, wie sich die Verhaltensauffälligkeiten der Jugendlichen im Alltag
zeigten.
4.5.4. Youth Self Report (YSR)
Die deutsche Fassung des amerikanischen Youth Self Report (Arbeitsgruppe
Deutsche Child Behavior Checklist, 1998b) erfasst Kompetenzen, Verhaltensauffälligkeiten und emotionale Probleme von Jugendlichen im Alter von elf bis
18 Jahren durch Selbsteinschätzung. Der Youth Self Report ist entsprechend
der Child Behavior Checklist aufgebaut und hat die gleichen Skalen. Nachdem
einige Skalen etwas abgeändert worden waren, konnte sich der Fragebogen in
der deutschen Fassung als ein für die Forschung und Klinik nützliches Instrument erweisen. Der Fragebogen für Jugendliche besteht aus drei Teilen, in denen Kompetenzen und Syndrome beschrieben werden. Für die übergeordneten
Skalen (internalisierende Störungen, externalisierende Störungen, Gesamtauffälligkeit) ließen sich gute bis sehr gute interne Konsistenzen (rtt > .85) finden.
Die interne Konsistenz der Syndromskalen ist überwiegend zufriedenstellend
(rtt > .70), nur die Skala „sozialer Rückzug“ und die Skala „Schizoid/Zwanghaft“
weisen ungenügende interne Konsistenzen auf (rtt < .60) (Döpfner et al. 1995,
1997).
In der vorliegenden Untersuchung wurde der YSR, analog zum CBCL zur Prämessung und zur Katamnesemessung nach zwei Monaten von den Jugendlichen ausgefüllt, um Veränderungen in Problemverhalten zu erkennen.
Maike Petermann
Methodik
41
4.5.5. Lern- und Arbeitsverhalteninventar (LAVI)
Das Lern- und Arbeitsinventar (Keller & Thiel 1998) besteht aus 58 Items und
dient der differenzierten Erfassung des Lern- und Arbeitsverhaltens. Die Items
beschreiben jeweils eine typische Lern- und Arbeitssituation und verteilen sich
auf folgende Skalen: Arbeitshaltung (die Bereitschaft des Schülers zum pflichtbewussten, konzentrierten und gründlichen Lernen und Problemlösen), Stressbewältigung (die Fähigkeit des Schülers, Störungen des Lernprozesses zu bewältigen) und Lerntechniken (die Fähigkeit des Schülers zur wirksamen
Verarbeitung des Lernstoffs). Das Verfahren ist für Schüler der Klassen fünf bis
zehn normiert, die internen Konsistenzen der drei Skalen liegen zwischen r =
.72 und r = .90. Auch dieser Fragebogen wurde von den Jugendlichen zu Beginn der Therapie und zum Katamnesezeitpunkt nach zwei Monaten ausgefüllt.
4.5.6. Angstfragebogen für Schüler (AFS)
Der Angstfragebogen für Schüler (Wieczerkowski et al. 1981) ist ein Mittel zur
Erfassung von Prüfungsangst, allgemeiner (manifester Angst) und Schulunlust.
Zusätzlich enthält der AFS eine Skala zur Ermittlung der Tendenz von Schülern,
sich angepasst und sozial erwünscht darzustellen. Das Verfahren erlaubt eine
Verwendung bei Schülern im Alter von neun bis 17 Jahren. Eine Normierung
nach Altersklassen liegt vor. Die interne Konsistenz der Skalen liegt zwischen
r = .67 und r = .85. In der vorliegenden Studie wurde der Angstfragebogen für
Schüler zur Prä- und Katamnesemessung nach zwei Monaten eingesetzt, um
die Entwicklung der Prüfungsangst und Schulunlust zu beurteilen.
4.5.7. Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter
(DISYPS-KJ)
Das Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter
(DISYPS-KJ, Döpfner & Lehmkuhl 1998) erfasst psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen gemäß den Diagnosekriterien der ICD-10 und des DSMIV. Es umfasst die wichtigsten Störungen des Kindes- und Jugendalters (hyperkinetische Störungen, Störungen des Sozialverhaltens, Angststörungen, depressive Störungen, tiefgreifende Entwicklungsstörungen, Tic-Störungen, Bindungsstörungen und Mutismus). Kinder im Alter von elf bis 18 Jahren können
Maike Petermann
Methodik
42
sich selbst anhand von Selbstbeurteilungsbögen einschätzen. Die Einschätzung
der Problematiken durch die Eltern erfolgt mit Hilfe von Fremdbeurteilungsbögen. In der vorliegenden Studie kamen der Selbst- und Fremdbeurteilungsbogen für depressive Störungen (SBB-DES, FBB-DES), Angststörungen (SBBANG, FBB-ANG) und hyperkinetische Störungen (SBB-HKS, FBB-HKS) zum
Einsatz.
Die interne Konsistenz für die Gesamtskala des Selbst- und Fremdbeurteilungsbogens Depressive Störungen lag bei α = .88. Beim Fremdbeurteilungsbogen Angststörungen ließ sich eine interne Konsistenz der Subskalen zwischen α = .73 und α = .91 ermitteln. Im Selbstbeurteilungsbogen
Angststörungen lagen die ermittelten Konsistenzen etwas niedriger, aber immer
noch im zufriedenstellenden Bereich, mit Ausnahme der Skala spezifische Phobie mit α = .65. Für den Fremdbeurteilungsbogen Hyperkinetische Störungen
ließen sich zufriedenstellende bis sehr gute Konsistenzen ermitteln (zwischen α
= .80 und α = .94). Beim Selbstbeurteilungsbogen Hyperkinetische Störungen
lagen die Werte bis auf die Subskala Impulsivität im zufriedenstellenden Bereich. Hier wurde ein deutlich geringerer Wert ermittelt (α = .68) (Görtz-Dorten
2005). Eine Normierung der Bögen liegt getrennt für Altersgruppen und Geschlecht vor (Görtz-Dorten 2005).
Die Selbstbeurteilungsbögen wurden von den Jugendlichen zur Prä-und Katamnesemessung nach zwei Monaten ausgefüllt.
4.5.8. Composite Scores
Um die psychischen Auffälligkeiten zu Behandlungsbeginn und ihre Veränderungen im Verlauf der Therapie beurteilen zu können, wurden die relevanten
Skalen der erhobenen Fragebogen zur Vorbeugung der Kumulierung des Alphafehlers zu Composite Scores zusammengefasst. Die Zulässigkeit der Bildung der Composite Scores wurde über eine explorative Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation überprüft. Die interne Konsistenz der
Composite Scores lag bei
.70.
Zum Prä- und Postmesszeitpunkt lagen Daten von allen Jugendlichen der
Stichprobe vor, zur Katamnese nach zwei Monaten verweigerten 35,4 % der
Jugendlichen das Ausfüllen der Fragebogen. Nach Durchführung des T-Tests
Maike Petermann
Methodik
43
wurden keine signifikanten Unterschiede festgestellt, und die fehlenden Daten
wurden per Regressionsanalyse ersetzt. Für die Bildung der Composite Scores
wurden die einzelnen Skalen zunächst z-transformiert.
Die in dieser Untersuchung verwendeten fünf Composite Scores bestehen aus
aggregierten Skalen.
Im Einzelnen setzten sie sich aus folgenden Skalen zusammen:
-
Der Composite Score Angst und Depression im Jugendlichenurteil (ANDEP-A) bestand aus aggregierten Skalen der Fragebogen DIKJ (Depressionsinventar für Kinder- und Jugendliche; Stiensmeier-Pelster et al.
2000), aus den Skalen Angststörung und depressive Störungen im
Selbsturteil des DISYPS-KJ (Diagnostik-System für psychische Störungen im Kindes- und Jugendalter; Döpfner & Lehmkuhl 1998), den Skalen
für Prüfungsangst und manifeste Angst des AFS (Angstfragebogen für
Schüler; Wieczerkowski et al. 1981) und der Skala Stressbewältigung
des LAVI (Lern- und Arbeitsinventar; Keller & Thiel 1998).
-
Der Composite Score Angst und Depression im Elternurteil (ANDEP-P)
setzte sich aus folgenden Fragebogen zusammen: Skalen für sozialen
Rückzug, somatische Beschwerden und Ängstlich/Depressiv des CBCL
(Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist 1998a) und aggregierte Skalen Trennungsangst, spezifische und soziale Phobie und generalisierte Angststörung im Fremdurteil des DISYPS-KJ (Depressionsinventar
für Kinder- und Jugendliche; Stiensmeier-Pelster et al. 2000).
-
Für den Composite Score expansives Verhalten im Jugendlichenurteil
(DISRUP-A) wurden die Skalen Aufmerksamkeitsstörung, delinquentes
und aggressives Verhalten des Fragebogens YSR (Youth Self Report,
Arbeitsgruppe Deutsche Child Behavior Checklist 1998b) zusammengefasst. Er enthielt außerdem die aggregierten Skalen Unaufmerksamkeit,
Hyperaktivität und Impulsivität im Selbsturteil des DISYPS-KJ.
-
Um den Composite Score expansives Verhalten im Elternurteil (DISRUPP) zu erstellen, wurden drei Skalen des CBCL (Aufmerksamkeitsstörung,
delinquentes und aggressives Verhalten) sowie die Skalen Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität im Fremdurteil des DISYPS-KJ
aggregiert.
Maike Petermann
Methodik
-
44
Der Composite Score Lernverhalten im Jugendlichenurteil (LEARN-A)
bestand aus den Skalen Arbeitshaltung und Lerntechniken des Lern- und
Arbeitsinventar (LAVI; Keller & Thiel 1998) und der Skala Schulunlust
des Angstfragebogens für Schüler (AFS; Wieczerkowski et al. 1981).
Für die vorliegende Untersuchung wurden insgesamt neun Composite Scores
zu zwei verschiedenen Zeitpunkten gebildet: jeweils fünf zum Aufnahmezeitpunkt (M1) und vier zum Katamnesemesspunkt nach zwei Monaten (K1). Die
Skalen um den Composite Score LEARN-A zu bilden wurde nur zum Aufnahmezeitpunkt erhoben. Die fünf Composite Scores, die zu Beginn der Behandlung erstellt wurden, wurden als mögliche Prädiktoren genutzt, und die vier
Composite Scores des Katamnesenmesspunktes nach zwei Monaten wurden
als Zielkriterien genutzt.
4.5.9. Schichtzugehörigkeit
Da die Variable Schichtzugehörigkeit in ihrer ursprünglichen Form statistisch
gesehen nicht sinnvoll anzuwenden war, wurden die eigentlichen sechs Kategorien in mehrere Gruppen unterteilt. Diese Einteilung bot die Möglichkeit, das
Merkmal Schichtzugehörigkeit vergleichend zu nutzen, wobei Gruppe 1 der
niedrigsten und Gruppe 6 der höchsten sozialen Schicht entsprachen.
Die ursprünglichen Kategorien sahen wie folgt aus:
01 = ungelernter Arbeiter
02 = angelernte Berufe
03 = Facharbeiter, Handwerker, Angestellte, Beamte im einfachen Dienst
04 = mittlere Angestellte, Beamte im mittleren Dienst
05 = höher qualifizierte Angestellte, Beamte im gehobenen Dienst
06 = leitende Angestellte, Beamte im höheren Dienst
07 = kleinste Selbstständige, ambulantes Gewerbe
08 = kleine selbstständige Gewerbetreibende
09 = selbstständige Handwerker, Landwirte, Gewerbetreibende (kleine Betriebe)
10 = selbstständige Handwerker, Landwirte etc. (mittlere Geschäfte, Betriebe)
11 = Akademiker, freie Berufe, größere Unternehmer
Maike Petermann
Methodik
45
Die für die Berechnungen gestalteten Gruppen sehen folgendermaßen aus:
Gruppe 1
- 01 ungelernter Arbeiter
- 02 angelernte Berufe
Gruppe 2
- 03 Facharbeiter, Handwerker, Angestellte, Beamte im einfachen
Dienst
- 07 kleinste Selbstständige, ambulantes Gewerbe
Gruppe 3
- 04 mittlere Angestellte, Beamte im mittleren Dienst
- 08 kleine selbstständige Gewerbetreibende
Gruppe 4
- 05 höher qualifizierte Angestellte, Beamte im gehobenen Dienst
- 09 selbstständige Handwerker, Landwirte, Gewerbetreibende
(kleine Betriebe)
Gruppe 5
- 06 leitende Angestellte, Beamte im höheren Dienst
- 10 selbstständige Handwerker, Landwirte etc. (mittlere Geschäfte, Betriebe)
Gruppe 6
- 11 Akademiker, freie Berufe, größere Unternehmer
Bei der Interpretation der Ergebnisse ist zu beachten, dass kein standardisierter
Score für die Einteilung der Schichten verwand wurde, sondern eine eigene
Einteilung zur Betrachtung vorgenommen wurde.
4.6. Umgang mit Missings
– Summe der Fehlstunden auf dem letzten Zeugnis
Von den n = 147 Probanden fehlte bei n = 27 (18,4%) die Information zu den
Fehlstunden auf dem letzten Zeugnis. Da es sich um eine quantitative Variable
handelt, konnten die fehlenden Werte mittels Regression ersetzt werden.
– Standardwert des Gesamtteils der Intelligenzdiagnostik
Die Intelligenzdiagnostik wurde entweder mittels HAWIK-III (Tewes et al., 1999)
bei Kindern im Alter von 6,0 bis 16,11 Jahren oder mittels HAWIE-R (Tewes
1991) bei Jugendlichen ab dem 17. Lebensjahr erhoben. Den vorhandenen 119
(81 %) Werten standen bei dieser Variable 28 (19 %) Missings gegenüber.
Auch hier konnten die fehlenden Werte per Regression ersetzt werden.
Maike Petermann
Methodik
46
– Summenwert der Achse-V-Diagnosen nach DSM-IV
In dieser Variable sind die diagnostizierten assoziierten aktuellen abnormen
psychosozialen Umstände erfasst. (Achse-V-Diagnosen nach DSM-IV, Saß et
al. 2003). Es besteht die Möglichkeit bis zu 39 Einzeldiagnosen zu stellen, bei
dieser Stichprobe liegen die Werte im Bereich von null bis elf. Bei dieser Variable kamen zehn (6,8 %) fehlende Werte vor, die ebenfalls durch Regression ersetzt werden konnten.
– Achse-VI-Diagnose nach DSM-IV (Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung)
In dieser Variable wird auf einer Skala von null bis acht die psychosoziale Anpassung eingeschätzt, wobei steigende Werte einer schlechteren Anpassung
entsprechen. Es lagen in der Stichprobe 16 (10,9 %) fehlende Werte vor, die
durch die sechsstufige Einteilung als eine quantitative Variable betrachtet wurde
und somit durch Regression ersetzt werden konnten.
– Schichtzugehörigkeit
Die fehlenden vier (2,7%) Werte konnten in diesem Zusammenhang nicht adäquat ersetzt werden, somit wurde darauf verzichtet.
4.7. Prädiktorvariablen
Nachfolgend die ausgewählten Prädiktorvariablen:
-
Geschlecht (Jungen [0]; Mädchen [1])
-
Intelligenz
-
Alter (in Monaten)
-
Schulart (Haupt- und Sonderschulen [0] versus alle anderen Schulformen [1])
-
Beziehungsstatus leiblicher Eltern (nicht getrennt [0]; getrennt [1])
-
Schichtzugehörigkeit (siehe „Umgang mit Missings“)
-
klinisch-psychiatrische Hauptdiagnose nach ICD-10
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Methodik
-
47
(Angst ja [0]; nein [1]; (Depression ja [0]; nein [1]; kombinierte introversive und expansive Störung ja [0]; nein [1]; sonstige Diagnose ja [0]; nein
[1])
-
Summerwert der Achse-V-Diagnosen nach DSM-IV
-
Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung (Achse-VI-Diagnosen
nach DSM-IV)
-
Fehlstunden auf dem letzten Zeugnis
-
Schweregrad des Schulabsentismus (eingestellt [0] versus unregelmäßiger Schulbesuch [1])
-
Auffälligkeiten zu Behandlungsbeginn (in Form von Composite Scores)
-
Therapiedauer (Dauer des stationären Aufenthaltes in Tagen)
Für die hierarchische Regressionsanalyse ist eine Strategie wichtig hinsichtlich
der Reihenfolge, in der man die Prädiktoren in die Rechnung hineinfließen lässt.
Die Überlegung zur Reihenfolge sah folgendermaßen aus:
Diejenigen Prädiktoren, die unveränderlich (z.B. Geschlecht, Alter) oder relativ
stabil sind, werden zuerst in die Regressionsanalyse aufgenommen und in den
nachfolgenden Schritten werden alle weiteren Prädiktoren berücksichtigt.
4.8. Zielkriterien
Ziel der Untersuchung war die Vorhersage des Zustandes nach der Therapie
anhand von Variablen, die vor der Therapie erhoben wurden. Als Zielkriterien
für den Zustand nach der Therapie wurden vier der fünf Composite Scores ausgewählt.
Es handelte sich um Composite Scores, die aus Fragebogen erstellt sind, welche zur Katamnese nach zwei Monaten erhoben wurden.
-
Composite Score DISRUP-A (expansives Verhalten im Jugendlichenurteil)
-
Composite Score DISRUP-P (expansives Verhalten im Elternurteil)
-
Composite Score ANDEP-A (Angst und Depression im Jugendlichenurteil)
-
Composite Score ANDEP-P (Angst und Depression im Elternurteil)
Maike Petermann
Methodik
48
4.9. Verwendete Verfahren der Datenanalyse
Für
die
statistischen
Analysen
dieser
Arbeit
wurde
das
Statistik-
Softwareprogramm SPSS 17.0 genutzt.
Besonders bei psychologischen Fragestellungen ist es typisch, dass die Kriteriumsvariable nicht nur von einer Prädiktorvariablen, sondern von mehreren beeinflusst wird. Daher wird in der psychologischen Forschung meist mit einer
multiplen linearen Regression gearbeitet (Rudolf und Müller 2004).
In der vorliegenden Studie wurde die Methode der hierarchischen Regressionsanalyse angewandt, um den jeweiligen Erklärungsbeitrag auf die verschiedenen
Zielkriterien zu untersuchen.
Zuerst wurden bivariate Korrelationen durchgeführt, um signifikante Zusammenhänge zwischen Prädiktor- und Kriteriumsvariablen zu bestimmen. Anschließend wurden Prädiktoren, die hier bedeutsam waren, schrittweise in die
Regressionsanalyse aufgenommen.
Im ersten Schritt wurden unveränderliche oder relativ stabile Variablen in die
Analyse aufgenommen. Dieses Vorgehen erlaubt im optimalen Fall, dass man
im klinischen Alltag schnell und orientiert eine Prognose des jeweiligen Jugendlichen bezüglich der Therapie einschätzen kann, noch bevor man den Jugendlichen eine Zeitlang begleitet und kennengelernt hat oder seine Umgebung befragt hat. Zu den unveränderlicheren Variablen zählen die soziodemografischen
Daten und Umstände zur Lebens- und Familiensituation. Im nächsten Schritt
erfolgte die Aufnahme der veränderlicheren Variablen. Zu ihnen zählten die Auffälligkeiten zu Behandlungsbeginn (operationalisiert durch Composite Scores)
und Fehlstunden auf dem letzten Zeugnis, außerdem im weiteren Sinne die
Psychopathologie,
klinisch-psychiatrische
Hauptdiagnose
und
Achse-VI-
Diagnose nach DSM-IV [Globalbeurteilung der psychosozialen Anpassung]).
Die Toleranzwerte der Variablen zur Überprüfung der Kollinearität lagen alle
über 1.0 und ließen somit keine relevante Multikollinearität erkennen. Als Signifikanzniveau wurde ein α- Niveau von 5 % festgelegt.
Maike Petermann
Ergebnisse
49
5. Ergebnisse
5.1. Korrelationskoeffizienten der Prädiktorvariablen
Die verschiedenen Variablen wurden untereinander korreliert, um das Maß für
den Zusammenhang der Variablen festzustellen. Außerdem wurden so die Variablen, welche in die Regressionsanalyse aufgenommen wurden, identifiziert.
Im Folgenden werden zur besseren Übersicht die Korrelationskoeffizienten dargestellt. Nachfolgend werden die verschiedenen Regressionsanalysen beschrieben.
Maike Petermann
2.
3.
.534** .248** .414** .075 .259**
.316** .568** .147 .254** .065
.079
.004
.109
-.031
-.100
-.051
.301**
.203*
.106
.009
.080
.050
-.090
-.051
.155
.016
-.026
.194*
8. Depression ja/nein
9. M1 ANDEP A
10. M1 ANDEP P
11. kombinierte Störung des
Sozialverhaltens und der
Emotionen ja/nein
12. M1 DISRUP A
13. M1 DISRUP P
14. Andere Diagnose ja/nein
15. Achse 6
16. Schulform HS/SS vs. alle
17. Qualität
Schulabsentismus
18. Fehlstunden
19. IQ
20. Dauer des stationären
Aufenthaltes
21. Eltern getrennt ja/nein
22. Achse 5
23. Schichtzugehörigkeit
-.006
.112
-.044
-.094
.122
.065
.007
.166*
.193*
.170*
.073
.005
-.020
.083
-.062
.074
.019
-.042
-.046
.013
-.047
-.079
.112
.164*
.055
.016
-.128
.086
-.009
-.044
-.029 -.180*
-.022
.036
-.096
.007
-.035
.209* .339** .646** -.206*
.050
.017
.033 -.304**
.158 .286**
.009
.087 .525** .282**
-.050
.014
.031 -.169* -.269** .283**
-.072
.051
.014
7. Angst ja/nein
.080
.025 -.212**
5.
.156
-.007
4.
.207*
.474**
.617** .214**
.130 .384** .336**
1.
6. Alter in Monaten
K1 ANDEP A
K1 ANDEP P
K1 DISRUP A
K1 DISRUP P
5. Geschlecht
1.
2.
3.
4.
7.
.038
.070
.073
-.067
-.092
-.012
-.113
-.037
.143 -.188*
-.127
-.035
.029
.047 -.163*
-.023
.184* -.186*
-.039
.064
.174* -.320**
-.086 -.229**
.104 -.265**
9.
11.
.116
-.078
.008
.000
.084
12.
-.054
.128
.000 -.263**
.083
-.058
.016
.091 .224** -.178*
-.070
.073
.067
-.025
-.051
.052
-.064
.164
.027
-.118
-.013
.065
.032
.148
.088
-.142
-.032
.092
-.075
14.
.174*
.139
-.012
.090
-.089
.033
16.
-.088
-.104
-.060
-.142 .303**
.101
.161
-.052
-.029 .325**
.004
-.064 -.190*
.020
15.
-.087 .221**
-.048 .236**
-.128
-.034
.091 .310**
-.008
.010
-.061
13.
.094 .216**
.046
.025
-.081
-.004
-.089
.027
-.062
-.022
-.055
.165* .379** .322** .403**
.200* .303**
-.087
10.
-.100 -.216** -.168* .251**
-.066
.035
.001
-.194
-.036
.026 .536**
-.022
-.088
.015 .477**
8.
-.150 -.504** -.305**
.200*
.084
.108 -.372**
-.070
6.
.113
.117
-.069
.118
18.
.000 -.166*
-.020
-.034
.133
-.076
-.007
17.
.180*
-.069
.109
.118
19.
21.
22.
.056 -.240** -.218**
-.028
.061 .250**
20.
23.
Ergebnisse
50
Tabelle 1: Korrelationskoeffizienten der Prädiktorvariablen
Quelle: Eigene Erstellung
Maike Petermann
Ergebnisse
51
5.2. Hierarchische Regressionsanalyse mit dem Kriterium Composite
Score K1 DISRUP-A (expansives Verhalten im Jugendlichenurteil)
Das Zielkriterium der ersten hierarchischen Regressionsanalyse ist der Composite Score K1 DISRUP-A, welches das expansive Verhalten im Jugendlichenurteil darstellt. Zuerst wurden die unveränderlicheren Daten in die hierarchische
Regressionsanalyse aufgenommenen. Im Fall des Composite Scores K1 DISRUP-A wurden für die erste Stufe der hierarchischen Regressionsanalyse die
Merkmale „Summenwert der Achse V Diagnosen“ und „Beziehungsstatus der
leiblichen Eltern“ eingesetzt. Die Variable „Beziehungsstatus der Eltern“ lag zu
allen Probanden der Studie vor und war mit dem Wert 0 für „nicht getrennt“ und
dem Wert 1 für „getrennt“ kodiert. Die Variable des „Summenwerts der Achse V
Diagnosen“ wies zehn (6,8 %) fehlende Werte auf, die mittels Regression ersetzt werden konnten.
Im nächsten Schritt der Regressionsanalyse wurden die veränderlicheren Variablen in das Modell mit aufgenommen. Dazu gehörten die Composite Scores
des Aufnahmedatums M1 DISRUP-A und M1 DISRUP-P, das expansive Verhalten im Jugendlichen- und Elternurteil, des Weiteren der Composite Score M1
ANDEP-A, Angst und Depression im Jugendlichenurteil, und der Composite
Score M1 LEARN-A, das Lernverhalten im Jugendlichenurteil. Die Composite
Scores zum Zeitpunkt M1 waren vollständig, zur Katamnese nach zwei Monaten verweigerten 35,4 % der Jugendlichen das Ausfüllen der Fragebogen, aus
denen die Composite Scores K1 erstellt werden. Die fehlenden Werte konnten
durch Regression ersetzt werden. Außerdem zeigte sich das Merkmal klinischpsychiatrische Hauptdiagnose Angst als relevant und wurde mit in das Modell
aufgenommen.
Die aufgenommenen Variablen der hierarchischen Regressionsanalyse mit dem
Kriterium Composite Score K1 DISRUP-A sind zur besseren Übersicht nochmals in der Tabelle zwei aufgeführt:
Maike Petermann
Ergebnisse
52
Tabelle 2: Aufgenommene Variablen des Modells K1 Composite Score
DISRUP-A
Modell Aufgenommene Variablen
1 -Summenwert der Achse V Diagnosen
2 -Beziehungsstatus der leiblichen Eltern
-M1
Composite
Score
DISRUP-A
-Composite
Score
DISRUP-A
-M1
Composite
ScoreDISRUP-P
DISRUP-P
-Composite
Scoren
-M1 Composite
Score
ANDEP-A
-Composite
Score
ANDEP-A
-klinisch-psychiatrische Hauptdiagnose Angst
Quelle: Eigene Erstellung
Die Ergebnisse der hierarchischen Regressionsanalyse sind in den folgenden
zwei Tabellen dargestellt:
Tabelle 3: Modellzusammenfassung K1 Composite Score DISRUP-A
Modell R
1
2
R-Quadrat Korrigiertes RQuadrat
.230 .053
.040
.608 .369
.338
Standardfehler
des Schätzers
.50660
.42075
Änderungsstatistiken
Änderung in Änderung in F df1 df2 Signifikante
R-Quadrat
Änderung in F
.053
4.027
2 144 .020
.316
13.952
5 139 .000
Quelle: Eigene Erstellung
Aus der Tabelle drei, die die Modellzusammenfassung zeigt, wird ersichtlich,
dass der erste Schritt der hierarchischen Regressionsanalyse 4 % der Varianz
aufklärt, insgesamt werden mit dem Modell 34 % der Varianz aufgeklärt.
Tabelle 4: Regressionsmodell (Koeffizienten) mit dem abhängigen Kriterium K1 Composite Score DISRUP-A
Modell
1
Konstante
Beziehungsstatus der
leiblichen Eltern
Summenwert Diagnose
Achse V
2
Konstante
Beziehungsstatus der
leiblichen Eltern
Summenwert Diagnose
Achse V
klinisch-psychiatrische
Hauptdiagnose Angst
M1 Composite Score
ANDEP-A
M1 Composite Score
DISRUP-A
M1 Composite Score
DISRUP-P
M1 Composite Score
LEARN-A
Nicht standardisierte
Standardisierte
Koeffizienten
Koeffizienten
Regressions- Standardfehler Beta
T
koeffizient B
Kollinearitätsstatistik
Signifikanz Toleranz VIF
-.488
.165
.069
.086
.161
-7.032 .000
1.916 .057
.937
1.067
.034
.022
.130
1.547 .124
.937
1.067
-.462
.135
.066
.073
.131
-6.968 .000
1.845 .067
.906
1.104
.037
.019
.141
1.992 .048
.909
1.100
-.045
.077
-.043
-.587 .558
.858
1.166
.016
.057
.235
2.817 .006
.651
1.536
.236
.065
.326
3.611 .000
.557
1.797
.098
.050
.147
1.952 .053
.798
1.253
-.017
.048
-.026
-.359 .720
.863
1.159
Quelle: Eigene Erstellung
Maike Petermann
Ergebnisse
53
Tabelle vier zeigt, dass sich in dieser Regressionsanalyse erst im zweiten
Schritt drei Prädiktoren zeigten, die einen Einfluss auf das Zielkriterium hatten.
Es handelt sich um die Merkmale „Summenwert der Achse V Diagnosen“,
„Composite Score M1 ANDEP-A“ (Angst und Depression im Jugendlichenurteil)
und „Composite Score M1 DISRUP-A“ (expansives Verhalten im Jugendlichenurteil).
Die Achse V Diagnose beschreibt die assoziierten aktuellen abnormen psychosozialen Umstände, die das Kind im Zeitraum der letzten sechs Monate vor Behandlungszeitpunkt direkt und durchgehend betroffen haben. Das Merkmal
„Summenwert der Achse V Diagnosen“ hat einen positiven Regressionskoeffizienten; je mehr Punkte der Proband in der Kategorie zugewiesen bekommen
hat, desto auffälliger schätzen sich die Kinder in ihrem expansiven Verhalten
zwei Monate nach Ende der Therapie ein. Der standardisierte β-Koeffizient dieses Merkmals hat einen Wert von 0.141.
Auch die beiden Composite Scores, die sich auf den Zeitpunkt vor der Therapie
beziehen, stehen in einem positiven Zusammenhang mit dem Zielkriterium. Je
auffälliger sich die Probanden zu Beginn der Therapie im expansiven Verhalten
sowie ängstlicher und depressiver sie sich einschätzten, desto auffälliger schätzen sie ihr expansives Verhalten zum Katamnesezeitpunkt nach zwei Monaten
ein. Der standardisierte Regressionskoeffizient β hat bei dem Composite Score
ANDEP-A einen Wert von 0.235 und bei dem Composite Score DISRUP-A einen Wert von 0.326. Die standardisierten β-Koeffizienten erlauben bei Prädiktoren, denen unterschiedliche Skalen zugrunde liegen, den Vergleich der
Stärke des Zusammenhangs, den sie zur Kriteriumsvariablen haben. Wenn
man die standardisierten Werte dieser signifikanten Variablen untereinander
vergleicht, wird deutlich, dass der Composite Score DISRUP-A, erhoben zum
Zeitpunkt M1, den größten Erklärungsbeitrag liefert.
Die anderen Merkmale zeigten keinen statistisch signifikanten Einfluss auf das
Zielkriterium.
Maike Petermann
Ergebnisse
54
5.3. Hierarchische Regressionsanalyse mit dem Kriterium Composite
Score K1 DISRUP-P (expansives Verhalten im Elternurteil)
Das Zielkriterium dieser hierarchischen Regressionsanalyse ist der Composite
Score K1 DISRUP-P, welches das expansive Verhalten im Elternurteil darstellt.
Tabelle fünf zeigt die in das Modell aufgenommenen Variablen. Bei den ersten
Merkmalen, die diesem Regressionsmodell hinzugefügt wurden, handelt es sich
um den „Beziehungsstatus der leiblichen Eltern“ und das „Geschlecht“ des Jugendlichen. Die Daten zum Merkmal „Geschlecht“ lagen für alle Jugendliche
vor, und die Kodierung lautet wie folgt: 0 für das männliche Geschlecht und 1
für das weibliche Geschlecht.
Im nächsten Schritt wurden dem Modell weitere Merkmale hinzugefügt: „Composite Score M1 DISRUP-A“ und „Composite Score M1 DISRUP-P“, expansives Verhalten im Jugendlichen- und Elternurteil, „Composite Score M1 ANDEPP“, Angst und Depression im Elternurteil, und „Composite Score M1 LEARN-A“,
das Lernverhalten im Jugendlichenurteil. Zudem wurden die klinischpsychiatrischen Hauptdiagnosen „Angst“ und „kombinierte und expansive Störungen“ aufgenommen.
Die klinisch-psychiatrischen Hauptdiagnosen wurden für die statistischen Berechnungen in fünf Kategorien eingeteilt: „Angststörungen“, „depressive Störungen“, „expansive Störungen“, „kombinierte introversive und expansive Störungen“ und „andere Störungen“. Da sich für die Kategorie „expansive
Störungen“ lediglich vier Patienten aus der Stichprobe qualifizierten, wurden für
die Berechnungen die Kategorien „expansive Störungen“ und „kombiniert introversive und expansive Störungen“ fusioniert.
Maike Petermann
Ergebnisse
55
Tabelle 5: Aufgenommene Variablen des Modells K1 Composite Score
DISRUP-P
Modell
Aufgenommene Variablen
1 - Beziehungsstatus der leiblichen Eltern
- Geschlecht
2 - M1 Composite Score DISRUP-A
- M1 Composite Score DISRUP-P
- M1 Composite Score LEARN-A
- M1 Composite Score ANDEP-P
- klinisch-psychiatrische Hauptdiagnose
expansive Störung und kombinierte
introversive und expansive Störung
- klinisch-psychiatrische Hauptdiagnose Angst
Quelle: Eigene Erstellung
Der folgenden Tabelle sechs kann man die wichtigsten Zahlen im Überblick
entnehmen:
Tabelle 6: Modellzusammenfassung K1 Composite Score DISRUP-P
Modell R
R-Quadrat Korrigiertes
R-Quadrat
1 .280 .078
.066
2 .671 .450
.418
Standardfehler
des Schätzers
.51651
.40752
Änderungsstatistiken
Änderung in Änderung df1 df2 Signifikante
R-Quadrat
in F
Änderung in F
.078
6.129
2 144 .003
.372
15.554
6 138 .000
Quelle: Eigene Erstellung
Im ersten Schritt der hierarchischen Regressionsanalyse wurden circa 7 % der
Varianz aufgeklärt. Durch den zweiten Schritt ergibt sich eine gesamte Varianzaufklärung von 42 %.
Die folgende Tabelle sieben verdeutlicht die Rechnung:
Maike Petermann
Ergebnisse
56
Tabelle 7: Regressionsmodell (Koeffizienten) mit dem abhängigen Kriterium K1 Composite Score DISRUP-P
Nicht standardisierte
Standardisierte
Koeffizienten
Koeffizienten
Regressions- Standard- Beta
T
koeffizient B fehler
Modell
Kollinearitätsstatistik
Signifikanz Toleranz VIF
1
Konstante
Geschlecht
Beziehungsstatus der
leiblichen Eltern
2
Konstante
Geschlecht
Beziehungsstatus der
leiblichen Eltern
klinisch-psychiatrische
Hauptdiagnose Angst
klinisch-psychiatrische
Hauptdiagnose
kombinierte
introversive und
expansive
und expansive Störung
M1 Composite Score
ANDEP-P
M1 Composite Score
DISRUP-A
M1 Composite Score
DISRUP-P
M1 Composite Score
LEARN-A
-.455
-.245
.195
.068
.086
.086
-.228
.184
-6.652 .000
-2.840 .005
2.285 .024
.993
.993
1.008
1.008
-.445
-.087
.082
.066
.076
.069
-.081
.077
-6.712 .000
-1.139 .257
1.180 .240
.790
.943
1.265
1.060
-.104
.087
-.095
-1.205 .230
.639
1.565
.061
.094
.052
.647
.519
.616
1.624
.055
.061
.065
.901
.369
.759
1.318
-.009
.056
-.012
-.161 .872
.707
1.414
.376
.056
.549
6.750 .000
.601
1.663
.045
.047
.065
.968
.880
1.137
.335
Quelle: Eigene Erstellung
Hier zeigt sich im ersten Schritt der Regressionsanalyse das Merkmal „Geschlecht“ mit einem statistisch relevanten Einfluss auf das Zielkriterium. Allerdings ist das Merkmal im zweiten Schritt der Regressionsanalyse nicht mehr
bedeutsam.
Wenn der zweite Merkmalsblock hinzugefügt wird, zeigt sich insgesamt nur ein
Merkmal als statistisch relevant. Es handelt sich um den „Composite Score M1
DISRUP-P“ (expansives Verhalten im Elternurteil) mit einem positiven Regressionskoeffizienten und einem standardisierten β-Koeffizienten von 0.549.
Je auffälliger die Eltern ihre Kinder bezüglich des expansiven Verhaltens zu
Beginn der Therapie eingeschätzt hatten, desto auffälliger wurden sie von den
Eltern zum Katamnesezeitpunkt nach zwei Monaten eingeschätzt.
Maike Petermann
Ergebnisse
57
5.4. Hierarchische Regressionsanalyse mit dem Kriterium Composite
Score K1 ANDEP-A (Angst und Depression im Jugendlichenurteil)
Das Zielkriterium dieser hierarchischen Regressionsanalyse ist der Composite
Score K1 ANDEP-A, welches Angst und Depression im Jugendlichenurteil darstellt. Zunächst wurde das Merkmal „Schichtzugehörigkeit“ und „Geschlecht“
des Jugendlichen dem Modell hinzugefügt. Innerhalb des Merkmals der „sozialen Schichtzugehörigkeit“ gab es bei vier Patienten fehlende Werte. Da eine
Ersetzung der Werte nicht sinnvoll war, wurden diese vier Patienten von der
Betrachtung dieser möglichen Prädiktorvariable ausgeschlossen.
Im zweiten Schritt wurde das Modell um vier Composite Scores erweitert, und
zwar jeweils „Composite Score M1 ANDEP-A“ und „Composite Score M1 ANDEP-P“, also Angst und Depression im Jugendlichen- und im Elternurteil, und
„Composite Score M1 DISRUP-A“ und „Composite Score M1 DISRUP-P“, entsprechend expansives Verhalten im Jugendlichen und Elternurteil.
Die beiden Tabellen acht und neun bieten eine Übersicht der Rechenschritte:
Tabelle 8: Aufgenommene Variablen des Modells K1 Composite Score
ANDEP-A
Modell
Aufgenommene Variablen
1 -Schichtzugehörigkeit
2 -Geschlecht
-M1 Composite Score DISRUP-A
-M1 Composite Score DISRUP-P
-M1 Composite Score ANDEP-A
-M1 Composite Score ANDEP-P
Quelle: Eigene Erstellung
Tabelle 9: Modellzusammenfassung K1 Composite Score ANDEP-A
Modell R
R-Quadrat Korrigiertes RQuadrat
1 .300 .090
.077
2 .580 .337
.308
Standardfehler
des Schätzers
.56402
.48855
Änderungsstatistiken
Änderung in R- Änderung in F df1 df2 Signifikante
Quadrat
Änderung in F
.090
6.942
2 140 .001
.247
12.647
4 136 .000
Quelle: Eigene Erstellung
Der erste Rechenschritt dieser Regressionsanalyse bietet eine Varianzaufklärung von circa 8 %. Es ergibt sich eine Varianzaufklärung des Gesamtmodells
von etwa 31 %.
Maike Petermann
Ergebnisse
58
Tabelle 10: Regressionsmodell (Koeffizienten) mit dem abhängigen Kriterium K1 Composite Score ANDEP-A
Nicht standardisierte Standardisierte
Koeffizienten
Koeffizienten
Regressio Standardf Beta
T
nskoeffizi ehler
ent B
Modell
Kollinearitätsstatistik
Signifikanz Toleranz VIF
1
Konstante
Geschlecht
Schichtzugehörigkeit
2
Konstante
Geschlecht
Schichtzugehörigkeit
M1 Composite Score
ANDEP-A
M1 Composite Score
ANDEP-P
M1 Composite Score
DISRUP-A
M1 Composite Score
DISRUP-P
-.847
.274
.093
.116
.096
.034
-.231
.224
-7.319 .000
2.844 .005
2.752 .007
.984
.984
1.017
1.017
-.712
.134
.063
.381
.102
.090
.030
.076
.114
.151
.493
-6.961
1.500
2.091
5.019
.000
.136
.038
.000
.850
.935
.505
1.177
1.070
1.981
.055
.061
.065
.901
.369
.759
1.318
.009
.080
.010
.111
.912
.637
1.571
.090
.064
.121
1.402 .163
.653
1.532
Quelle: Eigene Erstellung
Tabelle zehn zeigt, dass sich im ersten Schritt der Analyse zwei Variablen als
statistisch signifikant darstellen. Es handelt sich um das Merkmal „Geschlecht“,
das männliche Geschlecht ist mit 0 kodiert und das weibliche mit 1, und das
Merkmal „soziale Schichtzugehörigkeit“, aufsteigende Werte sind für höhere
Schichtzugehörigkeit kodiert. Sie haben jeweils einen positiven Regressionskoeffizienten, stehen also im positiven Zusammenhang mit dem Zielkriterium. Das
Merkmal „Geschlecht“ verliert jedoch seine statistische Signifikanz, nachdem
der zweite Merkmalsblock dem Modell hinzugefügt wurde. Das Merkmal
„Schichtzugehörigkeit“ hingegen bleibt statistisch signifikant. Dies bedeutet, je
höher die soziale Schichtzugehörigkeit ist, desto mehr ängstliche und depressive Symptome beschreiben die Jugendlichen im Selbsturteil. Der Wert des standardisierten β-Koeffizienten liegt bei 0.151.
Zusätzlich wird der Composite Score M1 ANDEP-A im zweiten Schritt der Analyse signifikant mit einem Wert des standardisierten β-Koeffizienten von 0.493
Je auffälliger sich die Jugendlichen zu Beginn der Therapie im Hinblick auf
ängstliche und depressive Symptome eingeschätzt hatten, desto ängstlicher
und depressiver sahen sie sich zwei Monate nach der Therapie.
Maike Petermann
Ergebnisse
59
Auch in diesem Fall zeigt sich der analoge Composite Score ANDEP-A zum
Messzeitpunkt M1 mit dem höchsten standardisierten β-Koeffizienten des Modells als die Variable mit dem höheren Erklärungsbeitrag.
Alle übrigen eingefügten Merkmale zeigten keinen statistisch relevanten Einfluss auf das Zielkriterium.
5.5. Hierarchische Regressionsanalyse mit dem Kriterium Composite
Score K1 ANDEP-P (Angst und Depression im Elternurteil)
Das Zielkriterium dieser hierarchischen Regressionsanalyse ist der Composite
Score K1 ANDEP-P, welches Angst und Depression im Elternurteil darstellt. Bei
den zuvor ermittelten bivariaten Korrelationen standen mit diesem Zielkriterium
drei Composite Scores in signifikantem Zusammenhang. Diese drei Composite
Scores wurden alle gleichzeitig dem Regressionsmodell eingefügt, wie Tabelle
elf zeigt. Es handelt sich um den „Composite Score M1 ANDEP-A“ und „Composite Score M1 ANDEP-P“, Angst und Depression im Jugendlichen- und im
Elternurteil, und der „Composite Score M1 DISRUP-P“, expansives Verhalten
im Elternurteil.
Tabelle 11: Aufgenommene Variablen des Modells K1 Composite Score
ANDEP-P
Modell Aufgenommene Variablen
1 -M1 Composite Score DISRUP-P
-M1 Composite Score ANDEP-A
-M1 Composite Score ANDEP-P
Quelle: Eigene Erstellung
Tabelle 12: Modellzusammenfassung K1 Composite Score ANDEP-P
Modell R
R-Quadrat Korrigiertes Standardfehler Änderung in Änderung df1 df2 Signifikante
R-Quadrat des Schätzers R-Quadrat in F
Änderung in F
1 .569 .323
.309
.47296
.323
22.777
3 143 .000
Quelle: Eigene Erstellung
Die Tabelle zwölf zeigt, dass mit diesem Modell etwa 31 % der Varianz aufgeklärt werden.
Maike Petermann
Ergebnisse
60
Tabelle 13: Regressionsmodell (Koeffizienten) mit dem abhängigen Kriterium K1 Composite Score ANDEP-P
Modell
1
Konstante
M1 Composite
Score ANDEP-A
M1 Composite
Score ANDEP-P
M1 Composite
Score DISRUP-P
Nicht standardisierte
Standardisierte
Koeffizienten
Koeffizienten
Regressions- Standard- Beta
T
koeffizient B fehler
Kollinearitätsstatistik
Signifikanz Toleranz VIF
-.646
-.022
.039
.059
-.030
-16.563 .000
-.381
.704
.772
1.296
.552
.075
.585
7.012
.000
.679
1.473
-.006
.054
-.008
-.111
.912
.856
1.169
Quelle: Eigene Erstellung
Tabelle 13 zeigt, dass sich einzig das Merkmal „Composite Score M1 ANDEPP“ in dieser Regressionsanalyse als statistisch signifikant erweist. Es hat einen
standardisierten β-Koeffizienten von 0.585. Je auffälliger die Eltern die Jugendlichen in Hinblick auf Angst und Depressionen zu Beginn der Therapie beurteilten, desto ängstlicher und depressiver schätzten sie die Jugendlichen zwei Monate nach der Therapie ein.
Alle Werte der standardisierten β-Koeffizienten lagen im üblichen Bereich der
sozialwissenschaftlichen Arbeiten.
Maike Petermann
Diskussion
61
6. Diskussion
Ziel der vorliegenden Arbeit war es, Variablen zu identifizieren, die vor der Therapie erhoben wurden und prognostisch das psychische Befinden nach der
Therapie vorhersagen können.
Erste Wirksamkeitsergebnisse der multimodalen stationären Kurzzeittherapie
von Kindern und Jugendlichen mit emotional bedingtem Schulabsentismus
wurden bereits in vorangegangenen Arbeiten aufgezeigt (Walter et al. 2005;
Ziegert 2006). Sowohl hinsichtlich der statistisch relevanten Reduktion von klinisch-psychiatrischen Symptomen als auch bezüglich der Wiederherstellung
des regelmäßigen Schulbesuches zeigt die Therapie über den beobachteten
Katamnesezeitraum beim Großteil der Stichprobe erfolgreiche Effekte (vgl. Ziegert 2006).
Um nun die Variablen zu bestimmen, die einen Vorhersagewert bezüglich der
psychischen Auffälligkeiten nach der Therapie haben, wurden verschiedene
hierarchische Regressionsanalysen durchgeführt. Vorhergesagt wurden Composite Scores, die sich auf den Katamnesezeitpunkt zwei Monate nach Ende
der Therapie bezogen. Die Prädiktorvariablen wurden in Gruppen zusammengefasst und schrittweise dem Regressionsmodell hinzugefügt.
Von den Prädiktorvariablen, die den Modellen zugeführt wurden, zeigten sechs
einen statistisch signifikanten Einfluss auf das jeweilige Zielkriterium.
Vier von diesen sechs Prädiktorvariablen sind Composite Scores, die die psychischen Auffälligkeiten der Jugendlichen entweder aus der Sicht der Jugendlichen oder aus der Sicht der Eltern erfassen. Entsprechend der Studienlage korrelieren die Fragebogen der gleichen Informanten am höchsten. Die
Prädiktoren mit der höchsten Effektstärke des jeweiligen Regressionsmodells
sind die zu dem entsprechenden Zielkriterium passenden Composite Scores.
Wie schon in früheren Arbeiten beschrieben (De Los Reyes et al. 2005), liegen
bei unterschiedlichen Informanten Diskrepanzen bei der Darstellung und Einschätzung von beispielsweise Verhaltensauffälligkeiten vor. Auch in der vorliegenden Untersuchung zeigt sich, dass es den höchsten statistisch signifikanten
Zusammenhang gibt, wenn die jeweiligen Composite Scores zu verschiedenen
Zeitpunkten, einmal als Zielkriterium und einmal als Prädiktor, in der Rechnung
aufeinander treffen.
Maike Petermann
Diskussion
62
Studien zeigen, dass die Informationen von verschiedenen Befragten (z.B. Eltern, Lehrer, Jugendliche) oft nicht deckungsgleich sind (Achenbach et al.
1987).
Gerade in der Fachrichtung Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie,
sowohl bei den Erwachsenen als auch bei den Kindern, nimmt die persönliche
Einschätzung und Wahrnehmung des Betroffenen und seines Umfelds eine besondere Rolle ein. Es gibt viele Methoden, Daten zu erheben, Informationen zu
Symptomen zu erlangen, Patienten und deren Umgang beispielsweise mit Mitmenschen kennenzulernen. Für das DSM (Diagnostic and Statistical Manual of
Mental Disorders) wurden Fragen entwickelt, um DSM-Kriterien mit Hilfe von
Ja/Nein-Fragen zu erfassen. Zuerst wurden diese Fragen für Erwachsene entwickelt, später für Kinder und Jugendliche. Jedoch wurden die Antworten der
Kinder und Jugendlichen als inadäquate Basis für die Diagnostik befunden.
Man modifizierte die Fragen, um die Eltern zu interviewen, und es stellte sich
heraus, dass es Diskrepanzen zwischen den Antworten der Kinder und Jugendlichen und ihren Eltern gab (Achenbach 2006). Man hielt Kinder nicht dazu imstande, ihre eigenen Symptome und Verhaltensweisen treffend zu beschreiben
(Schwab-Stone et al. 1994). Man ging davon aus, dass die Kinder kognitiv nicht
dazu in der Lage seien, in einer Testsituation angemessen zu antworten (Edelbrock und Costello 1990). Lange Zeit berief man sich bei der Information zur
Psychopathologie des Kindes auf einen Informanten (z. B. die Eltern), heute
geht man davon aus, dass jeder Befragte eine individuelle Sichtweise zum Gesamtbild beiträgt und das mehrere Sichtweisen von verschiedenen Informanten
zusammengefasst hochwertiger sind als die einzelner Personen (Achenbach et
al. 1987).
Keine Methode allein kann als „Goldstandard“ für die Beurteilung eventuell vorliegender psychischer Probleme von Jugendlichen angesehen werden (De Los
Reyes et al. 2005).
Die unterschiedlichen Einschätzungen der jeweiligen Befragten lassen sich in
Studien reproduzieren (Choudhury et al. 2003; Grills et al. 2003), allerdings
konnten die Ursachen nicht genau geklärt werden (De Los Reyes, 2005).
Auch diese Studie enthält viele Fragebogen, die einerseits von den Kindern und
Jugendlichen andererseits von den Eltern ausgefüllt wurden. Man kann davon
Maike Petermann
Diskussion
63
ausgehen, dass auch hier eine Diskrepanz in der Wahrnehmung der psychischen Auffälligkeiten zwischen Probanden und Eltern oder Betreuern vorliegt.
Der selbsteingeschätzte Grad der Angst wurde bereits als Prädiktor für den Erfolg der verhaltenstherapeutischen Therapie bei Agoraphobie beschrieben
(Jansson et al. 1987). Auch in der vorliegenden Arbeit zeigt sich die selbsteingeschätzte Angst in Form von Composite Scores als ein statistisch signifikanter
Prädiktor für den Erfolg der stationären multimodalen Therapie des emotional
bedingtem Schulabsentismus bezüglich der psychischen Auffälligkeiten.
Auch die Erwartung, dass es keinen signifikanten Zusammenhang zwischen
den Einschätzungen der Eltern und der Kinder untereinander gibt, hat sich bestätigt (Achenbach 2006).
Bei den Zielkriterien Composite Score DISRUP-A und Composite Score ANDEP-A, also die Verhaltensauffälligkeiten im Jugendlichenurteil, konnte der signifikante Einfluss von drei weiteren Variablen im Regressionsmodell gezeigt
werden.
Im Fall des Kriteriums Composite Score DISRUP-A handelt es sich um die
Summe der Achse V Diagnosen (gibt die aktuellen, abnormen psychosozialen
Umstände an, die das Kind im Zeitraum der letzten sechs Monate vor Behandlungszeitpunkt direkt und durchgehend betroffen haben) und den Composite
Score M1 ANDEP-A (Angst und Depressionen im Jugendlichenurteil). Je mehr
Punkte der Achse V Diagnosen für den Probanden zu Beginn der Therapie zutreffend sind und je ängstlicher und depressiver sich die Jugendlichen zu Beginn der Therapie einschätzen, desto auffälliger betrachten sie ihr expansives
Verhalten zum Katamnesezeitpunkt nach zwei Monaten. Die Varianzaufklärung
der Regressionsanalyse betrug 34%. Es erscheint nicht abwegig, dass die Jugendlichen, die stärkere abnorme, psychosoziale Umstände in den letzten
sechs Monaten vor Behandlungsbeginn erlebt haben, sich auffälliger im Verhalten einschätzen. Allerdings gibt diese Arbeit keine Auskunft darüber, ob sich die
Auffälligkeiten in ihrer Intensität verändert haben und, wenn ja, in welchem
Maß. Außerdem liegt keine Information darüber vor, ob sich die assoziierten
aktuellen abnormen psychosozialen Umstände für den Jugendlichen seit seiner
Entlassung verändert haben. In diesem Kontext sollten die Ergebnisse mit Vorsicht betrachtet werden.
Maike Petermann
Diskussion
64
Für das Zielkriterium Composite Score ANDEP-A hat sich der Einfluss des
Merkmals soziale Schichtzugehörigkeit als signifikant erwiesen. Die Zugehörigkeit zu einer jeweils höher eingestuften Schicht steht in einem positiven Zusammenhang zur ängstlicheren und depressiveren Einschätzung der Befindlichkeit der Jugendlichen. Jedoch muss bei der Interpretation der Ergebnisse
die Höhe des standardisierten Regressionskoeffizienten berücksichtigt werden.
Der Wert des β-Koeffizienten von 0.151 und 0.141 stellt den kleinsten standardisierten β Koeffizienten aus der vorliegenden Untersuchung dar.
Das Alter der Jugendlichen zeigte sich in der vorliegenden Untersuchung als
statistisch nicht signifikant.
Sharp et al. (1999) haben anhand einer Stichprobe von 149 Patienten mit einer
Angst- und Panikstörung, mit und ohne Agoraphobie, die Prädiktoren des Therapieerfolgs bestimmt. Als Erfolg wurde die klinisch signifikante Besserung der
Symptome gewertet. Es wurden Fluvoxamin, Placebo und kognitiv-behaviorale
Therapie allein und in Kombination beobachtet. In dieser Studie zeigte sich,
dass demografische Variablen kaum einen prädiktiven Nutzen haben.
Dieses Ergebnis lässt sich durch die vorliegende Untersuchung unterstützen,
auch hier sind keine Variablen mit soziodemografischen Merkmalen als Prädiktoren in Erscheinung getreten.
Wie schon im Ergebnissteil erwähnt, kann anhand der standardisierten βKoeffizienten sinnvoll verglichen werden, wie stark die einzelnen Vorhersagevariablen mit dem jeweiligen Kriterium im Zusammenhang stehen. Besonders
deutlich bei den Ergebnissen ist, dass die Composite Scores als Prädiktoren die
höchsten Werte der standardisierten β-Koeffizienten erreicht haben.
Insgesamt scheinen zumindest die Ergebnisse dieser Untersuchung im Hinblick
auf die Prädiktoren, die sich als nichtsignifikante Prädiktoren herausgestellte
haben, mit den Ergebnissen von ähnlichen Arbeiten vergleichbar (Berman et al.
2000, Southam-Gerow et al. 2001).
Die Vermutung, dass Diagnosen als Prädiktoren in einem Zusammenhang mit
dem Erfolg der Verhaltenstherapie stehen, konnte in dieser Arbeit nicht bestätigt werden.
Layne und Mitarbeiter untersuchten in ihrer Arbeit von 2003 mögliche Prädiktoren für den Erfolg der stationären Therapie, festgemacht am Schulbesuch
Maike Petermann
Diskussion
65
zum Ende der Therapie. Hier zeigten Trennungsangst und eine ängstliche Persönlichkeit als signifikante Prädiktoren. Es gilt wiederum, das unterschiedliche
Studiendesign und die verschiedenen Zielkriterien zu beachten.
Die Ergebnisse zeigen, dass die Jugendlichen, die sich zu Beginn der Therapie
als auffällig einschätzen, dies auch zwei Monate nach Abschluss der Therapie
tun. Die zu Beginn der Arbeit erstellte Hypothese, welche besagt, dass man mit
den zu Behandlungsbeginn erhobenen Daten zu Angst und Depression die
psychischen Auffälligkeiten vorhersagen kann, scheint sich zu bestätigen. Wie
erwartet haben sich Jugendliche, die sich bereits zu Beginn als auffälliger eingestuft haben, auch nach Abschluss der Therapie als auffälliger eingestuft.
Die Analyse macht keine Aussage über die Veränderung der psychischen Auffälligkeiten der Jugendlichen während der Therapie. Die vorliegende Arbeit
nutzt die erfassten Daten zu psychischen Auffälligkeiten bei Behandlungsbeginn und nach Abschluss der Therapie nicht um eine eventuelle Veränderung
zu bewerten, sondern um Prädiktoren für den Erfolg der stationären Therapie
zu identifizieren. Die Varianzaufklärungen der vier verschiedenen Regressionsmodelle liegen zwischen 31 % und 42 %. Die größte Varianzaufklärung mit
circa 42 % war bei dem Regressionsmodell mit dem Zielkriterium Composite
Score DISRUP-P (expansives Verhalten im Elternurteil) zu finden.
Einige der erwarteten Prädiktoren ließen sich nicht bestätigen, allerdings ist die
Tatsache dass die Composite Scores sich als Prädiktoren herausstellen plausibel nachvollziehbar.
Beide Composite Scores erreichen im Elternurteil einen höheren standardisierten β-Koeffizienten, dementsprechend ein stärkerer Zusammenhang mit dem
analogen Composite Score als Zielkriterium als die Composite Scores im Jugendlichenurteil. Genauer; der Zusammenhang zwischen dem CompositeScore im Elternurteil als Prädiktor und dem analogen Composite Score als Kriterium ist größer als der Zusammenhang zwischen dem Composite-Score im
Jugendlichenurteil als Prädiktor und dem analogen Composite Score als Kriterium.
Der Umstand, dass beispielsweise der Schweregrad des Schulabsentismus
oder die Diagnosen in dieser Arbeit keinen signifikanten Einfluss auf das Zielkriterium gezeigt haben, mag als weiterer Hinweis dafür gewertet werden, dass
Maike Petermann
Diskussion
66
Schulabsentismus ein heterogenes Störungsbild ist. Der Schweregrad des
Schulabsentismus wurde über die Fehlstunden auf dem letzten Zeugnis dargestellt. Da es bei den Probanden unterschiedliche Zeitspannen zwischen dem
letzten Zeugnis und der stationären Aufnahme gibt, ist es möglich, dass bei einigen Patienten der Schweregrad des Schulabsentismus unzureichend operationalisiert wurde.
Die Stichprobe der vorliegenden Untersuchung ist mit 147 Patienten recht groß
und sollte eine breite Variationsspanne des emotional bedingten Schulabsentismus bieten. Auch die 13 untersuchten potentiellen Prädiktorvariablen sollten
eine zufriedenstellende Bandbreite verschiedener Einflussfaktoren erfassen.
Um differenziertere Ergebnisse zu erhalten wäre, der Einsatz einer Kontrollgruppe, z.B. Patienten auf einer Warteliste oder Patienten mit einer alternativen
Behandlung wie zum Beispiel einer ambulanten Therapie von Vorteil gewesen.
Dann hätte in der Analyse zwischen Moderatoren und Prädiktoren unterschieden werden können. Bezüglich des Schweregrades des Schulabsentismus
stützen wir uns auf die Aussagen der Eltern, eventuell hätte eine Befragung der
Lehrer präzisere Ergebnisse ergeben. Außer den Elternfragebögen zu Angst
und Depression wurden alle anderen Daten zu psychischen Auffälligkeiten nicht
zum Zeitpunkt der Entlassung erhoben, sondern zum Katamnesezeitpunkt nach
zwei Monaten. Die Tatsache, dass circa 60 % der Patienten im Anschluss an
die stationäre Therapie eine ambulante Therapie besuchten (Walter et al.,
2010), könnte eine gewisse Abweichung zum Katamnesezeitpunkt erklären.
Die Zielkriterien bestanden allein aus Beurteilungen der Eltern und der Jugendlichen, eine zusätzliche klinische Einschätzung wäre sicherlich sinnvoll gewesen.
Gewiss wäre es darüber hinaus interessant herauszufinden, wie sich die psychischen Auffälligkeiten der Probanden im Zuge der stationären Therapie verändern. Um ein breites Spektrum an psychischen Auffälligkeiten abzudecken
wurden in dieser Untersuchung Composite Scores verwendet. Zudem Zweck
wurden Skalen aggregiert. Es wäre sinnvoll eine präzisere Analyse durchzuführen, um verdeckte spezifischere Tendenzen zu identifizieren. (z.B.: den Effekt
von selbstberichteten Symptomen von sozialer Phobie als Prädiktor und nicht
die allgemeinen Symptome von Angst und Depression)
Maike Petermann
Zusammenfassung
67
7. Zusammenfassung
Mit der vorliegenden Studie wurde versucht, Prädiktoren zu identifizieren, die
die Befindlichkeit von Jugendlichen nach Abschluss einer multimodalen stationären Kurzzeittherapie bei emotional bedingtem Schulabsentismus hinsichtlich
der psychischen Auffälligkeiten vorhersagen.
Emotional bedingter Schulabsentismus ist keine umschriebene psychische Störung oder diagnostische Entität (Jans et al. 2004).
Man kann grundsätzlich den vorwiegend emotional bedingten Schulabsentismus von dem dissozial motivierten Schulabsentismus unterscheiden (Jans et al.
2004) und der Mischung von beiden. Es gibt vielfältige Ursachen für die Schüler, der Schule fernzubleiben (Kearney 2004). Um neutral beschreiben zu können, dass ein Schüler die Schule nicht besucht, wird in der vorliegenden Arbeit
der Begriff Schulabsentismus verwendet.
Die statistischen Analysen basieren auf Daten von n = 147 Jugendlichen, die im
Zeitraum von Januar 2004 bis Juni 2008 in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters des Klinikums der Universität zu Köln stationär behandelt wurden. Das mittlere Lebensalter der Probanden liegt zu Behandlungsbeginn bei M = 15,05 Jahren, mit einer
Variationsbreite von 12,01 bis 19,04 Jahren.
Klinisch-psychiatrische Diagnosen, die im Rahmen des emotional bedingten
Schulabsentismus auftreten können, sind vor allem Ängste, Depressionen und
Anpassungsstörungen, aber auch kombinierte introversive und expansive Störungen (Egger et al. 2003).
Die Patienten hatten überwiegend Diagnosen aus dem Bereich der Angststörungen mit 38,1 %, dann folgten die depressiven Störungen mit 18,4 %; die Diagnosen aus dem Bereich der expansiven Störungen waren mit 2,8 % vertreten, und die kombinierten introversiven und expansiven Störungen stellten
einen Anteil von 26,5 % dar.
Die stationäre Behandlungsdauer lag im Mittel bei etwa neun Wochen.
Mit Hilfe der hierarchischen Regressionsanalyse wurden insgesamt 13 potentielle Prädiktorvariablen hinsichtlich ihres Einflusses auf die Zielkriterien getestet.
Bei den Zielkriterien handelt es sich um vier Composite Scores, bestehend aus
Maike Petermann
Zusammenfassung
68
aggregierten Skalen zu Angst und Depression und expansivem Verhalten, jeweils im Jugendlichen- und Elternurteil. Die Skalen wurden aus Fragebogen,
die zum Katamnesezeitpunkt nach zwei Monaten erhoben wurden, aggregiert.
Die gleichen Fragebogen wurden zum Zeitpunkt der Aufnahme erhoben und
ebenfalls zu Composite Scores aggregiert. Zusätzlich zu diesen Composite
Scores wurde eine Reihe von Patientenmerkmalen, Störungsmerkmalen und
Therapiemerkmalen als Variablen dem Regressionsmodell hinzugefügt.
Ein statistisch signifikanter Einfluss konnte für folgende Variablen festgestellt
werden:
Vier Composite Scores (Angst und Depressionen im Jugendlichen- und Elternurteil und expansives Verhalten im Jugendlichen- und Elternurteil) zeigten jeweils einen signifikanten Einfluss auf den analogen Composite Score zum Katamnesezeitpunkt nach zwei Monaten.
Außerdem zeigte die soziale Schichtzugehörigkeit einen signifikanten Einfluss
auf das Zielkriterium Composite Score ANDEP-A (Angst und Depressionen im
Jugendlichenurteil). Bei dem Zielkriterium Composite Score DISRUP-A (expansives Verhalten im Jugendlichenurteil) zeigten sich zusätzlich die Summe der
Achse V Diagnosen und der Composite Score ANDEP-A (Angst und Depressionen im Jugendlichenurteil) als signifikant.
Die Varianzaufklärungen der vier verschiedenen Regressionsmodelle liegen
zwischen 31 % und 42 %. Vor allem die Composite Scores klären die meiste
Varianz auf, die restlichen Variablen haben darüber hinaus keinen zusätzlichen
Aussagewert.
Daraus lässt sich folgern, dass man den Erfolg der multimodalen stationären
Kurzzeittherapie im Hinblick auf die psychischen Auffälligkeiten mit verschiedenen Prädiktoren vorhersagen kann.
Wünschenswert wäre eine Betrachtung der Veränderungen der psychischen
Auffälligkeiten während der Therapie.
Maike Petermann
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Maike Petermann
Anhang
XX
9. Anhang
9.1. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Alter der Patienten in Jahren ......................................................28
Abbildung 2: IQ-Standardwerte .......................................................................29
Abbildung 3: Erste Diagnose (Angststörung) nach ICD-10 .............................30
Abbildung 4: Erste Diagnose (depressive Störung) nach ICD-10 ...................31
Abbildung 5: Erste Diagnose (kombinierte introversive und expansive Störung)
nach ICD-10 ..............................................................................32
Abbildung 6: Erste Diagnose (ohne Kategorie) nach IDC-10 ..........................33
Abbildung 7: Zweite Diagnose nach ICD-10 ...................................................34
Abbildung 8: Dritte Diagnose nach ICD-10 .....................................................35
Abbildung 9: Besuchte Schulform vor Aufnahme ............................................36
Maike Petermann
Anhang
XXI
9.2. Tabellenverzeichnis
Tabelle 1:
Korrelationskoeffizienten der Prädiktorvariablen .........................50
Tabelle 2:
Aufgenommene Variablen des Modells K1 Composite Score
DISRUP-A ....................................................................................52
Tabelle 3:
Modellzusammenfassung K1 Composite Score DISRUP-A ........52
Tabelle 4:
Regressionsmodell (Koeffizienten) mit dem abhängigen Kriterium
K1 Composite Score DISRUP-A ..................................................52
Tabelle 5:
Aufgenommene Variablen des Modells K1 Composite Score
DISRUP-P ....................................................................................55
Tabelle 6:
Modellzusammenfassung K1 Composite Score DISRUP-P ........55
Tabelle 7:
Regressionsmodell (Koeffizienten) mit dem abhängigen Kriterium
K1 Composite Score DISRUP-P ..................................................56
Tabelle 8:
Aufgenommene Variablen des Modells K1 Composite Score
ANDEP-A .....................................................................................57
Tabelle 9:
Modellzusammenfassung K1 Composite Score ANDEP-A .........57
Tabelle 10: Regressionsmodell (Koeffizienten) mit dem abhängigen Kriterium
K1 Composite Score ANDEP-A ...................................................58
Tabelle 11: Aufgenommene Variablen des Modells K1 Composite Score
ANDEP-P .....................................................................................59
Tabelle 12:
Modellzusammenfassung K1 Composite Score ANDEP-P .........59
Tabelle 13: Regressionsmodell (Koeffizienten) mit dem abhängigen Kriterium
K1 Composite Score ANDEP-P ...................................................60
Maike Petermann
Lebenslauf
XXII
10. Lebenslauf
Mein Lebenslauf wird aus Gründen des Datenschutzes in der elektronischen
Fassung meiner Arbeit nicht veröffentlicht.
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