Further Section Cardiologia 1960;37(Suppl. 2):277-279 Schluβfolgerungen und Gesamt-Zusammenfassung Downloaded by: 88.99.70.242 - 2/13/2017 7:48:28 PM Die im Tierexperiment erhobenen Toxizitätsverhältnisse von MAO-Hemmern, speziell < Tersavid > , werden diskutiert und es wird versucht, die biochemischen und pharmakologischen Effekte die-ser Körperklasse mit ihrer klinischen Wirkung auf die Stenokar-die in Verbindung zu bringen. Einige Hypothesen zum Wirkungs-mechanismus werden vorgelegt wie Anstieg von 5-Hydroxytryptamin im Blut mit Verringerung des coi·onaren Widerstandes und Erhöhung des Coronardurchflusses (ohne Erhöhung des Sauerstoffverbrauchs des linken Ventrikels); Erhöhung der Speicherungsfähigkeit des Herzens für Catecholamine und damit möglicherweise Zurückbindung der ischämisierenden Effekte dieser Amine; Verringerung des Sauerstoffbedarfs des Myokards (Umstellungen im Herz-stoffwechsel) bzw. bessere Ausnutzung des Sauerstoffs; Blockierung der neurohumoralen Übertragung (Herabsetzung der Schmerz-leitung); Eventuelle Beteiligung von Diaminoxydasehemmung. Von 594 mit Tersavid behandelten und auswertbaren Fallen von Angina pectoris sprachen 384, d. h. 65% oder ca. ⅝, mit einem deutlichen Erfolg (eindeutige Reduktion von Häufigkeit und Intensität der Anf älle) an. Das positive Ergebnis ist auch durch eine im doppelten Blindtest untersuchte Kasuistik gesichert. Die Er-folgsquote ware vermutlich noch anders ausgefallen, wenn nicht in einzelnen Krankengruppen eine entschieden negative Auslese vorgelegen hätte, bzw. auf Grund noch ungenügender Erfahrun-gen zu niedrig dosiert worden ware. In einer Anzahl von Fallen mit pathologischem EKG trat unter der Behandlung mit Tersavid eine wesentliche Besserung der ischämischen Zeichen auf bzw. wies das Anstrengungs-EKG die sonst übliche Zunahme solcher Erscheinungen nicht auf. Diese Befunde sind allerdings auf Grund der noch relativ geringen Zahl und der Problematik solcher Erhebungen noch mit Reserve auf-zufassen. 278 Schlußfolgerungen und Gesamt-Zusammenfassung Mehrere Patienten mit frischem Myokardinfarkt erhielten Tersavid ohne nachteilige Effekte. Residuelle Schmerzeιι \vurden da-bei teils gut, teils mäßig beeinflußt. Eine etwa erforderliche Antikoagulantientherapie ist während der Behandlung mit Tersavid, das mit ihr nicht interferiert, bei-zubehalten. Tersavid ist auch mit den üblichen therapeutischen Maßnahmen bei Angina pectoris kombinierbar. Die Tersavid-The-rapie scheint kontinuierlich erfolgen zu müssen, wenngleich in einer Anzahl Fälle nach Absetzen der Medikation die Wirkung über längere Zeit anhielt. Der Effekt des Mittels bleibt nach dem bisherigen Erfahrungsgut auch bei langer Behandlung erhalten. In einer Kasuistik wird ferner ein günstiger Einfluß auf die Clau-dicatio intermittens erwähnt. Die wirksame Initialdosis des Tersavid dürfte zwischen 150 und 300 mg pro die liegen, die tägliche Erhaltungsdosis um 100 mg (individuelle Variation zwischen 50 und 200 mg). Der Wirkungseintritt erfolgt in der Regel innerhalb etwa einer Woche, gelegentlich auch später. Tersavid ist ausgezeichnet verträglich. Die Nebenerscheinun-gen sind unbedeutend und von der Art, wie sie bei jeglicher allge-mein gut vertragenen Tablettenmedikation auf treten können. Vor Downloaded by: 88.99.70.242 - 2/13/2017 7:48:28 PM allem gehen dem Mittel ins Gewicht fallende hypotone Effekte ab. Einzelne hypotensive Erscheinungen beim Patienten mit frischem Myokardinfarkt dürfen wohl ungezwungen auf das Ereignis selbst zurückgeführt werden. Tersavid zeitigt auch nur eine geringe Psy-chostimulation, so daß es das in der Einleitung erwähnte Desideratum weitgehend erfüllt. Leberfunktionstests, Blut- und Urinkontrollen blieben während der Behandlung mit Tersavid unauffällig. Zwei Patienten mit Lebercirrhose ertrugen Tersavid ans†andslos. Bei einem Kranken, der während einer Hausepidemie eine Hepatitis acquiriert hatte, wurde die Behandlung mit Tersavid weitergeführt. Der Fall heilte komplikationslos ab. Von einer Prüfstelle durchgefübrte blutchemische Untersuchungen (Milchsäure, Brenztraubensäure, Adenosintriphosphorsäure, Milchsäuredehydrogenase, SGO 1- und SGP 2-Transaminasen) ergaben einige interessante Anhaltspunkte in Richtung einer von den Pharmakologen aufgesteilten Hypo-these des Wirkungsmechanismus, doch sind anhand der wenigen 1 Serum-Glutaminsäure-Oxalessigsäure. 2 Serum-Glutaminsäure-Pyruvat. Schlußfolgerungen und Gesamt-Zusammenfassung 279 und vorläufigen Gesichtspunkte noch keine Gesetzmäßigkeiten ab-zuleiten. Auf gleiche Dosen in Milligramm bezogen ist Tersavid weni-ger wirksam als der Prototyp < Marsilid > . Tersavid hat aber wegen seiner hervorragenden Verträglichkeit eine viel größere therapeu-tische Breite und kann entsprechend höher dosiert werden. Da die Ansprechbarkeit auf diese Art Therapie wie auf andere auch indi-viduell stark variiert, ist rait Tersavid die Möglichkeit gegeben, in einem breiten Dosenbereich zu behandeln. Damit sind auch die Voraussetzungen für die ambulante Behandlung gegeben. Wegen seiner guten (wenn vielleicht auch mit Ausnahmen nicht ganz an den Prototyp heranreichenden) Wirkung und der ausgezeichneten Verträglichkeit von Tersavid darf empf ohlen werden, bei Angina pectoris die Behandlung mit diesem Präparat ein-zuleiten. Sollte trotz genügend langer Behandlung mit ausreichend hohen Dosen ein therapeutischer Effekt ausbleiben, so könnte auf einen anderen MAO-Hemmer, z. B. den Prototyp Marsilid übergegangen werden; dies besonders, wenn eine Hypertension oder eine depressive Stimmungslage vorliegen. Dem mit dieser Art Therapie Vertrauten bleibt es anheimgestellt, bei enisprechenden Fallen von vorneherein Marsilid nach den in Supplementum ad Vol. 35 der Cardiologia gemachten Empfehlungen zu verordnen.