Schwerhörigkeit – Epidemie der Neuzeit (Sendung im MDR am 18. Okt. 1999 und am 29. April 2004 und am 27. April 2006 und am 25. Juni 2009 und im NDR am 14. Juli 2009 sowie Nachträge) INHALTSVERZEICHNIS: Überblick Gefahren für den Gehörsinn Definition von Lärm Physiologie und Psychologie Hörgeräte Morbus Menière Hörsturz Otosklersoe Musikorientiertes motorisches Lernen Heilen mit TCM Adressen Literatur NACHTRÄGE: Cochlea-Implantat Viel um die Ohren (RBB) Richtige Pflege (BR) Tinnitus (BR) Schwimmbad-Otitis (BR) Lärm macht krank (BR 6.4.2010) Alles Gute für die Ohren (HR 2.9.2010) Hörsturz (BR 12.10.2010) Hörgeräteanpassung (RBB 21.1.2011) Wenn das Handy ständig klingelt (RBB 6.4.2011) 1 3 4 6 8 11 11 11 12 12 14 15 15 16 17 20 23 26 29 36 39 41 Überblick Der Mensch braucht seine Sinne, um sich in seiner Umwelt zurechtzufinden. So liefern auch die Ohren Informationen, die uns Orientierung ermöglichen, warnen vor Gefahren, aber vermitteln auch angenehme Klänge. Der Ausfall dieses wichtigen Sinnesorgans führt zu Verständigungsproblemen und oftmals zum sozialen Rückzug der Betroffenen. Doch für sie gibt es Hilfe. Schwerhörigkeit kann zu sozialer Isolation führen In Deutschland leben ca. 14-16 Millionen schwerhörige Menschen. 28 % aller 20-jährigen Bundesbürger leiden unter einem Verlust der Hörfähigkeit von 25 db oder mehr, Tendenz steigend! Deutschland bald ein Land der Schwerhörigen? Ursache ist die Dauereinwirkung von hohen Lärmpegeln auf das Hörorgan. Die Ärzte schlagen jedenfalls Alarm. Sie fordern einen besseren Schutz für Kinder und Jugendliche, die im besonderen Maße den krankmachenden Lärmpegeln von Diskotheken, Open-Air Konzerten oder Walkman ausgesetzt sind. Die Hörminderung tritt dabei in allen Altersgruppen auf; jeder zehnte Jugendliche, jeder dritte Erwachsene und die Hälfte der über Siebzigjährigen ist davon betroffen. Seite 1 von 41 Was den Ohren zusetzt Unsere Ohren sind lebenslang ständig Belastungen ausgesetzt. Sie kommen anders als etwa die Augen niemals zur Ruhe. Auch im Schlaf nimmt der Mensch Geräusche wahr und verarbeitet sie. Die ständige Beschallung in unserer modernen Zivilisation ist einer der Hauptgründe für die Altersschwerhörigkeit. Der Straßenlärm ist 60 bis 80 Dezibel laut. Alles über 70, so sagen die Wissenschaftler, schädigt das Nervensystem und macht krank. Bluthochdruck, Herzkreislaufprobleme bis hin zu Allergien können die Folge sein. Lärm avancierte vom Stör- zum Krankheitsfaktor. Test: Hören Sie gut? Meistens nimmt das Hörvermögen langsam und allmählich ab. Der Verlust wird darum von den Betroffenen zunächst gar nicht bemerkt und später dann als unabänderlich oder bereits gewohnt hingenommen. Eine frühe Diagnose und der dadurch frühe Einsatz von Hörgeräten sind der beste Weg, Hörvermögen zu erhalten. Dieser Fragenkatalog kann Ihnen helfen, einem unbemerkten Verlust an Hörfähigkeit auf die Spur zu kommen: Beschweren sich Angehörige oder Nachbarn über Ihren zu lauten Fernseher? Bemerken Sie öfter nicht, wenn es an der Tür läutet oder das Telefon klingelt? Ärgern Sie sich häufig, dass Ihre Gesprächspartner leise und undeutlich sprechen? Können Sie leisen Gesprächen folgen? Verstehen Sie Gespräche auch in lauter Umgebung? Müssen Sie oft nachfragen, weil Sie etwas nicht verstanden haben? Fallen Ihnen noch ab und zu Alltagsgeräusche auf, z. B. Kühlschrank, Vogelgezwitscher? Fühlen Sie sich unsicher im Straßenverkehr? Wenn Ihnen diese Fragen zu denken geben, sollten Sie einen Hörtest beim Arzt machen. Testen Sie ihr Gehör! Mit einem einfachen Test, kann man seine Ohren auf eine Hörprobe stellen. Dazu benötigt man eine kleine Armbanduhr mit mechanischem Laufwerk. Das Ticken entspricht ungefähr 20 Dezibel. Hört man dieses nicht mehr, dann ist eine geringfügige Schwerhörigkeit vorhanden. Eine mittelgradige Schwerhörigkeit liegt vor, wenn man zum Beispiel die Geräusche von Kühlschrank oder Waschmaschine nicht mehr richtig wahrnimmt. Dann ist es allerhöchste Zeit, einen richtigen Hörtest beim HNO-Arzt oder beim Hörakustiker machen zu lassen! Medizinisches Wörterbuch: Hörstörungen Hörstörungen lassen sich in zwei große Gruppen gliedern: Die Schalleitungsschwerhörigkeit betrifft den Übertragungsmechanismus der Schallwellen vom Trommelfell durch das Mittelohr zum Innenohr. Die Schallempfindungsschwerhörigkeit entsteht dagegen entweder im Sinnesorgan, d.h. im Innenohr (in der Cochlea) oder in den Hörbahnen, die die Informationsinhalte des Gehörten zur Hirnrinde transportieren. Besonders häufig treten Hörschäden als Altersschwerhörigkeit und Lärmschwerhörigkeit in Erscheinung. Sie entstehen durch eine nicht wieder umkehrbare Zerstörung der Hörsinneszellen im Innenohr. Dies ist meist ein schleichender Prozess. Bei den altersbedingten Hörschwächen werden die Hörsinneszellen im Innenohr schlechter mit Blut versorgt und sterben ab. Die nachlassende Hörfähigkeit hat Hörprobleme in den oberen Tonbereichen zur Folge. Konsonanten wie "K", "L", "S", usw. werden durch diesen "Hochtonverlust" nur teilweise oder nicht mehr gehört. Eine weitere Ursache für Hörschäden ist der Lärm. Häufige Disko- und Rockkonzertbesuche und langandauerndes Walkmanhören führen zu irreparablen Schäden durch Zerstörung der Sinneszellen. Weitere Ursachen für Hörschäden können sein: Mittelohrentzündung, Infektionen, Knalltrauma, Schädigung der Hörnerven und der Hörsturz. Bei Arbeit mit einem Presslufthammer ist ein Gehörschaden vorprogrammiert. Seite 2 von 41 Vor Ort: HNO-Klinik der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg Bereits bei leisestem Verdacht auf eine Hörschwache ist der Gang zu einem HNO-Arzt und einem Hörakustiker angeraten. Durch spezielle Testverfahren kann die Hörfähigkeit in Kurven, Werte und Diagramme "übersetzt" werden: 1. BERA (Hirnstamm-Audiometrie): Dabei werden die Hirnströme gemessen, während über Kopfhörer 1.000mal hintereinander ein sehr kurzer Ton (Klick) auf das zu messende Ohr gegeben wird. Anhand der Hirnstromkurven wird sichtbar, ob eine Hörerregung im Gehirn angekommen ist. 2. OAE (Otoakustische Emissionen) Seit etwa 10 Jahren ist bekannt, dass die Ohren nicht nur Töne empfangen, sondern auch sehr leise Töne aussenden. Diese kann man mit einer kleinen Sonde am Ohr messen. Falls sogenannte Oto-Akustische-Emissionen messbar sind, kann eine wesentliche Hörstörung ausgeschlossen werden. 3. Tympanometrie (Druckmessung des Mittelohres) Damit wird gemessen, ob die Eustachische Röhre - die Verbindung zwischen Nase und Mittelohr - durchgängig ist. 4. Die Audiometrie ist der "normale" Hörtest. Es werden über Kopfhörer, bzw. Lautsprecher Töne auf das zu messende Ohr gegeben, der Patient sagt, wenn er etwas hört. Aus den Tests lassen sich genaue Anforderungen für eventuelle Hörgeräte ableiten. Bei der Anpassung probiert der Hörakustiker verschiedene Hörgeräte aus, findet die beste Lösung und nimmt individuelle Einstellungen vor. Hilfe verspricht: Implantierbares Hörgerät mit verbesserter Akustik Herkömmliche Hörgeräte-Modelle haben einen gravierenden Nachteil. Sie verstopfen den Gehörgang und können dadurch Reizungen und Entzündungen hervorrufen. Außerdem ist die Akustik der Geräte - trotz beachtlicher Fortschritte - noch nicht optimal. Eine mögliche Lösung sind noch weiter verkleinerte, implantierbare Geräte, die auf die herkömmlichen Lautsprecher verzichten. Tübinger Mediziner haben im letzten Jahr den ersten Patienten ein vollständig implantierbares Hörgerät eingesetzt. Alle Komponenten befinden sich unter der Kopfhaut. Am Universitätsklinikum Dresden entwickeln Ärzte und Forscher ein noch ausgeklügelteres System. Der Lautsprecher wird durch eine Hohlnadel ersetzt, die das Schallsignal durch Vibrationen überträgt. Außerdem ist das neue Gerät besonders leicht zu handhaben. Bevor allerdings die ersten Patienten in den Genuss Entwicklung kommen, können noch zwei bis drei Jahre vergehen. Bereits 1996 wurde an der Dresdner HNO-Universitätsklinik das Sächsische Cochlea Implant-Centrum gegründet. Innenohrertaubte mit intaktem Hörnerv und intakter Hörbahn können hier mit elektronischen Prothesen (außen liegender Sprachprozessor, ein am Ohr zu tragendes Mikrofon und ein implantierter Mikrocomputer zur Signalübertragung auf die Hörnerven) versorgt werden. Lebensbedrohender Lärm: Hoher Blutdruck, kaputte Herzen Oft merken sie lange Zeit nicht, dass sie ein Hörproblem haben. Denn in der Regel entsteht eine Schwerhörigkeit nicht plötzlich, sondern entwickelt sich schleichend. Besonders häufig treten Hörschäden als Altersschwerhörigkeit und Lärmschwerhörigkeit in Erscheinung. Untersuchung beim HNO-Arzt Altersschwerhörigkeit Die Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) ist eine meist beidseitige Schwerhörigkeit, die vor allem ab dem 50. bis 60. Lebensjahr auftreten kann. Die Krankheitsentstehung ist noch nicht eindeutig geklärt. Mit verantwortlich sind altersbedingte Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen sowie lang wirksame Umwelteinflüsse. Seite 3 von 41 Zuerst verschlechtert sich das Hören der hohen Frequenzen, so hört man beispielsweise das Zirpen der Grillen nicht mehr. Das Sprachverständnis, besonders bei starken Hintergrundgeräuschen, nimmt ab (Cocktailparty-Effekt). Lärmschwerhörigkeit Die Lärmschwerhörigkeit (chronisches Lärmtrauma) wird durch eine langfristige Einwirkung hoher Schallstärken auf das Gehör verursacht. Schlafen an einer befahrenen Hauptstraße stresst den Menschen. Das Gehör ist Tag und Nacht empfangsbereit. Es registriert sämtliche Geräusche und versorgt das Gehirn mit lebenswichtigen Informationen über die Umwelt. Es gibt Orientierung und warnt vor Gefahren. So werden beispielsweise Mütter schon vom kleinsten Geräusch ihres Babys wach. Wo die Empfangsbereitschaft hier sinnvoll ist, ist sie in vielen anderen Lebensbereichen störend. Vor allem die ständige Geräuschkulisse von der Musikberieselung im Supermarkt bis zum Verkehrslärm stört und schadet unserem Gehör zunehmend. Definition von Lärm Lärm ist kein physikalischer, sondern ein sozial-psychologischer Begriff. Ob ein Geräusch als Lärm bezeichnet wird, hängt stark von der subjektiven Bewertung ab. Auch wenn das Geräusch, wie beispielsweise laute Musik, als angenehm oder schön gewertet wird - dem Gehör kann die Lautstärke trotzdem schaden. Gerade in Diskotheken oder beim Hören mit Kopfhörern setzt man sich freiwillig Lautstärken aus, die eigentlich einen Schallschutz benötigen. Die Folge ist eine Zunahme von Hörproblemen gerade bei jungen Menschen. technisch gibt man den Lärm in Dezibel an. Verglichen wird ein „Normschall“ mit dem vorhandenen Schallpegel. Der leiseste noch hörbare Ton liegt bei 0 Dezibel. Die üblichen Wohngeräusche durch Sprechen oder Radio-Hintergrundmusik erreichen ca. 45 Dezibel. Bei einer Lautstärke von 85 Dezibel, das entspricht dem Geräusch einer Motorkettensäge in zehn Meter Entfernung, ist bei einer Einwirkdauer von 40 Stunden pro Woche ein Hörschaden möglich. Auch Musik unter dem Kopfhörer wird meist viel zu laut - bei etwa 100 Dezibel - gehört. Das entspricht der Lautstärke eines Presslufthammers in wenigen Metern Entfernung! Die Schmerzgrenze, ab der ein Gehörschaden schon bei kurzer Einwirkung möglich ist, liegt bei 120 Dezibel. Hier kann schon ein einmalig auftretendes Geräusch, ein Knalltrauma, zu einer dauerhaften Schädigung der Hörzellen führen. Achtung! Die Musik nicht zu laut stellen! Seite 4 von 41 Hören: Vom körperlich-mechanischen Signal Die Hörzellen sind feine Härchen im Innenohr. Sie werden durch die Schallimpulse erregt, die über das Trommelfell und die Gehörknöchelchen, an das Innenohr geleitet werden. Die Härchen wandeln das körperlich-mechanische Signal in feine elektrische Ströme, leiten sie an das Gehirn weiter und vollenden so den Hörvorgang. Sind diese Hörzellen stark geschädigt, erholen sie sich nicht mehr. Ob und wie stark das Ohr geschädigt wird, hängt von der Dauer und der Lautstärke der Geräuscheinwirkung ab. Auch hier geht zuerst die Hörfähigkeit für hohe Töne verloren, dann für tiefere. Zumeist tritt die Lärmschwerhörigkeit beidseitig auf. Häufig ist sie begleitet von einem Ohrgeräusch, dem Tinnitus. Ein einmal geschädigtes Ohr wird für weitere Schädigungen immer anfälliger. Zeichnung eines Kindes, das am Flughafen lebt. Schaden für die Gesundheit schon ab 65 Dezibel Lärm ist heutzutage zu einem ständigen Begleiter geworden. Nicht nur der Verkehrlärm nimmt zu, auch die ganz alltäglichen Lärmquellen sollten nicht unterschätzt werden. Schon beim lauten Radiohören am Morgen erreicht der Lärm 65 Dezibel. Das ist der Wert, ab dem bei Dauereinwirkung die Gesundheit Schaden nehmen kann. Das geschieht so: Die Nebennieren schütten das Hormon Adrenalin aus, das den so genannten Sympathikus aktiviert. Dieser Nervenstrang befindet sich entlang der Brustwirbelsäule. Die Folge: Blutgefäße verengen sich. Der Blutdruck steigt. Die Herzfrequenz erhöht sich. Der Körper gerät in einen Erregungszustand. Ist der Lärm vorbei, übernimmt der Gegenspieler des Sympathikus, der Parasympathikus das Regime. Dieses Nervengeflecht steuert die Erregung wieder zurück. Doch bei Dauerlärm bleibt der Sympathikus aktiv – und so die Organe in ständiger Anspannung. Kritisch wird es, wenn diese Anspannung auch nachts nicht aufhört. Das ist zum Beispiel oft der Fall, wenn die Wohnung an einer Hauptstraße liegt. Das ist Lärmstress. Das bedeutet einen Dauerschallpegel von etwa 65 Dezibel. Die möglichen Folgen sind eklatant: Es kann zu Bluthochdruck, Herzkreislauferkrankungen und Verdauungsbeschwerden kommen. Und selbst das Risiko eines Herzinfarktes steigt. Jeden 50. Herzinfarkt, so Schätzungen, hat der Verkehrslärm auf dem Gewissen. Lärm beeinträchtigt Konzentrationsfähigkeit und Wohlbefinden Lärm schädigt nicht nur das empfindliche Gehörsystem und hält den Körper in Dauerspannung, er mindert auch die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Mehrere Untersuchungen belegen, dass Kinder in lauter Umgebung mehr Zeit für anspruchsvolle Aufgaben wie Rechnen und Schreiben benötigen. Auch die Fehlerquote steigt. Lärm stört die Kommunikation: Sprechen in lauter Umgebung ist anstrengend. Das Gehirn benötigt vermehrt Energie, um die Worte im Lärm zu differenzieren und zu verstehen. Studie zum Fluglärm. Seite 5 von 41 Krach kann erheblich den Schlaf stören. Werden wir von lauten Geräuschen gestört, schlafen wir weniger tief und der natürliche Rhythmus der Schlafphasen verändert sich. Schon bei 55 Dezibel erwacht man häufiger. Die Gesamtschlafzeit nimmt ab und die Erholung wird beeinträchtigt. Auch unsere Gefühle und das Wohlbefinden werden beeinträchtigt. Viele Menschen reagieren auf störenden Krach gereizt. Außerdem steht Lärm im Verdacht, das Immunsystem zu schwächen, so dass vermehrt Allergien auftreten. Fluglärm schadet besonders - Münchner Studie Der alte Flughafen München Riem zog 1992 ins Erdinger Moss um. In einer einzigen Nacht wurde der komplette Flugbetrieb umgestellt. Hierdurch boten sich für eine internationale Langzeit-Studie zum Thema Fluglärm beste Bedingungen. Es wurden 326 Kinder, die entweder am mittlerweile stillgelegten Flughafen München-Riem oder in der Einflugschneise des neuen Münchener Flughafens im Erdinger Moos aufwuchsen, getestet. Mit der Studie sollte die Auswirkung von Fluglärm vor allem auf die noch in der Entwicklung befindlichen Kinder ermittelt werden. Fast alle 9- bis 11-Jährigen fühlten sich durch den neuen Flughafen furchtbar gestört, was sie in eindrucksvollen Bildern zum Ausdruck brachten. Die Lärmstudie befasste sich mit verschiedenen Untersuchungen zum Verhalten der Kinder in bestimmten Situationen. So wurden ihnen beispielsweise sehr schwierige Aufgaben vorgelegt. Die vom Fluglärm betroffenen Kinder gaben hierbei schneller auf als die der Kinder aus ruhigeren Gegenden. Auch das tägliche Verhalten wurde negativ beeinflusst. Die Kinder waren nervös, unausgeglichen und zappelig. Sie konnten sich viel schlechter auf ihre Aufgaben konzentrieren und verloren schnell die Geduld. In ihrem Urin wurden viel mehr Stresshormone nachgewiesen, als bei der Vergleichsgruppe. Auch der Blutdruck veränderte sich. Je länger die Kinder im Fluggebiet lebten, umso höher stiegen ihre Blutdruckwerte, mitunter in bedrohlich hohe Bereiche. Außerdem traten Schlafstörungen auf, vor allem beim Nachtflugbetrieb. Der Münchener Studie folgten weitere Vergleichsprojekte. Sie wiesen eine erhöhte Aggression der Kinder nach. Bei Kindern, die am nunmehr stillgelegten Flugplatz wohnten, verbesserten sich nach einiger Zeit dagegen das Kurz- und Langzeitgedächtnis sowie die schulischen Leistungen. Das Fazit der Forscher: Fluglärm ist schädlich. Kinder die langfristig Fluglärm ausgesetzt werden, haben ein erhöhtes Risiko für psychosomatische sowie Herz- und Kreislauferkrankungen. Alles in allem eine erschreckende Bilanz für Kinder in Lärmgebieten. Dem Hörschaden vorbeugen Die beste Möglichkeit, Hörschäden vorzubeugen, ist die Vermeidungsstrategie. Lärm, den man nicht verhindern kann, sollte man meiden. Vor allem am Arbeitsplatz, an dem oft 85 Dezibel überschritten werden, sollte man sich unbedingt an die berufsgenossenschaftlichen Regelungen halten und Ohrschutz tragen. Auch in der Freizeit sollten Orte gemieden werden, an denen Dauerlärm herrscht. Dies trifft besonders für Disco-Besuche und Rockkonzerte zu. Wenn man sich jedoch hin und wieder in solche Vergnügen stürzt, bewahren Gehörschutzstöpsel wirksam vor Schäden. Für jedes Problem findet man beim Hörakustiker den geeigneten Schutz. Hörstöpsel mit entsprechenden Filtern können Geräusche linear dämpfen. Damit kann man Sprache besser verstehen und Musik in Konzerten und Discos unverzerrt – nur eben leiser – genießen. Lärmquellen wie Radio und Fernseher sollten, vor allem wenn sie nur als Hintergrundgeräusch fungieren, öfter abgeschaltet werden. Auch ein Spaziergang im Grünen mit wohltuenden Naturgeräuschen ist empfehlenswert. Physiologie und Psychologie Seite 6 von 41 Ihr bewährtes Hausmittel: Oliven-Öel Scharfe Gegenstände wie Haarnadeln, Haarklemmen und Büroklammern sind als Hilfsmittel für die Ohrreinigung gänzlich ungeeignet. Auch durch die beliebten Watte-Stäbchen wird das Ohrenschmalz nicht vollständig entfernt, sondern eher im Gehörgang zusammengeschoben. Wenn keine ärztlichen Bedenken vorliegen, dann steht der Reinigung mit Olivenöl nichts entgegen. Dazu vier bis fünf Tropfen im Wasserbad handwarmes Öl in das Ohr träufeln den Kopf für einige Minuten auf der Seite halten und das gelöste Ohrenschmalz dann (in ein Tuch) ablaufen lassen. Für die alltägliche Pflege ist es ausreichend, ein sauberes Tuch um den kleinen Finger zu spannen und damit das Ohr zu säubern. Schwer hören macht einsam Der Hörsinn befähigt uns Sprache zu erlernen und zu verstehen, aber auch unterschiedliche Intonationen richtig zu deuten. So bekommen wir ganz nebenbei sehr wichtige emotionale Informationen. Ebenso unauffällig leitet uns der Hörsinn im Raum, hilft bei der Orientierung und hat eine wichtige Warnfunktion. All diese wichtigen Funktionen gehen bei einer Schwerhörigkeit teilweise oder ganz verloren. Allerdings vollzieht sich dieser Prozess in der Regel, abgesehen von Verletzungen oder einem Knalltrauma, ganz allmählich und völlig schmerzlos. Erste Anzeichen sind Verständnisschwierigkeiten im Stimmengewirr, häufiges Nachfragen in einem Gespräch, das Näherrücken an den Gesprächspartner oder der typische Vorwurf, der andere würde nuscheln. Auch das lauter Stellen von Fernseher und Radio sind unbewusste Symptome einer beginnenden oder schon ausgeprägten Hörstörung. Mit einem Hörgerät rückt die Welt wieder etwas näher. Verlauf der Krankheit Zunächst ist der Empfang mittlerer bis hoher Töne gestört. Genau mit diesen Tonhöhen werden zum Beispiel die Konsonanten d und t, s und f übertragen. Der hörgeschädigte Mensch kann dann nicht mehr unterscheiden, ob sein Gegenüber gerade von "Dellen" oder "Fellen" gesprochen hat. Die typische Reaktion auf solche Kommunikationsstörungen ist Rückzug, das Meiden von Kontakten, Flucht in die Ruhe. Diese Form der Isolation verschlimmert das Problem: Unser Gehirn wird von Hörreizen entwöhnt. Es vergisst allmählich Töne. Schwerhörig – was ist passiert? Es gibt zwei Formen der Schwerhörigkeit: Kunststoffprothese ersetzt Hörknöchelchen. 1. Dringt der Schall nicht voll bis ins Innenohr und zum Hörnerv vor, spricht man von einer Schallleitungsschwerhörigkeit. Auslöser sind beispielsweise Ohrenschmalzpfropfen oder Fremdkörper im Gehörgang, Mittelohrentzündungen, Entzündungen des Gehörgangs oder ein verletztes Trommelfell sowie Verkalkungen der knöchernen Innenohrteile und Tumore im Mittelohr. Diese Form der Seite 7 von 41 Schwerhörigkeit lässt sich, je nach Auslöser, oftmals mit Medikamenten oder durch einen operativen Eingriff verbessern oder sogar ganz beseitigen. Steigbügeloperationen bringen Besserung Bei einer Verknöcherung des Steigbügels (Otosklerose) ersetzt zum Beispiel eine Kunststoffprothese das Original. Sie überträgt im Innenohr die Schallwellen genauso an die Sinneszellen wie ein natürliches Hörknöchelchen. Bei Steigbügeloperationen, die sehr viel Geschick und Erfahrung des Operateurs erfordern, kann man schon während der Operation feststellen, ob der Patient besser hört. Unter lokaler Betäubung kann er gefragt werden und auch gleich antworten. Für die Patienten und auch für den Operateur ist das sehr hilfreich. Bei 99 Prozent der Operationen verzeichnen die Chirurgen hörbare Erfolge. 2. Innenohrschwerhörigkeit Die häufigste Form ist die Schallempfindungsschwerhörigkeit oder Innenohrschwerhörigkeit. In diesem Fall wird zwar der Schall richtig weitergeleitet, aber nicht korrekt wahrgenommen. Meist sind die feinen Haarzellen (Zilien) in der Hörschnecke durch Dauerlärm geschädigt, die alle akustischen Informationen an den Hörnerv weiterleiten. Auslöser sind Durchblutungsstörungen, bestimmte Medikamente (zum Beispiel Antibiotika, die teilweise im Innenohr gespeichert werden), Umweltgifte wie Nikotin oder Entzündungen im Innenohr sowie bestimmte Immunerkrankungen. Ganz besonders schädlich ist Lärm. Er ist in den vergangenen Jahren zum größten Risikofaktor geworden. Der Verlust des Hörens kann aber auch genetisch bedingt sein. In diesem Fall macht sich das Leiden oft schon in jüngeren Jahren bemerkbar. Lärm meiden, Ohren schützen Die beste Möglichkeit, lärmbedingten Hörschäden vorzubeugen, ist die Vermeidungsstrategie. Lärm sollte man grundsätzlich meiden. Ist dies nicht möglich, müssen die Ohren geschützt werden. Das gilt vor allem am Arbeitsplatz, wo oft 85 Dezibel (dB) überschritten werden. Die berufsgenossenschaftlichen Regelungen schreiben ab dieser Lärmbelastung das Tragen von Ohrschutz vor. Zum Vergleich: Eine normal befahrene Straße bringt es auf Schallwerte von 65 bis 70 dB. Dauerlärm schadet nicht nur den Ohren, sondern erhöht auch das Risiko für Herz-KreislaufErkrankungen sowie Störungen des Immunsystems und Magen-Darm-Probleme, besonders bei Werten, die über 65 dB liegen. Der Organismus reagiert auf laute Geräusche mit der Ausschüttung von Stresshormonen. Bei Dauerlärm, kommt es zu einer anhaltenden Stresshormonproduktion, die unser vegetatives Nervensystem in ständige Anspannung versetzt. Erhöhter Blutdruck ist eine von vielen Folgen. Mit Ohrstöpseln ins Konzert Deshalb sollte man auch in der Freizeit Orte meiden, an denen Dauerlärm herrscht. Dies trifft besonders für Disco-Besuche und Rockkonzerte zu. Wenn man sich hin und wieder in solch laute Vergnügen stürzt, bewahren Gehörschutzstöpsel wirksam vor Schäden. Entsprechende Filter dämpfen Geräusche linear. Damit kann man Sprache besser verstehen und Musik in Konzerten und Discos unverzerrt, nur eben leiser, genießen. Hörakustiker beraten bei der Wahl des richtigen Hörschutzes. Lärmquellen wie Radio und Fernseher sollten, vor allem wenn sie nur als Hintergrundgeräusch fungieren, öfter abgeschaltet werden. Wohltuende Geräuschkulissen bietet die Natur: Meeresrauschen, Vogelzwitschern, Blätterrascheln – Ohrwürmer, von denen man nicht genug bekommen kann. Hilfe durch Hörgeräte Viele Menschen unterschätzen ihr Hörproblem, da es oft schleichend entsteht. Sie gewöhnen sich schrittweise an ihre veränderte Hörumwelt. Schwerhörigkeit kann aber den Alltag belasten. Die Betroffenen müssen sich im Gespräch sehr stark konzentrieren. Nervosität und Erschöpfung sind die Folge. Bei einem zunehmenden Hörverlust droht aber auch die Isolation und damit ein Verlust an Lebensqualität. Hier sind Hörgeräte eine sinnvolle Hilfe. Vom Ohrenarzt zum Hörgeräteakustiker Seite 8 von 41 Wird eine Hörminderung festgestellt, sollte in jedem Fall der Hals-Nasen-Ohrenarzt aufgesucht werden. Er klärt die Ursachen und entscheidet über die Therapie. Muss ein Hörgerät verordnet werden, wird der Hörgeräteakustiker einbezogen. Mit ihm wird genau besprochen, in welchen Situationen die Hörprobleme auftreten. Danach wird ein persönliches Hörprofil erstellt sowie die akustischen Kenndaten des Gehörs ermittelt. Schließlich nimmt der Hörgeräte-Akustiker Abdrücke der Ohren, um individuelle Ohrpasstücke (Otoplastiken) anzufertigen. Es folgt die vergleichende Hörgeräte-Anpassung. In Zusammenarbeit mit dem Patienten sucht der Hörgeräteakustiker dann die passenden Hörgeräte aus. Die Wunschgeräte werden per Computer exakt auf die individuellen Hörbedürfnisse angepasst und entsprechend programmiert. Damit wird das vorher ermittelte Hördefizit bestmöglicht ausgeglichen. Die optimale Einstellung des Hörgerätes kann lange dauern Nach der Anpassung überprüft der HNO-Arzt das Hörvermögen mit den Hörhilfen. Bestätigt er die optimale Einstellung, beteiligen sich die Krankenkassen mit einem Festbetrag an den Kosten dieser Geräte. Bis zu sechs Jahren überprüft der Hörakustiker kostenlos regelmäßig Hörerfolg und Funktionstüchtigkeit des Gerätes. Manchmal dauert es einige Monate, bis das Gerät optimal eingestellt ist. Patienten sollten Geduld haben und gemeinsam mit dem Hörakustiker an der bestmöglichen Lösung arbeiten. Schwerhörigkeit Vor ein paar Jahren ließen sich Schwerhörige leicht am Piepsen ihres Hörgeräts erkennen. Mittlerweile sind die Geräte viel besser geworden. Sie machen keine Geräusche mehr. Trotzdem gibt es unter den Geräten noch große Unterschiede in Ausstattung und Preis. Und nicht alles zahlt die Krankenkasse. Die gesetzliche Krankenversicherung sieht bei allen Leistungen vor, dass der Versicherte nur Anspruch auf die ausreichende, zweckmäßige und notwendige Versorgung hat. Standardgeräte werden von der Kasse bezahlt. Die Kosten für eine bessere Ausstattung übernimmt der Patient. Außerdem muss er noch eine Gebühr von 10 Euro als Anteil für die Leistung des Akustikers zahlen. Der Ohrenarzt muss das Gerät verordnen Wichtig ist: Das Hörgerät muss vom Hals-Nasen-Ohrenarzt verordnet werden. Das Modell wird dann beim Hörgeräte-Akustiker ausgesucht. Die Instandhaltung und –setzung oder der Verlust eines Gerätes ist auch Leistung der Krankenkasse. Hier sind dann auch die normalen Zuzahlungen fällig. Diese Zuzahlungen für Wartung und Reparatur liegen bei mindestens fünf und höchstens 10 Euro. Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sind davon befreit. Hörgerätetest Hörgeräte im Test Mehr als zwei Millionen Deutsche besitzen ein Hörgerät. Doch nur 20 Prozent der Betroffenen sind wirklich damit zufrieden. Im Hörzentrum Oldenburg werden deshalb neue Hörgeräte getestet und erforscht. Dies geschieht mit Hilfe eines Akustiksimulators. Durch das Gerät kann die Raumakustik per Knopfdruck verändert werden. In Sekundenschnelle verwandelt sich die simulierte Akustik einer Kirche in eine Geräuschkulisse, wie sie unter einer Brücke herrscht. Oder wie die einer Bahnhofshalle Seite 9 von 41 mit den ein- und Stimmengewirr. ausfahrenden Zügen, Bremsenquietschen, Lautsprecherdurchsagen und Im Akustiksimulator Hörgeräte testen Das nutzen die Forscher zum Testen neuer Hörgeräte aus. Sie bringen die Hörgeräte und auch ihre Träger in die schwierigsten akustischen Situationen unter denen sie am meisten leiden. Dazu gehört auch die Kommunikation im Straßenlärm oder in einer Gaststätte. Für jeden Schwerhörigen ist es Schwerstarbeit, dort die Sprache aus den Hintergrundgeräuschen herauszufiltern. Im Akustiksimulator können die Hörforscher durch Befragung der Testperson herausfinden, wie neu entwickelte Hörgeräte die schwierige Situation meistern. Doch trotz aller Fortschritte stehen auch die neuesten digitalen Hörgeräte erst am Anfang und halten oft nicht, was sie versprechen. Das soll sich ändern! Die Oldenburger Hörforscher hoffen, dass sie mit Hilfe des Akustiksimulators die Entwicklung der Hörgerätetechnik weiter vorantreiben können. Ihr Recht: Hörgeräte Brauchen Sie ein Hörgerät, dann haben Sie die Qual der Wahl. Unzählige Modelle unterscheiden sich nicht nur in Leistung, Komfort und Aussehen. Auch die Preise differieren. Ihre Krankenkasse übernimmt die Kosten, wenn ein Arzt Ihnen das Hörgerät verschreibt. Je nachdem für welches Modell Sie sich entscheiden, können Hörgeräte eine ziemlich teure Angelegenheit werden. Alle Krankenkassen bezahlen einen so genannten Festbetrag. Der liegt für ein Hörgerät mit Ohrpassstück bei rund 456 Euro. Jeder Hörgeräte-Akustiker ist verpflichtet, mindestens ein Gerät zu diesem Preis anzubieten. Der Zuzahlungsbetrag pro Gerät beträgt mindestens 10 Euro. Diese so genannten Kassengeräte gewährleisten ein 100-prozentiges Sprachverstehen. Bei schwierigen Hörsituationen, beispielsweise im Theater, Konzert oder bei Straßenlärm sind solche Geräte jedoch nicht ausreichend. Dann lohnt es sich, ein besseres und teureres Gerät zu erwerben. Diese können Störgeräusche unterdrücken, besitzen zusätzliche Leistungen wie Richtmikrofone und Spracherkennung. Einige können sich automatisch auf die gewünschte Lautstärke und neue Hörsituationen einstellen. Eines der vielen Hörgerät-Modelle. Einstellung des Gerätes dauert manchmal Monate Beim Kauf sollten mehrere Anbieter miteinander verglichen werden. Verschiedene Akustiker haben unterschiedliche Verkaufsstrategien und -philosophien. Unter Umständen müssen deshalb auch für vergleichbare Geräte unterschiedliche Zuzahlungen geleistet werden. Das Hörgerät der Wahl wird anschließend vom Hörgeräteakustiker genau eingestellt. Das kann unter Umständen einige Monate dauern. Dabei hat der Patient einen Anspruch darauf, mehrere Geräte kostenlos zu testen. Die Batterien der Hörgeräte halten nur rund acht Tage und müssen dementsprechend oft ausgewechselt werden. Die Erstausstattung wird von den Kassen übernommen, danach ist die Batterieversorgung Sache des Versicherten. Bei Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahre übernimmt die Kasse die Kosten vollständig. Richtige Reinigung ist wichtig Die Krankenversicherung übernimmt außerdem einen Pauschalbetrag für eventuell anfallende Reparaturen der Hörhilfe. Diese Beträge sind je nach Kasse unterschiedlich hoch. Dennoch sollte das Hörgerät pfleglich behandelt werden, denn erst nach fünf oder sechs Jahren besteht Anspruch auf ein neues. Ein Hörgerät sollte deshalb täglich mit einem weichen, trockenen Tuch gereinigt werden. Vorsicht! Wasser und Reinigungsflüssigkeit können die empfindlichen elektronischen Bestandteile Seite 10 von 41 beschädigen. Bei Hinter-dem-Ohr-Geräten Ohrpassstücke zur Grundausstattung. gehören entsprechende Reinigungssets für die Morbus Menière Das Innenohr ist mit Hirnwasserflüssigkeit ausgekleidet. In diesem Flüssigkeitsraum befindet sich ein Schlauchsystem, das die Sinneszellen für das Hörorgan und Gleichgewichtsorgan beherbergt. Bei der Morbus-Menière-Erkrankung entsteht ein Überdruck in diesem System. Erreicht er ein entsprechendes Ausmaß, zerreißt der Schlauch und es kommt zu einem typischen Anfall mit Drehschwindel, Schwerhörigkeit, Übelkeit, Ohrgeräuschen und Druckgefühl in der Tiefe des Ohres. Da die Morbus Menièreschen Symptome auch einzeln auftreten, ist diese Krankheit schwer diagnostizierbar. Auch gibt es den typischen Patienten nicht. Bislang ist nicht erforscht, warum die einen an Morbus Menière erkranken und andere nicht. Zunächst wird versucht, die Krankheit mit Infusionen in den Griff zu bekommen. Bei einer großen Zahl von Patienten funktioniert dies auch. Anschließend müssen dauerhaft Medikamente eingenommen werden. Bei einigen Betroffenen allerdings treten Schwindelanfälle wieder auf. Dann kann eine druckentlastende Operation helfen. Hörverlust durch Hörsturz Ein Hörverlust kann auch plötzlich in Gestalt eines Hörsturzes auftreten. Meist ist nur ein Ohr betroffen. Das Ausmaß reicht von geringen Einbußen der Hörfähigkeit bis zum völligen Ertauben. Treten ein dumpfes Gefühl im Ohr, Ohrgeräusche oder auch Schwindel auf, sollte sofort ein Arzt aufgesucht werden. Denn grundsätzlich gilt: Wer früher behandelt wird, hat ein geringeres Risiko schwerhörig zu bleiben. Der Hörsturz ist eine der häufigsten Funktionsstörungen des Innenohrs. Oft liegt dem eine mangelnde Durchblutung des Innenohrs zu Grunde. Die Behandlung in Form von Infusionen soll daher die Durchblutung des Innenohrs verstärken und die Haarzellen besser mit Sauerstoff versorgen. Otosklerose – OP gegen Schwerhörigkeit Zuerst ist es nur ein vages Gefühl, dann wird es immer schwieriger, Gesprächen in größerer Runde zu folgen. Wenn das Hörvermögen nachlässt, leiden viele Bereiche des täglichen Lebens. So kann die Arbeitsfähigkeit gefährdet sein, wenn Betroffene nicht mehr richtig kommunizieren können. Verschiedene Untersuchungen sind notwendig, um die genaue Ursache der Schwerhörigkeit zu finden, denn die Probleme können an verschiedenen Stellen im Ohr entstehen. Bei einem Hörtest Seite 11 von 41 werden dem Patienten in einer schalldichten Kabine eine Reihe unterschiedlicher Hörimpulse vorgespielt, die er erkennen muss. Kann der Patient nur wenig wahrnehmen, ist eine Schädigung des Innenohrs die häufigste Ursache. Meistens kann dann ein Hörgerät Abhilfe schaffen. In manchen Fällen ist auch das Mittelohr geschädigt. Ursache: Verknöcherung im Ohr Beim gesunden Ohr leitet ein Ohrknöchelchen, der Steigbügel, die Schallwellen ins Innenohr. Bei einer sogenannten Otosklerose kommt es allmählich zur Verknöcherung: Die elastische Aufhängung des Steigbügels versteift, die Schallwellen können nicht mehr übertragen werden. In Deutschland gibt es circa 64.000 Betroffene. Die Erkrankung kann vererbt werden. Mit einem sogenannten Impedanztest ermitteln Ärzte die Beweglichkeit des Trommelfells. In einem zweiten Schritt untersuchen sie die Beweglichkeit des Steigbügels. Ist dieser verknöchert, wird eine Operation notwendig: Dabei werden bei örtlicher Betäubung die krankhaften Veränderungen im Mittelohr entfernt und geschädigte Gehörknöchelchen durch eine Prothese ersetzt. Das bedeutet Millimeterarbeit für den Operateur - und verhilft den Patienten zu neuer Lebensqualität. Musikorientiertes motorisches Lernen Kinder, die nur wenig oder gar nicht hören können, sind nicht nur in ihrer Kommunikation stark eingeschränkt, sondern auch in ihrer motorischen Entwicklung. So fällt es ihnen beispielsweise schwerer, ihre Bewegungen zu koordinieren und das Gleichgewicht zu halten. Um diese Defizite auszugleichen arbeiten Wissenschaftler und Studenten der Universität Magdeburg und das Landesbildungszentrum für Hörgeschädigte in Halberstadt gemeinsam an einem Forschungsprojekt: musikorientiertes motorisches Lernen. Tanzen mit Hochtontrainer Studenten der Magdeburger Universität gestalten einen tanzorientierten Sportunterricht mit den hörgeschädigten Kindern, für die Rhythmen und Klänge ungewohnt sind. Beim Tanzen wird ein Hochtontrainer eingesetzt, der hochfrequente Töne in einer Bandbreite von 1.000 bis 9.000 Hertz verstärkt. In diesem Frequenzbereich ist der Stimulationseffekt für Gehör und Gehirn am größten. Ein integrierter Knochenhörer ermöglicht das Wahrnehmen der Vibrationen. Die Musik "fühlen" Außerdem wurde ein Knochenhörer, ein kleiner Vibrator, integriert. Er berührt während des Tanzens die Schädeldecke und überträgt den Schall auf den Körper. Dadurch wird das Musikerlebnis verstärkt. Alle Kinder erhalten zeitgleich akustische Signale und dieselben in Vibrationen umgewandelten Informationen. Sie ermöglichen den hörgeschädigten Kindern, Rhythmen zu fühlen und nach ihnen zu tanzen. Sie fühlen die Musik. Seite 12 von 41 Besonders bei Kindern nutzt das Gehirn den Vorteil, Vibrationen dort zu verarbeiten, wo normalerweise die Verarbeitung von Tönen stattfindet. Gleichzeitig wird das limbische System, das auch für das motorische Lernen von Bedeutung ist, positiv stimuliert. Heilen mit TCM Zu einem Hörsturz kann man ganz leicht kommen, ein Silvester-Böller aus nächster Nähe reicht aus. Aber auch Stress kann dazu führen. Eines ist aber wichtig: Ein Hörsturz muss unbedingt behandelt werden. Bei frühzeitiger Behandlung steigen die Heilungschancen deutlich. In sogar 80 bis 90 Prozent der Fälle ist bei entsprechend schnell eingreifender Therapie die Wiederherstellung der Hörfähigkeit möglich. Schon plötzlich einsetzender starker Lärm kann zum Hörsturz führen. In einigen Fällen ist aber auch eine schulmedizinischen Behandlung nach einem schweren Hörsturz erfolglos. Dann kann die traditionelle chinesische Akupunktur eine Hilfe sein. Akupunkturpunkte und Energiebahnen nach der traditionellen chinesischen Medizin. Nach Auffassung der Traditionellen Chinesischen Medizin ist bei einem Hörsturz der Energiefluss im Körper gestört. Mit Akupunktur kann man Blockaden in den Energiebahnen lösen. Damit werden die beiden gegensätzlichen Energiepole Ying und Yang wieder ins Gleichgewicht gebracht und ein Hörsturz beseitigt. Auch hier gilt: Je eher der Patient zur Akupunktur kommt, umso größer sind die Chancen auf Heilung. Eine Nierenmoxibustion hat positive Auswirkungen auf das Hörorgan. Bei einem Hörsturz gibt es spezielle Akupunkturpunkte, die angeregt werden müssen. Das sind zunächst zwei Punkte am betroffenen Ohr. Die für das Ohr zuständigen Energiebahnen laufen durch Seite 13 von 41 den gesamten Körper. Deshalb wird auch an anderen Stellen am Unterarm und auf dem Handrücken genadelt. Am Fuß gibt es ebenfalls einen Akupunkturpunkt. Nach der Behandlung bleibt der Patient rund 20 Minuten entspannt liegen. Ergänzt wird das Ganze mit der Moxibustion. Dafür wird Beifuss angezündet und das Ohr in Kräuterrauch eingehüllt. Das gleiche ist an zwei Punkten im Bereich der Nieren möglich. Eine spezielle Vorrichtung leitet Wärme und Rauch der Beifusskräuter zu zwei Nierenpunkten. Die Ohren gelten in der Traditionellen Chinesischen Medizin als Tore der Nieren. Die Wärmebehandlung mit Rauch aus Beifuss stimuliert den Energiefluss und die Durchblutung und unterstützt die Verbesserung der Hörleistung. Am Markt gibt es auch OHRSTÄBCHEN, welche in den Gehörgang gesteckt und am Ende angezündet werden. Von der Schulmedizin wird die Wirkung angezweifelt. Adressen Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. Bundesgeschäftsstelle Haart 221 24539 Neumünster Tel.: 04321 / 972 50 Deutscher Berufsverband der Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie Fichtestr. 9 04275 Leipzig Tel.: 0341 / 309 54 10 Presse- und Informationsstelle der Fördergemeinschaft Gutes Hören Schuhmarkt 4 35037 Marburg Tel.: 06421 / 93 60 Fax: 06421 / 29 36 60 E-Mail: [email protected] Universitätsklink für Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde / plastische Operationen Liebigstr. 18a 04103 Leipzig Tel.: 0341 / 9721700 Fax: 0341 / 9721709 E-Mail: [email protected] Chinesisches Gesundheitszentrum Yang Sheng Frau Liren Lu Berliner Straße 12 04105 Leipzig Tel.: 0341 / 58 30 728 DAL - Deutscher Arbeitsring für Lärmbekämpfung e.V. Frankenstr. 25 40476 Düsseldorf Fax: 0211 / 442634 Informationszentrum Lärm. Tel.: 0211 / 488499 (Mo - Do 9.00-10.30 Uhr, Do 17-19 Uhr) E-Mail: [email protected] Bundesvereinigung gegen Fluglärm e.V. (BVF) Geschäftsstelle: Frankenstr. 25 40476 Düsseldorf Tel.: 0211 / 4209186 Fax: 0211 / 4209188 E-Mail: [email protected] Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. Bundesgeschäftsstelle Haart 221 24539 Neumünster Tel.: 4321 / 97250 Deutscher Berufsverband der Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie Fichtestr. 9 04275 Leipzig Tel. 0341 / 3095410 Presse- und Informationsstelle der Fördergemeinschaft Gutes Hören Schuhmarkt 4 35037 Marburg Tel.: 6421 / 936-0 Fax: 06421/2936-60 E-Mail: [email protected] Seite 14 von 41 Literatur Rubin, F., Schutt, K.: HAUPTSACHE GESUND. Volkskrankheiten – wie Medizin und Natur helfen und heilen. Rowohlt Taschenbuch Verlag und Verlag im Kilian 2004. ISBN: 3 499 61930 X Eschler, W. u.a.: Schwerhörigkeit und Tinnitus. München: Profil Verlag 2001. ISBN: 3890195059 Kießling, J.: Endlich wieder besser hören. Karl F. Haug Fachbuchverlag 2002. ISBN: 3830430175 Müller, W.: Besser hören. Stuttgart: Hirzel 2002. ISBN: 3777611581 Hamann, K-F.; Hamann, K.: Schwerhörigkeit und Hörgeräte. 111 Fragen und Antworten. Zuckschwerdt 2005. ISBN: 3886038866 Brüser, E.: Wieder besser hören. Stiftung Warentest 2005. ISBN: 3937880143 Cochlea-Iplantat – wieder hören nach einer OP Wenn das Gehör langsam nachlässt, nehmen viele Betroffene das lange Zeit nicht ernst. Hinzu kommt oft die Eitelkeit, kein Hörgerät tragen zu wollen - bis es gar nicht mehr anders geht. Doch dann können normale und sogar implantierte Hörgeräte können den Hörverlust nicht mehr wettmachen . Restgehör bleibt bei neuer OP erhalten Ein neues Verfahren kann nun helfen: die Hybrid-Innenohrprothese. Das sogenannte CochleaImplantat (CI) wurde bisher nur bei gehörlosen Kindern oder nahezu vollständig ertaubten Patienten eingesetzt, da bei der Operation ein noch erhaltenes Restgehör zerstört wurde: Die CI-Elektroden streiften beim Einführen in die Gehörschnecke die noch vorhandenen Haarsinneszellen und machten sie funktionsunfähig. Cochlea-Implantate wandeln über einen außen hinter dem Ohr getragenen Sprachprozessor Töne in elektrische Signale um, die durch die Kopfhaut auf die in die Hörschnecke des Innenohrs eingepflanzten Elektroden übertragen werden. Sie reizen direkt den Hörnerv und ermöglichen so ein, wenn auch unnatürliches, Hören: Für gehörlose Patienten ist das ein echter Gewinn, für extrem Schwerhörige überwog bisher aber der Nachteil, ihr noch verbliebenes Gehör unwiederbringlich zu verlieren. Kombination aus akustischem und elektronischem Hören Nun ermöglicht eine neue, schonendere Technik den hörerhaltenden Einsatz eines CochleaImplantats. Mit verkürzten Elektroden und veränderten Operationsverfahren lassen sich auch Seite 15 von 41 minimale Hörreste erhalten. Mittel- und hochtontaube Patienten erhalten statt der herkömmlichen Implantate sogenannte Hybrid-Geräte. Sie bestehen aus einem Cochlea-Implantat, das die hohen Töne direkt an den Hörnerven übermittelt, und einem Hörgerät, das die tiefen Töne für das noch vorhandene Innenohr verstärkt. Die Patienten hören damit gleichzeitig akustisch und elektronisch. Das erleichtert das Verstehen von Sprache, die Geräuschwahrnehmung und ermöglicht sogar das Musikhören. Außerdem treten bei der neuen Technik weniger Gleichgewichtsstörungen auf als bei dem herkömmlichen Verfahren. Nach der Operation in Vollnarkose muss der Sprachprozessor programmiert und justiert werden, um das bestmögliche Hören zu ermöglichen. Die Patienten müssen mit dem Hybrid-CI ganz neu hören lernen und das Gerät regelmäßig in einem Hörzentrum überprüfen und einstellen lassen . Viel um die Ohren Gehörschutz benötigen viele Menschen: Egal, ob es bei der Arbeit oder in der Freizeit zu laut wird, ob der Schlaf durch schnarchende Partner oder lärmende Nachbarn gestört wird – eine individuelle Dämpfung wird immer beliebter. Wer braucht sie und was können die kleinen Ohrstöpsel? Individueller Hörschutz: Wenn es Kindern zu laut wird, dann halten sie sich die Ohren zu. Und das ist gut so, denn dadurch schützen sie sich vor einem Hörschaden. Gegen Lärmschäden helfen bisher weder Medikamente noch Operationen, sie sind unheilbar. Allein Hörsysteme können dann noch den Schaden ausgleichen. Damit es gar nicht erst so weit kommt, sollten sich Menschen, die beruflich oder privat lauten Schall ertragen müssen, mit einem individuellen Gehörschutz vorsorgen. Da jeder Gehörgang eine individuelle Größe und Krümmung hat, passt ein nach Maß angefertigter Gehörschutz am besten. Er sitzt weder zu locker noch drückt er und bietet damit optimalen Schutz und Tragekomfort. Ähnlich wie beim Zahnarzt nehmen die Gehörspezialisten für die Maßanfertigung einen Abdruck von Ohrmuschel und Gehörgang. Das dauert nur ein paar Minuten und tut überhaupt nicht weh. Nach dieser Vorlage fertigen die Techniker im Labor dann den Lärmschutz an. Dafür wird weiches, antiallergisches Silikonmaterial verwendet. Die Maßanfertigungen gibt es quasi für jede Lebenssituation: für Menschen, die mit Industrielärm arbeiten, für Musiker, für Partner von Schnarchern, zum Tauchen und zum Schwimmen. Akustikus-Neurinom: Ohrenuntersuchung Die Beschwerden kommen ganz schleichend: Ab und zu eine kleine Unsicherheit beim Überqueren der Straße, ein leichter Schwindel, ein Zögern. Anders als sonst eben, aber irgendwie noch zu tolerieren. Später kommen die Ohrgeräusche dazu. Erst selten, dann treten sie immer häufiger auf; zum Schluss gehen sie dann gar nicht mehr weg. Diese Geräusche können ganz unterschiedlich sein: Mal ist es ein Piepsen, mal ein Brummen. Besonders intensiv tönt es im Ohr nach Ruhephasen wie nach dem Schlafen, beim Lesen oder beim leisen Fernsehen. Viele Menschen glauben zunächst, Stress sei schuld an den Beschwerden. Aber wenn auch ein Urlaub nichts an den Beschwerden ändert, spätestens dann wird es höchste Zeit für einen Besuch beim HNO-Arzt. Der veranlasst zunächst eine genaue Untersuchung. Ganz verschiedene Erkrankungen könnte hinter den beschriebenen Symptomen stecken – ein Hörsturz, ein Tinnitus oder doch nur Kreislaufstörungen? Schuld an den Beschwerden kann gelegentlich auch mal ein Tumor am Hörnerv sein, ein sogenanntes Akustikus-Neurinom. Nachweisen lässt es sich nur durch eine Kernspintomografie. Der Blick ins Seite 16 von 41 Gehirn zeigt: Hinter dem Innenohr, beim inneren Gehörgang liegt der Tumor. Dort verlaufen in einem Bündel Hörnerv, Gleichgewichtsnerv und Gesichtsnerv. Ausgerechnet in dieser sensiblen Region wächst der Tumor. Das Akustikus-Neurinom ist zwar gutartig, schädigt aber Hör- und Gleichgewichtsnerven. Dehnt sich der Tumor weiter aus, kann er auch das Gehirn verdrängen. Das kann dann sogar lebensgefährlich werden. Deshalb muss die Geschwulst entfernt werden. Bei einer solchen Operation besteht trotz aller Sorgfalt ein gewisses Risiko für eine Hör- oder Gleichgewichtsstörung, seltener auch die Gefahr einer Lähmung des Gesichtsnerven. Lassen Sie sich deshalb bei einem anstehenden Eingriff genau über mögliche Komplikationen aufklären. Neugeborenen-Hörscreening: Hörkurve Etwa zwei von 1000 Neugeborenen kommen schwerhörig oder gehörlos zur Welt. Jedes Jahr werden hierzulande also etwa 2000 Babys geboren, die schon im Mutterleib nicht richtig hören. Ihre Ohren haben durch Virusinfektionen wie Röteln, Zytomegalie oder Toxoplasmose während der Schwangerschaft Schaden genommen oder sind erblich bedingt fehl gebildet. Die Hörstörungen werden meist erst spät entdeckt, im Durchschnitt erst mit 31 Monaten. Dann vergehen weitere vier, fünf Monate, bis die Kinder mit dem richtigen Hörgerät versorgt sind. Wird der angeborene Hörmangel jedoch erst im Kindergartenalter entdeckt, ist es oft schon zu spät für eine gezielte Behandlung. Das gestörte Hören wirkt sich drastisch auf die Sprachentwicklung, auf die geistigen Fähigkeiten und die soziale Eingliederung aus. Deshalb wünschen sich HNO-Ärzte eine Untersuchung aller Neugeborenen, also ein Screening. Denn wird eine Hörstörung noch im ersten Lebenshalbjahr entdeckt und Spracherwerb und Sprachverständnis weitgehend normal entwickeln. In Brandenburger Entbindungskliniken wird deshalb mittlerweile zwischen dem solcher Hörtest angeboten. Die sogenannten otoakustischen Emissionen, Reaktionen im Babyohr schnell, einfach und sind völlig schmerzfrei. behandelt, können sich fast allen Berliner und 3. und 5. Lebenstag ein kurz OAE, messen die Stellen die Untersucher einmal Unregelmäßigkeiten fest, muss das nicht immer gleich ein Hörschaden bedeuten. Vielleicht gab es während der Untersuchung ein störendes Geräusch oder die Gehörgänge des Kindes sind einfach noch zu winzig – auch diese Befunde können das Resultat des Hörtests verfälschen. In solch einem Fall wird der Test einige Tage später wiederholt. Werden allerdings Störungen wie beispielsweise eine Innenohrschwerhörigkeit diagnostiziert, können die Ärzte den Kindern und ihren Eltern heutzutage gut helfen: Durch die Früherkennung haben die Kinder gute Chancen, sich normal zu entwickeln, sie können sogar ganz normal sprechen lernen. Das gelingt ihnen vor allem dank sogenannter kleiner "Lauschies", fein abgestimmter Hörgeräte. Einmal in der Woche trainieren die Logopäden mit den Kindern und zeigen den Eltern, wie sie die Hör- und Sprachentwicklung des Kindes optimal fördern können. Wattestäbchen und Ohrenkerzen: was hilft bei verstopften Ohren ? Von Manfred Schramm Wattestäbchen sind ein Tabu, meist sind sie keine Hilfe bei Ohrenpfropfen, sondern eher der Auslöser. Der HNO-Arzt kann die verstopften Ohren wieder frei spülen, doch gibt es auch Mittel Seite 17 von 41 für zuhause? Kann man die Pfropfen ganz vermeiden? Wie soll man seine Ohren grundsätzlich pflegen? Unsere Ohren nehmen von Anfang an Geräusche, Töne, Laute, später Sätze oder Musik auf. Sie lernen zwischen Nuancen in unserer Sprache - Lachen, Weinen, Stöhnen, Schreien usw. - zu unterscheiden, auch ohne den Menschen zu sehen. Sie dienen zur Orientierung im Raum. Sie nehmen Geräusche von allen Seiten wahr und sind Tag und Nacht im Einsatz. Sie selbst machen sich in der Regel nicht bemerkbar, es sei denn, irgendetwas stimmt nicht. Sie können verstopft sein, schmerzen, entzündet sein, Töne aussenden oder sogar durch einen Hörsturz eine Hörminderung erleiden. Doch oft kann richtiges Verhalten mit einfachen Maßnahmen schlimmere Entwicklungen verhindern. Ohrenschmalz Was ist das überhaupt? Ohrenschmalz, medizinisch Cerumen genannt, ist ein Gemisch aus Talg und Sekreten. Dies kann stören. Doch unsere Ohren haben einen wunderbaren Mechanismus, sie reinigen sich normalerweise selbst und befördern alles nach außen. Ist die Ohrpfropfenbildung jedoch so stark, dass sie das Hören beeinträchtigt, sollte etwas unternommen werden. Verlockend ist für viele der Griff zu Wattestäbchen. Sie sehen harmlos und weich aus, sind leicht zu benutzen und ins Ohr einzuführen. Doch Vorsicht! Bei der Reinigung mit Wattestäbchen wird oft ein Teil des Pfropfens vor das Trommelfell geschoben. Das kann zu Ohrenschmerzen und Hörminderung führen. Auch eine Trommelfellverletzung ist möglich. Auf jeder Packung steht ein Warmhinweis. Und der steht nicht umsonst da. Bei verstopften Ohren sollte man lieber nichts selber machen. Scheuen Sie sich nicht, den Weg zum Hals-Nasen-Ohrenarzt zu machen, denn dort kann das Cerumen problemlos entfernt werden. Denn sonst kann es zu zum Teil schwerwiegenden Problemen kommen: Dr. med. Kirsten Aigner Fachärztin für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, München: "Im Prinzip kann es gefährlich werden, es kann zu Entzündungen kommen, gerade am Gehörgang, oder bei Verletzungen des Trommelfells zu Mittelohrentzündungen. Der Trommelfelldefekt kann dann nicht richtig ausheilen, so dass man dann sogar operative Maßnahmen ergreifen müsste." Je nach Art der Ablagerungen wendet der Facharzt eine von drei Methoden an, um den Pfropfen aus dem Gehörgang zu entfernen. Seite 18 von 41 Weiche Ablagerungen können mit lauwarmem Wasser aus dem Ohr gespült werden. Dabei wird das Wasser gezielt über einen Strahl auf den Pfropfen gerichtet und mit etwas Druck ausgeschwemmt. Eine andere Methode ist das Absaugen. Der Pfropfen wird über einen dünnen Metallstab, der in den Gehörgang eingeführt wird, angesaugt und so aus dem Ohr entfernt. Ist der Pfropfen jedoch schon härter, setzt der Arzt ein Häkchen ein, um ihn zu entfernen. Alle drei bis sechs Monate empfiehlt der Facharzt eine Entfernung des Ohrenschmalzes. Wer eine sehr starke Bildung von Ohrenschmalz hat, sollte auch öfter hingehen. Mittel aus der Apotheke "Muss ich wirklich jedes Mal zum HNO-Arzt?", mag manch einer denken. Wattestäbchen sind tabu. Aber in der Apotheke werden Sprays und Tropfen angeboten, mit denen die Ohren gut gereinigt werden können. Sprays sind dazu gedacht, das Ohrenschmalz aufzuweichen und so aus dem Gehörgang herauszuspülen. Tropfen funktionieren im Prinzip genauso. Aber meistens lässt das Ergebnis zu wünschen übrig. Dr. med. Kirsten Aigner: "Das kann zum Teil gut funktionieren, wenn es nicht viel Ohrenschmalz ist. Allerdings besteht auch da die Gefahr, dass man das Ohrenschmalz weiter reindrückt oder auch nicht ganz entfernt bekommt und dann zur richtigen professionellen Reinigung zum HNO-Arzt gehen sollte." Ohrenkerzen Ohrenkerzen sollen von den Hopi-Indianern schon vor 900 Jahren angewandt worden sein. In der Alternativmedizin und in der Esoterik haben sie ihren festen Platz. So sollen sie bei Ohrproblemen aller Art helfen. Also auch bei Ohrenschmalz. Der Benutzer zündet die Kerze an, schützt sich und sein Ohr durch eine Abdeckung, die am Kerzenende angebracht wird und tropfendes Wachs aufhalten soll. Legt sich seitlich aufs Bett oder Sofa, deckt mit einem mit Alufolie beschichteten Fächer sein Haar ab und steckt die Kerze ins Ohr. Die Kerze ist innen hohl und soll so wie ein Kamin wirken. Durch den Hohlraum strömt Wärme ins Ohr, die den Pfropfen aufweichen und auflösen soll, so dass er leicht aus dem Ohr herausgeholt werden kann. Doch HNO-Ärzte berichten, dass sie oft Anwender dieser Methode sehen, die noch Rußpartikel oder Wachsreste im Gehörgang haben, und dass es zum Teil durch auftropfendes Wachs zu Verbren- Seite 19 von 41 nungen kommt. Die Deutsche Gesellschaft der HNO-Ärzte warnt ausdrücklich vor der Anwendung von Ohrenkerzen bei Ohrproblemen. Pflege der Ohren Unsere Ohren brauchen keine aufwändige Pflege. Zu viel kann eher schaden. Es wird nur ein Waschlappen oder ein Handtuchzipfel gebraucht. Der soll mit lauwarmem Wasser leicht angefeuchtet werden, dann kann das Ohr vorsichtig abgetupft werden. Aber auch hier nur die Ohrmuschel und den vorderen leicht erreichbaren Teil des Gehörgangs, und auch hier sollte man nicht zu tief hineingehen. Und: nicht zu stark rubbeln, sondern nur vorsichtig tupfen. Es sollte auch keine Seife verwendet werden. Sie kann zu scharf sein und eventuell Probleme machen. Nach dem Duschen und Schwimmen sollten die Ohren getrocknet werden. Das kann mit einem weichen Tuch passieren oder mit dem Fön auf kleinster Stufe. Denn nasse Ohren sind gegen Kälte empfindlich und bei etwaigen Trommelfellverletzungen kann es vorkommen, dass Keime ins Mittelohr gelangen und Entzündungen hervorrufen. Zugluft Viele Menschen reagieren empfindlich auf Zugluft. Sie frieren schnell am Kopf, und das kann auf die Ohren gehen. Und wer gar in die Winterkälte hinaus will, sollte sich durch Sonne nicht täuschen lassen und lieber einen Blick aufs Thermometer werfen. Also warm halten, Mütze, Schal und Handschuhe an, das hilft meistens schon, sich vor Ohrenschmerzen zu schützen. Dr. med. Kirsten Aigner: "Es kann sein, dass - wenn die Schleimhäute schlechter durchblutet sind - es über den Mund-Rachen oder Nasen-Rachen zur Verschleppung von Keimen kommt. Man wird dann infektanfällig und es kann dann auch über eine Verschleppung der Keime über die Eustachische Röhre zu Ohrproblemen kommen." Es kann zum Beispiel zu Entzündungen kommen. Am schlimmsten ist eine Mittelohrentzündung. Sie kann durch Keime und Bakterien entstehen, die über den Mund-Rachen-Raum ins Mittelohr eindringen. Mittelohrentzündungen gehen fast immer mit hohem Fieber einher. Hier können meist nur Schmerzmittel helfen. In hartnäckigen Fällen Antibiotika. Oft löst Kälte aber nur einen sogenannten neuralgischen Schmerz aus. Der kann unangenehm sein, geht aber meistens bei Wärme wieder von alleine weg. Wasser im Ohr Nach dem Schwimmen oder Duschen hat man manchmal Wasser im Ohr. Das ist nicht weiter schlimm, höchstens ein wenig unangenehm. Der Tipp, wie man das Ohr wieder frei bekommt: Das Ohr nach oben und hinten ziehen, so wird der Gehörgang wieder gerader, und den Kopf zur Seite neigen. So kann das Wasser leichter ablaufen. Ohrstöpsel Viele Menschen sind empfindlich gegen Lärm und Geräusche. Vor allem in der Nacht. Und wenn dann der Partner noch schnarcht, ist die Nachtruhe schnell dahin. Da können Ohrstöpsel sinnvoll sein. Es gibt sie heute aus verschiedenen Materialien, die weich sind und sich leicht formen lassen, damit sie in jedes Ohr passen und auch wieder leicht entfernt werden können. Doch worauf sollte geachtet werden? Dr. med. Kirsten Aigner: "Man sollte beim Tragen von Ohrenstöpseln darauf achten, dass man sie nicht zu weit in das Ohr hineinschiebt, und dass sie beim Tragen nicht unangenehm sind. Sie sollten keine Schmerzen bereiten, wenn man sie ins Ohr steckt. Dann kann man sie, wenn sie gut verträglich sind, durchaus die ganze Nacht im Ohr behalten, um sich vor Lärm zu schützen." Adressen: Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie Geschäftsstelle: Frau U. Fischer Hittorfstr. 7 53129 Bonn Telefon: (02 28) 23 17 70 Fax: (02 28) 23 93 85 E-Mail: [email protected] Internet: www.hno.org Seite 20 von 41 Tinnitus Von Manfred Schramm Stand: 30.12.2009 Tinnitus - das ist ein nervendes Geräusch im Ohr. Es kann kurzzeitig auftreten, länger bleiben, aber auch chronisch werden. Jährlich geht der Tinnitus bei über 340.000 Patienten in eine chronische Form über. Insgesamt schätzen die Fachärzte die Zahl der chronisch Betroffenen in Deutschland auf drei bis vier Millionen. Ein Hausarzt bekommt von zirka 15 Prozent seiner Patienten zu hören, sie hätten einen Tinnitus. Ein HNO-Arzt erfährt das sogar von 25 Prozent seiner Patienten. Wann ist ein Tinnitus akut, wann chronisch? Von einem akuten Tinnitus spricht man innerhalb der ersten Wochen und sogar Monate. Ab einem Zeitraum von drei bis vier Monaten wird er subakut genannt. Wenn er nach einem Jahr noch nicht verschwunden ist, bezeichnen die HNO-Ärzte und Tinnitus-Spezialisten ihn als chronisch. Ist Tinnitus immer ein Pfeifton? Tinnitus ist oft ein Pfeifton. Er kann sich aber auch ganz anders anhören. Ein Hämmern, Rauschen, Zischen, dumpfe Schläge oder gemischt - ein Pfeifen mit Rauschen. Den Tinnitus-Formen sind kaum Grenzen gesetzt. Bildunterschrift: Zu laute Musik kann zum Tinnitus führen Was ist die Ursache von Tinnitus? Häufigste Ursache für einen Tinnitus ist vor allem Lärm - am Arbeitsplatz, in der Freizeit, in Discos, durch iPods. Weil Musik für viele Jugendliche laut sein muss, haben sie nach einem Rockkonzert oft ein Pfeifen im Ohr. Zum Glück meist nur kurzfristig. Und es geht von selbst wieder weg. Aber jeder vierte Jugendliche hat heute schon einen Hörschaden und ist Kandidat für Schwerhörigkeit und Tinnitus chronischer Art. Tinnitus ist keine Krankheit, sondern ein Symptom Weitere Ursachen können unter anderem Hörsturz, Knalltrauma, Vireninfektionen, Innenohrerkrankungen, häufig Schwerhörigkeit und der Morbus Menière mit Schwindel sein. Oft bleibt die Ursache aber unklar. Tinnitus ist keine Krankheit, sondern ein Symptom. Seite 21 von 41 Bildunterschrift: Welche Rolle spielt der Stress bei der Entstehung eines Tinnitus? Wie kommt der Stress ins Spiel? Viele Menschen glauben, dass Stress die Hauptursache für das Pfeifen im Ohr ist. Doch das ist ein Irrtum: Denn Stress ist nur ein Verstärker für den Ton oder das Geräusch, die Ursachen liegen fast immer woanders. Wer Stress hat, der achtet mehr auf seinen Tinnitus. Er gibt ihm mehr Raum, lässt ihn an sich ran, anstatt ihn zu ignorieren. Helfen Infusionen? Wenn man einen Hörsturz erleidet oder ein unangenehmes Ohrgeräusch wahrnimmt, sollte man so bald wie möglich zum HNO-Arzt! Dort erwarten den Patienten eine Ohruntersuchung und eine Hörprüfung. Als erste therapeutische Maßnahme werden Infusionen angeordnet - eventuell mit Cortisongaben verbunden. Sie sollen die Durchblutung in den Sinnes- oder Haarzellen wieder anregen. Das hilft oft beim Hörsturz, aber sehr selten gegen den Pfeifton. Bildunterschrift: Was passiert im Gehirn? Was passiert im Ohr und im Kopf? Die Sinnes- oder Haarzellen, die zur Weiterleitung von Tönen und Geräuschen dienen, sind beschädigt. Dadurch leiten sie falsche Informationen weiter, die das Gehirn als Geräusch interpretiert. Die Wahrscheinlichkeit scheint groß zu sein, dass der Tinnitus eine Sache des Hör- und Gefühlzentrums im Gehirn ist. Denn, so meinen viele Forscher heute, hat jeder einen Tinnitus, doch er wird nicht bemerkt. Erst wenn irgendwelche besonderen Schallereignisse auftreten, tritt der Tinnitus in den Vordergrund. Dann wird er oft durch Stress bewusst. Wann ist eine Sauerstoffüberdruckbehandlung sinnvoll? Wenn Infusionen nicht helfen, kann in speziellen Fällen von Tinnitus versucht werden, mit einer Sauerstoffüberdruckbehandlung in einer sogenannten Druckkammer dem Ohrgeräusch entgegen zu wirken. Das kann klappen, ist aber nicht garantiert. Doch beim akuten Tinnitus und beim Knalltrauma gibt es gute Ergebnisse: Bei aktuem Tinnitus tritt bei ca. 70 Prozent der Patienten eine Linderung ein. Bei knapp der Hälfte geht der Tinnitus ganz weg. Dr. Christian Heiden: HNO-Arzt, Druckkammerzentrum, Klinikum Traunstein "Bei akutem Tinnitus sehen wir eine Linderung des Ohrgeräuschs bei der HBO-Behandlung bei 70 Prozent der Patienten. Von diesen 70 Prozent werden 30 Prozent auch geheilt, d. h. der Tinnitus geht dann weg. Leider bleiben 30 Prozent, wo keine Hilfe erreicht wird." Masker - sind sie noch aktuell? Masker sind dazu da, die Tinnitus-Töne und Geräusche zu überlagern, sie praktisch zu verdrängen. Dazu wird in einer Hörprüfung ein Audiogramm erstellt, in dem die Höhe des Tinnitus-Tones herausgefunden wird. Um den Tinnitus-Ton zu überlagern, spielt man dem Probanden Töne verschiedener Frequenzen ein, bis er den Tinnitus-Ton nicht mehr wahrnimmt. Die Idee dahinter ist, dass der Betroffene damit besser klar kommt, als mit dem Ohrgeräusch. Das wird von den Betroffenen aber unterschiedlich empfunden: manchen hilft der Masker, andere stört der zusätzliche Ton. Seite 22 von 41 Patienten-Meinungen zu Maskern: "Das ist ein angenehmes Geräusch, und es ist besser als ohne. Also ich kann mir durchaus vorstellen, dass das hilft." "Es sind mehrere Töne, die versuchen, einen anderen Ton zu übertönen. Es ist ein zusätzlicher Ton im Ohr, und das ist äußerst unangenehm. Ich persönlich kann mit diesem zusätzlichen Ton nicht umgehen." Jeder muss für sich entscheiden, ob ein Masker eine Möglichkeit für ihn sein kann, vor allem, weil auch die Ärzte und Wissenschaftler durch Studien zu neuen Erkenntnissen gekommen sind. Die Erwartungen, die anfänglich in die Masker gesteckt wurden, haben sich nicht halten können. Heute geht man daher eher zurückhaltend mit der Verordnung um. Aber für diejenigen, die es ausprobieren wollen, eine gute Nachricht: Industrie und Hörgeräteakustiker sind bereit, die Patienten die Geräte vier Wochen lang testen zu lassen. Heilung mit Musik? Das unangenehme Ohrengeräusch kann möglicherweise per Musiktherapie dauerhaft verringert werden. Eine Forschergruppe der Universität Münster unter Leitung von Prof. Christo Pantev fand heraus, dass bei Betroffenen, die regelmäßig ein Jahr lang Musik hörten, dass Ohrenklingeln abnahm - wenn die individuellen Tinnitus-Frequenzen bei den Musikstücken ausgeblendet wurden. Als Grund für das nachlassende Pfeifen vermuten die Wissenschaftler die geringere Stimulation der entsprechenden Hörnerven. Bewältigungstherapie und kognitive Verhaltenstherapie Jeder erlebt Tinnitus-Geräusche anders. Das macht es so schwierig zu entscheiden, in welche Richtung eine Bewältigungstherapie gehen soll. Ist mehr Wert auf die Hörminderung oder die Geräuschempfindlichkeit zu legen, oder sollen die psychischen Probleme in den Vordergrund der Therapie rücken? Eine vor kurzem erstellte Metaanalyse des Cochrane-Institutes sieht die kognitive Verhaltentherapie als "Therapie der Wahl" beim chronischen Tinnitus (Evidenzbasierte Medizin EbM Ib; Cochrane 2007). Die negativen Tinnituswahrnehmungen sollen durch Verhaltensänderungen ins Positive verkehrt werden. So kann der Tinnitus im Laufe der Zeit akzeptiert und ignoriert, in den Hintergrund geschoben werden. Oft gerät er dadurch in "Vergessenheit". Es besteht auch beim chronischen Tinnitus die Möglichkeit, dass er noch nach vielen Jahren wieder ganz verschwindet. Was kann der Einzelne für sich selbst tun? Ist der Tinnitus erst einmal chronisch, muss der Einzelne sich mit ihm arrangieren. Er darf ihm nicht das Feld überlassen, sondern er muss sich selbst immer bewusst machen, dass der Tinnitus nicht der Mittelpunkt seines Lebens ist. Er ist und bleibt eine Randerscheinung, auch wenn er lästig ist und sich in schwierigen Zeiten wieder stärker bemerkbar macht. Der Einzelne muss mit ihm leben, ihn akzeptieren, aber er darf ihm nicht zu viel Raum und schon gar keine Macht über sein Leben geben. Dabei helfen Entspannungsübungen, viel Bewegung, Musik, alles was ablenkt. Mit der Zeit verblasst dann die Wichtigkeit des Tinnitus. Adressen & Links Prof. Dr. med. Gerhard Goebel Medizinisch-Psychosomatische Klinik Roseneck Am Roseneck 83209 Prien am Chiemsee Dr. med. Eberhard Biesinger Facharzt für HNO-Heilkunde / Tinnitus-Spezialist, Traunstein Dr. med Christian Heiden Druckkammerzentrum Traunstein Deutsche Tinnitus-Liga: www.tinnitus-liga.de Seite 23 von 41 Schwimmbad-Otitis: den Keimen keine Chance geben Von Gunther Franke Stand: 13.07.2009 Keime können einem den Spaß im Schwimmbad gründlich verderben. Denn sie führen oft zu einer Entzündung des Ohres - der sogenannten Schwimmbad-Otitis. Wie man vorbeugen kann, verraten wir hier. Die Schwimmbad-Otitis ist eine schmerzhafte Entzündung des äußeren Gehörgangs. Wer sich derzeit ins kühle Nass stürzt, sollte damit rechnen, dass es auch in sauberen Seen und Schwimmbädern, besonders aber in Moor- und Baggerseen, vor Keimen und Bakterien nur so wimmelt. Die Keime, die in den Sommermonaten viele Badegäste attackieren, heißen Proteus und Pseudomonas. Sie können sich im Gehörgang einnisten und dort die natürliche Schutzschicht überwinden. In den Sommermonaten ist diese Entzündung des Ohres - die Ärzte sprechen von der sogenannten Schwimmbad-Otitis oder dem Taucher- und Surferohr – eine der häufigsten Diagnosen. Juckreiz und Schmerzen sind neben der geröteten oder geschwollenen Haut die Hauptsymptome. John-Martin Hempel, Oberarzt, HNO-Abteilung vom Klinikum München-Großhadern: "Was erst ganz harmlos beginnt, kann sich leicht zu einer ernstzunehmenden Entzündung entwickeln, die man behandeln lassen sollte (…) Die Patienten berichten erst von einem Jucken im äußeren Gehörgang. Dann gehen sie in einem warmen Gewässer schwimmen. Dabei kommt Flüssigkeit in den äußeren Gehörgang. Die Haut im Gehörgang quillt auf und entzündet sich. " Verletzungsgefahr durch Wattestäbchen Häufig bleibt die Entzündung zunächst unbemerkt. Lediglich ein Jucken am Ohr sorgt für Irritationen. Das Ohr ist besonders berührungsempfindlich. Der Griff zum Ohr, Bohren und Drücken bringt jedoch keine Erleichterung. In keinem Fall sollte man selbst am Ohr herumdoktern, warnen die Experten. "Greifen Sie nicht zu Wattestäbchen", lautet die Empfehlung. Denn diese helfen nicht gegen das Jucken. Wegen der erhöhten Verletzungsgefahr machen sie die Sache nur noch schlimmer. Beim Versuch, die Erreger und den Ohrenschmalz herauszuputzen, könnte die feine Haut im Gehörgang des Ohres leicht einreißen. Besonders ist darauf zu achten, dass Ohrenschmalz – die schützende Fettschicht im Ohr - nicht entfernt wird. Der Ohrenschmalz, der von den Talgdrüsen im Ohr produziert wird, ist ein wichtiger Schutz gegen Nässe und Feuchtigkeit. Er fettet den Gehörgang aus. Das Wasser im Ohr kann so besser wieder abfließen. Seite 24 von 41 Durch den Einsatz von Wattestäbchen können kleine Verletzungen in der Gehörgangshaut entstehen. John-Martin Hempel, Oberarzt, HNO-Abteilung vom Klinikum München-Großhadern: "Man verursacht damit kleine Rillen. Mit dem Wasser gelangen dann Wasserkeime, wie zum Beispiel 'Pseudomonas Aeruginosa' in den Gehörgang. Das ist der Anfang einer Entzündung des äußeren Gehörgangs." Bakterien im Gehörgang Wenn eine Otitis nicht von selbst wieder verheilt und es besonders schlimm wird, haben möglicherweise Bakterien den Schutz der Ohrschmalzbarriere durchbrochen und sind in die Gehörgangswand eingedrungen. Besonders bei Schmerzen sollte in diesem Fall der Arzt aufgesucht werden. Er wird eine Therapie durchführen, damit der äußere Gehörgang wieder abschwillt. John-Martin Hempel, Oberarzt, HNO-Abteilung vom Klinikum München-Großhadern: "Weil es sich bei der akuten Entzündung des äußeren Gehörgangs meist um eine bakterielle Entzündung handelt, müssen wir ein Antibiotikum anwenden. Dazu wird ein Gazestreifen mit einem Antibiotikum getränkt und in den äußeren Gehörgang eingeführt. Das Antibiotikum kann - häufig in Kombination mit entzündungshemmenden Wirkstoffen - gut auf die Haut im Gehörgang einwirken". Innerhalb kurzer Zeit nach dieser Behandlung könne der Patient dann wieder ins Wasser. Allerdings sollte er darauf achten, dass es nicht gleich wieder zu einer Entzündung kommt und vorsichtig sein. Durch diese Therapie ist sichergestellt, dass eine Ausbreitung der Infektion auf das Trommelfell und die angrenzenden Weichteile verhindert wird. Auf diese Weise kann auch eine Mastoiditis – eine Entzündung des angrenzenden Ohrknochens - verhindert werden, die unbehandelt zur Taubheit führen kann. Vorbeugen gegen Schwimmbad-Otitis Damit es nicht zu einer Entzündung kommt, heißt es vorbeugen: entweder mit Ohrpfropfen oder einem speziellen Stirnband. Wer ganz sicher gehen möchte, kann auch ein Stirnband über die Ohrpfropfen ziehen. Damit ist der empfindliche Gehörgang dicht verschlossen. Bei der Auswahl der vielen unterschiedlichen Ohrpfropfen auf dem Markt empfiehlt der Moosburger Tauchlehrer Gunnar Münch Pfropfen mit Silicon: "Die Siliconbeschichtung verhindert, dass kontaminiertes Wasser eindringt." Allerdings kann beim Einsatz von Ohrpfropfen – wie bei Wattestäbchen auch - die Gefahr bestehen, dass Ohrenschmalz weit ins Innere des Gehörgangs geschoben wird und die empfindliche Ohrenhaut ihren Schutz verliert. Das sollte in jedem Fall vermieden werden. Seite 25 von 41 Bildunterschrift: Ohren nach dem Bad mit Leitungswasser spülen Rückfettung nach dem Bad Tauchlehrer Gunnar Münch warnt davor, das Ohr nach dem Schwimmen mit Wasser aus dem See zu spülen, um die gefährlichen Keime zu entfernen. Wasser aus den Badeseen könnte kontaminiert sein. Er empfiehlt deshalb, mit Mineral- oder Leitungswasser zu spülen. Das ist ein weiterer Schritt, einer Entzündung vorzubeugen. Außerdem sollte man mit Babyöl, Olivenöl oder einer Speziallösung die Haut gleich nach dem Schwimmen wieder rückfetten, um den ursprünglichen Fettschutz der Haut wieder herzustellen. Einige Tropfen natives Olivenöl - kalt gepresst - nach dem Schwimmen ins Ohr tröpfeln. Das beugt für den nächsten Schwimmgang vor und desinfiziert. Beim nächsten Badeurlaub also daran denken: Ohren trocken halten und Sie bleiben gesund! Tipps zur Verhinderung einer Schwimmbad-Otitis, Von Dr. Michael Deeg: Ohren niemals mit Wattestäbchen reinigen, denn dadurch wird der Fettschutz der Haut verletzt Bei empfindlichen Ohren oder bei Tauchern empfiehlt es sich, die Ohren nach dem Aufenthalt im Wasser mit klarem Süß- oder Trinkwasser auszuspülen Einen Tropfen Oliven- oder Babyöl zur Rückfettung der Haut nach dem Schwimmen ins Ohr tröpfeln. Bei häufigen Entzündungen ist es sinnvoll, das Öl durch Glycerin-Alkohol-Tropfen, auch "Tauchertröpfchen" genannt, zu ersetzen. Diese haben sowohl pflegenden als auch desinfizierenden Effekt. Eine einfache und praktikable Lösung sind Wasser-Essig-Tropfen im Verhältnis 10:1 gemischt, die ebenfalls desinfizierend wirken. Quelle: Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. Adresse: Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. Postfach 1427 24539 Neumünster Lärm macht krank: wann wird es gefährlich ? Von Antje Samiralow Stand: 05.04.2010 15 Millionen Deutsche fühlen sich, laut Schätzungen des Umweltbundesamts, stark durch Lärm belästigt. Doch der Krach nervt nicht nur, er gefährdet auch die Gesundheit! Lärm ist der Seite 26 von 41 größte Krankmacher im Job. Er kann den Körper in Dauerstress versetzen und verschiedenste Beschwerden verursachen - vom Gehörschaden bis zu einem erhöhten Herzinfarktrisiko. Wer ist besonders gefährdet? Und wie kann man sich schützen ? Lärm ist immer das, was die anderen verursachen. So oder so ähnlich könnte man die Wahrnehmung von Lärm wohl auf den Punkt bringen. Und auf viele Situationen trifft das auch zu: Einem sympathischen Zeitgenossen sieht man so manches Störgeräusch nach, was man dem unliebsamen Nachbarn nicht durchgehen lässt. Was Lärm ist, wird unterschiedlich empfunden Ein rauschender Bergbach wird möglicherweise als idyllisch empfunden, während das Ticken eines Weckers, der effektiv leiser ist, einfach stört. Was den einen stört, registriert der andere gar nicht. Menschen sind unterschiedlich lärmempfindlich, was sicherlich auch mit dem jeweiligen Nervenkostüm sowie der Tagesform zu tun hat. Wer übermüdet und erschöpft ist, reagiert empfindlicher auf Lärm. Doch bei all den individuellen Wahrnehmungsunterschieden gibt es Lärmeinwirkungen, die zu gesundheitlichen Schäden führen, und zwar unabhängig davon, ob man den Lärm als störend empfindet oder nicht. Hörschäden treten spätestens ab einem Lärmpegel von 85 dB (A) auf, vor allem, wenn die Betroffenen diesem Pegel über viele Stunden ausgesetzt sind. Alles, was darüber liegt, führt zu intensiveren Schäden, je nachdem, wie lange man dem Lärm ausgesetzt ist. Bildunterschrift: Musik - für den einen Lärm, für den anderen Kunstgenuss Während ein Lärmpegel von 90 dB (A), wie ihn beispielsweise ein Motorrad verursachen kann, erst ab etwa zwei Stunden gefährlich wird, kann das Gehör in einer Diskothek, wo der Lärm im Schnitt 105 dB (A) erreicht, schon innerhalb weniger Minuten geschädigt werden. Je lauter es ist, desto geringer sollte die Einwirkzeit sein. Ein Problem stellt auch die Beschallung durch mehrere Lärmquellen dar. Auch wenn Fernseher, Radio und Sprechstimmen in etwa gleich laut sind, wirken sie in der Summe doch deutlich lauter als nur der Fernseher oder nur die Sprechstimmen. Bildunterschrift: Auch Verkehrslärm kann krank machen. Kann man sich an Lärm gewöhnen? Psychisch kann man sich sehr wohl an Lärm gewöhnen. Das ist vermutlich auch ein Grund dafür, dass im Laufe einer Diskonacht der Pegel sukzessive angehoben wird. Denn nach einer gewissen Zeit wird die Musik nicht mehr als so laut empfunden. Die Diskobesucher scheinen jedoch den Rausch der Beats und Bässe erst dann zu genießen, wenn es ordentlich aus den Boxen dröhnt. Seite 27 von 41 Doch ganz gleich, wie angenehm der Lieblingshit bei 100 dB (A) auch klingen mag: Für die Ohren ist er eine einzige Tortur. Und das Fatale daran ist, dass mit fortschreitendem Hörverlust alles lauter gepegelt werden muss, egal ob der Fernseher, das Radio oder die eigene Sprechstimme. Die HNO-Fachärztin und Tinnitus-Expertin Frau Prof. Dr. Kerstin Lamm warnt jeden, der bereits einen Hörschaden entwickelt hat, davor, sich weiterhin ungeschützt hohen Lärmpegeln auszusetzen. Jeder Diskobesuch und jedes Rockkonzert kann den Hörverlust verstärken oder – sofern noch keine Schädigung vorliegt – auslösen. Viele Jugendliche haben schon einen Hörschaden Vor allem bei einsetzenden Schädigungen des Gehörs fehlt es vielen Betroffenen an dem nötigen Bewusstsein für die Gefahr, der sie sich aussetzen. Wer 17 Jahre alt ist, will Spaß haben und kommt vermutlich nicht auf die Idee, dass die Hörqualität nachlassen könnte. Die Schwerhörigkeit nebst Hörgeräten kennt man bestenfalls von den Großeltern. Schon heute haben 25 Prozent aller Jugendlichen bis zum Alter von 25 Jahren einen Hörschaden. Doch da im Anfangsstadium eines sich anbahnenden Gehörverlustes in der Regel eher Frequenzbereiche im oberen und unteren Bereich gestört sind, nehmen die Betroffenen den Hörverlust als solchen nicht wahr. Erst mit fortschreitender Schädigung, wenn auch die mittleren Frequenzbereiche gestört sind, die unserer Sprechstimme entsprechen, wird der Hörverlust bemerkbar. Plötzlich muss man nachfragen, Gespräche in größeren Gruppen werden als unangenehm und stressig empfunden. Nur ist es dann häufig schon zu spät. Wie kann man sich schützen? Insbesondere für laute Musikveranstaltungen sollte man sich mit einem entsprechenden Gehörschutz wappnen. Gehörgeräteakustiker bieten spezielle Geräte an, die dem jeweiligen Ohr angepasst werden, so dass sie optimal sitzen. Solche Geräte sind mit Breitband-Dämmfiltern ausgestattet, die das Klangspektrum weitestgehend erhalten, aber in der Lautstärke gedrosselt werden können. Damit kann der Lärmpegel soweit reduziert werden, dass das Gehör keinen Schaden nimmt und der Konzertbesuch trotzdem ein Klanggenuss ist. Solche Gehörschutzgeräte gibt es von der Stange oder individuell an das jeweilige Ohr angepasst. Die einfache und billigere Variante sind Ohrstöpsel aus der Apotheke. Eine weitere Möglichkeit des Lärmschutzes bietet ein gewisser Abstand von der jeweiligen Lärmquelle. Je weiter man sich vom Zentrum des Geschehens entfernt, desto leiser wird es. Bildunterschrift: Ab und an sollte man die Stille suchen .... Ruhe bitte! Um das Gehör für eine "normale" Lautstärke zu sensibilisieren und ihm eine Ruhe- und Erholungspause zu verschaffen, ist es ratsam, sich hin und wieder der vollkommenen Ruhe auszusetzen. Zwar gibt es keine absolute Ruhe, denn selbst unser Atem löst einen Lärmpegel aus. Seite 28 von 41 Doch die Ruhe, die man in der Natur oder in einem Raum findet, der nicht mit Musik beschallt wird, tut auch dem gesamten Organismus gut. Krach macht krank Möglicherweise haben viele Zeitgenossen das Gefühl für Ruhe und Zurückgezogenheit verloren. Aber die permanente Beschallung löst Stressreaktionen aus, die nicht ohne Folgen bleiben. Nervosität, schlechte Laune, eine verminderte Konzentrations- und Lernfähigkeit und ein gestörtes Kommunikationsverhalten sind nur einige davon. Zahlreiche Studien belegen zudem, dass Lärm auf Dauer das Risiko erhöht, einen Bluthochdruck zu entwickeln. Nicht zu unterschätzen sind überdies die Auswirkungen von nächtlichem Lärm auf den Schlaf. Der Schlafforscher Prof. Dr. Jürgen Zulley weist darauf hin, dass Lärm die Schlafqualität derart beeinträchtigt, dass die Schlafphasen gestört werden und die Betroffenen am folgenden Tag nicht ausreichend erholt sind. Wer nächtlichen Lärmquellen nicht entkommen kann, weil er an einer stark befahrenen Straße oder über einem gut besuchten Lokal wohnt, sollte entsprechende Ohrstöpsel oder andere Gehörschutzgeräte benutzen. Links Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz: Neue EGLärmschutzrichtlinie http://www.lgl.bayern.de....pdf Deutsche Tinnitus-Liga e.V. (DTL) Am Lohsiepen 18 42369 Wuppertal Telefon: 0202 / 24 65 2-0 (Zentrale) Telefax: 0202 / 24 65 2-20 E-Mail: [email protected] Internet: http://www.tinnitus-liga.de Alles Gute für Ihre Ohren ! ? Von : Jutta Rosbach Sendung im HR am 2.9.2010 Das Hören ist einer unser wesentlichen Sinne. Gut hören heißt verstehen können - und ist ein wichtiges Stück Lebensqualität! Gerade ältere Menschen neigen dazu, Schwerhörigkeit als normale Alterserscheinung hinzunehmen. In vielen Fällen werden Hörprobleme zu spät erkannt, behandelt und versorgt. Neben dem Alterungsprozess unseres Hörorgans sind aber auch altersbedingte Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen für schlechtes Hören mit verantwortlich. Eine Schwerhörigkeit frühzeitig zu erkennen und zu behandeln ist auch deshalb wichtig, damit man das Hören und Verstehen nicht verlernt. Doch nicht nur Ältere sind betroffen. Zunehmend werden auch jüngere Menschen ein Hörgerät benötigen. Otosklerose - Operation gegen Schwerhörigkeit Beim Ausgehen merkt Michael S. zuerst, dass etwas mit seinen Ohren nicht stimmt. Ihm fällt auf, dass er nur Bruchstücke von Gesagtem mitbekommt. Aber das Problem tritt nicht nur in belebten Cafés auf. Verständnisschwierigkeiten stören immer öfter seine Gespräche. Aber nicht nur ihm fiel die Seite 29 von 41 Veränderung auf. Auch seinen Mitmenschen. Seine Frau beispielweise, konnte nicht einordnen, ob er nun wirklich nicht hörte oder ob er nur nicht zugehört hatte. Zu diesem Zeitpunkt ist Michael S. um die 30, im Außendienst tätig und ständig unterwegs. In seinem Beruf ist er auf das Gehör angewiesen, da viele Gespräche geführt werden müssen und auch kleinste Punkte von Wichtigkeit sind. Ein Hörtest ist fällig. In einer schalldichten Kabine werden dem Patienten eine Reihe unterschiedlicher Hörimpulse vorgespielt, auf die er per Knopfdruck reagieren muss. Ergebnis: sein Gehör ist deutlich gemindert. Der Arzt empfiehlt ein Hörgerät. Denn er glaubt, dass eine Schädigung am rechten Innenohr vorliegt. Die häufigste Ursache für Schwerhörigkeit! Aber seine Ohren werden immer schwächer. Nach ein paar Jahren braucht der Geschäftsmann ein zweites Hörgerät. Jetzt ist er 46 und hat sich mit den Hörhilfen arrangiert. Aber Musik kommt oft nur verzerrt bei ihm an. Und manchmal hört er gar nicht. Auch macht ihm gelegentlich die Handhabung der Geräte im Alltag zu schaffen, da er beispielsweise beim Schwimmen das Gerät rausnehmen muss, ebenso in der Sauna. Dann hört er gar nicht. Information Literatur zum Thema: Karl-Friedrich Hamann u.a. "Schwerhörigkeit und Hörgeräte: 111 Fragen und Antworten" 128 Seiten, 13,80 Euro ISBN: 978-3886038862 Zuckschwerdt-Verlag November 2005 Gerhard M. Wissler "Wenn die Ohren müde werden - Selbstsicher und aktiv leben mit Hörschwäche " 192 Seiten, 15,95 Euro ISBN: 978-3466345137 Kösel-Verlag Februar 2008 Elke Brüser "Wieder besser hören" 176 Seiten, 12,90 Euro ISBN: 103-937880-14-3 Verlag Stiftung Warentest September 2005 Sein alter HNO-Arzt geht in den Ruhestand. Bei einer gründlichen Untersuchung stellen die Nachfolger mit einem Stimmgabeltest fest, dass Michael S. über die Knochenleitung hört. Nicht sein Innenohr ist geschädigt, sondern sein Mittelohr. Das heißt, nach 15 Jahren hat er endlich die richtige Diagnose! Otosklerose - Der Funktionsausfall des Steigbügels. Beim gesunden Ohr leitet der Steigbügel die Schallwellen ins Innenohr. Bei der Otosklerose aber kommt es allmählich zur Verknöcherung des Mittelohrs. Die elastische Aufhängung des Steigbügels versteift. Die Folge: die Schallwellen erreichen nur bruchstückhaft das schneckenförmige Innenohr. Aber, die Otosklerose kann man operieren! Dabei wird in einer Operation das Trommelfell entfernt und der verwachsene Steigbügel freigelegt und durch eine Prothese ersetzt. Natürlich birgt die Operation an einem Sinnesorgan, wo viele wichtige Nerven verlaufen, Risiken. Es erfordert höchstes ärztliches Können. Der Chirurg muss vermeiden, dass es stark blutet. Sonst drohen Schäden am Innenohr. Im schlimmsten Fall kann der Patient taub werden. Der Eingriff wird in örtlicher Betäubung gemacht, weil dann der Patient direkt gefragt werden kann, ob er Schwindel hat, denn es wird in der Nähe des Gleichgewichtsorgans operiert und zum wichtigsten: man kann gleich prüfen, ob der Patient besser hört. Drei Tage wird Michael S. in der Klinik bleiben. In ein paar Monaten soll auch das zweite Ohr operiert werden. Vielleicht haben die Hörgeräte dann ausgedient. Kontakt Seite 30 von 41 Adressen: Deutsche Gesellschaft der Hörgeschädigten - Selbsthilfe und Fachverbände e.V. Paradeplatz 3 24768 Rendsburg Tel: 04331/ 5897 50 Fax: 04331/ 5897 51 E-Mail: [email protected] Internet: www.deutsche-gesellschaft.de Deutscher Berufsverband der Hals-Nasen-Ohrenärzte e. V. Bundesgeschäftsstelle Haart 221 24539 Neumünster Tel.: 043 21/ 97 25-0 Fax: 043 21/ 97 25-41 E-Mail: [email protected] Internet: w3.hno-aerzte.de Deutscher Schwerhörigenbund e. V. (DSB) Bundesverband der Schwerhörigen und Ertaubten Breite Str. 3 13187 Berlin Tel: 030/ 47 54 11 14 Fax: 030/ 47 54 11 16 E-Mail: [email protected] Internet: www.schwerhoerigen-netz.de Schwerhörigkeit - schleichend und lange unbemerkt Herta R. hat es selbst erst gar nicht bemerkt. Dass sie Fernseher oder Radio immer lauter stellte, im Gespräch öfters mal nachfragen musste, sogar das Rufen der Enkelin überhörte. Dass sie nicht mehr richtig hörte, das wollte sich die 60-Jährige nicht eingestehen, und hat immer wieder nach Gründen gesucht. Mal sollte eine Erkältung Schuld sein am schlechten Hören, mal Ohrenschmalz, mal eine Durchblutungsstörung. Fünf Jahre lang ging das so. Doch statt etwas zu unternehmen, entwickelte die Lehrerin spezielle Techniken im Umgang mit Familie und Schülern. Im Unterricht ging sie auf die Schüler zu, damit sie deren Antworten besser verstand. Denn je mehr Nebengeräusche es gab, umso schlechter hörte sie. Am Schlimmsten aber war es, wenn jemand eine Geschichte erzählte und alle lachten. Das war viel zu laut für ihr angeschlagenes Gehör, dann verstand Herta. R. oft die Pointe nicht mehr. Professor Timo Stöver von der Frankfurter Uniklinik forscht nach der Ursache der Schwerhörigkeit. Er untersuchte zunächst das Trommelfell. Das gibt den Schall weiter an die Gehörknöchelchen. Diese leiten ihn weiter an die Hörschnecke. In der flüssigkeitgefüllten Schnecke befinden sich feine Haarsinneszellen. Durch die Bewegung der Haarzellen entstehen elektrische Impulse, die vom Gehirn verarbeitet werden können. Sind die Härchen defekt, können sie nicht mehr so gut schwingen. Die Folge: Schwerhörigkeit. Um herauszufinden, ob das auch bei Herta R. der Fall ist, wird ein Hörtest gemacht. Die Auswertung zeigt, dass bei der Lehrerin auf beiden Ohren eine deutliche Einschränkung der Hörfähigkeit vorliegt, die am ehesten als altersbedingt zu interpretieren ist. Professor Stöver empfiehlt Herta R. deshalb beidseitig ein Hörgerät. Unser Gehör - ein empfindliches Wunderwerk Jeder Laut, jeder Ton wird von unserem Gehör über viele Schaltstellen in einen Nervenimpuls umgewandelt, der dann über die Hörbahnen im Großhirn und Stammhirn an die verarbeitenden Hirnzentren weiter geleitet wird. Insgesamt ist unser Gehör ein sehr komplexes und gleichzeitig hochpräzises Organsystem, dessen Aufbau und Wirkungsweise die Wissenschaft bis heute noch nicht bis ins Detail erklären kann. Zudem ist das Gehör unser aktivstes Sinnesorgan, denn während wir unsere Augen schließen können, bleiben unsere Ohren stets offen. Sie ermüden nicht und nehmen jedes akustische Signal wahr - auch während wir schlafen! Akustische Reize warnen uns vor herannahenden Gefahren, oft lange bevor wir sie dann tatsächlich auch mit unseren Augen sehen Seite 31 von 41 können. Unser Gehör ermöglicht es, mit unseren Mitmenschen in Kontakt zu treten, er ist die Basis des menschlichen Miteinanders und sozialen Lebens. Perfektes Zusammenspiel - Aufbau und Funktion des Gehörs Zunächst trifft der Schall auf unsere Ohrmuschel. Die dient als Schalltrichter, die jeden Ton auffängt und über den etwa zwei Zentimeter langen äußeren Gehörgang zum Trommelfell schickt. Da wir zwei Ohren besitzen, empfängt jedes Ohr den Impuls ein wenig anders, was es uns ermöglicht, die Richtung, aus der der Ton kommt, zu bestimmen. Vom Trommelfell, einer hauchdünnen, nur ein Zehntel Millimeter dicken Membran, werden die Schallschwingungen dann an den ersten der drei Gehörknöchelchen im luftgefüllten Mittelohr weiter gegeben. Wegen ihrer Form werden die Gehörknöchelchen "Hammer, Amboss und Steigbügel" genannt. Die Luft im Mittelohr muss immer neu an die äußeren Druckverhältnisse angeglichen werden, der Luft- und Druckausgleich geschieht über die Ohrtrompete. Sie ist ein etwa drei bis vier Zentimeter langer Kanal und verbindet das Mittelohr mit dem Nasen-Rachen-Raum. Druck auf den Ohren Wie wichtig dieser Druckausgleich ist, hat wohl jeder schon mal beim Fliegen oder beim Überqueren eines Alpenpasses gespürt. Oberhalb und unterhalb der Meereshöhe ändert sich der Luftdruck. Weil es dabei eine Differenz zwischen dem äußeren Umgebungsdruck und dem Luftdruck im Mittelohr gibt, spüren wir einen Druck auf den Ohren. Sobald wir dann Schlucken oder Kauen, öffnet sich die Ohrtrompete, Luft strömt ins Mittelohr und es herrschen wieder gleiche Druckverhältnisse. Bei einer Erkältung aber kann die Schleimhaut der Ohrtrompete angeschwollen und deshalb verschlossen sein. Der Druckausgleich funktioniert nicht. Besonders gefährlich ist das beim Fliegen oder Tauchen. Denn wenn sich der äußere Luftdruck immer weiter verändert, das Mittelohr sich aber nicht anpassen kann, kann es sogar zum Zerreißen des Trommelfells, zu einem so genannten Barotrauma, kommen. Die Gehörknöchelchen haben die Aufgabe, die Schallschwingungen zu verstärken und an eine rundliche Öffnung, das so genannte "ovale Fenster" weiter zu leiten. Genau hier beginnt das Innenohr. Wegen seines Aussehens wird es Labyrinth genannt. Es besteht aus dem Schneckenlabyrinth mit dem eigentlichen Hörorgan und dem Vorhoflabyrinth mit dem Gleichgewichtsorgan. Im Gegensatz zum äußeren Ohr und dem Mittelohr, die beide Luft enthalten, ist das Innenohr mit einer klaren Lymphflüssigkeit gefüllt. Sie umspült die winzig kleinen Sinneszellen, die als feine Härchen in die Flüssigkeit ragen und auf jede Schwingung in der Flüssigkeit reagieren. Das eigentliche Hörorgan hat eine Größe von kaum mehr als einem Zentimeter. Durch Windungen der Schnecke ergibt sich aber eine Länge von drei Zentimetern, auf denen sich etwa 25.000 Sinneszellen verteilen. Und jede einzelne Sinneszelle enthält noch einmal 100 Sinneshaare - erst diese Vielzahl ermöglicht unser hochkomplexes und differenziertes Hören. Die Bewegungen der Flüssigkeit führen zu einer Erregung der Sinneszellen, die diese in ein elektrischen Signal umwandeln, das über den Hörnerv dann an das hochkomplexe Hörzentrum im Gehirn weiter geleitet wird. Das Gleichgewichtsorgan besteht aus drei Bogengängen, die ebenfalls mit Lymphflüssigkeit gefüllt sind. Bei Bewegungen des Körpers kommt auch die Lymphflüssigkeit in Bewegung. Diese Schwingungen werden von den Sinneshärchen wahrgenommen und an das Gehirn weitergeleitet. So entsteht die Orientierung über eine Lageposition. Wenn dieses System gestört ist, findet keine Orientierung statt und es kommt zu Schwindel. 14 Millionen Deutsche hören schlecht Nein, Schwerhörigkeit ist leider keine Sache des Alters. Immer häufiger hören schon Kinder und junge Erwachsene schlecht. Doch weil wir das Hören als etwas ganz Selbstverständliches hinnehmen, wird der Hörverlust meist erst spät bemerkt und behandelt. Dass bei Fernseher und Radio die Lautstärke hochgedreht werden muss, der Betroffene im Gespräch öfter mal nachfragt, oder der Klang der geliebten Opernaufnahme plötzlich fad und schlecht erscheint - all dies sind erste Hinweise auf schlechtes Hören. Meist aber bemerken es die Betroffenen selbst erst spät, oft sind es Partner und Nahestehende, die auf die Hörminderung hinweisen. Für die Betroffenen bedeutet die Schwerhörigkeit jedoch einen dramatischen Einschnitt in ihr bisheriges Leben. Bei Gesprächen in Gruppen verstehen sie die anderen oft schlecht, weil unterschiedliche Klangeindrücke durcheinander wirken. Viele ziehen sich dann zurück, vernachlässigen soziale Kontakte, was bis zur Vereinsamung führen kann. Viele Schwerhörige bezeichnen diesen Zustand als "Leben unter einer Glocke". Besteht die Schwerhörigkeit bereits länger unbehandelt, dann verlernt auch das Hörzentrum im Gehirn, die verschiedenen Höreindrücke zu differenzieren. Wird dann eine Hörhilfe angepasst, muss der Patient erst wieder lernen, mit den "neuen" Geräuschen umzugehen - vollständig gelingt das dann oft nicht. Deshalb: im Zweifel das eigene Hörvermögen beim Facharzt oder Akustiker testen lassen! Seite 32 von 41 Lärm - Bedrohung für unser Gehör "Eines Tages wird der Mensch den Lärm ebenso unerbittlich bekämpfen müssen wie die Cholera und die Pest" (Robert Koch zugeschrieben, 1910) Wer im Rhein-Main-Gebiet in Flughafennähe wohnt, an der Main-Weser-Bahnlinie zwischen Frankfurt und Kassel, nahe an einer der ständig befahrenen hessischen Autobahnen oder neben einer der vielen Baustellen - sie alle können viel über die Auswirkungen von Lärm auf unsere Gesundheit erzählen. Lärm macht krank Die Auswirkungen sind allerdings von der Lautstärke abhängig und davon, zumindest bei "normallauten" Geräuschen, wie lange der Einzelne dem Lärm ausgesetzt ist. Schon ab 40 dB Dauerbeschallung, also dem Straßenlärm durch ein geschlossenes, doppelverglastes Fenster, sind Lern- und Konzentrationsstörungen möglich. Ab 65 dB (entspricht etwa dem nächtlichen Geräusch an vielbefahrenen Straßen und Autobahnen) besteht ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen. Am empfindlichsten auf Lärm allerdings reagiert unser Ohr. Lärmexperten unterscheiden dabei die Auswirkungen eines kurzdauernden, einzelnen, überlauten Schall- oder Lärmereignis von dauerhaftem Lärm auf unser Gehör. Lärm, Töne und laute Geräusche werden in Dezibel angegeben, der heute üblichen Einheit für die Bestimmung der relativen Lautstärke. Dabei handelt es sich um ein logarithmisches Maß, weshalb zum Beispiel eine Verdoppelung der wahrgenommenen Lautstärke nur etwa 3 Dezibel mehr ausmacht. Anders ausgedrückt: Ein 43 dB lautes Geräusch, das etwa einer normalen Unterhaltung entspricht, ist doppelt so laut wie ein Geräusch, das 40 dB misst. Hörschaden, Schmerzschwelle und Knalltrauma Ein vorbeidonnernder LKW erzeugt meist eine Lautstärke von 80 Dezibel, bei 85 Dezibel liegt die Schmerzgrenze für unser empfindliches Hörorgan. Wer solchem Lärm etwa 40 Stunden pro Woche ausgesetzt ist, hat ein hohes Risiko, eine lärmbedingte Schwerhörigkeit bis hin zur Taubheit zu entwickeln. Beruflich bedingt wird diese Lärmschwerhörigkeit dann auch als Berufskrankheit anerkannt. Etwa 110 Dezibel misst man bei einem in zehn Meter vorbeifahrenden Rettungswagen mit eingeschaltetem Martinshorn. Diese Lautstärke ist übrigens in vielen Diskotheken üblich! Die Schmerzschwelle für unser Ohr liegt bei 120 Dezibel, hier reichen manchmal nur wenige Sekunden, um das Gehör dauerhaft zu schädigen. Und noch ein paar Zahlen: 160 Dezibel erreicht ein sich entfaltender Airbag, eine direkt am Ohr abgefeuerte Spielzeugpistole schafft sogar 180 Dezibel! Alles, was über der Schmerzgrenze liegt, kann ein akutes Schalltrauma auslösen, also eine dauerhafte und nicht umkehrbare Schädigung des Hörorgans. Da mit dem Schall oft auch gleichzeitig eine Druckwelle auf die Ohren wirkt, kommt es neben der Schädigung der empfindlichen Sinneszellen im Innenohr oft auch zu mechanischen Verletzungen des Trommelfells oder der Gehörknöchelchen im Mittelohr. Lärmschwerhörigkeit oder Chronisches Schalltrauma Ein Mensch, der seine Ohren immer wieder über längere Zeit Geräuschen von über 85 Dezibel aussetzt, wird schwerhörig. Denn unter der Dauerbeschallung, ganz unabhängig von den physikalischen Charakteristiken des Lärms, gehen die Haarzellen in der Gehörschnecke zugrunde. Dabei beginnt der Hörverlust in der untersten Windung der Schnecke und betrifft so zunächst Töne von etwa 4000 Hz. Von hier aus breitet sich die Schädigung dann in beide Richtungen aus. Da die menschliche Sprache in der Regel in einem Frequenzbereich von 500 bis etwa 1500 Hz liegt, bemerken wir also den Hörverlust in unserem alltäglichen Leben anfangs nicht. Einmal zugrunde gegangene Sinneszellen aber kann man bis jetzt nicht ersetzen. Deshalb: wer beruflich oder privat Lärm ausgesetzt ist, sollte unbedingt einen geeigneten Gehörschutz verwenden! Andere Ursachen für eine zunehmende Schwerhörigkeit Zwar sind Lärm und zunehmendes Alter am häufigsten für eine Hörminderung verantwortlich, aber auch chronische Krankheiten verschlechtern unser Hören. Meist deshalb, weil dann das Innenohr schlechter durchblutet wird, beispielsweise bei Bluthochdruck, Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen. Auch Medikamente, wie einige Antibiotika, Anti-Malariamittel, Chemotherapeutika, die in der Krebstherapie verwendet werden und hohe Dosierungen stark wirkender Entwässerungsmittel können eine Schwerhörigkeit verursachen. Sehr selten lässt sich die Seite 33 von 41 Hörminderung auf eine Vergiftung durch Blei, Quecksilber oder Kohlenmonoxid zurück führen, oder auf einen Tumor im Bereich der Hörbahnen bzw. des Hörzentrums unseres Gehirns. Gerade im Kindesalter können wiederkehrende Mittelohrentzündungen eine deutliche Verschlechterung des Organs verursachen. Im höheren Alter kann selten auch eine Gürtelrose im Bereich des Hörnervs auftreten. Im Blickpunkt - Krankheiten und Pflege der Ohren Verstopfte Ohren - Vorsicht mit Wattestäbchen! Früher Morgen im Bad - wie immer dudelt das Radio, doch heute klingt alles irgendwie dumpf. Der erste Gedanke: verstopfte Ohren - da kann doch ein Wattestäbchen helfen? Bloß nicht, steht schließlich auch auf der Packung: Wattestäbchen sind mit Vorsicht zu benutzen, im Gehörgang haben sie nichts verloren! Ohrenschmalz ist ein Gemisch aus abgestorbenen Hautzellen, Talg und Sekreten. Normalerweise reinigen sich unsere Ohren selbst und befördern Ohrenschmalz nach außen. Bei der Reinigung mit Wattestäbchen wird dagegen ein Teil des Pfropfes vor das Trommelfell geschoben. Ohrenschmerzen und Hörminderung sind dann oft die Folge, sogar eine Trommelfellverletzung ist möglich. Deshalb: bei verstopften Ohren zu Hause keine Experimente wagen oder "Hausmittel" benutzen. Vor allem, wenn schon Hörschwierigkeiten oder Schmerzen auftreten. Dann gleich zum Facharzt, damit es nicht zu Entzündungen im Gehörgang oder gar zu einer schwerwiegenden Mittelohrentzündung kommt, wenn auch noch das Trommelfell verletzt wurde. Oft heilt der Trommelfelldefekt dann nicht richtig aus, es muss operiert werden. Dem Facharzt stehen drei Methoden zur Verfügung, um den Schmalzpfropfen zu entfernen: Weiche Ablagerungen können mit warmem Wasser ausgespült werden oder vorsichtig abgesaugt werden. Ist der Pfropfen härter, nutzt der Arzt ein Häkchen, um ihn zu entfernen. Ohrenreinigung - Klares Wasser, Tropfen oder Ohrkerzen? Alle drei bis sechs Monate empfiehlt der Facharzt eine Reinigung. Ziemlich aufwändig, deshalb würde manch einer lieber vorbeugen. Sprays und Tropfen aus der Apotheke sollen Ohrenschmalz aufweichen und aus dem Gehörgang spülen. Doch das Ergebnis ist oft nicht überzeugend. Zudem besteht die Gefahr, dass Ohrenschmalz weiter nach hinten gedrückt wird. Eine weitere Alternative: Ohrenkerzen. Durch die Hohlkerze strömt Wärme ins Ohr. Die soll den Pfropf weich machen und auflösen, so dass er leicht aus dem Ohr herausgeholt werden kann. Doch die HNO-Ärzte haben andere Erfahrungen gemacht. Sie sehen nicht selten Rußpartikel oder Wachsreste im Gehörgang. Und manchmal kommt es dort sogar Verbrennungen durch auftropfendes Wachs. Tipps: Wie sollten die Ohren richtig gepflegt werden? Ganz einfach nur mit einem Waschlappen. Diesen in lauwarmem Wasser tränken, am besten ohne Seife, dann vorsichtig tupfen! Auf Zugluft reagieren viele Menschen empfindlich. Oft löst die Kälte einen so genannten neuralgischen Schmerz aus. Bei Wärme geht der meistens wieder von alleine weg. Vorbeugung: Ohren warm halten und im Winter Mütze auf! Ohrenschmerzen - Mittelohrentzündung oder Kältereiz? Sind die Schleimhäute schlecht durchblutet, wird der Betroffene infektanfällig. Keime aus dem Mundund Nasenraum können dann leichter in den Rachen verschleppt werden, und dort über die Querverbindung zwischen Rachen und Mittelohr, die Eustachische Röhre, zu Mittelohrproblemen, wie Entzündungen, führen. Die heilen meist ohne Antibiotika aus, Schmerzmittel aber sind meist nötig. Wer unsicher ist, oder wenn sich Fieber einstellt, ist ein Arztbesuch ratsam. Ohrenschmerzen bei Zugluft haben aber viel häufiger eine ganz harmlose Ursache: der Kältereiz löst den neuralgischen Schmerz aus. Der geht bei Wärme meistens wieder von alleine weg. Ohren zu - Ohrenstöpsel gegen Lärm und Wasser im Ohr Ob der Partner mal wieder schnarcht oder der Straßenlärm an Schlaf nicht denken lässt, für viele sind Ohrenstöpsel hier eine wirksame Hilfe, damit die Nachtruhe gesichert ist. Aber Vorsicht: Ohrenstöpsel dürfen nicht zu weit in den Gehörgang geschoben werden, sonst ist das Tragen unangenehm und schmerzhaft. Zudem sollten sie aus Materialien bestehen, die sich nicht auflösen können, um Rückstände im Gehörgang zu vermeiden. Wasser im Ohr, auch das macht vielen Menschen nach dem Duschen und Schwimmen Probleme. Den Kopf schütteln hilft da meist auch nicht. Besser, Sie ziehen das Ohr sanft nach oben und hinten, so wird der Gehörgang gerader, das Wasser kann leichter ablaufen. Seite 34 von 41 Tinnitus - wenn das Geräusch nicht mehr verschwindet! Piepsen, Sausen, Summen, Rauschen - solche Ohrengeräusche machen den Betroffenen das Leben zur Qual. Nach Schätzungen der Tinnitus-Liga leiden etwa 3 Millionen Menschen in Deutschland unter einem Tinnitus. Auch Michael H. hat seit zehn Jahren mit einem solchen Piepsen zu kämpfen. Angefangen hat es mit einem Hörsturz, danach blieb das Ohrgeräusch und wurde für den 57-Jährigen zu einer enormen Belastung im Alltag. In der HNO-Klinik wollen die Ärzte dem nervigen Geräusch auf die Spur kommen und gleichzeitig organische Störungen wie etwa einen Tumor ausschließen. Viel häufiger aber tritt der Tinnitus einfach so auf, ohne medizinisch erkennbare Ursache. Denn Tinnitus ist vor allem eins: ein Warnsignal. Michael H. leidet vor allem unter Stress. Um den in den Griff zu bekommen, lernt er in der Mainzer Römerwallklinik geeignete Entspannungsmethoden kennen, beispielsweise die Progressive Muskelentspannung nach Jacobsen. Oberstes Therapieziel ist die Akzeptanz des Hörgeräusches, Ablenkung durch Musik oder zu Hause durch ein Hobby sind erlaubt. Das wesentliche Ziel für Betroffenen wie Michael H. ist es, ihr inneres Gleichgewicht wieder zu finden. Tinnitus - "Lärm der Seele" Tinnitus ist eine Zivilisationskrankheit, sagen Ärzte. Lärm, Stress, Zeitdruck und fehlende Ruhepausen machen uns anfällig für die störenden Ohrgeräusche. Hierzulande leiden mindestens drei Millionen Menschen unter dem Lärmterror im Ohr, vielen von ihnen nimmt das allgegenwärtige Störgeräusch die Freude am Leben. Warum aber solche Ohrgeräusche plötzlich auftreten, ist noch immer nicht hinreichend geklärt. Problematisch ist die Krankheit schon deshalb, weil nur die Betroffenen das Geräusch überhaupt hören können, und es sich kaum hinreichend mit objektiven Tests nachweisen lässt. Dadurch erleben Tinnitus-Patienten wenig Empathie und Verständnis in ihrer Umgebung, wird die Krankheit oft als "übertriebene Empfindlichkeit" abgetan. Ob jemand an einem Tinnitus erkrankt, und wie sehr das Ohrgeräusch dessen Leben beeinträchtigt, hat ganz wesentlich mit dessen Lebenssituation zu tun. Zwar empfindet der Tinnitus-Patient das Geräusch als störend laut, tatsächlich aber liegt es oft nur 10 bis 20 Dezibel über der Hörschwelle. In der Therapie haben sich daher Behandlungen bewährt, deren Ziel es ist, schrittweise die Aufmerksamkeit des Patienten von dem ständig präsenten Geräusch abzulenken. Denn wird die Aufmerksamkeit wieder auf andere Dinge gelenkt, dann erleben die Betroffenen ihr Ohrgeräusch längst nicht mehr so störend, nimmt es weniger Raum in ihrem Leben ein. Zur Behandlung eignen sich die kognitive Verhaltenstherapie, Entspannungsübungen und das so genannte Retraining. Dabei werden neben den genannten Psychotherapieformen auch spezielle Hörgeräte eingesetzt, die den Tinnitus maskieren und damit für den Betroffenen zum Verschwinden bringen. Hinsichtlich des Erfolges konnte jedoch die gerätegestützte Therapie keinen Vorteil gegenüber den anderen Behandlungsmaßnahmen zeigen. Hörsturz – Stress als Auslöser Von : Jörg E. Mayer Sendung im BR am 12. 10 2010 Nach Schätzungen trifft es 8.000 bis 16.000 Deutsche jährlich: Der Hörsturz ist die häufigste Funktionsstörung des Innenohrs. Ganz plötzlich ist das Hörvermögen - meist nur auf einem Ohr - stark eingeschränkt. Zugleich leiden viele Betroffene unter Tinnitus und Schwindelgefühl. Doch was tun, wenn das Ohr streikt? Für Gabriele Thumann-Wagner verlief der 10. September eigentlich ganz normal. Als die Lehrerin gegen 14.00 Uhr von der Schule kam, kochte sie zunächst für ihre beiden Kinder. Danach kümmerte sie sich um den Haushalt und um den Garten. Erst gegen Abend fand sie etwas Ruhe. Doch beim Lesen eines Buches trat plötzlich wieder der hohe Piepston im rechten Ohr auf. Dieses Mal verschwand er nicht nach wenigen Sekunden, sondern blieb. Seite 35 von 41 Ein ohrenbetäubender Lärm Gabriele Thumann-Wagner konnte trotz des Piepstons einschlafen. Doch nach wenigen Stunden brach plötzlich die Hölle los. "Ich bin gegen zwei Uhr nachts aufgewacht mit einem ohrenbetäubenden Lärm auf den Ohren, konnte auch gar nicht lokalisieren, kommt das jetzt von links oder rechts, und hatte einen riesengroßen Schwindel dabei." Die Lehrerin ahnte zu diesem Zeitpunkt bereits, dass sie einen Hörsturz haben könnte und ließ sich von ihrem Ehemann sofort in ein Krankenhaus fahren. Aus heiterem Himmel Gabriele Thumann-Wagner lag mit ihrer Eigendiagnose richtig. Die ärztlichen Untersuchungen ergaben, dass bei ihrem Hörsturz keine eindeutigen Ursachen, wie zum Beispiel ein Tumor oder eine Gefäßfehlbildung, vorlagen. In ihrem Fall wie auch in den meisten anderen Fällen war es ein Hörsturz ohne erkennbare Ursache. Vermutet wird ein Zusammenspiel von verschiedenen Faktoren, die zu einer Änderung der Durchblutungsverhältnisse am Innenohr führen. Zitat Dr. Jochen Wustrow, Chefarzt, HNO-Klinik des Kölner St. Elisabeth-Krankenhauses: "Wir wissen heutzutage noch nicht genau, wie ein Hörsturz genau entsteht (...). Die häufigste Ursache ist wahrscheinlich Stress. Stress verursacht eine Adrenalinausschüttung, dieses führt wiederum zu Gefäßkrämpfen und damit wird der Hörnerv und die Hörzelle nicht mehr richtig durchblutet." Bildunterschrift: Stress kann ein Auslöser für einen Hörsturz sein. Eine Zivilisationskrankheit In den 50-er und 60-er Jahren gab es nur wenige Fälle von Hörsturzpatienten, meisten waren es Männer. Mittlerweile ist die Zahl deutlich angestiegen. Etwa 15.000 Menschen pro Jahr erleiden in Deutschland einen Hörsturz. Vor allem die Frauen haben aufgeholt. Die zunehmende Belastung in der Arbeitswelt führt auch zu einer Belastung im familiären Bereich und auf Dauer kann diese Doppelbelastung auch zu körperlichen Schäden führen. Das gilt für Männer ebenso wie für Frauen und mittlerweile auch für jüngere Menschen, die unter der zunehmenden Arbeitsverdichtung und der Sorge um einen Arbeitsplatz leiden. "Wir können auch sagen, dass der Hörsturz eine Zivilisationskrankheit ist", resümiert Dr.Wustrow. Risikofaktoren Doch Stress ist nicht der einzige Risikofaktor. Der massive oder schwere Hörsturz ist auch mit einem Herzinfarkt zu vergleichen, folglich spricht man auch von einem Hörinfarkt. Und ähnlich wie bei einem Seite 36 von 41 Herzinfarkt können auch bei einem Hörinfarkt die gleichen Faktoren eine Rolle spielen: Fettleibigkeit, Bluthochdruck, Diabetes Mellitus, Fettstoffwechselstörungen oder das Rauchen. Wirksame Therapien fehlen Für Gabriele Thumann-Wagner war schnell klar, dass nur Stress die Ursache für ihren Hörsturz sein konnte. Acht Tage wurde sie stationär mit durchblutungsfördernden Mitteln behandelt. Die Wirksamkeit dieser Infusionstherapie ist allerdings umstritten. Doch eine andere schulmedizinische Alternative gibt es bislang nicht. Informationen Deutsche Tinnitus-Liga e.V. Die Selbsthilfeorganisation bietet auch viele Informationen zum Thema Hörsturz www.tinnitus-liga.de Für die Lehrerin ist gutes Hören eine wichtige Voraussetzung in ihrem Beruf. Vier Wochen nach dem Hörsturz ist der anfängliche Schwindel zwar verschwunden, geblieben ist aber immer noch ein Hörverlust sowie ein Tinnitus auf dem rechtem Ohr. Vor allem die hohen Frequenzen kann sie nicht wahrnehmen. Zitat Dr. Jochen Wustrow, Chefarzt, HNO-Klinik des Kölner St. Elisabeth-Krankenhauses: "Wir wissen, dass ein Hörsturz auch spontan wieder ausheilen kann. In der Fachliteratur liegt die Größenordnung zwischen 20 und 60 Prozent. Allein an dieser Spanne erkennt man schon, wie schwammig diese Situation in dieser Hinsicht ist." Gabriele Thumann-Wagner nimmt weiterhin durchblutungsfördernde Medikamente. Und den Stress will sie in Zukunft reduzieren. Mitunter kann es sechs Monaten dauern, bis eine deutliche Besserung des Hörverlustes auftritt Hörsturz und Tinnitus Von : Jörg E. Mayer und Cornelia Fischer-Börold Sendung im NDR am 11.8., 12., und 19. 10. 2010 Brummen, Rauschen, Pfeifen: Fünf Prozent der Deutschen leiden an einem Tinnitus. Was sind die Ursachen und welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es? Ob als Pfeifen, Rauschen, Zischen oder Summen und Surren - rund fünf Prozent der Deutschen leiden an einem Ohrgeräusch - einem sogenannten Tinnitus. Meistens tritt er nur vorübergehend auf. Besonders in ruhiger Umgebung wird das Tinnitusgeräusch als störend empfunden. Die Mehrzahl der betroffenen Patienten kann das Ohrgeräusch auf Dauer gut kompensieren. Bei einem Drittel der Betroffenen ist die Beeinträchtigung jedoch so stark, dass die Lebensqualität zum Teil erheblich beeinträchtigt ist. Schlaf- und Angststörungen oder Depressionen können die Folge sein. Wie schnell muss man bei einem Hörsturz handeln? Prof. Hans Wilhelm Pau im Interview mit Moderatorin Susanne Kluge-Paustian. Video starten (05:05 min) Aber auch Stress und psychische Belastungssituationen scheinen einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung eines Hörsturzes zu haben. Auch bestimmte Viren, die Hör- und Gleichgewichtsnerven befallen, können die Hörstörung verursachen. Häufig lassen sich jedoch keine medizinischen Ursachen für die Beschwerden finden. Da der Tinnitus oft erstmalig in Stresssituationen bemerkt wird, ist eine psychosomatische Komponente der Beschwerden nicht auszuschließen. Akute Behandlung mit Medikamenten Die Behandlung des akuten Tinnitus erfolgt in aller Regel medikamentös, mithilfe von Kortisoninfusionen. Die Akutbehandlung hat das Ziel, die Entstehung eines chronischen Tinnitus zu verhindern. Die medikamentöse Behandlung eines chronischen Ohrgeräusches, das länger als drei Monate besteht, ist umstritten. Verschiedene alternative Behandlungsmethoden Der Erfolg alternativer Behandlungsmethoden ist individuell sehr verschieden. Entspannungsverfahren, wie autogenes Training, progressive Muskelentspannung und Hypnose können die Beschwerden lindern. Ebenso haben sich alternative Heilmethoden wie Akupunktur und Homöopathie bewährt. Seite 37 von 41 Wie klingt ein Tinnitus? Informationen und Hörbeispiele auf der Seite der Brunnen-Klinik in Bad Meinberg. Link in neuem Fenster öffnen Die Töne sind individuell verschieden: tief oder hoch, laut oder leise, gleichförmig oder pulsierend, auf einem oder beiden Ohren. Der Beginn der Beschwerden liegt typischerweise zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr, Frauen und Männer sind gleichermaßen betroffen. Woher kommt der Tinnitus? Die Wahrnehmung des Ohrgeräusches beruht auf einer Störung der Hörfunktion. Nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen wird das Tinnitusgeräusch durch eine gesteigerte Aktivität von Nervenzellen im Hörzentrum der Großhirnrinde, dem sogenannten auditorischen Kortex, verursacht. Hier werden alle Sinneseindrücke des Ohres verarbeitet. Ist die Signalübertragung vom Ohr zum Hörzentrum gestört, kommt es zu einer spontanen, übersteigerten Aktivität der betreffenden Nervenzellen. Sie bilden dabei einen Ton - das Tinnitusgeräusch. Durch den Versuch des Gehirns, die Hörstörung zu kompensieren, kommt es schließlich zur Bildung eines überaktiven Nervenzellnetzwerkes, in dem der Tinnitus dauerhaft verankert wird. Vielfältige Ursachen Die Ursachen des Tinnitus sind vielfältig. So kann er zum Beispiel als Begleiterscheinung von Entzündungen des Ohres, Lärmschäden oder des Morbus Menière auftreten. Auch ein Hörsturz ist oft von einem Tinnitus begleitet. Bei einem Hörsturz handelt es sich um einen plötzlichen Hörverlust, der meistens nur auf ein Ohr beschränkt ist. Die genauen Ursachen des Krankheitsbilds sind nicht abschließend geklärt. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass eine Störung der Blutversorgung des Innenohrs eine entscheidende Rolle spielt. Neue Verfahren gegen Tinnitus Tinnitus sind quälende Ohrgeräusche, die oft ein Leben lang nicht mehr weggehen. Aber es gibt Verfahren, die das Leiden mindern. Christiane Tovar berichtet. Audiobeitrag starten (04:08 min) Vielversprechend sind außerdem Musiktherapien. Forscher der Universität Münster entwickeln zurzeit eine neue Methode – die sogenannte maßgeschneiderte Musiktherapie. Die Wissenschaftler ermitteln dabei gemeinsam mit den Patienten die jeweiligen Frequenzen der Tinnitus-Töne. Dann wird eine individuelle Musik zusammengestellt. "Aus der Musik werden bestimmte Frequenzen herausgeschnitten. Das ist sozusagen die Frequenz, die so klingt wie der Tinnitus. Wenn der Patient sich diese Musik dann anhört, sollten im Gehirn bestimmte Prozesse ausgelöst werden, die dafür sorgen, dass der Tinnitus über die Zeit leiser wird", erklärt Psychologe Henning Stracke. Bewältigung von Stress-Situationen Im Mittelpunkt der erfolgreichen Tiunnitusbehandlung steht aber die Bewältigung von StressSituationen und emotionalen Problemen. Wichtig ist, dass Betroffene lernen, mit den Ohrgeräuschen umzugehen. Bei vielen Patienten tritt mit der Zeit eine Gewöhnung an das Geräusch ein, sodass es als weniger störend empfunden wird. Hierbei können psychologische Hilfe und Selbsthilfegruppen den Patienten unterstützen. Finden des richtigen Hörgerätes Infotext: Constanze Löffler Sendung im RBB am 12. 1. 2011 Harald Bauer, der Protagonist im rbb-Praxis Film, ist 73 Jahre. Sein Problem: er hört schlecht. Tanya Schnerwitzki ist Hörgeräte-Coach. Sie will ihm bei seinem Problem helfen. Das Team von rbb PRAXIS hat die beiden über drei Monate lang begleitet. Harald Bauer sucht Hilfe, weil er schon seit langem Hör-Probleme hat. Vor allem in geselliger Runde versteht er immer schlechter, was seine Freunde sagen. Und spricht selbst immer lauter. Tanya Schnerwitzki ist sein Hörgeräte-Coach. Sie weiß, wie schwer es den Leuten fällt, zu ihr zu kommen und welche Ausreden sie haben, um auf ein Hörgerät zu verzichten. Denn nicht jeder kann sich damit abfinden, ein Stück Extra-Ohr zu tragen, das für alle sichtbar ist. Seite 38 von 41 Auch Harald Bauer ist skeptisch, aber er gibt sich einen Ruck. Der Ingenieur steht noch voll im Leben. Dass er nicht mehr alles mitbekommt, damit will er sich nicht abfinden. Ein Hörtest zeigt, wie schlecht Harald Bauer tatsächlich hört: Harald Bauer hört weniger als die Hälfte, wenn geredet wird: Gerade mal 45 Prozent der gesprochenen Wort kommen bei ihm an. Sein Gehirn ist ständig dabei, die Lücken zu ersetzen. Das ist für den rüstigen Ingenieur sehr anstrengend, weil er immer probiert, zu lauschen, um diese Lücken auszubessern. Jetzt ist endlich klar: Harald Bauer braucht ein Hörgeräte – und zwar auf beiden Ohren. Damit die genau sitzen, nimmt Tanya Schnerwitzki Abdrücke. Daraus werden dann später so genannte Ohrpassstücke gefertigt. Hörgeräte: an diese Realität kann sich Harald Bauer noch nicht so recht gewöhnen. Doch zehn Tage später hat sich Herr Bauer damit abgefunden. Im Film wird er zum ersten Mal Hörgeräte ausprobieren. Die Auswahl ist groß – und spannend ist auch der Moment des ersten Einsetzens. Der Effekt ist sofort spürbar: Bauer hört sich beim Sprechen plötzlich viel lauter, als er es in den letzten Jahren gewohnt war. Nicht ganz einfach ist die praktische Handhabung des Gerätes. Nach ein paar Versuchen muss Harald Bauer ohne die Hilfe der Hörgeräteakustikerin Tanya Schnerwitzki auskommen. Wird ihm das gelingen? Und wie wird er im Alltag mit den neuen Hörgeräten klarkommen? Diese Fragen wird die rbb Praxis in den nächsten zwei Folgen beantworten. Buchtipps: Ich bin schwerhörig – und das ist auch gut so! Ulla Schultens-Kaltheuner Verlag: Verlagshaus Mainz, Aachen; 2009 ISBN-13: 978-3810700490 14,90 Euro Schwerhörigkeit und Hörgeräte: 111 Fragen und Antworten Kai-Friedrich Hamann Verlag: Zuckschwerdt, 2005 ISBN-13: 978-3886038862 13,80 Euro Die Anpassung eines Hörgeräts braucht Geduld Zur Erinnerung: Im ersten Film wurde der 73-jährige Harald Bauer vorgestellt. Er hört schlecht. Gemeinsam mit dem Hörgeräte-Coach Tanja Schnerwitzki entschloss er sich, ein Hörgerät anpassen zu lassen. Nun berichtet das Team von rbb PRAXIS über die Probleme, die Bauer nach den ersten drei Wochen mit dem neuen Hörgerät hat. Der Film zeigt Harald Bauer, nachdem er das Hörgerät die ersten drei Wochen im Alltag getestet hat. In dieser Zeit schon lernte er es sehr zu schätzen, wieder besser hören zu können. So klappt beispielsweise das Telefonieren schon wieder. Und auch der Fernseher steht nicht mehr auf voller Lautstärke. Dennoch traten auch Schwierigkeiten auf: Harald Bauer hört zwar fast alles laut, seine Stimme aber mag er selbst nicht mehr hören. Er empfindet sie als fürchterlich. Stellt er das Gerät auf „leise“, hat er den Eindruck, nicht besser zu hören. Harald Bauer spürt die Ohrstücke noch sehr, er fühlt sich durch die Fremdkörper gestört. Der rüstige Ingenieur ist kein Einzelfall: Anfangs fällt es dem Hörgeräte-Coach zufolge vielen Menschen schwer, mit dem Hörgerät-System klarzukommen. Mehr noch: Das erste Gerät ist oft nicht gleich das richtige. Die meisten Patienten müssen bis zu drei Geräte testen. Denn erst der „Alltags-Test“ zeigt, ob es sich wirklich eignet. Eine wichtige Bewährungsprobe ist zum Beispiel der Berufsalltag. Auch für den Ingenieur Bauer trifft das zu. Auf seiner Baustelle ist er zuständig für Lieferung und Einbau der Fenster. Hier kann er es sich nicht leisten, etwas nicht zu verstehen. So bleibt es spannend, wie Harald Bauer sich weiter an sein neues Hören gewöhnt. Im dritten Teil erfahren Sie, für welches System er sich entscheidet. Bleiben Sie dran! Seite 39 von 41 Erinnern wir uns: Harald Bauer, der Protagonist im dreiteiligen rbb PRAXIS Film, ist 73 Jahre. Er hört zunehmend schlechter. Tanja Schnerwitzki ist die Hörgeräte-Akustikerin, die Bauer betreut. Mittlerweile sind drei Monate vergangen seit ihrem ersten Treffen. Nachdem der Ingenieur Harald Bauer einen Hörtest gemacht hatte, stellte er sich seinem Problem: Bauer hörte tatsächlich schlecht. Weniger als die Hälfte der gesprochenen Worte kamen bei ihm an. Von der Hörgeräte-Akustikerin Tanja Schnerwitzki bekam er ein erstes Hörgerät. Damit es exakt sitzt, nahm die Expertin dafür Abdrücke von Bauers Ohrmuschel. Anhand der Vorlage wurden Ohrpassstücke für ihn gefertigt. Harald Bauer trägt nun schon seit über zwei Monaten testweise Hörgeräte. Nicht nur an das neue Hören, sondern auch an das Gefühl im Ohr muss er sich erst gewöhnen. Heute ist er erneut bei Hörgeräte-Coach Tanja Schnerwitzki, weil ihn seine Ohrpassstücke irgendwie drücken. Schnerwitzki gibt Entwarnung: Drückende Stellen lassen sich abschleifen – und sind noch lange kein Grund, das Hörsystem in die Schublade zu verbannen. Es sind diese kleinen Probleme, die dazu führen, dass Hörgeräte nicht benutzt werden. Doch Harald Bauer will endlich wieder besser hören. Dass die Hörgeräteakustikerin seine Ohrpassstücke noch einmal geschliffen hat, hat sich für ihn gelohnt. Er fühlt sich viel wohler damit. Für Bauer steht eine Entscheidung an: Ein kleines, leichtes Hörgeräte-System mit externem Lautsprecher könnte dem Ingenieur noch mehr Komfort bringen. Das erste Gefühl im Ohr mit dem neuen Gerät: gut. Aber es muss sich noch im Alltag bewähren. Über drei Monate hat der 73-Jährige fünf verschiedene Systeme getestet - und sich tatsächlich für das kleine, leichte System mit externem Lautsprecher entschieden. Pro Gerät muss Bauer etwa 1000 Euro zuzahlen – mehr als er eigentlich wollte. Ist denn immer nur das Teuerste auch das Beste? Grundsätzlich ja. Denn je besser die Technik im Hörsystem ist, desto teurer sind die Geräte. Modernste Technik im Ohr zu tragen ist das eine, die Leute müssen sie aber auch bedienen können, gibt Tanja Schnerwitzki zu bedenken. Für Harald Bauer hat sich die Wahl offenbar gelohnt, auch wenn er deutlich tiefer in die Tasche greifen musste. Das zeigt der abschließende Hörtest, bei dem er wieder Wörter nachsprechen muss. Statt 45 Prozent wie vor drei Monaten hat er heute 95 Prozent aller Wörter korrekt wiedergegeben. Der Weg zum richtigen Hörgerät war für Harald Bauer nicht leicht, doch es hat sich gelohnt. Drei Monate hat er für sein besseres Hören gekämpft – mit Hilfe von Hörgeräte-Coach Tanja Schnerwitzki. Die zwei kleinen Geräte im Ohr geben ihm die Garantie, dass er wieder komplett am Leben teilnehmen kann. Wenn das „Handy“ ständig klingelt .. Infotext: Beate Wagner Sendung im RBB am 6. 4. 2011 Kennen Sie das auch? Man zückt sein Handy, weil man glaubt, es klingelt. Tatsächlich aber bleibt das Display leer. Einer Studie des IT-Branchendienstes Bitkom zufolge geht das schon jedem Dritten hierzulande so, 64 Prozent der Befragten fühlen sich von Reizen überflutet. Betroffen sind vor allem junge Menschen zwischen 14 und 29 Jahren. Das Gehirn befindet sich im Dauer-Alarmzustand: Überall klingeln Handys, Nachrichten sind rund um die Uhr verfügbar, wir sind selbst auf der Straße online. In Deutschland gibt es momentan mehr als 107 Millionen Handyverträge, über die wir mehr als 150 Milliarden Minuten im Jahr telefonieren. Kein Wunder, dass einige der Nutzer ihr Telefon bereits als Teil ihres Körpers empfinden. Doch aus dem Segen kann ganz schnell ein Fluch werden, wenn man sich zu sehr auf das Handy fixiert. So ist das so genannte Phantomklingeln mittlerweile keine Rarität mehr. Neuropsychologen erklären das mit dem so genannten perzeptiven Lernen: Je häufiger ich einen bestimmten Reiz höre, der eine bestimmte Eigenschaft hat, desto spezifischer werden die Filter in meinem Gehirn greifen. Irgendwann reagieren wir auch auf Reize, die nur so ähnlich wie der eigentliche klingen. Zudem interpretiert das Gehirn Umweltgeräusche auch mithilfe der Wahrnehmungsfilter. Unvollständige Signale werden einfach vom Gehirn ergänzt. So ist es verständlich, dass schon Geräuschfetzen, die nur entfernt an unseren Klingelton erinnern, zentral als reales Anrufsignal Seite 40 von 41 interpretiert werden. Je wichtiger das Handy ist, desto ausgeprägter ist das Phantomklingeln mitunter. Wichtig außerdem: die individuelle Lernfähigkeit. Je schneller dieses so genannte perzeptive Lernen ist, desto eher klingelt irgendwann das Handy - wenn auch nur im Kopf. Seite 41 von 41