Serie 1: Lösungen 1. (a) Ein Element der symmetrischen Gruppe S3 d.h. eine Permutation der Grösse n = 3 ist definitionsgemäss eine Bijektion σ: {1, 2, 3} → {1, 2, 3} und kann als Abbildung tabellarisch in der Form 1 2 3 σ= σ1 σ2 σ3 beschrieben werden, wobei σ(i) = σi ist. Oft gibt man der Einfachheit halber nur die Folge (σ1 , σ2 , σ3 ) der verschiedenen Bild-Elemente an. An der ersten Stelle können die 3 Elemente von {1, 2, 3} stehen. Dann bleiben für die zweite Stelle wegen der vorausgesetzten Bijektivität noch 2 Elemente zur Auswahl und das dritte Element ist damit eindeutig bestimmt. Insgesamt gibt es daher 3 · 2 · 1 = 3! = 6 verschiedene Anordungen der Menge {1, 2, 3}. Somit besteht S3 aus den folgenden Permutationen: 1 2 3 1 2 3 1 2 3 , , σ2 = , σ1 = σ0 = 1 3 2 2 1 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3 1 2 3 . σ12 = , σ21 = , σ121 = 3 2 1 2 3 1 3 1 2 Diese 6 Permutionen können durch die beiden Vertauschungen σ1 und σ2 benachbarter Elemente erzeugt werden, da σ12 = σ1 ◦ σ2 , σ21 = σ2 ◦ σ1 gilt und σ121 = σ1 ◦ σ2 ◦ σ1 = σ2 ◦ σ1 ◦ σ2 ist. (b) Damit lässt sich leicht eine Multiplikationstabelle der Gruppe (S3 , ◦) aller Permutationen von 3 Elementen herstellen: ◦ σ0 σ1 σ2 σ12 σ21 σ121 σ0 σ1 σ2 σ12 σ21 σ121 σ0 σ1 σ2 σ12 σ21 σ121 σ1 σ0 σ12 σ2 σ121 σ21 σ2 σ21 σ0 σ121 σ1 σ12 σ12 σ121 σ1 σ21 σ0 σ2 σ21 σ2 σ121 σ0 σ12 σ1 σ121 σ12 σ21 σ1 σ2 σ0 Weil sie bezüglich der Diagonalen nicht symmetrisch ist, handelt es sich um eine nicht-kommutative Gruppe. Sie lässt sich oft als BabyBeispiel einer Gruppe benutzen, weil es die kleinste Gruppe ist, in der viele typische Phänomen gelten. Es gibt eine weitere, wesentlich verschiedene Gruppe mit 6 Elementen. Die sogn. zyklische Gruppe Z6 wird in der Zahlentheorie besprochen. Mit Hilfe der nächsten Aufgabe lassen sich diese Phänomene geometrisch veranschaulichen. (c) Diese Permutationen liefern Kongruenzabbildungen des Raumes, indem man mit ihnen auf den drei Koordinaten operiert: i. σ0 : (x, y, z) 7→ (x, y, z): Identität. ii. σ1 : (x, y, z) 7→ (y, x, z): Spiegelung, deren Spiegelebene den Winkel in der xy-Ebene halbiert und die z-Achse enthält. iii. σ2 : (x, y, z) 7→ (x, z, y): Spiegelung, deren Spiegelebene den Winkel in der yz-Ebene halbiert und die x-Achse enthält. iv. σ12 : (x, y, z) 7→ (y, z, x): Drehung 120◦ um Achse OD. v. σ21 : (x, y, z) 7→ (z, x, y): Drehung 240◦ um Achse OD. vi. σ121 : (x, y, z) 7→ (z, y, x): Spiegelung deren Spiegelebene den Winkel in der xz-Ebene halbiert und die y-Achse enthält. Sie sind längentreu, da sie aus den beiden Ebenenspiegelungen σ1 und σ2 zusamengesetzt werden können und diese Ebenenspiegelungen selbstverständlich längentreu sind, wie sofort aus dem Satz von Pythagoras folgt. (d) Betrachte die entgegengesetzten Drehungen σ12 = σ1 ◦ σ2 6= σ2 ◦ σ1 = σ21 (e) Identifiziert man die Ecken des gleichseitigen Dreiecks mit den Elementen von {1, 2, 3}, so liefern die oben beschrieben Permutationen die folgenden Kongruenzabbildungen des Raumes: i. ii. iii. iv. v. vi. σ0 : Identität. σ1 : Spiegelung an Höhe durch Ecke 3. σ2 : Spiegelung an Höhe durch Ecke 1. σ12 : Drehung 120◦ . σ21 : Drehung 240◦ . σ121 : Spiegelung an Höhe durch Ecke 2. Das selbe Ergebnis erhält man auch, wenn man die drei Ecken des Dreiecks mit den drei Einheitpunkten E1 , E2 , E3 identifiziert. (f) Das reguläre Tetraeder hat 4 Ecken, 6 Kanten und 4 Seitenflächen. Die Seitenflächen sind gleichseitige Dreiecke. Das Tetraeder hat folgende Symmetrien: • Identität (1) • Drehung ±120◦ um jede Höhe (8) • Drehung 180◦ um die Gerade durch gegenüberliegende Seitenmitten (3) • Spiegelung, deren Spiegelebene eine Kante und die gegenüberliegende Seitenmitte enthält (12) Insgesamt sind dies 24 Symmetrien. Wenn wir die 4 Ecken des Tetraeders mit {1, 2, 3, 4} identifizieren, werden die Symmetrien durch die Permutationen aus Σ4 mit |Σ4 | = 4! = 24 beschrieben. 2. (a) Für die typischen Kongruenzabbildungen des Raumes erhält man: i. 1 Ebene: Spiegelung an xy-Ebene (x, y, z) 7→ (x, y, −z). ii. 2 Ebenen: A. Translation: Spiegelungen an xy-Ebene und Ebene z = c, c fest. (x, y, z) 7→ (x, y, 2c) B. Drehung 180◦ um z-Achse: Spiegelungen an xz-Ebene und yzEbene (x, y, z) 7→ (−x, −y, z) iii. 3 Ebenen: A. Schubspiegelung: (x, y, z) 7→ (x, −y, 2v) B. Drehspiegelung: cos(ϕ) − sin(ϕ) 0 0 A = sin(ϕ) cos(ϕ) 0 0 −1 Mit ϕ = 90◦ : (x, y, z) 7→ (−x, y, −z) iv. 4 Ebenen: Schraubung: Komposition Translation und Drehung (b) Die typischen Kongruenzabbildungen der Ebene sind aus der Ebenengeometrie bekannt und dienen zum Vergleich: 1 Gerade: Spiegelung 2 Geraden: Translation, Drehung 3 Geraden: Schubspiegelung (c) Punktspiegelung pO in R2 : Spiegelung sx an x-Achse: (x, y) 7→ (−x, y), Spiegelung sy an y-Achse: (x, y) 7→ (x, −y), sy ◦ sx : R2 → R2 , (x, y) 7→ (−x, −y) R3 : Spiegelung sxy an xy-Ebene: (x, y, z) 7→ (x, y, −z), Spiegelung syz an yz-Ebene: (x, y, z) 7→ (−x, y, z), Spiegelung sxz an xz-Ebene: (x, y, z) 7→ (x, −y, z) sxz ◦ syz ◦ sxy : R3 → R3 , (x, y, z) 7→ (−x, −y, −z) (d) In R2 ist die Drehung um O mit dem Drehwinkel 180◦ , d.h. die Kongruenz pO = rO,180◦ = sy ◦ sx orientierungstreu. (e) In R3 ist die Drehung um die y-Achse mit Winkel 180◦ , d.h. die Kongruenz syz ◦ sxy mit anschliessender Spiegelung an der xz-Ebene, d.h. pO = sxz ◦ syz ◦ sxy eine orientierungsumkehrende1 Drehspiegelung. 3. siehe Skript p. 11 ff. 4. Wir gehen vom üblichen Schrägbild des (punktiert gezeichneten) Würfels aus, um ihm nun regelmässig seine Ecken abzuschneiden und dadurch eine Reihe weiterer mehr oder weniger symmetrischer Polyeder zu erhalten, die wir gelegentlich zur Illustration benutzen werden. Zur Berechnung der Koordinaten wählen wir die Ecken des Würfels speziell in den Punkten (±1, ±1, ±1). Die Würfelkanten haben nach Voraussetzung die Länge a. Im numerischen Spezialfall ist also a = 2. Diesem Würfel sollen nun alle Ecken regelmässig abgeschnitten werden und zwar so, dass die abgeschnittenen Pyramiden die Kantenlänge c haben. Zur Konstruktion der Schrägbilder braucht man einzig die Tatsache, dass die Parallelprojektion teilverhältnistreu ist. In obiger Figur schneidet die rote Ebene von jeder der drei betroffenen Kanten 31 ab. Daher ist in diesem Fall c = a3 . Entsprechendes gilt für die grüne Ebene, mit der eine der benachbarten Ecken abgeschnitten wird. Die Aufgabe läuft also konstruktiv darauf hinaus, die Würfelkanten im betreffenden Verhältnis zu teilen und den Überblick zu behalten, was durch Hervorheben der sichtbaren und Stricheln der verdeckten Kanten geschieht. 1 Ein Rechtssystem geht in ein Linkssystem über. Bei den gewählten Eckenkoordinaten des Ausgangswürfels haben die 8 Ebenen, mit denen je eine der Ecken abgeschnitten wird, die Gleichungen ±x ± y ± z = 3 − 2c Je nach Wahl von c entstehen unterschiedliche Polyeder. • Für 0 ≤ c ≤ a2 liegen alle Ecken des gesuchten Polyeders auf Würfelkanten und haben die Koordinaten (1, 1, 1 − 2c), (−1, −1, 1 − 2c), (1, 1, 2c − 1), (−1, −1, 2c − 1) (1, −1, 1 − 2c), (1, −1, 2c − 1) und ihre Permutationen2 . Das sind in der Regel 3 + 3 + 3 + 3 + 6 + 6 = 24 Ecken. Als Grenzfälle für c = 0 bzw. c = a2 erhalten wir den Würfel bzw. das Kuboktaeder. Dazwischen liegt der Würfelstumpf. • Für a2 ≤ c ≤ a liegen alle Ecken des gesuchten Polyeders auf Mittellinien von Würfelseiten und haben die Koordinaten (0, 1, 2 − 2c), (0, 1, 2 − 2c), (0, −1, 2c − 2), (0, −1, 2 − 2c) und ihre Permutationen. Das sind in der Regel ebenfalls 6 · 4 = 24 Ecken. Als Grenzfälle für c = a2 bzw. c = a erhalten wir das Kuboktaeder bzw. das Oktaeder. Dazwischen liegt der Oktaederstumpf. • Für a ≤ c ≤ 3a 2 schrumpft dieses Oktaeder und wird schliesslich zu einem Punkt. Für noch grössere c ist das Schnittgebilde leer. (a) Zunächst werden dem Würfel die 8 Ecken regelmässig so abgeschnitten, dass die Schnitteben durch die Kantenmitten geht, d.h. c = a2 ist. Das entstehende Polyeder heisst Kuboktaeder und steht also gewissermassen zwischen Würfel und seinem dualen Oktaeder. Es hat e0 = 12 2 Selbstverständlich berechnet man nur gerade einen einzigen Punkt. Die restlichen ergeben sich aus den (bekannten) Symmetrien. Das wichtigste Hilfsmittel, um die exponentielle Komplexität in höheren Dimensionen zu meistern, sind Symmetrien, deren Anzahl zum Glück mit wachsender Dimension auch exponentiell zunimmt. Vor dem Jammern über einen zu grossen Arbeitsaufwand kümmert man sich um die Symmetrien eines Problems. Ecken, e1 = 24 Kanten und e2 = 14 Seitenflächen. Seine Ecken haben bei obiger Wahl die Koordinaten (0, ±1, ±1) und ihre Permutationen. Man beachte, dass unter Parallelprojektionen kongruente Figuren nicht notwendigerweise in kongruente Figuren abgebildet werden. Beispielsweise werden nicht alle kongruenten Quadrate des Würfels oder hier des Kuboktaeders auf kongruente Quadrate abgebildet. Streckenlängen, Längenverhältnisse auf verschiedenen Geraden, Flächeninhalte und Winkel bleiben also, im Gegensatz zur Parallelität und den Teilverhältnissen auf parallelen Geraden, unter Projektionen in der Regel nicht erhalten. Ausnahmen sind die Quadrate auf der Vorder- und auf der Rückseite des Würfels. Sie werden in wahrer Grösse abgebildet. Deshalb kann man an ihnen metrische Verhältnisse ablesen. (b) Weil die Vorderseite des Würfels in wahrer Grösse abgebildet wird, können wir die Längenverhältnisse damit bestimmen. Dreht man die Vorderseite um 45◦ um ihren Mittelpunkt, erhält man die folgende ebene Hilfsfigur c √ c 2 c Aus ihr kann man mit Hilfe des Satzes von Pythagoras sofort entnehmen, dass √ √ c + c · 2 + c = (2 + 2)c = a gelten muss. Auflösen liefert also √ 2+ 2 c= a ≈ 0.293 · a 2 Eine leicht andere Begründung findet man in den Unterlagen, wo man auch eine Abwicklung des entstehenden Würfelstumpfs findet, mit der sich ein Modell für dieses Polyeder herstellen lässt. Man beachte, dass das hier benötigte Verhältnis irrational ist. Weil es sich aber um eine Zahl handelt, die auf rationale Art mit geschachtelten Qudratwurzeln geschrieben werden kann, lässt sich auch von diesem Körper mit Hilfe von Zirkel und Lineal ein Schrägbild konstruieren. Wie diese Überlegung zeigt, ist es wichtig, in solchen Ergebnissen Quadratwurzeln stehen zu lassen und nicht einfach numerischen Zahlensalat hinzuschreiben. Zur Konstruktion kann man beispielsweise obige Hilfsfigur benutzen. Der Würfelstumpf lässt sich also durch folgendes Schrägbild darstellen. (c) Im Fall c = 34 a entsteht auf analoge Weise ein Oktaederstumpf. Er besteht aus 6 Vierecken und 8 Sechsecken. Aus Symmetriegründen sind die Vierecke in den Würfelseiten Quadrate. Ferner erkennt man leicht, dass die blau gefärbte Schnittebene die zugehörige Sechseckseite dreiteilt. Daraus folgt, dass auch die Sechsecke regulär sein müssen. Auch zu diesem Polyeder findet man in den Unterlagen ein etwas anderes Vorgehen zur Konstruktion und zusätzliche Information. Man beachte, dass der Oktaederstumpf im Gegensatz zum Würfelstumpf durch rationale Koordinaten beschrieben werden kann. (d) Für c = a erhalten wir das reguläre Oktaeder. In den Unterlagen findet man eine Konstruktion des regulären Oktaeders als Flächenmittenkörper (Dualkörper) des Würfels. (e) Jedes Polyeder, das aus dem Würfel durch regelmässiges Abecken entsteht, hat eine Umkugel, weil aus Symmetriegründen jede Ecke vom Würfelmittelpunkt denselben Abstand hat. Um ihren Radius r zu berechnen, untersuchen wir die drei Fälle: • Für 0 ≤ c ≤ a2 liegen alle Ecken auf Würfelkanten und der Abstand vom Kantenmittelpunkt beträgt a2 − c. Nach dem Satz von Pythagoras ist a 2 a 2 a 2 3a2 r2 = −c = − ac + c2 + + 2 2 2 4 Das selbe Resultate erhält man aus den Koordinaten der Ecken. • Für a2 ≤ c ≤ a liegen alle Ecken auf Mittellinien von Würfelseitenflächen und der Abstand vom Flächenmittelpunkt beträgt a − c. Nach dem Satz von Pythagoras ist a 2 5a2 r2 = + (a − c)2 = − 2ac + c2 2 4 Das selbe Resultate erhält man aus den Koordinaten der Ecken. Man beachte, dass die beiden Resultate im gemeinsamen Grenzfall c = a2 für den Umkreisradius des Kuboktaeder den Wert r2 = liefern. a2 2 • Für a ≤ c ≤ 3a 2 liegen alle Ecken auf Verbindungsstrecken gegenüberliegender Würfelseitenflächen. Der Abstand vom Würfelmittelpunkt beträgt 3a r= − c. 2 Das ist also der Umkugelradius. Dieses Resultat liefert im Grenzfall c = a für den Umkugelradius des Oktaeders das selbe Resultat r = a2 wie das vorangehende und damit eine zusätzliche Möglichkeit zur Kontrolle. (f) i. Selbstverständlich besitzt der Würfel für c = 0 eine Inkugel. ii. Auch das Oktaeder besitzt für c ≥ a selbstverständlich eine Inkugel. iii. Es gibt noch einen weiteren Fall, in dem das durch Abecken entstandene Polyeder eine Inkugel hat. Das ist nämlich auch dann der Fall, wenn die Grundflächen der abgeschnittenen Pyramiden die Inkugel des Würfels berühren. Um den zugehörigen Wert von c zu bestimmen, kann man beispielsweise den folgenden Diagonalenschnitt betrachten. √c 2 h c Das rechtwinklige Dreieck oben rechts hat√Katheten der Längen c und √c2 und eine Hypotenuse der Länge c 2 6 . √ √ Seine Höhe beträgt h = a2 3 − a2 = a2 · ( 3 − 1). Berechnet man die doppelte Dreiecksfläche auf zwei Arten, erhält man √ c c 6 a √ c· √ = · · ( 3 − 1) 2 2 2 und erhält daraus c= √ a · (3 − 3) ≈ 0.634 · a 2 Alternativ gilt für den Schwerpunkt der Grundseite der Pyramide beispielsweise in der Ecke (1, 1, 1) aus Symmetriegründen t(1, 1, 1) 2 mit t = 1 − 2c 3 . Für den Abstand zum Zentrum soll 3t = 1 gelten, woraus ebenfalls c = √ 3− 3 2 folgt. Auch dieses Verhältnis lässt sich mit Zirkel und Lineal konstruieren, obwohl es irrational ist. Beispielsweise kann man dazu obigen Diagonalenschnitt verwenden. Das zugehörige Polyeder in folgender Figur besteht aus 6 Quadraten und 8 Sechsecken, die aber im Gegensatz zu jenen des Oktaederstumpfes nicht regulär sind.