48 3.7.4.1 Kluftgrundwasserleiter Die hydraulische Eigenschaft der Kluftgrundwasserleiter im Kristallin und Rotliegenden wird durch Raumstellung, Geometrie und Häufigkeit hydraulisch kommunizierender Kluftbahnen gesteuert. Sie ist somit direkt von den heterogenen und anisotropen physikalischen Eigenschaften des Gebirges abhängig und mit den zur Verfügung stehenden Daten und Geländemethoden nur näherungsweise bestimmbar. Für den Bereich des Granodiorits ist zwischen dem oberflächennah auftretenden, stark -5 -4 verwitterten Kristallingrus bis in ca. 10 m Tiefe mit Durchlässigkeiten von 3⋅10 bis 2⋅10 m/s und Speicherkoeffizienten von 2 bis 8 % sowie dem tiefer erschlossenen Aquiferbereich bis 30 m mit -7 -6 Durchlässigkeitsbeiwerten von 6⋅10 bis 5⋅10 m/s und Speicherkoeffizienten von 1 - 3 % zu unterscheiden. Die Kennwerte wurden mit Hilfe von Pumpversuchen an Lokalitäten im Woogsviertel, Stadtzentrum und in Bessungen bestimmt. Für das Rotliegende standen lediglich zwei Pumpversuche -6 zur Verfügung (NB 15 und NB 17), an denen Durchlässigkeiten von 6 - 7⋅10 m/s sowie ein Speicherkoeffizient von 0,35 % ermittelt wurde. Die Mächtigkeit des erschlossenen Grundwasserleiters liegt hier bei 30 m. Im Tertiär wurde anhand einer Bohrung in der Nähe der -5 Störungszone im Stadtzentrum ein kf-Wert von rd. 1⋅10 m/s ermittelt. Nach HÖLTING (1992) können für Sandsteine und Konglomerate überschlägig Kluftvolumen von 1 - 1,5 % und für schluffige Sandsteine 0,1 - 0,5 % angenommen werden. Speicherkoeffizienten über 2 % sind in Kluftgrundwasserleitern nur in tektonisch gestörten Bereichen vorhanden. 3.7.4.2 Porengrundwasserleiter Die mittels Pumpversuchen bestimmte hydraulische Leitfähigkeit des oberen freien quartären Grundwasserstockwerkes schwankt in der tektonisch tieferen Scholle südlich der Gräfenhäuser-4 -4 Bruchzone zwischen 2⋅10 und 4⋅10 m/s. Die grundwassererfüllten Mächtigkeiten liegen zwischen 5 und 30 m. Im Bereich der nördlich sich anschließenden Hochscholle liegt der -5 Durchlässigkeitsbeiwert für den tieferen Aquifer bei 3⋅10 m/s mit einer Aquifermächtigkeit von 5 m. In der Nähe der hier erzgebirgisch streichenden Verwerfungszone bei NB 7 und NB 14 wurden Speicherkoeffizienten von 3 - 7 % anhand instationär ausgewerteter Pumpversuche berechnet. Die Durchlässigkeiten des oberen Aquifers im nördlichen Bereich wurden anhand eines -5 Strömungsmodells im Stadtgebiet Arheilgen mit 3 - 7⋅10 m/s bestimmt (JUSTEN 1999). Im südlichen -4 tieferen Grundwasserleiter (NB 3 und NB 1) wurde ein kf-Wert von 1⋅10 m/s bei einer grundwassererfüllten Mächtigkeit von rd. 10 bis 18 m ermittelt. Der aus Pumpversuchen errechnete Speicherkoeffizient beträgt für den oberen freien Grundwasserleiter 8 - 19 % und im gespannten -3 Aquifer 3⋅10 (GREIFENHAGEN 1997). 3.8 Versiegelung und urbane Hydrogeologie Die Versickerungskapazität in urbanen Räumen wird maßgeblich von Flächenart, Nutzung, geometrischen Eigenschaften und der Durchlässigkeit des Untergrundes bestimmt. Die Größe und zeitliche Abfolge der Verluste beim Regenwasserabfluß - bestehend aus Benetzung der trockenen Oberfläche, Muldenauffüllung, Verdunstung und Interzeptionsspeicherung - ist ausschlaggebend für die Versickerungskapazität in bebauten Gebieten. Im urbanen Bereich treten abflußwirksame Flächenarten wie Straßen, Gehwege, Hofflächen, Stellplätze, Dächer, landwirtschaftlich sowie gärtnerisch genutzte Flächen, Parkflächen, Böschungen und Grünflächen auf. Nach MEßER (1997) kann jedem Bebauungs- und Nutzungstyp in einer Stadt durch entsprechende Detailkartierung repräsentativer Flächen ein spezifischer Versiegelungsgrad zugeordnet werden. Er unterteilt die kartierten Flächen in 5 Versiegelungsklassen mit einer 49 Klassenbreite von jeweils rd. 20 %. Es besteht somit eine Zuordnung von Bebauungstypen bzw. Kartierflächen zu einer Größenklasse der Versiegelung. In ähnlicher - wenn auch stark vereinfachter - Weise wurde das Stadtgebiet Darmstadt anhand seiner Bebauungstypen in 6 Versiegelungsklassen eingeteilt (inkl. Wasserflächen stehender Gewässer). Im Rahmen der Erstellung des Informationssystems wurde diese Einteilung anhand der Stadt- und Luftbildkarten im Maßstab 1 : 5.000 sowie der Karten im Maßstab 1 : 25.000 mit Gebäudegrenzen durchgeführt (Anhaltspunkte der Versiegelung). Hieraus ergab sich folgende Zuordnungsvorschrift der Flächen- und Bebauungstypen: • Klasse 0 Wasserflächen stehender Gewässer. • Klasse I mit einem Versiegelungsgrad von 0 - 20 % Dauerkleingärten, Friedhöfe, Parkanlagen, Sportplätze und sonstige Grünflächen. • Klasse II mit einem Versiegelungsgrad von 21 - 40 % Wohngebiete mit Zeilenhausbebauung, Einzelhausbebauung mit großen Gärten. • Klasse III mit einem Versiegelungsgrad von 41 - 60 % Wohngebiete, z. T. auch im Innenstadtbereich mit Doppelhausbebauung und mittleren Gärten, Einzel- und Doppelhausbebauung, Reihenhausbebauung mit kleinen und mittleren Gärten. • Klasse IV mit einem Versiegelungsgrad von 61 - 80 % Locker bebaute Gewerbe- und Industriegebiete mit Grünbereichen, Blockbebauung, z. T. im Innenstadtbereich. • Klasse V mit einem Versiegelungsgrad von 81 - 100 % Stadtzentrum, dicht bebaute Industriegebiete. Diese Verfahrensweise impliziert einen subjektiven Zuordnungsspielraum und kann somit lediglich eine modellhafte Abbildung der realen Verhältnisse wiedergeben (vgl. Kap. 2.2). Im Stadtgebiet von Darmstadt treten Grünflächen, bestehend aus Parkanlagen, Dauerkleingärten und Friedhöfen, inselartig zwischen stark verdichteten Räumen auf. Die Gesamtfläche aller Versiegelungsklassen beträgt 36,6 km². Hiervon sind 9,2 km² bzw. rd. 25 % Grünflächen der Versiegelungsklasse I sowie 0,3 km² Wasserflächen und 2,5 km² (rd. 6,8 %) Flächenanteil der Klasse V mit einem Versiegelungsgrad von 81 - 100 % zuzuordnen (Abb. 3.16 u. 3.17). Die stärkste Versiegelung zeigen die Bereiche im Stadtzentrum, die Umgebung zur Rheinstraße sowie die Industriegebiete im Nordwesten. Sehr hohe Versiegelungsgrade weisen auch neben weiteren industriell und gewerblich genutzten Flächen im Bereich der Weststadt die Wohnviertel in Bessungen, das Woogsviertel, Martins- und Johannesviertel sowie der Stadtkern von Arheilgen auf. Diese Partitionierung des bebauten Stadtgebietes in verschieden stark versiegelte Teilgebiete dient im folgenden Abschnitt 3.8.1 als Berechnungsgrundlage zur Kalkulation der prozentualen Grundwasserneubildungsreduktion durch Versiegelung sowie der Abschätzung einer absoluten Neubildung mit Literatureingangsdaten. Durch die Kanalisation und Einspeisung ehemals natürlicher Gerinne in das Kanalnetz gehen die kühlenden Effekte sowie die Retentionseigenschaften der natürlichen Gewässer verloren. Natürliche rauhe Flächen werden von glattem Beton, Straßenpflaster und Dachziegeln ersetzt, woraus sich wesentlich schnellere und höhere ungedämpfte Spitzenabflüsse sowie eine völlig veränderte Wasserbilanz ergibt. Durch Temperaturerhöhung steigt die potentielle Verdunstung, während bei wachsendem Versiegelungsgrad die aktuelle Verdunstung abnimmt. Der Wasserhaushalt wird durch zusätzlichen Abfluß aus Industrie, Gewerbe und aus Haushalten sowie durch künstliche Kanalisation und Verdichtung der Erdoberfläche zuungunsten der Grundwasserneubildung beeinträchtigt. 50 Fläche (km²) 12 summe FLÄCHE (km²) 10 8 6 4 2 0 0 1 2 3 4 5 Versiegelungsklasse Abb. 3.16: Flächenaufteilung der Versiegelungsklassen N W E S Stadtgrenze Straßennetz Versiegelungsklasse 1 2 3 4 5 0 0 1 2 3 4 5 Kilometer Abb. 3.17: Einteilung des Stadtgebietes von Darmstadt in 6 Versiegelungsklassen 51 3.8.1 Grundwasserneubildung in urbanen Räumen Eine Veränderung der Grundwasserneubildung kann durch folgende Prozesse stattfinden: 1. Durch geringere Evapotranspiration Grundwasserneubildung. aufgrund der fehlenden Pflanzendecke steigt die 2. In Städten kommen neben der natürlichen Grundwasserneubildung noch andere Quellen wie z. B. Verluste aus Kanalisation und leakage aus Wasserversorgungsleitungen hinzu. Da diese Ver- und Entsorgungsleitungen zwischen gut durchlässigen Schichten aus Kies und Sand eingebettet sind, wird die Versickerung bei hohen Flurabständen begünstigt. Bei geringen Flurabständen kann es hier auch zu einer Verringerung der Grundwasserneubildung durch Drainagewirkungen kommen. Dies führt zu einer künstlichen Veränderung der Grundwasserneubildung, wobei die Gefahr der qualitativen Beeinträchtigung besteht. Im Stadtgebiet Darmstadt liegen die Rohrnetzverluste der Wasserversorgung nach Angaben der SÜDHESSISCHEN GAS- UND W ASSER AG unter 5 % und sind damit als sehr niedrig einzustufen. 3. Das urbane Mikroklima führt zu höheren Temperaturen und entsprechenden Auswirkungen auf Verdunstung und Niederschlag. Die hydrologischen Pfade werden im urbanen Bereich zugunsten einer höheren Interzeption verändert. Niederschläge werden auf relativ undurchlässigen Oberflächen, wie z. B. Parkplätze, Mulden, Dächer und Straßen zwischengespeichert. Versickerung von Dachflächenwasser und sonstigen versiegelten Flächen mit einer Infiltration z. B. über Mulden-Rigolensysteme kommt hinzu. Der Oberflächenabfluß kann im Randbereich von versiegelten Flächen zwischengespeichert werden und bei entsprechender Oberflächenbeschaffenheit versickern (LERNER 1997). Es kommt zu lokalen Bereichen mit erhöhter Versickerungskapazität und Grundwasserneubildung, die durch potentiell geringere Evapotranspiration noch erhöht wird. 4. Die Grünflächen im Stadtbereich unterliegen der erhöhten potentiellen Verdunstung, was zu einer größeren aktuellen Verdunstungsrate und somit zu einer Verringerung der Grundwasserneubildung im Vergleich zum Umland führen kann. Ohne Berücksichtigung der Windabschirmung durch Gebäudekomplexe steigt die potentielle Verdunstung bei völliger Versiegelung um etwa 20 % an, der Gesamtabfluß steigt ebenfalls und die Grundwasserneubildung geht gegen 0 mm. Bei einer kompletten Versiegelung wird die Wasserbilanz hauptsächlich von Niederschlag und Oberflächenabfluß bestimmt. Im Falle einer signifikanten Windabschirmung durch Gebäude sinkt jedoch die aktuelle Verdunstung. Der durch Urbanisierung erhöhte Oberflächenabfluß muß nicht zwingend zu einer Verringerung der Grundwasserneubildung führen (LERNER 1997). Demgegenüber machen sich die Auswirkungen der Versiegelung bei einer Untersuchung urbaner Räume im Ruhrgebiet nach MEßER (1997) auf die Grundwasserneubildung ab 15 % bei Sand- und ab 30 % bei Lehmboden bemerkbar. MEßER (1997) stellte fest, daß die Grundwasserneubildung um 11 - 12 % (rd. 10 %) bei einer Zunahme der Versiegelung um 10 % sinkt, während bei 100 % Versiegelung eine Grundwasserneubildung von 7 - 20 % (rd. 10 - 20 %) der Grundwasserneubildung unversiegelter Flächen auftritt. Auf Basis dieser vereinfachenden Modellvorstellung wurde eine Relation von Versiegelungszuwachs zu Grundwasserneubildungsreduktion entsprechend Tab. 3.1 aufgestellt, mit Literaturdaten zu den verschiedenen geologischen Einheiten verknüpft und eine Abschätzung der Grundwasserneubildungsreduktion im urbanen Raum mit Hilfe der Versiegelungsgrade durchgeführt (Kap. 3.8 u. Abb. 3.18). Hierbei wird von der sicherlich stark vereinfachenden Modellvorstellung 52 ausgegangen, daß die Grundwasserneubildung hierbei lediglich vom Parameter der Versiegelung abhängig ist und keine weiteren Einflußgrößen hinzukommen. Die in Abschnitt 3.8 u. 3.8.1 aufgeführten weiteren Einflußgrößen werden hierbei vernachlässigt und ceteris-paribus lediglich die zwei Parameter Versiegelung und Grundwasserneubildung untersucht. Entsprechend der ceterisparibus-Klausel (Modellvorstellung) bleiben sämtliche weiteren relevanten Einflußgrößen konstant. Tab. 3.1: Versiegelungsgrad und Abschätzung der Reduktion von Grundwasserneubildung im Verhältnis zur natürlichen Grundwasserneubildung (vgl. MEßER 1997) Klasse Versiegelungsgrad (%) Abschätzung der Grundwasserneubildung (%) Mittelwert (%) 5 81 - 100 10 - 20 15 4 61 - 80 30 - 40 35 3 41 - 60 50 - 60 55 2 21 - 40 70 - 80 75 1 0 - 20 90 - 100 95 0 0 100 100 N W E S GWneu nat.: 40 mm GWneu nat.: 78 mm GWneu nat.: 155 mm Grenze Kristallin/Perm Grenze Granodiorit/Perm Rheingrabenverwerfung Stadtgrenze GW -Neubildung (mm) 0 1 2 Kilometer 6 6 - 14 Rheingrabenverwerfung 14 - 23 Grenze Granodiorit/Perm 0 23 - 27 Grenze Kristallin/Perm 27 - 30 GW - Neubildung in % zur natürlichen GW neu 30 - 40 < 15 40 - 43 15 - 34 43 - 59 35 - 54 59 - 78 55 - 74 78 - 85 75 - 94 85 - 116 95 - 100 116 - 155 Unbebautes Gebiet ~ 100 % GWneu 2 4 Kilometer Abb. 3.18: Abschätzung der Grundwasserneubildungsreduktion auf Basis der Versiegelungsgrade 3 Ohne Rohrnetzverluste; die Daten der mittleren natürlichen Grundwasserneubildung entstammen HÖLTING (1992) 3 53 Die absolute Grundwasserneubildung kann hier lediglich zur Verdeutlichung der allgemeinen Relation zwischen den Neubildungen im Bereich des Kristallins (rd. 80 mm), Rotliegenden (rd. 40 mm) und Quartär (ca. 160 mm) herangezogen werden. Der zeitliche Verlauf der Grundwasserneubildung in entsprechenden hydrogeologischen Einheiten wird in Kapitel 7 abgehandelt. In Abb. 3.18 wird deutlich, daß insbesondere im Innenstadtbereich sich der Prozeß voranschreitender Versiegelung mit der schon geringen Grundwasserneubildung im Kristallin sowie Rotliegenden überlagert und zu noch niedrigeren Neubildungsraten führt. Dies wird durch die Ganglinienanalyse der vorflutfernen Meßstellen im Stadtzentrum bestätigt (Kap. 7). Diesem Prozeß zunehmender Versiegelung steht die Zunahme künstlicher Grundwasserneubildung gegenüber. Für die Stadt München wird von LERNER (1997) eine Abschätzung der Rohrnetzverluste von 5 % bzw. 22 mm/a angegeben. Für die Stadt Darmstadt ergibt sich bei einem jährlichen Wasserverbrauch von rd. 9,3 Mio. m³ (1997) und einem Maximum an Rohrnetzverlusten von 5 % (Angaben der SÜDHESSISCHEN GAS- UND W ASSER AG) eine Verlustmenge von maximal 465.000 m³. Für eine angenommene bebaute wirksame Gesamtfläche von rd. 36,6 km² berechnet sich hieraus die künstliche Grundwasserneubildung aus Verlusten der öffentlichen Wasserversorgung zu ca. 13 mm/a. Im Verhältnis zur natürlichen Grundwasserneubildung im Hessischen Ried und vergleichbaren Gebieten ist dieser Betrag relativ niedrig, in Relation zur berechneten Grundwasserneubildung bei starker Versiegelung im kristallinen Kluftgrundwasserleiter jedoch durchaus relevant. Unter Annahme einer urbanen Grundwasserneubildung von rd. 10 mm im Stadtzentrum östlich der Verwerfungslinie erhöht sich dieser Betrag um über 100 % auf rd. 20 - 25 mm bei Berücksichtigung der Rohrnetzverluste (Abb. 3.18). Ein Teil der Grundwasserbilanz in Stadtzentren kann somit durch die öffentliche Wasserversorgung gesteuert werden. Nach LERNER (1990 zit. in LERNER 1997) liegt der Importbetrag der öffentlichen Wasserversorgung oft bei 300 bis 700 mm/a und ist somit größer als die mittlere Niederschlagshöhe in ariden und semiariden Klimagebieten. In Darmstadt sind die Verlustbeträge in Relation zu diesen sicherlich systemsteuernden leakage-Mengen in anderen urbanen Regionen relativ niedrig. Der größte Anteil der urbanen Grundwasserneubildung wird i. a. durch Verluste aus dem Rohrnetz verursacht. LERNER (1997) gibt für England als normal angesehene Verluste von 20 - 25 % an. Bei jungen, gut gewarteten Netzen wird ein Verlust von 8 %, wie z. B. in Hongkong, angesetzt. Ein Teil der Verluste kann zur Grundwasserneubildung beitragen. Der Rest wird in Kanalsystemen, die meist tiefer als die Versorgungsleitungen liegen, zwischengespeichert und abgeführt. Dieser Betrag tritt nicht als Neubildung in Erscheinung. Selbst in humiden Bereichen kann der leakage-Anteil die Grundwasserneubildung durch Regen übertreffen (LERNER 1997). 3.8.2 Natürliche Grundwasserneubildung Die Grundwasserneubildung in natürlichen Gebieten kann mit Hilfe einer Vielzahl von Methoden bestimmt werden. HÖLTING (1992) gibt Grundwasserneubildungsraten an, die mit dem MoMNQVerfahren sowie anhand von Lysimetermessungen ermittelt wurden. BJÖRNSEN (1982) und JUSTEN (1999) ermittelten die Neubildungen anhand der Eichung eines mathematischen Strömungsmodells. Die mittleren jährlichen Grundwasserneubildungsraten im Bereich des Schwarzbachgebietes betragen nach Daten von REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT (1993) im Bereich der Hochflutablagerungen westlich von Groß-Gerau und in dicht bebauten Gebieten wie Darmstadt rd. 0 bis 60 mm, im mittleren 54 Bereich des Schwarzbachgebietes bei Groß-Gerau 60 bis 155 mm und weiter im Osten westlich der Rheingrabenverwerfung meistens 155 bis 345 mm (Lage s. Abb. 3.1). Nach BJÖRNSEN (1982) beträgt die Grundwasserneubildung, die anhand eines Grundwassermodells mit Zellgrößen von 1000 x 1000 m bestimmt wurde, für den Eichzustand von 1977 zwischen rd. 45 und 125 mm im nordwestlichen Stadtgebiet und 190 - 250 mm im westlich sich anschließenden unbebauten Bereich. Im nordwestlichen Bereich des Stadtgebietes wurde von JUSTEN (1999) für das Naßjahr 1995 anhand eines Strömungsmodells (100 m Raster) sowie mit Hilfe der Analyse von Grundwasserganglinien eine niedrigere mittlere Grundwasserneubildung von rd. 140 mm bestimmt (zur Lage des Modells vgl. Abb. 3.5). HÖLTING (1992) gibt für das Odenwaldkristallin eine Grundwasserneubildungshöhe von 60 - 95 mm im Jahr, für paläozoische Sedimente 20 - 60 mm und für das Quartär im südlichen Bereich des Oberrheingrabens einen Mittelwert von 155 mm an. 3.8.3 Randzuflüsse Die Randzuflüsse der oberen freien Grundwasserleiter ergeben sich unter der Voraussetzung, daß oberirdisches und unterirdisches Einzugsgebiet identisch sind und ohne Berücksichtigung der Versiegelung nach folgender Gleichung: (3.2) QR,nat = (GNREZ ⋅ AREZ) / LREZ Mit Berücksichtigung der versiegelten Flächen im Bereich des REZ ergibt sich der Randzufluß aus: (3.3) QR,vers = (GNVR ⋅ AREZ) / LREZ GNREZ AREZ LREZ REZ GNVR (vgl. Kap. 3.2) Grundwasserneubildung im Randeinzugsgebiet Fläche des Randeinzugsgebietes bis zur Verwerfungslinie Länge der Verwerfungslinie im Randeinzugsgebiet Randeinzugsgebiet durch Versiegelung reduzierte Grundwasserneubildung im REZ Tab. 3.2: Bestimmung des mittleren Randzuflußes REZ AREZ (km²) GNREZ (mm/a) GNVR (mm/a) LREZ (m) QR, nat (l/s⋅km) QR, nat (m³/a) QR, vers (l/s⋅km) QR, vers (m³/a) Darmbach Ruthsenbach 15,2 26 60 - 95 20 - 60 51 - 81 19,8 - 59,4 4330 2790 6,7 - 10,6 5,9 - 17,7 912.000 - 1.444.000 520.000 - 1.560.000 5,7 - 9 5,85 - 17,55 775.200 - 1.231.200 514.800 - 1.544.400 Oberfeld 2,6 20 - 60 18 - 54 1560 1,1 - 3,2 52.000 - 156.000 0,95 - 2,85 46.800 - 140.400 Die Versiegelung macht sich insbesondere im REZ Darmbach mit einer Reduktion des Randzuflusses um rd. 15 % bemerkbar. Beim REZ Ruthsenbach reduziert sich der Betrag um lediglich 1 %, während im Bereich des dichter bebauten Oberfeldes 10 % Reduktion des Randzuflusses errechnet wurden. Kanal- und Rohrnetzverluste sowie sonstige künstliche Infiltrationen (Versickerungsorgane) wurden hierbei nicht berücksichtigt. BJÖRNSEN (1982) gibt Randzuflüsse für den südlichen Bereich des Gebietes bis zum Stadtzentrum von 20 l/s⋅km im oberen und 5 l/s⋅km im tieferen Grundwasserleiter 55 sowie 13 l/s⋅km im nördlichen Bereich (Ruthsenbach) an. Hier ist im Randbereich nur ein Grundwasserleiter ausgebildet. Im Bereich des REZ Ruthsenbach liegt der mittlere Randzufluß entsprechend den Kalkulationen in Tab. 3.2 bei 11 - 12 l/s⋅km und stimmt somit relativ gut mit den Daten von BJÖRNSEN (1982) überein. Demgegenüber errechnet sich im südlichen Gebiet (Darmbach) der mittlere Randzufluß zu 7 - 8 l/s⋅km und liegt rd. 50 % unter den Angaben nach BJÖRNSEN (1982), die hier entsprechend den o. g. Modellvorstellungen zu hoch angesetzt wurden. 3.8.4 Versickerung von Regenwasser Unter optimalen hydrogeologischen Randbedingungen kann durch Versickerungsorgane eine Entlastung der Kanalbauwerke und eine Erhöhung der Grundwasserneubildung erreicht werden, wobei ein ausreichender Flurabstand zur Sicherung der Grundwasserqualität beizubehalten ist. Insbesondere bei oberflächennahen Grundwasserständen besteht jedoch auch die Gefahr, daß in Feuchtperioden Vernässungsschäden in der Nachbarbebauung auftreten. Die Auswirkung der Versickerung von Dachflächenwasser wurde an einem Standort im Modellgebiet Arheilgen untersucht (L 37, Lage s. Abb. 3.5). Für die geplante Neubaufläche von 0,13 km² und ein Versickerungsvolumen von rd. 60.000 m³/a wurde mit Hilfe eines stationär angepaßten Strömungsmodells eine Aufspiegelung von 0,15 bis 0,3 m im Stadtgebiet Arheilgen berechnet (JUSTEN 1999). 3.8.5 Einzelfallrecherche an einem ins Grundwasser reichenden Bauwerk Zur Untersuchung des Einflusses ins Grundwasser reichender Bauwerke wurde als Modellbeispiel ein Untersuchungsgebiet im Osten des Stadtgebietes von Darmstadt etwa 400 m südöstlich des Großen Woogs ausgewählt (L 10, Abb. 3.5 u. 3.19). In dem hier betrachteten Gebäude traten von 1998 bis April 1999 zeitweise starke Wasserzutritte auf. Die Kellersohle liegt bei 149 m ü. NN und ca. 4 m u. Gel. Als Vorflut fungiert der Darmbach, der in den Großen Woog entwässert und hier aufgestaut bzw. in die städtische Kanalisation eingeleitet wird. In unmittelbarer Nähe des Erkundungsgebietes befindet sich somit kein natürlicher Vorfluter. Ein Kanalstrang des Städtischen Entwässerungssystems verläuft südlich des Gebäudes in EWRichtung. Die Kanalsohle befindet sich etwa bei 149,3 bis 148,8 m ü. NN (Abb. 3.19). Die Sohle des westlich des Arbeitsgebietes in NS-Richtung verlaufenden Kanals befindet sich ca. bei 148,9 m ü. NN. Die Geländeoberfläche fällt im allgemeinen von E nach W ab, wobei im Norden der Höhenzug der Mathildenhöhe und im Osten das Tal des Großen Wooges maßgeblich die morphologischen Verhältnisse prägen (Abb. 3.19). Die Geländehöhe im Bereich des Gebäudes liegt bei 153 m ü. NN. Das Gelände steigt im untersuchten Bereich lokal nach Norden, Süden und Osten an und fällt nach Westen zum Schloß von Darmstadt hin ab. Das Untersuchungsgebiet befindet sich somit in einer ausgesprochenen Tallage und gehört zum ehemaligen Darmbachtal, das sich in den z. T. vergrusten Granodiorit des Darmstädter Stadtgebietes eingeschnitten hat. Überlagert wird das Kristallin von quartären Flugsanddecken unterschiedlicher Mächtigkeit und Ausbreitung. Vor Abteufung der hier niedergebrachten Sondierungen mußte eine 0,1 bis 0,35 m mächtige Beton-, Teer- bzw. Schotterschicht aufgebrochen werden. Darunter folgt bis in eine Tiefe von maximal 3,60 m unter GOK eine anthropogene Auffüllung. Die Mächtigkeit dieser Auffüllung schwankt zwischen 1,8 und 3,5 m. Diese Schicht weist eine sehr heterogene Korngrößenzusammensetzung von tonig-schluffig bis grobkiesig und steinig mit eingelagerten Ziegelund Schlackeresten auf. Im Liegenden folgen fluviatile Sedimente, die vom ehemaligen Darmbach 56 abgelagert wurden. Sie weisen eine Korngröße im Feinsandbereich mit Schluff- und organogenen Komponenten auf. Es handelt sich hierbei wahrscheinlich um umgelagerte Flugsande. Darunter steht beige-gelber Mittel- bis Feinsand an. Im Liegenden wurde der vergruste Granodiorit erbohrt. Die Grundwasserströmung folgt in etwa den morphologischen Gegebenheiten von Ost nach West. Die Grundwasseroberfläche weist ein relativ starkes Gefälle von ca. 5 % auf. Zur Darstellung der hydrogeologischen Gegebenheiten in unmittelbarer Nähe der Wohnbebauung wurde ein hydrogeologischer Schnitt durch die Meßstellen und den Keller des Gebäudes gelegt (Abb. 3.19). Die Grundwasseroberfläche fällt zum Gebäude hin ab und lag im April 1999 in Gebäudenähe über der Kellersohle. W oog E rku n d u ng s ge b ie t M athi l den höh e Ge län deh öh e m ü. NN E GOK GW M 1 W M BK 2 15 3 H ö he m + N N 15 2 G eb ä u d e 15 1 K anals y ste m (S c he ma) A pril 99 15 0 F eb 9 9 M ai 9 9 A pril 99 S ep 99 Feb 99 P ot en tialb ereich Kan alsyst em 14 9 M ai 99 Q S ep 99 14 8 0m 1 m 2 m 3m 4m Abb. 3.19: Geländemorphologie und hydrogeologischer Schnitt in Gebäudenähe Im Sommerhalbjahr sanken die Grundwasserstände und lagen im September 1999 in Gebäudenähe unter der Bodenplatte. Der Wasserandrang im Gebäudekeller bestätigt diese Verhältnisse (Abb. 3.20). Die Höhenlagen des städtischen Kanalnetzes begünstigen im Falle tiefer Wasserstände, z. B. während Trockenperioden, eine abschnittsweise Infiltration aus dem Kanalnetz in das Grundwasser. 57 Bei oberflächennahen Grundwasserständen, wie sie im Osten von Darmstadt im Bereich des Kristallins auftreten, in Verbindung mit nicht sachgemäßer Dränung oder Abdichtung von Bauwerken muß insbesondere in Naßperioden mit Vernässungsschäden gerechnet werden. Ähnliche Verhältnisse sind auch im Nordwesten der Stadt zu erwarten, falls die Wasserförderung für industrielle Zwecke - evtl. zu Naßperioden - reduziert wird und die vormals abgesenkten Wasserstände auf ihr natürliches Niveau wieder ansteigen. Nach JUSTEN (1999) stellt sich hier in Gebieten mit vormals 3 bis 8 m Flurabstand ein oberflächennaher Grundwasserstand mit maximal 2 bis 3 m Flurabstand ein. Bei entsprechenden Gründungstiefen sowie nicht ausreichender Dränung und Abdichtung besteht hier die Gefahr von Wassereinbrüchen im Kellerbereich der Gebäude. Die anfallenden und in das Kanalnetz abgeführten Mengen sind lokal je nach Gebäudeart, Gründungstiefe, hydraulischen sowie klimatischen Verhältnissen unterschiedlich. Durch ins Grundwasser reichende Bauwerke wird im allgemeinen der Wasserspiegel lokal abgesenkt und im Falle einer vorhandenen wirksamen Drainage oder bei Wassereinbrüchen dem Grundwasserhaushalt lokal entzogen. GWM1 GWM2 GWM3 GWM4 GWM5 BK 1 BK 2 150,5 150,3 150,1 m ü. NN 149,9 149,7 149,5 149,3 Schwankung = 0,9 m Gebäudesohle 149,1 148,9 148,7 148,5 Jun 98 Jul 98 Jul 98 Aug 98 Sep 98 Okt 98 Nov 98 Dez 98 Jan 99 Mrz 99 Apr 99 Mai 99 Mai 99 Jul 99 Jul 99 Aug 99 Sep 99 Okt 99 Nov 99 Datum anf allende W as s er menge 35 1800 Durchs chnittlicher Was s erandrang (m³/ T ag) 1600 Z ählers tand (m³) 1400 15 Per. gleitender Durchs chnitt (Durchs chnittlicher Was s erandrang (m³/ T ag)) 1200 30 25 20 1000 15 800 600 10 400 5 200 0 01.08.98 0 31.08.98 30.09.98 31.10.98 30.11.98 31.12.98 30.01.99 01.03.99 01.04.99 D at um Abb. 3.20: Ganglinien, Wasserandrang, Kellersohle und Kanalsohlen 01.05.99 01.06.99 58 4 Datengewinnung und Datenbeschreibung Die größten Defizite im Datenbestand waren im Bereich der Grundwasserbeschaffenheitsdaten zu verzeichnen, so daß ein großer Teil der Datenakquisition den Bereich der Grundwasserchemie betrifft. Im Zuge der Ermittlung von hydrochemischen Daten wurden meist auch hydraulische Informationen gewonnen (Pumpversuche und Grundwasserstandsmessungen). Ein Teil der genutzten Daten zur Hydrochemie ist in HECKWOLF (1999) dokumentiert. Zusätzliche Informationen zur Grundwasserentnahme und Hydraulik entstammen REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT (1985), TGU (1996), GREIFENHAGEN (1997), MIKAT (1998) sowie JUSTEN (1999). Zuerst werden die selbst durchgeführten Messungen (Geländemethoden) beschrieben und anschließend folgt in den Kapiteln 4.3 sowie 4.4 die Beschreibung weiterer Informationsquellen wie z. B. Gutachten, Pumpversuche, Karten etc. 4.1 Geländemethoden 4.1.1 Probenahme Zur Gewinnung von Aufschlüssen über die Grundwasserverhältnisse im Untersuchungsraum wurden in den Jahren 1997, 1998 und 1999 mehrere Geländekampagnen durchgeführt, bei denen folgende Aspekte im Vordergrund standen: • • • • Grundwasserbeschaffenheit in Grundwassermeßstellen und Notbrunnen der Stadt Herausfilterung der geogenen und natürlichen Hintergrundbelastung Lokalisierung neuer Meßstellen und Erschließung anderer Informationsquellen Zeitliche und räumliche Variation der Grundwasserstände und -temperaturen Zur Klärung der hydrochemischen Verhältnisse wurden Grundwasserproben anhand von Pumpversuchen an Notversorgungsbrunnen gewonnen. Zusätzlich konnten Schöpfproben in Grundwassermeßstellen genommen werden. 4.1.1.1 Pumpversuche Vor der Durchführung eines Pumpversuchs wurde im jeweiligen Brunnen zuerst der Grundwasserstand ermittelt und anschließend die Grundwassertemperatur tiefenorientiert gemessen (Temperaturprofil). Bei der Probenahme an Brunnen wurde der Pumpstrom in ein 20-l-Gefäß umgeleitet, in dem sich die Sonden der Meßinstrumente zur Bestimmung der Vor-Ort-Parameter elektrische Leitfähigkeit, Temperatur, O2-Gehalt, pH-Wert und Redoxpotential befanden. Diese 5 Parameter wurden während der Pumpphase kontinuierlich gemessen und in 5-minütigen Intervallen dokumentiert. Je nach Verlauf der Meßwerte und Entnahmemenge bzw. Ergiebigkeit des Brunnens diente als Entscheidungskriterium zur Entnahme einer repräsentativen Grundwasserprobe die Konstanz des Parameters elektrische Leitfähigkeit, oder die Probenentnahme fand am Ende der Pumpphase von 30 - 40 Minuten statt. Die Brunnen werden nach 3 bis 20 Minuten mindestens einmal völlig leergepumpt, so daß hier von einem repräsentativen Probenvolumen für den jeweiligen Grundwasserleiter ausgegangen werden kann. Es erfolgte eine Aufteilung dieser repräsentativen zum Zeitpunkt mit konstanter elektrischer Leitfähigkeit entnommenen Probe in 4 Teile. Der 1. Teil stand zur Bestimmung des M-Werts anhand von Mikrotitration zur Verfügung. Der 2. Teil (250 ml) wurde gekühlt ins hydrochemische Labor des Geologischen Instituts zur Analyse gebracht (Kap. 4.2). Die dritte Probe (125 - 250 ml) diente als Rückstellprobe und wurde eingefroren. Danach erfolgte noch eine 4. 59 Probenahme mit 1 l Volumen zur Isotopenbestimmung des Wasserstoffisotops Tritium. Die Pumpversuche mit detaillierten Untersuchungen wurden 1997 im April und 1998 im März und Juni an den meisten der Notversorgungsbrunnen in Darmstadt durchgeführt. Zur besseren Vergleichbarkeit der Untersuchungsergebnisse erfolgte im gleichen Zeitraum die Probenahme in den amtlichen Grundwassermeßstellen der Stadt Darmstadt sowie in verschiedenen stehenden und fließenden Oberflächengewässern, gefaßten Quellen und in zwei Kellern (Kap. 4.1.1.3). Außerdem wurden 1998 Niederschlagsproben an zwei verschiedenen Lokalitäten in Darmstadt genommen (Kap. 4.1.1.4). 4.1.1.2 Schöpfproben In den Grundwassermeßstellen erfolgte die “einfache“ Probenahme mit Hilfe von Schöpfgeräten. Insbesondere da sich einige dieser Meßstellen in dicht bebauten und stark mit Publikumsverkehr belegten Bereichen der Stadt (Einkaufspassagen, Fußgängerzone und Marktplatz) befinden, wurde hier auch aus Sicherheitsgründen auf eine Probenahme mittels Pumpversuch verzichtet. Die so gewonnene Probe bildet lediglich die Beschaffenheiten der jeweiligen Meßstelle ab und ist nicht unbedingt repräsentativ für den aufgeschlossenen Grundwasserleiter. Unter Berücksichtigung und Hinzunahme der Untersuchungsergebnisse an den Notbrunnen (Kap. 9) können jedoch Aussagen über die Grundwasserbeschaffenheit und deren räumliche Variation gemacht werden; insbesondere wenn diese durch eine große Anzahl von Meßwerten statistisch untermauert werden. Zur Gewinnung der Proben wurde ein handelsübliches Schöpfgerät von 4 cm Durchmesser sowie zwei eigens hierfür entwickelte Probennehmer von 2,7 cm und 1,6 cm Durchmesser verwendet. Die Probennahmen erfolgten im März, Mai, Juli und September 1998 sowie im Februar 1999. Die Erkundungen im Stadtzentrum wurden im Mai 1998 von Mitarbeitern des Vermessungsamtes der Stadt Darmstadt begleitet, so daß auch sonst unzugängliche Lokalitäten hier beprobt werden konnten. Die Grundwassermeßstellen befinden sich unter der Geländeoberfläche und sind ohne orts- und sachkundigen Beistand nicht lokalisierbar. Direkt nach der Probenahme konnten auch hier die VorOrt-Parameter - aus zeitlichen Gründen reduziert auf die elektrische Leitfähigkeit, pH-Wert, Temperatur sowie M-Wert - bestimmt und zwei Grundwasserproben entnommen werden. 4.1.1.3 Quellen, Oberflächengewässer und Keller An den Quellen des Darmbachs und benachbarten Gewässern sowie an stehenden Oberflächengewässern wurden im März und Mai 1998 Proben genommen und die in Kap. 4.1.2 sowie 4.2 aufgeführten Parameter bestimmt. Gleichzeitig erfolgten mehrere Messungen der Quellschüttung (Gefäßmessung). Folgende Lokalitäten wurden hierbei untersucht: Darmbachquelle, Kahlertsbrunnen, Albertsbrunnen, Eleonorenbrunnen, Molkenbrunnen, Quelle des Herrgottsbrunnens, Großer Woog, Bessunger Kiesgrube, Goetheteich, Darmbach, Herrgottsbach, Quellen im Bereich der Ostwand der Bessunger Kiesgrube, Felsenkellergewölbe in der Dieburgerstraße 80 und Keller eines öffentlichen Gebäudes im Stadtzentrum (Woogsviertel). 4.1.1.4 Niederschlagsproben Um qualitative Aussagen zu einem potentiellen Schadstoffeintrag über den Niederschlag im hier untersuchten urbanen Bereich treffen zu können, erfolgte eine Probenahme mit Hilfe eines handelsüblichen Niederschlagsmeßgerätes in einer Höhe von 1 m über Gelände in den Monaten März, April und Mai 1998 sowie eine Analyse der Parameter unter Pkt. 4.2. 60 4.1.2 Feldanalytik und Vor-Ort-Parameter Die Parameter elektrische Leitfähigkeit, Temperatur, pH-Wert, M-Wert, O2-Gehalt und Redoxpotential sollten am Meßort im Gelände und in-situ bestimmt werden. Zur Messung der elektrischen Leitfähigkeit und der Temperatur im Gelände kam ein Conduktometer LF-191 von WTW zum Einsatz. Die elektrische Leitfähigkeit wird hierbei aus der Messung des Widerstandes zwischen zwei Elektroden von jeweils 1 cm² Fläche und einem Abstand von 1 cm gemessen. Sie entspricht dem Kehrwert des elektrischen Widerstandes und wird hier in der Einheit µS/cm angegeben. Der pH-Wert sowie Redoxpotential wurden entweder mit einem WTW pH-320 Microprozessor pH-Meter oder mit dem WTW pH-91 pH-Meter gemessen. Zur Ermittlung des Sauerstoffgehaltes diente das WTW Microprozessor Oximeter OXI-96. Der M-Wert wurde anhand von Mikrotitration bis pH 4,3 mit dem Alkalitätstest AQUAMERCK im Gelände analysiert. 4.1.3 Grundwasserstände Zur Bestimmung der zeitlichen und räumlichen Variation von Piezometerhöhen kamen GrundwasserDatensammler mit kontinuierlicher digitaler Grundwasserstandsaufzeichnung und handelsübliche Abstichmessungen mittels Lichtlot zum Einsatz. In den amtlichen Meßstellen und Notbrunnen der Stadt wird z. T. seit 1985 monatlich bzw. vierteljährlich der Grundwasserstand gemessen. Außerdem wurden eigene Meßreihen im Bereich des Stadtzentrums durchgeführt. 4.1.3.1 Grundwasserstandsmessungen Unter Verwendung sämtlicher Grundwassermeßstellen, Notbrunnen und Rammfilterpegel liegt somit ein nahezu flächendeckendes Netz von Grundwasseraufschlüssen im gesamten Stadtgebiet und in benachbarten Bereichen vor. Die 377 Meßorte weisen eine stark variierende Datengüte in bezug auf die erhobenen Meßwerte auf. Die im Rahmen dieser Arbeit wichtigsten Lokalitäten sind: • amtliche Grundwassermeßstellen der Stadt Darmstadt • Notbrunnen der Stadt • neu eingerichtete Grundwassermeßstellen (Woogsviertel) (Anzahl: 114) (Anzahl: 18) (Anzahl: 7) Je nach gegebener Fragestellung wurden weitere Meßorte, an denen Grundwasserdaten dokumentiert waren, hinzugezogen, jedoch nicht eingehender untersucht: • • • • • Landesgrundwasserdienst (HLfU) (Anzahl: 6) industrielle Entnehmer (Anzahl: 183) Kontaminationen und Altlasten (Anzahl: 17) Baugrunduntersuchungen (Anzahl: 27) Sonstige (Anzahl: 5) Diese Meßpunkte sind räumlich nicht homogen verteilt (vgl. Kap. 2.4.1), so daß die Aussagekraft der ermittelten Grundwassergleichen in Bereichen mit geringer Meßstellendichte entsprechend reduziert ist. Neben der räumlichen Lage der Grundwasseroberfläche soll hier insbesondere deren zeitliches Variationsmuster ermittelt werden. Basis hierfür liefern die Grundwasserstandsmessungen in den amtlichen Meßstellen im einmonatigen Meßrhythmus (ab Mai 1997: zweimonatig) und in den Notbrunnen in vierteljährlichem Intervall. Außerdem wurden von August 1998 bis Dezember 1999 zur besseren zeitlichen Auflösung der Schwankungen des Grundwasserstandes in verschiedenen Meßstellen Messungen im zweiwöchentlichen Intervall durchgeführt. Ganglinien sind somit aufgrund unterschiedlicher Meßrhythmen in verschiedenen zeitlichen Auflösungen generierbar. 61 Abb. 4.1: Lage der Meßorte Im Rahmen dieser Arbeit wurden neben eigenen Messungen mikroprozessorgesteuerte Meßsysteme in verschiedenen Grundwassermeßstellen der Stadt Darmstadt eingesetzt, so daß folgende zeitliche Auflösungen der Daten vorhanden sind: • vierteljährliche Messung der Notbrunnen • monatliche bzw. ab 1997 zweimonatliche Messung der amtl. Grundwassermeßstellen • zwei- bis vierwöchentliche Messung ab 8 / 98 an speziellen selbst eingerichteten GWMs • zweiwöchentliche Messungen an speziellen Grundwassermeßstellen der Stadt Darmstadt • stündliche digitale Grundwasserstandsaufzeichnung an fünf Grundwassermeßstellen 62 4.1.3.2 Digitale Grundwasserstandsaufzeichnung In fünf verschiedenen Grundwassermeßstellen der Stadt wurden Grundwasser-Datensammler mit kontinuierlicher digitaler Grundwasserstandsaufzeichnung implementiert. Der Durchmesser des Gerätes beträgt 4,5 cm, so daß manuelle Messungen i. d. R. nicht behindert werden können. Tab. 4.1: Meßorte mit kontinuierlicher digitaler Grundwasserstandsaufzeichnung Lage der Meßstellen Lok.-Bezeichnung Einbau Ausbau Lichtwiese Bessunger Kiesgrube Schloß Martin-Buber-Str. 32 Wixhausen (Kirche) GWM 96 GWM 77 GWM 67 MBK 1 GWM 100 10 / 98 10 / 98 10 / 98 3 / 99 6 / 99 11 / 99 11 / 99 11 / 98 ausgefallen 12 / 99 Die Geräte wurden meist vor der Frostperiode im Herbst 1998 installiert und ein Teil fiel im folgenden Winter zeitweise aufgrund der extrem tiefen Temperaturen aus. Dies ist mit hoher Wahrscheinlichkeit auf Einfrieren von Kondenswasser im Bereich der Kolbenpumpe innerhalb des Meßgerätes und nicht auf einen Hardwaredefekt zurückzuführen. Der nach dem Luft-Einperlprinzip arbeitende Datensammler der Marke ORPHIMEDES dient vorzugsweise zur Messung und anschließenden Speicherung von Grundwasserständen, wobei die Meßintervalle je nach Bedarf programmierbar sind. Pumpe Stromversorgung 4 x 1,5 V Steuerung und Datenspeicher IRDA Schnittstelle Infrarot Datentransfer Laptop PC Auslesen der Daten und Programmierung der Steuerung (Meßintervalle etc.) Meßleitung Ausperltopf Abb. 4.2: Grundwasserdatensammler und Datenweitergabe Die durch eine Kolbenpumpe erzeugte Druckluft strömt über eine Meßleitung und den Ausperltopf in das zu messende Grundwasser ein. Der Überdruck in der Meßleitung ist direkt proportional zur grundwassererfüllten Mächtigkeit in der Grundwassermeßstelle. Barometrischer Luft- und Einperldruck werden nacheinander ermittelt und durch Differenzbildung der beiden Signale die Höhe der Wassersäule berechnet. Die Datenweitergabe der gespeicherten Meßwerte läuft über eine Infrarot-Schnittstelle (IRDA) zum berührungslosen Auslesen mittels Laptop (Abb. 4.2 ). 63 4.1.4 Hydraulische Versuche An den im Rahmen dieser Arbeit eingerichteten 8 Meßstellen und den städtischen Notbrunnen wurden zur Ermittlung hydraulischer Kennwerte Auffüll- und Kurzpumpversuche durchgeführt. Weitere umfassende Dokumentationen über die Pumpversuche an den Notbrunnen sowie Ergebnisse instationärer und stationärer Auswertung wurden aus GREIFENHAGEN (1997) entnommen. 4.1.5 Geologische Erkundungen und Trennflächenmessungen Im untersuchten Raum ist aufgrund der nahezu flächendeckenden Bebauung nur eine sehr geringe Anzahl von natürlichen Aufschlüssen vorhanden. Neben der ehemals als Steinbruch genutzten Lokalität der Bessunger Kiesgrube, Goethefelsen und Dommersberg lassen sich hauptsächlich aus künstlichen Aufschlüssen Informationen zur Geologie und Tektonik ableiten. Es wurden sechs Rammkernsondierungen und zwei Kernbohrungen im vergrusten Kristallin und eine Rammkernsondierung in den quartären Deckschichten des Rheingrabens in Zusammenhang mit der Einrichtung von Grundwassermeßstellen abgeteuft. Weitere drei Bohrungen mit über 30 m Tiefe im Bereich der Wilhelm-Leuschner-Schule konnten bei den Bohrarbeiten begleitet werden. Zur Klärung der Raumstellung des Kluftinventars im Darmstädter Pluton sowie der im Südosten angrenzenden Gesteinskomplexe wurden zusätzlich Kluftmessungen und geologische Erkundungen an folgenden fünf Lokalitäten durchgeführt: • Felsenkeller in der Dieburger Straße (Darmstadt Nordost) • Goethefelsen im Südosten Darmstadts (Nähe Böllenfalltor) • Dommersberg östlich von Darmstadt • Bessunger Kiesgrube (Darmstadt Süd) • Vivarium / Lichtwiese (Darmstadt Ost) 4.2 Laboranalytik Die chemischen Analysen der anorganischen Inhaltsstoffe wurden im hydrochemischen Labor des Geologischen Instituts in Darmstadt vorgenommen. Folgende Parameter wurden hierbei bestimmt: • Hauptkationen: + + 2+ Na , K , Ca , Mg 2+ + sowie teilweise Gesamt-Fe und NH4 . • Hauptanionen: - 2- - 3- Cl , SO4 , NO3 sowie teilweise PO4 . Die Kationen wurden mit Atomabsorptionsspektralphotometrie anhand eines Flammen-AAS Modell PYE-UNICAM SP-9 analysiert. Zur Bestimmung der Anionenkonzentrationen kam ein HPLC + Ionenchromatograph W ATERS 501 mit einem Modell 430 Leitfähigkeitsdetektor zum Einsatz. NH4 wurde mit einem Photometrie Schnelltest MERCK SPEKTROQUANT und einem GBC-UV-VIS-918 Photometer analysiert. Die Bestimmung der organischen Parameter BTEX, MTBE und LHKW erfolgte durch einen Gaschromatograph mit Massenspektrometer (GC-MS) am Geologischen Institut der Universität Tübingen. Genauere Angaben über das angewandte Verfahren und Fehlerquellen sind in HECKWOLF (1999) dokumentiert. Des weiteren wurden Isotopenbestimmungen aus 0,5-l Probenvolumen der Notbrunnen durchgeführt. Die Analysen zur Bestimmung des Wasserstoffisotops Tritium mittels elektrolytischer Anreicherung und Flüssigkeitsszintillationsspektrometrie erfolgten am Umweltforschungszentrum Leipzig-Halle. 64 4.3 Sonstige Informationsquellen Ein großer Teil von GEO-Daten war in Form von Gutachten, Karten, Analyse-, Meß- und Stammdatentabellen in unterschiedlichen städtischen Ämtern, Institutionen sowie Ingenieurbüros in analoger Form schon dokumentiert und verfügbar. Diese Daten mußten vor der Einbindung in das Informationssystem zuerst über eine entsprechende Schnittstelle in ein digitales Format transformiert werden. Bilddaten wurden hierzu mit Hilfe eines Scanners eingelesen und z. T. am Bildschirm digitalisiert. Außerdem wurde eine angemessene für die Modellbildung ausreichende Menge an Daten zu folgenden Themen in die ACCESS Datenbank importiert: 4.3.1 Meßorte • Lage und amtliche Nummer der Grundwassermeßstellen und Notbrunnen • Lage, Datum und amtliche Nummer der Bohrungen sowie sonstiger Brunnen • Lage der Altlasten und Altablagerungen in Darmstadt • Lage und Datum vorhandener Baugrunduntersuchungen 4.3.2 Chemie der Brunnenwässer • Temperatur, elektrische Leitfähigkeit, pH-Wert, M-Wert • Gesamthärte Summe Ca + Mg (° dH) • Hauptanionen und Hauptkationen • Schwermetalle, vereinzelt CKW-Belastungen • Eisen, Mangan, NH+4 , NO 2− • Spektraler Absorptionskoeffizient bei 254 nm • Färbung: Spektraler Absorptionskoeffizient bei 436 nm 4.3.3 Gutachten zu Grundwasser- und Bodenverunreinigungen • Art der Verunreinigung und Boolsche Werte (true / false) zu den Themen: • • • • • • • • Grundwasserbelastungen nachgewiesen Belastung mit CKWs BTEX MKWs PAKs Analysen der Hauptanionen und Hauptkationen Schwermetalle elektrische Leitfähigkeit, Temperatur, pH-Wert 4.3.4 Grundwasserentnahmen und Wasserrechte Information über Entnehmer und aktuelle Rechte zur Entnahme von Grundwasser konnten dem Wasserbuch (REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT) entnommen werden. Hierbei wurden neben Art, Anzahl und Lage der Entnahmeorgane (Flurstücke) auch der Beginn und die Auflösung bzw. zeitliche Variation der Wasserrechte sowie deren Höhe in m³/Jahr und die Art der Grundwassernutzung aufgenommen. 65 4.3.5 Hydraulische Kennwerte und Schichtenverzeichnisse Die Ergebnisse dokumentierter Bohrungen sowie Pumpversuche, bestehend aus den Parametern Transmissivität, Speicherkoeffizient, spezifische Ergiebigkeit, kf-Wert und Brunnenausbau sowie die Raumlage der Grundwasserstauer und Grundwasserleiter im untersuchten Gebiet und eine Teilmenge von 45 der ausgewerteten Bohrprofile wurden parametrisiert und im Hinblick auf ihre Semantik im Kontext in aussagekräftige Relationen überführt. Ein Großteil dieser Daten ist hinsichtlich Qualität, Güte und Umfang in GREIFENHAGEN (1997) beschrieben. 4.3.6 Klima Da die im untersuchten Raum vorhandenen Stationen der SÜDHESSISCHEN GAS- UND W ASSER AG in Eberstadt, Arheilgen und an der Zentralkläranlage sowie die Niederschlagsstation der TU-DARMSTADT (Meteorologie) auf der Lichtwiese keine kontinuierliche, aktuelle und konsistente Datenaufzeichnung aufweisen, wurden die Niederschlagsdaten der Meßstation des DWD entnommen. Der aktuelle Gebietsniederschlag konnte aus diesem Grund nicht ermittelt werden. Die Niederschlagsstation des DWD lieferte zwar kontinuierlich zuverlässige Werte, jedoch ist zu berücksichtigen, daß die Lage der Station im Zeitraum von 1973 bis 1998 oft verändert wurde. Die aktuelle Position ist in der Heimstättensiedlung im Westen des Stadtzentrums bei einer Geländehöhe von 122 m ü. NN (STADT DARMSTADT 1998). Die Temperaturdaten stammen ebenfalls aus Aufzeichnungen des DWD. 4.4 Kartographische Grundlagen Als kartographische Basis zur Abgrenzung der Einzugsgebiete dienten die Karten 6117 - DarmstadtWest, 6118 - Darmstadt-Ost, 6017 - Mörfelden und 6018 - Langen des Hessischen Landesvermessungsamtes im Maßstab 1:25.000. Zur Lagebestimmung im Stadtgebiet diente der amtliche Stadtplan Darmstadt 1:15.000 und die Stadtteilkarte Darmstadt-Mitte 1:10.000 des Stadtvermessungsamtes Darmstadt; als Grundlage zur Erstellung von digitalen Geländemodellen und zur Einteilung der Versiegelungsgrade wurden die 13 Stadtkarten DA-Mitte, DA-Ost, DA-West, DASüd, DA-Südost, DA-Südwest, DA-Eberstadt, DA-Nord, DA-Nordost, Arheilgen, Arheilgen-Ost, Wixhausen und Arheilgen-Fuchslochberg mit Höheninformationen im Maßstab 1:5.000 verwendet. Außerdem standen die sieben Luftbildkarten DA-Mitte, DA-Ost, DA-West, DA-Süd, DA-Südost, DASüdwest, DA-Eberstadt im Maßstab 1:5.000 zur Einteilung der Flächen entsprechend ihrer Nutzung und Versiegelung sowie ein Satellitenbild (ERS 1; 50 x 50 km) und die Stadtkarte 1:10.000 mit einer Regionalisierung der Abflußbeiwerte in Darmstadt zur Verfügung. Eine Übersicht der Aufschlußverhältnisse und der Baugrunduntersuchungen in Darmstadt gibt die Aufschlußkarte des Tiefbauamtes Darmstadt im Maßstab 1:10.000; (vier Blätter NE, NW, SE u. SW). Geologische Informationen entstammen den Geologischen Manuskriptkarten des Tiefbauamtes Darmstadt 1:10.000 (vier Blätter) und der Geologischen Karte im Maßstab 1:25.000 Blatt 6117 - Darmstadt-West, 6118 - Roßdorf, 6018 - Langen, 6217 - Zwingenberg, 6016 - Groß-Gerau, 6017 - Mörfelden sowie der Geologischen Übersichtskarte von Hessen im Maßstab 1:300.000 und FAHLBUSCH (1980). 4.5 Bilddaten Bei der Probenahme wurden Bildinformationen der Meßorte, die oftmals schwer zugänglich unterirdisch ausgebaut waren, oberirdischer Gewässer, Quellen und besonderer Aufschlußlokalitäten fotografisch aufgenommen. Eine Teilmenge der 81 analogen Bilddaten wurde eingescannt und als Bildinformation mit der Datenbank verknüpft. 66 4.6 Datenbestand Die gemessenen Daten wurden zuerst mit Hilfe von graphischen Darstellungen sowie einfachen Kalkulationen einer Plausibilitätskontrolle unterzogen und statistische Kennwerte wurden ermittelt. Im Zusammenhang mit der Plausibilitätsprüfung von chemischen Daten und Zeitreihen gibt die HLFU (1993) an, daß die einfache Visualisierung die beste Prüfroutine darstellt; dies gilt auch für den in Darmstadt untersuchten Datenbestand. Bei den chemischen Vollanalysen mußten die Ergebnisse zuerst zusätzlich anhand einer Ionenbilanz auf Analysefehler geprüft werden. GEO-Daten graphische Daten gemessene Daten Lufbilder, Bilddaten Karten ... numerische Daten berechnete Daten ... ... ... Geologie Hydraulik Klima ... Bohrprofile Chemie Bauwerke ... ... GW- Kf-Wert, GW-Leiter, sonstige Geometrie, M geol. Daten Stand S, n, Qe anorg. Stoffe org. Stoffe Bau- Brunnen, Kanalisation, grund GWMs Wasserwege + Na chlorierte + K unchlorierte HauptKationen + Ca aromatisch aliphatisch aromatisch + Mg ... - Cl HauptAnionen SO42NO3 1,1,1Trichlorethan S.-Metalle Tetrachlorethen HCO3 physikalischeParameter T (°C) pH EH SAK MTBE EL Dichlorethen PAK Benzin, Mineralöle ... Trichlormethan O2 BTX ... ... ... Abb. 4.3: Ausschnitt aus dem Datenbestand als hierarchisches Modell Waren die Ergebnisse plausibel und repräsentativ sowie nicht fehlerbehaftet, dann erfolgte die Speicherung sämtlicher im Gelände erhobener Daten in einer ACCESS 97 Datenbank. Hier wird der erhobene Datenbestand mit Untersuchungen und Gutachten aus verschiedenen städtischen Ämtern und Institutionen gehalten. In Abb. 4.3 ist eine wichtige Teilmenge der Daten in einem hierarchischen Modell dargestellt, wobei aus pragmatischen Gründen in graphische und numerische sowie gemessene und berechnete Daten differenziert wurde. 67 5 Erstellung des Datenmodells und Grundwasserinformationssystems Im folgenden werden die bei der Modellierung des betrachteten Ausschnitts der Realwelt nachgebildeten Verhältnisse stark vereinfacht beschrieben. Der Abstraktion von dem Realweltproblem auf die Datenwelt bzw. auf das Datenmodell kommt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselfunktion zu. Zur Abbildung bzw. Projektion der Realität in die Datenwelt wird ein Datenmodell hergeleitet und mit einem Geoinformationssystem verknüpft. Die Speicherung numerischer Daten erfolgt in einem Datenmodell bzw. einer entsprechend aufgebauten Datenbank, während bestimmte flächenförmige Informationen (Bilddaten und graphische Daten) im GIS gehalten werden und hier direkt mit einer Attributtabelle, die die entsprechenden Eigenschaften der graphischen Objekte abbildet, verknüpft sind. Die verwendeten Begriffe Entität und Relation wurden in Kap. 2 erläutert und bezeichnen ein Objekt im Modell, das in Form einer Tabelle nachgebildet wird. 5.1 Beschreibung der nachzubildenden Verhältnisse Im Untersuchungsgebiet treten Lokalitäten auf, an denen Meßwerte erhoben werden. Diese Lokalitäten (Meßorte) sind eindeutig durch ihre Koordinaten festgelegt und teilweise mit Höheninformationen und Daten zu Bohrprofilen sowie damit verknüpften geologischen Informationen belegt. Außerdem gibt es noch spezielle Zusatzinformationen, die zur Beschreibung, Klassifikation und Zuordnung dieser Meßorte dienen (Ausbau, Bildinformationen etc.). Die erhobenen Meßwerte können eindeutig einem Parameter und alternativ der Parameterklasse Chemie oder Hydraulik zugeordnet werden. Jeder Meßwert besteht aus einem Probennahme- oder Meßzeitpunkt, einem Parameter und dem jeweiligen Meßort. Folgende Inhalte werden hiermit abgebildet: • Messungen des hydraulischen Potentials und Geländehöhe • Geometrie und Erstreckung des Aquifers sowie der Grundwassernichtleiter • Ergebnisse und Randbedingungen von Pumpversuchsauswertungen • Durchlässigkeitsbeiwerte und Typen der Grundwasserleiter • Grundwasserbeschaffenheit • Datenerhebung bei Kontaminationen • Entnahmemengen und Quellschüttungen Die Gesamtheit der genutzten Parameter mit Parameterspezifikation ist in Anlage H 1 beigefügt. Diesen Meßwerten werden jeweils noch Informationen über das gemessene Medium (Boden, Wasser, Grundwasser etc.), die Meßeinheiten (mg/l, µg/l, m ü. NN etc.) und eventuell heranzuziehende Vergleichs- und Grenzwerte zugeordnet (z. B. Grenzwerte nach TVO). Neben diesen Meßorten, an denen eindeutig punktförmige Informationen dokumentiert sind, treten Untersuchungsgebiete auf, an denen zwar punktförmige Informationen erhoben wurden, die jedoch im Kontext des gesamten Stadtgebietes lediglich als Gebietsinformationen von Interesse sind. Diesen Untersuchungsgebieten werden auch Koordinaten zugeordnet, die jedoch hier als "PseudoLokalitäten" anzusprechen sind, da sie lediglich Gebietsinformationen repräsentieren. Am Beispiel einer Baugrunduntersuchung, bei der eine große Anzahl von Bohrungen abgeteuft, nur eine davon als Grundwassermeßstelle ausgebaut und in das regelmäßige Meßprogramm übernommen wurde, wird deutlich, daß die Grundwassermeßstelle als Meßort eingerichtet werden kann, die restlichen Informationen auf Relevanz zu prüfen, jedoch meist nicht explizit von Interesse sind. 68 Diese Untersuchungsgebiete werden in drei Klassen eingeteilt: • Baugrunduntersuchungen • Altlasten und Altablagerungen • Grundwasser- und Bodenkontaminationen Bei den Baugrunduntersuchungen, Altlasten und Altablagerungen sind lediglich Angaben zu Arbeitstitel, Straße, betroffenen Flächen, Datum und Lage dokumentiert, während bei den Kontaminationen weitere abgeleitete Parameter zur Art der Verunreinigung und Grundwasserbelastung erhoben wurden. Diese abgeleiteten Parameter geben an, ob Belastungen mit CKW, BTEX, MKW und PAK nachgewiesen sowie ob Untersuchungen der Hauptan- und Kationen, von Schwermetallen, der elektrischen Leitfähigkeit, Temperatur und pH-Wert durchgeführt wurden. Mehrfachnennungen sind hier möglich. Neben diesen lokalen Attributen gibt es Flächen, denen Informationen in Form von Relationen mit Daten zur Flächengröße, -typ und wahlweise genaueren Flächenbezeichnung zugeordnet sind (z. B. Industriegebiet NW). Folgende Gebietsinformationen werden hierdurch beschrieben: • Randeinzugsgebiete • Geologie • Versiegelungsgrad und Flächentyp • Stadtpläne mit Bebauungsinformationen Für linienförmige Informationsquellen gelten die gleichen Randbedingungen. Im Rahmen der hydrogeologischen Fragestellung war es nicht nötig, sämtlichen Objekten Attribute, wie z. B. Straßennamen zuzuordnen. Dies ist jedoch prinzipiell im System möglich und geschieht partiell je nach Kartendarstellung. Linienförmige Informationen sind: • Verwerfungen, Ganggesteine im Kristallin • Straßennetz • Vorflutsysteme und Gräben • Kanalisation (wird im GIS des Tiefbauamtes verwaltet) 5.2 Anforderungen an das Modellsystem Als Anforderung an das gesamte computergestützte Informationssystem gilt neben dem in Abschnitt 2.3.3 aufgeführten Anforderungsprofil an das Datenbankkonzept folgendes: Die Flächeninformationen, grafischen Informationen (Bild- und Rasterdaten) sowie Punktinformationen sind unabhängig und nicht miteinander verknüpft. Eine Kombination und Auswertungen der einzelnen Informationen ist im grafischen System sowie in der Datenbank möglich (Abb. 2.6 und 5.6). Die Daten zu den Linien- und Flächeninformationen sind nicht in der Datenbank, sondern im GIS mit der grafischen Information abgelegt. Als wichtige Basis und kartographische Grundlage für die Datenzuordnung und Dateninterpretation sowie Datengewinnung sollen Karten- und Bildinformationen (Kap. 4.4) jederzeit mit anderen Basisdaten oder auch abgeleiteten Informationen (Kap. 6.3) entsprechend dem Layerprinzip in Abbildung 2.6 überlagert werden können. Bei der Informationsakquisition (z. B. Untersuchung von Kontaminationen) soll ein Datenfluß in zwei Richtungen unterstützt werden. Einerseits vom georeferenzierten Teilgebiet oder Punkt ausgehend zu potentiellen Informationsquellen sowie andererseits von den z. B. im Rahmen von Vergleichsoperationen mit SQL (Structured Query Language) in der Datenbank gefundenen grenzwertüberschreitenden Daten zum georeferenzierten Punkt (zu SQL vgl. Kap. 6.2). 69 Im Rahmen dieser Abfragen zur Befriedigung der Informationsbedürfnisse sollen Zwischenergebnisse in jedem Stadium abgespeichert und für weitere Untersuchungen als Datenbasis zur Verfügung gestellt werden können. An zwei allgemein formulierten Fallbeispielen soll verdeutlicht werden, welche Problemstellungen beim Benutzer auftauchen können: 1. In einem bestimmten Gebiet wird durch einen hier nicht genauer zu spezifizierenden Vorgang der Verdacht auf den Tatbestand einer Verunreinigung des Untergrundes geweckt. Es ist zu prüfen, ob Informationen über entsprechende Verunreinigungen des Grundwassers in diesem Gebiet bzw. im Abstrom dieses Gebietes vorliegen. Es wird eine Abfrage an die Datenbank gerichtet, und im Falle eines positiven Ergebnisses kann die Teilmenge der zutreffenden Daten zur Weiterbearbeitung aus dem Datenbestand isoliert werden. Hierzu stehen Statistiken, Grafiken und Kartendarstellungen zur Verfügung. Im nächsten Schritt werden potentielle Stoffquellen gesucht und lokalisiert, um Sanierungsund Abwehrmaßnahmen strategisch möglichst günstig zu positionieren. In diesem Zusammenhang können neben den Informationen über Altlasten und amtlich dokumentierte Schadensfälle in der Datenbank weitere thematische Karten, Luft- und Sattelitenbilder aus anderen Systemen - evtl. auch über das Internet - hinzugezogen werden. 2. Im gesamten Gebiet wurde eine Untersuchungskampagne der Grundwasserqualität durchgeführt. Hierbei traten in den Proben Konzentrationen auf, die signifikant herangezogene Vergleichswerte überschritten. Diese Verhältnisse sollen kartographisch möglichst effizient dokumentiert und Gebiete oder Orte mit erhöhten Konzentrationen im Kontext untersucht werden. Ziel ist es, die Ursachen der lokal variierenden Hydrochemie im Hinblick auf geogene und anthropogene Quellen zu finden. Die Anforderungsdefinition eines Informationssystems soll sämtliche zu erbringende Leistungen, Datenzugriffe und Datenflüsse beschreiben. Hierzu bedient man sich der groben Darstellung von Prozessen, Speichern und Datenströmen mit Hilfe eines Datenfluß-Diagramms (DFD). Dieses Modell bildet die logische, von Realisierungsaspekten abgehobene Ebene einer Informationsverarbeitungsaufgabe ab. Die strukturellen Hauptelemente sind Quellen und Senken der Daten sowie Datentransformationen und Speicher (vgl. SCHMIDT 1996). In Abb. 5.1 ist das DFD der hier zu erbringenden Informationsverarbeitungsaufgabe abgebildet. Als Datenquellen fungieren neben den im Gelände durchgeführten Messungen (Quelle a und b) die städtischen Ämter (Quelle c bis f) sowie weitere öffentliche und private Institutionen, Veröffentlichungen und Kartenmaterial (Quelle g bis k). Gelände- und Labordaten werden im Rahmen der Prozesse MW E-1 sowie MW E-2 ermittelt und in die Speicher MG-D7 und ML-D1 zwischengespeichert. Die Prozesse MO V-1, MW V-1 und BG V-1 dienen der Datenverwaltung, wobei zwischen Stamm-, Meß- und Bild- bzw. Grafikdaten differenziert wird. Die Daten können in den Speichern D 2, D 3 und D 4 zentral gehalten und dem GIS-System (Mod-1) als Eingangsdaten zur Modellierung zur Verfügung gestellt werden. Als Ergebnis entstehen Raster-, Ergebnisdaten sowie Statistiken und Grafiken, die wiederum in D 5 und D 6 abgespeichert werden. Ein Teil der Informationsquellen stellt auch eine Informationssenke dar (Informationssenke c bis f, i, l). Die aus den Daten gewonnenen Informationen werden beispielsweise an die Stadt weitergegeben und können für weitere Verarbeitungsprozesse als Eingangsdaten dienen. 70 Abb. 5.1: Datenfluß-Diagramm ⇒ Siehe Datei Abbildung_5.1 71 5.3 Umstrukturierung der Datenbasis Zu Beginn der Datenmodellierung wurde ein Prototyp der Datenbank erstellt. Diese erste Testversion bestand lediglich aus einer Sammlung von Daten, die in 20 Tabellen gespeichert wurden. Als Software kam hierbei ACCESS 97 zum Einsatz. Die Daten wurden i. d. R. aus EXCEL-Dateien, in denen sie erfaßt wurden, importiert. In dieser nicht-relational aufgebauten Datenbank standen in den Tabellen meist zu jedem Meßpunkt die Attribute H-Wert und R-Wert sowie bestimmte Bemerkungen und Zusatzinformationen (vgl. Tab. 5.1). Außerdem lagen für spezielle Parameter eigene Tabellen vor (z. B. Tritiumwerte, Pumpversuche, org. Parameter etc.). Tab. 5.1: Beispieltabelle in der 1. Normalform, Schlüsselattribute sind unterstrichen Ca Mg Na Lok Datum R-Wert H-Wert K Cl NO3 HCO3 SO4 in mg/l EL (µS/cm) Lok Info GW-Stand (m+NN) 138,67 55 7 134 2 128 227 GWM 6 13.02.99 3475044 5526038 115 9 68 6 100 9 140 219 GWM 7 15.05.98 3475072 5526045 141 21 78 8 148 20 214 139 937 Elisabethenstr. 6 GWM 9 15.05.98 3475079 5526103 221 14 46 12 126 1 415 152 1060 Luisenstr. 24 137,26 GWM 12 15.05.98 3475038 5525943 46 4 44 9 143 - 61 3 480 Wilhelminenstr. 35 142,81 GWM 12 13.02.99 3475038 5525943 41 3 43 16 144 936 Eschollbrücker Str. 36 1 43 6 GWM 52 15.05.98 3474010 5524930 224 27 35 14 111 75 458 106 GWM 52 12.02.99 3474010 5524930 148 16 31 55 323 88 GWM 74 20.05.98 3476831 5528678 88 23 128 10 206 35 244 101 GWM 74 Jul 98 GWM 74 Sep 98 3476831 5528678 4 60 904 Elisabethenstr. 2 GWM 6 15.05.98 3475044 5526038 135 13 Elisabethenstr. 2 138,66 Wilhelminenstr. 35 103,91 Eschollbrücker Str. 36 1002 3476831 5528678 Kranichsteiner Str. 136,79 Kranichsteiner Str. 136,81 Kranichsteiner Str. 136,77 ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Beispielsweise wurden in der Tabelle mit den Pumpversuchsergebnissen wie auch in der Relation mit den hydrochemischen Daten der NBs jeweils die Stammdaten der Brunnen abgelegt. Bei der Neuanlage eines Brunnens mußten somit Änderungen in mehreren Tabellen durchgeführt werden. Hierbei bestehen die in Kap. 2.3 beschriebenen Risiken und Gefahren der redundanten Datenhaltung und des hohen Pflegeaufwands. Der gesamte Datenbestand war in diesem ersten Datenspeicher unübersichtlich abgebildet und schwer auswert- und analysierbar. In bezug auf die Darstellung der Dateninhalte am Bildschirm erhöhte die Größe einer Tabelle (Anzahl der Spalten) die Unübersichtlichkeit und reduzierte somit u. U. die Auskunftsfähigkeit des Tabellenobjektes (vgl. Tab. 5.1 mit Abb. 5.2). Des weiteren bestanden Probleme darin, schnell und effizient Informationen zu bestimmten Fragestellungen zu gewinnen sowie die hierzu entsprechenden Daten aus dem Gesamtbestand zu isolieren. Karten konnten zwar auch durch einen Datenexport zum jeweiligen Anwendungsprogramm erstellt werden, jedoch wurden diese bei einer Änderung des Datenbestandes nicht fortlaufend aktualisiert, was die Anwendung des Systems im Rahmen einer interaktiven Kartenerstellung erschwerte. Zur Realisierung der Modellanforderungen mußte somit die Datenbasis neu organisiert werden. Bei diesem Prozeß der Normalisierung werden die Basisdaten strukturiert und auf Schwachstellen analysiert, um Mehrfachspeicherungen und Inkonsistenzen zu reduzieren sowie eine reibungslose Datenbanknutzung zu sichern. 72 CODD (1970) führte hierzu den Begriff der Normalformen ein, wobei folgende Relation gilt: Nicht normalisierte Datenstruktur ⇒ 1. Normalform ⇒ 2. Normalform ⇒ 3. Normalform ⇒ ... In einer Relation in der 1. Normalform enthalten die Attributwerte nur elementare Ausprägungen. DATE (1977) verwendet in diesem Zusammenhang den Begriff atomarer Werte. Die Datenstruktur in der 2. Normalform ist dadurch charakterisiert, daß sie sich in der 1. Normalform befindet und jedes Nichtschlüsselattribut funktional voll von einem Schlüssel abhängig ist (DATE 1977). Meßwerte Lok Koordinaten Datum Parameter Meßwert Einheit Lok-Info Lok R-Wert H-Wert Lok Lok Info GWM 6 15.05.98 Ca 135 mg/l GWM 6 3475044 5526038 GWM 6 Elisabethenstr. 2 GWM 6 13.02.99 Ca 115 mg/l GWM 7 3475072 5526045 GWM 7 Elisabethenstr. 6 GWM 7 15.05.98 Ca 141 mg/l GWM 9 3475079 5526103 GWM 9 Luisenstr. 24 GWM 9 15.05.98 Ca 221 mg/l GWM 12 3475038 5525943 GWM 12 Wilhelminenstr. 35 GWM 12 15.05.98 Ca 46 mg/l GWM 52 3474010 5524930 GWM 52 Eschollbrücker Str. 36 GWM 12 13.02.99 Ca 41 mg/l GWM 74 3476831 5528678 GWM 74 Kranichsteiner Str. GWM 52 15.05.98 Ca 224 mg/l ... ... ... ... ... GWM 52 12.02.99 Ca 148 mg/l ... ... ... ... ... GWM 74 20.05.98 Ca 88 mg/l Jul 98 GW-Stand 136,81 m+NN GWM 74 Sep 98 GW-Stand 136,77 m+NN GWM 6 15.05.98 Mg 13 mg/l GWM 6 13.02.99 Mg 9 mg/l GWM 74 ... ... ... ... ... ... ... ... ... ... Abb. 5.2: Tabellarische Darstellung der normalisierten Relationen Befindet sich eine Relation in der 3. Normalform, so muß sie der 2. Normalform genügen und kein Segment bzw. Nichtschlüsselattribut darf transitiv, d. h. indirekt vom Schlüssel abhängig sein (DATE 1977, SCHWINN 1992, BARTELME 1995). Soll eine Relation den Anforderungen der 3. Normalform genügen, so dürfen keine Abhängigkeiten zwischen den Nichtschlüsselattributen auftreten. SCHWINN (1992) gibt noch weitere Normalformen an, wobei die Präzision mit ihrer Wertigkeit zunimmt. Nach BARTELME (1995) stellen die Tabellen in Normalform die langfristig bedeutsamen elementaren Bausteine einer stabilen Datenstruktur dar, wobei u. U. im Bereich der Geoinformatik von diesem Idealbild abzurücken ist. Entsprechendes gilt für die vorhandene Datenbasis. Im Gegensatz zu Daten aus anderen Fachgebieten tritt bei der Untersuchung von Abhängigkeiten zwischen naturwissenschaftlichen und insbesondere geowissenschaftlichen Daten oftmals eine gewisse Unschärfe auf. Aufgrund dieser potentiell vorhandenen Abhängigkeiten zwischen den Daten, wie z. B. zwischen Grundwasserstand und den Konzentrationen von chemischen Inhaltsstoffen oder zwischen den einzelnen chemischen Inhaltsstoffen, wurden Meßwerttabellen bis auf einen minimalen im Gesamtzusammenhang sinnvollen Attributbestand reduziert. Am Beispiel der Tabelle 5.1 soll hier der Normalisierungsprozeß, der oftmals aus einer Reduktion der Anzahl der Attribute einer Tabelle besteht, an einem Datenausschnitt verdeutlicht werden. Die Tabelle 5.1 befindet sich in der 1. Normalform, da jeder Wert der Attribute "Lok", Datum, R-Wert etc. elementaren Charakter hat. Lediglich bei dem Attribut "Lok-Info" bestehen die Werte aus einer Kombination von Zeichenketten und Zahlenwerten, die jedoch im Hinblick auf die Bezeichnung einer Information zu der jeweiligen Lokalität im Kontext als elementar anzusprechen ist. Die Datensätze 73 werden eindeutig durch eine Kombination der Attribute "Lok" und Datum/Zeit (Schlüsselattribute) identifiziert, da zu einem Zeitpunkt an einer Lokalität maximal eine Probe entnommen wurde. Vereinfacht läßt sich die Relation Meßwerte auch folgendermaßen formulieren: Meßwerte (Lok, Datum, Parameter, Meßwert, Einheit). Der Name der Relation ist Fett gedruckt, einzelne Attribute stehen in Klammern und Schlüsselattribute werden unterstrichen. Die eindeutige Identifikation der einzelnen Datensätze wird über den 3fachen Schlüssel "(Lok, Datum, Parameter)" gesteuert. In dieser Relation sind Mehrfachspeicherungen bei den Koordinaten und dem Attribut "Lok-Info" vorhanden, die durch eine Aufspaltung der Tabelle vermieden werden können. Außerdem sind einige Felder nicht besetzt, so daß hier Speicherplatz verschwendet und die Übersichtlichkeit reduziert wird. Die Relation beschreibt gleichzeitig mehrere Phänomene, die z. T. unabhängig voneinander sind. Da bei einem relationalen Datenmodell jede Tabelle einen unabhängigen Zustand der realen Welt abbilden soll, kann diese Tabelle in folgende drei thematisch eindeutig zuordenbare Relationen unterteilt werden (Abb. 5.2): • Koordinaten • Lok-Info • Meßwerte Bei diesem Modell besteht die Möglichkeit, unabhängig von den Meßwerten eine neue Lokalität einzurichten, an der z. B. noch Messungen erfolgen sollen. Es treten zwar keine fehlenden Werte mehr auf, jedoch kommen in der Relation Meßwerte bei den Attributen Parameter und Einheit häufig Mehrfachspeicherungen vor, die hier unumgänglich sind und die weitere Datenbankanwendung nicht störend beeinflussen. Die Datensätze der Meßwerte werden durch den 3fachen Schlüssel, bestehend aus den Attributen "Lok", Datum und Parameter, eindeutig identifiziert, während bei den Relationen Koordinaten und "Lok-Info" ein einfacher Schlüssel aus dem Attribut "Lok" ausreicht. Mit Hilfe der Normalisierung (Umstrukturierung) der Datenbasis sollen die in Kap. 2 beschriebenen Ziele sowie die Anforderungen an das Datenmodell realisiert werden. Insbesondere gilt hier als umfassende Zielmenge die Universalität, Flexibilität und Offenheit des Systems sowie die Übersichtlichkeit der Dokumentation. 74 5.4 Das Datenmodell Nach diesem Schema wurden sämtliche Grundwasser- sowie sonstige GEO-Daten untersucht und ein Datenmodell erstellt. In Abb. 5.3 ist ein Ausschnitt aus dem Datenmodell mit 11 Relationen und Beispieldatensätzen explizit dargestellt. Die Verknüpfungen der einzelnen Relationen über gemeinsame Attribute, wie z. B. Lokalität (Lok) und Klasse, sind mit Linien abgebildet. Beispielsweise sind sämtliche Meßwerte chemischer Inhaltsstoffe in der Relation Meßwerte mit der Relation Meßorte und den Koordinaten über den eindeutigen 2fachen Schlüssel Lokalität und Klasse in einer 1-mcRelation verbunden. Die theoretischen Grundlagen der Beziehungen zwischen den Relationen, die Grundbausteine des Datenmodells darstellen, wurden in Kapitel 2.3.4 beschrieben. Bei abgekürzten Attributbezeichnungen erfolgte im Text eine Schreibweise in Anführungszeichen und Einheiten wurden bis auf wenige Ausnahmen nicht aufgeführt (im Falle unklarer Verhältnisse: [...] ). Auf Grundlage des betrachteten Ausschnitts der Datenwelt ergaben sich 20 Relationen, deren Inhalte und Bedeutungen im folgenden genauer spezifiziert werden: Meßorte (Lokalität, Klasse, Gel + NN, MPH + NN, Tiefe Meßstelle ca. [m u. GOK]). Jeder georeferenzierten Punktinformation wird ein Meßort zugeordnet. Die Identifikation der Meßorte wird durch die zwei Attribute Lokalität und Klasse sichergestellt. Mit dem Attribut Lokalität wird der individuelle Meßort bezeichnet, während die Klasse die Gruppenzugehörigkeit oder auch ein Cluster von Orten beschreibt. Beispielsweise beschreibt die Klasse "Stadt DA GWM" die Gruppenzugehörigkeit zu den amtlichen Grundwassermeßstellen der Stadt und "HLfU GWM" die Zugehörigkeit zu Meßstellen des Landesgrundwasserdienstes. Weitere Klassenattribute, wie z. B. Baugrund, "Kontamin", Bohrungen und "Altlasten-Altablagerungen", ordnen einzelne Meßorte einem bestimmten Thema zu. Der Lokalitätsname besteht meist aus einer Zeichenfolge in Verbindung mit einer natürlichen Zahl (z. B. GWM 1). Jedem Meßort kann eine Geländehöhe, Meßpunkthöhe und Meßstellentiefe zugeordnet werden; fehlende Werte sind bei diesen drei Attributen erlaubt. Meßwerte (Lokalität, Klasse, Datum/Uhrzeit, Parameter, Medium, Vorzeichen, Meßwert, Einheit, Text, Probenahme). Die im Gelände und Labor erhobenen Daten werden in dieser sicherlich wichtigsten Relation des gesamten Modells gespeichert. Ziel dieser Zusammensetzung ist es, eine allgemeine Konstruktion zu finden, mit der sämtliche Daten zu über 100 differierenden Parametern in einer Entität beschrieben werden können. Die Zuordnung erfolgt über die Attribute Parameter und Medium, die meist voneinander abhängig sind. So impliziert der Parameter Grundwasserstand und Abstich immer eine Messung im Medium Grundwasser, während der Parameter "Summe CKW" im Medium Boden Grundwasser oder Oberflächenwasser erhoben werden kann. Durch die Attribute Vorzeichen können auch negative Meßwerte wie z. B. Redoxpotential (+/-) sowie Unterschreitungen der Nachweisgrenze (n. n.) dokumentiert werden. Das Feld Probenahme gestattet die Unterscheidung von Pump- und Schöpfproben. Während in den Attributen Lokalität, Klasse, Datum/Uhrzeit, Parameter und Medium keine fehlenden Werte zugelassen sind, dürfen in den restlichen Feldern fehlende Werte auftreten. Koordinaten (Lokalität, Klasse, R-Wert, H-Wert). Jeder neu angelegte Meßort wird mit 7stelligen Koordinaten des Gauß-Krüger Koordinatensystems für R-Wert und H-Wert belegt. Es ist anzustreben, fehlende Werte hier zu vermeiden. Im Rahmen der Gebietsbearbeitung ist es jedoch denkbar, daß ein Meßort eingerichtet wurde und die Koordinaten noch zu prüfen bzw. zu ermitteln sind; temporär treten somit fehlende Werte auf. 75 GRUNDWASSERDATENBANK und GIS Datenmodell- und Datenbankstruktur Koordinaten Lokalität Klasse GWM 1 GWM 2 P1 P2 P3 amtl. amtl. M.-B. Str. 32 M.-B. Str. 32 M.-B. Str. 32 Loc_Info R-Wert H-Wert 3474022 5531538 3474112 5532540 ... ... ... ... ... ... Medium Lokalität Klasse Text GWM 1 GWM 2 P1 P2 P3 amtl. amtl. amtliche Grundwassermeß-stellen der Stadt: monatliche Messungen durch das_Stadtvermessungs amt_Darmstadt... Ansprechpartner... M.-B. Str. 32 M.-B. Str. 32 M.-B. Str. 32 Meßorte Bildinformationen Medium/kurz Medium/lang Lokalität Klasse Mph/GOK GW BD BL OW Qu-W Grundwasser BK 1 GWM 1 GWM 2 GWM 3 P7... HEAG-Hallen 145,31... Lok.|Kl. Datum amtl. amtl. amtl. ... 118,52... GWM1|amt.. ... ... ... ... ... 12.02.99 12.02.99 13.02.99 Vorzeichen Wert Einheit Tiefe_von Tiefe_bis < 75,5 134,86 0,01 121,5 mg/l mg/l mg/l mg/l (mmol/l) mg/m³ 12 362 7,2 2200 ... mg/kg mg/kg mg/kg ... 2,4 1,7 2 .... 3,2 2,4 3 ... Lok.|Kl. Tiefe_bis Kurzbez. Bemerkung 0,2 1,2 1,4 2,3 2,8 ... KA S, g, x' S, g, u' S, g' S, g, u' ... Auffüllung Boden Bodenluft Ofl.-gew. Quellwasser Text Photo Meßstelle Lage Meßwerte Lok.|Kl. Datum Medium/kurz Parameter GWM 1 GWM 6 NB 1 DBO BK DN 2 NB 19 DA 6 DH 3 B8 B ... 15.05.98 15.05.98 19.05.98 19.05.98 19.05.98 19.05.98 19.05.98 15.11.95 17.07.95 10.01.94 ... GW GW GW OW OW BL GW BD BD BD ... Ca Mg Fe (gesamt) NO3 M-Wert BTEX Färbung MKW BTEX MKW ... gelbl. Farbe ... Ausbauten Tiefe_von Tiefe_bis Durchm. BK 1 GWM 1 NB 1 NB 2 NB 3 NB... 3 5 41 30 50 ... 7 10 53 46 58 ... 125 mm 125 mm 300 mm 300 mm 300 mm ... Einheiten Medium/kurz Einheit GW BD BL OW Qu-W mg/l | µg/l Parameter Text NO3 Nitrat MKW Mineralölkw. Summe BTEX M-Wert HCO-3 Ca Calzium Magnesium Mg Na ... ... Bohrprofile Lok.|Kl. Parameter Text mg/kg | µg/kg mg/l | mg/m³ mg/l BK BK BK BK BK BK 1 1 1 1 1 1 hellbraun rotbraun braun braun ... mg/l Grenzwerte / Vergleichswete Info Parameter Grenzwert Einheit Medium Quelle Ionenchromatograph Ca Mg 400 50 0,2 50 12 7 30 200 mg/l mg/l mg/l mg/l mg/l mg/kg µg/l µg/l GW GW GW GW GW BD GW GW TVO TVO TVO TVO TVO nach DEV H 18 ... Benzol, Toluol, Xylol... Titration bis pH 4,3 Flammen AAS Flammen AAS ... Fe (gesamt) NO3 K BTEX BTEX MKW Hollandliste (n. Unt.) Hollandliste (n. Unt.) Hollandliste (n. Unt.) Abb. 5.3: Ausschnitt aus dem Datenmodell mit Relationen und Beispieldatensätzen 76 Lok_Info (Lokalität, Klasse, Text, Datum). Zur genaueren Charakterisierung der Meßorte können Informationen, wie z. B. eine Lagebeschreibung oder sonstige zeitbezogene beschreibende Elemente, mit den Orten verknüpft werden. Bild_Info (Lokalität, Klasse, Datum, Text). Ähnlich wie bei der Relation "Lok_Info" erfolgt über diese Tabelle eine Verbindung der Bilddaten (z. B. Photos) mit den Meßorten. Da dieser Bilddatenbestand in der Regel ein spezielles speicheraufwendiges Datenformat benötigt, erfolgt der Zugriff über eine eigene Relation, die wiederum mit einem ausreichend dimensionierten Datenträger verknüpft ist. Die Datenbank ACCESS wie auch das GIS ARCVIEW 3.0 unterstützen die Einbindung und den Abruf der Bildinformationen. Medium (Medium, Medium_lang). Die Informationen zum Medium sind mit ein bis zwei Zeichen verschlüsselt und werden der Bezeichnung des Mediums, wie beispielsweise "GW" für Grundwasser, zugeordnet. Aufschlüsse (Lokalität, Klasse, Aufschlußtyp, Tiefe bis [m u. GOK], Petrographie, Farbe, Stratigraphie, Kurzbezeichnung, Geologie, Text, Proben). Tiefenorientierte Informationen zur Geologie und Petrographie in Bohrungen sowie Sondierungen lassen sich hiermit ins System einbinden und über die Attribute Lokalität, Klasse mit den Meßorten verknüpfen. Für jeden Schichtwechsel wird ein eigener Datensatz angelegt. Im Rahmen der Erstellung des Informationssystems wurde lediglich eine Teilmenge sämtlicher analog dokumentierter Bohrungen in diese Entität aufgenommen. Über SQL kann somit auf tiefenorientierte Daten zugegriffen und eine dreidimensionale Umsetzung mit dem Modul SURFER in Form eines Isolinienplans oder Gittermodells generiert werden (vgl. Kap. 8). Beispielsweise besteht die Möglichkeit, über die Attribute "Tiefe bis [m u. GOK]" und Petrographie die Basisdaten für ein 3D-Modell zu einer geologischen Schicht zu exportieren. Die gleiche Vorgehensweise ergibt sich bei der Abbildung einer Grundwasserleiterbasis. Geologie (Geologie, Petrographie, Periode, Ära, Zeit_bis [Mio. Jahre]). Das in der Relation Aufschlüsse eingeführte Attribut Geologie wird hier genauer in bezug auf die Petrographie der geologischen Einheiten und deren zeitlichen Kontext in der Erdgeschichte beschrieben. Ausbauten (Lokalität, Klasse, Tiefe_von, Tiefe_bis, Ausbauinfo, Durchmesser [mm]). Im Unterschied zur Entität Aufschlüsse werden hier die technischen Daten, bestehend aus Filterstrecken und Ausbaudurchmesser zu den Meßorten, wie z. B. Brunnen oder Grundwassermeßstellen, gespeichert. Diese Informationen sind im allgemeinen wichtig zur Zuordnung des hydraulischen Potentials und der Probenahme zum entsprechenden Aquiferstockwerk. In Verbindung mit Daten zur Basis des Grundwasserleiters sind die Ausbaudaten unerläßlich bei der Erstellung von numerischen Strömungsmodellen. Im Raum Darmstadt bestehen hier an vielen Meßorten Informationsdefizite, die in Zusammenhang mit der komplexen geologischen Situation an einer Störungszone die Modellbildung erschweren. Aquifertyp (Lokalität, Klasse, Parameter). Dem Aquifer wird zusätzlich eine der drei auftretenden Eigenschaften freier Aquifer, gespannter Aquifer oder unklare Verhältnisse zugeschrieben, was insbesondere die Bewertung von Pumpversuchsergebnissen in der Relation Meßwerte erleichtert. 77 GWL_Basis (Lokalität, Klasse, Parameter, Meßwert, Einheit). Die Bestimmung der Grundwasserleiterbasis setzt einen Abstraktionsvorgang auf der Grundlage von Aufschlußdaten voraus. Das Ergebnis dieser Vereinfachung von einer Lithofazies zu einer Hydrofazies wird hier für unterschiedliche weitere Untersuchungen zur Verfügung gestellt. Neben der schon angesprochenen Modellbildung können hiermit auch Isolinien der Tiefenlage unterschiedlicher Grundwasserstauer erstellt werden. Das Schlüsselattribut Parameter dient zur Beschreibung der unterschiedlichen Stockwerke. Die Parameter "U_T_Horizont_x_Top und U_T_Horizont_x_Basis" (für x = 1..n) kennzeichnen Basis und Top des x-ten Grundwasserstauers bzw. Schluff-Ton-Horizontes, wobei x von oben nach unten gezählt wird. Als Einheit wird hier meist Meter über NN angegeben. Durch Einfügung des Attributes Einheit können jedoch auch Werte u. Gel. eingetragen und ohne Informationsverlust weiter bearbeitet werden. Ebenso wie bei der Relation Aufschlüsse erfolgt die dreidimensionale Umsetzung des x-ten Grundwasserstauers oder Grundwasserleiters im Rahmen einer SQL-Abfrage in Verbindung mit einer Modellierung im Modul SURFER. Die so berechneten Rasterdaten können in verschiedene Anwendungen eingelesen und z. B. als Basis (Randbedingung) zur mathematischen Strömungsmodellierung verwendet werden. Durch die SQL-Abfrage wird mit einer Bedingung "... WHERE x = 2" der Zugriff auf den x-ten (zweiten) Grundwasserstauer oder Grundwasserleiter (für x = 1..n) gewährleistet (vgl. Kap. 6.2, Abfrage 2). Entnahmen (Lokalität, Klasse, Entnehmer, Entnehmer_Status, Entnahmezweck, Entnahmerechte [m³/a]). Zu Bilanz- und Modellbetrachtungen sind Entnahmedaten notwendig. Einen Anhaltspunkt für die wirklich entnommenen Mengen bilden die Entnahmerechte in Verbindung mit dem Entnahmezweck. Die Entnahmerechte sind hier als Jahressummen gespeichert. Die wahren Entnahmemengen sind beim jeweiligen Entnehmer, der hier ebenfalls aufgeführt ist, einzuholen. Meist werden in Gutachten und sonstigen Veröffentlichungen die wirklich entnommenen Mengen der größeren Entnehmer dokumentiert (vgl. TGU 1996, MIKAT 1998). Temperaturen (Lokalität, Klasse, Datum/Uhrzeit, Tiefe [m u. MPH], Temperatur [°C]). Da in der Relation Meßwerte die Speicherung von tiefenorientierten Informationen nicht vorgesehen und auch aufgrund der vorhandenen Datenbasis nicht notwendig ist, wurde diese kleinere Tabelle zur Speicherung von Temperaturprofildaten eingefügt. Parameter (Parameter, Medium, Parameterklasse, Text, Info, Nachweisgrenze, Verfahren). Sämtliche erhobenen Parameter können alternativ in die Klasse Chemie oder Hydraulik eingeteilt werden, was den allgemeinen Informationsgehalt hydrogeologischer Daten widerspiegelt. Die hier erhobenen Daten beziehen sich ausschließlich auf das Medium Grundwasser. Das System soll jedoch auch für die Zuordnung zu weiteren Medien, wie Boden und Bodenluft, offen sein. Aus der Domäne Text kann dem meist verschlüsselten Parameter der vollständige Parametername entnommen werden (z. B. Bbf-BkF ⇒ Benzo(b)fluoranthen und Benzo(k)fluoranthen). Die weiteren Attribute "Info", Nachweisgrenze und Verfahren gestatten eine genauere Beschreibung des Parameters und des verwendeten Analyseverfahrens, woraus sich die entsprechende verfahrensspezifische Nachweisgrenze einer Bestimmungsmethode ergibt. Diese Informationen sind wichtig zur Einschätzung des Meßwertes im gesamten Kontext der modernen Analytik. Einheiten (Medium, Einheit_1, Einheit_2, Umrechnungsfaktor [E 1 x F = E 2], Bezeichnung). Diese Hilfsrelation erleichtert die Umrechnung verschiedener Einheiten und unterstützt den Benutzer bei deren Zuordnung zum Parameter. 78 Grenzwerte (Parameter, Medium, Quelle, Typ, Grenzwert, Einheit, Fehler, berechnet_als, Text_Info). Grenzwerte dienen als Grundlage zur Bewertung und Klassifikation der gewonnenen Chemiedaten. Insbesondere kann das Ergebnis der Vergleichsoperation zwischen Grenzwert und Meßwert als Entscheidungskriterium zur Ableitung von Sanierungs- oder Sicherungsmaßnahmen sowie zur Begründung eines Handlungsbedarfs herangezogen werden. Der Wert wird mit einer Quellangabe (z. B. TVO) und einem Fehler, der sich aus den angewandten Analyseverfahren ableitet, verknüpft. Die Einteilung der Daten in Grenzwert, Prüfwert oder Sanierungsschwellenwert soll hier unter dem Attribut Typ durchgeführt werden. Zusätzliche Domänen, wie "berechnet_als und Text_Info", ermöglichen es, den im Verfahren bestimmten Parameter genauer zu spezifizieren. Beispielsweise können die Einzelbestandteile bei der Angabe von Summenparametern wie "Summe CKW" hier ergänzend aufgeführt werden. Altlasten (Lokalität, Klasse, Arbeitstitel, Straße, Flächen). Die amtlich dokumentierten Altlasten und Altablagerungen, repräsentiert durch "Pseudolokalitäten" entsprechend der Beschreibung in Abschnitt 5.1, sollen hauptsächlich die Interpretation der Grundwasserbeschaffenheitsdaten erleichtern. Bei lokal festgestellten hohen Stoffkonzentrationen kann im Umkreis dieser Lokalität eine Suchoperation auf Altlasten und Kontaminationen (s. u.) durchgeführt werden, um die Möglichkeit eines Eintrags aus evtl. schon dokumentierten Schadstoffquellen zu untersuchen. Außerdem werden im Zusammenhang mit Altlastenerkundungen oftmals Meßstellen eingerichtet, auf die wiederum hierüber zugegriffen werden kann. Entsprechendes gilt auch für die Kontaminationen und Baugrunduntersuchungen. Kontamin (Lokalität, Klasse, Straße, Arbeitstitel, Status_Daten, Datum, Bemerkungen). Bei den Kontaminationen des Bodens und Grundwassers, die oftmals in laufenden Verfahren (z. B. nähere Erkundungen oder Sanierungsmaßnahmen) bearbeitet werden, waren weitere Informationen zugänglich. Diese umfassenden Erkundungsdaten wurden gefiltert und in der folgenden Relation gespeichert. Kontamin_Parameter (Lokalität, Klasse, Parameter, Wert). Diese Entität enthält Boolsche Werte (ja/nein, bzw. 1/0) zu 16 verschiedenen neu definierten Parametern, die Auskunft über den Umfang des Untersuchungsprogramms bei Kontaminationen geben. Ziel ist es, unter Nutzung schon vorhandener Daten den Untersuchungsaufwand zu reduzieren bzw. bei entsprechend neu diagnostizierten Kontaminationstatbeständen gezieltere Vorgehensweisen zu ermöglichen. Der Parameter "GW_Proben" gibt z. B. Auskunft, ob bei einer Untersuchung Grundwasserproben genommen wurden. Die Variable "GW_Kont" signalisiert im Falle eines positiven Wertes (Boolscher Wert = ja), daß eine Kontamination der gesättigten Zone aufgetreten ist. Durch eine weitere Prüfung der Parameter "CKW, BTEX, MKW und Schwermetalle" kann die Verunreinigung qualitativ noch genauer spezifiziert werden. Außerdem sind Angaben kodiert, ob Untersuchungen, wie z. B. die Einrichtung von Meßstellen oder die Erstellung von Grundwassergleichen und Pumpversuche, schon erfolgten. Gebiete (Lokalität, Klasse). Die in Abb. 5.4 und 5.5 zusätzlich eingeführte Relation "Gebiete" hat die Funktion einer Hilfsrelation und dient hier lediglich zur Erhöhung des Schemenverständnisses. Sie ist in der Datenbank physisch nicht vorhanden. 79 Baugrund (Lokalität, Klasse, Datum_Bohr, Datum_Gut, Projekt_Name, Kanal, Lage_Quadr, Anzahl, Bauchem, Text). In einem Stadtgebiet wird in der Regel eine große Menge von GEO-Daten bei der Erkundung des Baugrundes erhoben. In Darmstadt ist eine Teilmenge dieser Untersuchungen im Tiefbauamt abgelegt. Hieraus wurden Informationen zur Anzahl der Erkundungen und Arbeitstitel sowie Daten zu Attributen wie Kanal- und bauchemischen Untersuchungen extrahiert. Aufgrund des temporären Charakters der Aufschlüsse sowie deren temporäre Auswirkung auf die Grundwasserverhältnisse, z. B. im Falle einer Wasserhaltung, sind Angaben zum Datum der Bohrtätigkeiten und Gutachten von Interesse. Da die Brunnen der öffentlichen Wasserversorgung und Industrieentnahme sich am westlichen Stadtrand befinden, sind im Stadtzentrum neben den Notbrunnen hauptsächlich die Meßorte der bei Baugrunduntersuchungen eingerichteten Meßstellen vorhanden. Diese Grundwasseraufschlüsse wurden in das amtliche Meßnetz übernommen und fungieren in der Relation Meßorte als wichtige Stützstellen im Stadtzentrum. Falls die Grundwasserstände nur im Erkundungszeitraum dokumentiert waren, z. B. bei Messungen im nicht ausgebauten Bohrloch, wurde in der Relation Meßwerte ein zeitbezogener mittlerer Wasserspiegel zum Erkundungsgebiet mit der "Pseudolokalität" als Gebietsrepräsentant verknüpft. Dies konnte nur bei geringen hydraulischen Gradienten durchgeführt werden. Für den Innenstadtbereich mit hohen Gradienten mußten die einzelnen Meßorte eingerichtet werden, da die Varianz der Informationen zwischen den einzelnen Meßpunkten hier sehr groß ist (vgl. Abschnitt 3.7.1). Ein großer Teil der Baugrundbohrungen dient auch als Informationsquelle für Geologie und Lithologie. Die Speicherung dieser Informationen erfolgt demgemäß in der Entität Aufschlüsse. Das gesamte Datenmodell numerischer Daten aus dem hier betrachteten Realitätsausschnitt wird in Abb. 5.4 und 5.5 in einfacher und expliziter Relationenschreibweise nach dem Entity-RelationshipModell dargestellt. Die Bezeichnung der Beziehungen sowie der theoretischen Grundlagen zur Modellierungsmethode wurden in Kap. 2 erläutert. Entitätsbezeichnungen sind fett gedruckt, Attribute der Relation stehen in Klammern und Schlüssel (2- oder 3fach) sind unterstrichen. Die Relation Meßorte enthält beispielsweise die Attribute Lokalität, Klasse, MPH (Meßpunkthöhe) und GOK. Der Schlüssel wird von den beiden Attributen Lokalität und Klasse gebildet. Mit Hilfe des Schlüssels, der entweder aus einem Attribut oder aus einer minimalen Kombination von Attributen (z. B. Mehrfachschlüssel) besteht, wird jeder Datensatz in einer Relation eindeutig identifiziert. Die Einrichtung eines Identifikationsschlüssels ist in jeder Relation zwingend notwendig. Fehlende Werte, wie sie z. B. bei dem Attribut Text in der Relation Meßwerte auftreten können, sind bei Schlüsselattributen nicht erlaubt. Mit diesem Datenmodell wird die physische Datenabhängigkeit reduziert und damit die Datenverarbeitungsaufgabe nachhaltig verbessert sowie technisch effizienter gestaltet. Insbesondere können hierdurch mit der relationalen Datenbanksprache SQL umfangreiche, flexible Abfragen und Auswertungen des Datenbestandes durchgeführt werden. Im Vergleich hierzu besteht bei einem nicht normalisierten Datenbestand diese Flexibilität nicht, da nur bestimmte dem Tabellenaufbau entsprechende Auswertungen unterstützt werden. In Abb. 5.4 sind neben dem Datenmodell im oberen Bereich, das in erster Linie gemessene (evtl. auch berechnete) Daten enthält, zwei weitere Module, bestehend aus stochastischen und deterministischen Modellen eingezeichnet. Vor der Modellbildung, die auf dem im Datenmodell beschriebenen Realitätsausschnitt basiert, sind Alternativentscheidungen zum Modelltyp (stochastisch oder deterministisch) und Auswahlentscheidungen zur Rasterweite der diskretisierten Modellelemente zu treffen (z. B. 50 m, 100 m oder 500 m -Raster). Nach der Modellbildung folgt die Anpassung des Modells mit Realweltdaten. Ziel ist es, die Differenzen zwischen Modellergebnissen und Realweltdaten unter Modifikation der Modellverfahren sowie Modellparameter zu minimieren. 80 Abb. 5.4: Entity-Relationship-Datenmodell und Modellierungsmodule ⇒ Siehe Datei Abbildung_5.4 81 Hierzu können die berechneten Daten in die Datenbasis in der Relation Meßwerte unter einem bestimmten Parameter aufgenommen und jederzeit zu Vergleichsoperationen oder grafischen Ausgabe zur Verfügung gestellt werden. Um die Beziehungen zwischen den einzelnen Relationen und die Verknüpfungen unter Verwendung der Schlüsselattribute genauer zu verdeutlichen, wurde das ERM der Datenebene in Abb. 5.5 in expliziter Relationenschreibweise dargestellt. Hierbei erfolgt eine vollständige Ausformulierung der einzelnen Entitäten mit sämtlichen Attributen und Schlüsseln. Das Verknüpfungsmuster der einzelnen Datenbausteine wird somit deutlich. Die wichtigste Relation "Meßorte" befindet sich im Zentrum des Netzwerkes. Diesem zentralen Element werden Aufschlüsse, Ausbauten, Bildinformationen - meist in einer 1-mc- oder 1-cBeziehung - zugeordnet. Mit dieser Verknüpfung wird der Sachverhalt abgebildet, daß einem klar definierten Meßort Daten über Aufschlüsse, Ausbauten, Bildinformationen etc. wahlweise einfach oder mehrfach zugeordnet sein können, jedoch nicht zugeordnet sein müssen. Fehlende Werte sind erlaubt. Demgegenüber gestattet die 1-1-Beziehung zwischen den Koordinaten und den Meßorten keinerlei Wahlmöglichkeiten. Jeder Meßort muß in der Relation Koordinaten auch vorhanden sein. Der zweite Schwerpunkt im Datenmodell liegt bei der Relation "Meßwerte". Hierin werden sämtliche gemessenen und gerechneten Daten zur Grundwasserchemie und Hydraulik gespeichert. Im Rahmen der Namensgebung ist zu beachten, daß einerseits möglichst "sprechende" und selbsterklärende Bezeichnungen, andererseits aus Gründen der Übersichtlichkeit jedoch nicht zu lange Namen gewählt werden. In der Datenbank besteht hierzu die Möglichkeit, den Inhalt der Relationen zu dokumentieren. Die 1-mc-Beziehung zwischen Meßwerten und Koordinaten wurde in Kapitel 2.3.4 beschrieben und wird hier im Gesamtkontext in gleicher Weise implementiert. Zur genaueren Spezifikation der Meßwerte erfolgt eine Zuordnung folgender Entitäten: Grenzwerte, Einheiten, Medium und Parameter. Der Meßvorgang und das Meßergebnis werden hiermit umfassender beschrieben, und die Interpretation der Meßergebnisse wird erleichtert. Dieses konzeptionelle Datenmodell, das einen semantisch nahezu vollständigen Ausschnitt der nachzubildenden Realität wiedergibt, unterliegt bei der Umsetzung auf einem DBMS-gestützten Modell einigen Restriktionen, so daß nicht sämtliche Inhalte des o. a. Datenmodells realisiert werden können. Zweck eines solchen Datenmodells ist jedoch, eine Basis zur Umsetzung auf einer prinzipiell vom Datenmodell unabhängigen Datenbanksoftware zu schaffen. In der betrieblichen Praxis werden hierzu meist die z. Z. gängigen Datenbanksysteme, wie z. B. ORACLE, INFORMIX oder DB 2 verwendet, deren Funktionalitäten ähnlich, jedoch hauptsächlich im Bereich des Datenschutzes und Netzwerkbetriebes ausgeprägter sind. Das relationale Datenmodell eröffnet dem Benutzer generell einen tiefergehenden Einblick in die Datenwelt, zeigt den möglichen Datenfluß auf und gibt Hinweise, wie geowissenschaftliche Modelle in der Datenwelt realisiert werden können. Die Datenwelt kann auch als die entsprechend einem bestimmten Schema in den Datenraum projizierte reale Welt verstanden werden. 82 Abb. 5.5: Entity-Relationship-Modell in expliziter Relationenschreibweise ⇒ Siehe Datei Abbildung_5.5 83 5.5 Das Grundwasserinformationssystem Ziel der Erstellung eines solchen Systems ist es, die Vielzahl von GEO-Daten, bestehend aus Grundwassermeßstellen, Baugrunduntersuchungen, Lagerstätten- und Wassererschließungsbohrungen sowie Erkundungen im Zusammenhang mit Grundwasserschadensfällen, Altlasten und Ablagerungen, im Bereich von Darmstadt einer effektiven und insbesondere technisch effizienten Auswertung zugänglich zu machen. Anhand dieser Auswertungen, bestehend aus Statistiken und Modellen, sollen in bezug auf ein Gefährdungspotential sowie mögliche Sanierungs- und Gegenmaßnahmen Entscheidungskriterien bzw. Entscheidungshilfen für den Benutzer zur Verfügung gestellt werden. Gefährdungspotentiale bestehen hierbei im Hinblick auf qualitative (Grundwasserschadensfälle und Altlasten) sowie quantitative Beeinträchtigungen der natürlichen Grundwasserverhältnisse (Bauschäden, Vernässungsschäden oder Wasserknappheit). Abb. 5.6: Umsetzung des Datenmodells und Anwendungssoftware zur Manipulation der Datenbasis ⇒ Siehe Datei Abbildung_5.6 84 Außerdem gilt als Unterziel folgendes: Die abgespeicherten GEO- und Umweltinformationen sollen mit Hilfe entsprechender Software in anderen thematischen Zusammenhängen wiederverwendet und weiterbearbeitet werden können (Offenheit des Systems). Abbildung 5.6 verdeutlicht die Umsetzung des Datenmodells und den Datenfluß mit der Anwendungssoftware zur Manipulation der Datenbasis. Zentrales Objekt im System ist das beschriebene relationale Datenmodell, das hier durch die Datenbank ACCESS 97 repräsentiert wird. Die Funktionalität einer Datenbank wurde bereits beschrieben. Wichtig in diesem Zusammenhang sind hier der Import von EXCEL-Daten, SQL-Abfragen und die Einrichtung der Verknüpfungen zwischen den beschriebenen Relationen sowie die Vergabe von Schlüsseln. Den Zugang zur Datenbasis bildet SQL, eine Datenbanksprache, die heute einen Sprachstandard für relationale Datenbanksysteme darstellt (Kap. 6.2). Das DBMS besitzt eine SQL-Schnittstelle, über die bei einer Datenbankabfrage mit SQL dem Anwendungsprogramm Daten bereitgestellt und ausgegeben werden. Die Veränderung von "nicht graphischen" Daten erfolgt ausschließlich in der Datenbank. Im graphischen System besteht keine Möglichkeit, die Daten des beschriebenen Datenmodells zu verändern, hier können lediglich die geographischen bzw. kartographischen Informationen, wie z. B. Vektordaten des Straßen- und Flußnetzes verändert werden. Das Geographische Informationssystem ARCVIEW 3.0 unterstützt die Anbindung von ACCESSDatenbanken mit SQL, so daß über diesen Kommunikationspfad Grafiken, Diagramme und thematische Karten erstellt und miteinander kombiniert werden können. Durch das grafische System ARCVIEW 3.0 wird außerdem die Einbindung von CAD- und SURFER-Daten, Luftbilddaten sowie Textdateien ermöglicht. Während einfache Bildinformationen als Rasterdaten über entsprechende Grafikformate mit COREL DRAW und COREL PHOTO-PAINT eingebunden werden, dient das Surface Mapping System SURFER 6.02 zur Erstellung von Isolinienkarten, digitalen Geländemodellen, Digitalisierung von Karten und geostatistischen Untersuchungen. Datenmanipulationen und Datenaufbereitungen für Datenbanken und Modellsysteme, Statistik und Grafiken werden durch Tabellenkalkulation mittels EXCEL durchgeführt, wobei mit der eingebundenen Sprache VISUAL BASIC (VBA) und Makros Routinen automatisiert werden können. Die verschiedenen Anwendungspotentiale dieses Systems werden in den folgenden vier Kapiteln an einer Vielzahl von Fallbeispielen beschrieben. Das System soll als universelles Instrument dienen und im Hinblick auf die große Vielfalt denkbarer hydrogeologischer "Informations - Verarbeitungs - Aufgaben" Lösungen anbieten. Aus diesem Grund wird in den folgenden Kapiteln ausgiebig das mögliche Anwendungspotential untersucht und das System anhand unterschiedlicher Fragestellungen getestet. Diese Auffächerung in die unterschiedlichsten Anwendungssituationen (zeitliche, räumliche und chemische Datenauswertungen) spiegelt die in der Praxis auftretenden Fragestellungen wider und sichert die Eigenschaft der Universalität. 85 6 Anwendung von GIS und Datenbank In diesem Abschnitt werden allgemeine Grundlagen, Methoden und Ideen bei der Datenbankbenutzung behandelt. Dieses Allgemeinwissen wird im Anschluß in den Kapiteln 7 bis 9 konkret am Beispiel "Stadtgebiet von Darmstadt" angewendet, so daß diese Abschnitte auch unter dem Gesichtspunkt der Anwendung von GIS und Datenbank stehen. Am Ende dieses Kapitels erfolgt eine Diskussion und ein Vergleich mit anderen Informations- und Datenbanksystemen aus dem Bereich der Geo- und Umweltwissenschaften. Aufgrund der Vielzahl der in diesem Bereich verwendeten Systeme kann lediglich ein kleiner Ausschnitt hieraus angesprochen werden (Kap. 6.6). 6.1 Datenbankabfragen Zur Datenmanipulation in einer Datenbank stehen entsprechende Funktionen zur Verfügung. Neben der Generation einer Datenbank oder eines Datenbankteils werden hierunter die Funktionen lesen, ändern, einfügen oder löschen von Daten verstanden, wobei zu bearbeitende Daten gegebenenfalls komplexe vom Benutzer anzugebende Auswahlkriterien erfüllen sollen. Je nach Anwendung müssen Daten zuerst speziell aufbereitet und der Anwendung entsprechend angepaßt werden. Diese Datenaufbereitung umfaßt Sortierfunktionen oder Datentransformationen, wie z. B. die Umwandlung von Listenform (serielle Datenorganisation) in Matrixform. Speziell bei der Anwendung von Grundwasserinformationssystemen und mathematischen Grundwasserströmungsmodellen müssen die Eingangsdaten zuerst in eine vom Programm akzeptierte Datenform transformiert werden. Hierzu stehen Werkzeuge zur Verfügung, mit denen diese Datentransformation als Vorstufe zur Weiterverarbeitung durchgeführt werden kann. 6.1.1 Operationen für relationale Systeme Zur Manipulation relationaler Systeme stehen nach SCHWINN (1992) folgende drei Operationen zur Verfügung: • Selektion: Auswahl bestimmter Inhalte einer Tabelle unter einer oder mehreren gegebenen Bedingung(en). • Projektion: Die Spalte bzw. Spalten in einer Tabelle, die nicht von Interesse sind, werden ausgeblendet. • Join: Datensätze aus 2 Tabellen werden auf der Basis von gemeinsamen Attributwerten verknüpft. Diese häufig verwandte Operation wird im Anschluß am Beispiel erklärt. Θ1 Operand = ≠ ≥ ≤ > < ∧ Θ2 Abb. 6.1: Allgemeiner Aufbau eines Abfrageausdruckes ∨ ¬ 86 Außerdem können die Elementaroperationen der Relationenalgebra, die sich aus Vereinigung, Durchschnitt, Differenz und kartesischem Produkt zusammensetzen, verwendet werden. Der allgemeine syntaktische Aufbau eines Abfrageausdruckes ist in Abb. 6.1 dargestellt. Bei den auf der Relationenalgebra basierenden algebraischen Sprachen werden die erwünschten Ergebnisrelationen als Resultate von Mengenoperationen dargestellt. Das Ergebnis wird oftmals mit Hilfe von Eigenschaften beschrieben, welchen die Elemente der Abfrageresultate entsprechen müssen. Bei der Bildung dieser Prädikate gilt z. B.: (6.1) A Θ1 x mit Θ1 ∈ {≠, =, ≥, >, ≤, <} oder auch (6.2) (A Θ1 x) Θ2 (B Θ1 y) Θ2 ... mit Θ2 ∈ {∧, ∨, ¬}. Die weitverbreitete Join-Operation der Relationenalgebra kann formal folgendermaßen formuliert werden: Es seien r1 ∈ Relation X, r2 ∈ Relation Y, r1 ∗ r2 := { µ ∈ Tupel(X ∪ Y) | µ[X] ∈ r1 ∧ µ[Y] ∈ r2}. Die beiden Relationen X und Y werden durch ihre gemeinsamen Werte r1 und r2 verknüpft; das Ergebnis läßt sich auch folgendermaßen darstellen: (6.3) X[r1 = r2]Y Sind r1 beispielsweise die Stammdaten der Grundwassermeßstellen mit den Attributen A = Meßstellen-Nr., B = Meßpunkthöhe, C = Meßstellentiefe, r2 die Meßwerte mit den Attributen A = Meßstellen-Nr., D = Meßwert und r3 spezielle Meßstellenattribute mit E = Meßstellenausbau (6.4), so ist r4 die Zuordnung der Meßwerte zu den Meßstellen. Mit r5 werden bestimmten Elementen aus D(Meßwert) und C(Meßstellentiefe) Attribute aus E(Meßstellenausbau) zugeordnet (6.6). Der Join ist somit eine spezielle Form des kartesischen Produktes, wobei hier die Verknüpfung zweier Tabellen über gemeinsame Elemente durchgeführt wird, während beim kartesischen Produkt zweier Relationen X und Y jedes Tupel (Zeile) von Y mit jedem Tupel von X verbunden wird. Die gemeinsamen Elemente in 6.4 bis 6.6 sind eingerahmt. (6.4) (6.5) (6.6) r1 : A 1 2 1 B 2 1 0 r 1 ∗ r 2 = r4 r4 : C 3 4 1 A 1 2 1 r2 : D 0 1 2 C 3 1 1 r3 : D 0 1 2 E 1 2 1 r 4 ∗ r 3 = r5 und A 1 2 B 2 1 C 3 4 D 0 1 1 0 1 2 r5 : A 1 1 B 2 0 C 3 1 D 0 2 E 1 1 Nach BARTELME (1995) ist die Selektion die wichtigste Elementaroperation, die im Bereich der Interpretation von räumlichen Daten herangezogen wird. Aus einer Basistabelle X wird eine neue Tabelle aus den Tupel generiert, die eine vorher definierte Bedingung, wie z. B. (Meßwert A ≥ x) und (Meßwert B ≥ y) erfüllen. Das Beispiel für die Abfrage kann folgendermaßen formuliert werden: (6.7) {Selektion X | (Meßwert A ≥ x) ∧ (Meßwert B ≥ y)}. (vgl. 6.1 u. 6.2) 87 6.1.2 Abfragetypen Die Datenbankabfrage kann als Resultat eines systematischen oder “ad-hoc“ auftretenden Informationsbedürfnisses des Benutzers verstanden werden. Entweder wird die Abfrage erst bei der Informationsakquisition formuliert oder sie ist im Programm als vorgefertigte Abfrage implementiert. Man kann entsprechend folgende Abfragetypen differenzieren: • ad-hoc Abfrage • Einzelabfragen • zusammengesetzte und kombinierte Abfragen • abgestufte Abfragen • vorgegebene Abfragen im Anwendungsprogramm (spezielle Werkzeuge) Bei einer Datenbankabfrage werden zuerst thematische Bereiche ausgewählt und anschließend Daten ausgegeben. Mit der Datenauswahl wird die Teilmenge an Daten angesteuert, die vom Benutzer vorgegebenen Qualifikationskriterien genügt. Diese relevanten Teilmenge von Daten kann aus 1 bis n Attributen, von jeweils 1 bis n Entitäten stammen (vgl. VOSSEN 1991b). Je nach gefordertem Qualifikationskriterium muß eine entsprechende Frageform gewählt werden. Bei der Einzelabfrage wird eine Entität der Datenbank abgefragt, wobei die Attributwerte einer oder mehrerer Datensätze ausgewählt werden. Beispielsweise lauten Einzelabfragen an die Grundwasserdatenbank von Darmstadt: • "Welchen Mittelwert besitzt der Parameter Nitrat in der in Entität Meßwerte verzeichneten Meßstelle GWM 63?" • "Wie lauten die Ortsbezeichnungen der in der Relation Meßorte gespeicherten Meßstellen, für die die Attribute R-Wert und H-Wert den vorher georeferenziert festgesetzten Bereich "bestimmtes Teilgebiet in Darmstadt" belegen?" Im Falle der ersten Abfrage wird eine Relation angesprochen. Bei fehlenden Informationen ist das Suchergebnis die leere Menge, alternativ genügen ein oder mehrere der Datensätze der Abfrage. Einzelabfragen können zu zusammengesetzten Abfragen kombiniert werden, die sich auf mehrere Entitäten beziehen: • "Wie lauten alle Lokalitäten, bei welchen der Meßwert des Parameters Kalium > 12 mg/l UND die Nitrat-Konzentration > 50 mg/l ist; in welchen Tiefen sind diese Meßorte ausgebaut?" Auszuwerten ist in diesem Fall ein Ausdruck, der aus zwei mit dem logischen Operator UND verknüpften Kriterien besteht, in denen wiederum der Vergleichsoperator “>“ auftritt. Es ist davon auszugehen, daß die Ergebnisse nicht nur aus einem Themenbereich, sondern z. B. aus den Entitäten Meßwerte und Ausbauten stammen. Abgestufte Abfragen bestehen aus einer Folge von Fragen und Antworten, die schrittweise und unter Verwendung von Zwischenergebnissen zu den gesuchten Informationen führen. Bei einer solchen Suchaktivität im Rahmen einer interaktiven Datenbankabfrage mit einem fortschreitenden Informationsniveau besteht zu jeder Zeit die Möglichkeit, Zwischenergebnisse zu visualisieren oder zu exportieren. Der Abfrageausdruck ist apriori nicht vollständig ausformuliert, sondern wird im Rahmen der Abfrage fortlaufend modifiziert. 88 Der Ablauf einer komplexeren Abfrage könnte wie folgt aufgebaut sein (Pseudocode): 1 SUCHE alle Grundwassermeßstellen 2 mit Parameter A > x ⇒ ZWISCHENERGEBNISDARSTELLUNG als Grafik; 3 4 SUCHE alle Grundwassermeßstellen 5 mit Parameter A > x UND Parameter B > y ⇒ ZWISCHENERGEBNISDARSTELLUNG und EINENGUNG der Ergebnismenge; 6 7 SUCHE alle Notbrunnen 8 GEHE ZU 2; 9 SUCHE alle Quellen 10 GEHE ZU 2; 11 ... ⇓ ⇒ ERGEBNISDARSTELLUNG und -EXPORT als Kreuztabelle; Bei vorgegebenen Abfragen wird die Datenauswahl und die Datenausgabe nicht unmittelbar vom Anwender getroffen, sondern indirekt über ein zwischengeschaltetes Anwendungsprogramm durchgeführt. Bei der Verarbeitung von GEO-Daten werden vom Anwendungsprogramm ARCVIEW 3.0 bestimmte Untersuchungen mit Hilfe von speziell hierfür bereitgestellten Werkzeugen zur Abfrage und Manipulation von georeferenzierten Daten, wie beispielsweise das Suchen von Informationen in einem speziellen Bearbeitungsraum oder das Aktualisieren von Stammdaten, unterstützt. Die Informationen können in Form von Punktinformationen, wie z. B. Brunnen, Grundwassermeßstellen und Quellen oder Linieninformationen (Verwerfungen, Isolinien, Schichtgrenzen) sowie Flächeninformationen (Geologische Karte, Versiegelungsgrad, kf-Wert-Verteilung, Grundwasserneubildung) auftreten. Neben speziellen Suchwerkzeugen, mit denen Informationen in einem abgegrenzten Bereich mit modifizierbarer parametrisierter Geometrie ausfindig gemacht werden können, gibt es Methoden, mit denen Objekte einer vorher festgelegten Eigenschaft in einem bestimmten Abstand zu Objekten einer bestimmten Eigenschaft ausfindig gemacht werden können. Der Benutzer trägt gegebenenfalls durch die Eingabe von Parametern zur Anpassung der Abfragen (z. B. Abstandsgröße) an die Besonderheiten des jeweils bearbeiteten Einzelfalls bei. Außerdem sind Meßwerkzeuge zur Flächenund Abstandsberechnung, spezielle Werkzeuge zur Verknüpfung von Bild und Textinformationen an einem Meßort ("Hotlink-Werkzeug") oder Beschriftungsroutinen implementiert. Eine schematische Darstellung dieser Benutzungsform mit dem GIS ARCVIEW 3.0 zeigt Abbildung 6.2. Das Anwendungsprogramm, das die Abfrage gegebenenfalls unterstützt, enthält auch Entscheidungshilfen zur Datenausgabe in bezug auf deren Umfang und die Form der Ausgabe. Es gilt zu differenzieren zwischen einer direkten Ausgabe der auf eine Abfrage zutreffenden Daten oder lediglich des Exports der Anzahl der gefundenen Informationen bzw. Informationsquellen. Der Benutzer kann außerdem entscheiden, ob die zutreffenden Daten ausgegeben oder ob die durchgeführte Abfrage zur Einengung des Abfrageergebnisses modifiziert und erneut eingegeben werden soll (Abb. 6.3). Bezüglich der Ausgabeform und Anordnung der Daten besteht die Möglichkeit, unsortierte, sortierte sowie einfache Datenlisten oder tabellarische und grafische Abbildungen der Ausgabedaten zu wählen. 89 GIS Identifikation - Auswahl WERKZEUGE Messung zur: Verknüpfung Beschriftung Ergebnis der Identifikation Abb. 6.2: Werkzeuge zur Informationsakquisition im Anwendungsprogramm eines GIS Meßorte, die die Abfrage der Meßwerte erfüllen, werden schwarz ERGEBNISRELATION Auswahlbedingun Abb. 6.3: Ablauf einer vorgegebenen Abfrage mit dem GIS ARCVIEW 3.0 Br 1 Br 4 Br 6 ... .. . 100 50 76 ... .. mg/l ... .. 90 6.2 Structured Query Language (SQL) Die umfangreichen GEO-Daten zu den Themen Baugrunduntersuchungen, Not- und Brauchwasserversorgung, Boden- und Grundwasserkontaminationen, die in einem städtischen Raum vorhanden sind, werden in einer Datenbank gespeichert und können mit SQL abgefragt, untersucht sowie für Entscheidungs- und Planungsprozesse herangezogen werden. Diese Abfrage kann z. B. auch unter Verwendung des GIS ARCVIEW 3.0 erfolgen (Kap. 6.2.3). Die in den siebziger Jahren (1971 - 1981) entwickelte Datenbanksprache stellt heute einen Sprachstandard für relationale Datenbanksysteme dar (VOSSEN 1991a). Entsprechend viele Systeme besitzen somit SQLSchnittstellen, über die bei einer Datenbankabfrage mit SQL dem Anwendungsprogramm Daten bereitgestellt und ausgegeben werden können. SQL als nicht-prozedurale, mengenorientierte Sprache wird insbesondere bei relationalen Systemen verwendet (SCHWINN 1992). Die Funktionalität von SQL beinhaltet neben der Beschreibung auch die Indizierung und Modifikation von Daten einer Datenbank mit einem großem Spektrum von Befehlen zur Informationsgewinnung. Informationen zur Syntax dieser Datenbanksprache und dem Aufbau von SQL-Statements, Standardoperatoren sowie zu deren Anwendung sind in einer Vielzahl von Literaturquellen enthalten: NICOL & ALBRECHT (1998), KAIER (1997), BARTELME (1995), KUHLMANN & MÜLLMERSTADT (1994), BILL & FRITSCH (1994), SCHWINN (1992), MISGELD (1991), VOSSEN (1991a), LANS (1989), UNTERSTEIN (1989) und LANS (1988). Hinweise zur Anwendung in der Verknüpfung mit Geoinformationssystemen geben hierzu BARTELME (1995), BONHAM–CARTER (1994) sowie BILL & FRITSCH (1994). Hier sollen nur in stark reduzierter und vereinfachter Form die wichtigsten Vorgehensweisen zur Informationsgewinnung aufgeführt werden. Ein wichtiger Befehl ist die SELECT-Anweisung, mit der entsprechend folgender Struktur Datenbankabfragen durchgeführt werden können: Tab. 6.1: Struktur der SELECT-Anweisung SELECT FROM WHERE Attribute / Daten Ausgabe Relationen / Tabellen Eingabe Bedingung Beispiel einer einfachen Datenbankabfrage: SELECT [Meßwert] FROM [Meßwerttabelle] WHERE [Meßwertparameter ≥ 50]. Allgemein formuliert sieht die Abfrage folgendermaßen aus: SELECT [Y] FROM [X] WHERE [a ≥ u]. Mit dieser SQL-Anweisung werden aus der Relation X die Tupel bzw. Sätze ausgewählt, für die das Attribut a den Wert besitzt, der dem Operator ≥ u entspricht. Im konkreten Fall ist u = 50, und es werden nur die Tupel aus der Relation Meßwerte (Chemiedaten der Wasseranalysen in den Notbrunnen) ausgegeben, in denen beispielsweise der Parameter Nitrat den Wert von 50 mg/l überschreitet (Grenzwertüberschreitung nach TVO). 6.2.1 Allgemein formulierte SQL-Statements zur Datenbankabfrage Im folgenden werden verschiedene SQL-Statements für das erstellte Datenmodell in Abschnitt 5 allgemein ausformuliert. Die Befehle sind groß und Attribute sowie Relationen in normaler Schreibweise verfaßt, wobei z. B. das Attribut Meßwert der Relation Meßwerte folgendermaßen durch einen Punkt getrennt - bezeichnet wird: "Meßwerte.Meßwert". Die Verknüpfung zwischen Meßort und Meßwert in der Abfrage 3 und 6 ist nicht unbedingt notwendig, sie dient lediglich zur 91 Demonstration des Joins zwischen 2 Relationen. In Abschnitt 6.2.2 wird diese Verknüpfung (Join) zur Lokalisierung der Meßwerte durch die Verbindung mit den Koordinaten benötigt. 1. SELECT FROM WHERE AND DISTINCT Datum Meßwerte Meßwerte.Parameter = "Nitrat" Meßwerte.Meßwert ≥ 50; Mit SELECT DISTINCT werden identische Zeilen ausgeschlossen, so daß in der Ergebnistabelle jedes gefundene Datum aus der Relation Meßwerte, für das der Parameter Nitrat ≥ 50 ist, nur einmal auftaucht. Es wird hier nur das Datum ausgegeben, so daß das Ergebnis folgendermaßen lauten könnte: {01.01.98, 02.04.97, 05.05.97, ... }. Mit dem Zusatz ORDER BY, der am Schluß der Abfrage steht, werden die einzelnen Datumsangaben aufsteigend sortiert ausgegeben: SELECT DISTINCT Datum ... Meßwerte.Meßwert ≥ 50 ORDER BY Meßwerte.Datum;. 2. SELECT FROM WHERE Lokalität, Klasse, Meßwert GWL-Basis GWL-Basis.Parameter = "2" Es erfolgt eine Abbildung der Grundwasserleiterbasis des zweiten Grundwasserstockwerkes. Die Ergebnistabelle enthält zwei Spalten mit Lokalitätsbezeichnungen und eine mit der Tiefenlage der Grundwasserleiterbasis in m ü. NN. Anschließend erfolgt die Verknüpfung der Koordinaten mit den Meßorten durch einen Join über die Attribute Lokalität und Klasse (vgl. Abschnitt 6.2.2). 3. SELECT FROM WHERE AND COUNT Meßorte Meßorte.Lokalität = Meßwerte.Lokalität Meßorte.Klasse = Meßwerte.Klasse AND Meßwerte.Parameter = "Nitrat" AND Meßwerte.Meßwert ≥ 50; Durch SELECT COUNT wird die Anzahl der zutreffenden Tupel bestimmt. Diese Abfrage betrifft die zwei Tabellen Meßorte und Meßwerte, die durch die Schlüsselattribute Lokalität und Klasse verknüpft werden und die o. g. Bedingung erfüllen. Allgemein gilt: SELECT [Funktion], wobei Funktion aus COUNT, SUM, AVG, MAX oder MIN bestehen kann. Hiermit können direkt Summen, Mittelwerte, Maxima und Minima aus einer Domäne abgefragt und ausgegeben werden. 4. SELECT FROM WHERE AND Lokalität Meßorte, Meßwerte Meßorte.Klasse = "GWM Stadt Darmstadt" Lokalität NOT IN (SELECT DISTINCT Lokalität FROM Meßwerte WHERE Meßwerte.Parameter = "Nitrat"); Diese zusammengesetzte Abfrage setzt sich aus zwei Einzelabfragen zusammen, die durch eine NOT IN Klausel verknüpft sind. Die ausgewählten Lokalitäten sollen der 1. Bedingung Meßorte.Klasse = "GWM Stadt Darmstadt" entsprechen (Auswahl der amtlichen Grundwassermeßstellen) und nicht in der Ergebnismenge der 2. Kondition (Auswahl der Lokalitäten, an denen der Parameter Nitrat schon einmal ermittelt wurde) enthalten sein. Ziel ist es, zwecks Vervollständigung der Datenbasis als Ergebnismenge nur die Meßorte zu erhalten, an denen noch kein Nitrat analysiert wurde. Nach diesem Schema können beliebig viele Abfrage- 92 Statements verbunden werden. Neben der Klausel NOT IN steht auch die Bedingung IN zur Verfügung. 5. SELECT Klasse, COUNT (Lokalität) FROM Meßorte GROUP BY Klasse; Mit der GROUP BY-Anweisung werden alle Lokalitäten in Gruppen gleicher Klassen eingeteilt, und anschließend kann durch die COUNT-Funktion die Anzahl der Lokalitäten einer bestimmten Klasse ausgegeben werden. Das Ergebnis sieht beispielsweise folgendermaßen aus: {(Stadt DA GWM, 114); (Stadt DA Notbrunnen, 18); (Baugrund, 120); (HLfU GWM, 6) ... }. 6. Die Anfrage, "an welchen Meßorten wurde für einen bestimmten noch zu spezifizierenden Parameter (z. B. GW-Stand) ein Wert von über 160 (m ü. NN) ermittelt?", kann folgendermaßen formuliert werden: SELECT Lokalität FROM Meßorte, Meßwerte WHERE Meßorte.Lokalität = Meßwerte.Lokalität AND Meßorte.Klasse = Meßwerte.Klasse WHERE Meßwert IN (SELECT Meßwert FROM Meßwerte WHERE Meßwerte.Meßwert ≥ 160); Da Meßorte und Meßwerte in unterschiedlichen Entitäten abgespeichert sind, muß zuerst eine Verknüpfung der Orte mit den Werten durchgeführt werden (Meßorte.Lokalität = Meßwerte.Lokalität AND Meßorte.Klasse = Meßwerte.Klasse). Anschließend wird in einer Unterabfrage geprüft, ob der Meßwert auch die Bedingung ≥ 160 erfüllt. 7. Eine weitere oft auftretende Fragestellung ist: "An welchen Lokalitäten, an denen der Parameter X analysiert wurde, sind auch Ausbauinformationen vorhanden?" SELECT FROM WHERE AND DISTINCT Lokalität Ausbauten, Meßwerte Ausbauten.Lokalität = Meßwerte.Lokalität Ausbauten.Klasse = Meßwerte.Klasse WHERE Ausbauten.Lokalität IN (SELECT DISTINCT Parameter FROM Meßwerte WHERE Meßwerte.Parameter = X); Nach dem Join der beiden angesprochenen Tabellen Ausbauten und Meßwerte über die Lokalität und Klasse werden nur die Orte ausgewählt, die in beiden Relationen enthalten sind und an denen der Parameter X mindestens einmal analysiert wurde. 8. "Wie viele unterschiedliche Grundwasserkontaminationen sind dokumentiert?": SELECT FROM WHERE COUNT (DISTINCT Lokalität) Kontamin_Parameter Parameter = GW_Kont; 93 9. Summenbildungen, wie z. B.: "Die Höhe der Entnahmemenge an einem bestimmten Meßort im Jahre 1998?" erhält man folgendermaßen: SELECT FROM WHERE SUM(Meßwert) Meßwerte Meßwerte.Parameter = Q AND Meßwerte.Datum = * . * .1998; 6.2.2 Umsetzung der SQL-Anweisungen im Datenmodell auf ACCESS 97 Weitere konkret in ACCESS 97 umgesetzte SQL-Anweisungen werden kurz erläutert. Im Gegensatz zum Datenmodell existiert hier aus Gründen der Übersichtlichkeit eine Relation "GW-Stände", in der nur Piezometerhöhen (Meßwerte) abgespeichert sind, und das Attribut Lokalität wird mit "Lok" abgekürzt. Problemstellung: Es sollen Zeitreihen erstellt werden. Die hierzu in Frage kommenden Orte sind nur amtliche Grundwassermeßstellen. Neben den Meßwerten werden ebenfalls die Koordinaten der Meßorte benötigt. Die Daten dienen als Eingangswerte zur Zeitreihenanalyse und für statistische Untersuchungen an 15 ausgewählten Meßstellen in Kapitel 7. Ein Teil der Abfrage ist hier ausformuliert. Die Notation unterscheidet sich lediglich geringfügig von der in Kap. 6.2.1 eingeführten Schreibweise. SELECT [GW-Stände].Datum, [GW-Stände].Meßwert FROM (Koordinaten INNER JOIN Meßorte ON (Koordinaten.Klasse = Meßorte.Klasse) AND (Koordinaten.Lok = Meßorte.Lok)) INNER JOIN [GW-Stände] ON (Meßorte.Klasse = [GW-Stände].Klasse) AND (Meßorte.Lok = [GW-Stände].Lok) WHERE ((([GW-Stände].Klasse) = "Stadt DA GWM") AND (([GW-Stände].Lok) = "GWM X")) ORDER BY [GW-Stände].Datum; Erklärung: Zuerst werden Datum und Meßwerte aus der Relation "GW-Stände" selektiert. In den folgenden sechs Zeilen werden hinter dem Befehl FROM die Verknüpfungen zwischen den Relationen Koordinaten und Meßorte über die Attribute Klasse und "Lok" realisiert (Koordinaten INNER JOIN Meßorte ON ... Koordinaten.Lok = Meßorte.Lok). Anschließend erfolgt die Verbindung zwischen den Meßwerten in der Relation "GW-Stände" und den Meßorten (INNER JOIN [GW-Stände] ON ... Meßorte.Lok = [GW-Stände].Lok). Hinter der WHERE-Klausel wird die Klasse der ausgewählten Meßorte mit "Stadt DA GWM" (amtliche Grundwassermeßstellen) festgelegt, für die einzelnen Grundwassermeßstellen gilt hier X ∈ {3, 13, 16, 30, 41, 43, 44, 46, 52, 53, 61, 63, 69, 76, 96}. Zum Schluß wird die Ergebnisrelation aufsteigend nach dem Datum sortiert (ORDER BY ... ). 94 In ähnlicher Weise erfolgt die Abfrage aller Grundwasserstände, die in einem Januar in GWM 3 gemessen wurden: SELECT [GW-Stände].Datum, [GW-Stände].Meßwert FROM (... WHERE ((([GW-Stände].Datum) Like "??.01.??") AND (([GW-Stände].Klasse)="Stadt DA GWM") AND (([GW-Stände].Lok) = "GWM 3")) ORDER BY [GW-Stände].Datum; Erklärung: Durch die Bedingung "Like ??.01.??" hinter der WHERE-Klausel werden nur Daten aus einem Januar in der Ergebnisrelation abgebildet. Die restlichen Vorgänge entsprechen dem o. g. Beispiel. 6.2.3 Verbindung der Datenbank mit dem GIS ARCVIEW 3.0 mit SQL Es besteht die Möglichkeit, mit Hilfe der Datenbanksprache SQL Sichten aus der Grundgesamtheit der Basistabellen des gesamten konzeptionellen Modells zu definieren. Der Benutzer interagiert wahlweise nur mit den Bereichen der Datenbank, welche durch die Sichten zugänglich werden, oder er arbeitet direkt mit der gesamten Basistabelle. In der hier durchgeführten Abfrage kann z. B. die Sicht auf das Attribut “Nitrat“ mit der Relation ≥ 50 beschränkt werden (Tab. 6.2). Im Falle des Grundwasserinformationssystems von Darmstadt wurde eine ACCESS 97 Datenbank über eine SQLVerbindung mit dem GIS ARCVIEW 3.0 verbunden (Abb. 5.6). Diese Verbindung erfolgt in folgenden Schritten: 1. Angabe der Datenquelle, mit der die Verbindung eingegangen werden soll; hier ACCESS 97 Datenbank 2. Auswahl: VERBINDUNG HERSTELLEN 3. Eingabe des Paßwortes (da es sich bei den überlassenen Grundwasserdaten z. T. um vertrauliche Informationen handelt, wurde ein Paßwortschutz eingeführt) 4. Auswahl einer Relation bzw. Tabelle 5. Auswahl einer, mehrerer oder sämtlicher Attribute bzw. Spalten (sämtliche mit “*“) 6. Alternative Angabe von bestimmten Auswahlkriterien mit folgenden Elementaroperationen: Θ1 ∈ {≠, =, ≥, >, ≤, <} evtl. in Verbindung mit Θ2 ∈ {∧, ∨, ¬} (vgl. Abb. 6.1) Tab. 6.2: Beispiel der Einrichtung einer SQL-Verbindung von ACCESS 97 mit ARCVIEW 3.0 Eingabe bzw. Befehl Erklärung und Kommentar SELECT * FROM Meßwerte Auswahl sämtlicher Spalten (Replikation) aus der Tabelle Meßwerte oder alternativ: SELECT Meßwerte.Meßwert, Meßwerte.Parameter wählt die Spalten "Meßwert und Parameter" aus FROM Meßwerte aus der Tabelle Meßwerte WHERE Parameter = ' Nitrat ' mit dem Parameter Nitrat (Notation: '..' ) AND Meßwert ≥ 50 und Nitratgehalten ≥ 50 mg/l Ausgabetabelle: ... Angabe der Ausgabetabelle ABFRAGEN Ausführung des Befehls 95 Bei der Verknüpfung der Datenbank mit dem graphischen System besteht auch die Möglichkeit, zunächst sämtliche Inhalte der Tabellen zu importieren. Eine einschränkende Datenauswahl kann anschließend auch im GIS erfolgen. 6.3 Abgeleitete Informationen Hierunter sind die aus den primären Dateninhalten abgeleiteten bzw. durch mathematische Operationen hervorgegangenen Daten zu verstehen, die in diesem Fall als Informationen entsprechend den in Kap. 2 beschriebenen Definitionen zu bezeichnen sind. Bei diesen Informationstypen kann zwischen 2D- bis 3D-Informationen, wie z. B. Isolinien, Oberflächen-, Geländemodelle und Diagrammobjekte sowie Datenbankabfragen unterschieden werden. Im folgenden sind Beispiele zu den verschiedenen Objekten zur Informationsdarstellung aufgeführt: 2D- und 3D-Informationen (Isolinien, Oberflächen) • Geländeoberfläche • Grundwassergleichen, Flurabstandskarten • Schichtlinien (Tiefenlage der Grundwasserstauer und Grundwasserleiter) • Isolinien gleicher Grundwassertemperatur und Stoffkonzentration Diagramme • Balkendiagramme (Niederschlag) • Kreisdiagramme (Hydrochemie) • Ganglinien der Grundwasserstände • Ganglinien chemischer Parameter • Korrelationen zwischen chemischen Parametern Abfragen der Datenbank • Statistische Abfragen an die Datenbank, Histogramme • Grenzwertüberschreitungen • Suche nach: - Bestimmten Inhaltsstoffen - Kontaminationen 6.4 Verknüpfungen mit Peripheriemodulen Die Verknüpfung von Datenbank und GIS mit weiteren Anwendungen kann entweder durch integrierte Schnittstellen oder durch Datenexport in einem entsprechenden dem Programm angepaßten Datenformat hergestellt werden. Meist werden die z. B. mit einer Abfrage ausgewählten Daten im ASCII- oder EXCEL-Format exportiert und in dem weiter verarbeitenden Programm eingelesen. Die hier kalkulierten Ergebnisse können in gleicher Weise wieder in einem universellen Format ausgegeben und in der Datenbank gespeichert werden, so daß in diesem Stadium die zwei verschiedenen Datenklassen Rohdaten und abgeleitete Sekundärdaten vorhanden sind (vgl. auch Abb. 5.4). 6.4.1 Interpolationsroutinen Für den Fall, daß es bei geometrischen Aussagen nicht auf Details, sondern auf globale Inhalte ankommt, wie z. B. bei Geländemodellen oder natürlichen Schichtgrenzen und Oberflächen, so 96 können geostatistische Interpolationsmodelle zur realitätsnahen Aussage über die geometrischen Oberflächeneigenschaften herangezogen werden. Es besteht die Möglichkeit, Lücken zwischen definierten, gemessenen Stützstellen unter Zugrundelegung eines bestimmten Algorithmus zu schließen. Sinnvoll ist es, die Interpolationsvorschrift in diesen Interpolationsoperatoren dem Naturobjekt anzupassen, um zu aussagekräftigen Ergebnissen zu gelangen (theoretische Grundlagen in Kap. 2.4 und Fallbeispiele in Kap. 8). Neben Fallstudien im Detail sind insbesondere globale Aussagen möglich. Verwendet wird das Surface Mapping System SURFER 6.02. Hierbei kann zwischen “räumlichen Modellen“, zur Abbildung der Raumlage und Geometrie einer Oberfläche, “zeitlichen Modellen“ und “raum-zeitlichen Modellen" unterschieden werden. Im folgenden sind Anwendungsbeispiele zur jeweiligen Modellspezies aufgeführt: 1. Räumliche Modelle • Schadstoffkonzentrationen in Ballungsräumen (Anl. H 2) • Geländemodellierung (Abb. 3.2 u. 3.19) • Grundwassergleichen (Abb. 3.15 u. Kap. 8) • Schichtlinien (Basis der Grundwasserleiter) (Anl. H 2) 2. Zeitliche Modelle • Niederschlagsverläufe und -höhe in Abhängigkeit von Monat und Jahr (Abb. 3.10) • Grundwasserstandsverläufe in einer Meßstelle in Abhängigkeit von Monat und Jahr 3. Raum-Zeitliche Modelle • Grundwassergleichenvariation in Abhängigkeit der Zeit • Variation der Grundwassertemperaturen und Grundwasserinhaltsstoffe • Variation der Grundwasserneubildung (Abb. 7.21) 6.4.2 Mathematische Grundwassermodellsysteme Eine besonders interessante Möglichkeit zur Nutzung eines Grundwasserinformationssystems bzw. der GIS-Technologie besteht in der Modellbildung mit Hilfe einer Verknüpfung von mathematischem Grundwassermodell und GIS. Hierbei können schnell und technisch effizient unter Verwendung der in der Datenbank gehaltenen Informationen Modelle generiert werden (Abb. 5.4). Es besteht insbesondere die Möglichkeit des Zugriffs auf Daten zur Geometrie der Grundwasserleiter, Geländeoberfläche, räumlichen Verteilung der hydraulischen Kennwerte und "raum-zeitlichen" Variation des Grundwasserstandes als Eichgröße. Im Raum Darmstadt stößt die Erstellung eines flächendeckenden mathematischen Grundwassermodells auf besondere Schwierigkeiten, da die Rheingrabenverwerfungen durch das Stadtzentrum verlaufen, in diesem Störungsbereich keine ausreichenden Informationen verfügbar sind und auch östlich dieses Bereichs im Festgestein die Modellierung aufgrund der heterogenen anisotropen physikalischen Eigenschaften des Gebirges nur schwer möglich ist. Als Modellgebiet wurde aus diesen Gründen ein Bereich Darmstadts mit ausreichenden Informationen über die Grundwasserverhältnisse, einem relativ homogenen Grundwasserleiter, abschätzbaren Randbedingungen und einer hohen Anzahl von Meßstellen gewählt (vgl. JUSTEN 1999). Da im westlichen Bereich von Darmstadt schon im Rahmen des Bewirtschaftungsplans Hessisches Ried (REGIERUNGSPRÄSIDIUM DARMSTADT 1985), bei Untersuchungen zur industriellen Wasserentnahme (TGU 1996) sowie in Zusammenhang mit der öffentlichen Wasserversorgung durch die SÜDHESSISCHE GAS & W ASSER AG (MIKAT 1998) neben Großraummodellen (BJÖRNSEN 1982) auch Detail- und Ausschnittsmodelle erstellt wurden, sollte hier kein neues Grundwassermodell aufgebaut werden. 97 Vielmehr besteht das Ziel dieser Untersuchungen darin, ein effizientes Datenmanagement im Hinblick auf eine potentielle Modellbildung bereitzustellen und dies am kleineren Beispiel lediglich modellhaft zu verifizieren (vgl. Grundwassermodell von JUSTEN 1999). Die Erstellung eines das Gebiet umfassenden angepaßten Großraummodells mit allen vorhandenen Informationen erschien in diesem Fall im Hinblick auf die Fragestellung nicht notwendig. 6.5 Nutzen und Einsatzmöglichkeiten In Bereichen des Bauwesens und der Städteplanung sind Einsatzmöglichkeiten eines Grundwasserinformationssystems verbunden mit Nutzenzuwachs im Vorfeld und bei der Durchführung von Baugrunduntersuchungen, Wasserhaltungen sowie in der Planung und Projektierung der Entsiegelung von Flächen und Versickerungsorganen denkbar. Einsätze bei der Lokalisierung und Gefahrabschätzung von Kanalleckagen sind möglich und werden z. Z. in Darmstadt durchgeführt. Außerdem ist es hilfreich, sinnvoll und insbesondere wirtschaftlich, bei der Ausweisung von möglichst unbelasteten Neubaugebieten im Vorfeld die Belastung des Bodens sowie Grundwassers zu prüfen und als Entscheidungskriterium mit einzubeziehen. Im Rahmen des aktuellen Themas Energie- und Wasserversorgung können bei ausreichender Informationsverfügbarkeit Entscheidungshilfen bei der Errichtung von dezentralen Energieversorgungsanlagen unter Nutzung von Geothermie zur Verfügung gestellt werden (z. B. mit Hilfe von Grundwasserwärmepumpen oder Energiebohrpfählen). Die dezentrale Wasserversorgung mit Hausbrunnen, Gartenbewässerung, Brauchwasserversorgung und insbesondere deren Prüfung und Überwachung wird erleichtert. Bei Umwelterkundungen und ökologischen Fragestellungen stehen die Lokalisierung von Grundwasserkontaminationen und Altlasten, deren Schadensbegrenzung und die Durchführung von Abwehrmaßnahmen sowie wirtschaftliche und umweltökonomische Fragen zu den anfallenden Kosten bei den Sanierungen im Vordergrund. Es kristallisiert sich hier auch insbesondere eine Tendenz zum Ansatz und zur Abgrenzung von ökonomisch sinnvollen Sanierungszielen unter Kosten-Nutzen Aspekten heraus. Weitere wichtige Anwendungen und Einsatzpotentiale der GIS-Technologie sind im Bereich der Untersuchung von Auswirkungen bei Bau- und Industrialisierungsmaßnahmen auf den Wasserhaushalt und die Grundwasserqualität vorhanden. Außerdem bietet es Unterstützungsfunktionen bei Entscheidungen im Natur- und Landschaftsschutz. GIS-Werkzeuge können als Entscheidungshilfe für Maßnahmen mit dem Ziel der Generierung eines effizienteren, nachhaltigeren und effektiveren Grundwasser-, Umwelt- und Ressourcenmanagements genutzt werden. Des weiteren besteht die Möglichkeit, durch den Einsatz in Forschung und Entwicklung eine universelle Basis und Plattform zu Modellbildungen in diesem Bereich bereitzustellen. 98 6.6 Ergebnisse und Diskussion Die vorläufigen Ergebnisse bei der Erstellung der Datenbank und des Informationssystems sollen hier in Kürze zusammengefaßt und im Anschluß mit Systemen, Methoden und Techniken weiterer Autoren verglichen werden. Diese Zusammenfassung bezieht sich insbesondere auf die Kapitel 2, 5 und 6. Bei der gesamten Systembeschreibung ist zwischen folgenden Objekten, die wiederum Subsysteme des Gesamtsystems darstellen, zu unterscheiden: • Datenbanksystem mit DBMS (Datenbankmanagementsystem) • Geographisches Informationssystem (Graphisches System - GIS ARCVIEW ) • Schnittstellen und Zugriffe, i. d. R. über SQL • Weitere Anwendungsprogramme (z. B. EXCEL, SURFER, TOSCANA etc.) Auf Basis der Gebiets- und Problembeschreibung in den Kapiteln 3, 5.1 u. 5.2 wurde ein System entwickelt, das Informationsverarbeitungsaufgaben für den Bereich hydrogeologischer Untersuchungen und Erkundungen unterstützt. Hierbei erwies sich ein Datenbankkonzept als wichtige Grundlage. Zur Sicherung eines nachhaltigen Datenmanagements wurde ein relationales Datenmodell entwickelt (Kap. 5.4) und die Datenbank dem konzeptionellen Sollvorschlag des Datenmodells angepaßt. Die Kommunikation zwischen der Datenbank auf der einen Seite und dem Nutzer oder weiteren Systemen, wie z. B. dem GIS auf der anderen Seite, erfolgt über eine einheitliche Datenbanksprache (SQL). Die grundsätzlichen Prinzipien, Befehle und Operationen dieses Sprachstandards wurden untersucht und auf den Bestand der hydrogeologischen Daten angewandt. Hierbei stellte sich der Join (Verbund) zwischen den Relationen Meßorte und Meßwerte als wichtige Grundlage zur Georeferenzierung der Daten heraus. Des weiteren wurden speziell an hydrogeologische Fragestellungen angepaßte Datenbankabfragen entwickelt. Sie dienen als wichtiges Instrument zur Informationsakquisition und erhöhen die Auskunftsfähigkeit des Gesamtsystems (Kap. 6.1 u. 6.2). Mit der Realisierung dieser universellen Schnittstelle können flexible Auswertungen sowie Analysen des gesamten Datenbestandes durchgeführt und die Abfrageergebnisse im Anschluß mit Hilfe bestimmter Methoden und Operatoren visualisiert werden (vgl. Kap. 2.4.1, 6.3 u. 6.4). 6.6.1 Vergleiche mit anderen GEO-Informations-, Datenbank- und Datenerfassungssystemen Zuerst werden hier die kommunalen Umwelt- und kartographischen Informations- und Datenbanksysteme der Stadt Darmstadt und weitere Systeme im Land Hessen in Kürze beschrieben. Hierauf folgen Abhandlungen zu anderen Systemen aus dem Bereich der angewandten Geo- und Umweltwissenschaften, wobei insbesondere auf den Datenzugriff, Typ und Hersteller der Datenbank sowie des Geoinformationssystems und die Anwendungs- und Nutzenpotentiale der Systeme eingegangen wird. Gemeinsamkeiten und Unterschiede - falls vorhanden - werden im Kontext der hier verwendeten Systemmodule herausgearbeitet. Eine große Anzahl an Anwendungen von Informationssystemen in der Hydrologie und Wasserwirtschaft sowie Interdependenzen zwischen verfügbaren Daten und der Technologie werden von KOVAR & NACHTNEBEL (1993) beschrieben. Im folgenden sollen die Ergebnisse verschiedener Autoren aus dieser und anderen Publikationen im Hinblick auf die hier behandelten Modelle und Systeme diskutiert werden. Das Darmstädter Grundwasserinformationssystem wird hierbei mit "GISDA" abgekürzt. 99 Ein wichtiger limitierender Faktor im Bereich der Anwendung von GIS-Systemen liegt in den Interdependenzen zwischen verfügbaren Daten und der angewandten Technologie. Dieses Thema wird von CLARK (1993) aufgegriffen. Er stellt den Datenzugriff und die Datenqualität als limitierende Inputfaktoren bei der GIS-Modellierung in den Mittelpunkt. Während bei den GIS-Anwendungen in den letzten Jahren eine rasante Weiterentwicklung zu verzeichnen war, galt dies nicht für die Möglichkeiten der Datenakquisition, die Datenattribute, Datenstandards und die Datengüte sowie insbesondere für die Datenkosten (zum Jahr 1993). Diese Verhältnisse haben sich mit der Weiterentwicklung der Technologie seit 1993 sicherlich positiv verändert. So kann beispielsweise jeder Nutzer über das Internet Klima- und Umweltdaten (Niederschlag, Isotope etc.) abrufen und für seine GIS-Modelle nutzen. Digitale Karten und Geländemodelle (DEMs) sind i. d. R. bei den Vermessungs- und Katasterämtern zu beziehen (z. T. jedoch mit relativ hohem Kostenaufwand). Außerdem besteht mit dem weltweiten Netzwerk (www) eine Plattform zur Optimierung des weltweiten Wissens- und Erfahrungsaustausches. Ein wesentlicher Schwerpunkt liegt - insbesondere bei stetig steigendem Datenaufkommen sowie Mehrfachnutzung - bei der Datendokumentation, die wesentlich zur Datengüte und -qualität beiträgt. Nach FEDRA (1993) basieren die wichtigsten Konzepte der GIS-Modellierung und Entwicklung von Informationssystemen auf der Integration von mehreren Informationsquellen sowie der Interaktion zwischen Nutzer und Maschine, wobei die Performanz und Geschwindigkeit eine sicherlich entscheidende Rolle spielt. Ein weiterer wichtiger Bereich ist nach FEDRA (1993) die Visualisierung, da hierüber komplexe Informationen zwischen Nutzer und Maschine relativ schnell ausgetauscht werden können und die Intuition des Anwenders zum schnellen Verständnis komplexer Sachverhalte genutzt werden kann. Diese drei Kernkonzepte der Integration, Interaktion und Visualisierung standen ebenso beim Aufbau des Grundwasserinformationssystems GISDA und der Anwendung bestimmter statistischer Methoden im Vordergrund. Die Interaktion wurde in diesem Kapitel ausführlich anhand einer großen Anzahl von Abfrage- und Interaktionsbeispielen behandelt, während die Aspekte der Integration in Kap. 2 und 5 sowohl auf theoretischer wie problemorientierter Sicht herausgearbeitet wurden. Anwendungsbeispiele zur Visualisierung werden in den folgenden drei Kapiteln beschrieben. Das STADTVERMESSUNGSAMT DARMSTADT nutzt für die grafische Datenverarbeitung, Vermessung und Kartographie im Verbund mit der Stadt Darmstadt und der HEAG (Hessische Elektrizitäts AG) die IBM Datenbank DB 2/6000 in Verbindung mit dem IBM GIS-System GTIS sowie MAPINFO. Das GIS MAPINFO dient hierbei zu Auskunfts- und Visualisierungszwecken (Digitale Karte von Darmstadt). Die MAPINFO Daten werden auf einem Server zentral gehalten und im lokalen Netzwerk verschiedenen Arbeitsplätzen zur Verfügung gestellt. Am MAPINFO-Arbeitsplatz können in der Liegenschaftskarte Suchoperationen über die Flurstücke, Adressen und Straßennamen durchgeführt und Informationen zu Kanalnetz, Topographie, Baumbestand, aktueller Bebauung sowie geplanter Bebauung abgefragt werden. Außerdem besteht die Möglichkeit Luftbilder als Kartenbasis einzublenden. Die grafischen Daten und der ALK-Datenbestand (behördliches automatisiertes Liegenschaftskataster) werden jeweils in einer eigenen Datenbank verwaltet. Der Datenaustausch zwischen den städtischen Institutionen erfolgt über ein Netzwerk (Router, Token-Ring und TCP/IP-Protokoll). Die HEAG kann hierbei z. B. über eine Abfrage topographische Daten aus der Datenbank der Stadt akquirieren. Weitere Zugriffe auf den Datenbestand haben u. a. das Tiefbauamt, Umweltamt und das Stadtplanungsamt sowie das Katasteramt der Stadt Darmstadt. Im Zusammenhang mit der Erstellung des Informationssystems wurden grafische und numerische Daten des Vermessungsamtes Darmstadt im DXF- und EXCEL-Format eingelesen und in das GISModul sowie die Datenbank übernommen. Über das DXF-Format besteht die Möglichkeit, grafische Daten zwischen dem städtischen System und dem GIS ARCVIEW auszutauschen. Des weiteren 100 können umfangreichere GIS-Daten aus MAPINFO über das Austauschformat MIF (MAPINFO Interchange Format) ohne Informationsverlust direkt mit ARCVIEW ausgetauscht werden. Zur Verwaltung und Bewertung von Altstandorten und Verdachtsflächen in mehreren Hessischen Gebietskörperschaften (Wiesbaden, Darmstadt, Offenbach und Landkreis Darmstadt-Dieburg) wurde von einem Ingenieurbüro ein spezielles Datenerfassungs- und Bewertungssystem für Altlasten (DESA) entwickelt. DESA umfaßt u. a. auch ein Grundwassermeßstellenkataster und eine Analysendatenbank. Die Stadt Wiesbaden verwendet dieses Grundwassermeßstellenkataster, in dem Daten zu GWMs, Brunnen, Probenahmen mit den amtlichen Meß- und Analyseverfahren verwaltet werden. Weitere Funktionalitäten von DESA bestehen in der Integration der amtlichen Parameterlisten (VwV, LAGA, TVO, Niederländische Liste etc.), der automatischen Datenübernahme aus städtischen Laborinformationssystemen sowie der Integration von GIS und der Zugriff über MS-OFFICE (EXCEL, ACCESS). Die Daten werden in einer relationalen Datenbank gehalten. Einen großen Nutzen stiftet dieses System bei der Bearbeitung von Bauanträgen auf belasteten Flächen, in Städtebau und Stadtplanung sowie bei sonstigen behördlichen Aufgaben im Umweltschutz und bei der Altlasten- und Schadensfallsanierung. Das Umweltamt der Stadt Darmstadt nutzt vom System DESA das Altstandortekataster, in dem rd. 1800 Altstandorte verwaltet und fortgeschrieben werden. Der Aufbau des Grundwassermeßstellenkatasters für die Stadt Darmstadt ist z. Z. in Arbeit, wobei die hier verwendete ACCESS Datenbank genutzt wird. Das im Rahmen dieser Arbeit erstellte Datenmodell und die Datenbank fungieren als Prototyp des geplanten städtischen Grundwassermeßstellenkatasters der Stadt Darmstadt. Die hier verwalteten Daten werden z. Z. in das Grundwassermeßstellenkataster der Stadt Darmstadt übernommen, mit amtlichen Parameterlisten abgestimmt und sollen den städtischen Ämtern (Umweltamt, Tiefbauamt und Vermessungsamt) in Zukunft zur Verfügung gestellt werden. Die HESSISCHE LANDESANSTALT FÜR UMWELT nutzt ebenfalls ein relationales Datenbanksystem, in dem Stamm- und Meßdaten zu Grund- und Rohwasser verwaltet werden. Hierbei wird eine ORACLE Datenbank (Ver. 7) verwendet. Der Zugriff und die Abfrage erfolgen ebenfalls über SQL, wobei über dezentrale Lesezugriffe und Fernübertragung den jeweiligen Wasserwirtschaftsämtern Daten zur Verfügung gestellt werden können. Bestimmte Softwarepakete für Statistik und Datenauswertung können über SQL direkt auf die Datenbank zugreifen, oder es erfolgt im Rahmen einer Datenauswertung eine Zwischenablage über EXCEL (HLFU 1993). Nach DECKERS (1993) kann aufgrund fehlender Kompatibilität und Schnittstellen das Potential moderner Geoinformationssysteme oftmals nicht voll genutzt werden. Dieser Problematik kann man durch Verwendung einer integrierten Arbeits- bzw. Systemplattform begegnen. Deckers beschreibt hier das EGIS Informationssystem (Evaluation of Groundwater Resources Information System). Ein HYDRO-GEO-Informationssystem sollte zur Integration der GIS-Funktionalitäten bei einem flexiblen Mehrnutzerbetrieb in ausreichendem Maße Schnittstellen anbieten. DECKERS (1993) fordert hierbei ein flexibles sowie mehrere Nutzer unterstützendes System, das letztlich zur Unterstützung der Entscheidungsfindung - unter Verwendung verschiedener Funktionen, wie konzeptionelle Modellierung, Datenoperationen, Datenakquisition und Datenintegration - dient. Insbesondere sollte ein solches System auf den Mehrnutzerbetrieb ausgerichtet sein. Dieses EGIS System wird in Holland im Bereich des Grundwassermanagements genutzt. Es ist aus 2 Bereichen aufgebaut; auf der einen Seite der Bereich von Anwendungen, wie z. B. Pumpversuchsauswertungen, numerische Modellierungen, Operationen sowie Analysemodulen und auf der anderen Seite der Bereich für generelle Datenpräsentationen, Abbildungsmethoden und Funktionalitäten der Datenbasis. Beide Systeme greifen über eine gemeinsame DBMS Schnittstelle auf die Datenbank zu. Nach außen 101 existiert eine Schnittstelle zu externen Anwendungen. DECKERS (1993) nutzt hierbei - vergleichbar zum GW-Informationssystem von Darmstadt - das GIS SMALLW ORLD und eine relationale ORACLE Datenbank sowie als Zugriff Standard-SQL. Die Hauptkomponenten werden wie beim GWInformationssystem Darmstadt (GISDA) verknüpft, wobei nach DECKERS (1993) das relationale Datenbankmodell bessere Möglichkeiten und Funktionalitäten zum Datenzugriff und zur Datenspeicherung bietet. Generell können die Daten jedoch auch im GIS gespeichert werden. Aufgrund des besseren Zugriffspotentials wird, ähnlich dem GISDA hierzu die relationale Datenbank genutzt. Im Gegensatz zum Darmstädter System wurde bei EGIS ein numerisches Grundwassermodell integriert während beim GISDA die Modellierung in einem externen Modul (VISUAL MODFLOW) durchgeführt wurde. Von TGU (1997) wird ein System zur Datenauswertung, -visualisierung und -organisation beschrieben. Kern des Systems DAVOS 5D ist eine relationale ORACLE Datenbank und der Zugang erfolgt ebenfalls über benutzerfreundliche Standardsoftware wie EXCEL, ACCESS und ARCVIEW , wobei zusätzlich zur Visualisierung das CAD-System AUTOCAD verwendet wird (TGU 1997). Der Datenzugriff erfolgt ähnlich wie beim GISDA über SQL, wobei im Gegensatz zum Darmstädter System zusätzlich eine ClientServer-fähige Datenbank für den Netzwerkbetrieb verwendet wird. CONRAD (1998) verwendete bei der Entwicklung eines Umweltinformationssystems im Rahmen der Integration eines Geographischen Informationssystems ebenfalls relationale Datenbanken (ORACLE), die er thematisch entsprechend ihrer Verwendung in Daten-, Methoden-, GIS-, Visualisierungs-, Experiment- und Modellbank einteilt. Zum Datenaustausch zwischen den Simulationsprogrammen und den Datenbanken verwendet er die SQL-ähnliche Sprache DMSQL (Dynamic Media SQL). Durch die Nutzung der Datenbanken wird nach CONRAD (1998) die Datenunabhängigkeit gesichert und Zugriff sowie Integration der Daten in das System leichter realisiert. Die Visualisierung und kartographische Abbildung der Daten erfolgt im Umweltinformationssystem mit dem weitverbreiteten GIS-Paket ARCINFO (CONRAD 1998). Eine thematische Einteilung der Datenbanken ist bei größeren Systemen sinnvoll, war jedoch im Rahmen des hier entwickelten Informationssystems nicht nötig. Die Unterscheidung zwischen thematisch differierenden Datentypen (z. B. gemessene und berechnete Daten) erfolgt beim Grundwasserinformationssystem Darmstadt durch das Attribut "Parameter" in der Relation "Meßwerte". NEUMANN (1997) erstellte ein Ingenieurgeologisches Informationssystem für ein Stadtgebiet und implementierte hierbei ebenfalls eine Datenbank, die auf einem einheitlichen Datenmodell basiert. Die konzeptionelle Modellierung der Daten führte er auch mit dem hier beschriebenen Entity-RelationshipModell durch. Physisch realisiert wurde das Modell durch eine Kombination aus dem GIS ARCINFO und einem relationalen Datenbankmanagementsystem (INFORMIX). Bei der Konzeption eines Datenerfassungssystems zur mobilen Erfassung von GEO-Daten nutzte REMKE (1997) ein wissensbasiertes GIS-Werkzeug. Dieses mobile Datenerfassungssystem (GISPAD) soll Geo- und Umweltwissenschaftler bei der Kartierung und Datenerfassung im Gelände unterstützen. Das System wurde als Datenerfassungsschnittstelle für ein GIS (ARCINFO) in Verbindung mit einer ORACLE Datenbank verwendet. Mit diesem System wurden nach REMKE (1997) neben Gewässer- und Nutzungsdaten auch Bodenproben sowie bodenkundliche Profilbeschreibungen für das Geologische Landesamt in Bayern erfaßt. Im Zusammenhang mit der hier durchgeführten Arbeit waren bei der Datenerfassung vergleichbare Systeme nicht verfügbar. Sie können jedoch auch bei der Erhebung von geologischen und hydrogeologischen Daten einen erheblichen Nutzen stiften. Einsatzpotentiale ergeben sich z. B. bei der Aufnahme von Bohrprofilen sowie bei Pumpversuchsauswertungen im Gelände und bei der Vor-Ort-Erfassung hydrochemischer Parameter. 102 Des weiteren kann mit mobilen Datenerfassungssystemen die Erhebung und Aktualisierung von GEODaten bei Deponien, Altlasten und Kontaminationen effizienter gestaltet werden. Durch die Einbindung eines GPS-Empfängers (Global Position System) besteht hierbei die Möglichkeit, die Georeferenzierung der Geländedaten zu automatisieren. LA BARBERA & LANZA & SICCARDI (1993) entwickelten ein Niederschlag-Ablußmodell, in dem die räumliche Variabilität der maßgeblichen Parameter mit einem GIS integriert wurde. Dieses GIS-Modell erlaubt ein optimales Management der gespeicherten topographischen Informationen sowie der simulierten zeitabhängigen hydrologischen Daten im Hinblick auf die Simulation des Oberflächenabflusses und die Prognose von Extremereignissen (Hochwasser). Bei dieser Arbeit konnte auf ein 400 x 400 m DEM (Digitales Geländemodell) als Datenbasis zurückgegriffen werden. Im Rahmen der Erstellung des digitalen Geländemodells des Stadtgebietes von Darmstadt wurden die Geländehöhen im Stadtzentrum auf Basis der Kanalhöhen (Stadtkarten 1:5.000) am Bildschirm digitalisiert, so daß im Stadtzentrum ein wesentlich feineres - wenn auch unregelmäßigeres - Raster zur Verfügung stand (vgl. Abb. 3.2, 3.19). Auf ein DEM konnte hierbei jedoch nicht zurückgegriffen werden. ROMANOWICZ & BEVEN & FREER & MOORE (1993) beschreiben ein Modul aus dem Informationssystem WIS, in dem auf die große Menge an räumlichen und zeitlichen Daten mit SQL zugegriffen und dadurch ein geregeltes Datenmanagement gesichert werden kann. Das untersuchte Programmodul TOPMODEL beinhaltet hierbei 6 Programmodule zur Abbildung von Einzugsgebietscharakteristik, Modellkalibrierung, Validierung, Sensitivitätsanalyse, Bodenwasserhaushalt und Abflußmodellierung. Sämtliche Unterprogramme kommunizieren - vergleichbar mit dem für den Raum Darmstadt erstellten System - über eine zentrale Schnittstelle mit der Datenbank (DBMS) und dem graphischen System. Der Nutzer greift dezentral über eine Schnittstelle von außen auf das jeweilige Unterprogramm zu und erhält das Antwortsignal (Informationen) aus dem zentral organisierten Datenbanksystem. FRYSINGER & THOMAS & PARSONS (1993) berichten über ein Environmental Decision Support System (EDSS), das zur Entscheidungsunterstützung im Bereich des Umwelt- und Grundwassermanagements entwickelt wurde. Hierbei kam, ähnlich dem für den Raum Darmstadt genutzten Informationssystem, eine interaktive graphische Benutzeroberfläche in Verbindung mit verschiedenen Modellierungswerkzeugen und einem GIS zum Einsatz. Ein Schwerpunkt dieses Systems lag in der Integration eines Werkzeuges zur Generierung und Optimierung von Grundwasserüberwachungsnetzen. Hierbei soll jedem Kontaminationsort eine bestimmte Anzahl von An- und Abstrommeßstellen in einem angemessenen Abstand zugeordnet und die optimale Anzahl und Lage der GWMs mit einem Modell zur Simulation der Schadstoffausbreitungen bestimmt werden. Bei der Untersuchung eines mehrschichtigen Aquifers in bezug auf Kontaminationen und sonstige anthropogenen Beeinträchtigungen verwendeten STIBITZ & PATZELT & W OLFBAUER (1993) das GISSystem ARCINFO in Verbindung mit einem relationalen Datenbanksystem (HADES) und DBASE III. Das relationale DBMS HADES erlaubt hierbei den Zugriff auf Daten zu Geologie, Hydrogeologie, Wasserentnahme, Altlasten und Altablagerungen, Klima und Grundwasserqualität. Die von STIBITZ & PATZELT & W OLFBAUER (1993) verwendete Datenbankstruktur ist vergleichbar mit dem hier verwendeten Datenmodell (vgl. Kap. 4 und 5). Sie nutzen ebenso zur Strömungsmodellierung das Grundwassermodell MODFLOW. Im Kontext der Untersuchung urbaner Hydrogeologie werden oftmals Informationssysteme genutzt. MOLENAAR & ROELOFFZEN & STRENG & PEPELS & UIL (1997) beschreiben das Informationssystem REGIS als ein interaktives REgionales Geohydrologisches InformationsSystem, in das ebenso die Software ARCINFO integriert wurde. Die Datenabfrage und Berechnung von attributbezogenen Mittelwerten erfolgt ebenfalls mit Hilfe von SQL-Statements (vgl. Kap. 6.2.1). Das System dient 103 vorwiegend dem effizienteren Umwelt- und Grundwassermanagement, der Sicherung der Grundwasserqualität sowie der Prävention und Sanierung von Schadensfällen. Des weiteren soll es als Instrument zur Stadtplanung und Entscheidungshilfe sowie zur Entwicklung von Grundwasserüberwachungsstrategien genutzt werden. Bei den durchgeführten Literaturstudien zeigt sich, daß ein Großteil der Autoren eine ORACLE Datenbank in Verbindung mit dem GIS ARCINFO nutzt. Es werden durchwegs relationale Modelle meist mit einem Zugriff über SQL oder ähnliche Sprachen - verwendet. Für das hier verwendete Informationssystem war jedoch keine vergleichbare Software verfügbar, so daß die im Paket MSOFFICE enthaltene ACCESS-Datenbank im Verbund mit dem kleineren GIS ARCVIEW zur Datenspeicherung und Visualisierung genutzt wurde. In kommunalen Einrichtungen bietet ein potentiell anzustrebender Netzwerkbetrieb zusätzliche Vorteile, da die Ämter einen direkten Zugriff auf die aktuellsten Daten erhalten und somit die Auskunftsfähigkeit gegenüber Dritten wie auch der interne Informationsfluß optimiert wird. Nach FEDRA (1993) sollte ein intelligentes System den Nutzer bei allen Entscheidungen und Möglichkeiten optimal unterstützen (Expertensystem). In diesem Bereich der Systemintelligenz, der Nutzerunterstützung und der Benutzerfreundlichkeit liegen partiell die Schwachstellen des hier erstellten Systems. 6.6.2 Diskussion der Anwendung von Informations- und Datenbanksystemen Mit einem Informations- und Datenbanksystem können nachhaltig Massendatenaufkommen beherrscht und die Daten mit einer hohen Flexibilität zu verschiedenartigen Anwendungszwecken sowie für unterschiedliche Auswertungen, wie z. B. für Statistiken, Datenbankabfragen, Grafiken und zur Modellbildung zur Verfügung gestellt werden. Auswertungen können sich immer sowohl auf den gesamten als auch auf eine Teilmenge des Datenbestandes sowie auf beide Bereiche beziehen. Das Datenbankmanagementsystem dient hierbei als Schnittstelle zwischen Anwender und der Datenbank sowie zu den angesprochenen Anwendungsprogrammen. Die Funktionalität basiert i. a. auf einer Zentralisierung der Dateiverwaltung und gestattet eine wesentlich elegantere Organisation von typischen Informationsverarbeitungsaufgaben sowie die wirksame Sicherung der Korrektheit und Aktualität sämtlicher Daten zu jedem Zeitpunkt. Hierbei wird eine rationelle und kontrollierte Datenbearbeitung ermöglicht. Bei einer einmaligen Datenerfassung können Redundanzen vermieden werden. Durch die Vermeidung der doppelten Datenhaltung und der Mehrfacherfassungen wird die Gefahr von Eingabefehlern nachhaltig reduziert, denn einmal erfaßte Daten werden zentral im System gehalten und können beispielsweise auch mehreren Bearbeitern mit Zugriffsrechten zur Verfügung gestellt werden. Durch ein geregeltes Datenmanagement wird die Gefahr von unnötigen Übertragungsfehlern, die häufig bei einen manuellen Datentransfer auftreten, reduziert. Des weiteren verringert sich der Abstimmungs- und Korrekturaufwand, falls ein Datenfehler festgestellt wurde. Das System kann zusätzlich den Nutzer bei der Dateneingabe unterstützen, ggf. Werte vorgeben und den Datentransfer sowie Anwendungsfehler protokollieren. Die ständige Verfügbarkeit der numerischen und graphischen Informationen am Bildschirm erspart unnötige Kopien sowie die kostenaufwendige Erstellung von analogem Kartenmaterial. Außerdem besteht die Möglichkeit, eine Teilmenge der Daten nur ausgewählten Nutzern zur Verfügung zu stellen, die entsprechende personenbezogene Berechtigungen erhalten. Mit einem ausgefeilten Informationssystem wird somit die Auskunftsfähigkeit eines Wissenschaftlers, Sachbearbeiters oder sonstigen Nutzers in qualitativer wie auch quantitativer Hinsicht durch eine 104 zeitnahe Informationsbereitstellung nachhaltig gesteigert. Insbesondere wird durch die Reduktion der Verweildauer analoger Datendokumente sowie durch die Verringerung von Kopien die Datentransparenz des Systems erhöht. Alle Dateneingaben können bei einer Vernetzung der Systeme online vorgenommen werden, so daß immer ein aktueller Datenbestand (auch bei mehreren Bearbeitern) zur Ableitung der benötigten Informationen zur Verfügung steht. Dies ist insbesondere bei der Kartenerstellung mit dem GIS ein großer Vorteil, da durch fortschreitende Bearbeitung eines Untersuchungsraumes auch der ständig variierende Datenbestand fortlaufend aktualisiert wird und die Kartendarstellung (Abbildung von regionalisierten Variablen) immer aktuelle Informationen abbildet. Weitere Vorteile liegen in den Dokumentationspotentialen und der Auswertbarkeit des Datenbestandes. Durch zahlreiche Auswertungsmöglichkeiten der gespeicherten Daten im Rahmen von Datenbankabfragen und Visualisierungen erhöht sich die Transparenz und das Informationssowie Wissenspotential der Daten. Entsprechend der in Kap 2.1 dargestellten Relation zwischen Daten, Information und Wissen kann durch einen geregelten Zugriff und eine sinnvolle Kombination der Daten auch das abgeleitete bzw. neu geschaffene Wissen optimiert und vergrößert sowie die Belegung und der datenmäßige Nachweis der Wissensmodelle vereinfacht werden. Vorteile liegen auch in der Automatisierung und Massendatenverarbeitung wie z. B. bei Simulationen, da der Zugriff auf die hier auftretenden großen Mengen an berechneten Daten verbessert und somit die Aussagekraft von Modellen gesteigert werden kann. Generell lassen sich auch Dokumentationen und Schriftverkehr (Auswertungen, Visualisierungen und Veröffentlichungen) automatisieren und somit rationeller erstellen. Insbesondere gilt dies für Schriftstücke, die mit unterschiedlichen von den Empfängern abhängigen Parametern verknüpft werden müssen. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn Analysenlisten für mehrere unterschiedliche städtische Ämter oder sonstige Informationsempfänger ausgedruckt werden sollen. Jeder Informationsempfänger ist i. d. R. an unterschiedlichen Parametern interessiert, die meistens auf den gleichen Stammdaten (Grundwassermeßstellen, Brunnen, sonstige Meßorte etc.) beruhen und deren Dokumentation oftmals ähnlich aufgebaut ist (Anschreiben, geologischer und hydrologischer Rahmen, Grenzwerte und gesetzliche Bestimmungen, Karten). Des weiteren können fortlaufend ändernde gesetzliche Bestimmungen und Verordnungen, wie z. B. Grenzwert- und Parameterlisten mit den Daten verknüpft werden und somit Bewertungen und damit Entscheidungen im Hinblick auf Sanierungen, Sicherungen sowie ggf. weitere Untersuchungen auf Basis der aktuellen Rechtslage (Grenzwerte nach TrinkwV, Niederländische Liste, Berliner Liste, GW VwV etc.) getroffen werden. Große Probleme bestehen auch oftmals in der Frage nach der Plausibilität und Vergleichbarkeit der Daten (evtl. mit geologisch vergleichbaren Gebieten oder sonstigen Stadtgebieten). Hier bietet ein Informationssystem einerseits die Möglichkeit, eine automatische Plausibilitätsprüfung zu implementieren und unzulässige Daten - wie z. B. negative Konzentrationen - bei der Eingabe nicht zuzulassen oder andererseits nach der erfolgten Eingabe über eine Abfrage und eine Visualisierung die Daten auf Plausibilität zu prüfen und ggf. Vergleiche mit ähnlichen Daten anzustellen. Durch Vergleiche können potentiell weitere Kenntnisse über die Ursachen der Verhältnisse gewonnen werden. Ein weiteres Problem bei der Verwendung von Datenbanksystemen besteht in der Sicherheit der Datenhaltung. Durch Stromausfälle und sonstige Ereignisse können Speichermedien beschädigt und 105 der Datenbestand zerstört werden; es besteht die Gefahr des Totalverlustes (Totalrisiko), während bei verteilten Systemen (Anwendungsprogrammen) im Falle einer Störung lediglich Teilmengen des Datenbestandes betroffen sind. Um diesen Risiken zu begegnen, wurde der hier verwendete Datenbestand regelmäßig - etwa in einem monatlichen Intervall - auf CD-ROM gesichert. Prinzipiell können solche Sicherungsoperationen auch automatisiert werden, z. B. durch regelmäßige Spiegelung des Datenbestandes mit einem weiteren Speichermedium (z. B. Festplatte). Gegenüber der separaten Datenverwaltung durch Anwendungsprogramme bewirkt der Einsatz von Datenbankverwaltungssystemen zwar grundsätzlich Vorteile, jedoch besteht weiterhin die Gefahr, daß Redundanzen auftreten. Außerdem wirken sich nun physische Datenabhängigkeiten gegebenenfalls auf mehrere Programme gleichzeitig aus. Inflexibilitäten sind nach wie vor vorhanden, da die verwalteten Dateien nicht alle potentiellen Anwendersichten in gleicher Weise unterstützen. Der Aufbau einer Datei ist für alle Benutzer identisch, und individuelle Anwenderansprüche können u. U. nicht ausreichend berücksichtigt werden. Des weiteren entstehen zusätzliche Abhängigkeiten bezüglich Schnittstellen und Sprachenstandards, die nun von einem zentralen Objekt ausgehen. Es besteht somit bei einem solchen System trotz genereller Vorteile die Gefahr, daß einer evtl. primär erhofften Vergrößerung der Benutzerfreundlichkeit entgegengewirkt wird. Weitere Nachteile eines u. U. komplexen Datenbanksystems bestehen in den höheren Anforderungen an die Qualifikation und Fachkompetenz des Anwenders im Gegensatz zu geringeren Anforderungen bei den i. d. R. einfach zu bedienenden Anwendungsprogrammen mit programmindividueller Datenverarbeitung (vgl. Abb. 2.4). Nicht nur beim Nutzer, sondern auch im Bereich der Hardware steigt der Aufwand mit der Komplexität des Systems und die Verarbeitungsgeschwindigkeit sinkt u. U. auf Kosten der höheren Universalität und Flexibilität. Im allgemeinen stiftet jedoch ein System mit einer benutzerfreundlichen graphischen Oberfläche, die ggf. in Windows integriert werden kann, und guter Performanz einen hohen Nutzen in bezug auf die wirtschaftliche und ergonomische Erstellung von thematischen Karten sowie bei der Regionalisierung von Variablen, bei statistischen Untersuchungen und sonstigen Informationsverarbeitungsaufgaben. Durch eine Client-Server-Technologie kann der Datenbestand auch mehreren Nutzern in einem lokalen Netzwerk zur Verfügung gestellt werden. Das DBMS synchronisiert hierbei die Aktivitäten der einzelnen Anwender und soll die gleichzeitige Datenmanipulation von mehreren Nutzern verhindern. Die potentiellen Nutzer des Systems können sowohl Experten (Softwareentwickler) wie auch Sachbearbeiter (zur Dateneingabe) sein. In bezug auf die Client-Server-Technologie und den Mehrnutzerbetrieb kann i. a. zwischen zwei Lösungen (Architekturen) unterschieden werden, die hier kurz angesprochen werden sollen (die folgenden Ausführungen stellen eine weiterführende Ergänzung des behandelten Themas dar). Auf der einen Seite besteht die Möglichkeit, den Datenbestand eines Arbeitsgebietes (Wirtschaftsbereich, Fachgebiet etc.) zentral in einem Rechenzentrum (Großrechner) mit einem Datenzugriff über DFÜ (Datenfernübertragung) zu verwalten und andererseits kann durch sogenannte Inhouse-Lösungen (PCs, Workstations) mit lokalen Datenbeständen und dezentral organisierten (lokalen Netzwerken, LANs) Systemen die lokale Datenbasis verwaltet werden. Beide Optionen bieten sowohl Vor- als auch Nachteile. Inhouse-Lösungen bzw. lokale Netze können besser auf die jeweiligen Benutzerbedürfnisse angepaßt werden und bieten somit eine höherer Benutzerfreundlichkeit und durch größerer Verarbeitungsgeschwindigkeiten eine besserer Performanz. Demgegenüber kann durch den zentralen Zugriff und die zentrale Datenverwaltung über ein Rechenzentrum die Datengüte und Datenkonsistenz optimiert und die Redundanz reduziert werden. Außerdem bietet der Großrechner einen großen Vorteil bei Wartung und Support, da Nutzer und Support von unterschiedlichen Orten aus auf den gleichen und aktuellen Datenbestand zugreifen können.