24. August 2016 Elektrizitätslehre I Martin Loeser Laborpraktikum 5 – Gleichstrom-Messbrücken 1 Lernziele • Sie können die Quellenersatzschaltungen von einfachen linearen Widerstandsschaltungen ermitteln. • Sie können die Funktion (Zweck) und die Funktionsweise der Wheatstone- und der Thomson- Gleichstrommessbrücke erläutern. • Sie kennen die Begriffe Empfindlichkeit und Verstimmung einer Messbrücke. • Sie kennen die Grössenordnung von Kontakt- und Übergangswiderständen. 2 Einleitung – Gleichstrommessbrücken 2.1 Wheatstone-Brücke Diese Gleichstrommessbrücke, die in Abbildung 1 dargestellt ist, eignet sich zur Bestimmung von Widerständen im Bereich Ω bis M Ω. Die erreichbare relative Messgenauigkeit liegt zwischen % und %. Achtung: Wheatstone-Messbrücken können nur für passive Zweipole verwendet werden! Ein unter Spannung stehender Zweipol darf damit nicht ausgemessen werden. Die Messbrücke belastet ausserdem den Zweipol, im schlimmsten Fall mit Uq . Funktionsweise Der Schleifer x wird verstellt bis der Strom IG im Galvanometer (hochempfindliches Strommessgerät) Null wird – dann steht der Schleifer in der Stellung x0 . Dadurch Einleitung Gleichstrommessbrücken Wheatstone-Brücke Diese Gleichstrommessbrücke eignet sich zur Bestimmung im B Laborpraktikum 5 – Gleichstrom-Messbrücken, Elektrizitätslehre I von Widerstandswerten 2 Die erreichbare relative Messgenauigkeit liegt zwischen % und ‰. x=1 RX Uq IG=0 RP G x RN x=0 Figur 3.1 Wheatstone-Messbrücke, Prinzipschema (G steht für Galvanometer: em messgerät) Abbildung 1: Wheatstone-Messbrücke. sind die Spannungsteiler, gebildet aus den Widerständen (1−x0 )RP und x0 RP sowie Wheatstone-Messbrücken können nur für passive Zweipole verwendet werden! Ein RX und RN auf das gleiche Verhältnis abgeglichen. stehender Zweipol darf damit nicht ausgemessen werden. (1 − x0ausserdem )Rp 1 − x0 Vorsicht: Die MessbrückeRxbelastet im schlimmsten Fall mit Uq = =⇒ Rx =den Zweipol, RN RN x0 Rp x0 Funktionsprinzip Systematische Fehler Beim Messen kleiner Widerstandswerte werden die Zuleitungs- und Übergangswiderstände Diesder gilt Strom auch für Izugeschaltete Messinstrumente, wenn z. Der Schleifer wirdmitgemessen. verstellt bis G im Galvanometer (hochempfindliches B. ein Widerstand bei einer bestimmten Spannung bestimmt werden soll. wird. Dadurch sind die Spannungsteiler, gebildet aus den Widerständen (1–x)·R P RN auf dasMessunsicherheit gleiche Verhältnis abgeglichen. Strom und x Die Messunsicherheit setzt sich aus zwei Effekten zusammen: —> • ( ) 1 ! x " RP weicht von seinem Nennwert 1 ! xab und beträgt RN ± x DerRReferenzwiserstand —> R x = = RN ∆R RN . x"R x N P • Das Potentiometer wird nicht richtig auf die Stelle x0 , sondern auf x0 ± ∆x eingestellt. Systematische FehlerDas kann durch mechanisches Spiel, Fehler beim Ablesen der Skala oder nichtlineares Verhalten des Schleifers verursacht werden. Beim Messen kleiner werden diederZuleitungsund Übergangswiderst Für den absoluteWiderstandswerte Messunsicherheit gilt (Linearisierung Zusammenhänge) Messinstrumente, Dies gilt auch für zugeschaltete wenn z. B. ein Widerstand bei ∂Rx ∂Rx RN 1 − x0 ∆R = ∆x + ∆R = ∆x + ∆RN x N Spannung bestimmt werden ∂x soll. ∂R x0 x2 N 0 12 und damit ergibt sich für die relative Messunsicherheit (Einsetzen der Abgleichsbedingung) ∆Rx ∆x = ein V-Meter + δRN genommen werden, x = Anstelle eines A-.MetersδR könnte auch Rx x0 (1 − x0 ) welches auf N abgeglichen wird. Überlegen Sie welches istδR(siehe 1 Der Vorfaktor wird minimal fürx0 = 1Verfahren /2 – in diesembesser Falle gilt = Aufgabenstellun x x0 (1−x0 ) min 4∆x + δRN . Um x0 = 1/2 ist der Verlauf von δRX sehr flach und damit praktisch ZHAW, School of Engineering, Departement T 12. Dezember Laborpraktikum 5 – Gleichstrom-Messbrücken, Elektrizitätslehre I 3 unabhängig von x. In den Randzonen hingegen (x0 < 0.1 bzw. x0 > 0.9),verläuft diese Funktion sehr steil. Um demzufolge eine genaue Messung zu erreichen, sollte die Schleiferstellung(bei abgeglichenem Potentiometer) x0 in der Mitte des Potentiometers sein, also x0 ≈ 1/2. Dafür muss durch Probieren RN in der Grössenordnung von RX gewählt werden. Bemerkung: Aus diesem Grund wird bei einigen Messbrücken von der festen Einstellung des Spannungsteilers x = 1/2 ausgegangen und der Brückenabgleich durch Verändern des Bezugswiderstands RN erreicht. Verstimmung und Empfindlichkeit. Die relative Unsicherheit des Brückenabgleichs wird Verstimmung genannt: δx = ∆x/x0 , wobei x0 die Schleiferstellung bezeichnet, bei der die Brücke abgeglichen ist, z. B. x0 = 1/2, womit δx = 2∆x gelten würde. Diese Grösse ist dimensionslos und kann in % angegeben werden – für x0 = 0 ist die relative Verstimmung nicht definiert. Unproblematisch ist es, die Verstimmung bei Brückenabgleich über den Bezugswiderstand RN (bei festem x0 = 1/2) zu definieren: δRN = ∆RN/RN . Dieses Verhältnis wird üblicherweise in % angegeben. Die Änderung der Ausgangsgrösse eines Messgerätes bezogen auf die entsprechende Änderung der Eingangsgrösse wird nach DIN 1319 als Empfindlichkeit (sensitivity) bezeichnet. Für die Messbrücke entspricht dies dem Verhältnis aus Galvanometerstrom (Wirkung) und Verstimmung (Ursache). Die Empfindlichkeit ist hier einheitenbehaftet, beispielsweise in der Form µA/%. 2.2 Thomson-Brücke EL1 - Praktikum, Messprogramme Versuche 0 bis 6 10/20 Die in Abbildung 2 gezeigte Thomson-Messbrücke eignet sich zur Bestimmung von Thomson-Brücke sehr kleinen Widerständen im Bereich µΩ bis Ω. Mit dieser Brücke kann ein Widerstand zwischen zwei wählbaren Punkten werden,imohne dass Diese Messbrücke eignet sichbeliebig zur Bestimmung von sehr kleinen gemessen Widerstandswerten Bereich µ! bis !. Mir dieser Brücke kann ein Widerstand zwischen zwei beliebigen, wählbaren Punkten gemessen Anschluss- und Übergangswiderstände mit erfasst werden. Thomson-Messbrücken werden ohne, dass Anschluss- und Übergangswiderstände mit erfasst werden. I´ RX x=1 Iq RP G x IG=0 x RP x=0 I´´ RN Figur 3.2 Thomson-Messbrücke, Prinzipschema (Hauptstromkreis fett hervorgehoben) Thomson-Messbrücken werden im Allgemeinen mit relativ grossen Stromstärken gespiesen Abbildung 2: Thomson-Messbrücke. (Grössenordnung 1 bis 10 A). Die Potentiometerwiderstände RP sind in der Grössenordnung k!. werden im Allgemeinen mit relativ grossen Strömen gespeist (Grössenordnung 1 bis Funktionsprinzip Der Dopplelschleifer wird verstellt bis der Strom IG im Galvanometer (hochempfindliches Strommessgerät) Null wird. Dadurch wird erreicht, dass I'"="I" ist und, dass in RX wie in RN der gleiche Strom, nämlich I"="Iq "–"I', fliesst. Mit den Spannungsabfällen UX"="RX·I an RX und UN"="RN·I an RN wird demzufolge: I' = I" —> Rx ! I RN !I = 2 ! (1" x) ! R P 2 !x ! R P —> Rx = 1!x RN x Laborpraktikum 5 – Gleichstrom-Messbrücken, Elektrizitätslehre I 4 10 A). Die Potentiometerwiderstände RP sind in der Grössenordnung von kΩ. Funktionsprinzip Der Dopplelschleifer wird verstellt bis der Strom IG im Galvanometer Null wird. Dadurch wird erreicht, dass I 0 = I 00 ist und dass in RX wie in RN der gleiche Strom, nämlich I = Iq − I 0 fliesst. Mit den Spannungsabfällen UX = RX I an RX und UN = RN I an RN wird demzufolge: I 0 = I 00 =⇒ RN I 1−x Rx I = =⇒ Rx = RN 2(1 − x)Rp 2xRp x Systematische Fehler Die Zuleitungs- und Übergangswiderstände an den Abgriffen bei RX (Pfeile im Schema der Figur) werden bei der Thomson-Brücke nicht mitgemessen. Der Übergangswiderstand des Abgriffs (in Serie zu RP ) spielt für die Bestimmung von RX praktisch keine Rolle, da RP wesentlich grösser als RX oder RN ist. Messunsicherheit, Verstimmung & Empfindlichkeit Hier gelten die gleichen Überlegungen wie bei der Wheatstone-Brücke. 3 Versuchsdurchführung 3.1 Wheatstone Die folgenden Aufgaben sollen mit einer selbstgebauten Wheatstone-Brücke durchgeführt werden. Anstelle des Potentiometers gemäss Figur 1 sollen zwei gleich grosse Widerstände (zumindest deren Nennwerte) mit festem Wert verwendet werden. Messen Sie deren wirkliche Widerstandswerte und berücksichtigen Sie gegebenenfalls die entstehenden systematischen Fehler. Der Abgleich erfolgt dabei durch die Einstellung (probieren) des Referenzwiderstands RN . Hier empfiehlt sich die Verwendung der Widerstandsdekade. (a) Theorieaufgaben: (i) Bestimmen Sie formal die Spannungsquellenersatzschaltung der Messbrücke bezüglich des Klemmenpaares, an das das Galvanometer angeschlossen wird. Hier spielen die Grössen U q, RP , RX und RN eine Rolle. Lösen Sie mit diesem Ersatzmodell alle weiteren Fragen. (ii) Was für ein Strom fliesst durch das Galvanometer, wenn sein Innenwiderstand RG beträgt? (iii) Überlegen Sie sich, ob das Galvanometer durch ein (hochohmiges) Spannungsmessgertät ersetzt werden könnte. (iv) Welchen Einfluss auf die Empfindlichkeit und/oder die Messgenauigkeit hat dies auf die Messbrücke? Laborpraktikum 5 – Gleichstrom-Messbrücken, Elektrizitätslehre I 5 (v) Gibt es Regeln zur Wahl der Grössenordnung der einzelnen Widerstände im Zusammenhang mit der Empfindlichkeit oder spielt dies keine wesentliche Rolle? (b) Messaufgaben – Wheatstone I: Bauen Sie eine Brückenschaltung gemäss des gegebenen Schaltschemas auf. Gehen Sie dabei wie folgt vor (i) Verwenden Sie als Potentiometer eines der im Labor ausgestellten DrehPotentiometer. (ii) Wählen Sie als Referenzwiderstand zunächst einen 5 W- Keramikwiderstand mit RN = 1 kΩ. Um später genaue Ergebnisse zu erhalten, sollten Sie den tatsächlichen Wert von RN mit dem Milliohm-Meter bestimmen. (iii) Verwenden Sie als „unbekannten” Widerstand RX wieder einen 5 W- Keramikwiderstand, zunächst mit RX = 1 kΩ (iv) Ermitteln Sie den tatss̈chlichen Wert von RX , indem Sie mit Hilfe des Potentiometers die Brücke abgleichen, so dass im Galvanometer kein Strom mehr fliesst. (v) Vergleichen Sie diesen Wert mit dem Resultat, das Sie bekommen, wenn Sie RX mit dem Milliohm-Meter bestimmen. (vi) Jetzt nehmen wir an, der Drehschalter im Potentiometer habe eine Ungenauigkeit von ∆x = 0.02 – das bedeutet beispielsweise, dass der Schleifer auf der Position x = 0.50 steht, während der Drehregler x = 0.52 anzeigt. Bestimmen Sie, wie sich ein solcher Fehler auf den gemessenen Widerstand RX auswirkt (∆RX und δRX ). (vii)Wählen Sie nun andere Widerstände RX im Bereich 50 Ω bis 10 kΩ und wiederholen Sie die obigen Schritte. Beachten Sie dabei insbesondere, wie sich der Fehler ∆x auf das Messergebnis auswirkt. (c) Messaufgaben – Wheatstone II: (i) Messung der Empfindlichkeiten der Wheatstone-Brücke für verschiedene Konfigurationen. Bauen Sie dafür Wheatstone-Brücken, für die stets gilt R1 = R2 und RN = RX – diese Brücken sind zunächst abgestimmt und es sollte kein Strom durch das Galvanometer fliessen. Verstimmen Sie die Brücken dann künstlich, indem Sie RN ein wenig verändern. Bestimmen Sie dann den Strom im Galvanometer als Funktion der relativen Verstimmung δRN . Dabei sollte δRN im Bereich ±10% liegen. Sie können mit Uq = 1 V, R1 = 1 kΩ und RX = 1 kΩ beginnen. (ii) Führen Sie die gleichen Schritte für eine asymmetrische Brücke aus. Verwenden Sie beispielsweise R1 = 1 kΩ, R2 = 10 kΩ und RX = 1 kΩ. Bestimmen Laborpraktikum 5 – Gleichstrom-Messbrücken, Elektrizitätslehre I 6 Sie wieder den Strom als Funktion der Verstimmung δRN und plotten Sie Ihre Resultate in die gleiche Figur. (iii) Verwenden Sie nun statt des Galvanometers ein Voltmeter und messen Sie dessen Empfindlichkeit als Funktion der Verstimmung δRN . Hier genügt es, wenn Sie die symmetrische Brücke (R1 = R2 ) untersuchen. (iv) Messung des statischen Widerstands einer Diode als Funktion der Diodenspannung im Bereich 0.3 V bis 0.8 V. Bevor Sie den Widerstand mit Hilfe der Wheatstone-Brücke messen, sollten Sie mit einer geeigneten Schaltung die U -I-Kennlinie der Diode aufnehmen. Auf diese Weise können Sie den Widerstand als Funktion der Spannung schätzen, indem Sie für jeden Messpunkt den Quotienten aus Spannung und Stromstärke berechnen. Verwenden Sie dann die Wheatstone-Brücke, um den Widerstand der Diode als Funktion der Diodenspannung zu messen. Achtung: die Messschaltung soll dabei so gewählt werden, dass der Widerstand des Voltmeters den gemessenen Diodenwiderstand nicht verfälscht! Plotten Sie den Widerstand als Funktion der Spannung und versuchen Sie, durch Extrapolation den Widerstand für U = 0 V zu bestimmen. 3.2 Thomson Messaufgaben: Messung extrem kleiner Widerstände mit der in Abbildung 2 dargestellten Thomsonbrücke (Tettex) unter Angabe der Messstromstärke sowie der erreichten Messgenauigkeit, beispielsweise für (a) Übergangswiderstände diverser Steckverbindungen und Schaltkontakte (b) Messung des Widerstands einer trägen 500 mA-Schmelzsicherung als Funktion der Stromstärke (0 bis 1.5Imax ) 3.3 Inventar • Netzgerät (HM8142) mit einstellbarer Spannung und wählbarer Strombegrenzung • Multimeter (HM8011) als Galvanometer der Wheatstone-Brücke • Leisten mit Messwiderständen, Genauigkeit 5 %, Belastbarkeit 5 W • Widerstandsdekaden (1 Ω . . . 11 MΩ), Genauigkeit 1%, Belastbarkeit 1 W • Thomson-Brücke Tettex (9 µΩ . . . 1.1 Ω, 1%) inkl. 2 externe Normwiderstände (10−4 Ω, 10−5 Ω), nicht an allen Messplätzen vorhanden Laborpraktikum 5 – Gleichstrom-Messbrücken, Elektrizitätslehre I 3.4 Messobjekte • Siliziumhalbleiterdiode 1N4007 (Imax = 1 A) • lineares Potentiometer (10 Gang, 10kΩ) • logarithmisches Potentiometer (1kΩ) • diverse Steckverbindungen und Kontakte (Steckverbindungen, Schalter, Printplatten-Steckleiste, Wire-wrap, Lötverbindung) • 500 mA Schmelzsicherung, träge, mit Sockel 7