Organische Reaktionen Verschiedene Typen von Reaktionen, klassifiziert nach folgenden Kriterien 1) Strukturänderung A + B →P A →P + C AB + CD → AC + BD für BD = Wasser A →P Additionsreaktion Eliminierungsreaktion Substitutionsreaktion Kondensationsreaktion Umlagerungsreaktion Isomerisierung 2) Art der Bindungsspaltung (bzw. Bindungsbildung) heterolytische Bindungsspaltung A—B → A+ + B− (Elektronenpaartransfer) ● ● homolytische Bindungsspaltung A—B →A + B (Bildung von Radikalen) 3) Zahl der an der Reaktion beteiligten Moleküle unimolekulare Reaktion A →P bimolekulare Reaktion A + B →P 4) Änderung der Oxidationsstufe des Substrates Erhöhung der Oxidationsstufe Oxidationsreaktion Erniedrigung der Ox-Stufe Reduktionsreaktion Keine Änderung der Ox-Stufe nicht-oxidative Umwandlung 5) Elektronische Natur des angreifenden Reagenz Reagenz nucleophil nucleophile Reaktion Reagenz elektrophil elektrophile Reaktion (Bei den Punkten 4 und 5 muss zwischen Substrat und Reagenz unterschieden werden). 6) Elektronischer Zustand der Reaktanden elektronischer Grundzustand thermische Reaktion angeregter Zustand photochemische Reaktion Organische Chemie, Geyer 1 Die Reaktionsgleichung ist aber nur die halbe Wahrheit: Energetik: Was ist die Triebkraft einer Reaktion? Wo liegt das Gleichgewicht? Chemische Logik: Gibt es Konkurrenzreaktionen, d.h. bildet sich ein Produktgemisch? Eine intelligente Reaktionsführung unterdrückt Nebenreaktionen. Optimierte Reaktionsbedingungen (Lömi, Temp etc.) lenken die Umsetzung in eine Richtung: Maximale Ausbeute = minimale Aufarbeitung. Batchsynthese zB im Praktikum, Laborchemie abgeschlossenes Reaktionsgefäß, Gesamtmenge konstant Fließsystem steady state zB. biochemischer Stoffwechsel Zellchemie Motoren, Brennstoffzelle chem. Industrie: Verfahrenstechnik Durchflussreaktor Kontinuierliches Zuführen der Edukte und Abführen der Produkte Über die Zeit konstante Konzentration an Zwischenprodukten Keine Konzentrationsgradienten auf Grund von Durchmischung (Rührer) zeitliche Änderung der Konzentration Einstellen des td Gg Produkte werden abgetrennt, wenn Kontinuierliches Abtrennen der die Edukte vollständig umgesetzt Produkte sind. Wie macht es die Zelle? Kleine Moleküle diffundieren schnell 10-9 m2s-1. Bei den Abmessungen einer Zelle 10-5 m braucht es (10-5)2/10-9 = 10-1 s für die Durchmischung. Organische Chemie, Geyer 2 Das Energieprofil einer Reaktion Reaktive Zwischenprodukte (Zwischenstufen) sind energiereiche Intermediate mit unterschiedlich langer Lebensdauer. Diese mittleren Lebesdauer ist umso länger, je tiefer die Energiemulde ist. Diese Spezies können zwar über Sekunden stabil sein, sie sind jedoch nicht isolierbar. Sie sind energetisch in einem Minimum angesiedelt, das von Übergangszuständen flankiert wird. Energie [kcal/mol] Übergangs zustand Reaktions geschwindig stabil, bis ein keits bestim Reagenz oder mender Energieberg Energie es anregt t1/2 =10-13 s Edukt reaktive Zwischen stufe nachweisbar über Abfangreaktionen, Nebenreaktionen z.B. Radikal, Carbokation, Carbanion Produkt thermodynamisches Gleichgewicht Aufarbeitung Reaktionskoordinate [Bindungslänge] C X + C Y C Eine reaktive Zwischenstufe und ein Übergangszustand (ÜZ) unterscheiden sich fundamental! Ein ÜZ ist der Punkt höchster Energie auf der Reaktionskoordinate. Es ist das Nadelöhr einer Reaktion mit einer extrem kurzen Lebensdauer im Bereich einer Molekülschwingung (fs). Das Molekül hält sich nur während einer Moleküschwingung in diesem Zustand auf. Zwischenstufe: In einer Femtosekunde schwingt eine Molekülbindung im Bereich von einem Picometer. „Femtosekundenspektroskopie“ Ahmed H. Zewail Nobelpreis Chemie 1999: Angew. Chem. 122, 2000, 2688. Organische Chemie, Geyer 3 Radikalische Chlorierung von Methan Die radikalische Substitution: SR-Reaktion Start: Cl Cl Δ oder hν 2 ΔH° = DH°(Cl2) = + 58 kcal mol-1 Cl Chloratom 1. Schritt der Kette: H Cl + H Cl H C H H + H H 105 DH° (kcal mol-1) H 103 Methylradikal H Ea = 4 H kcal mol-1 H C H sp3 ΔH° = DH°(CH3-H) - DH°(H-Cl) = + 2 kcal mol-1 C H H C Cl 1s H Cl H 3p Beginn der Umhybridisierung sp2 H 2p Übergangszustand H C H H 1s Cl 3p Hydrogenchlorid Methylradikal 2. Schritt der Kette: H H C H + Cl Cl H C Cl H Cl H 58 DH° (kcal + ΔH° = DH°(Cl2) - DH°(CH3-Cl) = - 27 kcal mol-1 85 mol-1) CH3Cl Cl CH4 Cl2 CH3 HCl Kette, beide Schritte: Abbruch durch Rekombination zweier Radikale Organische Chemie, Geyer 4 Potentialdiagramm 1. Teilschritt 2. Teilschritt Ea = 4 kcal mol-1 [ CH3. . .Cl. . .Cl ] = E CH3 + Cl2 CH4 + Cl (+ Cl2) * Ea < 1 kcal mol-1 (+ HCl ) ΔH° = + 2 kcal mol-1 ΔH° = − 25 kcal mol-1 ΔH° = − 27 kcal mol-1 CH3Cl + HCl + Cl Reaktionskoordinate Radikalreaktionen haben eine große Bedeutung bei industriellen Anwendungen der Organischen Chemie. Im Steam-Cracker einer Erdölraffinerie werden Erdölfraktionen (hier:Octan) im heissen Wasserdampf zu Benzinen + Olefinen zerlegt. Dabei bricht die β-ständige Bindung aus der Sicht der Radikalposition: β-Fragmentierung Organische Chemie, Geyer 5