Information - besser hören STEFAN KLEIN - Information Stereophones ( beidohriges ) Hören Die Schallsignale an beiden Ohren sind die wichtigsten physikalischen Parameter des räumlichen Hörens, vor allem bei unbekannter Signalstruktur. 1 interaurales Zeit - Differenzsignal ( Laufzeitdifferenz ) 2 interaurales Intensitäts - Differenzsignal ( Intensitätsdifferenz ) zu 1 zeitliche Differenz des Eintreffens der Signale oder Anteile von ihnen im Gehör- gang Bei Beschallung von der Seite ist der Umweg um den Kopf von einem Ohr zum anderen ca. s = 21 cm. Das entspricht einer Zeitdifferenz von ∆t = 617 x 10-6 s = 617µs (von Hornbostel - Wertheimer Konstante), wenn man eine Schallgeschwindigkeit von v = 340 ms-1 annimmt. zu 2 Schallintensitätsdifferenz infolge Abschattung durch den Kopf ( Unterscheidung der mittleren Intensitätsdifferenz ) • durch Abschattung des der Schallquelle abgewandten Ohrs durch den Kopf • tiefe Frequenzen werden besser um den Kopf gebeugt • ab 1,6 kHz dominiert die interaurale Intensitätsdifferenz gegenüber Laufzeitdifferenz Räumliches Schallereignis + Räumliches Hörereignis Damit der Mensch einen akustischen Raumeindruck gewinnen kann, müssen bestimmte Reizsignale vom natürlichen, beidohrigem Gehör ausgewertet werden können. Das Zuordnen dieser räumlichen Reizsignale zu einer bestimmten Hörrichtung wird von klein auf gelernt, und setzt, um voll leistungsfähig zu werden, beidohriges, normales Hörvermögen voraus. Symmetrische, insbesondere jedoch asymmetrische Hörbehinderungen erschweren das räumliche Hören. Das stereoakustische und räumliche Hören lässt sich aufgliedern in das 1. Entfernungshören 2. Richtungshören 1. Entfernungshören : Ferne und nahe Klangeindrücke werden von klein auf mit getasteten und gesehenen Entfernungen in Einklang gebracht ( assoziiert ): Lernprozeß !! Erfahrungen : 1. laute, helle, impulsartige akustische Ereignisse werden nahe dem Ohr zugeordnet 2. leise, tiefe, ausgeglichener verlaufende akustische Ereignisse werden als ohrferner empfunden Es werden also zur Schätzung der Entfernung der Schallquelle ausgewertet : • Schallpegel • Klang ( Frequenzzusammensetzung ) • zeitlicher Amplitudenverlauf Beispiel : Donner nah : laut, hell, scharf ( impulsartig, Knall ) Donner fern : leise, dumpf, gleichmäßiger rollend, ausgeglichener 2 2. Richtungshören Das physiologisch nicht beeinträchtigte Gehör kann dem aus einer Richtung einfallenden Schallereignis eine subjektive Richtung des Hörereignisses zuordnen : Man lokalisiert die Schallquelle nicht nur hinsichtlich der Entfernung, sondern auch hinsichtlich der Richtung. Physikalisch ist die Richtungsinformation im Reizunterschied des rechten Ohres im Vergleich zum linken Ohrsignal enthalten. Dieses durch den Vergleich beider Ohrsignale im Großhirn gewonnene "interaurale Signal" wird zur Richtungsbestimmung des Hörereignisses herangezogen. Die Zuordnung eines interauralen Signals von bestimmter Größe zu einer bestimmten Richtung wird erlernt: Lernprozeß, Erfahrung ! Bei sich langsam einstellender Hörbehinderung ( auch asymmetrisch ) wird umgelernt, d.h. eine neue Verknüpfung zwischen interauralem Signal und Hörrichtung vorgenommen. Bei Beschallung in der Medianebene sind die Schallwege von der Schallquelle zu beiden Ohren physikalisch gleich, die Ohrsignale re / li sind identisch, zwischen beiden Signalen besteht kein Unterschied, die Differenz ist NULL. Besteht kein Unterschied zwischen linkem und rechtem Signal, wird das Hörereignis in die Medianebene lokalisiert. Wird durch Arretieren des Kopfes jede Peilbewegung unterbunden und durch Verschließen der Augen das optische Sehen verhindert, ist die genaue Richtungsbestimmung nicht möglich : > man rät : vorn ?, hinten ?, oben? Weicht die Schallquelle aus der Medianebene aus, sind in jeden Fall beide Schallwege von der Schallquelle zum jeweiligem Ohr physikalisch nicht mehr gleich : Zentral wird beim Vergleich des rechten mit dem linken Ohrsignal ein interaurales Signal gebildet. Wichtig ist, sich vorzustellen : interaurale Signale werden nicht bewusst wahrgenommen, d.h. beide Ohrsignale werden nicht getrennt voneinander als unterschiedlich erkannt, sondern es entsteht ein Richtungseindruck. Ist das interaurale Signal gleich NULL, höre ich das Schallereignis z.B. von vorn. Ergibt sich ein interaurales Signal mit ∆t, so hören wir nicht zwei getrennte Ereignisse, sondern ein Ereignis von rechts oder von links. 3 Als kleinste zentral auswertbare Zeitdifferenz gilt ∆t = 20µs; das entspricht einem Schalleinfallswinkel von ca. 3°. eben wahrnehmbare Richtungsänderung : α = 3 - 5°° Raumschwelle des Gehörs Als größte zentral auftretende interaurale Zeitdifferenz werden ∆t = 630µs bei seitlicher Beschallung angesehen. (Schallgeschwindigkeit vc = 340 ms-1.. Kopfumweg ∆s = 21 cm. ) rechnerisch : ∆t = 0 ,21m = 617 ,65µs = 0 ,6ms m 34 o s Fazit : Das Entfernungshören und Richtungshören ist hauptsächlich Erfahrungssache. Es werden verschiedenste physikalische Parameter zu Hilfe genommen, um sich räumlich zurecht zu finden. Unabdingbar für eine gute Orientierung ist jedoch das Zusammenspiel möglichst gleicher, guter Ohren. Vorteile der beidohrigen Hörgeräteversorgung : ⇒ jedes Gerät kann für sich leiser eingestellt werden ⇒ leiser eingestellte Geräte klingen angenehmer ⇒ leiser eingestellte Geräte verzerren weniger ⇒ leiser eingestellte Geräte schonen das Innenohr ⇒ besseres Sprachverstehen im Störgeräusch ⇒ bessere Raumorientierung Quelle: Akademie für HörgeräteAkustik, Lübeck, 1991 4