3.7.4.1 Kluftgrundwasserleiter Die hydraulische

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48
3.7.4.1 Kluftgrundwasserleiter
Die hydraulische Eigenschaft der Kluftgrundwasserleiter im Kristallin und Rotliegenden wird durch
Raumstellung, Geometrie und Häufigkeit hydraulisch kommunizierender Kluftbahnen gesteuert. Sie ist
somit direkt von den heterogenen und anisotropen physikalischen Eigenschaften des Gebirges
abhängig und mit den zur Verfügung stehenden Daten und Geländemethoden nur näherungsweise
bestimmbar. Für den Bereich des Granodiorits ist zwischen dem oberflächennah auftretenden, stark
-5
-4
verwitterten Kristallingrus bis in ca. 10 m Tiefe mit Durchlässigkeiten von 3⋅10 bis 2⋅10 m/s und
Speicherkoeffizienten von 2 bis 8 % sowie dem tiefer erschlossenen Aquiferbereich bis 30 m mit
-7
-6
Durchlässigkeitsbeiwerten von 6⋅10 bis 5⋅10 m/s und Speicherkoeffizienten von 1 - 3 % zu
unterscheiden. Die Kennwerte wurden mit Hilfe von Pumpversuchen an Lokalitäten im Woogsviertel,
Stadtzentrum und in Bessungen bestimmt. Für das Rotliegende standen lediglich zwei Pumpversuche
-6
zur Verfügung (NB 15 und NB 17), an denen Durchlässigkeiten von 6 - 7⋅10 m/s sowie ein
Speicherkoeffizient von 0,35 % ermittelt wurde. Die Mächtigkeit des erschlossenen
Grundwasserleiters liegt hier bei 30 m. Im Tertiär wurde anhand einer Bohrung in der Nähe der
-5
Störungszone im Stadtzentrum ein kf-Wert von rd. 1⋅10 m/s ermittelt. Nach HÖLTING (1992) können
für Sandsteine und Konglomerate überschlägig Kluftvolumen von 1 - 1,5 % und für schluffige
Sandsteine 0,1 - 0,5 % angenommen werden. Speicherkoeffizienten über 2 % sind in
Kluftgrundwasserleitern nur in tektonisch gestörten Bereichen vorhanden.
3.7.4.2 Porengrundwasserleiter
Die mittels Pumpversuchen bestimmte hydraulische Leitfähigkeit des oberen freien quartären
Grundwasserstockwerkes schwankt in der tektonisch tieferen Scholle südlich der Gräfenhäuser-4
-4
Bruchzone zwischen 2⋅10 und 4⋅10 m/s. Die grundwassererfüllten Mächtigkeiten liegen zwischen
5 und 30 m. Im Bereich der nördlich sich anschließenden Hochscholle liegt der
-5
Durchlässigkeitsbeiwert für den tieferen Aquifer bei 3⋅10 m/s mit einer Aquifermächtigkeit von 5 m. In
der Nähe der hier erzgebirgisch streichenden Verwerfungszone bei NB 7 und NB 14 wurden
Speicherkoeffizienten von 3 - 7 % anhand instationär ausgewerteter Pumpversuche berechnet. Die
Durchlässigkeiten des oberen Aquifers im nördlichen Bereich wurden anhand eines
-5
Strömungsmodells im Stadtgebiet Arheilgen mit 3 - 7⋅10 m/s bestimmt (JUSTEN 1999). Im südlichen
-4
tieferen Grundwasserleiter (NB 3 und NB 1) wurde ein kf-Wert von 1⋅10 m/s bei einer
grundwassererfüllten Mächtigkeit von rd. 10 bis 18 m ermittelt. Der aus Pumpversuchen errechnete
Speicherkoeffizient beträgt für den oberen freien Grundwasserleiter 8 - 19 % und im gespannten
-3
Aquifer 3⋅10 (GREIFENHAGEN 1997).
3.8 Versiegelung und urbane Hydrogeologie
Die Versickerungskapazität in urbanen Räumen wird maßgeblich von Flächenart, Nutzung,
geometrischen Eigenschaften und der Durchlässigkeit des Untergrundes bestimmt. Die Größe und
zeitliche Abfolge der Verluste beim Regenwasserabfluß - bestehend aus Benetzung der trockenen
Oberfläche, Muldenauffüllung, Verdunstung und Interzeptionsspeicherung - ist ausschlaggebend für
die Versickerungskapazität in bebauten Gebieten.
Im urbanen Bereich treten abflußwirksame Flächenarten wie Straßen, Gehwege, Hofflächen,
Stellplätze, Dächer, landwirtschaftlich sowie gärtnerisch genutzte Flächen, Parkflächen, Böschungen
und Grünflächen auf. Nach MEßER (1997) kann jedem Bebauungs- und Nutzungstyp in einer Stadt
durch entsprechende Detailkartierung repräsentativer Flächen ein spezifischer Versiegelungsgrad
zugeordnet werden. Er unterteilt die kartierten Flächen in 5 Versiegelungsklassen mit einer
49
Klassenbreite von jeweils rd. 20 %. Es besteht somit eine Zuordnung von Bebauungstypen bzw.
Kartierflächen zu einer Größenklasse der Versiegelung.
In ähnlicher - wenn auch stark vereinfachter - Weise wurde das Stadtgebiet Darmstadt anhand seiner
Bebauungstypen in 6 Versiegelungsklassen eingeteilt (inkl. Wasserflächen stehender Gewässer). Im
Rahmen der Erstellung des Informationssystems wurde diese Einteilung anhand der Stadt- und
Luftbildkarten im Maßstab 1 : 5.000 sowie der Karten im Maßstab 1 : 25.000 mit Gebäudegrenzen
durchgeführt (Anhaltspunkte der Versiegelung). Hieraus ergab sich folgende Zuordnungsvorschrift der
Flächen- und Bebauungstypen:
•
Klasse 0
Wasserflächen stehender Gewässer.
•
Klasse I mit einem Versiegelungsgrad von 0 - 20 %
Dauerkleingärten, Friedhöfe, Parkanlagen, Sportplätze und sonstige Grünflächen.
•
Klasse II mit einem Versiegelungsgrad von 21 - 40 %
Wohngebiete mit Zeilenhausbebauung, Einzelhausbebauung mit großen Gärten.
•
Klasse III mit einem Versiegelungsgrad von 41 - 60 %
Wohngebiete, z. T. auch im Innenstadtbereich mit Doppelhausbebauung und mittleren Gärten, Einzel- und
Doppelhausbebauung, Reihenhausbebauung mit kleinen und mittleren Gärten.
•
Klasse IV mit einem Versiegelungsgrad von 61 - 80 %
Locker bebaute Gewerbe- und Industriegebiete mit Grünbereichen, Blockbebauung, z. T. im Innenstadtbereich.
•
Klasse V mit einem Versiegelungsgrad von 81 - 100 %
Stadtzentrum, dicht bebaute Industriegebiete.
Diese Verfahrensweise impliziert einen subjektiven Zuordnungsspielraum und kann somit lediglich
eine modellhafte Abbildung der realen Verhältnisse wiedergeben (vgl. Kap. 2.2).
Im Stadtgebiet von Darmstadt treten Grünflächen, bestehend aus Parkanlagen, Dauerkleingärten und
Friedhöfen, inselartig zwischen stark verdichteten Räumen auf. Die Gesamtfläche aller
Versiegelungsklassen beträgt 36,6 km². Hiervon sind 9,2 km² bzw. rd. 25 % Grünflächen der
Versiegelungsklasse I sowie 0,3 km² Wasserflächen und 2,5 km² (rd. 6,8 %) Flächenanteil der
Klasse V mit einem Versiegelungsgrad von 81 - 100 % zuzuordnen (Abb. 3.16 u. 3.17). Die stärkste
Versiegelung zeigen die Bereiche im Stadtzentrum, die Umgebung zur Rheinstraße sowie die
Industriegebiete im Nordwesten. Sehr hohe Versiegelungsgrade weisen auch neben weiteren
industriell und gewerblich genutzten Flächen im Bereich der Weststadt die Wohnviertel in Bessungen,
das Woogsviertel, Martins- und Johannesviertel sowie der Stadtkern von Arheilgen auf.
Diese Partitionierung des bebauten Stadtgebietes in verschieden stark versiegelte Teilgebiete dient im
folgenden Abschnitt 3.8.1 als Berechnungsgrundlage zur Kalkulation der prozentualen
Grundwasserneubildungsreduktion durch Versiegelung sowie der Abschätzung einer absoluten
Neubildung mit Literatureingangsdaten.
Durch die Kanalisation und Einspeisung ehemals natürlicher Gerinne in das Kanalnetz gehen die
kühlenden Effekte sowie die Retentionseigenschaften der natürlichen Gewässer verloren. Natürliche
rauhe Flächen werden von glattem Beton, Straßenpflaster und Dachziegeln ersetzt, woraus sich
wesentlich schnellere und höhere ungedämpfte Spitzenabflüsse sowie eine völlig veränderte
Wasserbilanz ergibt. Durch Temperaturerhöhung steigt die potentielle Verdunstung, während bei
wachsendem Versiegelungsgrad die aktuelle Verdunstung abnimmt. Der Wasserhaushalt wird durch
zusätzlichen Abfluß aus Industrie, Gewerbe und aus Haushalten sowie durch künstliche Kanalisation
und Verdichtung der Erdoberfläche zuungunsten der Grundwasserneubildung beeinträchtigt.
50
Fläche (km²)
12
summe FLÄCHE (km²)
10
8
6
4
2
0
0
1
2
3
4
5
Versiegelungsklasse
Abb. 3.16: Flächenaufteilung der Versiegelungsklassen
N
W
E
S
Stadtgrenze
Straßennetz
Versiegelungsklasse
1
2
3
4
5
0
0
1
2
3
4
5 Kilometer
Abb. 3.17: Einteilung des Stadtgebietes von Darmstadt in 6 Versiegelungsklassen
51
3.8.1 Grundwasserneubildung in urbanen Räumen
Eine Veränderung der Grundwasserneubildung kann durch folgende Prozesse stattfinden:
1. Durch geringere Evapotranspiration
Grundwasserneubildung.
aufgrund
der
fehlenden
Pflanzendecke
steigt
die
2. In Städten kommen neben der natürlichen Grundwasserneubildung noch andere Quellen wie z. B.
Verluste aus Kanalisation und leakage aus Wasserversorgungsleitungen hinzu. Da diese Ver- und
Entsorgungsleitungen zwischen gut durchlässigen Schichten aus Kies und Sand eingebettet sind,
wird die Versickerung bei hohen Flurabständen begünstigt. Bei geringen Flurabständen kann es
hier auch zu einer Verringerung der Grundwasserneubildung durch Drainagewirkungen kommen.
Dies führt zu einer künstlichen Veränderung der Grundwasserneubildung, wobei die Gefahr der
qualitativen Beeinträchtigung besteht. Im Stadtgebiet Darmstadt liegen die Rohrnetzverluste der
Wasserversorgung nach Angaben der SÜDHESSISCHEN GAS- UND W ASSER AG unter 5 % und sind
damit als sehr niedrig einzustufen.
3. Das urbane Mikroklima führt zu höheren Temperaturen und entsprechenden Auswirkungen auf
Verdunstung und Niederschlag. Die hydrologischen Pfade werden im urbanen Bereich zugunsten
einer höheren Interzeption verändert. Niederschläge werden auf relativ undurchlässigen
Oberflächen, wie z. B. Parkplätze, Mulden, Dächer und Straßen zwischengespeichert.
Versickerung von Dachflächenwasser und sonstigen versiegelten Flächen mit einer Infiltration
z. B. über Mulden-Rigolensysteme kommt hinzu. Der Oberflächenabfluß kann im Randbereich von
versiegelten
Flächen
zwischengespeichert
werden
und
bei
entsprechender
Oberflächenbeschaffenheit versickern (LERNER 1997). Es kommt zu lokalen Bereichen mit
erhöhter Versickerungskapazität und Grundwasserneubildung, die durch potentiell geringere
Evapotranspiration noch erhöht wird.
4. Die Grünflächen im Stadtbereich unterliegen der erhöhten potentiellen Verdunstung, was zu einer
größeren
aktuellen
Verdunstungsrate
und
somit
zu
einer
Verringerung
der
Grundwasserneubildung im Vergleich zum Umland führen kann. Ohne Berücksichtigung der
Windabschirmung durch Gebäudekomplexe steigt die potentielle Verdunstung bei völliger
Versiegelung um etwa 20 % an, der Gesamtabfluß steigt ebenfalls und die
Grundwasserneubildung geht gegen 0 mm. Bei einer kompletten Versiegelung wird die
Wasserbilanz hauptsächlich von Niederschlag und Oberflächenabfluß bestimmt. Im Falle einer
signifikanten Windabschirmung durch Gebäude sinkt jedoch die aktuelle Verdunstung.
Der durch Urbanisierung erhöhte Oberflächenabfluß muß nicht zwingend zu einer Verringerung der
Grundwasserneubildung führen (LERNER 1997). Demgegenüber machen sich die Auswirkungen der
Versiegelung bei einer Untersuchung urbaner Räume im Ruhrgebiet nach MEßER (1997) auf die
Grundwasserneubildung ab 15 % bei Sand- und ab 30 % bei Lehmboden bemerkbar.
MEßER (1997) stellte fest, daß die Grundwasserneubildung um 11 - 12 % (rd. 10 %) bei einer
Zunahme der Versiegelung um 10 % sinkt, während bei 100 % Versiegelung eine
Grundwasserneubildung von 7 - 20 % (rd. 10 - 20 %) der Grundwasserneubildung unversiegelter
Flächen auftritt. Auf Basis dieser vereinfachenden Modellvorstellung wurde eine Relation von
Versiegelungszuwachs zu Grundwasserneubildungsreduktion entsprechend Tab. 3.1 aufgestellt, mit
Literaturdaten zu den verschiedenen geologischen Einheiten verknüpft und eine Abschätzung der
Grundwasserneubildungsreduktion im urbanen Raum mit Hilfe der Versiegelungsgrade durchgeführt
(Kap. 3.8 u. Abb. 3.18). Hierbei wird von der sicherlich stark vereinfachenden Modellvorstellung
52
ausgegangen, daß die Grundwasserneubildung hierbei lediglich vom Parameter der Versiegelung
abhängig ist und keine weiteren Einflußgrößen hinzukommen. Die in Abschnitt 3.8 u. 3.8.1
aufgeführten weiteren Einflußgrößen werden hierbei vernachlässigt und ceteris-paribus lediglich die
zwei Parameter Versiegelung und Grundwasserneubildung untersucht. Entsprechend der ceterisparibus-Klausel (Modellvorstellung) bleiben sämtliche weiteren relevanten Einflußgrößen konstant.
Tab. 3.1: Versiegelungsgrad und Abschätzung der Reduktion von Grundwasserneubildung im
Verhältnis zur natürlichen Grundwasserneubildung (vgl. MEßER 1997)
Klasse
Versiegelungsgrad (%)
Abschätzung der Grundwasserneubildung (%)
Mittelwert (%)
5
81 - 100
10 - 20
15
4
61 - 80
30 - 40
35
3
41 - 60
50 - 60
55
2
21 - 40
70 - 80
75
1
0 - 20
90 - 100
95
0
0
100
100
N
W
E
S
GWneu nat.: 40 mm
GWneu nat.: 78 mm
GWneu nat.: 155 mm
Grenze Kristallin/Perm
Grenze Granodiorit/Perm
Rheingrabenverwerfung
Stadtgrenze
GW -Neubildung (mm)
0
1
2 Kilometer
6
6 - 14
Rheingrabenverwerfung
14 - 23
Grenze Granodiorit/Perm
0
23 - 27
Grenze Kristallin/Perm
27 - 30
GW - Neubildung in % zur natürlichen GW neu
30 - 40
< 15
40 - 43
15 - 34
43 - 59
35 - 54
59 - 78
55 - 74
78 - 85
75 - 94
85 - 116
95 - 100
116 - 155
Unbebautes Gebiet ~ 100 % GWneu
2
4 Kilometer
Abb. 3.18: Abschätzung der Grundwasserneubildungsreduktion auf Basis der Versiegelungsgrade
3
Ohne Rohrnetzverluste; die Daten der mittleren natürlichen Grundwasserneubildung entstammen HÖLTING (1992)
3
53
Die absolute Grundwasserneubildung kann hier lediglich zur Verdeutlichung der allgemeinen Relation
zwischen den Neubildungen im Bereich des Kristallins (rd. 80 mm), Rotliegenden (rd. 40 mm) und
Quartär (ca. 160 mm) herangezogen werden. Der zeitliche Verlauf der Grundwasserneubildung in
entsprechenden hydrogeologischen Einheiten wird in Kapitel 7 abgehandelt. In Abb. 3.18 wird
deutlich, daß insbesondere im Innenstadtbereich sich der Prozeß voranschreitender Versiegelung mit
der schon geringen Grundwasserneubildung im Kristallin sowie Rotliegenden überlagert und zu noch
niedrigeren Neubildungsraten führt. Dies wird durch die Ganglinienanalyse der vorflutfernen
Meßstellen im Stadtzentrum bestätigt (Kap. 7).
Diesem Prozeß zunehmender Versiegelung steht die Zunahme künstlicher Grundwasserneubildung
gegenüber. Für die Stadt München wird von LERNER (1997) eine Abschätzung der Rohrnetzverluste
von 5 % bzw. 22 mm/a angegeben. Für die Stadt Darmstadt ergibt sich bei einem jährlichen
Wasserverbrauch von rd. 9,3 Mio. m³ (1997) und einem Maximum an Rohrnetzverlusten von 5 %
(Angaben der SÜDHESSISCHEN GAS- UND W ASSER AG) eine Verlustmenge von maximal 465.000 m³.
Für eine angenommene bebaute wirksame Gesamtfläche von rd. 36,6 km² berechnet sich hieraus die
künstliche Grundwasserneubildung aus Verlusten der öffentlichen Wasserversorgung zu ca. 13 mm/a.
Im Verhältnis zur natürlichen Grundwasserneubildung im Hessischen Ried und vergleichbaren
Gebieten ist dieser Betrag relativ niedrig, in Relation zur berechneten Grundwasserneubildung bei
starker Versiegelung im kristallinen Kluftgrundwasserleiter jedoch durchaus relevant. Unter Annahme
einer urbanen Grundwasserneubildung von rd. 10 mm im Stadtzentrum östlich der Verwerfungslinie
erhöht sich dieser Betrag um über 100 % auf rd. 20 - 25 mm bei Berücksichtigung der
Rohrnetzverluste (Abb. 3.18).
Ein Teil der Grundwasserbilanz in Stadtzentren kann somit durch die öffentliche Wasserversorgung
gesteuert werden. Nach LERNER (1990 zit. in LERNER 1997) liegt der Importbetrag der öffentlichen
Wasserversorgung oft bei 300 bis 700 mm/a und ist somit größer als die mittlere Niederschlagshöhe
in ariden und semiariden Klimagebieten. In Darmstadt sind die Verlustbeträge in Relation zu diesen
sicherlich systemsteuernden leakage-Mengen in anderen urbanen Regionen relativ niedrig. Der
größte Anteil der urbanen Grundwasserneubildung wird i. a. durch Verluste aus dem Rohrnetz
verursacht. LERNER (1997) gibt für England als normal angesehene Verluste von 20 - 25 % an. Bei
jungen, gut gewarteten Netzen wird ein Verlust von 8 %, wie z. B. in Hongkong, angesetzt. Ein Teil
der Verluste kann zur Grundwasserneubildung beitragen. Der Rest wird in Kanalsystemen, die meist
tiefer als die Versorgungsleitungen liegen, zwischengespeichert und abgeführt. Dieser Betrag tritt
nicht als Neubildung in Erscheinung. Selbst in humiden Bereichen kann der leakage-Anteil die
Grundwasserneubildung durch Regen übertreffen (LERNER 1997).
3.8.2 Natürliche Grundwasserneubildung
Die Grundwasserneubildung in natürlichen Gebieten kann mit Hilfe einer Vielzahl von Methoden
bestimmt werden. HÖLTING (1992) gibt Grundwasserneubildungsraten an, die mit dem MoMNQVerfahren sowie anhand von Lysimetermessungen ermittelt wurden. BJÖRNSEN (1982) und
JUSTEN (1999) ermittelten die Neubildungen anhand der Eichung eines mathematischen
Strömungsmodells.
Die mittleren jährlichen Grundwasserneubildungsraten im Bereich des Schwarzbachgebietes betragen
nach Daten von REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT (1993) im Bereich der Hochflutablagerungen
westlich von Groß-Gerau und in dicht bebauten Gebieten wie Darmstadt rd. 0 bis 60 mm, im mittleren
54
Bereich des Schwarzbachgebietes bei Groß-Gerau 60 bis 155 mm und weiter im Osten westlich der
Rheingrabenverwerfung meistens 155 bis 345 mm (Lage s. Abb. 3.1).
Nach BJÖRNSEN (1982) beträgt die Grundwasserneubildung, die anhand eines Grundwassermodells
mit Zellgrößen von 1000 x 1000 m bestimmt wurde, für den Eichzustand von 1977 zwischen rd. 45
und 125 mm im nordwestlichen Stadtgebiet und 190 - 250 mm im westlich sich anschließenden
unbebauten Bereich. Im nordwestlichen Bereich des Stadtgebietes wurde von JUSTEN (1999) für das
Naßjahr 1995 anhand eines Strömungsmodells (100 m Raster) sowie mit Hilfe der Analyse von
Grundwasserganglinien eine niedrigere mittlere Grundwasserneubildung von rd. 140 mm bestimmt
(zur Lage des Modells vgl. Abb. 3.5). HÖLTING (1992) gibt für das Odenwaldkristallin eine
Grundwasserneubildungshöhe von 60 - 95 mm im Jahr, für paläozoische Sedimente 20 - 60 mm und
für das Quartär im südlichen Bereich des Oberrheingrabens einen Mittelwert von 155 mm an.
3.8.3 Randzuflüsse
Die Randzuflüsse der oberen freien Grundwasserleiter ergeben sich unter der Voraussetzung, daß
oberirdisches und unterirdisches Einzugsgebiet identisch sind und ohne Berücksichtigung der
Versiegelung nach folgender Gleichung:
(3.2)
QR,nat = (GNREZ ⋅ AREZ) / LREZ
Mit Berücksichtigung der versiegelten Flächen im Bereich des REZ ergibt sich der Randzufluß aus:
(3.3)
QR,vers = (GNVR ⋅ AREZ) / LREZ
GNREZ
AREZ
LREZ
REZ
GNVR
(vgl. Kap. 3.2)
Grundwasserneubildung im Randeinzugsgebiet
Fläche des Randeinzugsgebietes bis zur Verwerfungslinie
Länge der Verwerfungslinie im Randeinzugsgebiet
Randeinzugsgebiet
durch Versiegelung reduzierte Grundwasserneubildung im REZ
Tab. 3.2: Bestimmung des mittleren Randzuflußes
REZ
AREZ (km²)
GNREZ (mm/a)
GNVR (mm/a)
LREZ (m)
QR, nat (l/s⋅km)
QR, nat (m³/a)
QR, vers (l/s⋅km)
QR, vers (m³/a)
Darmbach
Ruthsenbach
15,2
26
60 - 95
20 - 60
51 - 81
19,8 - 59,4
4330
2790
6,7 - 10,6
5,9 - 17,7
912.000 - 1.444.000 520.000 - 1.560.000
5,7 - 9
5,85 - 17,55
775.200 - 1.231.200 514.800 - 1.544.400
Oberfeld
2,6
20 - 60
18 - 54
1560
1,1 - 3,2
52.000 - 156.000
0,95 - 2,85
46.800 - 140.400
Die Versiegelung macht sich insbesondere im REZ Darmbach mit einer Reduktion des Randzuflusses
um rd. 15 % bemerkbar. Beim REZ Ruthsenbach reduziert sich der Betrag um lediglich 1 %, während
im Bereich des dichter bebauten Oberfeldes 10 % Reduktion des Randzuflusses errechnet wurden.
Kanal- und Rohrnetzverluste sowie sonstige künstliche Infiltrationen (Versickerungsorgane) wurden
hierbei nicht berücksichtigt. BJÖRNSEN (1982) gibt Randzuflüsse für den südlichen Bereich des
Gebietes bis zum Stadtzentrum von 20 l/s⋅km im oberen und 5 l/s⋅km im tieferen Grundwasserleiter
55
sowie 13 l/s⋅km im nördlichen Bereich (Ruthsenbach) an. Hier ist im Randbereich nur ein
Grundwasserleiter ausgebildet. Im Bereich des REZ Ruthsenbach liegt der mittlere Randzufluß
entsprechend den Kalkulationen in Tab. 3.2 bei 11 - 12 l/s⋅km und stimmt somit relativ gut mit den
Daten von BJÖRNSEN (1982) überein. Demgegenüber errechnet sich im südlichen Gebiet (Darmbach)
der mittlere Randzufluß zu 7 - 8 l/s⋅km und liegt rd. 50 % unter den Angaben nach BJÖRNSEN (1982),
die hier entsprechend den o. g. Modellvorstellungen zu hoch angesetzt wurden.
3.8.4 Versickerung von Regenwasser
Unter optimalen hydrogeologischen Randbedingungen kann durch Versickerungsorgane eine Entlastung
der Kanalbauwerke und eine Erhöhung der Grundwasserneubildung erreicht werden, wobei ein
ausreichender Flurabstand zur Sicherung der Grundwasserqualität beizubehalten ist. Insbesondere bei
oberflächennahen Grundwasserständen besteht jedoch auch die Gefahr, daß in Feuchtperioden
Vernässungsschäden in der Nachbarbebauung auftreten.
Die Auswirkung der Versickerung von Dachflächenwasser wurde an einem Standort im Modellgebiet
Arheilgen untersucht (L 37, Lage s. Abb. 3.5). Für die geplante Neubaufläche von 0,13 km² und ein
Versickerungsvolumen von rd. 60.000 m³/a wurde mit Hilfe eines stationär angepaßten
Strömungsmodells eine Aufspiegelung von 0,15 bis 0,3 m im Stadtgebiet Arheilgen berechnet
(JUSTEN 1999).
3.8.5 Einzelfallrecherche an einem ins Grundwasser reichenden Bauwerk
Zur Untersuchung des Einflusses ins Grundwasser reichender Bauwerke wurde als Modellbeispiel ein
Untersuchungsgebiet im Osten des Stadtgebietes von Darmstadt etwa 400 m südöstlich des Großen
Woogs ausgewählt (L 10, Abb. 3.5 u. 3.19). In dem hier betrachteten Gebäude traten von 1998 bis
April 1999 zeitweise starke Wasserzutritte auf. Die Kellersohle liegt bei 149 m ü. NN und ca.
4 m u. Gel. Als Vorflut fungiert der Darmbach, der in den Großen Woog entwässert und hier
aufgestaut bzw. in die städtische Kanalisation eingeleitet wird. In unmittelbarer Nähe des
Erkundungsgebietes befindet sich somit kein natürlicher Vorfluter.
Ein Kanalstrang des Städtischen Entwässerungssystems verläuft südlich des Gebäudes in EWRichtung. Die Kanalsohle befindet sich etwa bei 149,3 bis 148,8 m ü. NN (Abb. 3.19). Die Sohle des
westlich des Arbeitsgebietes in NS-Richtung verlaufenden Kanals befindet sich ca. bei 148,9 m ü. NN.
Die Geländeoberfläche fällt im allgemeinen von E nach W ab, wobei im Norden der Höhenzug der
Mathildenhöhe und im Osten das Tal des Großen Wooges maßgeblich die morphologischen
Verhältnisse prägen (Abb. 3.19). Die Geländehöhe im Bereich des Gebäudes liegt bei 153 m ü. NN.
Das Gelände steigt im untersuchten Bereich lokal nach Norden, Süden und Osten an und fällt nach
Westen zum Schloß von Darmstadt hin ab.
Das Untersuchungsgebiet befindet sich somit in einer ausgesprochenen Tallage und gehört zum
ehemaligen Darmbachtal, das sich in den z. T. vergrusten Granodiorit des Darmstädter Stadtgebietes
eingeschnitten hat. Überlagert wird das Kristallin von quartären Flugsanddecken unterschiedlicher
Mächtigkeit und Ausbreitung. Vor Abteufung der hier niedergebrachten Sondierungen mußte eine 0,1
bis 0,35 m mächtige Beton-, Teer- bzw. Schotterschicht aufgebrochen werden. Darunter folgt bis in
eine Tiefe von maximal 3,60 m unter GOK eine anthropogene Auffüllung. Die Mächtigkeit dieser
Auffüllung schwankt zwischen 1,8 und 3,5 m. Diese Schicht weist eine sehr heterogene
Korngrößenzusammensetzung von tonig-schluffig bis grobkiesig und steinig mit eingelagerten Ziegelund Schlackeresten auf. Im Liegenden folgen fluviatile Sedimente, die vom ehemaligen Darmbach
56
abgelagert wurden. Sie weisen eine Korngröße im Feinsandbereich mit Schluff- und organogenen
Komponenten auf. Es handelt sich hierbei wahrscheinlich um umgelagerte Flugsande. Darunter steht
beige-gelber Mittel- bis Feinsand an. Im Liegenden wurde der vergruste Granodiorit erbohrt.
Die Grundwasserströmung folgt in etwa den morphologischen Gegebenheiten von Ost nach West. Die
Grundwasseroberfläche weist ein relativ starkes Gefälle von ca. 5 % auf. Zur Darstellung der
hydrogeologischen Gegebenheiten in unmittelbarer Nähe der Wohnbebauung wurde ein
hydrogeologischer Schnitt durch die Meßstellen und den Keller des Gebäudes gelegt (Abb. 3.19). Die
Grundwasseroberfläche fällt zum Gebäude hin ab und lag im April 1999 in Gebäudenähe über der
Kellersohle.
W oog
E rku n d u ng s ge b ie t
M athi l den höh e
Ge län deh öh e
m ü. NN
E
GOK
GW M 1
W
M BK 2
15 3
H ö he m + N N
15 2
G eb ä u d e
15 1
K anals y ste m (S c he ma)
A pril 99
15 0
F eb 9 9
M ai 9 9
A pril 99
S ep 99
Feb 99
P ot en tialb ereich Kan alsyst em
14 9
M ai 99
Q
S ep 99
14 8
0m
1 m
2 m
3m
4m
Abb. 3.19: Geländemorphologie und hydrogeologischer Schnitt in Gebäudenähe
Im Sommerhalbjahr sanken die Grundwasserstände und lagen im September 1999 in Gebäudenähe
unter der Bodenplatte. Der Wasserandrang im Gebäudekeller bestätigt diese Verhältnisse (Abb. 3.20).
Die Höhenlagen des städtischen Kanalnetzes begünstigen im Falle tiefer Wasserstände, z. B.
während Trockenperioden, eine abschnittsweise Infiltration aus dem Kanalnetz in das Grundwasser.
57
Bei oberflächennahen Grundwasserständen, wie sie im Osten von Darmstadt im Bereich des
Kristallins auftreten, in Verbindung mit nicht sachgemäßer Dränung oder Abdichtung von Bauwerken
muß insbesondere in Naßperioden mit Vernässungsschäden gerechnet werden. Ähnliche
Verhältnisse sind auch im Nordwesten der Stadt zu erwarten, falls die Wasserförderung für industrielle
Zwecke - evtl. zu Naßperioden - reduziert wird und die vormals abgesenkten Wasserstände auf ihr
natürliches Niveau wieder ansteigen. Nach JUSTEN (1999) stellt sich hier in Gebieten mit vormals
3 bis 8 m Flurabstand ein oberflächennaher Grundwasserstand mit maximal 2 bis 3 m Flurabstand
ein. Bei entsprechenden Gründungstiefen sowie nicht ausreichender Dränung und Abdichtung besteht
hier die Gefahr von Wassereinbrüchen im Kellerbereich der Gebäude.
Die anfallenden und in das Kanalnetz abgeführten Mengen sind lokal je nach Gebäudeart,
Gründungstiefe, hydraulischen sowie klimatischen Verhältnissen unterschiedlich. Durch ins
Grundwasser reichende Bauwerke wird im allgemeinen der Wasserspiegel lokal abgesenkt und im
Falle einer vorhandenen wirksamen Drainage oder bei Wassereinbrüchen dem Grundwasserhaushalt
lokal entzogen.
GWM1
GWM2
GWM3
GWM4
GWM5
BK 1
BK 2
150,5
150,3
150,1
m ü. NN
149,9
149,7
149,5
149,3
Schwankung = 0,9 m
Gebäudesohle
149,1
148,9
148,7
148,5
Jun
98
Jul
98
Jul
98
Aug
98
Sep
98
Okt
98
Nov
98
Dez
98
Jan
99
Mrz
99
Apr
99
Mai
99
Mai
99
Jul
99
Jul
99
Aug
99
Sep
99
Okt
99
Nov
99
Datum
anf allende W as s er menge
35
1800
Durchs chnittlicher Was s erandrang (m³/ T ag)
1600
Z ählers tand (m³)
1400
15 Per. gleitender Durchs chnitt (Durchs chnittlicher
Was s erandrang (m³/ T ag))
1200
30
25
20
1000
15
800
600
10
400
5
200
0
01.08.98
0
31.08.98
30.09.98
31.10.98
30.11.98
31.12.98
30.01.99
01.03.99
01.04.99
D at um
Abb. 3.20: Ganglinien, Wasserandrang, Kellersohle und Kanalsohlen
01.05.99
01.06.99
58
4 Datengewinnung und Datenbeschreibung
Die größten Defizite im Datenbestand waren im Bereich der Grundwasserbeschaffenheitsdaten zu
verzeichnen, so daß ein großer Teil der Datenakquisition den Bereich der Grundwasserchemie betrifft.
Im Zuge der Ermittlung von hydrochemischen Daten wurden meist auch hydraulische Informationen
gewonnen (Pumpversuche und Grundwasserstandsmessungen). Ein Teil der genutzten Daten zur
Hydrochemie ist in HECKWOLF (1999) dokumentiert. Zusätzliche Informationen zur
Grundwasserentnahme und Hydraulik entstammen REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT (1985), TGU
(1996), GREIFENHAGEN (1997), MIKAT (1998) sowie JUSTEN (1999).
Zuerst werden die selbst durchgeführten Messungen (Geländemethoden) beschrieben und
anschließend folgt in den Kapiteln 4.3 sowie 4.4 die Beschreibung weiterer Informationsquellen wie
z. B. Gutachten, Pumpversuche, Karten etc.
4.1 Geländemethoden
4.1.1 Probenahme
Zur Gewinnung von Aufschlüssen über die Grundwasserverhältnisse im Untersuchungsraum wurden
in den Jahren 1997, 1998 und 1999 mehrere Geländekampagnen durchgeführt, bei denen folgende
Aspekte im Vordergrund standen:
•
•
•
•
Grundwasserbeschaffenheit in Grundwassermeßstellen und Notbrunnen der Stadt
Herausfilterung der geogenen und natürlichen Hintergrundbelastung
Lokalisierung neuer Meßstellen und Erschließung anderer Informationsquellen
Zeitliche und räumliche Variation der Grundwasserstände und -temperaturen
Zur Klärung der hydrochemischen Verhältnisse wurden Grundwasserproben anhand von
Pumpversuchen an Notversorgungsbrunnen gewonnen. Zusätzlich konnten Schöpfproben in
Grundwassermeßstellen genommen werden.
4.1.1.1 Pumpversuche
Vor der Durchführung eines Pumpversuchs wurde im jeweiligen Brunnen zuerst der
Grundwasserstand ermittelt und anschließend die Grundwassertemperatur tiefenorientiert gemessen
(Temperaturprofil). Bei der Probenahme an Brunnen wurde der Pumpstrom in ein 20-l-Gefäß
umgeleitet, in dem sich die Sonden der Meßinstrumente zur Bestimmung der Vor-Ort-Parameter
elektrische Leitfähigkeit, Temperatur, O2-Gehalt, pH-Wert und Redoxpotential befanden. Diese 5
Parameter wurden während der Pumpphase kontinuierlich gemessen und in 5-minütigen Intervallen
dokumentiert. Je nach Verlauf der Meßwerte und Entnahmemenge bzw. Ergiebigkeit des Brunnens
diente als Entscheidungskriterium zur Entnahme einer repräsentativen Grundwasserprobe die
Konstanz des Parameters elektrische Leitfähigkeit, oder die Probenentnahme fand am Ende der
Pumpphase von 30 - 40 Minuten statt. Die Brunnen werden nach 3 bis 20 Minuten mindestens einmal
völlig leergepumpt, so daß hier von einem repräsentativen Probenvolumen für den jeweiligen
Grundwasserleiter ausgegangen werden kann. Es erfolgte eine Aufteilung dieser repräsentativen zum
Zeitpunkt mit konstanter elektrischer Leitfähigkeit entnommenen Probe in 4 Teile. Der 1. Teil stand zur
Bestimmung des M-Werts anhand von Mikrotitration zur Verfügung. Der 2. Teil (250 ml) wurde gekühlt
ins hydrochemische Labor des Geologischen Instituts zur Analyse gebracht (Kap. 4.2). Die dritte
Probe (125 - 250 ml) diente als Rückstellprobe und wurde eingefroren. Danach erfolgte noch eine 4.
59
Probenahme mit 1 l Volumen zur Isotopenbestimmung des Wasserstoffisotops Tritium. Die
Pumpversuche mit detaillierten Untersuchungen wurden 1997 im April und 1998 im März und Juni an
den meisten der Notversorgungsbrunnen in Darmstadt durchgeführt. Zur besseren Vergleichbarkeit
der Untersuchungsergebnisse erfolgte im gleichen Zeitraum die Probenahme in den amtlichen
Grundwassermeßstellen der Stadt Darmstadt sowie in verschiedenen stehenden und fließenden
Oberflächengewässern, gefaßten Quellen und in zwei Kellern (Kap. 4.1.1.3). Außerdem wurden 1998
Niederschlagsproben an zwei verschiedenen Lokalitäten in Darmstadt genommen (Kap. 4.1.1.4).
4.1.1.2 Schöpfproben
In den Grundwassermeßstellen erfolgte die “einfache“ Probenahme mit Hilfe von Schöpfgeräten.
Insbesondere da sich einige dieser Meßstellen in dicht bebauten und stark mit Publikumsverkehr
belegten Bereichen der Stadt (Einkaufspassagen, Fußgängerzone und Marktplatz) befinden, wurde
hier auch aus Sicherheitsgründen auf eine Probenahme mittels Pumpversuch verzichtet. Die so
gewonnene Probe bildet lediglich die Beschaffenheiten der jeweiligen Meßstelle ab und ist nicht
unbedingt repräsentativ für den aufgeschlossenen Grundwasserleiter. Unter Berücksichtigung und
Hinzunahme der Untersuchungsergebnisse an den Notbrunnen (Kap. 9) können jedoch Aussagen
über die Grundwasserbeschaffenheit und deren räumliche Variation gemacht werden; insbesondere
wenn diese durch eine große Anzahl von Meßwerten statistisch untermauert werden. Zur Gewinnung
der Proben wurde ein handelsübliches Schöpfgerät von 4 cm Durchmesser sowie zwei eigens hierfür
entwickelte Probennehmer von 2,7 cm und 1,6 cm Durchmesser verwendet. Die Probennahmen
erfolgten im März, Mai, Juli und September 1998 sowie im Februar 1999. Die Erkundungen im
Stadtzentrum wurden im Mai 1998 von Mitarbeitern des Vermessungsamtes der Stadt Darmstadt
begleitet, so daß auch sonst unzugängliche Lokalitäten hier beprobt werden konnten. Die
Grundwassermeßstellen befinden sich unter der Geländeoberfläche und sind ohne orts- und
sachkundigen Beistand nicht lokalisierbar. Direkt nach der Probenahme konnten auch hier die VorOrt-Parameter - aus zeitlichen Gründen reduziert auf die elektrische Leitfähigkeit, pH-Wert,
Temperatur sowie M-Wert - bestimmt und zwei Grundwasserproben entnommen werden.
4.1.1.3 Quellen, Oberflächengewässer und Keller
An den Quellen des Darmbachs und benachbarten Gewässern sowie an stehenden
Oberflächengewässern wurden im März und Mai 1998 Proben genommen und die in Kap. 4.1.2 sowie
4.2 aufgeführten Parameter bestimmt. Gleichzeitig erfolgten mehrere Messungen der Quellschüttung
(Gefäßmessung). Folgende Lokalitäten wurden hierbei untersucht: Darmbachquelle, Kahlertsbrunnen,
Albertsbrunnen, Eleonorenbrunnen, Molkenbrunnen, Quelle des Herrgottsbrunnens, Großer Woog,
Bessunger Kiesgrube, Goetheteich, Darmbach, Herrgottsbach, Quellen im Bereich der Ostwand der
Bessunger Kiesgrube, Felsenkellergewölbe in der Dieburgerstraße 80 und Keller eines öffentlichen
Gebäudes im Stadtzentrum (Woogsviertel).
4.1.1.4 Niederschlagsproben
Um qualitative Aussagen zu einem potentiellen Schadstoffeintrag über den Niederschlag im hier
untersuchten urbanen Bereich treffen zu können, erfolgte eine Probenahme mit Hilfe eines
handelsüblichen Niederschlagsmeßgerätes in einer Höhe von 1 m über Gelände in den Monaten
März, April und Mai 1998 sowie eine Analyse der Parameter unter Pkt. 4.2.
60
4.1.2 Feldanalytik und Vor-Ort-Parameter
Die Parameter elektrische Leitfähigkeit, Temperatur, pH-Wert, M-Wert, O2-Gehalt und Redoxpotential
sollten am Meßort im Gelände und in-situ bestimmt werden. Zur Messung der elektrischen
Leitfähigkeit und der Temperatur im Gelände kam ein Conduktometer LF-191 von WTW zum Einsatz.
Die elektrische Leitfähigkeit wird hierbei aus der Messung des Widerstandes zwischen zwei
Elektroden von jeweils 1 cm² Fläche und einem Abstand von 1 cm gemessen. Sie entspricht dem
Kehrwert des elektrischen Widerstandes und wird hier in der Einheit µS/cm angegeben. Der pH-Wert
sowie Redoxpotential wurden entweder mit einem WTW pH-320 Microprozessor pH-Meter oder mit
dem WTW pH-91 pH-Meter gemessen. Zur Ermittlung des Sauerstoffgehaltes diente das WTW
Microprozessor Oximeter OXI-96. Der M-Wert wurde anhand von Mikrotitration bis pH 4,3 mit dem
Alkalitätstest AQUAMERCK im Gelände analysiert.
4.1.3 Grundwasserstände
Zur Bestimmung der zeitlichen und räumlichen Variation von Piezometerhöhen kamen GrundwasserDatensammler mit kontinuierlicher digitaler Grundwasserstandsaufzeichnung und handelsübliche
Abstichmessungen mittels Lichtlot zum Einsatz. In den amtlichen Meßstellen und Notbrunnen der
Stadt wird z. T. seit 1985 monatlich bzw. vierteljährlich der Grundwasserstand gemessen. Außerdem
wurden eigene Meßreihen im Bereich des Stadtzentrums durchgeführt.
4.1.3.1 Grundwasserstandsmessungen
Unter Verwendung sämtlicher Grundwassermeßstellen, Notbrunnen und Rammfilterpegel liegt somit
ein nahezu flächendeckendes Netz von Grundwasseraufschlüssen im gesamten Stadtgebiet und in
benachbarten Bereichen vor. Die 377 Meßorte weisen eine stark variierende Datengüte in bezug auf
die erhobenen Meßwerte auf. Die im Rahmen dieser Arbeit wichtigsten Lokalitäten sind:
• amtliche Grundwassermeßstellen der Stadt Darmstadt
• Notbrunnen der Stadt
• neu eingerichtete Grundwassermeßstellen (Woogsviertel)
(Anzahl: 114)
(Anzahl: 18)
(Anzahl: 7)
Je nach gegebener Fragestellung wurden weitere Meßorte, an denen Grundwasserdaten
dokumentiert waren, hinzugezogen, jedoch nicht eingehender untersucht:
•
•
•
•
•
Landesgrundwasserdienst (HLfU)
(Anzahl: 6)
industrielle Entnehmer
(Anzahl: 183)
Kontaminationen und Altlasten
(Anzahl: 17)
Baugrunduntersuchungen
(Anzahl: 27)
Sonstige
(Anzahl: 5)
Diese Meßpunkte sind räumlich nicht homogen verteilt (vgl. Kap. 2.4.1), so daß die Aussagekraft der
ermittelten Grundwassergleichen in Bereichen mit geringer Meßstellendichte entsprechend reduziert
ist. Neben der räumlichen Lage der Grundwasseroberfläche soll hier insbesondere deren zeitliches
Variationsmuster ermittelt werden. Basis hierfür liefern die Grundwasserstandsmessungen in den
amtlichen Meßstellen im einmonatigen Meßrhythmus (ab Mai 1997: zweimonatig) und in den
Notbrunnen in vierteljährlichem Intervall. Außerdem wurden von August 1998 bis Dezember 1999 zur
besseren zeitlichen Auflösung der Schwankungen des Grundwasserstandes in verschiedenen
Meßstellen Messungen im zweiwöchentlichen Intervall durchgeführt. Ganglinien sind somit aufgrund
unterschiedlicher Meßrhythmen in verschiedenen zeitlichen Auflösungen generierbar.
61
Abb. 4.1: Lage der Meßorte
Im Rahmen dieser Arbeit wurden neben eigenen Messungen mikroprozessorgesteuerte Meßsysteme
in verschiedenen Grundwassermeßstellen der Stadt Darmstadt eingesetzt, so daß folgende zeitliche
Auflösungen der Daten vorhanden sind:
•
vierteljährliche Messung der Notbrunnen
•
monatliche bzw. ab 1997 zweimonatliche Messung der amtl. Grundwassermeßstellen
•
zwei- bis vierwöchentliche Messung ab 8 / 98 an speziellen selbst eingerichteten GWMs
•
zweiwöchentliche Messungen an speziellen Grundwassermeßstellen der Stadt Darmstadt
•
stündliche digitale Grundwasserstandsaufzeichnung an fünf Grundwassermeßstellen
62
4.1.3.2 Digitale Grundwasserstandsaufzeichnung
In fünf verschiedenen Grundwassermeßstellen der Stadt wurden Grundwasser-Datensammler mit
kontinuierlicher digitaler Grundwasserstandsaufzeichnung implementiert. Der Durchmesser des
Gerätes beträgt 4,5 cm, so daß manuelle Messungen i. d. R. nicht behindert werden können.
Tab. 4.1: Meßorte mit kontinuierlicher digitaler Grundwasserstandsaufzeichnung
Lage der Meßstellen
Lok.-Bezeichnung
Einbau
Ausbau
Lichtwiese
Bessunger Kiesgrube
Schloß
Martin-Buber-Str. 32
Wixhausen (Kirche)
GWM 96
GWM 77
GWM 67
MBK 1
GWM 100
10 / 98
10 / 98
10 / 98
3 / 99
6 / 99
11 / 99
11 / 99
11 / 98 ausgefallen
12 / 99
Die Geräte wurden meist vor der Frostperiode im Herbst 1998 installiert und ein Teil fiel im folgenden
Winter zeitweise aufgrund der extrem tiefen Temperaturen aus. Dies ist mit hoher Wahrscheinlichkeit
auf Einfrieren von Kondenswasser im Bereich der Kolbenpumpe innerhalb des Meßgerätes und nicht
auf einen Hardwaredefekt zurückzuführen. Der nach dem Luft-Einperlprinzip arbeitende
Datensammler der Marke ORPHIMEDES dient vorzugsweise zur Messung und anschließenden
Speicherung von Grundwasserständen, wobei die Meßintervalle je nach Bedarf programmierbar sind.
Pumpe
Stromversorgung
4 x 1,5 V
Steuerung und
Datenspeicher
IRDA Schnittstelle
Infrarot
Datentransfer
Laptop
PC
Auslesen der Daten
und Programmierung der
Steuerung (Meßintervalle etc.)
Meßleitung
Ausperltopf
Abb. 4.2: Grundwasserdatensammler und Datenweitergabe
Die durch eine Kolbenpumpe erzeugte Druckluft strömt über eine Meßleitung und den Ausperltopf in
das zu messende Grundwasser ein. Der Überdruck in der Meßleitung ist direkt proportional zur
grundwassererfüllten Mächtigkeit in der Grundwassermeßstelle. Barometrischer Luft- und
Einperldruck werden nacheinander ermittelt und durch Differenzbildung der beiden Signale die Höhe
der Wassersäule berechnet. Die Datenweitergabe der gespeicherten Meßwerte läuft über eine
Infrarot-Schnittstelle (IRDA) zum berührungslosen Auslesen mittels Laptop (Abb. 4.2 ).
63
4.1.4 Hydraulische Versuche
An den im Rahmen dieser Arbeit eingerichteten 8 Meßstellen und den städtischen Notbrunnen wurden
zur Ermittlung hydraulischer Kennwerte Auffüll- und Kurzpumpversuche durchgeführt. Weitere
umfassende Dokumentationen über die Pumpversuche an den Notbrunnen sowie Ergebnisse
instationärer und stationärer Auswertung wurden aus GREIFENHAGEN (1997) entnommen.
4.1.5 Geologische Erkundungen und Trennflächenmessungen
Im untersuchten Raum ist aufgrund der nahezu flächendeckenden Bebauung nur eine sehr geringe
Anzahl von natürlichen Aufschlüssen vorhanden. Neben der ehemals als Steinbruch genutzten
Lokalität der Bessunger Kiesgrube, Goethefelsen und Dommersberg lassen sich hauptsächlich aus
künstlichen Aufschlüssen Informationen zur Geologie und Tektonik ableiten. Es wurden sechs
Rammkernsondierungen und zwei Kernbohrungen im vergrusten Kristallin und eine
Rammkernsondierung in den quartären Deckschichten des Rheingrabens in Zusammenhang mit der
Einrichtung von Grundwassermeßstellen abgeteuft. Weitere drei Bohrungen mit über 30 m Tiefe im
Bereich der Wilhelm-Leuschner-Schule konnten bei den Bohrarbeiten begleitet werden. Zur Klärung
der Raumstellung des Kluftinventars im Darmstädter Pluton sowie der im Südosten angrenzenden
Gesteinskomplexe wurden zusätzlich Kluftmessungen und geologische Erkundungen an folgenden
fünf Lokalitäten durchgeführt:
•
Felsenkeller in der Dieburger Straße (Darmstadt Nordost)
•
Goethefelsen im Südosten Darmstadts (Nähe Böllenfalltor)
•
Dommersberg östlich von Darmstadt
•
Bessunger Kiesgrube (Darmstadt Süd)
•
Vivarium / Lichtwiese (Darmstadt Ost)
4.2 Laboranalytik
Die chemischen Analysen der anorganischen Inhaltsstoffe wurden im hydrochemischen Labor des
Geologischen Instituts in Darmstadt vorgenommen. Folgende Parameter wurden hierbei bestimmt:
• Hauptkationen:
+
+
2+
Na , K , Ca , Mg
2+
+
sowie teilweise Gesamt-Fe und NH4 .
• Hauptanionen:
-
2-
-
3-
Cl , SO4 , NO3 sowie teilweise PO4 .
Die Kationen wurden mit Atomabsorptionsspektralphotometrie anhand eines Flammen-AAS Modell
PYE-UNICAM SP-9 analysiert. Zur Bestimmung der Anionenkonzentrationen kam ein HPLC
+
Ionenchromatograph W ATERS 501 mit einem Modell 430 Leitfähigkeitsdetektor zum Einsatz. NH4
wurde mit einem Photometrie Schnelltest MERCK SPEKTROQUANT und einem GBC-UV-VIS-918
Photometer analysiert. Die Bestimmung der organischen Parameter BTEX, MTBE und LHKW erfolgte
durch einen Gaschromatograph mit Massenspektrometer (GC-MS) am Geologischen Institut der
Universität Tübingen. Genauere Angaben über das angewandte Verfahren und Fehlerquellen sind in
HECKWOLF (1999) dokumentiert. Des weiteren wurden Isotopenbestimmungen aus 0,5-l
Probenvolumen der Notbrunnen durchgeführt. Die Analysen zur Bestimmung des Wasserstoffisotops
Tritium mittels elektrolytischer Anreicherung und Flüssigkeitsszintillationsspektrometrie erfolgten am
Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle.
64
4.3 Sonstige Informationsquellen
Ein großer Teil von GEO-Daten war in Form von Gutachten, Karten, Analyse-, Meß- und
Stammdatentabellen in unterschiedlichen städtischen Ämtern, Institutionen sowie Ingenieurbüros in
analoger Form schon dokumentiert und verfügbar. Diese Daten mußten vor der Einbindung in das
Informationssystem zuerst über eine entsprechende Schnittstelle in ein digitales Format transformiert
werden. Bilddaten wurden hierzu mit Hilfe eines Scanners eingelesen und z. T. am Bildschirm
digitalisiert. Außerdem wurde eine angemessene für die Modellbildung ausreichende Menge an Daten
zu folgenden Themen in die ACCESS Datenbank importiert:
4.3.1 Meßorte
•
Lage und amtliche Nummer der Grundwassermeßstellen und Notbrunnen
•
Lage, Datum und amtliche Nummer der Bohrungen sowie sonstiger Brunnen
•
Lage der Altlasten und Altablagerungen in Darmstadt
•
Lage und Datum vorhandener Baugrunduntersuchungen
4.3.2 Chemie der Brunnenwässer
•
Temperatur, elektrische Leitfähigkeit, pH-Wert, M-Wert
•
Gesamthärte Summe Ca + Mg (° dH)
•
Hauptanionen und Hauptkationen
•
Schwermetalle, vereinzelt CKW-Belastungen
•
Eisen, Mangan, NH+4 , NO 2−
•
Spektraler Absorptionskoeffizient bei 254 nm
•
Färbung: Spektraler Absorptionskoeffizient bei 436 nm
4.3.3 Gutachten zu Grundwasser- und Bodenverunreinigungen
•
Art der Verunreinigung und
Boolsche Werte (true / false) zu den Themen:
•
•
•
•
•
•
•
•
Grundwasserbelastungen nachgewiesen
Belastung mit CKWs
BTEX
MKWs
PAKs
Analysen der Hauptanionen und Hauptkationen
Schwermetalle
elektrische Leitfähigkeit, Temperatur, pH-Wert
4.3.4 Grundwasserentnahmen und Wasserrechte
Information über Entnehmer und aktuelle Rechte zur Entnahme von Grundwasser konnten dem
Wasserbuch (REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT) entnommen werden. Hierbei wurden neben Art,
Anzahl und Lage der Entnahmeorgane (Flurstücke) auch der Beginn und die Auflösung bzw. zeitliche
Variation der Wasserrechte sowie deren Höhe in m³/Jahr und die Art der Grundwassernutzung
aufgenommen.
65
4.3.5 Hydraulische Kennwerte und Schichtenverzeichnisse
Die Ergebnisse dokumentierter Bohrungen sowie Pumpversuche, bestehend aus den Parametern
Transmissivität, Speicherkoeffizient, spezifische Ergiebigkeit, kf-Wert und Brunnenausbau sowie die
Raumlage der Grundwasserstauer und Grundwasserleiter im untersuchten Gebiet und eine Teilmenge
von 45 der ausgewerteten Bohrprofile wurden parametrisiert und im Hinblick auf ihre Semantik im
Kontext in aussagekräftige Relationen überführt. Ein Großteil dieser Daten ist hinsichtlich Qualität,
Güte und Umfang in GREIFENHAGEN (1997) beschrieben.
4.3.6 Klima
Da die im untersuchten Raum vorhandenen Stationen der SÜDHESSISCHEN GAS- UND W ASSER AG in
Eberstadt, Arheilgen und an der Zentralkläranlage sowie die Niederschlagsstation der TU-DARMSTADT
(Meteorologie) auf der Lichtwiese keine kontinuierliche, aktuelle und konsistente Datenaufzeichnung
aufweisen, wurden die Niederschlagsdaten der Meßstation des DWD entnommen. Der aktuelle
Gebietsniederschlag konnte aus diesem Grund nicht ermittelt werden. Die Niederschlagsstation des
DWD lieferte zwar kontinuierlich zuverlässige Werte, jedoch ist zu berücksichtigen, daß die Lage der
Station im Zeitraum von 1973 bis 1998 oft verändert wurde. Die aktuelle Position ist in der
Heimstättensiedlung im Westen des Stadtzentrums bei einer Geländehöhe von 122 m ü. NN (STADT
DARMSTADT 1998). Die Temperaturdaten stammen ebenfalls aus Aufzeichnungen des DWD.
4.4 Kartographische Grundlagen
Als kartographische Basis zur Abgrenzung der Einzugsgebiete dienten die Karten 6117 - DarmstadtWest, 6118 - Darmstadt-Ost, 6017 - Mörfelden und 6018 - Langen des Hessischen
Landesvermessungsamtes im Maßstab 1:25.000. Zur Lagebestimmung im Stadtgebiet diente der
amtliche Stadtplan Darmstadt 1:15.000 und die Stadtteilkarte Darmstadt-Mitte 1:10.000 des
Stadtvermessungsamtes Darmstadt; als Grundlage zur Erstellung von digitalen Geländemodellen und
zur Einteilung der Versiegelungsgrade wurden die 13 Stadtkarten DA-Mitte, DA-Ost, DA-West, DASüd, DA-Südost, DA-Südwest, DA-Eberstadt, DA-Nord, DA-Nordost, Arheilgen, Arheilgen-Ost,
Wixhausen und Arheilgen-Fuchslochberg mit Höheninformationen im Maßstab 1:5.000 verwendet.
Außerdem standen die sieben Luftbildkarten DA-Mitte, DA-Ost, DA-West, DA-Süd, DA-Südost, DASüdwest, DA-Eberstadt im Maßstab 1:5.000 zur Einteilung der Flächen entsprechend ihrer Nutzung
und Versiegelung sowie ein Satellitenbild (ERS 1; 50 x 50 km) und die Stadtkarte 1:10.000 mit einer
Regionalisierung der Abflußbeiwerte in Darmstadt zur Verfügung. Eine Übersicht der
Aufschlußverhältnisse und der Baugrunduntersuchungen in Darmstadt gibt die Aufschlußkarte des
Tiefbauamtes Darmstadt im Maßstab 1:10.000; (vier Blätter NE, NW, SE u. SW). Geologische
Informationen entstammen den Geologischen Manuskriptkarten des Tiefbauamtes Darmstadt
1:10.000 (vier Blätter) und der Geologischen Karte im Maßstab 1:25.000 Blatt 6117 - Darmstadt-West,
6118 - Roßdorf, 6018 - Langen, 6217 - Zwingenberg, 6016 - Groß-Gerau, 6017 - Mörfelden sowie der
Geologischen Übersichtskarte von Hessen im Maßstab 1:300.000 und FAHLBUSCH (1980).
4.5 Bilddaten
Bei der Probenahme wurden Bildinformationen der Meßorte, die oftmals schwer zugänglich
unterirdisch ausgebaut waren, oberirdischer Gewässer, Quellen und besonderer Aufschlußlokalitäten
fotografisch aufgenommen. Eine Teilmenge der 81 analogen Bilddaten wurde eingescannt und als
Bildinformation mit der Datenbank verknüpft.
66
4.6 Datenbestand
Die gemessenen Daten wurden zuerst mit Hilfe von graphischen Darstellungen sowie einfachen
Kalkulationen einer Plausibilitätskontrolle unterzogen und statistische Kennwerte wurden ermittelt. Im
Zusammenhang mit der Plausibilitätsprüfung von chemischen Daten und Zeitreihen gibt die HLFU
(1993) an, daß die einfache Visualisierung die beste Prüfroutine darstellt; dies gilt auch für den in
Darmstadt untersuchten Datenbestand. Bei den chemischen Vollanalysen mußten die Ergebnisse
zuerst zusätzlich anhand einer Ionenbilanz auf Analysefehler geprüft werden.
GEO-Daten
graphische Daten
gemessene Daten
Lufbilder,
Bilddaten
Karten
...
numerische Daten
berechnete Daten
...
...
...
Geologie
Hydraulik
Klima
...
Bohrprofile
Chemie
Bauwerke
...
...
GW- Kf-Wert, GW-Leiter,
sonstige
Geometrie, M
geol. Daten Stand S, n, Qe
anorg.
Stoffe
org.
Stoffe
Bau- Brunnen, Kanalisation,
grund GWMs Wasserwege
+
Na
chlorierte
+
K
unchlorierte
HauptKationen
+
Ca
aromatisch
aliphatisch
aromatisch
+
Mg
...
-
Cl
HauptAnionen
SO42NO3
1,1,1Trichlorethan
S.-Metalle
Tetrachlorethen
HCO3
physikalischeParameter
T (°C)
pH
EH
SAK
MTBE
EL
Dichlorethen
PAK
Benzin,
Mineralöle
...
Trichlormethan
O2
BTX
...
...
...
Abb. 4.3: Ausschnitt aus dem Datenbestand als hierarchisches Modell
Waren die Ergebnisse plausibel und repräsentativ sowie nicht fehlerbehaftet, dann erfolgte die
Speicherung sämtlicher im Gelände erhobener Daten in einer ACCESS 97 Datenbank. Hier wird der
erhobene Datenbestand mit Untersuchungen und Gutachten aus verschiedenen städtischen Ämtern
und Institutionen gehalten. In Abb. 4.3 ist eine wichtige Teilmenge der Daten in einem hierarchischen
Modell dargestellt, wobei aus pragmatischen Gründen in graphische und numerische sowie
gemessene und berechnete Daten differenziert wurde.
67
5 Erstellung des Datenmodells und Grundwasserinformationssystems
Im folgenden werden die bei der Modellierung des betrachteten Ausschnitts der Realwelt
nachgebildeten Verhältnisse stark vereinfacht beschrieben. Der Abstraktion von dem Realweltproblem
auf die Datenwelt bzw. auf das Datenmodell kommt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselfunktion
zu. Zur Abbildung bzw. Projektion der Realität in die Datenwelt wird ein Datenmodell hergeleitet und
mit einem Geoinformationssystem verknüpft. Die Speicherung numerischer Daten erfolgt in einem
Datenmodell bzw. einer entsprechend aufgebauten Datenbank, während bestimmte flächenförmige
Informationen (Bilddaten und graphische Daten) im GIS gehalten werden und hier direkt mit einer
Attributtabelle, die die entsprechenden Eigenschaften der graphischen Objekte abbildet, verknüpft
sind. Die verwendeten Begriffe Entität und Relation wurden in Kap. 2 erläutert und bezeichnen ein
Objekt im Modell, das in Form einer Tabelle nachgebildet wird.
5.1 Beschreibung der nachzubildenden Verhältnisse
Im Untersuchungsgebiet treten Lokalitäten auf, an denen Meßwerte erhoben werden. Diese
Lokalitäten (Meßorte) sind eindeutig durch ihre Koordinaten festgelegt und teilweise mit
Höheninformationen und Daten zu Bohrprofilen sowie damit verknüpften geologischen Informationen
belegt. Außerdem gibt es noch spezielle Zusatzinformationen, die zur Beschreibung, Klassifikation
und Zuordnung dieser Meßorte dienen (Ausbau, Bildinformationen etc.). Die erhobenen Meßwerte
können eindeutig einem Parameter und alternativ der Parameterklasse Chemie oder Hydraulik
zugeordnet werden. Jeder Meßwert besteht aus einem Probennahme- oder Meßzeitpunkt, einem
Parameter und dem jeweiligen Meßort. Folgende Inhalte werden hiermit abgebildet:
• Messungen des hydraulischen Potentials und Geländehöhe
• Geometrie und Erstreckung des Aquifers sowie der Grundwassernichtleiter
• Ergebnisse und Randbedingungen von Pumpversuchsauswertungen
• Durchlässigkeitsbeiwerte und Typen der Grundwasserleiter
• Grundwasserbeschaffenheit
• Datenerhebung bei Kontaminationen
• Entnahmemengen und Quellschüttungen
Die Gesamtheit der genutzten Parameter mit Parameterspezifikation ist in Anlage H 1 beigefügt.
Diesen Meßwerten werden jeweils noch Informationen über das gemessene Medium (Boden, Wasser,
Grundwasser etc.), die Meßeinheiten (mg/l, µg/l, m ü. NN etc.) und eventuell heranzuziehende
Vergleichs- und Grenzwerte zugeordnet (z. B. Grenzwerte nach TVO).
Neben diesen Meßorten, an denen eindeutig punktförmige Informationen dokumentiert sind, treten
Untersuchungsgebiete auf, an denen zwar punktförmige Informationen erhoben wurden, die jedoch im
Kontext des gesamten Stadtgebietes lediglich als Gebietsinformationen von Interesse sind. Diesen
Untersuchungsgebieten werden auch Koordinaten zugeordnet, die jedoch hier als "PseudoLokalitäten" anzusprechen sind, da sie lediglich Gebietsinformationen repräsentieren. Am Beispiel
einer Baugrunduntersuchung, bei der eine große Anzahl von Bohrungen abgeteuft, nur eine davon als
Grundwassermeßstelle ausgebaut und in das regelmäßige Meßprogramm übernommen wurde, wird
deutlich, daß die Grundwassermeßstelle als Meßort eingerichtet werden kann, die restlichen
Informationen auf Relevanz zu prüfen, jedoch meist nicht explizit von Interesse sind.
68
Diese Untersuchungsgebiete werden in drei Klassen eingeteilt:
•
Baugrunduntersuchungen
•
Altlasten und Altablagerungen
•
Grundwasser- und Bodenkontaminationen
Bei den Baugrunduntersuchungen, Altlasten und Altablagerungen sind lediglich Angaben zu
Arbeitstitel, Straße, betroffenen Flächen, Datum und Lage dokumentiert, während bei den
Kontaminationen
weitere
abgeleitete
Parameter
zur
Art
der
Verunreinigung
und
Grundwasserbelastung erhoben wurden. Diese abgeleiteten Parameter geben an, ob Belastungen mit
CKW, BTEX, MKW und PAK nachgewiesen sowie ob Untersuchungen der Hauptan- und Kationen,
von Schwermetallen, der elektrischen Leitfähigkeit, Temperatur und pH-Wert durchgeführt wurden.
Mehrfachnennungen sind hier möglich.
Neben diesen lokalen Attributen gibt es Flächen, denen Informationen in Form von Relationen mit
Daten zur Flächengröße, -typ und wahlweise genaueren Flächenbezeichnung zugeordnet sind (z. B.
Industriegebiet NW). Folgende Gebietsinformationen werden hierdurch beschrieben:
•
Randeinzugsgebiete
•
Geologie
•
Versiegelungsgrad und Flächentyp
•
Stadtpläne mit Bebauungsinformationen
Für linienförmige Informationsquellen gelten die gleichen Randbedingungen. Im Rahmen der
hydrogeologischen Fragestellung war es nicht nötig, sämtlichen Objekten Attribute, wie z. B.
Straßennamen zuzuordnen. Dies ist jedoch prinzipiell im System möglich und geschieht partiell je
nach Kartendarstellung. Linienförmige Informationen sind:
•
Verwerfungen, Ganggesteine im Kristallin
•
Straßennetz
•
Vorflutsysteme und Gräben
•
Kanalisation (wird im GIS des Tiefbauamtes verwaltet)
5.2 Anforderungen an das Modellsystem
Als Anforderung an das gesamte computergestützte Informationssystem gilt neben dem in Abschnitt
2.3.3 aufgeführten Anforderungsprofil an das Datenbankkonzept folgendes:
Die Flächeninformationen, grafischen Informationen (Bild- und Rasterdaten) sowie Punktinformationen
sind unabhängig und nicht miteinander verknüpft. Eine Kombination und Auswertungen der einzelnen
Informationen ist im grafischen System sowie in der Datenbank möglich (Abb. 2.6 und 5.6). Die Daten
zu den Linien- und Flächeninformationen sind nicht in der Datenbank, sondern im GIS mit der
grafischen Information abgelegt. Als wichtige Basis und kartographische Grundlage für die
Datenzuordnung und Dateninterpretation sowie Datengewinnung sollen Karten- und Bildinformationen
(Kap. 4.4) jederzeit mit anderen Basisdaten oder auch abgeleiteten Informationen (Kap. 6.3)
entsprechend dem Layerprinzip in Abbildung 2.6 überlagert werden können.
Bei der Informationsakquisition (z. B. Untersuchung von Kontaminationen) soll ein Datenfluß in zwei
Richtungen unterstützt werden. Einerseits vom georeferenzierten Teilgebiet oder Punkt ausgehend zu
potentiellen Informationsquellen sowie andererseits von den z. B. im Rahmen von
Vergleichsoperationen mit SQL (Structured Query Language) in der Datenbank gefundenen
grenzwertüberschreitenden Daten zum georeferenzierten Punkt (zu SQL vgl. Kap. 6.2).
69
Im Rahmen dieser Abfragen zur Befriedigung der Informationsbedürfnisse sollen Zwischenergebnisse
in jedem Stadium abgespeichert und für weitere Untersuchungen als Datenbasis zur Verfügung
gestellt werden können.
An zwei allgemein formulierten Fallbeispielen soll verdeutlicht werden, welche Problemstellungen
beim Benutzer auftauchen können:
1. In einem bestimmten Gebiet wird durch einen hier nicht genauer zu spezifizierenden
Vorgang der Verdacht auf den Tatbestand einer Verunreinigung des Untergrundes
geweckt. Es ist zu prüfen, ob Informationen über entsprechende Verunreinigungen des
Grundwassers in diesem Gebiet bzw. im Abstrom dieses Gebietes vorliegen. Es wird eine
Abfrage an die Datenbank gerichtet, und im Falle eines positiven Ergebnisses kann die
Teilmenge der zutreffenden Daten zur Weiterbearbeitung aus dem Datenbestand isoliert
werden. Hierzu stehen Statistiken, Grafiken und Kartendarstellungen zur Verfügung. Im
nächsten Schritt werden potentielle Stoffquellen gesucht und lokalisiert, um Sanierungsund Abwehrmaßnahmen strategisch möglichst günstig zu positionieren. In diesem
Zusammenhang können neben den Informationen über Altlasten und amtlich
dokumentierte Schadensfälle in der Datenbank weitere thematische Karten, Luft- und
Sattelitenbilder aus anderen Systemen - evtl. auch über das Internet - hinzugezogen
werden.
2. Im gesamten Gebiet wurde eine Untersuchungskampagne der Grundwasserqualität
durchgeführt. Hierbei traten in den Proben Konzentrationen auf, die signifikant
herangezogene Vergleichswerte überschritten. Diese Verhältnisse sollen kartographisch
möglichst effizient dokumentiert und Gebiete oder Orte mit erhöhten Konzentrationen im
Kontext untersucht werden. Ziel ist es, die Ursachen der lokal variierenden Hydrochemie
im Hinblick auf geogene und anthropogene Quellen zu finden.
Die Anforderungsdefinition eines Informationssystems soll sämtliche zu erbringende Leistungen,
Datenzugriffe und Datenflüsse beschreiben. Hierzu bedient man sich der groben Darstellung von
Prozessen, Speichern und Datenströmen mit Hilfe eines Datenfluß-Diagramms (DFD). Dieses Modell
bildet die logische, von Realisierungsaspekten abgehobene Ebene einer Informationsverarbeitungsaufgabe ab. Die strukturellen Hauptelemente sind Quellen und Senken der Daten sowie
Datentransformationen und Speicher (vgl. SCHMIDT 1996).
In Abb. 5.1 ist das DFD der hier zu erbringenden Informationsverarbeitungsaufgabe abgebildet. Als
Datenquellen fungieren neben den im Gelände durchgeführten Messungen (Quelle a und b) die
städtischen Ämter (Quelle c bis f) sowie weitere öffentliche und private Institutionen,
Veröffentlichungen und Kartenmaterial (Quelle g bis k). Gelände- und Labordaten werden im Rahmen
der Prozesse MW E-1 sowie MW E-2 ermittelt und in die Speicher MG-D7 und ML-D1
zwischengespeichert. Die Prozesse MO V-1, MW V-1 und BG V-1 dienen der Datenverwaltung, wobei
zwischen Stamm-, Meß- und Bild- bzw. Grafikdaten differenziert wird. Die Daten können in den
Speichern D 2, D 3 und D 4 zentral gehalten und dem GIS-System (Mod-1) als Eingangsdaten zur
Modellierung zur Verfügung gestellt werden. Als Ergebnis entstehen Raster-, Ergebnisdaten sowie
Statistiken und Grafiken, die wiederum in D 5 und D 6 abgespeichert werden. Ein Teil der
Informationsquellen stellt auch eine Informationssenke dar (Informationssenke c bis f, i, l). Die aus den
Daten gewonnenen Informationen werden beispielsweise an die Stadt weitergegeben und können für
weitere Verarbeitungsprozesse als Eingangsdaten dienen.
70
Abb. 5.1: Datenfluß-Diagramm
⇒ Siehe Datei Abbildung_5.1
71
5.3 Umstrukturierung der Datenbasis
Zu Beginn der Datenmodellierung wurde ein Prototyp der Datenbank erstellt. Diese erste Testversion
bestand lediglich aus einer Sammlung von Daten, die in 20 Tabellen gespeichert wurden. Als
Software kam hierbei ACCESS 97 zum Einsatz. Die Daten wurden i. d. R. aus EXCEL-Dateien, in denen
sie erfaßt wurden, importiert.
In dieser nicht-relational aufgebauten Datenbank standen in den Tabellen meist zu jedem Meßpunkt
die Attribute H-Wert und R-Wert sowie bestimmte Bemerkungen und Zusatzinformationen (vgl. Tab.
5.1). Außerdem lagen für spezielle Parameter eigene Tabellen vor (z. B. Tritiumwerte, Pumpversuche,
org. Parameter etc.).
Tab. 5.1: Beispieltabelle in der 1. Normalform, Schlüsselattribute sind unterstrichen
Ca Mg Na
Lok
Datum
R-Wert
H-Wert
K Cl NO3 HCO3 SO4
in mg/l
EL (µS/cm)
Lok Info
GW-Stand (m+NN)
138,67
55
7 134
2
128
227
GWM 6 13.02.99 3475044 5526038 115 9
68
6 100
9
140
219
GWM 7 15.05.98 3475072 5526045 141 21
78
8 148 20
214
139
937
Elisabethenstr. 6
GWM 9 15.05.98 3475079 5526103 221 14
46 12 126
1
415
152
1060
Luisenstr. 24
137,26
GWM 12 15.05.98 3475038 5525943 46
4
44
9 143
-
61
3
480
Wilhelminenstr. 35
142,81
GWM 12 13.02.99 3475038 5525943 41
3
43 16 144
936
Eschollbrücker Str. 36
1
43
6
GWM 52 15.05.98 3474010 5524930 224 27
35 14 111 75
458
106
GWM 52 12.02.99 3474010 5524930 148 16
31
55
323
88
GWM 74 20.05.98 3476831 5528678 88 23 128 10 206 35
244
101
GWM 74
Jul 98
GWM 74
Sep 98 3476831 5528678
4
60
904
Elisabethenstr. 2
GWM 6 15.05.98 3475044 5526038 135 13
Elisabethenstr. 2
138,66
Wilhelminenstr. 35
103,91
Eschollbrücker Str. 36
1002
3476831 5528678
Kranichsteiner Str.
136,79
Kranichsteiner Str.
136,81
Kranichsteiner Str.
136,77
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
Beispielsweise wurden in der Tabelle mit den Pumpversuchsergebnissen wie auch in der Relation mit
den hydrochemischen Daten der NBs jeweils die Stammdaten der Brunnen abgelegt. Bei der
Neuanlage eines Brunnens mußten somit Änderungen in mehreren Tabellen durchgeführt werden.
Hierbei bestehen die in Kap. 2.3 beschriebenen Risiken und Gefahren der redundanten Datenhaltung
und des hohen Pflegeaufwands.
Der gesamte Datenbestand war in diesem ersten Datenspeicher unübersichtlich abgebildet und
schwer auswert- und analysierbar. In bezug auf die Darstellung der Dateninhalte am Bildschirm
erhöhte die Größe einer Tabelle (Anzahl der Spalten) die Unübersichtlichkeit und reduzierte somit
u. U. die Auskunftsfähigkeit des Tabellenobjektes (vgl. Tab. 5.1 mit Abb. 5.2). Des weiteren bestanden
Probleme darin, schnell und effizient Informationen zu bestimmten Fragestellungen zu gewinnen
sowie die hierzu entsprechenden Daten aus dem Gesamtbestand zu isolieren. Karten konnten zwar
auch durch einen Datenexport zum jeweiligen Anwendungsprogramm erstellt werden, jedoch wurden
diese bei einer Änderung des Datenbestandes nicht fortlaufend aktualisiert, was die Anwendung des
Systems im Rahmen einer interaktiven Kartenerstellung erschwerte.
Zur Realisierung der Modellanforderungen mußte somit die Datenbasis neu organisiert werden. Bei
diesem Prozeß der Normalisierung werden die Basisdaten strukturiert und auf Schwachstellen
analysiert, um Mehrfachspeicherungen und Inkonsistenzen zu reduzieren sowie eine reibungslose
Datenbanknutzung zu sichern.
72
CODD (1970) führte hierzu den Begriff der Normalformen ein, wobei folgende Relation gilt:
Nicht normalisierte Datenstruktur ⇒ 1. Normalform ⇒ 2. Normalform ⇒ 3. Normalform ⇒ ...
In einer Relation in der 1. Normalform enthalten die Attributwerte nur elementare Ausprägungen.
DATE (1977) verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff atomarer Werte. Die Datenstruktur in
der 2. Normalform ist dadurch charakterisiert, daß sie sich in der 1. Normalform befindet und jedes
Nichtschlüsselattribut funktional voll von einem Schlüssel abhängig ist (DATE 1977).
Meßwerte
Lok
Koordinaten
Datum Parameter Meßwert Einheit
Lok-Info
Lok
R-Wert
H-Wert
Lok
Lok Info
GWM 6 15.05.98
Ca
135
mg/l
GWM 6
3475044
5526038
GWM 6
Elisabethenstr. 2
GWM 6 13.02.99
Ca
115
mg/l
GWM 7
3475072
5526045
GWM 7
Elisabethenstr. 6
GWM 7 15.05.98
Ca
141
mg/l
GWM 9
3475079
5526103
GWM 9
Luisenstr. 24
GWM 9 15.05.98
Ca
221
mg/l
GWM 12
3475038
5525943
GWM 12
Wilhelminenstr. 35
GWM 12 15.05.98
Ca
46
mg/l
GWM 52
3474010
5524930
GWM 52 Eschollbrücker Str. 36
GWM 12 13.02.99
Ca
41
mg/l
GWM 74
3476831
5528678
GWM 74
Kranichsteiner Str.
GWM 52 15.05.98
Ca
224
mg/l
...
...
...
...
...
GWM 52 12.02.99
Ca
148
mg/l
...
...
...
...
...
GWM 74 20.05.98
Ca
88
mg/l
Jul 98
GW-Stand
136,81
m+NN
GWM 74 Sep 98
GW-Stand
136,77
m+NN
GWM 6 15.05.98
Mg
13
mg/l
GWM 6 13.02.99
Mg
9
mg/l
GWM 74
...
...
...
...
...
...
...
...
...
...
Abb. 5.2: Tabellarische Darstellung der normalisierten Relationen
Befindet sich eine Relation in der 3. Normalform, so muß sie der 2. Normalform genügen und kein
Segment bzw. Nichtschlüsselattribut darf transitiv, d. h. indirekt vom Schlüssel abhängig sein (DATE
1977, SCHWINN 1992, BARTELME 1995). Soll eine Relation den Anforderungen der 3. Normalform
genügen, so dürfen keine Abhängigkeiten zwischen den Nichtschlüsselattributen auftreten. SCHWINN
(1992) gibt noch weitere Normalformen an, wobei die Präzision mit ihrer Wertigkeit zunimmt.
Nach BARTELME (1995) stellen die Tabellen in Normalform die langfristig bedeutsamen elementaren
Bausteine einer stabilen Datenstruktur dar, wobei u. U. im Bereich der Geoinformatik von diesem
Idealbild abzurücken ist. Entsprechendes gilt für die vorhandene Datenbasis. Im Gegensatz zu Daten
aus anderen Fachgebieten tritt bei der Untersuchung von Abhängigkeiten zwischen
naturwissenschaftlichen und insbesondere geowissenschaftlichen Daten oftmals eine gewisse
Unschärfe auf. Aufgrund dieser potentiell vorhandenen Abhängigkeiten zwischen den Daten, wie z. B.
zwischen Grundwasserstand und den Konzentrationen von chemischen Inhaltsstoffen oder zwischen
den einzelnen chemischen Inhaltsstoffen, wurden Meßwerttabellen bis auf einen minimalen im
Gesamtzusammenhang sinnvollen Attributbestand reduziert.
Am Beispiel der Tabelle 5.1 soll hier der Normalisierungsprozeß, der oftmals aus einer Reduktion der
Anzahl der Attribute einer Tabelle besteht, an einem Datenausschnitt verdeutlicht werden. Die Tabelle
5.1 befindet sich in der 1. Normalform, da jeder Wert der Attribute "Lok", Datum, R-Wert etc.
elementaren Charakter hat. Lediglich bei dem Attribut "Lok-Info" bestehen die Werte aus einer
Kombination von Zeichenketten und Zahlenwerten, die jedoch im Hinblick auf die Bezeichnung einer
Information zu der jeweiligen Lokalität im Kontext als elementar anzusprechen ist. Die Datensätze
73
werden eindeutig durch eine Kombination der Attribute "Lok" und Datum/Zeit (Schlüsselattribute)
identifiziert, da zu einem Zeitpunkt an einer Lokalität maximal eine Probe entnommen wurde.
Vereinfacht läßt sich die Relation Meßwerte auch folgendermaßen formulieren: Meßwerte (Lok,
Datum, Parameter, Meßwert, Einheit). Der Name der Relation ist Fett gedruckt, einzelne Attribute
stehen in Klammern und Schlüsselattribute werden unterstrichen.
Die eindeutige Identifikation der einzelnen Datensätze wird über den 3fachen Schlüssel "(Lok, Datum,
Parameter)" gesteuert. In dieser Relation sind Mehrfachspeicherungen bei den Koordinaten und dem
Attribut "Lok-Info" vorhanden, die durch eine Aufspaltung der Tabelle vermieden werden können.
Außerdem sind einige Felder nicht besetzt, so daß hier Speicherplatz verschwendet und die
Übersichtlichkeit reduziert wird. Die Relation beschreibt gleichzeitig mehrere Phänomene, die z. T.
unabhängig voneinander sind.
Da bei einem relationalen Datenmodell jede Tabelle einen unabhängigen Zustand der realen Welt
abbilden soll, kann diese Tabelle in folgende drei thematisch eindeutig zuordenbare Relationen
unterteilt werden (Abb. 5.2):
•
Koordinaten
•
Lok-Info
•
Meßwerte
Bei diesem Modell besteht die Möglichkeit, unabhängig von den Meßwerten eine neue Lokalität
einzurichten, an der z. B. noch Messungen erfolgen sollen. Es treten zwar keine fehlenden Werte
mehr auf, jedoch kommen in der Relation Meßwerte bei den Attributen Parameter und Einheit häufig
Mehrfachspeicherungen vor, die hier unumgänglich sind und die weitere Datenbankanwendung nicht
störend beeinflussen. Die Datensätze der Meßwerte werden durch den 3fachen Schlüssel, bestehend
aus den Attributen "Lok", Datum und Parameter, eindeutig identifiziert, während bei den Relationen
Koordinaten und "Lok-Info" ein einfacher Schlüssel aus dem Attribut "Lok" ausreicht.
Mit Hilfe der Normalisierung (Umstrukturierung) der Datenbasis sollen die in Kap. 2 beschriebenen
Ziele sowie die Anforderungen an das Datenmodell realisiert werden. Insbesondere gilt hier als
umfassende Zielmenge die Universalität, Flexibilität und Offenheit des Systems sowie die
Übersichtlichkeit der Dokumentation.
74
5.4 Das Datenmodell
Nach diesem Schema wurden sämtliche Grundwasser- sowie sonstige GEO-Daten untersucht und ein
Datenmodell erstellt. In Abb. 5.3 ist ein Ausschnitt aus dem Datenmodell mit 11 Relationen und
Beispieldatensätzen explizit dargestellt. Die Verknüpfungen der einzelnen Relationen über
gemeinsame Attribute, wie z. B. Lokalität (Lok) und Klasse, sind mit Linien abgebildet. Beispielsweise
sind sämtliche Meßwerte chemischer Inhaltsstoffe in der Relation Meßwerte mit der Relation Meßorte
und den Koordinaten über den eindeutigen 2fachen Schlüssel Lokalität und Klasse in einer 1-mcRelation verbunden. Die theoretischen Grundlagen der Beziehungen zwischen den Relationen, die
Grundbausteine des Datenmodells darstellen, wurden in Kapitel 2.3.4 beschrieben.
Bei abgekürzten Attributbezeichnungen erfolgte im Text eine Schreibweise in Anführungszeichen und
Einheiten wurden bis auf wenige Ausnahmen nicht aufgeführt (im Falle unklarer Verhältnisse: [...] ).
Auf Grundlage des betrachteten Ausschnitts der Datenwelt ergaben sich 20 Relationen, deren Inhalte
und Bedeutungen im folgenden genauer spezifiziert werden:
Meßorte (Lokalität, Klasse, Gel + NN, MPH + NN, Tiefe Meßstelle ca. [m u. GOK]).
Jeder georeferenzierten Punktinformation wird ein Meßort zugeordnet. Die Identifikation der Meßorte
wird durch die zwei Attribute Lokalität und Klasse sichergestellt. Mit dem Attribut Lokalität wird der
individuelle Meßort bezeichnet, während die Klasse die Gruppenzugehörigkeit oder auch ein Cluster
von Orten beschreibt. Beispielsweise beschreibt die Klasse "Stadt DA GWM" die
Gruppenzugehörigkeit zu den amtlichen Grundwassermeßstellen der Stadt und "HLfU GWM" die
Zugehörigkeit zu Meßstellen des Landesgrundwasserdienstes. Weitere Klassenattribute, wie z. B.
Baugrund, "Kontamin", Bohrungen und "Altlasten-Altablagerungen", ordnen einzelne Meßorte einem
bestimmten Thema zu. Der Lokalitätsname besteht meist aus einer Zeichenfolge in Verbindung mit
einer natürlichen Zahl (z. B. GWM 1). Jedem Meßort kann eine Geländehöhe, Meßpunkthöhe und
Meßstellentiefe zugeordnet werden; fehlende Werte sind bei diesen drei Attributen erlaubt.
Meßwerte (Lokalität, Klasse, Datum/Uhrzeit, Parameter, Medium, Vorzeichen, Meßwert, Einheit, Text,
Probenahme).
Die im Gelände und Labor erhobenen Daten werden in dieser sicherlich wichtigsten Relation des
gesamten Modells gespeichert. Ziel dieser Zusammensetzung ist es, eine allgemeine Konstruktion zu
finden, mit der sämtliche Daten zu über 100 differierenden Parametern in einer Entität beschrieben
werden können. Die Zuordnung erfolgt über die Attribute Parameter und Medium, die meist
voneinander abhängig sind. So impliziert der Parameter Grundwasserstand und Abstich immer eine
Messung im Medium Grundwasser, während der Parameter "Summe CKW" im Medium Boden
Grundwasser oder Oberflächenwasser erhoben werden kann. Durch die Attribute Vorzeichen können
auch negative Meßwerte wie z. B. Redoxpotential (+/-) sowie Unterschreitungen der Nachweisgrenze
(n. n.) dokumentiert werden. Das Feld Probenahme gestattet die Unterscheidung von Pump- und
Schöpfproben. Während in den Attributen Lokalität, Klasse, Datum/Uhrzeit, Parameter und Medium
keine fehlenden Werte zugelassen sind, dürfen in den restlichen Feldern fehlende Werte auftreten.
Koordinaten (Lokalität, Klasse, R-Wert, H-Wert).
Jeder neu angelegte Meßort wird mit 7stelligen Koordinaten des Gauß-Krüger Koordinatensystems für
R-Wert und H-Wert belegt. Es ist anzustreben, fehlende Werte hier zu vermeiden. Im Rahmen der
Gebietsbearbeitung ist es jedoch denkbar, daß ein Meßort eingerichtet wurde und die Koordinaten
noch zu prüfen bzw. zu ermitteln sind; temporär treten somit fehlende Werte auf.
75
GRUNDWASSERDATENBANK und GIS
Datenmodell- und Datenbankstruktur
Koordinaten
Lokalität
Klasse
GWM 1
GWM 2
P1
P2
P3
amtl.
amtl.
M.-B. Str. 32
M.-B. Str. 32
M.-B. Str. 32
Loc_Info
R-Wert
H-Wert
3474022 5531538
3474112 5532540
...
...
...
...
...
...
Medium
Lokalität
Klasse
Text
GWM 1
GWM 2
P1
P2
P3
amtl.
amtl.
amtliche
Grundwassermeß-stellen
der Stadt: monatliche
Messungen durch
das_Stadtvermessungs
amt_Darmstadt...
Ansprechpartner...
M.-B. Str. 32
M.-B. Str. 32
M.-B. Str. 32
Meßorte
Bildinformationen
Medium/kurz
Medium/lang
Lokalität
Klasse
Mph/GOK
GW
BD
BL
OW
Qu-W
Grundwasser
BK 1
GWM 1
GWM 2
GWM 3
P7...
HEAG-Hallen
145,31...
Lok.|Kl.
Datum
amtl.
amtl.
amtl.
...
118,52...
GWM1|amt..
...
...
...
...
...
12.02.99
12.02.99
13.02.99
Vorzeichen
Wert
Einheit
Tiefe_von
Tiefe_bis
<
75,5
134,86
0,01
121,5
mg/l
mg/l
mg/l
mg/l
(mmol/l)
mg/m³
12 362
7,2
2200
...
mg/kg
mg/kg
mg/kg
...
2,4
1,7
2
....
3,2
2,4
3
...
Lok.|Kl.
Tiefe_bis
Kurzbez.
Bemerkung
0,2
1,2
1,4
2,3
2,8
...
KA
S, g, x'
S, g, u'
S, g'
S, g, u'
...
Auffüllung
Boden
Bodenluft
Ofl.-gew.
Quellwasser
Text
Photo
Meßstelle
Lage
Meßwerte
Lok.|Kl.
Datum
Medium/kurz
Parameter
GWM 1
GWM 6
NB 1
DBO
BK
DN 2
NB 19
DA 6
DH 3
B8
B ...
15.05.98
15.05.98
19.05.98
19.05.98
19.05.98
19.05.98
19.05.98
15.11.95
17.07.95
10.01.94
...
GW
GW
GW
OW
OW
BL
GW
BD
BD
BD
...
Ca
Mg
Fe (gesamt)
NO3
M-Wert
BTEX
Färbung
MKW
BTEX
MKW
...
gelbl. Farbe
...
Ausbauten
Tiefe_von
Tiefe_bis
Durchm.
BK 1
GWM 1
NB 1
NB 2
NB 3
NB...
3
5
41
30
50
...
7
10
53
46
58
...
125 mm
125 mm
300 mm
300 mm
300 mm
...
Einheiten
Medium/kurz
Einheit
GW
BD
BL
OW
Qu-W
mg/l | µg/l
Parameter
Text
NO3
Nitrat
MKW Mineralölkw.
Summe
BTEX
M-Wert HCO-3
Ca
Calzium
Magnesium
Mg
Na
...
...
Bohrprofile
Lok.|Kl.
Parameter
Text
mg/kg | µg/kg
mg/l | mg/m³
mg/l
BK
BK
BK
BK
BK
BK
1
1
1
1
1
1
hellbraun
rotbraun
braun
braun
...
mg/l
Grenzwerte / Vergleichswete
Info
Parameter
Grenzwert
Einheit
Medium
Quelle
Ionenchromatograph
Ca
Mg
400
50
0,2
50
12
7
30
200
mg/l
mg/l
mg/l
mg/l
mg/l
mg/kg
µg/l
µg/l
GW
GW
GW
GW
GW
BD
GW
GW
TVO
TVO
TVO
TVO
TVO
nach DEV H 18 ...
Benzol, Toluol, Xylol...
Titration bis pH 4,3
Flammen AAS
Flammen AAS
...
Fe (gesamt)
NO3
K
BTEX
BTEX
MKW
Hollandliste (n. Unt.)
Hollandliste (n. Unt.)
Hollandliste (n. Unt.)
Abb. 5.3: Ausschnitt aus dem Datenmodell mit Relationen und Beispieldatensätzen
76
Lok_Info (Lokalität, Klasse, Text, Datum).
Zur genaueren Charakterisierung der Meßorte können Informationen, wie z. B. eine Lagebeschreibung oder sonstige zeitbezogene beschreibende Elemente, mit den Orten verknüpft werden.
Bild_Info (Lokalität, Klasse, Datum, Text).
Ähnlich wie bei der Relation "Lok_Info" erfolgt über diese Tabelle eine Verbindung der Bilddaten (z. B.
Photos) mit den Meßorten. Da dieser Bilddatenbestand in der Regel ein spezielles
speicheraufwendiges Datenformat benötigt, erfolgt der Zugriff über eine eigene Relation, die
wiederum mit einem ausreichend dimensionierten Datenträger verknüpft ist. Die Datenbank ACCESS
wie auch das GIS ARCVIEW 3.0 unterstützen die Einbindung und den Abruf der Bildinformationen.
Medium (Medium, Medium_lang).
Die Informationen zum Medium sind mit ein bis zwei Zeichen verschlüsselt und werden der
Bezeichnung des Mediums, wie beispielsweise "GW" für Grundwasser, zugeordnet.
Aufschlüsse (Lokalität, Klasse, Aufschlußtyp, Tiefe bis [m u. GOK], Petrographie, Farbe,
Stratigraphie, Kurzbezeichnung, Geologie, Text, Proben).
Tiefenorientierte Informationen zur Geologie und Petrographie in Bohrungen sowie Sondierungen
lassen sich hiermit ins System einbinden und über die Attribute Lokalität, Klasse mit den Meßorten
verknüpfen. Für jeden Schichtwechsel wird ein eigener Datensatz angelegt. Im Rahmen der Erstellung
des Informationssystems wurde lediglich eine Teilmenge sämtlicher analog dokumentierter Bohrungen
in diese Entität aufgenommen. Über SQL kann somit auf tiefenorientierte Daten zugegriffen und eine
dreidimensionale Umsetzung mit dem Modul SURFER in Form eines Isolinienplans oder Gittermodells
generiert werden (vgl. Kap. 8). Beispielsweise besteht die Möglichkeit, über die Attribute "Tiefe bis [m
u. GOK]" und Petrographie die Basisdaten für ein 3D-Modell zu einer geologischen Schicht zu
exportieren. Die gleiche Vorgehensweise ergibt sich bei der Abbildung einer Grundwasserleiterbasis.
Geologie (Geologie, Petrographie, Periode, Ära, Zeit_bis [Mio. Jahre]).
Das in der Relation Aufschlüsse eingeführte Attribut Geologie wird hier genauer in bezug auf die
Petrographie der geologischen Einheiten und deren zeitlichen Kontext in der Erdgeschichte
beschrieben.
Ausbauten (Lokalität, Klasse, Tiefe_von, Tiefe_bis, Ausbauinfo, Durchmesser [mm]).
Im Unterschied zur Entität Aufschlüsse werden hier die technischen Daten, bestehend aus
Filterstrecken und Ausbaudurchmesser zu den Meßorten, wie z. B. Brunnen oder
Grundwassermeßstellen, gespeichert. Diese Informationen sind im allgemeinen wichtig zur Zuordnung
des hydraulischen Potentials und der Probenahme zum entsprechenden Aquiferstockwerk. In
Verbindung mit Daten zur Basis des Grundwasserleiters sind die Ausbaudaten unerläßlich bei der
Erstellung von numerischen Strömungsmodellen. Im Raum Darmstadt bestehen hier an vielen
Meßorten Informationsdefizite, die in Zusammenhang mit der komplexen geologischen Situation an
einer Störungszone die Modellbildung erschweren.
Aquifertyp (Lokalität, Klasse, Parameter).
Dem Aquifer wird zusätzlich eine der drei auftretenden Eigenschaften freier Aquifer, gespannter
Aquifer oder unklare Verhältnisse zugeschrieben, was insbesondere die Bewertung von
Pumpversuchsergebnissen in der Relation Meßwerte erleichtert.
77
GWL_Basis (Lokalität, Klasse, Parameter, Meßwert, Einheit).
Die Bestimmung der Grundwasserleiterbasis setzt einen Abstraktionsvorgang auf der Grundlage von
Aufschlußdaten voraus. Das Ergebnis dieser Vereinfachung von einer Lithofazies zu einer
Hydrofazies wird hier für unterschiedliche weitere Untersuchungen zur Verfügung gestellt. Neben der
schon angesprochenen Modellbildung können hiermit auch Isolinien der Tiefenlage unterschiedlicher
Grundwasserstauer erstellt werden. Das Schlüsselattribut Parameter dient zur Beschreibung der
unterschiedlichen Stockwerke. Die Parameter "U_T_Horizont_x_Top und U_T_Horizont_x_Basis" (für
x = 1..n) kennzeichnen Basis und Top des x-ten Grundwasserstauers bzw. Schluff-Ton-Horizontes,
wobei x von oben nach unten gezählt wird. Als Einheit wird hier meist Meter über NN angegeben.
Durch Einfügung des Attributes Einheit können jedoch auch Werte u. Gel. eingetragen und ohne
Informationsverlust weiter bearbeitet werden. Ebenso wie bei der Relation Aufschlüsse erfolgt die
dreidimensionale Umsetzung des x-ten Grundwasserstauers oder Grundwasserleiters im Rahmen
einer SQL-Abfrage in Verbindung mit einer Modellierung im Modul SURFER. Die so berechneten
Rasterdaten können in verschiedene Anwendungen eingelesen und z. B. als Basis (Randbedingung)
zur mathematischen Strömungsmodellierung verwendet werden. Durch die SQL-Abfrage wird mit
einer Bedingung "... WHERE x = 2" der Zugriff auf den x-ten (zweiten) Grundwasserstauer oder
Grundwasserleiter (für x = 1..n) gewährleistet (vgl. Kap. 6.2, Abfrage 2).
Entnahmen (Lokalität, Klasse, Entnehmer, Entnehmer_Status, Entnahmezweck, Entnahmerechte
[m³/a]).
Zu Bilanz- und Modellbetrachtungen sind Entnahmedaten notwendig. Einen Anhaltspunkt für die
wirklich entnommenen Mengen bilden die Entnahmerechte in Verbindung mit dem Entnahmezweck.
Die Entnahmerechte sind hier als Jahressummen gespeichert. Die wahren Entnahmemengen sind
beim jeweiligen Entnehmer, der hier ebenfalls aufgeführt ist, einzuholen. Meist werden in Gutachten
und sonstigen Veröffentlichungen die wirklich entnommenen Mengen der größeren Entnehmer
dokumentiert (vgl. TGU 1996, MIKAT 1998).
Temperaturen (Lokalität, Klasse, Datum/Uhrzeit, Tiefe [m u. MPH], Temperatur [°C]).
Da in der Relation Meßwerte die Speicherung von tiefenorientierten Informationen nicht vorgesehen
und auch aufgrund der vorhandenen Datenbasis nicht notwendig ist, wurde diese kleinere Tabelle zur
Speicherung von Temperaturprofildaten eingefügt.
Parameter (Parameter, Medium, Parameterklasse, Text, Info, Nachweisgrenze, Verfahren).
Sämtliche erhobenen Parameter können alternativ in die Klasse Chemie oder Hydraulik eingeteilt
werden, was den allgemeinen Informationsgehalt hydrogeologischer Daten widerspiegelt. Die hier
erhobenen Daten beziehen sich ausschließlich auf das Medium Grundwasser. Das System soll jedoch
auch für die Zuordnung zu weiteren Medien, wie Boden und Bodenluft, offen sein. Aus der Domäne
Text kann dem meist verschlüsselten Parameter der vollständige Parametername entnommen werden
(z. B. Bbf-BkF ⇒ Benzo(b)fluoranthen und Benzo(k)fluoranthen). Die weiteren Attribute "Info",
Nachweisgrenze und Verfahren gestatten eine genauere Beschreibung des Parameters und des
verwendeten Analyseverfahrens, woraus sich die entsprechende verfahrensspezifische
Nachweisgrenze einer Bestimmungsmethode ergibt. Diese Informationen sind wichtig zur
Einschätzung des Meßwertes im gesamten Kontext der modernen Analytik.
Einheiten (Medium, Einheit_1, Einheit_2, Umrechnungsfaktor [E 1 x F = E 2], Bezeichnung).
Diese Hilfsrelation erleichtert die Umrechnung verschiedener Einheiten und unterstützt den Benutzer
bei deren Zuordnung zum Parameter.
78
Grenzwerte (Parameter, Medium, Quelle, Typ, Grenzwert, Einheit, Fehler, berechnet_als, Text_Info).
Grenzwerte dienen als Grundlage zur Bewertung und Klassifikation der gewonnenen Chemiedaten.
Insbesondere kann das Ergebnis der Vergleichsoperation zwischen Grenzwert und Meßwert als
Entscheidungskriterium zur Ableitung von Sanierungs- oder Sicherungsmaßnahmen sowie zur
Begründung eines Handlungsbedarfs herangezogen werden. Der Wert wird mit einer Quellangabe
(z. B. TVO) und einem Fehler, der sich aus den angewandten Analyseverfahren ableitet, verknüpft.
Die Einteilung der Daten in Grenzwert, Prüfwert oder Sanierungsschwellenwert soll hier unter dem
Attribut Typ durchgeführt werden. Zusätzliche Domänen, wie "berechnet_als und Text_Info",
ermöglichen es, den im Verfahren bestimmten Parameter genauer zu spezifizieren. Beispielsweise
können die Einzelbestandteile bei der Angabe von Summenparametern wie "Summe CKW" hier
ergänzend aufgeführt werden.
Altlasten (Lokalität, Klasse, Arbeitstitel, Straße, Flächen).
Die amtlich dokumentierten Altlasten und Altablagerungen, repräsentiert durch "Pseudolokalitäten"
entsprechend der Beschreibung in Abschnitt 5.1, sollen hauptsächlich die Interpretation der
Grundwasserbeschaffenheitsdaten erleichtern. Bei lokal festgestellten hohen Stoffkonzentrationen
kann im Umkreis dieser Lokalität eine Suchoperation auf Altlasten und Kontaminationen (s. u.)
durchgeführt werden, um die Möglichkeit eines Eintrags aus evtl. schon dokumentierten
Schadstoffquellen zu untersuchen. Außerdem werden im Zusammenhang mit Altlastenerkundungen
oftmals Meßstellen eingerichtet, auf die wiederum hierüber zugegriffen werden kann. Entsprechendes
gilt auch für die Kontaminationen und Baugrunduntersuchungen.
Kontamin (Lokalität, Klasse, Straße, Arbeitstitel, Status_Daten, Datum, Bemerkungen).
Bei den Kontaminationen des Bodens und Grundwassers, die oftmals in laufenden Verfahren (z. B.
nähere Erkundungen oder Sanierungsmaßnahmen) bearbeitet werden, waren weitere Informationen
zugänglich. Diese umfassenden Erkundungsdaten wurden gefiltert und in der folgenden Relation
gespeichert.
Kontamin_Parameter (Lokalität, Klasse, Parameter, Wert).
Diese Entität enthält Boolsche Werte (ja/nein, bzw. 1/0) zu 16 verschiedenen neu definierten
Parametern, die Auskunft über den Umfang des Untersuchungsprogramms bei Kontaminationen
geben. Ziel ist es, unter Nutzung schon vorhandener Daten den Untersuchungsaufwand zu reduzieren
bzw. bei entsprechend neu diagnostizierten Kontaminationstatbeständen gezieltere Vorgehensweisen
zu ermöglichen. Der Parameter "GW_Proben" gibt z. B. Auskunft, ob bei einer Untersuchung
Grundwasserproben genommen wurden. Die Variable "GW_Kont" signalisiert im Falle eines positiven
Wertes (Boolscher Wert = ja), daß eine Kontamination der gesättigten Zone aufgetreten ist. Durch
eine weitere Prüfung der Parameter "CKW, BTEX, MKW und Schwermetalle" kann die Verunreinigung
qualitativ noch genauer spezifiziert werden. Außerdem sind Angaben kodiert, ob Untersuchungen, wie
z. B. die Einrichtung von Meßstellen oder die Erstellung von Grundwassergleichen und
Pumpversuche, schon erfolgten.
Gebiete (Lokalität, Klasse).
Die in Abb. 5.4 und 5.5 zusätzlich eingeführte Relation "Gebiete" hat die Funktion einer Hilfsrelation
und dient hier lediglich zur Erhöhung des Schemenverständnisses. Sie ist in der Datenbank physisch
nicht vorhanden.
79
Baugrund (Lokalität, Klasse, Datum_Bohr, Datum_Gut, Projekt_Name, Kanal, Lage_Quadr, Anzahl,
Bauchem, Text).
In einem Stadtgebiet wird in der Regel eine große Menge von GEO-Daten bei der Erkundung des
Baugrundes erhoben. In Darmstadt ist eine Teilmenge dieser Untersuchungen im Tiefbauamt
abgelegt. Hieraus wurden Informationen zur Anzahl der Erkundungen und Arbeitstitel sowie Daten zu
Attributen wie Kanal- und bauchemischen Untersuchungen extrahiert. Aufgrund des temporären
Charakters der Aufschlüsse sowie deren temporäre Auswirkung auf die Grundwasserverhältnisse,
z. B. im Falle einer Wasserhaltung, sind Angaben zum Datum der Bohrtätigkeiten und Gutachten von
Interesse. Da die Brunnen der öffentlichen Wasserversorgung und Industrieentnahme sich am
westlichen Stadtrand befinden, sind im Stadtzentrum neben den Notbrunnen hauptsächlich die
Meßorte der bei Baugrunduntersuchungen eingerichteten Meßstellen vorhanden. Diese
Grundwasseraufschlüsse wurden in das amtliche Meßnetz übernommen und fungieren in der Relation
Meßorte als wichtige Stützstellen im Stadtzentrum. Falls die Grundwasserstände nur im
Erkundungszeitraum dokumentiert waren, z. B. bei Messungen im nicht ausgebauten Bohrloch, wurde
in der Relation Meßwerte ein zeitbezogener mittlerer Wasserspiegel zum Erkundungsgebiet mit der
"Pseudolokalität" als Gebietsrepräsentant verknüpft. Dies konnte nur bei geringen hydraulischen
Gradienten durchgeführt werden. Für den Innenstadtbereich mit hohen Gradienten mußten die
einzelnen Meßorte eingerichtet werden, da die Varianz der Informationen zwischen den einzelnen
Meßpunkten hier sehr groß ist (vgl. Abschnitt 3.7.1). Ein großer Teil der Baugrundbohrungen dient
auch als Informationsquelle für Geologie und Lithologie. Die Speicherung dieser Informationen erfolgt
demgemäß in der Entität Aufschlüsse.
Das gesamte Datenmodell numerischer Daten aus dem hier betrachteten Realitätsausschnitt wird in
Abb. 5.4 und 5.5 in einfacher und expliziter Relationenschreibweise nach dem Entity-RelationshipModell dargestellt. Die Bezeichnung der Beziehungen sowie der theoretischen Grundlagen zur
Modellierungsmethode wurden in Kap. 2 erläutert. Entitätsbezeichnungen sind fett gedruckt, Attribute
der Relation stehen in Klammern und Schlüssel (2- oder 3fach) sind unterstrichen.
Die Relation Meßorte enthält beispielsweise die Attribute Lokalität, Klasse, MPH (Meßpunkthöhe) und
GOK. Der Schlüssel wird von den beiden Attributen Lokalität und Klasse gebildet. Mit Hilfe des
Schlüssels, der entweder aus einem Attribut oder aus einer minimalen Kombination von Attributen (z.
B. Mehrfachschlüssel) besteht, wird jeder Datensatz in einer Relation eindeutig identifiziert. Die
Einrichtung eines Identifikationsschlüssels ist in jeder Relation zwingend notwendig. Fehlende Werte,
wie sie z. B. bei dem Attribut Text in der Relation Meßwerte auftreten können, sind bei
Schlüsselattributen nicht erlaubt. Mit diesem Datenmodell wird die physische Datenabhängigkeit
reduziert und damit die Datenverarbeitungsaufgabe nachhaltig verbessert sowie technisch effizienter
gestaltet. Insbesondere können hierdurch mit der relationalen Datenbanksprache SQL umfangreiche,
flexible Abfragen und Auswertungen des Datenbestandes durchgeführt werden. Im Vergleich hierzu
besteht bei einem nicht normalisierten Datenbestand diese Flexibilität nicht, da nur bestimmte dem
Tabellenaufbau entsprechende Auswertungen unterstützt werden.
In Abb. 5.4 sind neben dem Datenmodell im oberen Bereich, das in erster Linie gemessene (evtl. auch
berechnete) Daten enthält, zwei weitere Module, bestehend aus stochastischen und deterministischen
Modellen eingezeichnet. Vor der Modellbildung, die auf dem im Datenmodell beschriebenen
Realitätsausschnitt basiert, sind Alternativentscheidungen zum Modelltyp (stochastisch oder
deterministisch) und Auswahlentscheidungen zur Rasterweite der diskretisierten Modellelemente zu
treffen (z. B. 50 m, 100 m oder 500 m -Raster). Nach der Modellbildung folgt die Anpassung des
Modells mit Realweltdaten. Ziel ist es, die Differenzen zwischen Modellergebnissen und
Realweltdaten unter Modifikation der Modellverfahren sowie Modellparameter zu minimieren.
80
Abb. 5.4: Entity-Relationship-Datenmodell und Modellierungsmodule
⇒ Siehe Datei Abbildung_5.4
81
Hierzu können die berechneten Daten in die Datenbasis in der Relation Meßwerte unter einem
bestimmten Parameter aufgenommen und jederzeit zu Vergleichsoperationen oder grafischen
Ausgabe zur Verfügung gestellt werden.
Um die Beziehungen zwischen den einzelnen Relationen und die Verknüpfungen unter Verwendung
der Schlüsselattribute genauer zu verdeutlichen, wurde das ERM der Datenebene in Abb. 5.5 in
expliziter Relationenschreibweise dargestellt. Hierbei erfolgt eine vollständige Ausformulierung der
einzelnen Entitäten mit sämtlichen Attributen und Schlüsseln. Das Verknüpfungsmuster der einzelnen
Datenbausteine wird somit deutlich.
Die wichtigste Relation "Meßorte" befindet sich im Zentrum des Netzwerkes. Diesem zentralen
Element werden Aufschlüsse, Ausbauten, Bildinformationen - meist in einer 1-mc- oder 1-cBeziehung - zugeordnet. Mit dieser Verknüpfung wird der Sachverhalt abgebildet, daß einem klar
definierten Meßort Daten über Aufschlüsse, Ausbauten, Bildinformationen etc. wahlweise einfach oder
mehrfach zugeordnet sein können, jedoch nicht zugeordnet sein müssen. Fehlende Werte sind
erlaubt. Demgegenüber gestattet die 1-1-Beziehung zwischen den Koordinaten und den Meßorten
keinerlei Wahlmöglichkeiten. Jeder Meßort muß in der Relation Koordinaten auch vorhanden sein.
Der zweite Schwerpunkt im Datenmodell liegt bei der Relation "Meßwerte". Hierin werden sämtliche
gemessenen und gerechneten Daten zur Grundwasserchemie und Hydraulik gespeichert.
Im Rahmen der Namensgebung ist zu beachten, daß einerseits möglichst "sprechende" und
selbsterklärende Bezeichnungen, andererseits aus Gründen der Übersichtlichkeit jedoch nicht zu
lange Namen gewählt werden. In der Datenbank besteht hierzu die Möglichkeit, den Inhalt der
Relationen zu dokumentieren.
Die 1-mc-Beziehung zwischen Meßwerten und Koordinaten wurde in Kapitel 2.3.4 beschrieben und
wird hier im Gesamtkontext in gleicher Weise implementiert. Zur genaueren Spezifikation der
Meßwerte erfolgt eine Zuordnung folgender Entitäten: Grenzwerte, Einheiten, Medium und Parameter.
Der Meßvorgang und das Meßergebnis werden hiermit umfassender beschrieben, und die
Interpretation der Meßergebnisse wird erleichtert.
Dieses konzeptionelle Datenmodell, das einen semantisch nahezu vollständigen Ausschnitt der
nachzubildenden Realität wiedergibt, unterliegt bei der Umsetzung auf einem DBMS-gestützten
Modell einigen Restriktionen, so daß nicht sämtliche Inhalte des o. a. Datenmodells realisiert werden
können. Zweck eines solchen Datenmodells ist jedoch, eine Basis zur Umsetzung auf einer prinzipiell
vom Datenmodell unabhängigen Datenbanksoftware zu schaffen. In der betrieblichen Praxis werden
hierzu meist die z. Z. gängigen Datenbanksysteme, wie z. B. ORACLE, INFORMIX oder DB 2 verwendet,
deren Funktionalitäten ähnlich, jedoch hauptsächlich im Bereich des Datenschutzes und
Netzwerkbetriebes ausgeprägter sind.
Das relationale Datenmodell eröffnet dem Benutzer generell einen tiefergehenden Einblick in die
Datenwelt, zeigt den möglichen Datenfluß auf und gibt Hinweise, wie geowissenschaftliche Modelle in
der Datenwelt realisiert werden können. Die Datenwelt kann auch als die entsprechend einem
bestimmten Schema in den Datenraum projizierte reale Welt verstanden werden.
82
Abb. 5.5: Entity-Relationship-Modell in expliziter Relationenschreibweise
⇒ Siehe Datei Abbildung_5.5
83
5.5 Das Grundwasserinformationssystem
Ziel der Erstellung eines solchen Systems ist es, die Vielzahl von GEO-Daten, bestehend aus
Grundwassermeßstellen, Baugrunduntersuchungen, Lagerstätten- und Wassererschließungsbohrungen sowie Erkundungen im Zusammenhang mit Grundwasserschadensfällen, Altlasten und
Ablagerungen, im Bereich von Darmstadt einer effektiven und insbesondere technisch effizienten
Auswertung zugänglich zu machen. Anhand dieser Auswertungen, bestehend aus Statistiken und
Modellen, sollen in bezug auf ein Gefährdungspotential sowie mögliche Sanierungs- und
Gegenmaßnahmen Entscheidungskriterien bzw. Entscheidungshilfen für den Benutzer zur Verfügung
gestellt werden. Gefährdungspotentiale bestehen hierbei im Hinblick auf qualitative
(Grundwasserschadensfälle und Altlasten) sowie quantitative Beeinträchtigungen der natürlichen
Grundwasserverhältnisse (Bauschäden, Vernässungsschäden oder Wasserknappheit).
Abb. 5.6: Umsetzung des Datenmodells und Anwendungssoftware zur Manipulation der Datenbasis
⇒ Siehe Datei Abbildung_5.6
84
Außerdem gilt als Unterziel folgendes: Die abgespeicherten GEO- und Umweltinformationen sollen mit
Hilfe entsprechender Software in anderen thematischen Zusammenhängen wiederverwendet und
weiterbearbeitet werden können (Offenheit des Systems).
Abbildung 5.6 verdeutlicht die Umsetzung des Datenmodells und den Datenfluß mit der
Anwendungssoftware zur Manipulation der Datenbasis. Zentrales Objekt im System ist das
beschriebene relationale Datenmodell, das hier durch die Datenbank ACCESS 97 repräsentiert wird.
Die Funktionalität einer Datenbank wurde bereits beschrieben. Wichtig in diesem Zusammenhang
sind hier der Import von EXCEL-Daten, SQL-Abfragen und die Einrichtung der Verknüpfungen
zwischen den beschriebenen Relationen sowie die Vergabe von Schlüsseln. Den Zugang zur
Datenbasis bildet SQL, eine Datenbanksprache, die heute einen Sprachstandard für relationale
Datenbanksysteme darstellt (Kap. 6.2). Das DBMS besitzt eine SQL-Schnittstelle, über die bei einer
Datenbankabfrage mit SQL dem Anwendungsprogramm Daten bereitgestellt und ausgegeben
werden.
Die Veränderung von "nicht graphischen" Daten erfolgt ausschließlich in der Datenbank. Im
graphischen System besteht keine Möglichkeit, die Daten des beschriebenen Datenmodells zu
verändern, hier können lediglich die geographischen bzw. kartographischen Informationen, wie z. B.
Vektordaten des Straßen- und Flußnetzes verändert werden.
Das Geographische Informationssystem ARCVIEW 3.0 unterstützt die Anbindung von ACCESSDatenbanken mit SQL, so daß über diesen Kommunikationspfad Grafiken, Diagramme und
thematische Karten erstellt und miteinander kombiniert werden können. Durch das grafische System
ARCVIEW 3.0 wird außerdem die Einbindung von CAD- und SURFER-Daten, Luftbilddaten sowie
Textdateien ermöglicht. Während einfache Bildinformationen als Rasterdaten über entsprechende
Grafikformate mit COREL DRAW und COREL PHOTO-PAINT eingebunden werden, dient das Surface
Mapping System SURFER 6.02 zur Erstellung von Isolinienkarten, digitalen Geländemodellen,
Digitalisierung von Karten und geostatistischen Untersuchungen.
Datenmanipulationen und Datenaufbereitungen für Datenbanken und Modellsysteme, Statistik und
Grafiken werden durch Tabellenkalkulation mittels EXCEL durchgeführt, wobei mit der eingebundenen
Sprache VISUAL BASIC (VBA) und Makros Routinen automatisiert werden können. Die verschiedenen
Anwendungspotentiale dieses Systems werden in den folgenden vier Kapiteln an einer Vielzahl von
Fallbeispielen beschrieben.
Das System soll als universelles Instrument dienen und im Hinblick auf die große Vielfalt denkbarer
hydrogeologischer "Informations - Verarbeitungs - Aufgaben" Lösungen anbieten. Aus diesem Grund
wird in den folgenden Kapiteln ausgiebig das mögliche Anwendungspotential untersucht und das
System anhand unterschiedlicher Fragestellungen getestet. Diese Auffächerung in die
unterschiedlichsten Anwendungssituationen (zeitliche, räumliche und chemische Datenauswertungen)
spiegelt die in der Praxis auftretenden Fragestellungen wider und sichert die Eigenschaft der
Universalität.
85
6 Anwendung von GIS und Datenbank
In diesem Abschnitt werden allgemeine Grundlagen, Methoden und Ideen bei der
Datenbankbenutzung behandelt. Dieses Allgemeinwissen wird im Anschluß in den Kapiteln 7 bis 9
konkret am Beispiel "Stadtgebiet von Darmstadt" angewendet, so daß diese Abschnitte auch unter
dem Gesichtspunkt der Anwendung von GIS und Datenbank stehen. Am Ende dieses Kapitels erfolgt
eine Diskussion und ein Vergleich mit anderen Informations- und Datenbanksystemen aus dem
Bereich der Geo- und Umweltwissenschaften. Aufgrund der Vielzahl der in diesem Bereich
verwendeten Systeme kann lediglich ein kleiner Ausschnitt hieraus angesprochen werden (Kap. 6.6).
6.1 Datenbankabfragen
Zur Datenmanipulation in einer Datenbank stehen entsprechende Funktionen zur Verfügung. Neben
der Generation einer Datenbank oder eines Datenbankteils werden hierunter die Funktionen lesen,
ändern, einfügen oder löschen von Daten verstanden, wobei zu bearbeitende Daten gegebenenfalls
komplexe vom Benutzer anzugebende Auswahlkriterien erfüllen sollen. Je nach Anwendung müssen
Daten zuerst speziell aufbereitet und der Anwendung entsprechend angepaßt werden. Diese
Datenaufbereitung umfaßt Sortierfunktionen oder Datentransformationen, wie z. B. die Umwandlung
von Listenform (serielle Datenorganisation) in Matrixform. Speziell bei der Anwendung von
Grundwasserinformationssystemen und mathematischen Grundwasserströmungsmodellen müssen
die Eingangsdaten zuerst in eine vom Programm akzeptierte Datenform transformiert werden. Hierzu
stehen Werkzeuge zur Verfügung, mit denen diese Datentransformation als Vorstufe zur
Weiterverarbeitung durchgeführt werden kann.
6.1.1 Operationen für relationale Systeme
Zur Manipulation relationaler Systeme stehen nach SCHWINN (1992) folgende drei Operationen zur
Verfügung:
• Selektion: Auswahl bestimmter Inhalte einer Tabelle unter einer oder mehreren gegebenen
Bedingung(en).
• Projektion: Die Spalte bzw. Spalten in einer Tabelle, die nicht von Interesse sind, werden
ausgeblendet.
• Join:
Datensätze aus 2 Tabellen werden auf der Basis von gemeinsamen Attributwerten
verknüpft. Diese häufig verwandte Operation wird im Anschluß am Beispiel erklärt.
Θ1
Operand
=
≠
≥
≤
>
<
∧
Θ2
Abb. 6.1: Allgemeiner Aufbau eines Abfrageausdruckes
∨
¬
86
Außerdem können die Elementaroperationen der Relationenalgebra, die sich aus Vereinigung,
Durchschnitt, Differenz und kartesischem Produkt zusammensetzen, verwendet werden. Der
allgemeine syntaktische Aufbau eines Abfrageausdruckes ist in Abb. 6.1 dargestellt. Bei den auf der
Relationenalgebra
basierenden
algebraischen
Sprachen
werden
die
erwünschten
Ergebnisrelationen als Resultate von Mengenoperationen dargestellt.
Das Ergebnis wird oftmals mit Hilfe von Eigenschaften beschrieben, welchen die Elemente der
Abfrageresultate entsprechen müssen. Bei der Bildung dieser Prädikate gilt z. B.:
(6.1)
A Θ1 x
mit
Θ1 ∈ {≠, =, ≥, >, ≤, <} oder auch
(6.2)
(A Θ1 x) Θ2 (B Θ1 y) Θ2 ...
mit
Θ2 ∈ {∧, ∨, ¬}.
Die weitverbreitete Join-Operation der Relationenalgebra kann formal folgendermaßen formuliert
werden:
Es seien r1 ∈ Relation X, r2 ∈ Relation Y, r1 ∗ r2 := { µ ∈ Tupel(X ∪ Y) | µ[X] ∈ r1 ∧ µ[Y] ∈ r2}.
Die beiden Relationen X und Y werden durch ihre gemeinsamen Werte r1 und r2 verknüpft; das
Ergebnis läßt sich auch folgendermaßen darstellen:
(6.3)
X[r1 = r2]Y
Sind r1 beispielsweise die Stammdaten der Grundwassermeßstellen mit den Attributen A =
Meßstellen-Nr., B = Meßpunkthöhe, C = Meßstellentiefe, r2 die Meßwerte mit den Attributen A =
Meßstellen-Nr., D = Meßwert und r3 spezielle Meßstellenattribute mit E = Meßstellenausbau (6.4), so
ist r4 die Zuordnung der Meßwerte zu den Meßstellen. Mit r5 werden bestimmten Elementen aus
D(Meßwert) und C(Meßstellentiefe) Attribute aus E(Meßstellenausbau) zugeordnet (6.6). Der Join ist somit eine
spezielle Form des kartesischen Produktes, wobei hier die Verknüpfung zweier Tabellen über
gemeinsame Elemente durchgeführt wird, während beim kartesischen Produkt zweier Relationen X
und Y jedes Tupel (Zeile) von Y mit jedem Tupel von X verbunden wird. Die gemeinsamen Elemente
in 6.4 bis 6.6 sind eingerahmt.
(6.4)
(6.5)
(6.6)
r1 :
A
1
2
1
B
2
1
0
r 1 ∗ r 2 = r4
r4 :
C
3
4
1
A
1
2
1
r2 :
D
0
1
2
C
3
1
1
r3 :
D
0
1
2
E
1
2
1
r 4 ∗ r 3 = r5
und
A
1
2
B
2
1
C
3
4
D
0
1
1
0
1
2
r5 :
A
1
1
B
2
0
C
3
1
D
0
2
E
1
1
Nach BARTELME (1995) ist die Selektion die wichtigste Elementaroperation, die im Bereich der
Interpretation von räumlichen Daten herangezogen wird. Aus einer Basistabelle X wird eine neue
Tabelle aus den Tupel generiert, die eine vorher definierte Bedingung, wie z. B. (Meßwert A ≥ x) und
(Meßwert B ≥ y) erfüllen. Das Beispiel für die Abfrage kann folgendermaßen formuliert werden:
(6.7)
{Selektion X | (Meßwert A ≥ x) ∧ (Meßwert B ≥ y)}.
(vgl. 6.1 u. 6.2)
87
6.1.2 Abfragetypen
Die Datenbankabfrage kann als Resultat eines systematischen oder “ad-hoc“ auftretenden
Informationsbedürfnisses des Benutzers verstanden werden. Entweder wird die Abfrage erst bei der
Informationsakquisition formuliert oder sie ist im Programm als vorgefertigte Abfrage implementiert.
Man kann entsprechend folgende Abfragetypen differenzieren:
•
ad-hoc Abfrage
•
Einzelabfragen
•
zusammengesetzte und kombinierte Abfragen
•
abgestufte Abfragen
•
vorgegebene Abfragen im Anwendungsprogramm (spezielle Werkzeuge)
Bei einer Datenbankabfrage werden zuerst thematische Bereiche ausgewählt und anschließend
Daten ausgegeben. Mit der Datenauswahl wird die Teilmenge an Daten angesteuert, die vom
Benutzer vorgegebenen Qualifikationskriterien genügt. Diese relevanten Teilmenge von Daten kann
aus 1 bis n Attributen, von jeweils 1 bis n Entitäten stammen (vgl. VOSSEN 1991b). Je nach
gefordertem Qualifikationskriterium muß eine entsprechende Frageform gewählt werden. Bei der
Einzelabfrage wird eine Entität der Datenbank abgefragt, wobei die Attributwerte einer oder mehrerer
Datensätze ausgewählt werden. Beispielsweise lauten Einzelabfragen an die Grundwasserdatenbank
von Darmstadt:
•
"Welchen Mittelwert besitzt der Parameter Nitrat in der in Entität Meßwerte verzeichneten
Meßstelle GWM 63?"
•
"Wie lauten die Ortsbezeichnungen der in der Relation Meßorte gespeicherten Meßstellen, für die
die Attribute R-Wert und H-Wert den vorher georeferenziert festgesetzten Bereich "bestimmtes
Teilgebiet in Darmstadt" belegen?"
Im Falle der ersten Abfrage wird eine Relation angesprochen. Bei fehlenden Informationen ist das
Suchergebnis die leere Menge, alternativ genügen ein oder mehrere der Datensätze der Abfrage.
Einzelabfragen können zu zusammengesetzten Abfragen kombiniert werden, die sich auf mehrere
Entitäten beziehen:
•
"Wie lauten alle Lokalitäten, bei welchen der Meßwert des Parameters Kalium > 12 mg/l UND die
Nitrat-Konzentration > 50 mg/l ist; in welchen Tiefen sind diese Meßorte ausgebaut?"
Auszuwerten ist in diesem Fall ein Ausdruck, der aus zwei mit dem logischen Operator UND
verknüpften Kriterien besteht, in denen wiederum der Vergleichsoperator “>“ auftritt. Es ist davon
auszugehen, daß die Ergebnisse nicht nur aus einem Themenbereich, sondern z. B. aus den
Entitäten Meßwerte und Ausbauten stammen. Abgestufte Abfragen bestehen aus einer Folge von
Fragen und Antworten, die schrittweise und unter Verwendung von Zwischenergebnissen zu den
gesuchten Informationen führen. Bei einer solchen Suchaktivität im Rahmen einer interaktiven
Datenbankabfrage mit einem fortschreitenden Informationsniveau besteht zu jeder Zeit die
Möglichkeit, Zwischenergebnisse zu visualisieren oder zu exportieren. Der Abfrageausdruck ist apriori nicht vollständig ausformuliert, sondern wird im Rahmen der Abfrage fortlaufend modifiziert.
88
Der Ablauf einer komplexeren Abfrage könnte wie folgt aufgebaut sein (Pseudocode):
1 SUCHE alle Grundwassermeßstellen
2
mit Parameter A > x
⇒ ZWISCHENERGEBNISDARSTELLUNG als Grafik;
3
4 SUCHE alle Grundwassermeßstellen
5
mit Parameter A > x UND Parameter B > y
⇒ ZWISCHENERGEBNISDARSTELLUNG und EINENGUNG der Ergebnismenge;
6
7 SUCHE alle Notbrunnen
8
GEHE ZU 2;
9 SUCHE alle Quellen
10
GEHE ZU 2;
11
...
⇓
⇒ ERGEBNISDARSTELLUNG und -EXPORT als Kreuztabelle;
Bei vorgegebenen Abfragen wird die Datenauswahl und die Datenausgabe nicht unmittelbar vom
Anwender getroffen, sondern indirekt über ein zwischengeschaltetes Anwendungsprogramm
durchgeführt. Bei der Verarbeitung von GEO-Daten werden vom Anwendungsprogramm ARCVIEW 3.0
bestimmte Untersuchungen mit Hilfe von speziell hierfür bereitgestellten Werkzeugen zur Abfrage und
Manipulation von georeferenzierten Daten, wie beispielsweise das Suchen von Informationen in einem
speziellen Bearbeitungsraum oder das Aktualisieren von Stammdaten, unterstützt. Die Informationen
können in Form von Punktinformationen, wie z. B. Brunnen, Grundwassermeßstellen und Quellen
oder Linieninformationen (Verwerfungen, Isolinien, Schichtgrenzen) sowie Flächeninformationen
(Geologische Karte, Versiegelungsgrad, kf-Wert-Verteilung, Grundwasserneubildung) auftreten.
Neben speziellen Suchwerkzeugen, mit denen Informationen in einem abgegrenzten Bereich mit
modifizierbarer parametrisierter Geometrie ausfindig gemacht werden können, gibt es Methoden, mit
denen Objekte einer vorher festgelegten Eigenschaft in einem bestimmten Abstand zu Objekten einer
bestimmten Eigenschaft ausfindig gemacht werden können. Der Benutzer trägt gegebenenfalls durch
die Eingabe von Parametern zur Anpassung der Abfragen (z. B. Abstandsgröße) an die
Besonderheiten des jeweils bearbeiteten Einzelfalls bei. Außerdem sind Meßwerkzeuge zur Flächenund Abstandsberechnung, spezielle Werkzeuge zur Verknüpfung von Bild und Textinformationen an
einem Meßort ("Hotlink-Werkzeug") oder Beschriftungsroutinen implementiert.
Eine schematische Darstellung dieser Benutzungsform mit dem GIS ARCVIEW 3.0 zeigt Abbildung 6.2.
Das Anwendungsprogramm, das die Abfrage gegebenenfalls unterstützt, enthält auch
Entscheidungshilfen zur Datenausgabe in bezug auf deren Umfang und die Form der Ausgabe. Es gilt
zu differenzieren zwischen einer direkten Ausgabe der auf eine Abfrage zutreffenden Daten oder
lediglich des Exports der Anzahl der gefundenen Informationen bzw. Informationsquellen. Der
Benutzer kann außerdem entscheiden, ob die zutreffenden Daten ausgegeben oder ob die
durchgeführte Abfrage zur Einengung des Abfrageergebnisses modifiziert und erneut eingegeben
werden soll (Abb. 6.3). Bezüglich der Ausgabeform und Anordnung der Daten besteht die Möglichkeit,
unsortierte, sortierte sowie einfache Datenlisten oder tabellarische und grafische Abbildungen der
Ausgabedaten zu wählen.
89
GIS
Identifikation
-
Auswahl
WERKZEUGE
Messung
zur:
Verknüpfung
Beschriftung
Ergebnis der
Identifikation
Abb. 6.2: Werkzeuge zur Informationsakquisition im Anwendungsprogramm eines GIS
Meßorte, die die
Abfrage der Meßwerte
erfüllen, werden schwarz
ERGEBNISRELATION
Auswahlbedingun
Abb. 6.3: Ablauf einer vorgegebenen Abfrage mit dem GIS ARCVIEW 3.0
Br 1
Br 4
Br 6
...
..
.
100
50
76
...
..
mg/l
...
..
90
6.2 Structured Query Language (SQL)
Die umfangreichen GEO-Daten zu den Themen Baugrunduntersuchungen, Not- und
Brauchwasserversorgung, Boden- und Grundwasserkontaminationen, die in einem städtischen Raum
vorhanden sind, werden in einer Datenbank gespeichert und können mit SQL abgefragt, untersucht
sowie für Entscheidungs- und Planungsprozesse herangezogen werden. Diese Abfrage kann z. B.
auch unter Verwendung des GIS ARCVIEW 3.0 erfolgen (Kap. 6.2.3). Die in den siebziger Jahren
(1971 - 1981) entwickelte Datenbanksprache stellt heute einen Sprachstandard für relationale
Datenbanksysteme dar (VOSSEN 1991a). Entsprechend viele Systeme besitzen somit SQLSchnittstellen, über die bei einer Datenbankabfrage mit SQL dem Anwendungsprogramm Daten
bereitgestellt und ausgegeben werden können. SQL als nicht-prozedurale, mengenorientierte Sprache
wird insbesondere bei relationalen Systemen verwendet (SCHWINN 1992). Die Funktionalität von SQL
beinhaltet neben der Beschreibung auch die Indizierung und Modifikation von Daten einer Datenbank
mit einem großem Spektrum von Befehlen zur Informationsgewinnung.
Informationen zur Syntax dieser Datenbanksprache und dem Aufbau von SQL-Statements,
Standardoperatoren sowie zu deren Anwendung sind in einer Vielzahl von Literaturquellen enthalten:
NICOL & ALBRECHT (1998), KAIER (1997), BARTELME (1995), KUHLMANN & MÜLLMERSTADT (1994), BILL &
FRITSCH (1994), SCHWINN (1992), MISGELD (1991), VOSSEN (1991a), LANS (1989), UNTERSTEIN (1989)
und LANS (1988). Hinweise zur Anwendung in der Verknüpfung mit Geoinformationssystemen geben
hierzu BARTELME (1995), BONHAM–CARTER (1994) sowie BILL & FRITSCH (1994).
Hier sollen nur in stark reduzierter und vereinfachter Form die wichtigsten Vorgehensweisen zur
Informationsgewinnung aufgeführt werden. Ein wichtiger Befehl ist die SELECT-Anweisung, mit der
entsprechend folgender Struktur Datenbankabfragen durchgeführt werden können:
Tab. 6.1: Struktur der SELECT-Anweisung
SELECT
FROM
WHERE
Attribute / Daten
Ausgabe
Relationen / Tabellen Eingabe
Bedingung
Beispiel einer einfachen Datenbankabfrage:
SELECT [Meßwert] FROM [Meßwerttabelle] WHERE [Meßwertparameter ≥ 50].
Allgemein formuliert sieht die Abfrage folgendermaßen aus:
SELECT [Y] FROM [X] WHERE [a ≥ u].
Mit dieser SQL-Anweisung werden aus der Relation X die Tupel bzw. Sätze ausgewählt, für
die das Attribut a den Wert besitzt, der dem Operator ≥ u entspricht. Im konkreten Fall ist
u = 50, und es werden nur die Tupel aus der Relation Meßwerte (Chemiedaten der
Wasseranalysen in den Notbrunnen) ausgegeben, in denen beispielsweise der Parameter
Nitrat den Wert von 50 mg/l überschreitet (Grenzwertüberschreitung nach TVO).
6.2.1 Allgemein formulierte SQL-Statements zur Datenbankabfrage
Im folgenden werden verschiedene SQL-Statements für das erstellte Datenmodell in Abschnitt 5
allgemein ausformuliert. Die Befehle sind groß und Attribute sowie Relationen in normaler
Schreibweise verfaßt, wobei z. B. das Attribut Meßwert der Relation Meßwerte folgendermaßen durch einen Punkt getrennt - bezeichnet wird: "Meßwerte.Meßwert". Die Verknüpfung zwischen
Meßort und Meßwert in der Abfrage 3 und 6 ist nicht unbedingt notwendig, sie dient lediglich zur
91
Demonstration des Joins zwischen 2 Relationen. In Abschnitt 6.2.2 wird diese Verknüpfung (Join) zur
Lokalisierung der Meßwerte durch die Verbindung mit den Koordinaten benötigt.
1. SELECT
FROM
WHERE
AND
DISTINCT Datum
Meßwerte
Meßwerte.Parameter = "Nitrat"
Meßwerte.Meßwert ≥ 50;
Mit SELECT DISTINCT werden identische Zeilen ausgeschlossen, so daß in der Ergebnistabelle
jedes gefundene Datum aus der Relation Meßwerte, für das der Parameter Nitrat ≥ 50 ist, nur
einmal auftaucht. Es wird hier nur das Datum ausgegeben, so daß das Ergebnis folgendermaßen
lauten könnte: {01.01.98, 02.04.97, 05.05.97, ... }. Mit dem Zusatz ORDER BY, der am Schluß
der Abfrage steht, werden die einzelnen Datumsangaben aufsteigend sortiert ausgegeben:
SELECT DISTINCT Datum ... Meßwerte.Meßwert ≥ 50 ORDER BY Meßwerte.Datum;.
2. SELECT
FROM
WHERE
Lokalität, Klasse, Meßwert
GWL-Basis
GWL-Basis.Parameter = "2"
Es erfolgt eine Abbildung der Grundwasserleiterbasis des zweiten Grundwasserstockwerkes. Die
Ergebnistabelle enthält zwei Spalten mit Lokalitätsbezeichnungen und eine mit der Tiefenlage der
Grundwasserleiterbasis in m ü. NN. Anschließend erfolgt die Verknüpfung der Koordinaten mit
den Meßorten durch einen Join über die Attribute Lokalität und Klasse (vgl. Abschnitt 6.2.2).
3. SELECT
FROM
WHERE
AND
COUNT
Meßorte
Meßorte.Lokalität = Meßwerte.Lokalität
Meßorte.Klasse = Meßwerte.Klasse
AND
Meßwerte.Parameter = "Nitrat" AND Meßwerte.Meßwert ≥ 50;
Durch SELECT COUNT wird die Anzahl der zutreffenden Tupel bestimmt. Diese Abfrage betrifft
die zwei Tabellen Meßorte und Meßwerte, die durch die Schlüsselattribute Lokalität und Klasse
verknüpft werden und die o. g. Bedingung erfüllen. Allgemein gilt: SELECT [Funktion], wobei
Funktion aus COUNT, SUM, AVG, MAX oder MIN bestehen kann. Hiermit können direkt
Summen, Mittelwerte, Maxima und Minima aus einer Domäne abgefragt und ausgegeben
werden.
4. SELECT
FROM
WHERE
AND
Lokalität
Meßorte, Meßwerte
Meßorte.Klasse = "GWM Stadt Darmstadt"
Lokalität NOT IN
(SELECT DISTINCT Lokalität FROM Meßwerte
WHERE Meßwerte.Parameter = "Nitrat");
Diese zusammengesetzte Abfrage setzt sich aus zwei Einzelabfragen zusammen, die durch eine
NOT IN Klausel verknüpft sind. Die ausgewählten Lokalitäten sollen der 1. Bedingung
Meßorte.Klasse = "GWM Stadt Darmstadt" entsprechen (Auswahl der amtlichen
Grundwassermeßstellen) und nicht in der Ergebnismenge der 2. Kondition (Auswahl der
Lokalitäten, an denen der Parameter Nitrat schon einmal ermittelt wurde) enthalten sein. Ziel ist es,
zwecks Vervollständigung der Datenbasis als Ergebnismenge nur die Meßorte zu erhalten, an
denen noch kein Nitrat analysiert wurde. Nach diesem Schema können beliebig viele Abfrage-
92
Statements verbunden werden. Neben der Klausel NOT IN steht auch die Bedingung IN zur
Verfügung.
5. SELECT Klasse, COUNT (Lokalität)
FROM
Meßorte
GROUP BY Klasse;
Mit der GROUP BY-Anweisung werden alle Lokalitäten in Gruppen gleicher Klassen eingeteilt,
und anschließend kann durch die COUNT-Funktion die Anzahl der Lokalitäten einer bestimmten
Klasse ausgegeben werden. Das Ergebnis sieht beispielsweise folgendermaßen aus:
{(Stadt DA GWM, 114); (Stadt DA Notbrunnen, 18); (Baugrund, 120); (HLfU GWM, 6) ... }.
6. Die Anfrage, "an welchen Meßorten wurde für einen bestimmten noch zu spezifizierenden
Parameter (z. B. GW-Stand) ein Wert von über 160 (m ü. NN) ermittelt?", kann folgendermaßen
formuliert werden:
SELECT Lokalität
FROM
Meßorte, Meßwerte
WHERE
Meßorte.Lokalität = Meßwerte.Lokalität
AND Meßorte.Klasse = Meßwerte.Klasse
WHERE Meßwert IN
(SELECT Meßwert FROM Meßwerte WHERE Meßwerte.Meßwert ≥ 160);
Da Meßorte und Meßwerte in unterschiedlichen Entitäten abgespeichert sind, muß zuerst eine
Verknüpfung der Orte mit den Werten durchgeführt werden (Meßorte.Lokalität =
Meßwerte.Lokalität AND Meßorte.Klasse = Meßwerte.Klasse). Anschließend wird in einer
Unterabfrage geprüft, ob der Meßwert auch die Bedingung ≥ 160 erfüllt.
7. Eine weitere oft auftretende Fragestellung ist: "An welchen Lokalitäten, an denen der Parameter X
analysiert wurde, sind auch Ausbauinformationen vorhanden?"
SELECT
FROM
WHERE
AND
DISTINCT Lokalität
Ausbauten, Meßwerte
Ausbauten.Lokalität = Meßwerte.Lokalität
Ausbauten.Klasse = Meßwerte.Klasse
WHERE Ausbauten.Lokalität IN
(SELECT DISTINCT Parameter FROM Meßwerte
WHERE Meßwerte.Parameter = X);
Nach dem Join der beiden angesprochenen Tabellen Ausbauten und Meßwerte über die Lokalität
und Klasse werden nur die Orte ausgewählt, die in beiden Relationen enthalten sind und an
denen der Parameter X mindestens einmal analysiert wurde.
8. "Wie viele unterschiedliche Grundwasserkontaminationen sind dokumentiert?":
SELECT
FROM
WHERE
COUNT (DISTINCT Lokalität)
Kontamin_Parameter
Parameter = GW_Kont;
93
9. Summenbildungen, wie z. B.: "Die Höhe der Entnahmemenge an einem bestimmten Meßort im
Jahre 1998?" erhält man folgendermaßen:
SELECT
FROM
WHERE
SUM(Meßwert)
Meßwerte
Meßwerte.Parameter = Q
AND Meßwerte.Datum = * . * .1998;
6.2.2 Umsetzung der SQL-Anweisungen im Datenmodell auf ACCESS 97
Weitere konkret in ACCESS 97 umgesetzte SQL-Anweisungen werden kurz erläutert. Im Gegensatz
zum Datenmodell existiert hier aus Gründen der Übersichtlichkeit eine Relation "GW-Stände", in der
nur Piezometerhöhen (Meßwerte) abgespeichert sind, und das Attribut Lokalität wird mit "Lok"
abgekürzt.
Problemstellung: Es sollen Zeitreihen erstellt werden. Die hierzu in Frage kommenden Orte sind nur
amtliche Grundwassermeßstellen. Neben den Meßwerten werden ebenfalls die Koordinaten der
Meßorte benötigt. Die Daten dienen als Eingangswerte zur Zeitreihenanalyse und für statistische
Untersuchungen an 15 ausgewählten Meßstellen in Kapitel 7. Ein Teil der Abfrage ist hier
ausformuliert. Die Notation unterscheidet sich lediglich geringfügig von der in Kap. 6.2.1 eingeführten
Schreibweise.
SELECT [GW-Stände].Datum, [GW-Stände].Meßwert
FROM
(Koordinaten INNER JOIN Meßorte ON
(Koordinaten.Klasse = Meßorte.Klasse)
AND (Koordinaten.Lok = Meßorte.Lok))
INNER JOIN [GW-Stände] ON
(Meßorte.Klasse = [GW-Stände].Klasse)
AND (Meßorte.Lok = [GW-Stände].Lok)
WHERE ((([GW-Stände].Klasse) = "Stadt DA GWM")
AND
(([GW-Stände].Lok) = "GWM X"))
ORDER BY [GW-Stände].Datum;
Erklärung: Zuerst werden Datum und Meßwerte aus der Relation "GW-Stände" selektiert. In den
folgenden sechs Zeilen werden hinter dem Befehl FROM die Verknüpfungen zwischen den Relationen
Koordinaten und Meßorte über die Attribute Klasse und "Lok" realisiert (Koordinaten INNER JOIN
Meßorte ON ... Koordinaten.Lok = Meßorte.Lok). Anschließend erfolgt die Verbindung zwischen den
Meßwerten in der Relation "GW-Stände" und den Meßorten (INNER JOIN [GW-Stände] ON ...
Meßorte.Lok = [GW-Stände].Lok). Hinter der WHERE-Klausel wird die Klasse der ausgewählten
Meßorte mit "Stadt DA GWM" (amtliche Grundwassermeßstellen) festgelegt, für die einzelnen
Grundwassermeßstellen gilt hier X ∈ {3, 13, 16, 30, 41, 43, 44, 46, 52, 53, 61, 63, 69, 76, 96}. Zum
Schluß wird die Ergebnisrelation aufsteigend nach dem Datum sortiert (ORDER BY ... ).
94
In ähnlicher Weise erfolgt die Abfrage aller Grundwasserstände, die in einem Januar in GWM 3
gemessen wurden:
SELECT [GW-Stände].Datum, [GW-Stände].Meßwert
FROM (...
WHERE ((([GW-Stände].Datum) Like "??.01.??")
AND (([GW-Stände].Klasse)="Stadt DA GWM")
AND (([GW-Stände].Lok) = "GWM 3"))
ORDER BY [GW-Stände].Datum;
Erklärung: Durch die Bedingung "Like ??.01.??" hinter der WHERE-Klausel werden nur Daten aus
einem Januar in der Ergebnisrelation abgebildet. Die restlichen Vorgänge entsprechen dem o. g.
Beispiel.
6.2.3 Verbindung der Datenbank mit dem GIS ARCVIEW 3.0 mit SQL
Es besteht die Möglichkeit, mit Hilfe der Datenbanksprache SQL Sichten aus der Grundgesamtheit
der Basistabellen des gesamten konzeptionellen Modells zu definieren. Der Benutzer interagiert
wahlweise nur mit den Bereichen der Datenbank, welche durch die Sichten zugänglich werden, oder
er arbeitet direkt mit der gesamten Basistabelle. In der hier durchgeführten Abfrage kann z. B. die
Sicht auf das Attribut “Nitrat“ mit der Relation ≥ 50 beschränkt werden (Tab. 6.2). Im Falle des
Grundwasserinformationssystems von Darmstadt wurde eine ACCESS 97 Datenbank über eine SQLVerbindung mit dem GIS ARCVIEW 3.0 verbunden (Abb. 5.6). Diese Verbindung erfolgt in folgenden
Schritten:
1. Angabe der Datenquelle, mit der die Verbindung eingegangen werden soll; hier ACCESS 97
Datenbank
2. Auswahl: VERBINDUNG HERSTELLEN
3. Eingabe des Paßwortes (da es sich bei den überlassenen Grundwasserdaten z. T. um
vertrauliche Informationen handelt, wurde ein Paßwortschutz eingeführt)
4. Auswahl einer Relation bzw. Tabelle
5. Auswahl einer, mehrerer oder sämtlicher Attribute bzw. Spalten (sämtliche mit “*“)
6. Alternative Angabe von bestimmten Auswahlkriterien mit folgenden Elementaroperationen:
Θ1 ∈ {≠, =, ≥, >, ≤, <} evtl. in Verbindung mit Θ2 ∈ {∧, ∨, ¬} (vgl. Abb. 6.1)
Tab. 6.2: Beispiel der Einrichtung einer SQL-Verbindung von ACCESS 97 mit ARCVIEW 3.0
Eingabe bzw. Befehl
Erklärung und Kommentar
SELECT *
FROM Meßwerte
Auswahl sämtlicher Spalten (Replikation)
aus der Tabelle Meßwerte
oder alternativ:
SELECT Meßwerte.Meßwert,
Meßwerte.Parameter
wählt die Spalten "Meßwert und
Parameter" aus
FROM Meßwerte
aus der Tabelle Meßwerte
WHERE Parameter = ' Nitrat '
mit dem Parameter Nitrat (Notation: '..' )
AND Meßwert ≥ 50
und Nitratgehalten ≥ 50 mg/l
Ausgabetabelle: ...
Angabe der Ausgabetabelle
ABFRAGEN
Ausführung des Befehls
95
Bei der Verknüpfung der Datenbank mit dem graphischen System besteht auch die Möglichkeit,
zunächst sämtliche Inhalte der Tabellen zu importieren. Eine einschränkende Datenauswahl kann
anschließend auch im GIS erfolgen.
6.3 Abgeleitete Informationen
Hierunter sind die aus den primären Dateninhalten abgeleiteten bzw. durch mathematische
Operationen hervorgegangenen Daten zu verstehen, die in diesem Fall als Informationen
entsprechend den in Kap. 2 beschriebenen Definitionen zu bezeichnen sind. Bei diesen
Informationstypen kann zwischen 2D- bis 3D-Informationen, wie z. B. Isolinien, Oberflächen-,
Geländemodelle und Diagrammobjekte sowie Datenbankabfragen unterschieden werden. Im
folgenden sind Beispiele zu den verschiedenen Objekten zur Informationsdarstellung aufgeführt:
2D- und 3D-Informationen (Isolinien, Oberflächen)
•
Geländeoberfläche
•
Grundwassergleichen, Flurabstandskarten
•
Schichtlinien (Tiefenlage der Grundwasserstauer und Grundwasserleiter)
•
Isolinien gleicher Grundwassertemperatur und Stoffkonzentration
Diagramme
•
Balkendiagramme (Niederschlag)
•
Kreisdiagramme (Hydrochemie)
•
Ganglinien der Grundwasserstände
•
Ganglinien chemischer Parameter
•
Korrelationen zwischen chemischen Parametern
Abfragen der Datenbank
•
Statistische Abfragen an die Datenbank, Histogramme
•
Grenzwertüberschreitungen
•
Suche nach:
- Bestimmten Inhaltsstoffen
- Kontaminationen
6.4 Verknüpfungen mit Peripheriemodulen
Die Verknüpfung von Datenbank und GIS mit weiteren Anwendungen kann entweder durch integrierte
Schnittstellen oder durch Datenexport in einem entsprechenden dem Programm angepaßten
Datenformat hergestellt werden. Meist werden die z. B. mit einer Abfrage ausgewählten Daten im
ASCII- oder EXCEL-Format exportiert und in dem weiter verarbeitenden Programm eingelesen. Die
hier kalkulierten Ergebnisse können in gleicher Weise wieder in einem universellen Format
ausgegeben und in der Datenbank gespeichert werden, so daß in diesem Stadium die zwei
verschiedenen Datenklassen Rohdaten und abgeleitete Sekundärdaten vorhanden sind (vgl. auch
Abb. 5.4).
6.4.1 Interpolationsroutinen
Für den Fall, daß es bei geometrischen Aussagen nicht auf Details, sondern auf globale Inhalte
ankommt, wie z. B. bei Geländemodellen oder natürlichen Schichtgrenzen und Oberflächen, so
96
können geostatistische Interpolationsmodelle zur realitätsnahen Aussage über die geometrischen
Oberflächeneigenschaften herangezogen werden. Es besteht die Möglichkeit, Lücken zwischen
definierten, gemessenen Stützstellen unter Zugrundelegung eines bestimmten Algorithmus zu
schließen. Sinnvoll ist es, die Interpolationsvorschrift in diesen Interpolationsoperatoren dem
Naturobjekt anzupassen, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen (theoretische
Grundlagen in Kap. 2.4 und Fallbeispiele in Kap. 8). Neben Fallstudien im Detail sind insbesondere
globale Aussagen möglich. Verwendet wird das Surface Mapping System SURFER 6.02. Hierbei kann
zwischen “räumlichen Modellen“, zur Abbildung der Raumlage und Geometrie einer Oberfläche,
“zeitlichen Modellen“ und “raum-zeitlichen Modellen" unterschieden werden.
Im folgenden sind Anwendungsbeispiele zur jeweiligen Modellspezies aufgeführt:
1. Räumliche Modelle
•
Schadstoffkonzentrationen in Ballungsräumen
(Anl. H 2)
•
Geländemodellierung
(Abb. 3.2 u. 3.19)
•
Grundwassergleichen
(Abb. 3.15 u. Kap. 8)
•
Schichtlinien (Basis der Grundwasserleiter)
(Anl. H 2)
2. Zeitliche Modelle
•
Niederschlagsverläufe und -höhe in Abhängigkeit von Monat und Jahr (Abb. 3.10)
•
Grundwasserstandsverläufe in einer Meßstelle in Abhängigkeit von Monat und Jahr
3. Raum-Zeitliche Modelle
•
Grundwassergleichenvariation in Abhängigkeit der Zeit
•
Variation der Grundwassertemperaturen und Grundwasserinhaltsstoffe
•
Variation der Grundwasserneubildung
(Abb. 7.21)
6.4.2 Mathematische Grundwassermodellsysteme
Eine besonders interessante Möglichkeit zur Nutzung eines Grundwasserinformationssystems bzw.
der GIS-Technologie besteht in der Modellbildung mit Hilfe einer Verknüpfung von mathematischem
Grundwassermodell und GIS. Hierbei können schnell und technisch effizient unter Verwendung der in
der Datenbank gehaltenen Informationen Modelle generiert werden (Abb. 5.4). Es besteht
insbesondere die Möglichkeit des Zugriffs auf Daten zur Geometrie der Grundwasserleiter,
Geländeoberfläche, räumlichen Verteilung der hydraulischen Kennwerte und "raum-zeitlichen"
Variation des Grundwasserstandes als Eichgröße.
Im Raum Darmstadt stößt die Erstellung eines flächendeckenden mathematischen
Grundwassermodells auf besondere Schwierigkeiten, da die Rheingrabenverwerfungen durch das
Stadtzentrum verlaufen, in diesem Störungsbereich keine ausreichenden Informationen verfügbar sind
und auch östlich dieses Bereichs im Festgestein die Modellierung aufgrund der heterogenen
anisotropen physikalischen Eigenschaften des Gebirges nur schwer möglich ist. Als Modellgebiet
wurde aus diesen Gründen ein Bereich Darmstadts mit ausreichenden Informationen über die
Grundwasserverhältnisse,
einem
relativ
homogenen
Grundwasserleiter,
abschätzbaren
Randbedingungen und einer hohen Anzahl von Meßstellen gewählt (vgl. JUSTEN 1999). Da im
westlichen Bereich von Darmstadt schon im Rahmen des Bewirtschaftungsplans Hessisches Ried
(REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT 1985), bei Untersuchungen zur industriellen Wasserentnahme
(TGU 1996) sowie in Zusammenhang mit der öffentlichen Wasserversorgung durch die SÜDHESSISCHE
GAS & W ASSER AG (MIKAT 1998) neben Großraummodellen (BJÖRNSEN 1982) auch Detail- und
Ausschnittsmodelle erstellt wurden, sollte hier kein neues Grundwassermodell aufgebaut werden.
97
Vielmehr besteht das Ziel dieser Untersuchungen darin, ein effizientes Datenmanagement im Hinblick
auf eine potentielle Modellbildung bereitzustellen und dies am kleineren Beispiel lediglich modellhaft
zu verifizieren (vgl. Grundwassermodell von JUSTEN 1999). Die Erstellung eines das Gebiet
umfassenden angepaßten Großraummodells mit allen vorhandenen Informationen erschien in diesem
Fall im Hinblick auf die Fragestellung nicht notwendig.
6.5 Nutzen und Einsatzmöglichkeiten
In Bereichen des Bauwesens und der Städteplanung sind Einsatzmöglichkeiten eines
Grundwasserinformationssystems verbunden mit Nutzenzuwachs im Vorfeld und bei der
Durchführung von Baugrunduntersuchungen, Wasserhaltungen sowie in der Planung und
Projektierung der Entsiegelung von Flächen und Versickerungsorganen denkbar. Einsätze bei der
Lokalisierung und Gefahrabschätzung von Kanalleckagen sind möglich und werden z. Z. in Darmstadt
durchgeführt. Außerdem ist es hilfreich, sinnvoll und insbesondere wirtschaftlich, bei der Ausweisung
von möglichst unbelasteten Neubaugebieten im Vorfeld die Belastung des Bodens sowie
Grundwassers zu prüfen und als Entscheidungskriterium mit einzubeziehen.
Im Rahmen des aktuellen Themas Energie- und Wasserversorgung können bei ausreichender
Informationsverfügbarkeit
Entscheidungshilfen
bei
der
Errichtung
von
dezentralen
Energieversorgungsanlagen unter Nutzung von Geothermie zur Verfügung gestellt werden (z. B. mit
Hilfe von Grundwasserwärmepumpen oder Energiebohrpfählen). Die dezentrale Wasserversorgung
mit Hausbrunnen, Gartenbewässerung, Brauchwasserversorgung und insbesondere deren Prüfung
und Überwachung wird erleichtert.
Bei Umwelterkundungen und ökologischen Fragestellungen stehen die Lokalisierung von
Grundwasserkontaminationen und Altlasten, deren Schadensbegrenzung und die Durchführung von
Abwehrmaßnahmen sowie wirtschaftliche und umweltökonomische Fragen zu den anfallenden Kosten
bei den Sanierungen im Vordergrund. Es kristallisiert sich hier auch insbesondere eine Tendenz zum
Ansatz und zur Abgrenzung von ökonomisch sinnvollen Sanierungszielen unter Kosten-Nutzen
Aspekten heraus.
Weitere wichtige Anwendungen und Einsatzpotentiale der GIS-Technologie sind im Bereich der
Untersuchung von Auswirkungen bei Bau- und Industrialisierungsmaßnahmen auf den
Wasserhaushalt
und
die
Grundwasserqualität
vorhanden.
Außerdem
bietet
es
Unterstützungsfunktionen bei Entscheidungen im Natur- und Landschaftsschutz. GIS-Werkzeuge
können als Entscheidungshilfe für Maßnahmen mit dem Ziel der Generierung eines effizienteren,
nachhaltigeren und effektiveren Grundwasser-, Umwelt- und Ressourcenmanagements genutzt
werden. Des weiteren besteht die Möglichkeit, durch den Einsatz in Forschung und Entwicklung eine
universelle Basis und Plattform zu Modellbildungen in diesem Bereich bereitzustellen.
98
6.6 Ergebnisse und Diskussion
Die vorläufigen Ergebnisse bei der Erstellung der Datenbank und des Informationssystems sollen hier
in Kürze zusammengefaßt und im Anschluß mit Systemen, Methoden und Techniken weiterer Autoren
verglichen werden. Diese Zusammenfassung bezieht sich insbesondere auf die Kapitel 2, 5 und 6. Bei
der gesamten Systembeschreibung ist zwischen folgenden Objekten, die wiederum Subsysteme des
Gesamtsystems darstellen, zu unterscheiden:
•
Datenbanksystem mit DBMS (Datenbankmanagementsystem)
•
Geographisches Informationssystem (Graphisches System - GIS ARCVIEW )
•
Schnittstellen und Zugriffe, i. d. R. über SQL
•
Weitere Anwendungsprogramme (z. B. EXCEL, SURFER, TOSCANA etc.)
Auf Basis der Gebiets- und Problembeschreibung in den Kapiteln 3, 5.1 u. 5.2 wurde ein System
entwickelt, das Informationsverarbeitungsaufgaben für den
Bereich hydrogeologischer
Untersuchungen und Erkundungen unterstützt. Hierbei erwies sich ein Datenbankkonzept als wichtige
Grundlage. Zur Sicherung eines nachhaltigen Datenmanagements wurde ein relationales Datenmodell
entwickelt (Kap. 5.4) und die Datenbank dem konzeptionellen Sollvorschlag des Datenmodells
angepaßt.
Die Kommunikation zwischen der Datenbank auf der einen Seite und dem Nutzer oder weiteren
Systemen, wie z. B. dem GIS auf der anderen Seite, erfolgt über eine einheitliche Datenbanksprache
(SQL). Die grundsätzlichen Prinzipien, Befehle und Operationen dieses Sprachstandards wurden
untersucht und auf den Bestand der hydrogeologischen Daten angewandt. Hierbei stellte sich der Join
(Verbund) zwischen den Relationen Meßorte und Meßwerte als wichtige Grundlage zur
Georeferenzierung der Daten heraus. Des weiteren wurden speziell an hydrogeologische
Fragestellungen angepaßte Datenbankabfragen entwickelt. Sie dienen als wichtiges Instrument zur
Informationsakquisition und erhöhen die Auskunftsfähigkeit des Gesamtsystems (Kap. 6.1 u. 6.2).
Mit der Realisierung dieser universellen Schnittstelle können flexible Auswertungen sowie Analysen
des gesamten Datenbestandes durchgeführt und die Abfrageergebnisse im Anschluß mit Hilfe
bestimmter Methoden und Operatoren visualisiert werden (vgl. Kap. 2.4.1, 6.3 u. 6.4).
6.6.1 Vergleiche mit anderen GEO-Informations-, Datenbank- und Datenerfassungssystemen
Zuerst werden hier die kommunalen Umwelt- und kartographischen Informations- und
Datenbanksysteme der Stadt Darmstadt und weitere Systeme im Land Hessen in Kürze beschrieben.
Hierauf folgen Abhandlungen zu anderen Systemen aus dem Bereich der angewandten Geo- und
Umweltwissenschaften, wobei insbesondere auf den Datenzugriff, Typ und Hersteller der Datenbank
sowie des Geoinformationssystems und die Anwendungs- und Nutzenpotentiale der Systeme
eingegangen wird. Gemeinsamkeiten und Unterschiede - falls vorhanden - werden im Kontext der hier
verwendeten Systemmodule herausgearbeitet. Eine große Anzahl an Anwendungen von
Informationssystemen in der Hydrologie und Wasserwirtschaft sowie Interdependenzen zwischen
verfügbaren Daten und der Technologie werden von KOVAR & NACHTNEBEL (1993) beschrieben. Im
folgenden sollen die Ergebnisse verschiedener Autoren aus dieser und anderen Publikationen im
Hinblick auf die hier behandelten Modelle und Systeme diskutiert werden. Das Darmstädter
Grundwasserinformationssystem wird hierbei mit "GISDA" abgekürzt.
99
Ein wichtiger limitierender Faktor im Bereich der Anwendung von GIS-Systemen liegt in den
Interdependenzen zwischen verfügbaren Daten und der angewandten Technologie. Dieses Thema
wird von CLARK (1993) aufgegriffen. Er stellt den Datenzugriff und die Datenqualität als limitierende
Inputfaktoren bei der GIS-Modellierung in den Mittelpunkt. Während bei den GIS-Anwendungen in den
letzten Jahren eine rasante Weiterentwicklung zu verzeichnen war, galt dies nicht für die
Möglichkeiten der Datenakquisition, die Datenattribute, Datenstandards und die Datengüte sowie
insbesondere für die Datenkosten (zum Jahr 1993). Diese Verhältnisse haben sich mit der
Weiterentwicklung der Technologie seit 1993 sicherlich positiv verändert. So kann beispielsweise
jeder Nutzer über das Internet Klima- und Umweltdaten (Niederschlag, Isotope etc.) abrufen und für
seine GIS-Modelle nutzen. Digitale Karten und Geländemodelle (DEMs) sind i. d. R. bei den
Vermessungs- und Katasterämtern zu beziehen (z. T. jedoch mit relativ hohem Kostenaufwand).
Außerdem besteht mit dem weltweiten Netzwerk (www) eine Plattform zur Optimierung des weltweiten
Wissens- und Erfahrungsaustausches. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt - insbesondere bei stetig
steigendem Datenaufkommen sowie Mehrfachnutzung - bei der Datendokumentation, die wesentlich
zur Datengüte und -qualität beiträgt.
Nach FEDRA (1993) basieren die wichtigsten Konzepte der GIS-Modellierung und Entwicklung von
Informationssystemen auf der Integration von mehreren Informationsquellen sowie der Interaktion
zwischen Nutzer und Maschine, wobei die Performanz und Geschwindigkeit eine sicherlich
entscheidende Rolle spielt. Ein weiterer wichtiger Bereich ist nach FEDRA (1993) die Visualisierung, da
hierüber komplexe Informationen zwischen Nutzer und Maschine relativ schnell ausgetauscht werden
können und die Intuition des Anwenders zum schnellen Verständnis komplexer Sachverhalte genutzt
werden kann. Diese drei Kernkonzepte der Integration, Interaktion und Visualisierung standen ebenso
beim Aufbau des Grundwasserinformationssystems GISDA und der Anwendung bestimmter
statistischer Methoden im Vordergrund. Die Interaktion wurde in diesem Kapitel ausführlich anhand
einer großen Anzahl von Abfrage- und Interaktionsbeispielen behandelt, während die Aspekte der
Integration in Kap. 2 und 5 sowohl auf theoretischer wie problemorientierter Sicht herausgearbeitet
wurden. Anwendungsbeispiele zur Visualisierung werden in den folgenden drei Kapiteln beschrieben.
Das STADTVERMESSUNGSAMT DARMSTADT nutzt für die grafische Datenverarbeitung, Vermessung und
Kartographie im Verbund mit der Stadt Darmstadt und der HEAG (Hessische Elektrizitäts AG) die IBM
Datenbank DB 2/6000 in Verbindung mit dem IBM GIS-System GTIS sowie MAPINFO. Das GIS
MAPINFO dient hierbei zu Auskunfts- und Visualisierungszwecken (Digitale Karte von Darmstadt). Die
MAPINFO Daten werden auf einem Server zentral gehalten und im lokalen Netzwerk verschiedenen
Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt. Am MAPINFO-Arbeitsplatz können in der Liegenschaftskarte
Suchoperationen über die Flurstücke, Adressen und Straßennamen durchgeführt und Informationen
zu Kanalnetz, Topographie, Baumbestand, aktueller Bebauung sowie geplanter Bebauung abgefragt
werden. Außerdem besteht die Möglichkeit Luftbilder als Kartenbasis einzublenden. Die grafischen
Daten und der ALK-Datenbestand (behördliches automatisiertes Liegenschaftskataster) werden
jeweils in einer eigenen Datenbank verwaltet. Der Datenaustausch zwischen den städtischen
Institutionen erfolgt über ein Netzwerk (Router, Token-Ring und TCP/IP-Protokoll). Die HEAG kann
hierbei z. B. über eine Abfrage topographische Daten aus der Datenbank der Stadt akquirieren.
Weitere Zugriffe auf den Datenbestand haben u. a. das Tiefbauamt, Umweltamt und das
Stadtplanungsamt sowie das Katasteramt der Stadt Darmstadt.
Im Zusammenhang mit der Erstellung des Informationssystems wurden grafische und numerische
Daten des Vermessungsamtes Darmstadt im DXF- und EXCEL-Format eingelesen und in das GISModul sowie die Datenbank übernommen. Über das DXF-Format besteht die Möglichkeit, grafische
Daten zwischen dem städtischen System und dem GIS ARCVIEW auszutauschen. Des weiteren
100
können umfangreichere GIS-Daten aus MAPINFO über das Austauschformat MIF (MAPINFO
Interchange Format) ohne Informationsverlust direkt mit ARCVIEW ausgetauscht werden.
Zur Verwaltung und Bewertung von Altstandorten und Verdachtsflächen in mehreren Hessischen
Gebietskörperschaften (Wiesbaden, Darmstadt, Offenbach und Landkreis Darmstadt-Dieburg) wurde
von einem Ingenieurbüro ein spezielles Datenerfassungs- und Bewertungssystem für Altlasten
(DESA) entwickelt. DESA umfaßt u. a. auch ein Grundwassermeßstellenkataster und eine
Analysendatenbank. Die Stadt Wiesbaden verwendet dieses Grundwassermeßstellenkataster, in dem
Daten zu GWMs, Brunnen, Probenahmen mit den amtlichen Meß- und Analyseverfahren verwaltet
werden. Weitere Funktionalitäten von DESA bestehen in der Integration der amtlichen Parameterlisten
(VwV, LAGA, TVO, Niederländische Liste etc.), der automatischen Datenübernahme aus städtischen
Laborinformationssystemen sowie der Integration von GIS und der Zugriff über MS-OFFICE (EXCEL,
ACCESS). Die Daten werden in einer relationalen Datenbank gehalten. Einen großen Nutzen stiftet
dieses System bei der Bearbeitung von Bauanträgen auf belasteten Flächen, in Städtebau und
Stadtplanung sowie bei sonstigen behördlichen Aufgaben im Umweltschutz und bei der Altlasten- und
Schadensfallsanierung.
Das Umweltamt der Stadt Darmstadt nutzt vom System DESA das Altstandortekataster, in dem rd.
1800 Altstandorte verwaltet und fortgeschrieben werden. Der Aufbau des Grundwassermeßstellenkatasters für die Stadt Darmstadt ist z. Z. in Arbeit, wobei die hier verwendete ACCESS Datenbank
genutzt wird. Das im Rahmen dieser Arbeit erstellte Datenmodell und die Datenbank fungieren als
Prototyp des geplanten städtischen Grundwassermeßstellenkatasters der Stadt Darmstadt. Die hier
verwalteten Daten werden z. Z. in das Grundwassermeßstellenkataster der Stadt Darmstadt
übernommen, mit amtlichen Parameterlisten abgestimmt und sollen den städtischen Ämtern
(Umweltamt, Tiefbauamt und Vermessungsamt) in Zukunft zur Verfügung gestellt werden.
Die HESSISCHE LANDESANSTALT FÜR UMWELT nutzt ebenfalls ein relationales Datenbanksystem, in dem
Stamm- und Meßdaten zu Grund- und Rohwasser verwaltet werden. Hierbei wird eine ORACLE
Datenbank (Ver. 7) verwendet. Der Zugriff und die Abfrage erfolgen ebenfalls über SQL, wobei über
dezentrale Lesezugriffe und Fernübertragung den jeweiligen Wasserwirtschaftsämtern Daten zur
Verfügung gestellt werden können. Bestimmte Softwarepakete für Statistik und Datenauswertung
können über SQL direkt auf die Datenbank zugreifen, oder es erfolgt im Rahmen einer
Datenauswertung eine Zwischenablage über EXCEL (HLFU 1993).
Nach DECKERS (1993) kann aufgrund fehlender Kompatibilität und Schnittstellen das Potential
moderner Geoinformationssysteme oftmals nicht voll genutzt werden. Dieser Problematik kann man
durch Verwendung einer integrierten Arbeits- bzw. Systemplattform begegnen. Deckers beschreibt
hier das EGIS Informationssystem (Evaluation of Groundwater Resources Information System). Ein
HYDRO-GEO-Informationssystem sollte zur Integration der GIS-Funktionalitäten bei einem flexiblen
Mehrnutzerbetrieb in ausreichendem Maße Schnittstellen anbieten. DECKERS (1993) fordert hierbei ein
flexibles sowie mehrere Nutzer unterstützendes System, das letztlich zur Unterstützung der
Entscheidungsfindung - unter Verwendung verschiedener Funktionen, wie konzeptionelle
Modellierung, Datenoperationen, Datenakquisition und Datenintegration - dient. Insbesondere sollte
ein solches System auf den Mehrnutzerbetrieb ausgerichtet sein. Dieses EGIS System wird in Holland
im Bereich des Grundwassermanagements genutzt. Es ist aus 2 Bereichen aufgebaut; auf der einen
Seite der Bereich von Anwendungen, wie z. B. Pumpversuchsauswertungen, numerische
Modellierungen, Operationen sowie Analysemodulen und auf der anderen Seite der Bereich für
generelle Datenpräsentationen, Abbildungsmethoden und Funktionalitäten der Datenbasis. Beide
Systeme greifen über eine gemeinsame DBMS Schnittstelle auf die Datenbank zu. Nach außen
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existiert eine Schnittstelle zu externen Anwendungen. DECKERS (1993) nutzt hierbei - vergleichbar
zum GW-Informationssystem von Darmstadt - das GIS SMALLW ORLD und eine relationale ORACLE
Datenbank sowie als Zugriff Standard-SQL. Die Hauptkomponenten werden wie beim GWInformationssystem Darmstadt (GISDA) verknüpft, wobei nach DECKERS (1993) das relationale
Datenbankmodell bessere Möglichkeiten und Funktionalitäten zum Datenzugriff und zur
Datenspeicherung bietet. Generell können die Daten jedoch auch im GIS gespeichert werden.
Aufgrund des besseren Zugriffspotentials wird, ähnlich dem GISDA hierzu die relationale Datenbank
genutzt. Im Gegensatz zum Darmstädter System wurde bei EGIS ein numerisches
Grundwassermodell integriert während beim GISDA die Modellierung in einem externen Modul (VISUAL
MODFLOW) durchgeführt wurde.
Von TGU (1997) wird ein System zur Datenauswertung, -visualisierung und -organisation beschrieben.
Kern des Systems DAVOS 5D ist eine relationale ORACLE Datenbank und der Zugang erfolgt ebenfalls
über benutzerfreundliche Standardsoftware wie EXCEL, ACCESS und ARCVIEW , wobei zusätzlich zur
Visualisierung das CAD-System AUTOCAD verwendet wird (TGU 1997). Der Datenzugriff erfolgt ähnlich
wie beim GISDA über SQL, wobei im Gegensatz zum Darmstädter System zusätzlich eine ClientServer-fähige Datenbank für den Netzwerkbetrieb verwendet wird. CONRAD (1998) verwendete bei der
Entwicklung eines Umweltinformationssystems im Rahmen der Integration eines Geographischen
Informationssystems ebenfalls relationale Datenbanken (ORACLE), die er thematisch entsprechend
ihrer Verwendung in Daten-, Methoden-, GIS-, Visualisierungs-, Experiment- und Modellbank einteilt.
Zum Datenaustausch zwischen den Simulationsprogrammen und den Datenbanken verwendet er die
SQL-ähnliche Sprache DMSQL (Dynamic Media SQL). Durch die Nutzung der Datenbanken wird
nach CONRAD (1998) die Datenunabhängigkeit gesichert und Zugriff sowie Integration der Daten in
das System leichter realisiert. Die Visualisierung und kartographische Abbildung der Daten erfolgt im
Umweltinformationssystem mit dem weitverbreiteten GIS-Paket ARCINFO (CONRAD 1998).
Eine thematische Einteilung der Datenbanken ist bei größeren Systemen sinnvoll, war jedoch im
Rahmen des hier entwickelten Informationssystems nicht nötig. Die Unterscheidung zwischen
thematisch differierenden Datentypen (z. B. gemessene und berechnete Daten) erfolgt beim
Grundwasserinformationssystem Darmstadt durch das Attribut "Parameter" in der Relation
"Meßwerte".
NEUMANN (1997) erstellte ein Ingenieurgeologisches Informationssystem für ein Stadtgebiet und
implementierte hierbei ebenfalls eine Datenbank, die auf einem einheitlichen Datenmodell basiert. Die
konzeptionelle Modellierung der Daten führte er auch mit dem hier beschriebenen Entity-RelationshipModell durch. Physisch realisiert wurde das Modell durch eine Kombination aus dem GIS ARCINFO
und einem relationalen Datenbankmanagementsystem (INFORMIX).
Bei der Konzeption eines Datenerfassungssystems zur mobilen Erfassung von GEO-Daten nutzte
REMKE (1997) ein wissensbasiertes GIS-Werkzeug. Dieses mobile Datenerfassungssystem (GISPAD)
soll Geo- und Umweltwissenschaftler bei der Kartierung und Datenerfassung im Gelände
unterstützen. Das System wurde als Datenerfassungsschnittstelle für ein GIS (ARCINFO) in Verbindung
mit einer ORACLE Datenbank verwendet. Mit diesem System wurden nach REMKE (1997) neben
Gewässer- und Nutzungsdaten auch Bodenproben sowie bodenkundliche Profilbeschreibungen für
das Geologische Landesamt in Bayern erfaßt. Im Zusammenhang mit der hier durchgeführten Arbeit
waren bei der Datenerfassung vergleichbare Systeme nicht verfügbar. Sie können jedoch auch bei der
Erhebung von geologischen und hydrogeologischen Daten einen erheblichen Nutzen stiften.
Einsatzpotentiale ergeben sich z. B. bei der Aufnahme von Bohrprofilen sowie bei
Pumpversuchsauswertungen im Gelände und bei der Vor-Ort-Erfassung hydrochemischer Parameter.
102
Des weiteren kann mit mobilen Datenerfassungssystemen die Erhebung und Aktualisierung von GEODaten bei Deponien, Altlasten und Kontaminationen effizienter gestaltet werden. Durch die Einbindung
eines GPS-Empfängers (Global Position System) besteht hierbei die Möglichkeit, die
Georeferenzierung der Geländedaten zu automatisieren.
LA BARBERA & LANZA & SICCARDI (1993) entwickelten ein Niederschlag-Ablußmodell, in dem die
räumliche Variabilität der maßgeblichen Parameter mit einem GIS integriert wurde. Dieses GIS-Modell
erlaubt ein optimales Management der gespeicherten topographischen Informationen sowie der
simulierten zeitabhängigen hydrologischen Daten im Hinblick auf die Simulation des
Oberflächenabflusses und die Prognose von Extremereignissen (Hochwasser). Bei dieser Arbeit
konnte auf ein 400 x 400 m DEM (Digitales Geländemodell) als Datenbasis zurückgegriffen werden.
Im Rahmen der Erstellung des digitalen Geländemodells des Stadtgebietes von Darmstadt wurden die
Geländehöhen im Stadtzentrum auf Basis der Kanalhöhen (Stadtkarten 1:5.000) am Bildschirm
digitalisiert, so daß im Stadtzentrum ein wesentlich feineres - wenn auch unregelmäßigeres - Raster
zur Verfügung stand (vgl. Abb. 3.2, 3.19). Auf ein DEM konnte hierbei jedoch nicht zurückgegriffen
werden. ROMANOWICZ & BEVEN & FREER & MOORE (1993) beschreiben ein Modul aus dem
Informationssystem WIS, in dem auf die große Menge an räumlichen und zeitlichen Daten mit SQL
zugegriffen und dadurch ein geregeltes Datenmanagement gesichert werden kann. Das untersuchte
Programmodul TOPMODEL beinhaltet hierbei 6 Programmodule zur Abbildung von
Einzugsgebietscharakteristik, Modellkalibrierung, Validierung, Sensitivitätsanalyse, Bodenwasserhaushalt und Abflußmodellierung. Sämtliche Unterprogramme kommunizieren - vergleichbar mit dem
für den Raum Darmstadt erstellten System - über eine zentrale Schnittstelle mit der Datenbank
(DBMS) und dem graphischen System. Der Nutzer greift dezentral über eine Schnittstelle von außen
auf das jeweilige Unterprogramm zu und erhält das Antwortsignal (Informationen) aus dem zentral
organisierten Datenbanksystem.
FRYSINGER & THOMAS & PARSONS (1993) berichten über ein Environmental Decision Support System
(EDSS), das zur Entscheidungsunterstützung im Bereich des Umwelt- und Grundwassermanagements entwickelt wurde. Hierbei kam, ähnlich dem für den Raum Darmstadt genutzten
Informationssystem, eine interaktive graphische Benutzeroberfläche in Verbindung mit verschiedenen
Modellierungswerkzeugen und einem GIS zum Einsatz. Ein Schwerpunkt dieses Systems lag in der
Integration eines Werkzeuges zur Generierung und Optimierung von Grundwasserüberwachungsnetzen. Hierbei soll jedem Kontaminationsort eine bestimmte Anzahl von An- und
Abstrommeßstellen in einem angemessenen Abstand zugeordnet und die optimale Anzahl und Lage
der GWMs mit einem Modell zur Simulation der Schadstoffausbreitungen bestimmt werden. Bei der
Untersuchung eines mehrschichtigen Aquifers in bezug auf Kontaminationen und sonstige
anthropogenen Beeinträchtigungen verwendeten STIBITZ & PATZELT & W OLFBAUER (1993) das GISSystem ARCINFO in Verbindung mit einem relationalen Datenbanksystem (HADES) und DBASE III. Das
relationale DBMS HADES erlaubt hierbei den Zugriff auf Daten zu Geologie, Hydrogeologie,
Wasserentnahme, Altlasten und Altablagerungen, Klima und Grundwasserqualität. Die von STIBITZ &
PATZELT & W OLFBAUER (1993) verwendete Datenbankstruktur ist vergleichbar mit dem hier
verwendeten Datenmodell (vgl. Kap. 4 und 5). Sie nutzen ebenso zur Strömungsmodellierung das
Grundwassermodell MODFLOW.
Im Kontext der Untersuchung urbaner Hydrogeologie werden oftmals Informationssysteme genutzt.
MOLENAAR & ROELOFFZEN & STRENG & PEPELS & UIL (1997) beschreiben das Informationssystem
REGIS als ein interaktives REgionales Geohydrologisches InformationsSystem, in das ebenso die
Software ARCINFO integriert wurde. Die Datenabfrage und Berechnung von attributbezogenen
Mittelwerten erfolgt ebenfalls mit Hilfe von SQL-Statements (vgl. Kap. 6.2.1). Das System dient
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vorwiegend dem effizienteren Umwelt- und Grundwassermanagement, der Sicherung der
Grundwasserqualität sowie der Prävention und Sanierung von Schadensfällen. Des weiteren soll es
als Instrument zur Stadtplanung und Entscheidungshilfe sowie zur Entwicklung von
Grundwasserüberwachungsstrategien genutzt werden.
Bei den durchgeführten Literaturstudien zeigt sich, daß ein Großteil der Autoren eine ORACLE
Datenbank in Verbindung mit dem GIS ARCINFO nutzt. Es werden durchwegs relationale Modelle meist mit einem Zugriff über SQL oder ähnliche Sprachen - verwendet. Für das hier verwendete
Informationssystem war jedoch keine vergleichbare Software verfügbar, so daß die im Paket MSOFFICE enthaltene ACCESS-Datenbank im Verbund mit dem kleineren GIS ARCVIEW zur
Datenspeicherung und Visualisierung genutzt wurde. In kommunalen Einrichtungen bietet ein
potentiell anzustrebender Netzwerkbetrieb zusätzliche Vorteile, da die Ämter einen direkten Zugriff auf
die aktuellsten Daten erhalten und somit die Auskunftsfähigkeit gegenüber Dritten wie auch der
interne Informationsfluß optimiert wird. Nach FEDRA (1993) sollte ein intelligentes System den Nutzer
bei allen Entscheidungen und Möglichkeiten optimal unterstützen (Expertensystem). In diesem
Bereich der Systemintelligenz, der Nutzerunterstützung und der Benutzerfreundlichkeit liegen partiell
die Schwachstellen des hier erstellten Systems.
6.6.2 Diskussion der Anwendung von Informations- und Datenbanksystemen
Mit einem Informations- und Datenbanksystem können nachhaltig Massendatenaufkommen
beherrscht und die Daten mit einer hohen Flexibilität zu verschiedenartigen Anwendungszwecken
sowie für unterschiedliche Auswertungen, wie z. B. für Statistiken, Datenbankabfragen, Grafiken und
zur Modellbildung zur Verfügung gestellt werden. Auswertungen können sich immer sowohl auf den
gesamten als auch auf eine Teilmenge des Datenbestandes sowie auf beide Bereiche beziehen. Das
Datenbankmanagementsystem dient hierbei als Schnittstelle zwischen Anwender und der Datenbank
sowie zu den angesprochenen Anwendungsprogrammen. Die Funktionalität basiert i. a. auf einer
Zentralisierung der Dateiverwaltung und gestattet eine wesentlich elegantere Organisation von
typischen Informationsverarbeitungsaufgaben sowie die wirksame Sicherung der Korrektheit und
Aktualität sämtlicher Daten zu jedem Zeitpunkt.
Hierbei wird eine rationelle und kontrollierte Datenbearbeitung ermöglicht. Bei einer einmaligen
Datenerfassung können Redundanzen vermieden werden. Durch die Vermeidung der doppelten
Datenhaltung und der Mehrfacherfassungen wird die Gefahr von Eingabefehlern nachhaltig reduziert,
denn einmal erfaßte Daten werden zentral im System gehalten und können beispielsweise auch
mehreren Bearbeitern mit Zugriffsrechten zur Verfügung gestellt werden. Durch ein geregeltes
Datenmanagement wird die Gefahr von unnötigen Übertragungsfehlern, die häufig bei einen
manuellen Datentransfer auftreten, reduziert. Des weiteren verringert sich der Abstimmungs- und
Korrekturaufwand, falls ein Datenfehler festgestellt wurde. Das System kann zusätzlich den Nutzer bei
der Dateneingabe unterstützen, ggf. Werte vorgeben und den Datentransfer sowie Anwendungsfehler
protokollieren.
Die ständige Verfügbarkeit der numerischen und graphischen Informationen am Bildschirm erspart
unnötige Kopien sowie die kostenaufwendige Erstellung von analogem Kartenmaterial. Außerdem
besteht die Möglichkeit, eine Teilmenge der Daten nur ausgewählten Nutzern zur Verfügung zu
stellen, die entsprechende personenbezogene Berechtigungen erhalten.
Mit einem ausgefeilten Informationssystem wird somit die Auskunftsfähigkeit eines Wissenschaftlers,
Sachbearbeiters oder sonstigen Nutzers in qualitativer wie auch quantitativer Hinsicht durch eine
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zeitnahe Informationsbereitstellung nachhaltig gesteigert. Insbesondere wird durch die Reduktion der
Verweildauer analoger Datendokumente sowie durch die Verringerung von Kopien die
Datentransparenz des Systems erhöht.
Alle Dateneingaben können bei einer Vernetzung der Systeme online vorgenommen werden, so daß
immer ein aktueller Datenbestand (auch bei mehreren Bearbeitern) zur Ableitung der benötigten
Informationen zur Verfügung steht. Dies ist insbesondere bei der Kartenerstellung mit dem GIS ein
großer Vorteil, da durch fortschreitende Bearbeitung eines Untersuchungsraumes auch der ständig
variierende Datenbestand fortlaufend aktualisiert wird und die Kartendarstellung (Abbildung von
regionalisierten Variablen) immer aktuelle Informationen abbildet.
Weitere Vorteile liegen in den Dokumentationspotentialen und der Auswertbarkeit des
Datenbestandes. Durch zahlreiche Auswertungsmöglichkeiten der gespeicherten Daten im Rahmen
von Datenbankabfragen und Visualisierungen erhöht sich die Transparenz und das Informationssowie Wissenspotential der Daten. Entsprechend der in Kap 2.1 dargestellten Relation zwischen
Daten, Information und Wissen kann durch einen geregelten Zugriff und eine sinnvolle Kombination
der Daten auch das abgeleitete bzw. neu geschaffene Wissen optimiert und vergrößert sowie die
Belegung und der datenmäßige Nachweis der Wissensmodelle vereinfacht werden. Vorteile liegen
auch in der Automatisierung und Massendatenverarbeitung wie z. B. bei Simulationen, da der Zugriff
auf die hier auftretenden großen Mengen an berechneten Daten verbessert und somit die
Aussagekraft von Modellen gesteigert werden kann.
Generell lassen sich auch Dokumentationen und Schriftverkehr (Auswertungen, Visualisierungen und
Veröffentlichungen) automatisieren und somit rationeller erstellen. Insbesondere gilt dies für
Schriftstücke, die mit unterschiedlichen von den Empfängern abhängigen Parametern verknüpft
werden müssen. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn Analysenlisten für mehrere unterschiedliche
städtische Ämter oder sonstige Informationsempfänger ausgedruckt werden sollen. Jeder
Informationsempfänger ist i. d. R. an unterschiedlichen Parametern interessiert, die meistens auf den
gleichen Stammdaten (Grundwassermeßstellen, Brunnen, sonstige Meßorte etc.) beruhen und deren
Dokumentation oftmals ähnlich aufgebaut ist (Anschreiben, geologischer und hydrologischer Rahmen,
Grenzwerte und gesetzliche Bestimmungen, Karten).
Des weiteren können fortlaufend ändernde gesetzliche Bestimmungen und Verordnungen, wie z. B.
Grenzwert- und Parameterlisten mit den Daten verknüpft werden und somit Bewertungen und damit
Entscheidungen im Hinblick auf Sanierungen, Sicherungen sowie ggf. weitere Untersuchungen auf
Basis der aktuellen Rechtslage (Grenzwerte nach TrinkwV, Niederländische Liste, Berliner Liste, GW
VwV etc.) getroffen werden.
Große Probleme bestehen auch oftmals in der Frage nach der Plausibilität und Vergleichbarkeit der
Daten (evtl. mit geologisch vergleichbaren Gebieten oder sonstigen Stadtgebieten). Hier bietet ein
Informationssystem einerseits die Möglichkeit, eine automatische Plausibilitätsprüfung zu
implementieren und unzulässige Daten - wie z. B. negative Konzentrationen - bei der Eingabe nicht
zuzulassen oder andererseits nach der erfolgten Eingabe über eine Abfrage und eine Visualisierung
die Daten auf Plausibilität zu prüfen und ggf. Vergleiche mit ähnlichen Daten anzustellen. Durch
Vergleiche können potentiell weitere Kenntnisse über die Ursachen der Verhältnisse gewonnen
werden.
Ein weiteres Problem bei der Verwendung von Datenbanksystemen besteht in der Sicherheit der
Datenhaltung. Durch Stromausfälle und sonstige Ereignisse können Speichermedien beschädigt und
105
der Datenbestand zerstört werden; es besteht die Gefahr des Totalverlustes (Totalrisiko), während bei
verteilten Systemen (Anwendungsprogrammen) im Falle einer Störung lediglich Teilmengen des
Datenbestandes betroffen sind. Um diesen Risiken zu begegnen, wurde der hier verwendete
Datenbestand regelmäßig - etwa in einem monatlichen Intervall - auf CD-ROM gesichert. Prinzipiell
können solche Sicherungsoperationen auch automatisiert werden, z. B. durch regelmäßige
Spiegelung des Datenbestandes mit einem weiteren Speichermedium (z. B. Festplatte).
Gegenüber der separaten Datenverwaltung durch Anwendungsprogramme bewirkt der Einsatz von
Datenbankverwaltungssystemen zwar grundsätzlich Vorteile, jedoch besteht weiterhin die Gefahr, daß
Redundanzen auftreten. Außerdem wirken sich nun physische Datenabhängigkeiten gegebenenfalls
auf mehrere Programme gleichzeitig aus. Inflexibilitäten sind nach wie vor vorhanden, da die
verwalteten Dateien nicht alle potentiellen Anwendersichten in gleicher Weise unterstützen. Der
Aufbau einer Datei ist für alle Benutzer identisch, und individuelle Anwenderansprüche können u. U.
nicht ausreichend berücksichtigt werden. Des weiteren entstehen zusätzliche Abhängigkeiten
bezüglich Schnittstellen und Sprachenstandards, die nun von einem zentralen Objekt ausgehen. Es
besteht somit bei einem solchen System trotz genereller Vorteile die Gefahr, daß einer evtl. primär
erhofften Vergrößerung der Benutzerfreundlichkeit entgegengewirkt wird. Weitere Nachteile eines u.
U. komplexen Datenbanksystems bestehen in den höheren Anforderungen an die Qualifikation und
Fachkompetenz des Anwenders im Gegensatz zu geringeren Anforderungen bei den i. d. R. einfach
zu bedienenden Anwendungsprogrammen mit programmindividueller Datenverarbeitung (vgl. Abb.
2.4). Nicht nur beim Nutzer, sondern auch im Bereich der Hardware steigt der Aufwand mit der
Komplexität des Systems und die Verarbeitungsgeschwindigkeit sinkt u. U. auf Kosten der höheren
Universalität und Flexibilität.
Im allgemeinen stiftet jedoch ein System mit einer benutzerfreundlichen graphischen Oberfläche, die
ggf. in Windows integriert werden kann, und guter Performanz einen hohen Nutzen in bezug auf die
wirtschaftliche und ergonomische Erstellung von thematischen Karten sowie bei der
Regionalisierung
von
Variablen,
bei
statistischen
Untersuchungen
und
sonstigen
Informationsverarbeitungsaufgaben. Durch eine Client-Server-Technologie kann der Datenbestand
auch mehreren Nutzern in einem lokalen Netzwerk zur Verfügung gestellt werden. Das DBMS
synchronisiert hierbei die Aktivitäten der einzelnen Anwender und soll die gleichzeitige
Datenmanipulation von mehreren Nutzern verhindern. Die potentiellen Nutzer des Systems können
sowohl Experten (Softwareentwickler) wie auch Sachbearbeiter (zur Dateneingabe) sein.
In bezug auf die Client-Server-Technologie und den Mehrnutzerbetrieb kann i. a. zwischen zwei
Lösungen (Architekturen) unterschieden werden, die hier kurz angesprochen werden sollen (die
folgenden Ausführungen stellen eine weiterführende Ergänzung des behandelten Themas dar). Auf
der einen Seite besteht die Möglichkeit, den Datenbestand eines Arbeitsgebietes (Wirtschaftsbereich,
Fachgebiet etc.) zentral in einem Rechenzentrum (Großrechner) mit einem Datenzugriff über DFÜ
(Datenfernübertragung) zu verwalten und andererseits kann durch sogenannte Inhouse-Lösungen
(PCs, Workstations) mit lokalen Datenbeständen und dezentral organisierten (lokalen Netzwerken,
LANs) Systemen die lokale Datenbasis verwaltet werden. Beide Optionen bieten sowohl Vor- als auch
Nachteile. Inhouse-Lösungen bzw. lokale Netze können besser auf die jeweiligen Benutzerbedürfnisse
angepaßt werden und bieten somit eine höherer Benutzerfreundlichkeit und durch größerer
Verarbeitungsgeschwindigkeiten eine besserer Performanz. Demgegenüber kann durch den zentralen
Zugriff und die zentrale Datenverwaltung über ein Rechenzentrum die Datengüte und Datenkonsistenz
optimiert und die Redundanz reduziert werden. Außerdem bietet der Großrechner einen großen Vorteil
bei Wartung und Support, da Nutzer und Support von unterschiedlichen Orten aus auf den gleichen
und aktuellen Datenbestand zugreifen können.
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