Labor Düsseldorf Labornachrichten Oktober 2014 Hyperlipoproteinämien (HLP) Die primären Fettstoffwechselstörungen werden hierbei in drei Eine Hyperlipoproteinämie tritt bei etwa 10 % der Bevölkerung Gruppen eingeteilt: auf. Ständige oder über längere Zeit anhaltende Hyperlipopro- 1. Primäre Hypercholesterinämie a) familiäre Hypercholesterinämie b) Polygene Hypercholesterinämie teinämien stellen ein erhebliches Arterioskleroserisiko dar. Man unterscheidet zwischen den seltenen primären (angeborenen) 2. Primäre Hypertriglyceridämie a) familiäre Hypertriglyceridämie b) Hyperchylomikronämie oder Hyperchylonämiesyndrom und den häufigeren sekundären Hyperlipoproteinämien. Sekundäre Hyperlipoproteinämie, die den überwiegenden Teil ausmachen, entstehen als Folge verschiedener Grunderkran- 3. Gemischte Hyperlipidämien a ) familiäre Dysbetalipoproteinämie b) familiäre kombinierte Hyperlipidämie (Unterform der familiäre Hypercholesterinämie) kungen und/oder einer ungesunden Lebensweise. Dazu gehören – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – Übergewicht, Diabetes mellitus, Nephrotisches Syndrom, Lebererkrankungen 3) Einteilung nach Fredrickson wie Cholestase und primär biliäre Zirrhose, Hypothyreosen und Diese Einteilung basiert auf den durch die Lipidelektrophorese andere Endokrinopathien, Hyperurikämie und Alkoholismus. bestimmten Lipoproteinfraktionen. Nachteil hierbei ist, dass es Eine weitere Klassifizierung kann nach verschiedenen Ge- sich um eine Kombination deskriptiver mit pathogenetischen sichtspunkten erfolgen: Merkmalen handelt und daher primäre und sekundäre Hyper- 1) Einteilung nach der klinischer Relevanz lipoproteinämien nicht getrennt werden. Diese Einteilung berücksichtigt die quantitativen Werte der Die Klassifikation der Hyperlipoproteinämien (primärer und se- Cholesterine und Triglyzeride, die Verteilung der einzelnen Li- kundärer) nach Fredrickson in die Typen I–V erfolgt rein phä- poproteinfraktionen entfällt. Lipoprotein (a) und HDL-Choleste- notypisch auf Grund des elektrophoretischen Musters und der rin werden separat bewertet. In der täglichen Praxis ist sie gut quantitativen Werte für Gesamtcholesterin, VLDL-Cholesterin, anzuwenden; die primären Fettstoffwechselstörungen werden LDL-Cholesterin, HDL-Cholesterin und der Triglyceride, ohne in folgenden Gruppen klassifiziert: dass hierbei die molekularen Mechanismen einbezogen wer- I LDL-Hypercholesterinämie II isolierte Hypertriglyzeridämie III gemischte Hyperlipoptroteinämie (LDL-Cholesterin und Triglyzeride erhöht) IV HDL-Erniedrigung V Lipoprotein (a)-Erhöhung den. Zusätzlich geht das Aussehen des Nüchternserums sowie die Anwesenheit von Chylomikronen in die Klassifikation ein. Hyperlipoproteinämie Typ I: Hyperchylomikronämie Hyperlipoproteinämie Typ II: Hypercholesterinämie Typ IIa: isolierte Erhöhung von LDL Typ IIb: gemischte Hyperlipidämie Hyperlipoproteinämie Typ III: Broad-beta-Disease Hyperlipoproteinämie Typ IV: Hypertriglyceridämie Hyperlipoproteinämie Typ V: Kombinierte Hyperlipidämie, endogen-exogene Hypertriglyceridämie 2) Ätiologische Einteilung Diese Einteilung berücksichtigt die zugrunde liegenden pathophysiologischen Prozesse und, soweit bekannt, die zugrunde liegende genetische Störung. 1 HLP Typ I (Hyperchylomikronämie, exogene Hyperlipidämie) betont, die alpha-Bande zu sehen. Das Nüchternserum ist Bei Typ I finden sich normale Gesamtcholesterinwerte mit ver- leicht trüb. Es finden sich ebenfalls knotenförmige, tendinöse mindertem LDL- und HDL-Cholesterin sowie erhöhte Triglyce- Xanthome. ride. Das Nüchternserum ist unten klar und an der Oberfläche Die familiäre Hypercholesterinämie (FH) beruht meist auf ei- lipämisch. Bei der Lipoproteinelektrophorese sind Chylomikro- nem häufigen, autosomal dominant vererbten Defekt des LDL- nen an der Auftragsstelle zu erkennen, beta-, prä-beta und al- Rezeptors infolge einer Mutation des Rezeptorgens auf Chro- pha-Bande stellen sich eindeutig dar. mosom 19; LDL wird nicht bzw. nur in geringem Maß in die HLP Typ I ist ein sehr seltener (Häufigkeit etwa 1:100000), Leber aufgenommen. Es kommt zu einer verstärkten VLDL- autosomal rezessiv vererbter Defekt - d. h. selektiver Mangel Apo-B-Synthese in Kombination mit einer gesteigerten Trigly- der posthepatischen Lipoproteinlipase mit stark verzögertem cerid-Produktion in der Leber. Andere genetische Ursachen Abbau der Chylomikronen; es finden sich Xanthome in Folge sind beschrieben. Eine molekulargenetische Abklärung ist einer pathologischen Ablagerung von Lipiden in der Haut, aber möglich. HPL Typ II ist eine der häufigsten (Häufigkeit 1:100- auch in anderen Organen wie Leber und Milz. Das Arterioskle- 1:500) angeborenen Stoffwechselerkrankungen. roserisiko ist nicht erhöht. Ein sekundäres Auftreten ist sehr Patienten mit HLP Typ II können schon im Kindesalter an Arte- selten bei Diabetes mellitus oder Hypothyreose beschrieben. riosklerose und Durchblutungsstörungen erkranken. Das KHKRisiko ist gesteigert. Sekundäre Hypercholesterinämien treten insbesondere (20 %) auf in Folge von Hypothyreose, Cholestase, Adipositas, Kortikosteroidtherapie, M. Cushing, Diabetes mellitus oder Niereninsuffizienz. HLP Typ III (Broad-beta-Disease, familiäre Dysbetalipoproteinämie) Auch bei Typ III finden sich erhöhte Gesamtcholesterin- und Triglyceridwerte bei niedrigem LDL-Cholesterin und leicht ver- HLP Typ II (Hypercholesterinämie) minderten HDL-Cholesterin. In der Lipoproteinelektrophorese Hyperlipoproteinämien vom Typ II werden weiter in Typ IIa und sind Prä-ß- und ß-Fraktion zu einer breiten "Bande" ver- Typ IIb klassifiziert, wenn zusätzlich Triglyceride und VLDL- schmolzen. Das Nüchternserum ist trüb. Es finden sich plane, Cholesterin erhöht sind. tubero-eruptive Xanthome. HLP Typ IIa (isolierte Erhöhung von LDL) HLP Typ III ist ein sehr seltener (Häufigkeit etwa 1:5000), auto- Bei Typ IIa finden sich erhöhte Gesamtcholesterinwerte und somal dominant vererbter Defekt; in Folge eines abnormen eine Erhöhung von LDL >190 mg/l (Kinder >155 mg/l). HDL- Apolipoprotein E (APO-E2-Homozygotie) steigen die Plasma- Cholesterin ist oft erniedrigt bis normal. Das Nüchternserum ist konzentrationen der Chylomikronen und der IDL (Intermediate klar. Es finden sich knotenförmige Xanthome im Bereich der Density Lipoprotein). Ursächlich werden APO-E-Rezeptoren Sehnen. dafür verantwortlich gemacht, die keine APO-E2-Partikel binHLP Typ IIb (gemischte Hyperlipidämie) den können, was zu einer Katabolismusstörung von VLDL und Typ IIb, auch als gemischte Hyperlipidämie bezeichnet, kenn- Chylomikronen führt. Eine molekulargenetische Abklärung des zeichnet neben wie bei IIa erhöhten LDL- und Gesamtcholes- Apo E-Typs (2/2) ist möglich. Das Arterioskleroserisiko ist deut- terin zusätzlich erhöhte Triglycerid- und erhöhte VLDL-Choles- lich erhöht. terin-Werte. HDL-Cholesterin ist meist vermindert. In der Li- Ein sekundäres Auftreten von HLP Typ III kann selten bei Hy- poproteinelektrophorese sind die beta- und prä-beta-Banden pothyreose, Gicht oder Diabetes mellitus beobachtet werden. 2 HLP Typ IV (Hypertriglyceridämie) Ebola Typ IV kennzeichnen ein normales bis leicht erhöhtes Gesamt- Die genauen Kriterien, die einen begründeten Verdacht für eine cholesterin bei meist normalen LDL- und verminderten HDL- Infektion mit Ebola genügen, finden Sie aktuell auf der Seite Cholesterin sowie deutlich erhöhten Triglyceridwerten. In der des Robert Koch Instituts (http://www.rki.de). Lipoproteinelektrophorese zeigt sich eine deutliche prä-beta- Bei begründetem Verdacht auf eine Infektion mit Ebola wenden Bande und eine schwächere beta- und alpha-Bande. Das Sie sich bitte umgehend an das zuständige Gesundheitsamt, Nüchternserum ist trüb. deren Rufbereitschaften Sie außerhalb der Dienstzeiten in der HLP Typ IV (Häufigkeit 1:300) wird autosomal dominant ver- Regel über die Rettungsleitstellen erreichen können, sowie an erbt. Die primäre Hypertriglyceridämie entsteht durch den an- das für NRW zuständige Behandlungszentrum in Düsseldorf: geborenen Mangel von Lipoproteinlipase, Apolipoprotein C-II Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie Uni- und LDL-Rezeptor. Da das Enzym Lipoproteinlipase kaum oder versitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstr. 5, 40225 Düsseldorf gar nicht vorhanden ist, werden Triglyceride nur unzureichend Prof. Dr. med. Dieter Häussinger Tel.: 0211/811-63 30 abgebaut. Durch eine zusätzlich verminderte Verwertung der VLDL-Triglyceride resultiert eine VLDL-Erhöhung. Ein KHK-Ri- Dyshämoglobine siko wird nicht beschrieben. Methämoglobin (MetHb) zählt neben Carboxyhämoglobin Neben der genetischen Veranlagung kann Typ IV auch in Fol- (COHb) ge anderer Erkrankungen (bis zu 75 % aller HLP) wie Diabetes Dyshämoglobinen. und Sulfhämoglobin (SulfHb) zu den mellitus, Pankreatitis, chronischer Niereninsuffizienz, Kortikosteroidtherapie, M. Cushing, Adipositas oder Glykogenspei- Methämoglobin cherkrankheiten beobachtet werden. Vergiftungen durch Oxidationsmittel wie Nitrite, Wasserstoffperoxid oder aromatische Amino- und Nitroverbindungen wie z. B. HLP Typ V (Endogen-exogene-Hypertriglyceridämie) Anilin bzw. Nitrobenzol induzieren die Bildung von Methämo- Beim selteneren Typ V finden sich allenfalls leicht erhöhte Ge- globin. Weitere potenzielle Methämoglobinbildner sind diverse samtcholesterinwerte sowie deutlich erhöhte Triglyceridwerte. Medikament wie Dapson, Prilocain, Sulfonamide, Nitroglycerin, Das Nüchternserum ist trüb und aufrahmend. Die Lipidelek- Nitroprussid und Stickstoffmonoxid. trophorese zeigt deutliche prä-beta und Chylomikronenbanden Erhöhte Methämoglobinanteile können auch durch ein ab- sowie schwächere beta- und alpha-Banden, also eine Erhö- normes Hämoglobin genetisch begründet sein. Dabei bedingt hung von „endogenen" (VLDL) und „exogenen" (Chy- der Austausch der für die Hämbindung verantwortlichen lomikronen) Triglyceriden. Aminosäuren in der Gegend des Häms die leicht oxidierbaren Die Pathogenese ist nicht geklärt - man vermutet eine Lipolyse- HbM-Varianten, deren Hämoglobin funktionsuntüchtig ist. Hemmung; sie erscheint vereinfacht wie eine Kombination aus Ab einem Methämoglobinanteil von 15 bis 20 % zeigt sich kli- Typ I und IV. Als Folge findet sich unbehandelt eine Adipositas, nisch ein Sauerstoffmangel mit Zyanose von Haut und Finger- wobei das Arterioskleroserisiko nicht erhöht ist. Die Häufigkeit nägel, Atemnot, Kopfschmerzen und als Anzeichen des zuneh- beträgt <1:5000. menden Sauerstoffmangels im Gehirn Verwirrtheit, Schwindel Selten findet sich ein HLP Typ V in Folge von Diabetes melli- und Bewusstseinsstörungen bis zum Bewusstseinsverlust. tus, Pankreatitis oder Gicht. Werte zwischen 60 und 80 % können zum Tod führen. Für weitere Fragen stehen Ihnen Herr Dr. Schauseil unter Methämoglobin wird durch die Methämoglobin-Reduktase zu 0211-4978-129 oder Herr Dr. Kuschak unter 0211-4978-142 Hämoglobin reduziert, daher bleibt der Methämoglobinanteil zur Verfügung. gewöhnlich unter 1,5 %. Säuglinge reagieren besonders empfindlich gegenüber Methämoglobinbildnern, da in den ersten 3 sechs Monaten die Aktivität der Methämoglobin-Reduktase Editorial noch nicht voll ausgeprägt ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Nachweis aus EDTA-Blut erfolgt optisch oder photomet- Die weitere Verbreitung von Ebola über Afrika hinaus lässt be- risch durch den Farbunterschied zwischen dem braunen Met- fürchten, dass auch wir uns demnächst noch viel mehr mit die- hämoglobin-Blut und dem roten Hämoglobin-Blut. ser Viruserkrankung beschäftigen müssen. In unserem letzten Newsletter haben wir schon die pathophysiologischen Grund- Carboxyhämoglobin lagen von Ebola skizziert. Da sich der aktuelle Kenntnisstand Ein Hämoglobinmolekül kann vier Sauerstoffmoleküle binden. sowie die offiziellen Empfehlungen zur Zeit ständig verändern Kohlenmonoxid (CO) konkurriert mit Sauerstoff um die Bin- können, möchten wir Sie nur auf die zuständigen Stellen sowie dungsstellen des Hämoglobins, hat aber im Vergleich zu aktuellen Bekanntmachungen des RKI zu Ebola hinweisen. Sauerstoff eine etwa 300 mal höhere Affinität zum Hämoglobin. Die 11. Auflage unseres gedruckten Leistungsverzeichnisses CO- oder Carboxyhämoglobin ist Hämoglobin mit Kohlenmo- wurde gerade fertiggestellt. Für Ihre Anregungen und Verbes- noxid, welches an der Bindungsstelle für Sauerstoff gebunden serungen möchte ich mich an dieser Stelle ganz herzlich be- ist. Man bezeichnet es auch als Dyshämoglobin. Andere danken. Ihre Exemplare können Sie gerne bei uns anfordern. Dyshämoglobine sind Methämoglobin (MetHb), Sulfhämoglobin Mit kollegialen Grüßen sowie Carboxysulfhämoglobin. Ihr Stephan Schauseil Wird Kohlenmonoxid eingeatmet und gelangt so ins Blut, wird es sofort an das Hämoglobin gebunden, was somit für die LABOR DÜSSELDORF Oxygenierung nicht mehr zur Verfügung steht. Der Anteil des Carboxyhämoglobins am Gesamt-Hämoglobin ist stark erhöht, MEDIZINISCHE LABORATORIEN DÜSSELDORF die resultierende Hypoxie führt im Extremfall klinisch zum Ersti- Nordstraße 44 • 40477 Düsseldorf cken. Telefon (0211) 4978-0, Fax: (0211) 4930612 Häufigste Ursache für Kohlenmonoxidvergiftungen sind defekte Email:[email protected] Heiz- oder Kocheinrichtungen sowie Autoabgase. Der Nach- www.labor-duesseldorf.de weis aus EDTA-Blut erfolgt mittels GC-MS. ärztliche apparate-gemeinschaft Sulfhämoglobin Zimmerstraße 19 • 40215 Düsseldorf Sulfhämoglobin (Verdoglobin) entsteht durch Kontakt von Hä- Telefon (0211) 933800, Fax (0211) 9338033 moglobin mit Schwefelverbindungen. Dabei kommt es zu einer Email: [email protected] oxidativen Spaltung des Porphyrinrings, die irreversibel ist. Das www.apparategemeinschaft.de Blut ist typischerweise grünlich verfärbt. Hervorgerufen werden kann eine Sulfhämoglobinämie durch ΟΟ Ich möchte das neue Leistungsverzeichnis Vergiftungen mit Schwefelverbindungen, durch Überdosierung ΟΟ Ich bin an der papierlosen Auftragserteilung interessiert oder chronische Einnahme oxidierender Arzneimittel wie Phe- ΟΟ Ich bin an der Einrichtung der LabApp interessiert. nacetin, Sulfonamide oder Aspirin. Klinisch kann eine graue, ΟΟ Ich möchte den Newsletter per E-Mail erhalten. bräunlich Hautverfärbung zu beobachten sein. Der Nachweis ΟΟ Ich bitte um den Besuch des Außendienstes. erfolgt photometrisch aus EDTA-Blut. Für weitere Fragen stehen Ihnen Herr Dr. Schauseil unter 0211-4978-129 oder Herr Absender: Dr. Schröer unter 0211-4978-182 zur Verfügung. 4