Gurke der Gegenkultur

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Szene
Szene aus „Macht und Rebel“
POP
Melancholische
Supermuse
ERICH SCHLEGEL / CORBIS
s gibt kein grummeligeres Konzertpublikum als das der Berliner Volksbühne, wo coole Berlin-Mitte-Menschen ihre
gewöhnlich schlechtgelaunten Fratzen
spazieren tragen. Doch Anfang vergangener Woche sorgte die amerikanische
Musikerin Chan Marshall auch hier für
gerührten Jubel und glänzende Augen.
Marshall, besser bekannt
unter dem Namen Cat
Power, ist berühmt und
berüchtigt als großartig
verhuschte Pop-Einzelgängerin mit einer fast
pervers intimen, rauchigen Gesangsstimme.
Nach schlimmen Abstürzen tänzelt die 34-jährige
aus Georgia stammende
Künstlerin nun wieder
auf den Bühnen herum
(am 9. Dezember in
München), zerbrechlich
und so zauberschön,
dass man auch das
Gerücht glaubt, sie wolle
an ihre Zeit als Model
anknüpfen: Angeblich
überlegt Karl Lagerfeld,
Cat Power zur coolsten
aller Lagerfeld-Musen
zu machen.
Power
ANDREA HUBER
E
T H E AT E R
Gurke der
Gegenkultur
J
e schlechter, desto besser“: Wie übersetzt man diese Parole, die sich als
Leitmotiv durch den Roman „Macht und
Rebel“ des Norwegers Matias Faldbakken zieht, in ein Theaterstück? Beide Eigennamen sollen an die Verschleppung
von Widerstandsaktivisten aufgrund des nationalsozialistischen „Nacht-und-Nebel-Erlasses“ von 1941 erinnern. Wie
bringt man die Vergewaltigung
kleiner Mädchen, die Verherrlichung von Nazi-Terror und
einen subkulturellen Selbsthass,
der mit der Gurke im Enddarm
der Hauptperson endet, auf die
Bühne eines bürgerlichen Stadttheaters? Schorsch Kamerun,
43, Texter und Sänger der
Punkrock-Gruppe Die goldenen
Zitronen, macht sich an diesem
Samstag an den Münchner
Kammerspielen an die Uraufführung des Romans, der mit
seiner grenzsprengenden Brachialrhetorik im vergangenen
Jahr Leser und Kritiker spaltete.
Regisseur Kamerun, der keine
Lust hat, als „wandelndes Punk-Museum“ zu enden, sucht für Faldbakkens
nihilistischen Ekel nach Übertragungen,
die „keine Entsprechungen“ sind. Also
gibt es auf der Bühne: „keine HammerParty im Hangar, keine Popmusik, keine
Hakenkreuze“. Stattdessen: Musiker mit
klassischen Instrumenten, eine Schauspielklasse und den zarten Koloss Josef
Bierbichler, der so etwas wie die Romanfigur Rebel verkörpert. „Die Suche nach
dem Gegenmodell“, was immer es sei,
sagt Kamerun, der selbst im Stück dabei
ist, „ist jedenfalls nicht zu Ende“.
Kino in Kürze
„Scoop – Der Knüller“ ist das erklärte Ziel der amerikanischen
„Der letzte Kuss“ zeigt, für Hollywood-Verhältnisse recht ernsthaft, die Furcht junger Männer vor dem Erwachsenwerden. Architekt Michael (Zach Braff) erfährt kurz vor seinem 30. Geburtstag von seiner Freundin Jenna (Jacinda Barrett), dass sie
schwanger ist. Auf die erste Freude folgt bei Michael die Ernüchterung: Der Rest seines Lebens scheint begonnen zu haben – bis
sich eine Studentin (Rachel Bilson) in ihn verliebt. Dank guter
Darsteller und wohldosierter Situationskomik fällt kaum auf,
dass Tony Goldwyn (Regie) und Oscar-Preisträger Paul Haggis
(Drehbuch) in ihrem Remake des italienischen Films „L’Ultimo
bacio“ (2001) auch sehr viele Klischees bedienen.
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CONCORDE FILM
Nachwuchsjournalistin Sondra (Scarlett Johansson), die in London eine mysteriöse Mordserie aufklären will, um die Karriere
etwas in Schwung zu bringen. In endlos wirkenden 96 Minuten helfen ihr dabei ein nervöser Magier (Woody Allen)
und der Geist eines kürzlich verstorbenen Star-Reporters (Ian
McShane). Nach seinem glänzenden Comeback mit dem düsteren „Match Point“ versucht es Woody Allen wieder mit einer
Komödie, wobei es nicht hilft, dass er die gleichen müden Witze erzählt, die schon vor zehn Jahren keiner mehr lustig fand.
Allen, Johansson in „Scoop – Der Knüller“
„Pingpong“. Nach dem Selbstmord seines Vaters besucht der
16-jährige Paul (Sebastian Urzendowsky) unangekündigt seine
Tante Anna (Marion Mitterhammer), die mit Ehemann und
Sohn im gutbürgerlichen wie verlogenen Alltagsidyll vor sich
hin lebt. Mit kühlen und eindringlichen Bildern seziert Regisseur Matthias Luthardt in seinem bemerkenswerten Debütfilm
eine von innen zerfressene Familie, die nur noch die Sehnsucht
nach dem schönen Schein zusammenhält.
s p i e g e l
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