Prosoziales Verhalten

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Sozialpsychologie
Prosoziales Verhalten 1
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Prosoziales Verhalten (Eisenberg, 1996):
Verhalten, das positive Konsequenzen für andere Menschen hat und zum
physischen und psychischen Wohlbefinden der Anderen beiträgt.
Es wird freiwillig mit der Intention, den anderen Personen Gutes zu tun,
durchgeführt.
Evolutionäre Sozialpsychologische Theorie:
Prosoziales Verhalten
Wir helfen anderen Personen aus folgenden Gründen:
•! Gegenseitige Vorteile: Kooperatives Verhalten hat sowohl für die
helfende Person als auch für den Empfänger Vorteile.
•! Blutsverwandtschaft: Durch die Hilfe eines Artverwandten werden die
eigenen Gene bevorteilt und helfen das Überleben zu sichern.
•! Reziprozität: „Wenn du mir hilfst, werde ich dir auch helfen“
•! Sanktionierung: Durch Bestrafung antisozialen Verhaltens wird die
Kooperation gefördert.
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Burnstein, Crandall & Kitayama (1994): Die Bereitschaft, kranken
Menschen zu helfen, sinkt mit der Dramatik der Situation.
D.h.: In Alltagssituationen helfen wir eher Kranken, in Situationen, in
denen es um Leben oder Tod geht, helfen wir eher den gesunden und
uns ähnlichen Menschen.
Erregung und Empathie
Bevor jemand prosozial handelt, muss er erregt sein und empathisch
reagieren (Gaertner & Dovidio, 1977; Hoffman, 1981; Honblow,
1980).
Im Alltag versuchen wir jedoch Empathie aktiv zu vermeiden (Shaw,
Batson & Todd, 1994).
Das Modell des Helfens (Bystander calculus model)
von Piliavin, Dovidio, Gaertner & Clark (1981):
Damit es zu helfendem Verhalten kommt, müssen 3 Stufen durchlaufen
werden.
1. Physische Erregung. Die erste Reaktion auf eine gefährdete bzw.
verunfallte Person ist die Erhöhung der physiologischen Erregung
(Erhöhung der Herzfrequenz). Je höher die Herzfrequenz ist, desto
eher hilft man anderen Personen (Gaertner & Dovidio, 1977). Je
schwerer jemand verunfallt und je klarer die Ausmaße der Situation
sind, desto höher ist die physiologische Reaktion der Beobachter (Geer
& Jarmecky, 1973)
2. Interpretation der physiologischen Erregung. Wenn der Beobachter
eine Notsituation wahrnimmt und seine physiologische Erregung
steigt, wird diese als Anspannung (manchmal als Ängstlichkeit)
interpretiert. Um dieses unangenehme Gefühl zu reduzieren, wird
geholfen (Gaertner & Dovidio, 1977)
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3. Evaluierung der Konsequenzen. Im dritten Schritt wird eine Kosten/
Nutzen-Rechung angestellt. Die möglichen Kosten des Helfens sind:
Anstrengung, Zeit, Geld, Gefahren, Ekel, Gefühle der Unfähigkeit und
Hilflosigkeit. Die möglichen Kosten des Nichthelfens sind:
Bestrafungen durch andere Personen, Selbstbestrafungen
(Schuldgefühle), Mitleiden mit dem Opfer.
Die Wahrscheinlichkeit des Helfens steigt, wenn die Kosten gering sind
und wenn Belohnungen für das Handeln erwartet werden.
Direkte Hilfe ist die wahrscheinlichste Reaktion, wenn die Kosten für
Helfen gering und die Kosten des Nichthelfens hoch sind.
Wenn beide Kosten hoch sind, kommt es entweder
(1) zu einer Neuinterpretation der Situation (z.B. Verharmlosung,
Verantwortungsaufteilung, Abwertung des Opfers) oder
(2) zu einer indirekten Hilfe (Telefonanruf bei Rettung oder Polizei).
Perspektivenwechsel erhöht die Hilfsbereitschaft:
Oswald (1996): Wenn man sich in das Opfer hineinversetzt, hilft man
eher.
Batson et al. (1996): Frauen helfen mehr als Männer, wenn sie sich in das
Opfer hineinversetzen.
Batson, Chang, Orr & Rowland (2002): Durch die kognitive Vorstellung
einer stigmatisierten Person bzw. einer Minorität steigt die Bereitschaft
für diese Person zu spenden.
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Prosoziales Handeln kann gelernt werden:
Grusec, Kuczinski, Rushton & Simutis (1978): Kinder helfen anderen
mehr, wenn man sie auffordert immer hilfsbereit zu sein.
Fischer (1963): Kinder sind hilfsbereiter und teilen mehr, wenn ihnen eine
Belohnung für ihr Verhalten in Aussicht gestellt wird.
Auch das Lernen am Modell führt zu pro-sozialem Verhalten (Rushton,
1976).
Kinder, die sich prosozial verhalten, können länger auf ihre Belohnungen
warten (Long & Lerner, 1974) und sind in ihrer Gruppe beliebter
(Dekovic & Janssens, 1992).
4 motivationale Formen des prosozialen Handelns
(Batson, 1994):
1.! Egoismus: Prosoziales Handeln dient der helfenden Person (zum
Schutz von Eigentum, Erhalten von Belohnung, Abwendung von
Bestrafung)
2.! Altruismus: Prosoziales Handeln wird durchgeführt, um das
Wohlergehen von anderen Personen aufrecht zu erhalten oder zu
stärken. Es wird keine Zuwendung erwartet.
3.! Kollektivismus: Prosoziales Handeln dient zur Steigerung oder
Aufrechterhaltung des Wohlbefindens einer Gruppe bzw. der Kultur
4.! Prinzipismus: Prosoziales Handeln wird durchgeführt um einem
moralischen Standard zu entsprechen.
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Der Zuschauer-Effekt (bystander effect; Latané & Darley,
1970):
Gründe für das Nichthelfen:
Je mehr Personen einen Notfall beobachten, desto weniger hilft jemand
dem Opfer.
Je mehr Personen sich in einem Raum befinden, desto langsamer wird
eine Rettungsaktion eingeleitet (Latané & Darley, 1970).
Wenn in einem anderen Raum eine Person verunfallt, helfen andere
Personen
•! in 70 Prozent der Fälle, wenn sie allein sind,
•! In 40 Prozent der Fälle, wenn sie zu zweit sind (und den anderen
Zuschauer nicht kennen),
•! In 7 Prozent der Fälle, wenn der andere Zuschauer passiv war,
•! In 70 Prozent der Fälle wenn man zu zweit ist und der andere ein
Freund ist.
•! Diffusion der Verantwortung: Die Verantwortung kann aufgeteilt
werden, wenn mehrere Zuschauer vorhanden sind. Es kann zur
sozialen Faulheit kommen.
•! Publikumsinhibition (audience inhibition): Man möchte sich nicht zum
Gespött der anderen machen, wenn man eine Notfallsituation
überinterpretiert.
•! Sozialer Einfluss: Die anderen Zuschauer dienen als Modelle. Sollten
sich die anderen passiv und unbeeindruckt zeigen, kann die Situation
nicht so schwerwiegend sein.
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Latané und Darley (1976) :
Vpn sollten das Verhalten einer Versuchsperson bewerten, die Elektroschocks bekommen
sollte. Den realen Vpn wurde der Schockgenerator gezeigt, der vom Vl bedient werden
sollte. Danach wurden sie in einen separaten Raum geführt, wo sie Fragebögen ausfüllen
sollten, bevor der eigentliche Versuch begann. In diesem Raum befanden sich zwei
Monitore und eine Kamera. Auf einem Monitor wurde der Raum mit dem Schockgenerator
gezeigt. Die Darstellung auf dem anderen Monitor wurde experimentell manipuliert:
(1)! Allein. Der zweite Monitor zeigte nur ein Standbild. Es war keine weitere (vermeintliche)
Vpn anwesend.
(2)! Diffusion der Verantwortung. Der zweite Monitor zeigte ebenfalls nur ein Standbild. Die
reale Vpn wusste aber, dass eine weitere Vpn mit derselben Aufgabe betraut wurde und im
Nebenraum saß.
(3)! Diffusion plus sozialer Einfluss. Der zweite Monitor zeigte die weitere Vpn. Diese konnte
aber die reale Vpn nicht sehen.
(4)! Diffusion plus Publikumsinhibition. Die weitere Vpn konnte die reale Vpn auf ihren
Monitor betrachten. Die reale Vpn hatte keine diesbezügliche Möglichkeit.
(5)! Diffusion plus sozialer Einfluss plus Publikumsinhibition. Beide Vpn konnten einander
wahrnehmen.
Während die Vpn den Fragebogen ausfüllten, hantierte der Vl mit den Kabeln des
Schockgenerators.
Plötzlich schrie der Vl laut auf, sprang in die Luft, schmiss sich gegen die Wand und blieb dann
am Boden liegen. Nach 15 Sekunden begann er zu stöhnen.
90
80
70
Allein
60
50
Diffusion
40
30
Diffusion + Einfluss
20
Diffusion + Einfluss +
Inhibition
10
0
0
1
2
3
4
5
6
Abbildung: Prozent der Hilfeleistungen nach (1) 20 Sekunden, (2) 40 Sek., (3) 60 Sek, (4) 80
Sek., (5) 100 Sek.
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Minimierung des Zuschauereffekts:
Einfluss der Stimmung auf das Hilfeverhalten:
•! Zuschauer, die sich untereinander kennen, helfen dem Opfer eher und schneller.
•! Bei Anonymität ist die Kommunikation in der Zuschauergruppe minimiert
(Latané & Rodin, 1969; Rutkowski, Gruder & Romer, 1983).
•! Bei Erwartung einer zukünftigen Interaktion unter den Zuschauern, wird ebenfalls
mehr geholfen (Gottlieb & Carver, 1980).
Das kognitive Modell von Latané & Darley (1970) zum
Entscheidungsprozess:
Wahrnehmung
eines
Ereignisses
+
Interpretation
der Situation
als Notfall
+
Übernehmen
von
Verantwortung
+
Entscheidung
was getan
werden muss
!
Hilfeleistung
Positive Stimmung:
Isen (1970): Personen, die erfolgreich waren, helfen um 700% mehr!
Cunningham (1979): Personen in guter Stimmung helfen an sonnigen Tagen mehr als
bei Regen oder an kalten Tagen.
Holloway, Tucker & Hornstein (1977): Personen, die gute Nachrichten im Radio
gehört hatten, halfen Fremden mehr.
Schlechte Stimmung:
Personen sind eher nach innen orientiert und helfen Anderen signifikant weniger
(Berkowitz, 1970; Weyant, 1978).
Personen, die sich verspätet haben, helfen nur zu 10 Prozent, jene die in der Zeit sind,
helfen zu 45 Prozent und jene, die zu früh sind zu 63 Prozent! (Darley & Batson,
1973).
Wenn man sich aber schuldig fühlt, hilft man mehr (Cialdini, Darby & Vincent,
1973): Man möchte sein Image wiederherstellen!
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Der gute Samariter (Huston, Ruggiero, Conner & Geis, 1981) :
Bevölkerungsdichte:
Je kleiner die Stadt, desto eher wird geholfen (Amato, 1983)
Personen, die in Notfallsituationen helfen,
•! sind selbst Opfer gewesen oder
•! haben andere Notfallsituationen beobachtet
•! Sind größer, schwerer oder physisch stärker als andere Beobachter
•! Sind besser ausgebildet mit Verbrechen oder Notfallsituationen umzugehen
•! Hatten mehr Erste-Hilfe Training
•! Haben keine außergewöhnliche Persönlichkeit
•! Haben keine humanitäre Ziele verfolgt.
Geschlechtsunterschiede:
Männer helfen Frauen mehr als umgekehrt (Latané & Dabbs, 1975).
Sexuell erregte Männer helfen Frauen häufiger und länger (sexuell erregt und das
Opfer ist eine Frau: 6 Minuten, sexuell erregt und Opfer ist ein Mann: 30
Sekunden; Przyblya, 1985).
Männlicher Altruismus kann mit dem Wunsch zusammenhängen, romantisch wirken
zu wollen (Karakasian, Walter, Christopher & Lucas, 2006).
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Danke für die Aufmerksamkeit!
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