§3 Die g–adische Darstellung natürlicher Zahlen Wir sind gewöhnt, natürliche Zahlen im Dezimalsystem darzustellen und mit diesen Darstellungen zu rechnen. Dazu führt man zehn Zeichen (Ziffern) ein, üblicherweise 0, 1 := 00 , 2 := 10 , 3 := 20 , 4 := 30 , 5 := 40 , 6 := 50 , 7 := 60 , 8 := 70 , 9 := 80 . Sind a0 , a1 , . . . , an ∈ {0, 1, 2, . . . , 9} solche Ziffern, n ≥ 1 (und ist an 6= 0), so bedeutet die Ziffernfolge (∗) an an−1 · . . . · a1 a0 die Zahl 0 0 an · 9 n + an−1 9 n−1 + · . . . · +a1 · 90 + a0 . Insbesondere bedeutet die Ziffernfolge 10 die Zahl 1 · 90 + 0 = 90 . Wir wollen zeigen, daß man mit dieser Ziffernnotation unmißverständlich Zahlen darstellen kann, d.h.: Jede Zahl z ∈ N hat eine und nur eine Darstellung (∗) mit Ziffern aus {0, 1, 2, . . . , 9}. Man spricht von der Dezimaldarstellung der Zahl z. Hier ist die Grundzahl zehn, man benutzt zehn Zeichen. Es gibt auch Systeme mit mehr oder weniger als zehn Zeichen. Die Babyloner rechneten im Zwölfersystem. Die Computer begnügen sich mit zwei Zeichen, 0 und 1; 1101001“ bedeutet ” im Zweiersystem die Zahl 1 · 26 + 1 · 25 + 0 · 24 + 1 · 23 + 0 · 22 + 0 · 2 + 1 = 64 + 32 + 8 + 1 = 105, wenn man Sie im Zehnersystem darstellt. Wir wollen hier jede natürliche Zahl g ≥ 2 als Grundzahl zulassen. 3.1 Satz. Sei g ≥ 2 eine natürliche Zahl. Dann läßt sich jede natürliche Zahl a eindeutig in der Form a = an g n + an−1 g n−1 + . . . + a2 g 2 + a1 g + a0 1 schreiben, wobei a0 , . . . , an ∈ N, n ≥ 0, 0 ≤ ni < g und an 6= 0 falls a 6= 0. Hat man für die ganzen Zahlen z mit 0 ≤ z < g Zeichen (Ziffern, Chriffren) vereinbart, so schreibt man für a auch die Aneinanderreihung der betreffenden Zeichen für a0 , . . . , an : an an−1 . . . a1 a0 bedeutet die Zahl an g n + an−1 g n−1 + . . . + a2 g 2 + a1 g + a0 = a. Beide Schreibweisen nennt man die g–adische Darstellung von a. Beweis. Existenz der g–adischen Darstellung. Induktion nach a. Für a = 0 und a = 1 ist dies klar. Sei also a ≥ 2. Schluß von a − 1 auf a. Die Behauptung sei bereits bewiesen für natürliche Zahlen b mit 1 ≤ b < a. Zu zeigen: Dann gilt die Behauptung auch für a. Dividiere dazu a durch g mit Rest: a = q · g + r, 0 ≤ r < g, q≥0 Setze a0 := r. Im Falle q = 0 ist die gewünschte Darstellung a = a0 (n = 0) Ist q > 0, so ist q < qg ≤ a, da g ≥ 2. Nach Induktionsannahme besitzt daher q eine g–adische Darstellung q = q0 + q1 g + · . . . · +qm g m , 0 ≤ qi < g für i = 0, m, qm 6= 0. Es folgt a = a0 + qg = a0 + q0 g + q1 · g 2 + . . . + qm g m+1 . Setze a1 = q0 , . . . , am+1 = qm und erhalte die Darstellung a = a0 + a1 g + . . . + am+1 g m+1 , 0 ≤ aj < g, j = 0, . . . , m + 1, am+1 6= 0. Eindeutigkeit der Darstellung. a ≥ 1 habe zwei Darstellungen a0 + a1 g + . . . + an g n = a00 + a01 g + . . . + a0m g m = a, 0 ≤ ak , a0k < g wobei o.E. m ≥ n ≥ 0, an 6= 0 und a0m 6= 0. Zeige zunächst, daß m = n ist. 2 Es ist a ≥ g m , a ≥ g n und aν ≤ g − 1. Es folgt a ≤ (g−1)g n +. . .+(g−1)g+g−1 = (g−1)(g n +g n−1 +. . .+g+1) = g n+1 −1 < g n+1 Angenommen m ≥ n + 1. Dann wäre g n+1 ≤ g m ≤ a < g n+1 , Widerspruch. Also ist m = n. Zeige nun, daß aν = a0ν für ν = 0, . . . , n: Andernfalls ist die Menge M = {ν | 0 ≤ ν ≤ n, aν 6= a0ν } nicht leer und besitzt daher ein Maximum k. Es folgt a0 + a1 g + . . . + ak g k = a00 + a01 g + . . . + a0k g k ; 0 ≤ k ≤ n, ak 6= a0k Es muß dann k > 0 sein, da sonst a0 = a00 und a0 6= a00 gelten würde. Es folgt (ak − a0k )g k = (a00 − a0 ) + (a01 − a1 )g + . . . + (a0k−1 − ak−1 )g k−1 mit |a0ν − aν | ≤ g − 1 für ν = 0, . . . , k. Es folgt |ak − a0k |g k ≤ |a0k−1 − ak−1 |g k−1 + . . . + |a01 − a1 |g + |a00 − a0 | ≤ (g − 1)(g k−1 + g k−2 + . . . g + 1) = g k − 1 < g k , im Widerspruch zu |ak − a0k | ≥ 1, da ak 6= a0k . Beispiel. Sei a die natürliche Zahl mit der Dezimaldarstellung a = 7 + 3 · 10 + 5 · 100 + 1 · 1000 Berechnung der 9–adischen Ziffernfolge von a. Division von a durch 9 mit Rest ergibt 1537 : 9 = 170 Rest 7, d.h. 63 7 1537 = 170 · 9 + 7 170 = 18 · 9 + 8 18 = 2 · 9 + 0 Dividiere 170 mit Rest, usw. Es folgt 1537 = 170 · 9 + 7 = (18 · 9 + 8)9 + 7 = (2 · 9 · 9 + 8)9 + 7 = 2 · 93 + 0 · 92 + 8 · 91 + 7 · 90 =2087 ˆ im Neunersystem Zur Unterscheidung der verschiedenen System kann man einen Index g für die g–adische Ziffernfolge angeben, also (1537)10 = (2087)9 3 Neunerprobe und Elferprobe im Dezimalsystem Sei g > 1 und (an an−1 . . . a1 a0 )g die g–adische Darstellung der Zahl a ≥ 1. Definition. a) Die Quersumme von a (bzgl. g) ist die Zahl Q(a) := a0 + a1 + . . . + an . b) Die alternierende Quersumme von a (bzgl. g) ist die Zahl Q0 (a) := a0 − a1 + a2 − + . . . + (−1)n an . 3.2 Satz. a ≡ Q(a) mod (g − 1) und a ≡ Q0 (a) mod (g + 1). Beweis. Es ist g ≡ 1 mod (g − 1) und g ≡ −1 mod (g + 1). Nach den Regeln der Kongruenzrechnung gilt also g ν ≡ 1 mod (g − 1) und g ν ≡ (−1)ν mod (g + 1) für alle 0 ≤ ν ≤ n. n P Für a = aν g ν ergibt sich daraus ν=0 a≡ a≡ n P ν=0 n P aν 1ν = Q(a) mod (g − 1) und aν (−1)ν = Q0 (a) mod (g + 1) ν=0 Sind x ≡ y mod m, so ist m | x ⇐⇒ x ≡ 0 mod m ⇐⇒ y ≡ 0 mod m ⇐⇒ m | y. Aus 3.2 folgt also 3.3 Korollar. (g − 1) | a ⇐⇒ (g − 1) | Q(a) und (g + 1) | a ⇐⇒ (g + 1) | Q0 (a) Speziell gilt für g = 10 3.4 Korollar. 9 | a ⇐⇒ 9 | Q(a) 11 | a ⇐⇒ 11 | Q0 (a) und Induktiv erhält man 9 | a ⇐⇒ 9 | Qn (a), 11 | a ⇐⇒ 11 | Q0n (a). Für große n wird Qn (a) bzw. Q0n (a) einstellig und es ist offensichtlich ob 9 | Qn (a) bzw. 11 | Q0n (a). 4 3.5 Korollar. + + Q(a · b) ≡ Q(a) · Q(b) mod (g − 1) und + + Q0 (a · b) ≡ Q0 (a) · Q0 (b) mod (g + 1) + Beweis. Nach 3.2 gilt Q(x) ≡ x mod (g − 1) für alle x ∈ N =⇒ Q(a · b) ≡ + + a · b ≡ Q(a) · Q(b) mod (g − 1). Entsprechend schließt man für Q0 und g + 1. 3.6 Korollar. 3 | a ⇐⇒ 3 | Q(a) Beweis. Offenbar gilt: 3 | x =⇒ 9 | x2 . Da 3 eine Primzahl ist gilt: 9 | x2 =⇒ 3 | x2 =⇒ 3 | x. Also gilt: 9 | x2 ⇐⇒ 3 | x für alle x ∈ N. Nach 3.2 und 3.5 ist a2 ≡ Q(a2 ) ≡ Q(a)2 mod 9, somit 3 | Q(a) ⇐⇒ 9 | Q(a)2 ⇐⇒ 9 | Q(a)2 ⇐⇒ 9 | a2 ⇐⇒ 3 | a Neunerprobe. Als Resultat einer Multiplikation erhält man a · b = c. Man möchte überprüfen, ob die Rechnung stimmen kann: Ist a · b = c“ richtig gerechnet, so gilt nach 3.5 auch Q(a) · Q(b) ≡ Q(c) ” mod 9. Mit anderen Worten: Aus Q(a)Q(b) 6≡ Q(c) mod 9 folgt ab 6= c, die Rechnung ist falsch. Beispiel. Man erhält beim Multiplizieren 1312 · 911 = 1195232 Q(a) = 7, Q(b) = 11, Q(c) = 23 Q(a) · Q(b) = 77 ≡ 5 mod 9, Q(c) ≡ 5 mod 9 Die Rechnung kann also stimmen. (Sie stimmt auch!) Elferprobe. Wie oben hat man a · b = c“ gerechnet. Ist dies richtig, so gilt ” auch Q0 (a) · Q0 (b) ≡ Q0 (c) mod 11. Beispiel. Man erhält (etwa durch einen Schreibfehler) 1312 · 911 = 1105232. Es gilt Q0 (a) = 3, Q0 (b) = 9, Q0 (c) = −4 ≡ 7 mod 11. Q0 (a)Q0 (b) = 27 ≡ 5 6≡ 7 ≡ Q0 (c) mod 11. Die Rechnung muß also falsch sein. (Mit der Neunerprobe hätte man’s nicht gemerkt.) 5