1 Theorie der Regulierung 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Dr. Stefan Buehler Vorlesung, Montag, 10-12, KOF F 123 http://www.soi.unizh.ch 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 2 3.1 Übersicht Ausgangslage Bei einem natürlichen Monopol ist die Technologie derart, dass die Produktion durch eine einzige Firma die Kosten minimiert. Dilemma — Kostengünstige Produktion vs. Monpolverzerrung — Monopolmacht durch Expansion/Kostenreduktion — Grund für staatliche Eingriffe? Wenn ja, in welcher Form? 3 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Subadditivität Definition Eine Kostenfunktion C(·) wird als subadditiv bezeichnet, wenn für die Outputmengen qi > 0, i = 1, ..., n, des homogenen Produkts die Bedingung C n X i=1 erfüllt ist. qi < n X C(qi) i=1 Intuition Die Produktion eines bestimmten Outpts durch n Anbieter verursacht höhere Kosten als jene durch einen Monopolisten. Hinweis Sinkende AC implizieren Subadditivität (aber nicht umgekehrt) 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Fallende AC implizieren Subadditivität Pn — Definiere q ≡ i=1 qi — Bei fallenden AC muss gelten C(qi) C(q) > qi q — Multipliziere mit qi und summiere über i. — Es ergibt sich n X n X C(q) C(qi) > qi = C(q) q i=1 i=1 4 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 5 Permanente vs. temporäre Monopole Beobachtung — AC fallen nicht immer über gesamten “relevanten” Mengenbereich — bei Nachfrageanstieg oder Technologiewandel kann Monopol verschwinden Beispiel Langstrecken-Telefonie Problem Regulierung verschwindet häufig nicht, auch wenn die Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind. 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 6 Skizze möglicher Vorgehensweisen Alternativen a) Nichtstun b) Regulierung des Marktes c) Wettbewerb um den Markt d) Staatsbetriebe Frage Wann ist welche Alternative zu wählen? Hier im Zentrum Unter welchen Umständen überwiegt der Nutzen der Regulierung die Kosten? 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 7 Nichtstun Wenn potentielle Monopolmacht nicht gross ist, weil z.B. — nahe Substitute bestehen — das Monopol “bestreitbar ” (contestable) ist Bestreitbarkeit (“Contestability”), Baumol et al. (1982) Bei Abwesenheit von versunkenen Kosten muss Monopolist den Preis p = AC setzen, um Markteintritte zu verhindern. Problem Markteindringling wird Kosten für den Markteintritt nicht aufbringen, wenn der Preis des Monopolisten nach unten variabel ist. 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 8 Regulierung des Marktes Idee Vorgabe von bestimmten Preisen oder Preissetzungsregeln Fragen — Wann ist derartige Regulierung sinnvoll? — Wie sollte die Regulierung aussehen? Problem — Regulierung beeinflusst nicht nur Preissetzungsverhalten — Tendenz, immer mehr Entscheidungsvariablen zu regulieren (“MicroManagement”). 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 9 Wettbewerb um den Markt (“Franchise Bidding”) Demsetz (1968) Bietprozess um das Recht, auf dem Markt zu operieren, führt unter gewissen Bedingungen zu pm = AC (tiefster Preis mit nicht-negativem Gewinn). Fragen — Wettbewerb um Markt als geeignetes Substitut für Regulierung? — Wie muss dieser Wettbewerb ausgestaltet werden? Details Werden in Kapitel 5 ausführlicher diskutiert. 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Staatsbetriebe Beispiele — SBB — (partiell) SWISSCOM — Universitäten Fragen — Unterschiede Staatsbetrieb ↔ unreguliertes Unternehmen? — Unterschiede Staatsbetrieb ↔ reguliertes Unternehmen? Details Werden in Kapitel 6 ausführlicher diskutiert. 10 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 11 3.2 Verschiedene Preissetzungsregeln Frage Welche Auswirkungen haben unterschiedliche Preissetzungsregeln von nat. Monopolen auf Output, Kostendeckungsgrad, Konsumentenrente? Preissetzungsregeln — Lineare Preise — Nichtlineare Preise — Preissetzung bei asymmetrischer Information 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Lineare Grenzkostenpreise Idee Effizienz verlangt Preis = Grenzkosten Problem — Negativer Gewinn — Notwendigkeit von Subventionen Theoretische Lösung — lump-sum-tax zur Deckung des Defizits — alle anderen Steuern schaffen neue Verzerrungen 12 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 13 Lineare GK-Preise mit lump-sum-Steuer Probleme — Unklar, ob Gesamtnutzen für Konsumenten die Kosten übersteigt — Wissen über Kostendeckung reduziert Kosteneinsparungsanreize — Verteilung: Warum sollen Nichtkäufer marginale Käufer subventionieren? — Politische Probleme bei der Subventionierung privater Unternehmen Alternative — Preis = Durchschnittskosten — Wohlfahrtsverluste durch Nichtbedienung marginaler Konsumenten 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 14 Nichtlineare Preise: Überblick Frage Können die Probleme linearer Preise umgangen werden durch allgemeinere Preisfunktionen? Definition Nichtlineare Preissetzung tritt immer dann auf, wenn der zu zahlende Betrag pro Einheit keine lineare Funktion der gekauften Menge ist. Achtung Begriffsbildung ist etwas irreführend, weil damit auch Tarife als nichtlinear bezeichnet werden, die eine lineare Funktion der gekauften Menge sind (“zweistufige Tarife”) 15 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Beispiel 1: Zweistufen-Tarif I Idee T (Q) = A + P · Q, A>0 Ist der erwartete Verlust bei Grenzkostenpreisen gegeben durch K, sollten P die Konsumenten insgesamt den fixen Betrag K = i Ai, i = 1, ..., n, tragen. Mögliche Umsetzung Alle n Konsumenten zahlen fixen Betrag Ā = K/n; variabler Betrag p = Grenzkosten. Problem Identischer Fixbetrag funktioniert nur bei identischen Nachfragern. Bei unterschiedlichen Präferenzen werden u.U. Nachfrager mit tiefer Zahlungsbereitschaft vom Markt getrieben. 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 16 Zweistufen-Tarif II Alternative — diskriminierender Fixbetrag — aus Effizienzgründen vorteilhaft, evtl. jedoch illegal Zusammenfassung Geeignete nicht-diskriminierende Fixbeträge sind besser als lineare Preise, weil sie zur Annäherung der Preise an die Grenzkosten beitragen. Optimaler Zweistufen-Tarif bei heterogenen Konsumenten? Trade Off: — höhere Fixbeiträge schliessen mehr Konsumenten aus — höhere variable Gebühr setzt falsche marginale Anreize 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 17 Beispiel 2: Block-Tarife T (Q) = ( P1Q, für Q ≤ Q1 P1Q + P2(Q − Q1), für Q > Q1 Idee Kann bei heterogenen Konsumenten Konsumentenrente und Gewinn erhöhen, ohne einen Subventionsbedarf zu erzeugen. Theoretische Alternative “Persönliche Preise” 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 18 Beispiel 3: Optionale Tarife Prinzip Wahl zwischen verschiedenen Kombinationen von Fixkomponente und variablen Komponenten Begründung — Anregung zu hohem Konsum (zwecks Ausnützung von Skalenerträgen) — Selbstselektion (Sortierung der Konsumenten gemäss Zahlungsbereitschaft) 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 19 Loeb-Magat-Vorschlag Annahme — Monopolist kennt Kostenfunktion K + vK und Nachfrage — Regulator kennt nur Nachfrage Frage Wie kann Regulator trotzdem effiziente Preissetzung erreichen? Vorschlag Monopolist setzt Preis selber, wird entsprechend der erzeugten Konsumentenrente subventioniert. Ergebnisse — Monopolist setzt Preis = Grenzkosten und appropriiert Konsumentenrente — Verteilungsproblem (lösbar durch Auktionierung des Monopols) — Teilsubventionierung bleibt 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 20 Umsetzung der Preisregulierung Ziel Erlös ≈ Kosten Hinweise — Probleme bei der Kostenmessung — früher wenig Gedanken über “richtige” Preise — praktisch oft Preisdiskriminierung zwischen Gruppen/Multi-Part-Tariffs — häufig: Zahlungen gemäss Kostenbeiträgen (Gemeinkostenproblem) ⇒ insgesamt wenig Effizienzmotivation 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 21 3.3 Renditeregulierung Beobachtung In der Praxis werden Preise von nat. Monopolisten oft indirekt bestimmt durch gesetzliche Vorgabe einer angemessenen Rendite (vor allem im angelsächsischen Raum) Grundlage Frage Erlös = Ausgaben + f aire Rendite × Investitionen Welche Rendite soll zugelassen werden? Hier Vorstellung verschiedener Verfahren zur Renditeregulierung 22 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Sliding Scale Plans Idee Aufteilung von Risiko und Erlös auf Produzenten und Konsumenten Umsetzung — — — Bei ursprünglichen Preisen ist r∗ Zielrendite und rt tatsächliche Rendite ra ist tatsächliche Rendite bei neuen Preisen Sliding scale passt Preise so an, dass ra = rt + h(r∗ − rt), h ∈ [0, 1] — h = 1 ⇒ “cost-plus”-Regulierung: keine Effizienzanreize — h = 0 ⇒ “fixed-price”-Regulierung: vollständige Effizienzanreize Praktische Anwendung Nur gelegentlich 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Price Caps Idee — Konsumenten sollen von Produktivitätsgewinnen profitieren — Firma kann Preis unter Auflagen selber wählen — eng verwandt mit Sliding-Scale-Ansatz Umsetzung Inflation minus Produktivitätszuwachs, d.h RP I − X Praktische Anwendung häufig: Telekom (USA, UK), Gas, Wasser 23 24 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Averch-Johnson-Effekt I Idee Renditeregulierung führt zu überhöhtem Kapitaleinsatz, weil die Höhe des erlaubten Profits sich auf das eingesetzte Kapital bezieht. Modell-Annahmen R(K,L)−wL — Firma maximiert R(K, L) − wL − rK s.t. K — “Teilnahmebedingung” s > r (sonst schliesst Firma) Praktische Bedeutung wichtig insbesondere für angelsächsischen Raum =s 25 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen Averch-Johnson-Effekt II Lagrange-Ansatz " # R(K, L) − wL L(K, L, λ) = R(K, L) − wL − rK − λ −s K " # ∂L RK (·) − [R (·) − wL] =0 = RK (·) − r − λ 2 ∂K K " # ∂L RL(·) − w =0 = RL(·) − w − λ ∂L K ∂L R(K, L) − wL = −s=0 ∂λ K Lösung RK (·) rk − λs r−α r = = ... = < RL(·) wk − λw w w 3. Natürliche Monopole: Ein-Produkt-Unternehmen 26 Averch-Johnson-Effekt III Intuition — Grenzprodukt des Kapitels < Grenzerlös ⇒ zuviel Kapital eingesetzt. — λ ∈ (0, 1): tatsäch. Profitanstieg bei erlaubtem Profitanstieg von 1 GE Empirische Evidenz — wenig erfolgreiche Untersuchungen — aber “casual empiricism” Hinweis Nebenbedingung etwas ungenau, weil sie kontinuerliche Preisanpassungen unterstellt.