Gartenbau Prunus tomentosa – die kleinen süßen, weichselähnlichen Früchte sind wegen ihres sehr guten Geschmacks sehr beliebt Wildobst ist im Trend Vor zwanzig Jahren war Wildobst absolut kein Thema. Wildobstarten finden heute jedoch wieder Verwendung im Hausgarten. Fast jede Baumschule bietet dem Privatkunden und Gartenbesitzer daher ein zumindest überschaubares Wildobst-Sortiment an. S Wildobstarten überzeugen mit neuen Geschmacksnoten und intensivem Fruchtgeschmack ie versorgen uns mit wertvollen Mineralstoffen, Vitaminen und auch anderen gesundheitsfördernden Inhaltstoffen. Abgesehen davon, dass diese Früchte völlig neue, bisher oft unbekannte Geschmacksnoten in unseren Alltag bringen, verwöhnen sie uns mit intensivem Fruchtgeschmack, mitunter sogar mit süßlich-tropischen Geschmacksnuancen. Leicht herbe Geschmacksmomente runden den Reigen an neuen Fruchterlebnissen ab. Das „Gute“ an den Wildobst- und seltenen Obstarten ist auch, dass sie in jedem Garten gedeihen. Naschfrüchte werden direkt von den Sträuchern herunter frisch verzehrt. Andere wiederum können zu überaus wohlschmeckenden Marmeladen, Fruchtmus, Fruchtsäften, etc., verarbeitet werden. Lenzbeere Welche Wildobstarten eignen sich für den kleinen Garten oder als „Kübel- 14 5/2014 •• GARTNER + Florist pflanze“ auf Balkon oder Terrasse? Beginnen wir gleich einmal im späten Frühjahr mit der Lenz- oder Maibeere (Lonicera caerulea var. kamtschatica). In manchen Gartencentern oder Baumschulen wird sie auch als Sibirische Blaubeere oder Kamtschatka-Heckenkirsche verkauft. Leider werden für diese Art mehrere lateinische Namen verwendet, was durchaus zu Verwirrung führen kann. Bärtels (Gartengehölze ) führte sie noch als L. kamtschatica, während im Zander diese Art jetzt nicht mehr existiert, dafür wird sie hier als Unterart der heimischen Blauen Heckenkirsche angeführt (L. caerulea var. edulis). Wie bereits erwähnt, ist der kaum 1 bis 1,5 m hohe Strauch mit leicht behaarten Blättern und unscheinbaren Blüten ein naher Verwandter unserer heimischen Blauen Heckenkirsche (L. caerulea). Sie blüht sehr früh im Jahr und die Früchte reifen bereits ab Ende Mai bis Mitte Juni, also noch vor allen anderen Obstarten. Darauf bezieht sich auch der Name Lenz- oder Maibeere (letzterer ist ein geschützter Name der Fa. Häberli Schweiz). Die 1 bis 1,5 cm großen blauschwarz bereiften Früchte erinnern im Geschmack ein wenig an Heidelbeeren. Sie weisen eine durchaus interessante und angenehme Geschmacksnote auf. Es werden mittlerweile zahlreiche Sorten angeboten. Jedes Jahr kommen neue mit verbesserter Fruchtqualität, bzw. mit größeren Früchten hinzu. Die Pflanzen bevorzugen durchlässige, eher neutrale Böden, dafür kommen sie mit sehr tiefen Wintertemperaturen noch zurecht. Wichtig wäre es, zumindest zwei Sorten auszupflanzen, da sie dann weitaus besser fruchten als eine einzelne Pflanze. Filz-Kirsche In die Reihe der Naschfrüchte gesellt sich auch die Korea- oder Filz-Kirsche (Prunus tomentosa). Dieser absolut frost- Fotos: Helmut Pirc Lonicera kamtschatica blüht sehr früh und die Früchte reifen bereits ab Ende Mai bis Mitte Juni harte Strauch wird etwa mannshoch, blüht bereits Ende März und schmückt sich dabei mit unzähligen weißen Blüten. Im Juni reifen dann die kleinen süßen, weichselähnlichen Früchte mit sehr gutem Geschmack. Man genießt sie roh oder bereitet daraus ein feines Kirschkompott. Der Name Filz-Kirsche bezieht sich übrigens auf die – bei Kirschen ansonsten unüblichen – behaarten Triebe und Blätter. Die Pflanzen fruchten bereits im dritten bis vierten Jahr nach der Aussaat, allerdings sind sie dann mit etwa 10 bis 12 Jahren bereits überaltert. Auch hier gilt: besser zwei oder gleich mehrere Sträucher auspflanzen, bei gegenseitiger Bestäubung fruchten sie einfach besser. Felsenbirne An der inzwischen zum Standardsortiment zählenden Felsenbirne (Amelanchier lamarckii ‘Ballerina‘) führt kein Weg vorbei. Diese Sorte überzeugt mit schönem Habitus, guter Blütenwirkung und brillanter Herbstfärbung gleichermaßen als Zierstrauch wie als Fruchtgehölz. Bereits im April öffnen sich die reinweiß leuchtenden Blüten in überhängenden Trauben. Im Juni folgen die anfangs roten, später blauschwarzen Früchte. Weil ihre getrockneten Früchte ähnlich wie Rosinen (Korinthen) schmecken, wird diese Felsenbirne auch gerne als Korinthenstrauch bezeichnet. Kornelkirschen Kornelkirschen oder Dirndl (Cornus mas) haben in den vergangenen Jahrzehnten eine Erfolgsstory geschrieben. Anfangs beinahe vergessen, wird sie inzwischen sogar als Plantagenfrucht kultiviert. Dieser attraktive Frühjahrsblüher benötigt mit seiner 4 bis 6 m Wuchshöhe allerdings schon etwas mehr Platz im Garten. Gute Verwertungsmöglichkeiten, wertvolle Inhaltstoffe und der ganz besondere Geschmack haben diese Wildobstart wieder in unser Gedächtnis gerufen. Natürlich tragen auch die großfruchtigen Auslesen wie ‘Jolico‘, ‘Kasanlaker‘, etc. dazu bei, denn diese lassen sich leichter beernten und auch bei der Verwertung bieten die großen Früchte Vorteile. Als Naschfrucht sind sie nur in voll reifem Zustand empfehlenswert. Hauptsächlich sind Kornelkirschen Verarbeitungsfrüchte. Sie bereichern als Fruchtsaft, Marmeladen, Konfitüren, KuchenBelag etc. die heimische Küche. Sanddorn Der Sanddorn (Hippophae rhamnoides) ist ein etwas sparriger Geselle im Garten. Amelanchier lamarckii überzeugt mit schönem Habitus, guter Blütenwirkung und brillanter Herbstfärbung gleichermaßen als Zierstrauch wie als Fruchtgehölz Gartenbau Hippophae rhamnoides enthalten sehr viel Vitamin C Im Hausgarten sind die Sorten der Apfelbeere nicht nur begehrte Frucht-, sondern auch sehr attraktive Blütensträucher 16 5/2014 Aronia melanocarpa ‘Hugin‘ ist extrem winterhart Weil die Pflanzen zweihäusig sind, benötigt man für die weibliche Fruchtsorte einen männlichen Befruchtungspartner. Er treibt auch gerne Ausläufer, was im Garten ein bisschen lästig sein kann. Immerhin belohnt er uns mit prächtig orange gefärbten Sanddorn-Früchten, die sehr viel Vitamin-C enthalten. Die Früchte sind so sauer, dass sie nicht einmal für hartgesottene Wildobstfetischisten als Naschfrucht geeignet sind. Aber immerhin: aus den Früchten lässt sich ein gesunder (Misch-)Fruchtsaft herstellen, auch als Kuchen-Belag ist eine selbst hergestellte Sanddornpaste sehr empfehlenswert. Zum Beernten legt man die abgeschnittenen Zweige am besten einige Stunden in die Tiefkühltruhe. Danach lassen sich die tief gefrorenen Früchte leichter abklopfen, bzw. abrebeln. Wenn man jedes Jahr Früchte ernten möchte, dann pflanzt man am besten zwei Fruchtsträucher und beerntet jedes Jahr einen und belässt den zweiten. Dies ist notwendig, da die Blüten bzw. Früchte immer erst im zweiten Jahr, also am vorjährigen Trieb gebildet werden. Oder man schneidet nur einen Teil der Triebe zur Ernte ab und belässt die restlichen jungen Neutriebe für die nächste Saison. Auch vom Sanddorn gibt es inzwischen eine größere Anzahl interessanter und bewährter Sorten. Sorbus ‘Titan‘-Früchte schmecken nur leicht herb und angenehm süß Cornus mas ‘Jolico‘: Kornelkirschen werden heute sogar als Plantagenfrucht kultiviert •• GARTNER + Florist Schwarze Apfelbeere Aus der Familie der Rosengewächse, zu der auch die Felsenbirne zählt, gibt es noch zahlreiche weitere Vertreter, die als Wildobstarten in Frage kommen wie z. B. die Schwarze Apfelbeere (Aronia x prunifolia, bzw. A. melanocarpa). Sie ist eine Verwandte der Eberesche und stammt ursprünglich aus Amerika. Allerdings wurde sie bereits Anfang des vorigen Jahrhunderts in Russland von Mitschurin züchterisch bearbeitet und ist über die ehemaligen „Ostblockstaaten“ nach Mitteleuropa gelangt. Dieser etwa mannshohe Strauch trägt weiße Blütenstände und entwickelt kleine schwarze ebereschenähnliche Früchte. Die Sorten von A. melanocarpa bringen kleinere, glänzend schwarze, jene von A. x prunifolia etwas größere, mattschwarze Früchte hervor. Diese sind sehr adstringierend. Auch wenn der adstringierende Geschmack im vollreifen Zustand etwas nachlässt und die Früchte süßer werden, als Naschfrüchte werden sich Apfelbeeren sicher nicht durchsetzen. Sie sind jedoch hervorragende Verarbeitungsfrüchte, lassen sich zu Marmeladen und Säften verarbeiten bzw. mit Apfel gut mischen. Die Früchte der inzwischen auch in Plantagen angebauten Pflanzen dienen primär zum Färben von Lebensmitteln. Im Hausgarten sind die Sorten der Apfelbeere nicht nur Fruchtsträucher, sondern auch sehr attraktive Blütensträucher mit wunderbarer Herbstfärbung. Auch sie zählen zu den Wildobstarten mit extrem guter Winterhärte. Bevorzugt werden neutrale bis leicht saure Böden. Ebereschen-Hybriden Wer es gerne etwas herb möchte, dem die Früchte der Eberesche aber doch zu herb erscheinen, dem sei die Ebereschen-Hybride-‘Titan’ empfohlen. Diese und deren Verwandte werden in den Baumschulen zu Recht unter der Bezeichnung „Strauch-Vogelbeeren“ geführt. Diese Sorte wächst nur zu einem größeren Strauch oder kleineren Baum von 3 bis 4 m Wuchshöhe heran und sieht aus wie eine kleine Eberesche mit ebenfalls gefiederten Blättern. Allerdings sind die Früchte von ‘Titan‘ nicht rot oder orange wie jene der Ebereschen, sondern wein- bis granatrot gefärbt. Ihre Früchte erinnern im Geschmack sehr an die Eberesche, ohne den stark adstringierenden Beigeschmack zu besitzen – also leicht herb, von angenehmer Süße und mit einer besonders schönen Farbe – wenn man sie z. B. als Marmelade verarbeitet. Man kann sie auch mit Apfel oder anderen Früchten mischen. ‘Titan‘ fruchtet jedoch leider nicht jedes Jahr regelmäßig. Dafür ist sie in den fruchtenden Jahren Gartenbau sehr ertragreich! Für die Anlage von Wildfrucht-Hecken eignen sich natürlich auch die nächsten verwandten, etwas kleiner bleibenden Sorten wie ‘Burka‘, ‘Likjornaja‘, ‘Granatnaja‘ und ‘Bursinka‘. Die essbare oder mährische Eberesche (Sorbus aucuparia var. edulis) ist natürlich auch nicht zu vernachlässigen. Der Baum ist meist auf Crataegus als Unterlage veredelt und fruchtet deshalb schon nach wenigen Jahren. Er bringt malerische Fruchtstände mit zahlreichen roten bitterstofffreien Früchten hervor. Diese enthalten ebenfalls viel Vitamin-C und schmecken daher auch sauer. Verarbeitet schmecken sie natürlich als Mischfrucht am besten, z. B. als Saft oder Marmelade mit Apfel gemischt. Minikiwi Keinesfalls sollten die Minikiwis (Actinida arguta und deren Hybriden) unerwähnt bleiben. Sie sind im Gegensatz zur großen Kiwi ausreichend winterhart und auch in kälteren Gebieten noch verwendbar. Weil sie sehr früh austreiben, sind die Pflanzen leider spätfrostgefährdet. Zum Ausreifen benötigen sie einen schönen, warmen Spätsommer bzw. Herbst. Minikiwis sind in der Regel zweihäusig. Man benötigt zur Befruchtung der weiblichen Pflanzen einen männlichen Befruchtungspartner. Ob die neuerdings angebotenen selbstfruchtbaren Sorten bzw. kernlose Sorten halten was sie versprechen, muss erst verifiziert werden. ‘Issai‘ ist so eine selbstfrucht- Goji-Beere: Lycium barbarum ‘Sweet Lifeberry‘ Minikiwi: Actinidia arguta ‘Weiki‘ ist winterhart bare Sorte mit kleineren Früchten. Als verlässliche Fruchtsorte möchte ich allerdings ‘Weiki’ empfehlen. Sie fruchtet regelmäßig, bringt Früchte mit ausgezeichnetem würzigem Geschmack hervor und ist auch ansonsten problemlos – braucht aber auch einen Befruchtungspartner. Natürlich sind auch die anderen Sorten einen Versuch wert. Das Sortiment wird jedes Jahr erweitert, inzwischen gibt es auch rotfrüchtige und rotfleische Sorten der Minikiwis. Als starkwüchsige Kletterpflanze benötigt sie ein starkes Gerüst, einen Erziehungs- und einen regelmäßigen Erhaltungsschnitt. beere“, die auch als Wolfsbeere und unter zahlreichen weiteren Namen bekannt ist. Weil die Früchte von Lycium barbarum oder L. chinense extrem viele gesundheitsfördernde Stoffe enthalten sollen, wird diese Pflanze in China schon seit Jahrhunderten als Plantagenpflanze kultiviert. Sie macht sehr viele Wurzelausläufer bzw. Wurzelbrut und benötigt entsprechende Schnittmaßnahmen. Ursprünglich als krankheitsfrei betrachtet, ist Lycium doch sehr anfällig für Mehltau. Die inzwischen zahlreich angebotenen Fruchtsorten unterscheiden sich deutlich in Geschmack und Fruchtgröße. Getrocknet sind sie inzwischen in zahlreichen Müsli-Mischungen, Fruchtsalaten usw. enthalten. Helmut Pirc Goji-Beere Sehr viel Aufsehen gibt es um die GojiBeere, eine sogenannte „Wunder- Minikiwis sind im Gegensatz zur großen Kiwi ausreichend winterhart und auch in kälteren Gebieten noch verwendbar Wildobstarten Sorten Geschmack Reifezeit Lenz-/Maibeere ‘Maistar‘, ‘Maitop‘, ‘Amur‘, ‘Balalaika‘, ‘Blue Velvet‘, ‘Eisbär‘, ‘Kalinka‘, etc. würzig-süß Ende Mai/Juni Felsenbirne ‘Ballerina‘, ‘Prince William‘, ‘Bluemoon‘, ‘Smoky‘, ‘Forestburg‘, etc. süß Juni/Juli Korea-Kirsche keine Sorten süß, leichter Weichselgeschmack Juni/Anf. Juli Kornelkirsche ‘Jolico‘, ‘Schönbrunner Gourmet-Dirndl‘, ‘Kasanlaker‘, ‘Schumener‘, ‘Yellow‘, ‘Shan‘, etc. unreif säuerlich herb, reif süß September/Oktober Sanddorn ‘Leikora‘, ‘Askola‘, ‘Hergo‘, ‘Dorana‘, ‘Frugana‘, ‘Orange Energy‘, ‘Sandora‘, etc. sehr sauer September/Oktober Apfelbeere ‘Nero‘, ‘Viking‘, ‘Hugin‘, ‘Aron‘, etc. herb, vollreif herb und süßlich August/September StrauchEberesche ‘Titan‘, ‘Burka‘, ‘Likjornaja‘, ‘Granatnaja‘, etc. leicht herb August/September Mini-Kiwi ‘Weiki‘, ‘Ambrosia‘, ‘Maki‘, ‘Issai‘, ‘Purpurna Sadova‘, etc. süß bis würzig süß, sehr geschmackvoll September/Oktober Goji-Beere ‘Big Lifeberry‘, ‘Sweet Lifeberry‘, ‘Nr. 1 Lifeberry‘, ‘Nima‘, ‘Lhasa‘, etc. süßlich, mitunter etwas „hantig“ August bis Oktober Tabelle: Helmut Pirc/Grafik: Fassler Wildobstarten für den Hausgarten •• GARTNER + Florist 17 5/2014