ARBEITSMEDIZINISCHES ZENTRUM Arbeitsmedizinische Leitlinie zu MMR+Varizella+Pertussis 1) Bereiche, in denen Masern-, Mumps-, Röteln-, Varizella- (VZV) und Pertussis-Impfungen den Beschäftigten angeboten werden sollen: Pädiatrie Gemeinschafts-Einrichtungen 1 Gynäkologie/Geburtshilfe Hämatologie/Onkologie 4 Intensivmedizin Infektiologie (Charité spezifisch) 1 MMR Varizella (VZV) Pertussis + + +3 + + +2 + + + + + + + + + Gemeinschaftseinrichtungen für das Vorschulalter (z.B. KITA); 2 STIKO: nur Neueinstellungen – Charité: alle Beschäftigten; 3 STIKO: nur Röteln – Charité: MMR; 4 und Bereiche der Betreuung von Immundefizienten. Zusätzlich zu obiger Tabelle sollen ggf. Beschäftigte von Einrichtungen entsprechend geimpft werden, in denen laut Gefährdungsbeurteilung ein Risiko für eine der o.g. Infektionen besteht (z.B. Forschungseinrichtungen, Labore). Gesetzliche Grundlage: Biostoffverordnung. Quelle und weitere Indikationen außerhalb der Arbeitsmedizin: Empfehlungen der STIKO. 2) Vorgehen: Eine Immunität kann angenommen werden, bei: MMR VZV 2 Impfungen im Kindes- / Jugendalter oder 1 Impfung im Erwachsenenalter 1 Impfung bei Kindern vor dem vollendeten 13. Lebensjahr oder 2 Impfungen im Abstand von min. 6 Wochen nach dem vollendeten 13. Lebensjahr Pertussis Impfung oder mikrobiologisch nachgewiesene Erkrankung innerhalb der letzten 10 Jahre • • • • • • • • Impfungen müssen im Impfausweis dokumentiert sein (Fotokopie für Akte). Anamnestische Angaben über durchgemachte Erkrankungen können nicht berücksichtigt werden (Ausnahmen bei VZV s.u.). Sind die o.g. Immunitäts-Kriterien nicht erfüllt, soll bei MMR bzw. VZV eine serologische Untersuchung veranlasst werden. Bei negativer VZV-Serologie kann in Ausnahmefällen (z.B. anamnestisch sicher durchgemachte Erkrankung) Kontakt zum Konsiliarlaboratorium für HSV/VZV aufgenommen werden und ggf. ein Bestätigungstest vereinbart werden; Ansprechpartner ist: PD Dr. Sauerbrei; Email: [email protected] ; Tel.: 03641-657300, Adr.: Uni Jena, Inst. f. Virologie u. Antivirale Therapie, Hans-Knöll-Str. 2, 07745 Jena (Einsendungen nur nach vorheriger Absprache m. AMZ-Ltg.). Beim Fehlen von schützenden Antikörperspiegeln (MMR / VZV), oder wenn o.g. ImmunitätsKriterien bei Pertussis nicht vorliegen, werden die entsprechenden Impfungen angeboten. Sollte nur bei einer Komponente von MMR eine serologische Immunitätslücke bestehen, so wird trotzdem zur nachfolgenden Impfung der MMR-Impfstoff verwendet. Weder der MMR- noch der Varizella- (Lebend-) Impfstoff darf Schwangeren oder stark Immunsupprimierten (s. RKI: Epi Bull 39/2005) gegeben werden; nach Impfung sollte eine Schwangerschaft für 3 Monate vermieden werden. Die versehentliche Impfung einer Schwangeren ist jedoch kein Grund zur Schwangerschaftsunterbrechung. Nach stattgehabten MMR- / Varizella-Impfungen, bzw. dem serologischen Nachweis schützender Antikörperspiegel, wird von einem lebenslänglichen Schutz ausgegangen -2- • (eventuelle zukünftige Änderungen werden bekannt gegeben werden). Nur bei Frauen mit Kinderwunsch sollte auch nach dokumentierten Röteln-Impfungen ggf. der serologische Immunstatus durch den Gynäkologen (-in) geprüft werden. Im Falle von Pertussis-Impfungen soll der 4-fach kombinierte Impfstoff T-d-IPV-acP (z.B. REPEVAX™) verwendet werden und die Impfung ist bei Weiterbestehen des beruflichen Risikos ggf. alle 10 Jahre zu wiederholen. Es ist zu beachten, dass eine TetanusDiphtherie-Impfung nicht vor Ablauf von 5 Jahren wiederholt werden soll. Beispiel: ist jemand 2005 gegen Tetanus und Diphtherie (Td) geimpft worden, könnte eine PertussisImpfung wegen der mitenthaltenen Td-Komponenten frühestens ab 2010 erfolgen. 3) Vorgehen nach Exposition von Beschäftigten: Bei gegebenem Immunschutz (ausreichende Impfung oder Nachweis von Antikörpern, s.o.) sind nach Exposition keine Maßnahmen erforderlich. Für nicht ausreichend immunisierte Personen wird folgendes empfohlen: Masern: • Inkubationszeit: 14d (-18d) • Austeckungsfähigkeit: ab 4d vor Auftreten des typischen Hautausschlages bis 4d danach • Postexpositionelle Impfung mit MMR-Impfstoff bis 72h nach Kontakt • Schwangere (& Immunsupprimierte) bis 6d nach Kontakt: Standard-Immunglobulin 0,25 ml/kg KG; max. 15ml (Immunsupprimierte bis 0,5ml/kg KG; max. 15ml) Mumps: • Inkubationszeit: 16-18d (12-25d) • Ansteckungsfähigkeit: 6-7d vor der klinischen Otitis bis 9 d danach • Postexpositionelle Impfung kann Erkrankung nicht sicher verhindern • Immunglobulin-Gabe nicht empfohlen; somit keine postexpositionelle Prophylaxe für Schwangere vorhanden! Röteln: • Inkubationszeit: 14-17d (-21d) • Ansteckungsfähigkeit: 7d vor dem Exanthem bis 7d danach (Kinder mit kongenitalem RötelnSyndrom scheiden das Virus für Monate aus) • Postexpositionelle Impfung kann Erkrankung nicht sicher verhindern • Immunglobulin-Gabe wird für Immunkompetente nicht empfohlen; sie kann mit hohen Dosen (20ml) bei Schwangeren versucht werden, für die ein Schwangerschaftsabbruch a priori nicht in Frage kommt. Schwangere sollen sofort gynäkologisch beraten werden und falls bei einer serologischen Kontrolle (ca. 18. Schwangerschaftswoche) eine Infektion vermutet werden muss, sollte der Abbruch der Schwangerschaft erwogen werden. Varizellen: • Ausnahme: Personen mit „sicherer Varizellenanamnese“ gelten hier als geschützt • Definition Kontakt: ≥1h mit Indexpatient in einem Raum oder „face to face“-Kontakt (oder Haushaltskontakte) • Inkubationszeit: 14-16d (-28d) • Ansteckungsfähigkeit: 1-2d (-5) vor Auftreten des Hautausschlages bis die Hautläsionen verkrustet sind und die Krusten abfallen, üblicherweise 5d danach • Bei Ungeimpften mit negativer (unsicherer) Varizellenanamnese ist die postexpositionelle Impfung bis 5 Tage nach dem Kontakt möglich (oder 3d nach Ausbruch des Exanthems beim Indexpatienten). • Prinzipiell könnte zur Prophylaxe auch Acivlovir mit 4x10 (-20) mg/kg KG po über 5-7d gegeben werden • Für ungeimpfte Schwangere (Immunsupprimierte) ohne Varizellenanamnese steht Hyperimmunglobulin (Varicellon™, Varitect™) zur Verfügung, das bis 4d nach dem Kontakt gegeben werden kann. Pertussis: • • • Inkubationszeit: 7-20d Ansteckungsfähigkeit: „Stadium catarrhale“ bis 3 Wochen nach Auftreten der Hustenanfälle; bei antibiotischer Behandlung bis 5d nach Beginn der Therapie Für „enge Kontaktpersonen“ besteht die Möglichkeit einer vorbeugenden Behandlung mit einem Makrolid-Antibiotikum (z.B. Roxithromycin 1x300mg/d für 14d) Datei: LeitlinieMMRVP.doc; Stand: 8.11.2006