Gesundheitsrisiken durch niederfrequente elektrische und magnetische Felder Dr. H.-Peter Neitzke, ECOLOG-Institut, Hannover 2010 Forschungsfragen • Führen (erhöhte) Expositionen zu Erkrankungen? - Dosis-Wirkungs-Beziehung • Wenn ja, wie kommt es dazu? - Wirkungsmechanismus - synergistische Wirkungen 2010 Felder in der Umgebung von Stromversorgungstrassen Niederfrequente Felder Niederfrequente Felder Statische Felder f = 50 Hz f = n · 50 Hz f = 0 Hz Elektrisches Feld ? Magnetisches Felder Elektrisches Feld ? ? Magnetisches Felder Elektrisches Feld ? ? Magnetisches Feld 2010 Untersuchungsparameter • Exposition - Art des Feldes (elektrisch, magnetisch) - Frequenz des Feldes - Stärke des Feldes - zeitliche Struktur des Feldes - Polarisation des Feldes (linear, zirkular) - Orientierung des Feldes relativ zum (lokalen) geomagnetischen Feld - Expositionsdauer - synergistisch wirkende Einflussfaktoren -… • Biologisches System - Art (Mensch, Tier/Art, Pflanze/Art, Organ, Gewebe, Zelle/Zelltyp) - Status (Entwicklung, Zustand) - Ko-Faktoren -… 2010 Forschungsansätze • Epidemiologische Studien Erkrankungsrate in der Bevölkerung in Abhängigkeit von der Exposition Vorteile: Nachteile: • - Ermittlung direkter Auswirkungen auf den Menschen - reale Expositionssituation - nur statistischer Zusammenhang, kein Ursachenbeweis - evt. Störeinflüsse/Confounder - kein Nachweis eines Wirkungsmechanismus - Unterbewertung des Risikos bei Fehlern in der Erfassung der Exposition Experimentelle Untersuchungen am Menschen Auftreten biologischer Effekte in Abhängigkeit von der Exposition Vorteile: Nachteile: - Beobachtung direkter Wirkungen auf den Menschen - kontrollierte Bedingungen - Ursachenbeweis möglich - nur Untersuchung biologischer Effekte, nicht von Krankheiten - unrealistische Expositionssituation - für Probanden evt. irritierende Untersuchungssituation 2010 Forschungsansätze • Experimentelle Untersuchungen am Tier Entwicklung von Krankheiten und Auftreten biologischer Effekte in Abhängigkeit von der Exposition Vorteile: Nachteile: • - kontrollierte Bedingungen - Ursachenbeweis möglich - u.U. begrenzte Übertragbarkeit auf den Menschen - unrealistische Expositionssituation Experimentelle Untersuchungen an Gewebe oder Zellen Auftreten biologischer Effekte in Abhängigkeit von der Exposition Vorteile: Nachteile: - kontrollierte Bedingungen - Ursachenbeweis möglich (biophysikalische Primärprozesse) - nur Untersuchung biologischer Effekte, nicht von Krankheiten - u.U. begrenzte Übertragbarkeit auf lebende Organismen / den Menschen - unrealistische Expositionssituation 2010 Wissenschaftliche Evidenz Kategorien zur Klassifizierung wissenschaftlicher Evidenz (BUWAL 2003) • Nachgewiesener Effekt Die Kriterien der ICNIRP sind erfüllt: - Konsistenz der Untersuchungsergebnisse - Plausibilität der Wirkung • Wahrscheinlicher Effekt Es gibt mehrfache Hinweise für den Effekt. • Möglicher Effekt Es bestehen nur vereinzelte Hinweise für den Effekt. 2010 Biologische Wirkungen niederfrequenter Magnetfelder Biologischer Effekt, gesundheitliche Auswirkung B [µT] Stromreizung: Akute Schädigung des Gehirns 150.000 Stromreizung: Herzkammerflimmern 100.000 Magnetophosphene 1500 Grenzwert (50 Hz) 100 Kanzerogenität (Leukämie, Kinder; Epidemilogie) 0,3 Kanzerogenität (Krebs, Erwachsene; Epidemilogie) 1,0 Kanzerogenität (Tier, Experiment) 10 Neurodegenerative Erkrank. (Alzheimer, ALS, Erwachsene; Epidemilogie) 1,0 Psychische Beschwerden (Mensch; Experiment) 1,0 Zentrales Nervensystem (kognitive Funktionen, Erwachsene; Experiment) 0,5 Immunsystem (Erwachsene; Experiment) 0,5 Herz-Kreislauf-System (Erwachsene; Experiment) 1,0 Hormonsystem (Melatonin, Erwachsene; Experiment) 10 Gentoxizität (Tiere, Zellkulturen; Experiment) 100 Zelluläre Funktionen (Zellkulturen; Experiment) 1,0 Nachgewiesener Effekt Wahrscheinlicher Effekt Evidenz Möglicher Effekt 2010 Grenzwerte und Vorsorgeempfehlungen 50 Hz-Magnetfelder D 26. BImSchV CH NISV Bioinitiative Working Group Sicherheitsgrenzwert Sicherheitsgrenzwert Anlagegrenzwert Vorsorgeempfehlung 100 µT 100 µT 1 µT 0,1 µT 2010 Vorsorgeempfehlungen SSK 2008 • • • • • • • unnötige Expositionen vermeiden Expositionen minimieren (Planung, Herstellung, Betrieb) bestehenden Expositionsgrenzwerte nicht völlig ausschöpfen Immissionen von ortsfesten Anlagen zur Energieversorgung an Orten, die der Öffentlichkeit zugänglich sind, deutlich unterhalb der bestehenden Grenzen für die Gesamtexposition halten (Wohnbereiche, Räumlichkeiten, die für den nicht nur vorübergehenden Aufenthalt von Personen der Allgemeinbevölkerung vorgesehen sind) Störbeeinflussungssituationen von aktiven Implantaten durch gerätetechnische und regulatorische Maßnahmen verringern bzw. vermeiden, folgende Werte nicht überschreiten - 10 µT (50 Hz) in Bereichen, in denen mit zusätzlichen Feldquellen gerechnet werden muss (z.B. in Wohnanlagen, Seniorenheimen, Krankenhäusern) - 15 µT (50 Hz) in Bereichen, in denen Einträge zusätzlicher Feldquellen nicht zu erwarten und Feldquellen (z.B. Erdkabel) nicht sichtbar bzw. nicht entsprechend gekennzeichnet sind - 500 µT durch ortsfeste Gleichstrom-Energieversorgungsanlagen bei der Bewertung der Immissionen durch ortsfeste Anlagen zur Energieversorgung alle vorhandenen Feldquellen berücksichtigen, z.B. auch die Beiträge der Immissionen häuslicher Feldquellen einbeziehen elektrische und magnetische Emissionen von elektrischen Gleichstrom-Energieversorgungsanlagen in die gesetzlichen Regelungen aufnehmen 2010 Magnetfelder von Hochspannungsfreileitungen Notwendige Abstände für B < 0,1 µT 110 kV: bis zu 100 m 380 kV: bis zu 200 m Magnetfeld an einer 380 kV-Trasse Magnetfelder in Wohnungen 0,02 bis 0,05 µT 2010 2010