Teil IV Funktionen Mehrer Veränderlicher Inhaltsangabe 4 Funktionen mehrerer Veränderlicher 49 4.1 Partielle Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 4.2 Höhere Partielle Ableitungen . . . . . . . . . . . . . . . . 52 4.3 Tangentialebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4.4 Totales Di↵erential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 4.5 Kettenregel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 4.6 Partielle Ableitungen in der Thermodynamik . . . . . . . 63 4.7 Implizite Funktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 4.8 Taylorentwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 4.9 Extremwerte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 4.10 Multilineare Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4.11 Integration von Funktionen mehrerer Veränderlicher . . . 83 4.12 Kurven- oder Pfadintegrale . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 48 4 Funktionen mehrerer Veränderlicher 4.1 Slide 89 Partielle Ableitungen Beispiel van der Waals-Zustandsgleichung eines realen Gases für den Druck als abhängige Größe p = p(V, T, n) = RT V bn an2 V2 R, a, b sind Konstanten (R ist eine universelle Konstante, a und b sind Materialkonstanten) (in der Mathematik heißen Konstanten auch Parameter) T, V, n sind Variable (also durch den experimentellen Aufbau bestimmte, manipulierbare Größen) Slide 90 O↵ene Menge Definition: O↵ene Menge eine Menge A 2 Rn heißt o↵en, wenn es zu jedem Punkt (x1 , x2 , . . . , xn ) 2 A eine Kugel um diesen Punkt mit Radius ✏ > 0 gibt, die ganz in A liegt. Slide 91 Abbildung Definition: Abbildung Eine Abbildung f : A ⇢ Rn 7 ! R heißt (reellwertige) Funktion von n Veränderlichen. Man schreibt auch f (x1 , x2 , . . . , xn ) Oft verwendet man statt x1 , x2 , . . . die Variablen x, y, z. Ist f komplex, so heisst f eine komplexwertige Funktion von n (reellen) Variablen. 49 Slide 92 Partielle Ableitung Definition: Partielle Ableitung f : A ⇢ Rn 7! R heißt im Punkt (x01 , x02 , . . . , x0n ) 2 A partiell nach x1 di↵erenzierbar, wenn der Limes @f 0 0 (x1 , x2 , . . . , x0n ) = @x1 f (x01 + t, x02 , . . . , x0n ) f (x01 , x02 , . . . , x0n ) lim t!0 t @f heißt dann @x1 partielle Ableitung von f nach x1 im Punkt (x01 , x02 , . . . , x0n ). existiert. Slide 93 Bemerkungen • man schreibt auch statt tion von x1 , x2 , . . . , xn . @f einfach fx1 . fx1 ist i.A. wieder eine Funk@x1 • will man andeuten, dass es sich um den Funktionswert fx1 an der Stelle (x01 , x02 , . . . , x0n ) handelt, schreibt man auch fx1 (x01 , x02 , . . . , x0n ) • Ist aus dem Zusammenhang nicht erkennbar, welche Variablen konstant gehalten werden, so schreibt man explizit ✓ ◆ @f @x1 x2 ,x3 ,...,xn Slide 94 Partielle Di↵erenzierbarkeit Definition: Partielle Di↵erenzierbarkeit Wenn an der Stelle (x01 , x02 , . . . , x0n )alle partiellen Ableitungen nach den xi existieren, heißt die Funktion f partiell di↵erenzierbar in (x01 , x02 , . . . , x0n ) Sind die partiellen Ableitungen fxi darüber hinaus auch noch stetig, so heißt f stetig partiell di↵ferenzierbar. Slide 95 50 Gradient Bemerkung: Die n partiellen Ableitungen von f nach den xi kann man zu einem Spaltenvektor zusammenfassen. Definition: Gradient / Nablaoperator Der Vektor 0 1 f x1 B fx C 2 C ~ = rf = B rf B .. C @ . A f xn ~ oder r heißt heißt Gradientenvektor. Der Operator r Nablaoperator. Slide 96 Bemerkungen ~ definiert i.a. eine vektorwertige Funktion von n Veränder• Der Vector rf lichen x1 , x2 , . . . , xn . • Operatoren werden in der Quantenmechanik häufig vorkommen. Be~ einfach(?) als eine Abbildungsvortrachten Sie den Nablaoperator r schrift, um aus einer Funktion (in diesem Fall f ) eine andere Funktion (in diesem Fall die vektorwertige Funktion der partiellen Ableitungen von f) zu erzeugen. Slide 97 Beispiel n=3 f (x, y, z) = p 1 x2 y2 z2 D = A = {(x, y, z)|x2 + y 2 + z 2 1} Einheitskugel 1 x fx = p · ( 2x) = p 2 1 x2 y 2 z 2 1 x2 y 2 z 2 y z Analog fy = p und fz = p ~ = ) rf p 1 1 x2 y2 0 1 x @ y A= z2 z 51 1 T p (x, y, z) ~ zeigt stets in Richtung auf den Ursprung. Dort ist f maximal. f fällt rf zur Oberfläche der Kugel monoton ab. 4.2 Slide 98 Höhere Partielle Ableitungen Bemerkungen • die 2. Ableitung einer Funktion f (x) ist die 1. Ableitung der 1. Ableitung d2 f df 0 f 00 (x) = 2 = dx dx • Die Ableitung einer vektorwertigen Funktion f = (f1 , f2 , . . . , fm )T , wobei jedes fi eine Funktion fi (x1 , x2 , . . . , xn ) ist, wird gebildet, indem für jede Komponente fi die n partiellen Abbildungen nach den xj gebildet werden. Slide 99 Jacobi-Matrix 0 B B B B 0 f =B B B B @ @f1 @x1 @f1 @x2 ... @f1 @xn @f2 @x1 @f2 @x2 ... @f2 @xn .. . .. . .. .. . @fm @x1 @fm @x2 ... . @fm @xn 1 C C C C C C C C A Man nennt diese Matrix auch die Jacobi-Matrix oder Jacobische Matrix oder Jacobian. Slide 100 Partielle Ableitungen 2. Ordnung 52 Definition: Die partiellen Ableitungen einer f (x1 , x2 , . . . , xn ) bezeichnet mant mit fxi xj f xi xj = Funktion @ 2f . @xj @xi für xi 6= xj spricht man von einer gemischten Ableitung, andernfalls von einer reinen Ableitung. Slide 101 Bemerkung @ 2f bedeutet, dass f zuerst nach xi abgeleitet und dann @xj @xi nach xj abgeleitet wird. • f xi xj = Operatorschreibweise: fxi xj = • • Slide 102 @ @ f @xj @xi Operator Operator Funktion @ ist ein Di↵erentialoperator, der aus einer Funktion ihre Ableitung @xi bildet. Hesse-Matrix Definition: Hesse-Matrix f 00 Die Matrix der n ⇥ n = n2 zweiten partiellen Ableitungen einer Funktion f heißt Hesse-Matrix f 00 1 0 fx1 x1 fx1 x2 . . . fx1 xn B fx x fx x . . . f x x C 2 2 2 n C B 2 1 f 00 = B .. .. .. C . . @ . . . A . f xn x1 f xn x2 . . . f xn xn Slide 103 53 Beispiel f (x, y, z) = x · y · z 2 ~ T = f~ 0 T = (yz 2 , xz 2 , 2xyz) rf 0 1 0 z 2 2yz 0 2xz A f 00 = @ z 2 2yz 2xz 2xy Beobachtung: Die Hessesche Matrix ist symmetrisch f xi xj = f xj xi Slide 104 Der Satz von Schwarz Satz von Schwarz Sind in einem Bereich G die Ableitungen fxi xj und fxj xi stetige Funktion von xi und xj , so gilt: fxi xj = fxj xi Slide 105 Bemerkungen • Wenn der Satz von Schwarz gilt, ist die Reihenfolge der Di↵erentiation unerheblich. Statt n2 verschiedener Ableitungen müssen nur n(n + 1)/2 Terme berechnet werden. • Der Satz gilt analog auch für die höheren Ableitungen, z.B. 3. Ableitungen von f (x1 , x2 , x3 , x4 , x5 ): f x1 x4 x5 = f x1 x5 x4 = f x5 x1 x4 = f x5 x4 x1 = f x4 x1 x5 = f x4 x5 x1 • Daraus ergibt sich auch eine Wahlfreiheit bzgl. der Reihenfolge (! Vereinfachungen) 54 4.3 Slide 106 Tangentialebenen Bemerkungen • Funktionen mehrerer Veränderlicher, die di↵erenzierbar sind, also partielle Ableitungen besitzen, sind stetig. • Die Umkehrung gilt nicht: Nicht jede stetige Funktion hat immer und überall partielle Ableitungen. (aber meistens!) Slide 107 Frage? Man kann sich jetzt die Frage stellen Liegen alle durch die partiellen Ableitungen definierten Tangenten in einer Ebene? Dies folgt nicht einfach aus der Tatsache, dass z.B. fx (x0 , y0 ) und fy (x0 , y0 ) existieren!! Slide 108 Di↵erenzierbarkeit Satz Hinreichende Bedingung für die Existenz der Tangentialebene im Punkt P = (x1 , x2 , . . . , xn ) ist, dass die partiellen Ableitungen in P existieren und stetig sind. Wenn in P eine Tangentialebene existiert, heißt die Funktion an der Stelle P di↵erenzierbar. 4.4 Totales Di↵erential Slide 109 This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink Slide 110 55 This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink Muhammet Cakir (GFDL: http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html)1 Slide 111 This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink Slide 112 Abschätzung der Funktionsänderung This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink Um welchen Wert ändert sich z = f (x, y), zwischen den Raumpunkten (x, y, f ) und (x + dx, y + dy, f + df ) ? dz = df ⇡ fx dx + fy dy dz = df ⇡ fx dx + fy dy Slide 113 Abschätzung der Funktionsänderung This figure not shown due to copyright reasons! goto hyperlink Je kleiner dx und dy, desto genauer die Approximation. Die Gleichung ist natürlich nur sinnvoll, wenn die Tangentialebene existiert. Natürlich kann man diese Überlegungen auch auf n Dimensionen (n Variablen) verallgemeinern(aber nicht zeichnen). Slide 114 1 Muhammet Cakir (GFDL: http://www.gnu.org/copyleft/fdl.html) 56 Totales Di↵erential Definition: Totales Di↵erential Existiert im Punkt P = (x1 , . . . , xn ) eine Tangentialebene an die Funktion f (x1 , . . . , xn ), dann führt eine kleine Änderung dx1 von x1 , dx2 von x2 , . . ., dxn von xn zu einer Änderung der Funktion f um df df = fx1 dx1 + fx2 dx2 + . . . fxn dxn n X = fxi dxi i=1 df heißt totales Di↵erential. Slide 115 Bemerkung Wenn auch stetige Ableitungen höherer Ordnung existieren, kann man auch totale Di↵erentiale höherer Ordnung definieren. d2 f = d(df ) Slide 116 Beispiel z = z(x, y) 2 dz = = = = ✓ ◆ @z @z d(dz) = d dx + dy @x @y ✓ ◆ @ @z @z dx + dy dx @x @x @y ✓ ◆ @ @z @z + dx + dy dy @y @x @y zxx dxdx + zyx dydx + zxy dxdy + zyy dydy zxx (dx)2 + 2zxy dxdy + zyy (dy)2 Satz von Schwarz 57 Slide 117 Bemerkung im allgemeinen Fall gilt d2 f = 4.5 n X n X @ 2f dxi dxj @x @x i j i=0 j=0 Kettenregel Slide 118 • Sei z = f (u, v) und seien u, v selbst wieder Funktionen von, z.B. x und y mit u = '(x, y) und v = (x, y). • z = f (u, v) = f ('(x, y), (x, y)) = f˜(x, y) Es gilt o↵ensichtlich @z @z @u @z @v = · + · @x @u @x @v @x @z @z @u @z @v = · + · @y @u @y @v @y • allgemein: z hängt von m Variablen ui ab, die ihrerseits wiederum als Funktionen von m Variablen xk abhängen. Slide 119 Kettenregel verallgemeinerte Kettenregel m X @z = @xk i=0 Slide 120 ✓ @z @ui 58 ◆ ✓ ◆ @ui · @xk Matrixschreibweise • Schreibt man dz := du und ✓ 0 B du B := B dx @ @z @z @z , ,..., @u1 @u2 @um @u1 @x1 @u2 @x1 @u1 @x2 @u2 @x2 .. . ... ... .. . @u1 @xm @u2 @xm @um @x1 @um @x2 ... @um @xm .. . .. . so erhält man verallgemeinerte Kettenregel dz dx |{z} = Zeilenvektor analog zur Kettenregel in 1D Slide 121 ◆ dz du |{z} Zeilenvektor · 1 C C C A du dx |{z} Matrix Beispiel 1 f (u, v) = k u2 + v 2 2 1 u := p (x + y) 2 1 v := p (x 2 fu = ku y) fv = kv @u @v + fv @x @x 1 1 = k·u· p +k·v· p 2 2 1 1 = k · (x + y) + k (x y) 2 2 = k·x fx = fu Slide 122 59 Beispiel 1 f (u, v) = k u2 + v 2 2 1 u := p (x + y) 2 1 v := p (x 2 fu = ku y) fv = kv @u @v + fv @y @y 1 1 = k · u · p + k · v · p · ( 1) 2 2 1 1 = k · (x + y) k (x y) 2 2 = k·y fy = fu Slide 123 Beispiel 60 Probe (Ersetzen von u, v in f durch x, y) u 2 = = v2 = = ) u2 + v 2 = ) ) ) Slide 124 f = fx = fy = ✓ 1 p (x + y) 2 ◆2 1 2 (x + 2xy + y 2 ) 2 ✓ ◆2 1 p (x y) 2 1 2 (x 2xy + y 2 ) 2 x2 + y 2 1 k(x2 + y 2 ) 2 kx ky q.e.d Koordinatentransformation Dies ist ein Beispiel für den E↵ekt einer Koordinatentransformation (u, v) ! (x, y) 61 Slide 125 Koordinatentransformation 62 Wegen Ihrer Form als Rotationsellipsoid (um die z-Achse) sieht die Funktion f (u, v) genauso aus wie die Funktion f˜(x, y) f˜ = f (u(x, y), v(x, y)) Im allgemeinen sehen f und f˜ verschieden aus! 4.6 Slide 126 Partielle Ableitungen in der Thermodynamik Thermodynamische Energiefunktionen & Zustandsgleichung sei z = f (u, v, w) und sei w = w(u, v, x) dann ist o↵ensichtlich z = f (u, v, w) = f (u, v, w(u, v, x)) = '(u, v, x) f und ' sind 2 verschiedene Funktionen von drei Veränderlichen U = U (S, V, N ) innere Energie p = p(V, N, T ) Zustandsgleichung (oder V = V (p, N, T )) Slide 127 Beispiel U = E = TS pV + µN = U (T, V, N ) V = V (p, T, N ) = Ũ = Ẽ = T S N kT R (ideales Gas, k = Boltzmannkonstante) P NA N kT + µN = Ũ (T, p, N ) Ẽ hängt von T und N in komplexerer Weise ab als E allerdings hängt Ẽ jetzt aber in trivialer Weise von p ab (nämlich gar nicht), bzw. Ẽ ist konstant bzgl. einer Änderung von p. Slide 128 63 partielle Ableitungen in der Thermodynamik U = E = T S pV + µN = U (T, V, N ) Ũ = T S N kT + µN = Ũ (T, p, N ) @E =S @T @E =µ @N @ Ẽ =S @T @ Ẽ =µ @N Nk kT ) In der Thermodynamik legt man meistens fest, welche anderen Variablen beim partiellen Di↵erenzieren konstant gehalten werden, indem sie als Indices an den Di↵erentialquotienten angehängt wird. Man läßt aber in der Regel die Unterscheidung zwischen E und Ẽ weg (m.a.W: man läßt die Tilde weg). Slide 129 partielle Ableitungen in der Thermodynamik Man schreibt also ✓ ◆ ✓ ◆ @E @E =S =S @T V,N @T P,N ✓ @E @T ◆ V,N 6= ✓ @E @T ◆ Nk P,N Und? So what? Man kann durch Transformation der Variablen (von V, N, T ! p, N, T ) sofort ablesen, dass sich die innere Energie des idealen Gases nicht durch Druckänderung verändern lässt! (wenn man N und T konstant lässt, also isotherm arbeitet) Slide 130 Thermodynamisches Beispiel z = f (u, v, w) w = w(u, v, x) ' = '(u, v, x) E = E(N, T, V ) = T S pV + µN V = V (N, T, p) = N kT /p Ẽ = T S N kT + µN 64 Kettenregel: ✓ @' @u ◆ = v,x ✓ @f @u ◆ + v,w ✓ @f @w ◆ u,v · ✓ @w @u ◆ v,x mit f = E, ' = Ẽ, u = T, v = N, w = V, x = p und pV = N kT gilt @ Ẽ @T ! N,p ✓ ◆ ✓ ◆ ✓ ◆ @E @E @V = + · @T N,V @V T,N @T | {z } | {z } | {z N,p} p S Slide 131 Thermodynamisches Beispiel ✓ 4.7 Slide 132 Nk p @E @T ◆ = N,p @ Ẽ @T ! =S Nk N,p Implizite Funktionen häufig kann eine Gleichung F (x, y) = 0 nicht (oder nur schwer) nach y = f (x) aufgelöst werden. Beispiel: RT an2 p = p(V, T, n) = V bn V2 Auflösung nach V erfordert die Lösung einer kubischen Gleichung. Wie kann man trotzdem in einfacher Weise Slide 133 65 ✓ @V @p ◆ berechnen? T,n Definition impliziter Funktionen Definition: implizite Darstellung Die Funktion F (x, y) = F (x, y(x)) = 0 heißt implizite Darstellung der Funktion y = f (x). y = f (x) heißt die explizite Darstellung der Funktion. Setzt man y = f (x), so ergibt sich F (x, f (x)) = 0. Slide 134 Implizite Di↵erentiation Theorem: Man erhält die Ableitung einer nur in impliziter Darstellung gegebenen Funktion dy = f 0 (x) dx gemäß dy = dx . Fx (x, y) Fy (x, y) Fx und Fy sind die partiellen Ableitungen von F nach x bzw. y. Slide 135 Beweis F (x, y) = 0 überall =) totales Di↵erential dF = 0 =) 0 = dF = Fx dx + Fy dy =) Aussage q.e.d. Bemerkung: häufig ist diese Methode der einfachere Weg, um die Ableitung zu bestimmen. Slide 136 66 Verallgemeinerung auf Funktionen von n Variablen Sei F (x1 , x2 , . . . , xn ) = 0 ⇣ ⌘ @F ✓ ◆ @xj @xi x ,k6=j = ⇣ ⌘k @F @xj xk ,k6=i,k6=j @xi xk ,k6=i Dabei sind alle Variablen äquivalent, d.h. beliebige partielle Ableitungen können so gebildet werden. Slide 137 Beispiel van der Waals-Gleichung des realen Gases Vereinfachung: für das molare Volumen (also n = 1) ⇣ a ⌘ p + 2 (V b) RT = 0 = F (p, V, T ) V ✓ ◆ @V gesucht: @p T ✓ ◆ 1 @V = ist die isotherme Kompressibilität des Gases V @p T “traditionelle Lösung”: Auflösen einer kubischen Gleichung “smarte Lösung”: implizite Di↵erentiation Slide 138 Implizite Di↵erentiation ⇣ a ⌘ p + 2 (V V ✓ @V @p ◆ = T = = b) ⇣ RT = 0 = F (p, V, T ) @F @p @F @V p+ ⌘ T,V T,p a V2 V a V2 p 67 V b + (V b) · b + 2ab V3 2a V3 4.8 Slide 139 Taylorentwicklung Taylorsche Entwicklung in 1D f (x0 + h) = f (x0 ) + f 0 (x0 ) · h + = 1 X f (i) (x0 ) i=0 i! f 00 (x0 ) 2 · h + ... 2! · hi f (0) := f und f (i) , i > 1, sind die i. Ableitungen von f Am Entwicklungspunkt x0 ist die Funktion (beliebig oft) di↵erenzierbar. • Näherungsformeln kann man durch Abbruch der Reihe nach dem n. Ableitungsterm erhalten in Form eines Polynoms n. Grades • Wie groß dabei dann h maximal gewählt werden kann, hängt vom Einzelfall ab. Slide 140 Taylorentwicklung in 2 Dimensionen • für n = 2 soll f (x + h, y + k) f (x, y) berechnet werden, wobei h und k kleine feste Werte annehmen es soll also f (x + h, y + k) approximiert werden • Wir führen einen Parameter t ein und betrachten f (x + t · h, y + t · k) =: F (t) o↵ensichtlich ist F (0) = f (x, y) und F (1) = f (x + h, y + k) • Wir können nun die Taylorformel für F (t), einer Funktion von nur einer Veränderlichen verwenden: t 0 t2 00 t3 000 F (t) = F (0) + F (0) + F (0) + F (0) + . . . 1! 2! 3! Slide 141 68 Taylorentwicklung in 2 Dimensionen F (t) = F (0) + t 0 t2 t3 F (0) + F 00 (0) + F 000 (0) + . . . 1! 2! 3! • F 0 (0) (F 00 (0)) sind die 1.(2.) Ableitung von F nach t! F (0) = f (x, y) F 0 (0) = df dt @f d(x + th) @f d(y + tk) + @(x + th) dt @(y + tk) dt = fx · h + fy · k = Slide 142 Taylorentwicklung in 2 Dimensionen F 00 (0) = d(fx · h + fy · k) dt = (n.b.: h und k sind unabhängig von t n.V.) @fx d(x + th) @fx d(y + tk) +h @(x + th) dt @(y + tk) dt @fy d(x + th) @fy d(y + tk) + k +k @(x + th) dt @(y + tk) dt = h (weil fx und fy wieder von (x + th) und (y + tk) abhängen) = fxx · h2 + 2 · fxy · h · k + fyy · k 2 Slide 143 69 Taylorentwicklung in 2 Dimensionen Setzen wir in der Gleichung F (t) = F (0) + t 0 t2 t3 F (0) + F 00 (0) + F 000 (0) + . . . 1! 2! 3! t = 1, so erhalten wir F (1) = f (x + h, y + k) = f (x, y) + 1 (fx h + fy k) 1! 1 (fxx h2 + 2fxy hk + fyy k 2 ) 2! 1 + ... 3! + Slide 144 Taylorentwicklung in 2 Dimensionen in Vektorschreibweise: ✓ ◆ ✓ ◆ ✓ ◆ f h f f x xx xy ~h := f~0 := Hesse-Matrix H := fy k fxy fyy f (x + h, y + k) = f (x, y) T + f~0 · ~h + 1~ T h · H · ~h + . . . 2 Bricht man nach den Gliedern der n-ten Ableitungen ab, so spricht man vom Taylorpolynom n-ter Ordnung Slide 145 70 Satz von Taylor Satz von Taylor Theorem: Sei f (x, y) eine (n + 1)mal stetig di↵erenzierbare Funktion. Dann ist die Funktion die Summe aus dem Taylorpolynom n-ter Ordnung, Tn , n P und einem Restglied Rn+1 . Tn (h, k) = tj (h, k) mit j=0 j 1X tj (h, k) = j! i=0 ✓ ◆ j @j f hi k j i i j i . i @x @y Das Restglied ist (mit # 2 (0, 1)) definiert als n+1 X 1 Rn+1 (h, k) = (n + 1)! i=0 Slide 146 ✓ n+1 i ◆ hi k n+1 i@ i f (x + #h, y + #k) @xi @y n+1 i Satz von Taylor Analoge Formeln gelten für mehr als zwei Veränderliche. Für 3 Veränderliche enthalten die Formeln dann für tn Terme wie @ nf hi k j l m , i + j + m = n @xi @y j @z m ✓ ◆ j Statt Binomialkoeffizienten verwendet man dann Multinomialkoefi ✓ ◆ n fizienten ij k Die Formeln werden sehr komplex, jedoch ist die Berechnung eines Taylorpolynoms als lokale Approximation für eine Funktion in der Praxis sehr einfach, wie das nächste Beispiel zeigt. Slide 147 Beispiel 1 f (x, y, z) = sin(x) + cos(y + z) Entwicklungspunkt: x~0 T = (x0 , y0 , z0 ) = (0, 0, 0) f (x0 , y0 , z0 ) = 1 71 fx = cos(x) =) fx (0, 0, 0) = 1 fy = fz = sin(y + z) =) fy (0, 0, 0) = fz (0, 0, 0) = 0 fxx = sin(x) =) fxx (0, 0, 0) = 0 fyy = cos(y + z) =) fyy = fyz = fzz = 1 fxy = fxz = 0 T2 (x, y, z) = 1 + 1 x keine Terme / y, z 1! 1 2 (y + z 2 + 2 · y · z) 2! 1 2 1 2 = 1+x y z y·z 2 2 Slide 148 Beispiel 1 T2 (x, y, z) = 1 + x = 1+x 1 2 1 2 y z 2 2 1 (y + z)2 2 y·z Dies ist das gleiche Ergebnis, als hätte ich sin(x) und cos(v) mit v = y + z jeweils für sich in einer Dimension in eine Taylorreihe bis zur 2. Ordnung entwickelt. Slide 149 sin(x) ⇡ x x3 3! cos(v) ⇡ 1 1 2 v 2 + 4!1 v 4 =) f (x, y, z) ⇡ x + 1 1 2 v 2 =) f (x, y, z) ⇡ x + 1 1 2 y 2 1 2 z 2 72 y·z Beispiel 2 f (x, y) = ex·y bis zur 4. Ordnung Entwicklungspunkt: x~0 T = (x0 , y0 ) = (0, 0) f (x0 , y0 ) = 1 fx = y · exy =) fx (0, 0) = 0 fy = x · exy =) fy (0, 0) = 0 fxx = y 2 exy =) fxx (0, 0) = 0 fyy = x2 exy =) fyy (0, 0) = 0 fxy = (1 + xy)exy =) fxy (0, 0) = 1 1 T2 (x, y, z) = 1 + 2 · xy = 1 + xy 2 Slide 150 Beispiel 2 alle 3. Ableitungen verschwinden von den 4. Ableitungen bleiben nur die Terme fxxyy und Permutationen übrig. ✓ ◆ 4 Davon gibt es =6 22 1 T4 (x, y, z) = 1 + 2 · xy = 1 + xy 2 1 + · 6x2 y 2 4! 1 = 1 + xy + (xy)2 2 1 Vergleichen Sie damit die 1D-Entwicklung ev ⇡ 1 + v + v 2 mit v = xy 2 Slide 151 73 Fazit Taylorentwicklungen in mehreren Dimensionen kann man sehr erleichtern, indem man statt der exakten Formeln einfach die Entwicklungen (in einer Dimension) der speziellen Funktionen einsetzt. Dabei ist dann zu beachten, dass man immer soviele Terme berücksichtigt, dass am Ende kein Polynomterm mit einer Ordnung gleich oder kleiner der gewünschten Entwicklungsordnung n vergessen wird. Slide 152 Beispiel f (x, y, z) = exyz sin(x+y+z) Entwicklung um (0, 0, 0) bis zur 8. Ordnung! ev ⇡ 1 + v + 12 v 2 + 16 v 3 + sin(w) ⇡ w 1 3 w 6 + 1 4 v 24 1 w5 120 ⇥ Setze v = xyz · (x + y + z) 1 (x 6 + y + z)3 + 1 (x 120 + y + z)5 ⇤ v enthält Terme 4., 6. und 8. Ordnung (Gesamtpotenz in x, y, z) und solche mit höherer Potenz als 8 (die wir weglassen können). v enthält keine Terme 1. -3. Ordnung f (x, y, z) ⇡ 1 + v + 12 v 2 ⇥ f (x, y, z) ⇡ 1 + xyz (x + y + z) 1 (x 6 + 12 [xyz(x + y + z)]2 Slide 153 ⇤ + y + z)3 + 1 xyz(x 120 + y + z)5 Beispiel ⇥ f (x, y, z) ⇡ 1 + xyz (x + y + z) + 12 [xyz(x + y + z)]2 1 (x 6 + y + z)3 + 1 (x 120 + y + z)5 ⇤ aus dem linearen Term der Entwicklung der e-Funktion mussten wir die Terme 4., 6. und 8. Ordnung übernehmen. Die anderen Terme haben mindestens die Ordnung 10. 74 aus dem quadratischen Term mussten wir nur den Term 8. Ordnung übernehmen. Andere Terme haben mindestens die Ordnung 10 (4 + 6) f (x, y, z) ⇡ T8 (x, y, z) = 1 + x2 yz + xy 2 z + xyz 2 1 xyz(x3 6 + y3 + z3) 1 xyz(x2 y 2 1 xyz(x 120 + xy 2 + x2 z + xz 2 + y 2 z + yz 2 ) + y + z)5 + 1 2 2 2 2 x y z (x 2 4.9 Slide 154 x2 y 2 z 2 + + y 2 + x2 + 2xy + 2yz + 2xz) Extremwerte Lokale Minima und Maxima Definition: lokale Extrema Eine Funktion z = f (x1 , x2 , . . . , xn ) besitzt im Punkt (x01 , x02 , . . . , x0n ) ein lokales Minimum, wenn für ein beliebig kleines, aber festes " > 0 gilt f (x01 + x1 , x02 + x2 , . . . , x0n + xn ) f (x01 , x02 , . . . , x0n ) > 0 für alle | xi | < ". Analog liegt ein lokales Maximum vor, wenn gilt f (x01 + x1 , x02 + x2 , . . . , x0n + xn ) f (x01 , x02 , . . . , x0n ) < 0 für alle | xi | < ". Slide 155 Bemerkung • Die Beziehungen des Satzes lassen sich auch schreiben als df (x1 , x2 , . . . , xn ) 0 für lokale Minima df (x1 , x2 , . . . , xn ) 0 für lokale Maxima, mit xi ! dxi 75 • Minima und Maxima sind durch horizontale Tangentialebenen charakterisiert. • Daneben gibt es aber auch noch andere Stellen mit horizointalen Tangentialebenen wie z.B. Sattelpunkte (s.u.) • Eine notwendige Bedingung für die Existenz horizontaler Tangentialebenen ist z.B. (für 2 Variablen) fx (x, y) = 0 undfy (x, y) = 0 für n Variablen fxi (x1 , x2 , . . . , xn ) = 0 für i = 1, 2, . . . , n Papula, Bd. 2, Bild III-34 Slide 156 Slide 157 Kritischer Punkt Definition: Kritischer Punkt Ein Punkt (x01 , x02 , . . . , x0n ) heißt kritischer Punkt der Funktion f (x1 , x2 , . . . , xn ), wenn für alle xi , i = 1, . . . n gilt: fxi (x1 , x2 , . . . , xn ) = @f (x1 , x2 . . . , xn ) =0 @xi im Punkt (x01 , x02 , . . . , x0n ). An einem kritischen Punkt ist das totale Di↵erential df = 0. Slide 158 Kritischer Punkt 76 Satz An einem kritischen Punkt der Funktion f (x1 , x2 , . . . , xn ) liegt ein Maximum oder Minimum vor, wenn die Determinante der Hesse-Matrix |H| > 0 ist. Wenn die Determinante |H| < 0 ist, liegt ein Sattelpunkt vor. In 2 Dimensionen reicht es dann, das Vorzeichen von fxx (oder fyy ) zu betrachten, um zu entscheiden, ob ein lokales Minimum oder ein Maximum vorliegt: Ist fxx > 0, so liegt ein lokales Minimum vor. Ist fxx < 0, so liegt ein lokales Maximum vor. Ist die Determinante von H = 0, so lässt sich anhand dieses Satzes nicht entscheiden, ob ein lokales Minimum oder ein lokales Maximum vorliegt. In mehr als 2 Dimensionen muss man auf die Eigenwerte von H zurückgreifen. Slide 159 Beispiel f (x, y) = x2 a2 + fx (x, y) = 2x a2 fy (x, y) = 2y b2 y2 b2 =) (x0 , y0 ) = (0, 0) ist der einzige kritische Punkt fxx (x, y) = 2 a2 > 0 fxy = fyx = 0 fyy (x, y) = 2 fxy = |H| = fxx · fyy 4 a2 b 2 >0 =) Minimum Slide 160 Beispiel 2 f (x, y) = fx (x, y) = fy (x, y) = y2 b2 x2 a2 2x a2 2y b2 77 2 b2 >0 =) (x0 , y0 ) = (0, 0) ist der einzige kritische Punkt fxx (x, y) = 2 a2 > 0 fxy = fyx = 0 fyy (x, y) = |H| = fxx · fyy 2 fxy = 4 a2 b2 2 b2 <0 <0 =) Sattelpunkt Papula, Bd. 2, Bild III-36 Slide 161 Slide 162 Anwendungen • thermodynamisches Gleichgewicht =) Finden des Minimums der freien Energie (oder des Maximums der Entropie) • Quantenmechanik =) Bestimmung der minimalen Energie eines Moleküls als Funktion der Kernkoordinaten: Strukturbestimmung Bestimmung der minimalen Energie eines Moleküls als Funktion der Beiträge von Atomorbitalen in MOs: Quantenchemie • Fitten von Daten an Modelle =) lineare Regression Multilineare Regression 4.10 Slide 163 Multilineare Regression Ausgleichsgerade Aufgabe: Finden Sie die “beste” Ausgleichsgerade durch die Messpunkte! n Punkte (xi , yi ), z.B. Messwerte Eine Gerade ist gegeben durch die Gleichung y = a0 + a1 x Frage: Was ist die “beste” Gerade? Antwort: Diejenige, die die Abweichungen zwischen Experiment und Ausgleichsgerade Minimiert. Slide 164 78 Ausgleichsgerade y • • • • • • x Welche Funktion soll minimiert werden? Slide 165 Ausgleichsgerade Welche Funktion soll minimiert werden? in der Regel f (a0 , a1 ) = n X yi expt yi berechnet 2 i=1 = n X (yi a0 a1 x i ) 2 i=1 a0 , a1 sind die Variablen in dieser Betrachtung, da sie berechnet werden müssen. Die (xi , yi ) sind nach der Messung Konstanten (Mess”werte”) Slide 166 Zielfunktion Man nennt f (a0 , a1 ) auch die (quadratische) Norm, den “Abstand”, die Zielfunktion, “the Objective”, etc. • Prinizipiell funktioniert jede Norm, also auch n X |yi a0 a1 xi |m , m = 1, . . . , ]1 i=1 mehr oder weniger gut. Slide 167 79 Die Bestimmung der Koeffizienten a0 und a1 n X @f =2 (yi @a0 i=1 a0 a1 xi ) · ( 1) a0 a1 x i ) · ( x i ) n X @f =2 (yi @a1 i=1 ! 0=2 n X (yi a0 a1 x i ) i=1 ! 0=2 n X (yi xi a0 x i a1 x2i ) i=1 Slide 168 Die Bestimmung der Koeffizienten a0 und a1 ! 0=2 n X (yi a0 a1 xi ) i=1 ! 0=2 n X (yi xi a0 x i a1 x2i ) i=1 s0 := sx2 := n X i=1 n X 1 = n sx := n X xi i=1 sy := n X i=1 x2i i=1 0 = 2 · ( sy + na0 + sx a1 ) 0 = 2 · ( sxy + sx a0 + sx2 a1 ) Slide 169 80 yi sxy := n X i=1 xi yi Die Bestimmung der Koeffizienten a0 und a1 2 · ( sy + na0 + sx a1 ) 2 · ( sxy + sx a0 + sx2 a1 ) 0= 0= • aus (1) a0 = sy a1 s x n • eingesetzt in (2): a1 s x + s x 2 a1 n✓ ◆ sx sy (sx )2 = sxy + + s x2 a1 n n ! ⇣ sx sy ⌘ 1 = sxy · 2 n sx2 (snx ) 0 = ) a1 Slide 170 sxy + sx sy Die Bestimmung der Koeffizienten a0 und a1 a1 = = ⇣ sxy sxy n sxy n s x2 n nsxy = nsx2 = sx sy ⌘ · n sx sy n · 1 s x2 1 sx2 n (sx )2 n sx sy (sx )2 sx sy = a1 (sx )2 Slide 171 81 (sx )2 n ! Die Bestimmung der Koeffizienten a0 und a1 a1 s x n sy sx nsxy sx sy = · n n nsx2 (sx )2 sy (n · sx2 sx · sx ) sx · nsxy + sx · sx · sy = n(n · sx2 sx · sx ) sy sx2 sx sxy = = a0 nsx2 sx sx a0 = sy Koeffizienten lineare Regression a0 = Slide 172 s y s x2 nsx2 sx sxy sx sx a1 = nsxy nsx2 sx sy sx sx Multilineare Regression Der allgemeine Fall y= N X ak x k k=0 erfordert das Lösen eines Gleichungssystems mit (N + 1) Gleichungen und (N + 1) unbekannten Koeffizienten ak . Dabei werden Summen des Typs n P i=1 xki yi und n P i=1 xki benötigt. Das Gleichungssystem wird dann in der Regel durch Matrixinversion gelöst. Wenn die Koeffizienten ai nicht mehr linear im ’Fitausdruck’ vorkommen, funktioniert die Matrixinversion nicht mehr, man muss stattdessen ein nichtlineares Fitverfahren anwenden. 82 4.11 Slide 173 Integration von Funktionen mehrerer Veränderlicher Integration über eine Variable Sei f (x, y) = x2 + 2y eine Funktion der zwei Variablen x und y. Ein Intervall [a, b] = [2, 4] sei für die Variable y definiert. Man kann die Funktion f (x, y) im Intervall [a, b] nach y integrieren, wenn man x als einen Parameter betrachtet. • dann ist g= Zb f (y; x)dy = a Z4 f (y; x)dy 2 natürlich wieder eine Funktion g(x). Slide 174 Integration über eine Variable g(x) = Z4 f (y; x)dy 2 = ⇥ x2 y + y 2 2 = 4x + 16 = 2x2 + 12 Slide 175 y=2 (2x2 + 4) Integration Theorem: Wenn f (x, y) eine im abgeschlossenen Rechteck [c, d] ⇥ [a, b] stetige Funktion von x und y ist, so ist g(x) mit der Rb Definition der g(x) := g(x, y)dy eine stetige Funktion a von x. Frage: ist g(x) di↵erenzierbar? Slide 176 ⇤y=4 83 Integration Theorem: Wenn f (x, y) und fx (x, y) im abgeschlossenen Rechteck [c, d] ⇥ [a, b] existieren und stetig sind, so ist g(x) = Zb f (x, y)dy a im Intervall bzgl. x di↵erenzierbar und es gilt: d g (x) = dx 0 Zb f (x, y)dy = a Slide 177 Zb a Beispiel g(x) = Z2 @f (x, y)dy @x |{z} fx (x2 + 2y)dy = 2x2 + 4 0 g 0 (x) = 4x Aufgrund des Satzes ist d g(x) = dx Z2 2xdy = [2xy]y=2 y=0 = 4x 0 Slide 178 Nichtkonstante Integrationsgrenzen Interessant ist der Fall, wenn a und b ebenfalls Funktionen von x sind, also Z2 (x) g(x) = f (x, y)dy 1 (x) Slide 179 84 Nichtkonstante Theorem: Integrationsgrenzen Wenn f (x, y), 1 (x), 2 (x) stetige Ableitungen nach x besitzen, gilt Z2 (x) fx (x, y)dy g 0 (x) = 1 (x) + f (x, 2 (x)) Kettenregel: g(x) = '(x, · 0 2 (x) 1 (x), f (x, 1 (x)) · 0 1 (x) 2 (x)) Slide 180 g 0 (x) = + + Slide 181 @' @x @' d 1 @ 1 dx @' d 2 @ 2 dx Ableitung bei konstanten Grenzen Ableitung nach oberer Grenze Ableitung nach unterer Grenze Beispiel sin x Z g(x) = xydy x2 sin x Z ) g (x) = ydy + x | sin {z x} · cos | {zx} 0 f (x, x2 x3 · |{z} 2x |{z} f (x, = = 2 (x)) 1 (x)) 1 2 y 2 0 2 (x) 0 1 (x) sin x + x sin x cos x 2x4 x2 1 2 sin x 2 1 4 x 2 2x4 + x sin x cos x 85 = sin x ✓ 1 sin x + x cos x 2 ◆ 5 4 x 2 g(x) ist (zumindest im aktuellen Beispiel) wieder eine stetige Funktion von x und kann wieder integriert werden. Slide 182 Zusammen mit der ersten Integration spricht man für die zweite Integration (nach x) von einem Doppelintegral für mehr als 2 Dimensionen von Dreifach- bzw. n-fach-Integralen. zur Berechnung gilt der folgende nützliche Satz von Fubini: Slide 183 Satz von Fubini Satz von Fubini Das Doppelintegral der im abgeschlossenen Rechteck [c, d] ⇥ [a, b] stetigen Funktion f (x, y) ist unabhängig von der Reihenfolge der Integrationen Zd Zb Zb Zd f (x, y)dxdy = f (x, y)dydx c Slide 184 a a c zur Schreibweise • Man zieht häufig das dxi zum zugehörigen Integralzeichen vor und schreibt es direkt hinter das Integralzeichen (“Operatorschreibweise”) Zd c dy Zb dx f (x, y) = a Zb a dx Zd dy f (x, y) c • “Abarbeiten” von Innen (rechts) nach Außen (links) • Zb dx ist dann der Operator für die Vorschrift “integriere nach x von a a bis b”. Slide 185 86 Anwendung: Bereichsintegrale V = lim lim m!1 n!1 Slide 186 m X n X i=1 j=1 V = lim lim m!1 n!1 Grenzübergang V = xi yj · f (xi , yj ) m X n X i=1 j=1 ZZ xi yj · f (xi , yj ) f (x, y)dxdy B wobei Volumenanteile oberhalb der xy-Ebene positiv, solche unterhalb der xy-Ebene negativ gezählt werden. 87 Slide 187 Führen wir zunächst die y-Integration durch, so erhalten wir eine nur noch von x abhängige Funktion, die dann “normal” integriert werden kann. Z2 (x) g(xi ) = f (xi , y)dy 1 (x) V = Zb g(x)dx a Slide 188 Beispiel 88 f (x, y) = x · y B ist ein Viertelkreis mit Radius 2 Slide 189 Beispiel V = ZZ f (x, y)dxdy = 0 B Z2 2 y = x 2 0 Z2 2 (x) 0 1 Z2 (x) B C x · ydy A dx @ 1 (x) dx 1 (x) Z2 Z2 ⇤ 1⇥ 1 2 = x (4 x ) 0 dx = (4x x3 )dx = 2 2 0 0 1 4 2 1 4 1 = x x = [8 4 0] = 2 2 2 4 2 Slide 190 Verallgemeinerung Sei (x1 , x2 , . . . , xn ) 2 R Sei ferner f (x1 , . . . , xn ) stetig im n-dimensionalen “Rechteck” zwischen min min max (xmin , xmax , . . . , xmax ), dem Bereich Bn 1 , x2 , . . . , xn ) und (x1 2 n 89 Dann heißt ZZZ Z ... f (x1 , x2 , . . . , xn )dx1 dx2 . . . dxn | {z } n Integrale über Bereich Bn das n-dimensionale Bereichsintegral (n-fach-Integral). Slide 191 Anwendung • Berechnung von Volumina • Berechnung von Mittelwerten über einen Bereich (allgemein: über eine Verteilungsfunktion) • in der Quantenmechanik: Erwartungswerte, Normierungsintegrale wie z. B. Z | (xi , yi , zi )|2 dx1 dy1 dz1 dx2 . . . dzn , i = 1, . . . n Wellenfunktion, n Zahl der Elektronen Slide 192 Koordinatentransformation • Führt man die Bereichsintegration auf einfache Integrationen zurück (Angabe der Grenzfunktionen 1 und 2 ), so wird der Integrand häufig sehr kompliziert. • Wenn aber z. B. der Bereich ein Kreis mit Radius R ist, dann entspricht die Berichsintegration einer Integration über alle Winkel (von 0 bis 2⇡) und über Abstände r vom Ursprung zwischen 0 und R. Slide 193 90 Koordinatentransformation • die Transformationsgleichungen x = G(u, v) und y = H(u, v) definieren eine vektorwertige Funktion in 2 Variablen, die den Bereich A 2 R2 auf den Bereich B 2 R2 abbildet: (x, y) ! (G, H) A ist der Bereich für x, y und B der Bereich für die neuen Variablen G, H Slide 194 Koordinatentransformation Die Jacobi-Matrix dieser Transformation lautet . ✓ @G @G ◆ @x @H @x @y @H @y Ihre Determinante muss 6= 0 sein, sonst ist die Transformation nicht eindeutig (lineare UnAbhängigkeit der Ableitungen) • Diese Transformation soll nun für das Bereichsintegral ZZ f (x, y)dxdy A genutzt werden. Slide 195 91 Bereichsintegral V = ZZ f (x, y)dxdy A = = = Slide 196 lim lim m!1 n!1 lim lim m!1 n!1 lim lim m!1 n!1 m X n X i=1 j=1 m X n X i=1 j=1 m X n X i=1 j=1 xi yj · f (xi , yj ) xi yj · f (G(xi , yj ), H(xi , yj )) ·f (G(xi , yj ), H(xi , yj )) xi yj G i Hj | {z } Flächenverhältnis Gi Hj Bereichsintegral • Das Flächenverhältnis ist gleich der Determinante der Jacobimatrix (im lim ; ohne Beweis). m,n!1 • Damit wird V = ZZ f (x, y)dxdy A = ZZ f (G(x, y), H(x, y)) B Slide 197 92 d(x, y) dGdH d(G, H) | {z } Betrag der Jacobi-Determinante Beispiel f (x, y) = x · y x = r cos ' = G(r, ') y = r sin ' = H(r, ') • wie oben: Integration über Viertelkreis (mit Radius 2) • Jacobi-Determinante @G @x @H @x Slide 198 @G @y @H @y = = cos ' sin ' cos ' sin ' r sin ' r cos ' Beispiel • Jacobi-Determinante @G @x @H @x @G @y @H @y = r cos2 ' Slide 199 Beispiel 93 r sin ' r cos ' ( r sin ') sin ' = r ) ZZ f (x, y)dxdy = A ZZ f (r, ') · rdrd' B = ZR 0 Z⇡/2 dr d' r · r cos ' · r sin ' = ZR Z⇡/2 dr r d' sin ' cos ' = ZR 0 0 3 0 dr r3 0 Slide 200 Z0 cos '( d cos ') 1 Beispiel ) ZZ f (x, y)dxdy = . . . A = ZR dr r3 0 ZR Z1 cos 'd cos ' 0 ZR ⇥ ⇤ 1 1 1 = dr r3 cos2 ' 0 = dr r3 2 2 0 0 4 R 1 r 11 4 = = R = 2 für R = 2 2 4 0 24 Slide 201 Koordinatentransformationen • Polarkoordinaten 94 • Zylinderkoordinaten • Kugelkoordinaten • Schwerpunktskoordinaten • elliptische Koordinaten (! H+ 2) Slide 202 Koordinatentransformationen Polarkoordinaten (x, y) ! (r, ') Transformationsgleichungen: p r = x2 + y 2 ' = arctan xy x = r cos ' y = r sin ' dx dy = rdr d' Slide 203 Koordinatentransformationen Zylinderkoordinaten (x, y, z) ! (⇢, ', z) Transformationsgleichungen: p ⇢ = x2 + y 2 ' = arctan xy x = ⇢ cos ' y = ⇢ sin ' z = z dx dy dz = rdr d' dz Slide 204 95 Koordinatentransformationen Kugelkoordinaten (x, y, z) ! (r, #, ') Transformationsgleichungen: x = r sin # cos ' y = r sin # sin ' z = r cos # p r = x2 + y 2 + z 2 # = arccos zr = 2 ' = arctan y x z 1 (x +y 2 +z 2 ) 2 dx dy dz = r2 dr sin #d# d' Slide 205 Erwartungswerte • häufig hat man es in der Theorie mit Verteilungsfunktionen (engl.: “distribution functions”) zu tun. • Sie geben, für kontinuierliche Variablen, die Wahrscheinlichkeitsdichte für das Auftreten bestimmter Werte der unabhängigen Variablen an. • die Wahrscheinlichkeit, diese zwischen (x1 , . . . , xn ) und (x1 +dx1 , . . . , xn + dxn ) zu finden: p(x1 , . . . , xn )dx1 . . . dxn ( 0) • kennt man die Verteilungsfunktion, so lassen sich daraus Erwartungswerte oder Mittelwerte berechnen. Slide 206 Erwartungswerte 96 Definition: Erwartungswert Der Erwartungswert einer Eigenschaft e, die von n Variablen x1 , . . . , xn abhängt, die wiederum mit einer Wahrscheinlichkeitsdichte p(x1 , . . . , xn ) auftreten, ist gegeben durch R R ··· dx1 . . . dxn e(x1 , . . . , xn )p(x1 , . . . , xn ) R E =Bereich R ··· dx1 . . . dxn p(x1 , . . . , xn ) Bereich Ist das Nennerintegral gleich 1, so spricht man von einer auf eins normierten oder kurz normierten Wahrscheinlichkeitsdichte. Slide 207 Beispiele • In der Quantenmechanik möchte man z.B. den mittleren Abstand des Elektrons im Wassersto↵atom vom Kern kennen, wenn sich das Atom im 1s-Zustand (Grundzustand) befindet. p(r, #, ') = | 1s (r, #, ')|2 ist dann das Absolutquadrat der Wellenfunktion 1s . Die Eigenschaft e ist dann einfach der Abstand r zwischen Elektron und Kern. Slide 208 Beispiele • In der Quantenmechanik möchte man z.B. die mittlere Bindungslänge in einem Molekül, z.B. H2 kennen. p(xi , yi , zi ) = | (xi , yi , zi )|2 (i = 1, . . . , n) ist dann das Absolutquadrat derp Wellenfunktion . Die Eigenschaft e ist dann einfach der Abstand r = (x1 x2 )2 + (y1 y2 )2 + (z1 zwischen den beiden Atomen. Slide 209 Beispiele • in der statistischen Thermodynamik möchte man die mittlere Energie eines Systems im thermischen Gleichgewicht bei der Temperatur T kennen. Die Eigenschaft e ist dann die sogenannte Hamiltonfunktion (totale 97 z2 )2 Energie) und die Wahrscheinlichkeitsdichte p ist der Boltzmannfaktor e E(xi )/kB T . • Die Integration erfolgt jeweils über alle Koordinaten. 4.12 Slide 210 Kurven- oder Pfadintegrale Arbeit entlang eines Weges • berechne die Arbeit, um Massenpunkt von A nach B entlang des Pfades C zu bringen • “Arbeit” = – “Kraft” · “Weg” W = Z F~ d~s Pfad C • ~s = ~s(t) ist eine parametrisierte Kurve für den Pfad C Slide 211 Arbeit entlang eines Weges 98 • ~s = ~s(t) ist eine parametrisierte Kurve für den Pfad C • an jedem Punkt gilt d~s = Z )W = d~s(t) dt dt d~s(t) F~ (x, y, z) · dt = dt C ZB F~ · d~s A Hier und im folgenden wird bei den Skalarprodukten der Einfachheit halber das Suffix ’T ’ für die Transposition des linken Vektors weggelassen. Slide 212 Verallgemeinerung Definition: Linienintegral Z I := f~(x1 , . . . , xn )d~x Pfad C heißt Linienintegral. Slide 213 Bemerkungen • o↵ensichtlich ist I ⇣ A ! B ⌘ =I ⇣ B ! A ⌘ • ein in Physik und Chemie interessanter Fall: I ist wegunabhängig. (in der Mechanik: konservative Kräfte) (in der Thermodynamik: ) Zustandsfunktionen) Slide 214 99 Wegunabh ängigkeit und totales Di↵erential Theorem: Sei Z I = [P (x, y)dx + Q(x, y)dy] . C I ist wegunabhängig, wenn P = @F @F = Fx und Q = = Fy , @x @y also partielle Ableitungen einer Funktion F sind. Slide 215 Wegunabh ängigkeit und totales Di↵erential Theorem: Ist F~ d~s ein totales Di↵erential, so ist Z F~ d~s C wegunabhängig. Slide 216 Wegunabhängigkeit und totales Di↵erential 100 Definition: I F~ d~s C bezeichnet ein Linienintegral über eine geschlossene Kurve ( A = B ). Wenn F~ d~s ein totales Di↵erential ist, so ist I F~ d~s = 0 C Die Stammfunktion von F~ ist dann eine “Zustandsfunktion”. Slide 217 Beispiele • Mechanik: W = ZB F~ d~s A • Thermodynamik: U= ZB A Slide 218 0 1 0 1 p dV @ T A · @ dS A µ dN Berechnung Wie berechnet man Linienintegrale? • Weiß man, dasss es eine Stammfunktion gibt, so kann man den Weg geeignet wählen, da der Wert des Integrals nur von Anfangs- und Endpunkt abhängt. Andernfalls muss man die Kurve ~s parametrisieren. Slide 219 101 Beispiel F~ (x, y) = x · y · Slide 220 ✓ 1 1 ◆ Beispiel Z C1 x·y· ✓ 1 1 ◆ ✓ ◆ Z1 dx · = dy y · 0 dy 0 + Z2 0 dx x · 1 x2 = 0+ 2 Slide 221 102 2 =2 0 Beispiel • Parametrisierung von Pfad C2 : x(t) = 2 · t für t 2 [0, 1] dx =2 dt für t 2 [0, 1] dy =1 dt y(t) = t Z = 0 C2 Slide 222 Z1 ✓ ◆ ✓ ◆ Z1 ⇥ ⇤1 1 2 2t2 · dt = 6t2 dt = 2t3 0 = 2 1 1 0 Beispiel Ist das Linienintegral wegunabhängig? nein, denn Probe auf den Schwarz’schen Satz ergibt @(xy) @(xy) = Fxy = x 6= = Fyx = y @y @x Beweis: betrachte die Kurve C3 : (0, 0) ! (2, 0) ! 2, 1) Z C3 = Z2 0 dx x · 0 + Z1 dy y · 2 = 2 0 ) Wegintegral ist nicht pfadunabhängig. 103 y2 2 1 =1 0