Trophäen in Brieftaschen

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Kathrin Hoffmann-Curtius
Trophäen in Brieftaschen
k
3/2002 - 1
Kathrin Hoffmann-Curtius
Trophäen in Brieftaschen – Fotografien von Wehrmachts-, SS- und
Polizei-Verbrechen *
Fotos von den Verbrechen der Wehrmacht, der SS, des
trale Stelle der Landesjustizverwaltungen Ludwigsburg
SD und der Polizeibataillone aus dem Zweiten Welt-
weitergeleitet. Von dort bezogen Dieter Reifahrth und
krieg sind vor allem deshalb überliefert, weil sie von
Viktoria Schmidt-Linsenhoff, die ersten, die anhand der
deutschen Soldaten trotz offiziellen Verbots geknipst,
Fotos eine Analyse von Motiven der Täter und Fotogra-
gesammelt und getauscht wurden. Diese Dokumente
fen vorlegten, die Fotos für ihre Arbeit aus dem Jahr
des Mordens fanden sich in den Brieftaschen gefange-
1983.11
ner oder toter Soldaten – sie trugen sie als eine von
wenigen Habseligkeiten am Körper. Ganz bewußt und
in Abgrenzung zur Debatte um ‹die Wahrheit› der Fotografien – wer wo wen oder was fotografierte – werde ich
nur der Frage nachgehen, welche Bedeutung die Fotos
für die Soldaten haben könnten.2
Die Fotos, die Verbrechen der Wehrmacht und anderer am Krieg beteiligter Deutscher zeigen, sind kaum
erforscht,3 jedoch ist nicht erst seit der Hamburger
Ausstellung allgemein bekannt und mehrfach publiziert,
daß die meisten von ihnen ehemals deutschen Landsern gehörten und von der vorrückenden Roten Armee
gefunden wurden.4 Sie wurden auch in privaten Fotoalben der Soldaten aufgehoben, wie Timm Starl in der
Ausstellung Knipser zeigte.5 Überliefert sind ebenfalls
Anweisungen in den Verordnungsblättern der Waffen SS
und des Heeres, die das außerdienstliche Fotografieren
von Exekutionen und Aufnahmen von «Unfällen, Verlusten und Beschußwirkungen» untersagten.6 Fotos
der Propagandakompanien (PK), die sowohl fotografierende deutsche Soldaten vis-à-vis erhängter ‹Partisanen› (Abb. 1)7 als auch Landser beim Betrachten der
Aufnahmen ihrer Verbrechen zeigen (Abb. 2)8, belegen
das unheimliche Begehren von Soldaten nach Bildern
des hingerichteten Feindes9 – ein Phänomen, das schon
Karl Kraus in Die letzten Tage der Menschheit 1919 publizierte. Dort ist eine «Ansichtskarte» abgebildet, die einen
wegen Hochverrats 1916 durch das österreichische
Armeekorps in Trient hingerichteten Mann zeigt.10
(Abb. 3)
Seit der Fernsehsendung Der Skandal um die Wehrmachtsausstellung von Tina Mendelsohn und Jochen
Trauptmann vom 19. 6. 2000 im Südwestfunk ist durch
das Interview mit dem ehemaligen Soldaten Kurt Wafner
nochmals bestätigt, daß diese Fotos im Kriege gesammelt, gegen Zigaretten getauscht und auch in Alben
geklebt wurden. Vom Deutschen Frontbeauftragten der
Roten Armee, Gottfried Hamacher, ist in diesem Film zu
erfahren, daß die Soldaten «mit Vorliebe» Erhängte und
Erschossene fotografierten, «weil sie glaubten, wenn wir
dann in Urlaub kommen, können wir was erzählen, was
wir hier so erlebten in diesem Land». Gezeigt wird ein
Ausschnitt aus einem Schwarzweißfilm von Erhängten,
an denen eine Tafel mit der Aufschrift: «Diese Juden
haben gegen die deutsche Wehrmacht gehetzt» angebracht ist. Der Fotograf dieses Verbrechens, der Panzerspähtruppfunker Götz Hirt-Reger12, kommentiert dazu:
«Man hatte eigentlich nur das Gefühl, daß man das
gesehen hat, sagen wir mal archiviert hat, und dann kam
schon der nächste Eindruck. Also warum und wieso,
das konnten wir ja gar nicht feststellen. Wir haben das ja
nur auf der Tafel gelesen. Was die angeblich angestellt
haben sollten, ob das stimmte, konnten wir ja gar nicht
nachprüfen. Das sind reine Momentaufnahmen. Ich war
damals Panzerspähtruppfunker. Wir haben da angehalten, wir haben das gesehen, und ich habe schnell meine
Kamera gezückt, und damit war die Sache fertig.»
Daß «die Sache» mit den Toten, ihr Anblick durch den
Akt des Fotografierens nicht erledigt war, beweist etwa
Ab November 1942 wurden die Fotos aus dem Besitz
ein Privatfoto toter sowjetischer Kriegsgefangener. Zu
der deutschen Soldaten von einer außerordentlichen
sehen sind viele Leichen, die auf einem Bahnsteig vor
Kommission der Sowjetunion als relevantes Material
einem Transportzug zwischen drei Betrachtern in unter-
für spätere Kriegsverbrecherprozesse gesammelt. Als
schiedlichen Uniformen gelagert sind; die Beschriftung
Beweismaterial wurden sie später zahlreich an die zen-
lautet: «Andenken an Smolensk».13
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Abb.1: Propagandakompagnie: Deutsche Soldaten beim Fotografieren einer Hinrichtung. Russland 1941/42. Bundesarchiv Bild
101/287/872/28a.
Aus den Untersuchungsakten des berüchtigten Poli-
Trophäen und Amulette fungieren, werde ich dann durch
zeibataillons 101 und dessen Judenermordungen erfah-
Analogie mit einem verwandten Phänomen, den soge-
ren wir vom Kompaniechef Hoffmann über solche Fotos,
nannten Schutzbriefen und durch schriftliche Kommen-
«daß sie in Form von Bildmappen auf unserer Schreib-
tare der Gegner aus Moskau belegen.
stube ausgehängt wurden und sich jeder nach Belieben
Abzüge bestellen konnte. Durch solche Bestellungen
bin ich auch in den Besitz dieser Bilder gelangt, ohne
immer selbst an dem dargestellten Geschehen beteiligt
gewesen zu sein. Soweit ich mich erinnere, dürfte
einer unserer Angehörigen der Kompanieschreibstube
die meisten Aufnahmen gefertigt
haben.»14
Soweit die
Überlieferung zum Bildgebrauch – in den Entlastungsstrategien von heute sind die Motive von damals kaum
zu erkennen.
Die offizielle Bilderpolitik im NS zeigt den jüdischen
Feind in der Zeitung Der Stürmer oder in Einzelausstellungen wie Der ewige Jude in verleumderischen Karikaturen, die eine lange Tradition der Verunglimpfung fortsetzen und verstärken: Charakteristika sind Hakennase,
Bart, hervortretende Augen, dicke Lippen und untersetzte Statur des «Schacherjuden».15 Kaum hiervon zu
unterscheiden sind die Gesichter in der Ausstellung Das
Sowjetparadies und auf Plakaten der Propaganda gegen
die Sowjetunion16, sie entsprechen der denunzierenden
Um zu einer Aussage über die Bedeutung der Gewalt-
Wortwahl «jüdisch-bolschewistisch», die zur Stigmati-
fotos für die Soldaten zu gelangen, versuche ich, mich
sierung des Gegners verwendet wurde. Diese angeb-
zunächst über die historische Verortung eingeübter Seh-
lichen ‹Untermenschen›, gegen die man meinte, einen
gewohnheiten der Bilderproduzenten und Betrachter/
‹Säuberungskrieg› führen zu müssen, wurden kaum
innen dieser Bilder zu nähern, um daran anschließend
zusammen mit den angreifenden Soldaten gezeigt. Farb-
das Sujet der Fotos einzukreisen und nach der Darstel-
drucke vom Abenteuer und vom großen Erlebnis des
lung des Feindes in der offiziellen Bilderpolitik zu fra-
Kampfes wurden den Soldaten mit in die Tornister
gen. Meine These, daß die Fotos in den Brieftaschen als
gegeben.17 Einzelne Kämpfer sind auratisch hervorge-
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Abb.2: PK: Deutsche Soldaten vermutlich beim Betrachten von
Fotos ihrer ,Vergeltungsaktionen‘ in Serbien 1941. ECPAD France
Abb.3: Unbekannter Fotograf: Gruppenbild mit dem durch die
österreichische Armee hingerichteten Dr. Cesare Battisti im
Kastell in Trient vom 12.7.1916.
hoben, während die kriegsentscheidenden technischen
schreckliche Lynchjustiz der herumstehenden Soldaten.
Neuerungen kaum in Erscheinung treten. Auffällig viele
(Abb. 5) Wie die darunter stehenden Verse des Abbé
Gegenbilder zu den Soldatenszenen in diesen Wehr-
Marolles22 und das Schlussbild der Folge kommentie-
machtsheftchen zeigen keine Feinde oder ‹Untermen-
ren, soll die abschreckende Wirkung des Bildes jedoch
schen›, sondern sich darbietende weibliche Akte, die
die wiedergegebene Grausamkeit rechtfertigen und die
sich reinigen.18 Diese Darstellungen sprechen sowohl
Gerechtigkeit des Herrschers untermauern.23
Sehnsüchte der Soldaten im Schlamm und Dreck des
In Goyas Radierung Nr. 39 aus der Folge Los Desast-
Krieges als auch die politische Propagierung der Rein-
res de la Guerra (Abb. 6) werden mit äußerstem Zynis-
heit des Volkskörpers und dessen Säuberung an.19
mus die zerstückelten Leichen als «Große Tat! Mit
Die enge Verknüpfung der Bilder der badenden weib-
Toten!» apostrophiert. Goya verknüpft den Exzess der
lichen Akte mit denen der kämpfenden Truppe doku-
Zerstückelung mit seiner Bilderfindung und spricht Angst
mentiert die der Reinheitsforderung inhärente und mili-
und Schrecken der Betrachter/innen in der Überhöhung
tante Gewalttätigkeit, eine Dynamik, die antidemokrati-
zum Kunstwerk an.24 Er beginnt das riskante Konzept
sche politische Bewegungen ständig nutzen.20
der Moderne, Repräsentationen menschlicher Gewalt
Im Unterschied dazu sind die damals offiziell verbo-
als künstlerische Stellungnahmen an sich der Beurtei-
tenen Fotos, die neben denen der PK in der Ausstellung
lung der Betrachter/innen anheim zu stellen. Die ‹fes-
Verbrechen der Wehrmacht wieder veröffentlicht wur-
selnde› Wirkung von Gewaltbildern zeichnete zum Bei-
den, dem Untergrund im NS zuzuordnen (Abb. 4). Sie
spiel Ruth Beckermann in ihrem aufregenden Dokumen-
sind
Schnappschüsse21
von Greueltaten.
Die Bildthematik ist nicht neu. Callots 11. Blatt aus
tarfilm Jenseits des Krieges zur Wiener Präsentation der
Ausstellung Vernichtungskrieg auf.25
der Radierungsfolge Les misères et les malheurs de
Starl vertritt die These, daß im Unterschied zum Ama-
la guerre von 1635 zum Beispiel zeigt ebenfalls eine
teur für den Knipser, dem er die hier thematisierten
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Abb.4: Unbekannter Fotograf: Unbekannter Ort in Serbien, Frühjahr 1941, handschriftliche Notiz auf der Vorderseite: „Baumblüte in
Serbien“, ZDF Hamburger Katalog S.192, Nr. 49.
Fotos zuordnet, der Hauptbeweggrund zu fotografieren
essiert an den Normen der Fotografierkunst und -tech-
darin bestehe, sich als zentralen Punkt in dem Koordi-
nik – festhalten, was sonst seinem Gedächtnis verloren
natensystem von Beziehungen zu Menschen und Din-
ginge. Diese meines Erachtens zutreffende Charakteri-
gen wiederzuerkennen, sich an bestimmte Gegebenhei-
stik widerspricht Bernd Hüppaufs These von dem ent-
ten zu erinnern.26 Er nimmt an, daß die aufgenomme-
leerten und entleiblichten Blick dieser Fotografen27 inso-
nen Bilder nur für den privaten Gebrauch des Knipsers
fern, als die sinnliche Bindung des Knipsers an sein
und für seine zukünftige Erinnerung bestimmt seien. Der
sujet hierbei kaum intensiver ausfallen könnte.
Knipser wolle im Bilde – mehr oder weniger uninter-
Abb.5: Jacques Callot: Das Elend und das Unglück des Krieges, 11, Die Gehenkten, Radierung, 1633.
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Abb.6: Francisco Goya, Die Schrecknisse des Krieges, 39, Eine große Tat! Mit Toten! Radierung, 1810-1820.
Von den Knipserfotos sind die professionellen Aufnah-
Lager erst in die Viehwaggons hineingedrängt werden
men der PK zu unterscheiden. Ahlrich Meyer ordnet die
sollten.
Fotos aus
Marseille28
der Kriegsberichterstattung und
-propaganda zu: Sie sollten «ein umfassendes Bild der
Tote deutsche Soldaten wurden kaum abgelichtet,
deutschen Vormachtstellung in Europa» vermitteln und
es sei denn sie waren wie im Ersten Weltkrieg aufge-
in der illustrierten Presse sowohl der ‹Heimatfront’ als
bahrt und würdevoll zur Schau gestellt.29 Die Frage, was
auch der besetzten Gebieten erscheinen. Bei einem Ver-
dagegen das Morden fotowürdig werden ließ, die
gleich der von Meyer vorgelegten Aufnahmen über die
selbst in der Ausstellung zum Vernichtungskrieg nicht
Okkupation von Marseille 1942/43 mit denen der Knip-
gestellt wurde, läßt mit Blick auf die Vergangenheits-
ser fällt die größere Kunstfertigkeit der Aufnahmen auf.
politik nach 1945 eine Antwort zu.30 Da gebräuchliche
Auch die bildliche Positionierung der bystander ist unter-
Einschätzungen der NS-Zeit von dem Verleugnen der
schiedlich. Während bei vielen Knipserfotos die Soldaten
Verbrechen der Wehrmacht überhaupt bestimmt waren,
frontal das Ereignis, den gewaltsamen Tod bezeugend,
mußten nach dem Kriege die Fotos vermutlich gerade
vor der Kamera stehen, werden bei den Aufnahmen der
deshalb verschwiegen werden, weil sie im Kriege zu den
PK die Soldaten als Rückenfiguren repräsentiert. (Abb. 7)
wichtigsten Dokumenten der Soldaten zählten. Nach
Die fotografische Aneignung der eroberten Stadt wird
dem Kriege galt es das im Krieg herbeigesehnte Bild der
meist in einer Einrahmung oder -fassung der Fotos
Sauberkeit der Wehrmacht zu verteidigen. Es scheint
von Marseille und seiner Bewohner durch die deutsche
kaum zufällig, daß bei der Rezeption der NS-Kunst nach
Besatzung angezeigt. Der Propaganda und der Situa-
1945 in der Bundesrepublik nicht die Männlichkeitsbilder,
tion in Marseille ist die diskretere Ablichtung der noch
sondern die reinlichen, weiblichen Aktdarstellungen der-
lebenden Juden geschuldet, die zum Abtransport in die
art auffällig überwogen.31
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Abb.7: Gebauer: Die Fähre in Marseille, November 1942, Bundesarchiv Bild 101 I, 792/124, 11.
Welche Bedeutung maßen die Soldaten den Dokumen-
ten oder gemeißelten Bild sind der gewesene Moment
ten bei, die sie bei ihrem ‹vaterländischen Opferdienst›
und die fotografierte Person in einer Lichtspur, in einer
knipsten und von Kameraden erwarben? Reifahrth und
«dünnen Haut»35, im Lichtbild anwesend. Die Fotogra-
Schmidt-Linsenhoff erkannten hier eine Schaulust und
fie hat daher einen fast magischen Realitätsgrad der
einen Schauzwang der Täter. Basierend auf Theweleits
Dokumentation konkreter, tatsächlich stattgefundener
Analysen zum soldatischen Mann und seinem Körperbild
Aktionen oder vor der Kamera postierter Dinge. Barthes
sahen sie in den Bildern eine «Materialisierung seines
spricht von einer Emanation des Referenten.36 In der
eigenen Körperhasses, von dem sich der Soldat
Erinnerung des «so ist es gewesen», die «Sache oder
entlastet.» Sie lasen die Fotos als Dokumente der
die Person ist da gewesen», im Festhalten der Zeitlich-
«panischen Körperangst» und der «zerstörerischen
keit und der Momentanität – und damit zugleich dem
Körperverachtung der
SS».32
Diese Interpretation läßt
Versuch, diese zu leugnen – wird die Fotografie als ein
die Frage offen, warum die Soldaten nach vollbrachtem
moderner Denkmalersatz auch immer zu einem Doku-
Mord die Beweisstücke der geheimzuhaltenden Taten
ment der Abwehr von Sterblichkeit und Tod. Barthes
als eines von wenigen Besitztümern bei sich trugen.
schreibt «dieses moderne Bild bringt den Tod hervor,
Einige Charakteristika des Mediums Fotografie
indem es das Leben aufbewahren will.»37
können dieses Verhalten verständlicher werden lassen.
Die hier behandelten Fotos bewahren das Töten, den
Nach Roland Barthes enthält die Fotografie den immer
Mord auf. Berücksichtigen wir, daß auf den meisten die-
wieder erneuerten Versuch, eine tatsächlich stattgefun-
ser Lichtbilder von Verbrechen mit den Ermordeten auch
dene Situation auf Dauer festzuhalten, einem kurzen
die überlebenden deutschen Soldaten festgehalten wer-
Augenblick Ewigkeit zu verleihen und den Körper zum
den, dann dokumentieren sie mit dem gewaltsamen Tod
Bild werden zu lassen.33 Bereits mit der Entstehung der
Fotografie bildeten sich deren «spezifische Allianzen mit
dem Totenkult» heraus.34 Im Unterschied zum gemal-
zugleich seine siegreiche Überwindung durch den am
Leben gebliebenen deutschen Soldaten – und sei es nur
als Schnappschütze. Diese offiziell verbotenen Fotos
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auf der Brust des deutschen Soldaten lassen sein Begehren erkennen, sich in der spezifisch lichtbildmäßigen
Erfassung des getöteten Feindes immer wieder von
Neuem gegen die Todesangst des eigenen Überlebens
versichern zu können, und das in voller Übereinstimmung
mit der offiziellen NS-Ideologie, der vaterländischen
Pflicht. «Todesangst wird überwunden durch Tötungsmacht» formuliert Wolfgang Sofsky.38 Und Canetti
spricht vom «Überleben als Leidenschaft»:
Man will ihn [den Feind K.H-C] fällen, um zu fühlen, daß
man noch da ist und er nicht mehr. Er soll aber nicht ganz
verschwunden sein, seine leibliche Anwesenheit als Leiche ist für dieses Gefühl des Triumphes unerläßlich. [...]
Dieser Augenblick der Konfrontation mit dem Getöteten
erfüllt den Überlebenden mit einer ganz eigentümlichen
Art von Kraft, die keiner anderen Art von Kraft zu vergleichen ist. Es gibt keinen Augenblick, der mehr nach seiner Wiederholung ruft.39
Die
Aufnahme
dieses
Abb.8: Unbekannter Fotograf: vermutlich bei Petrozavoska
27.2.1942. Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen, Ludwigsburg.
chen dafür, daß eine Art von Süchtigkeit entsteht, der
nicht mehr abzuhelfen ist.»41
Die Feststellung, die Sofsky über die willfährigen
Knechte des Serienmörders Gilles de Rais trifft, läßt sich
auch auf die deutschen Soldaten und die privaten Fotos
begehrten
Augenblicks
ermöglicht immer wieder dessen Reinszenierung, sie
rüstet ihre Besitzer mit einem durch Betrachtung und
Erinnerung stärker werdenden Gefühl aus, unverletzbar
zu sein: «Wer die Augenblicke des Überlebens häuft,
der kann das Gefühl von Unverletzlichkeit erlangen.»40
In den Brieftaschen der Wehrmachtsangehörigen wurden die Fotos zu einem gegenständlichen und immer
wieder be-greif-baren Ausweis der Macht des deutschen Kriegshelden und der vorgeblichen Überlegenheit
der ‹Herrenrasse›.
Die (Knipser)fotografie machte es erstmals möglich,
die Gewalt des Nahkampfes, die siegreiche Überwindung
ihrer Verbrechen übertragen: «Durch die Gewalttat» –
des Tötens und des Fotografierens – «erleben sie einen
doppelten Sieg. Sie transzendieren ihre Sterblichkeit
und die Grenzen ihrer sozialen Existenz.»42 Denn die
grausamen Morde, die die SS, der SD, die Polizei oder
die Wehrmachtssoldaten vollstrecken, sind nicht nur die
jedes einzelnen, sondern sie sind auch die ihrer Einheit
und werden durch den Führerbefehl legitimiert. Diese
dem NS gemäße Deutung, die Bilder und die Mordtaten
als politisch gerecht erscheinen zu lassen43, kann mit
den auf Abschreckung zielenden Intentionen der Callotschen Folge und denen der K.u.K. Monarchie bei
der anfangs erwähnten Publikation der Hinrichtung von
1916 verglichen werden.44
des Feindes durch dessen Vernichtung ‹authentisch›
Auf einem Foto aus Finnland, auf dem die (finni-
abzubilden. Sie unterstützte den Soldaten darin, die
schen?) Soldaten sich sogar der offiziellen und uralten
Faszination der Gewalt begehrlich aufzusuchen und
Siegergeste des auf den besiegten Feind tretenden Herr-
Unrechtsbewußtsein auszulöschen. Das Verbot konnte
schers bedienen, (Abb. 8) ist auch die Haltung des sieg-
sogar einen weiteren Anreiz bedeuten, den besiegten
reichen Jägers über dem von ihm erlegten Wild wieder-
Toten im Schnappschuß noch einmal zu ‹erlegen›, um
zuerkennen. Bereits diese Motivwahl verweist auf die
sich gegen den Schrecken des Todes zu wappnen
Spezifik der hier verhandelten Fotografien als Trophäen.
und die Kampfkraft zur Vernichtung des Gegners noch
Aber auch ihr indexikalischer Zeichencharakter45 – Zei-
zu steigern. Canetti schildert, wie diese «Genugtuung
chen und Referent sind durch einen wirklichen Zusam-
des Überlebens, die eine Art von Lust ist», zu einer
menhang in der Welt miteinander verbunden46 – rückt
«gefährlichen und unersättlichen Leidenschaft» werden
sie in deren Nähe. Schon das antike Tropaion zeichnete
kann: «Je größer der Haufen der Toten ist, unter dem
sich durch eine gewisse körperliche Verbindung mit dem
man lebend steht, je öfter man solchen Haufen erlebt,
Referenten aus, da es aus einer Anhäufung von Waffen
um so stärker und unabweislicher wird das Bedürfnis
und Rüstungen der besiegten Feinde bestand. Die
nach ihm. Die Karrieren von Helden und Söldnern spre-
Fotografie, die als chemisch produzierte Spur des
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Körpers des Referenten zustande kam, ist insofern der
Jagdtrophäe verwandt, als letztere eine noch engere
Bindung mit dem überwundenen Feind eingeht: Sie ist
ein Teil von ihm. Die Fotos sind sowohl Lichtspur
der aufrechten Überlebenden als auch die der Toten.
Weder Tilmann Habermas noch Otto Fenichel, die
sich zur Trophäe äußern, berücksichtigen die martialische Todesrepräsentation dieses angeblich «geliebten
Objekts»47, obwohl Fenichel in seiner Studie von 1939 (!)
die Aneignung von Macht in den Vordergrund stellt.
Der Todesbeweis als Sinngehalt des «so ist es gewesen», das «Noema» dieser NS-Fotografien, zeichnet die
Besitzer der Fotos als Überlebende, als Sieger und
einige von ihnen auch als Mörder aus. Zugleich kann
diese Foto-Trophäe ihren Besitzer aber auch durch
die ‹reale› Erscheinung des Getöteten bedrohen. Der
fortwährende Anblick der vernichteten Feinde konnte
zum Beispiel «den alten Soldatenglauben» verstärken,
nach dem «der Soldat, der Gefangene erschießt, am
nächsten Tag fallen wird.»48 Die im Lichtbild vergegenwärtigte Verbindung von Bedrohung und Schutz49, von
Angst und Faszination mag auch einen Hinweis darauf
geben, warum die Soldaten sich nicht von solchen Fotos
trennten.
Abb.9: Karl Koehler: Victor Ancona, Dies ist der Feind, Museum
of Modern Art, New York 1942.
Die Bedeutung, die die fotografischen Aufnahmen
der gequälten und vernichteten Feinde für den NS-Soldaten hatten, – «die Fotografie als Rückhalt von Stärke
und Angst»50 – lassen folglich auch auf ihre Funktion als
Amulett, als apotropäisches Zeichen gegen den eigenen
Tod schließen. Sie lassen sich vergleichen mit einem
anderen Amulett, das Soldaten des Zweiten Weltkrieges
bei sich trugen51, den sogenannten Schutzbriefen52, die
vorgaben, die Inhaber dieser Briefe vor der Feindeskugel zu bewahren. Während diese Schutz- oder Himmelsbriefe jedoch in der Gewißheit einer christlichen Heilserwartung konzipiert worden waren – sie fielen angeblich
1724 vom Himmel und wurden seitdem abgeschrieben
– stellen die fotografischen Siegeszeichen ein modernes Medium dar und verweisen auf keinen christlichen
Heilsplan.
christliche Sublimierung. Einen zentralen Punkt bei der
Bildwerdung arbeitete Warburg in der Fixierung von
übersinnlichen Kräften, von unheimlicher Bewegung
heraus. Ein Motto seiner gesammelten Fragmente zu
einer Psychologie der Kunst, einer «Ursachensetzung»
lautete: «Du lebst und tust mir nichts»54. Die Angstabwehr durch das Bild bezieht sich indessen bei den Soldaten nicht auf die Aneignung des (Un)bekannten in
der Welt mittels ikonischer oder symbolischer Zeichen,
sondern auf die möglichst angstfreie Auslöschung des
Anderen und die Aneignung des Augenblicks dieser Vernichtung.
Warburg sprach in seiner Abhandlung über das
Schlangenritual achtzehn Jahre vor dem Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion von der zivilisationsge-
Die Knipserfotos können mit dem für die Bilderwis-
schichtlichen «Wandlung von leibhaftig-wirklicher Sym-
senschaft grundlegenden Thema der Verbildlichung als
bolik, die handgreiflich aneignet, zu der bloß gedach-
Prozess der Angstabwehr zusammengebracht werden;
ten.»55 Die Wehrmachtsfotos zeigen eine Wandlung von
einem Thema, mit dem sich Aby Warburg ein Leben lang
der ausgedachten Ausrottung zu einer endgültigen und
befasste.53 Seit seinem Studium des Buches Mito e Szi-
handgreiflichen Stillstellung mittels überkommener Hin-
enza des Italieners Tito Vignoli beschäftigte ihn die
richtungsmethoden und moderner Fototechnik. Ich sehe
Bildmagie, ihre alttestamentliche Bannung und die
mich hier dem grausamsten Beispiel magischen Bild-
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Abb.10: Unbekannter Fotograf: Fotoreihe von fünf Erhängten. Prawda: 6. 2. 1942, Nr. 37, S. 2.
und Dinggebrauchs gegenüber, das aus der Epoche
derfolge, in deren Verlauf sichtbar wird, daß die Stricke
stammt, in der die sogenannte Avantgarde der Bilder-
nicht bei allen fünfen hielten, und zwei Jugendliche
produktion sich vom Abbilden abgewandt und für ihre
danach – entgegen einer alten Regel – sogar ein zweites
Vorstellungen von Gewalt und Magie nach urtümlicher
Mal aufgehängt wurden. Ehrenburg schrieb:
Archaik in außereuropäischen Kulturen Ausschau gehalten hatte.
Die zeitgenössischen Kommentare der Sowjets zu
diesem Bildgebrauch dokumentieren zum einen die
bereits skizzierte Praxis der deutschen Soldaten, sie
zeigen zum anderen aber auch, daß die Sowjets offiziell
zu derselben Nutzung aufriefen, die die deutschen Soldaten inoffiziell praktizierten. Eine Durchsicht des Jahrganges 1942 der Prawda56 ergab, daß besonders in
den kritischen Wintermonaten Januar, Februar und März
Greueltaten der deutschen Armee erwähnt wurden. Am
Man hat bei einem getöteten deutschen Offizier acht
Fotos gefunden: Der Offizier hat aufgenommen, wie
die Deutschen fünf russische Jungen erhängt haben.
Der Augenzeuge kann vergessen, durcheinanderbringen, übertreiben. Das Objektiv der Kamera hat ein leidenschaftsloses Auge, und es gibt keinen schrecklicheren Beweis als das Foto. [...] Der Fotograf ist auf dem
Foto nicht zu sehen. Wir sehen aber das kalte stumpfsinnige Gesicht des deutschen Offiziers mit Glasstücken
statt Augen.
6. Februar 1942 finden sich sowohl in der Prawda als
Ehrenburgs Kommentar benutzt die Metapher vom
auch in der Armeezeitung Krasnaja zvezda acht Fotos
leidenschaftslosen, kalten Blick, die auch die Kompo-
von der Erhängung fünf russischer junger Männer in
sition eines nahezu gleichzeitig veröffentlichten Propa-
einem russischen Dorf unweit von Veliz
(Abb. 10)57,
von
gandaplakates der gerade in den Krieg gegen Deutsch-
denen alle Aufnahmen auf der Hamburger Ausstellung
land eingetretenen USA bestimmt (Abb. 9).59 Weiter
zu sehen
waren.58
Ilja Ehrenburg, damaliger Kriegskor-
respondent in der Sowjetunion, kommentierte die Bil-
spricht er die Rachegefühle der russischen Leser/innen
an:
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Es ist ein gelungener Tag für ihn: Er hat der Erhängung
Becher nutzte wie Karl Kraus vor und wie die Hambur-
beigewohnt und eine Reihe gelungener Fotos gemacht.
ger Ausstellungskuratoren nach ihm die Mehrdeutigkeit
Er hat sie auf Glanzpapier mit Schnitt kopiert. Er wollte
der Bilder für eine historische Rechtsprechung:
sie seiner Braut schenken. Ein Fotoliebhaber und ein
Liebhaber von Galgen ist er. Ein wollüstiger und per-
ERINNERUNGSBILD
verser Deutscher. Er hat munter mit dem Fotoapparat
Der Galgen, Offiziere. Jeder drängt
geknipst. Er hat alle Phasen der menschlichen Agonie
aufgenommen.
Sich in das Bild, damit man nicht vergißt:
Er war dabei und er hat mitgehenkt.
Und zum Schluß seines Artikels gibt Ehrenburg mit
dem Aufruf zur Gegenwehr und Rache für die erhängten
«Brüder» einen Befehl, der die Soldaten der Roten
Armee unter derselben Verwendung der Fotos zu motivieren sucht, wie sie in dem hier vorliegenden Artikel für
den deutschen Feind analysiert wurde:
Soldat, guck dir aufmerksam die acht Fotos an. Heb die
Zeitung auf, leg sie auf Dein Herz. Möge sie Tag und
Nacht wie Kohle brennen. Du kennst diese Menschen
nicht – das sind Deine Brüder. Sie wurden zusammengepfercht. Sie wurden verspottet, sie wurden langsam
So zeigt im Bild sich an, was jeder ist.
Die Arme stolz wie: «Das sind wir!» verschränkt.
Der Tote trägt auf seiner Brust ein Schild.
Es ist, als würd er hin und her geschwenkt.
Ein jeder findet seinen Platz im Bild.
Und auf des Toten Schild die Schrift erscheint:
«Ich hab die Mörder hier im Bild vereint.
Sie lächeln um den Galgen rings im Kreis.
erwürgt. Und der Lump mit der Kamera hat alles fotografiert – zur Erinnerung. [...] Wer diese Fotos gesehen
Sie lächeln selbst sich zu den Schuldbeweis.
hat, der vergißt sie nie. Er denkt daran bei Vjazma, er
Und damit keiner seinen Platz verläßt,
denkt daran in Kiev, er denkt daran, wenn er die Grenze
Halt ich sie alle hier im Bilde fest!»
überschreitet. Es gibt auf der Welt die Wahrheit, es gibt
die Vergeltung! Für Henker ist kein Platz auf der Erde.
Das ist unser Schwur. Das ist unser letztes ‹Lebt wohl›
den Fünf Erhängten.
In Sonettform verändert Becher die anprangernden
Sprüche, die den Erhängten angeheftet wurden, zu der
Erscheinung der Wahrheit, so wie sie die Flammen-
Während Ehrenburg im Februar 1942 noch alles daran
schrift auf der Wand vor Belsazar aufleuchten ließ.62
setzen mußte, trotz hoher Verluste auch die Partisanen
Diese Schrift verändert das gesamte Tableau und faßt, in
ist im Herbst 1944
Ichform sprechend, Täter und Getötete im Bilde. Becher
der Kriegsausgang so gut wie entschieden. In einem
läßt das prophetische Menetekel vor Belsazar anklin-
61
gen, um das Bild gegen seinen Fotografen aussagen zu
spricht Johannes R. Becher nicht von Rache, sondern
lassen. Es gelingt ihm, die Fotos als die Festnahme der
von der Wahrheit, die das Unrecht an den Tag bringe,
Täter durch die Täter zu lesen. Die Trophäe wird zum
und zielt möglicherweise schon auf ein Gericht nach der
Beweis des Unrechts.
zum Weiterkämpfen
anzuspornen60,
zu dieser Zeit in Moskau gedruckten Gedichtband
Besiegung der Deutschen. Das Gedicht «Erinnerungs-
Im Krieg trugen deutsche Soldaten solche Fotogra-
bild» beweist einmal mehr, daß die hier beschriebenen
fien am Körper. Nach Kriegsende wurden die Bilder
Fotos damals bei der von ihm anvisierten Leserschaft
der Verbrechen weggelegt; verborgen sollten sie die
publik waren.
überlebenden Besitzer von damals weiter schützen.
Kathrin Hoffmann-Curtius
Trophäen in Brieftaschen
Endnoten
* Eine anders akzentuierte Fassung dieses Beitrags erschien in
Fotogeschichte 20, 2000, H. 78, S. 63-76. Die hier vorliegende Version wird ebenfalls in dem von Gisela Ecker, Claudia Breger und
Susanne Scholz herausgegebenen Band: Dinge der Aneignung Grenzen der Verfügung, Königstein/Taunus 2002 erscheinen.
2 Nicht berücksichtigt sind folgende, verwandte Aufnahmen: Allen
2000, Without Sanctuary, zeigen Fotopostkarten von in den
USA durch Lynchjustiz Erhängter, die von Zuschauern umringt
waren. Die tageszeitung vom 7. und 8. 7. 1997 berichtet, daß
deutsche Wehrpflichtige sogenannte Gewaltvideos (Vergewaltigung und Hinrichtung) drehten. Der Tagesspiegel vom 14. 9. 1999,
S. 5 spricht von nachgestellten Verbrennungen eines Menschen
im Ofen.
3 Vgl. Rossino 1999, Eastern Europe through German Eyes, S. 313
und 321; Levin / Uziel 1998, Ordinary Men, S. 265-293.
4 Heer / Naumann 1997, Vernichtungskrieg, S. 17.
5 München 1995, Knipser.
6 Vgl. Berlin 2000, Foto-Feldpost, S. 74-75.
7 Essen 1989, Überleben im Krieg, Abb. S. 165.
8 Hirsch 2001, Surviving Images, Abb. 10, S. 234-35, interpretiert
das Foto einer PK aus einer Serie von 38 als Lichtbild deutscher
Soldaten in Serbien von 1941, die, bevor oder nachdem sie eine
Gruppe von Juden und Serben umgebracht hatten, wahrscheinlich Fotos von (ihren) Vergeltungsaktionen anschauten.
9 Auf dem Film der PK im Bundesarchiv in Koblenz aus Russland
1941/42 folgt eine Aufnahme (s. Essen 1989, Überleben im Krieg,
Abb. S. 165 rechts oben), in welcher die Aufschrift auf dem Schild,
das der Erhängten links im Bild um den Hals hängt, lautet: «Takov
ko.. parti..» ,ergänzt könnte dies heißen: «Das ist das Ende der
Partisanen». Obwohl auch der NKVD eine solche Hinrichtung
vollzogen haben könnte, ist anzunehmen, dass die Deutschen
dies schreiben ließen und auch diese Menschen erhängten.
10 Holzer 2000, Die Kamera und der Henker, S. 52 weist auf die
«Fotokritik» von Karl Kraus selbst in Die letzten Tage der Menschheit, IV Akt, 29. Szene, hin. Auf Abb. 4 bei Holzer, einem weiteren
Foto derselben Hinrichtung, sind auch mindestens vier Knipser
zu entdecken.
11 Reifahrth / Schmidt-Linsenhoff 1983, Die Kamera der Henker.
12 Seine Filmaufnahmen und ein Interview wurden auch schon in
dem Film von Harriet Eder und Thomas Kuhfus gezeigt: Mein
Krieg. Berlin 1990.
13 Nach Essen 1989, Überleben im Krieg, Abb. S. 107. Archiwum
Gt. Komisj Badania Zbrodni Hitlerowskich w. Polsce, Warschau
sygn.3467. Mit folgendem Kommentar: «Smolensk. Transport
sowjetischer Kriegsgefangener während der Fahrt nach Deutschland. Unterwegs wurden die Toten ausgeladen, die während der
Fahrt an Hunger und Entkräftung gestorben waren. Das Bild
stammt aus der Brieftasche eines deutschen Soldaten [...] Privatfoto.»
14 Zitiert nach Goldhagen 1996, Hitlers willige Vollstrecker, S. 293,
der diese Fotos als «Reiseandenken» für dieses Bataillon
anspricht. Jahn, in: Berlin 2000, Foto-Feldpost, S. 74-75 vermutet,
daß die Fotos von Exekutionen «selten» für das Fotoalbum vorgesehen worden seien, «sie waren viel eher Brieftaschenfotos,
ähnlich der Pornografie, manches wurde auch später aus dem
Album gesäubert, weil die Besitzer nicht daran erinnert werden
wollten.»
15 Frankfurt 1998/99, Abgestempelt.
16 Abb. der Ausstellung «das Sowjetparadies», in: Berlin 1987, Inszenierung der Macht, S. 51-63; NS-Plakate gegen die Sowjetunion s.
Rhodes 1993, Propaganda, S. 232-233.
17 S. z.B. in der Wehrmachtsausgabe Wien 1942, Kunst dem Volk
das Umschlagbild von Werner Schreiber: Gegen Engeland, und
S. 5 Wilhelm Sauter: Übergang am Oberrhein, 1940.
18 Wien 1942, Kunst dem Volk, S. 22,26,27,41,43.
19 Schmidt 1999, Maler an der Front berührt dieses Thema nicht.
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20 Vgl. die Tagung «Reinheit und Gewalt. – Konfliktschlichter»
des Institutes für Ethnologie der Freien Universität Berlin
15.-16.10.1999.
21 Zum Schnappschuß vgl. Metz 2000, Foto, Fetisch, S. 349: «Wie
der Tod ist der Schnappschuß ein Raub.»
22 Übersetzung nach Elmar Bauer, in: Ludwigshafen 1983, Schrecknisse des Krieges, S. 17.
23 Ries 1981, Jacques Callot, S. 551.
24 Hofmann 1995, Das Entzweite Jahrhundert.
25 Beckermann 1998, Jenseits des Krieges.
26 München 1995, Knipser.
27 Hüppauf 1997, Der entleerte Blick, S. 504-527, hier S. 513: «Diese
Fotos sind aus einer Perspektive der Entsubjektivierung aufgenommen. Sie setzen ein Auge voraus, das keine Beziehung zum
leiblichen Ich des Fotografen hat und nach dem Blick aus einem
zeit- und raumlosen Nirgendwo sucht.»
28 Meyer 1999, Der Blick des Besatzers und die Rezension von
Yegane Arani 1999.
29 Zu Fotos toter deutscher Soldaten aus sowjetischer Perspektive
vgl. Berlin 1998, Kriegsfotografie:, Abb. 40, 43, 44, 45. Ein Foto
der PK eines toten deutschen Soldaten, s. Essen 1989, Überleben
im Krieg, S. 151: Rozanka, 28.6.1941.
30 Frei 1996, Vergangenheitspolitik.
31 Hoffmann-Curtius 1996, Feminisierung des Faschismus.
32 Reifahrth / Schmidt-Linsenhoff 1983, Die Kamera der Henker.
33 Barthes 1989, Die helle Kammer.
34 Macho 2000, Bilder und Tod, S. 10. Vgl. Starl / Holzer 2000,
Editorial.
35 Schade 1993, Der Schnappschuß.
36 Barthes 1989, Die helle Kammer, S. 90.
37 Barthes 1989, Die helle Kammer, S. 103.
38 Sofsky 1999, Paradies der Grausamkeit.
39 Canetti 1983, Masse und Macht.S. 259.
40 Canetti 1983, Masse und Macht, S. 261-262.
41 Canetti 1983, Masse und Macht, S. 262.
42 Sofsky 1996, Traktat über die Gewalt, S. 60.
43 Vgl. den Spruch «Was Du für Volk und Heimat tust, ist immer
Recht getan» als Wandschmuck in der Dienststube eines Mitgliedes der Einsatzgruppe V in Polen, zitiert in Reifahrth / SchmidtLinsenhof 1983, Die Kamera der Henker, S. 62; Messerschmidt
1999, Das neue Gesicht des Militarismus, S. 93: «Der Führerbefehl
enthob sie jeder strafrechtlichen Verfolgung.»
44 Vgl. Ries 1981: Jacques Callot; sowie Holzer 2000, Die Kamera
und der Henker.
45 Metz 2000, Foto, Fetisch, S. 347.
46 Vgl. Krauss 1998, Das Photographische, S. 79.
47 Habermas 1999, Geliebte Objekte, S. 337-339.
48 So ein Kriegsveteran im Interview mit Ruth Beckermann 1998:
Jenseits des Krieges, S. 101.
49 Fenichel 1939, Trophäe und Triumph, S.177: «Zu der Vermutung,
daß die ‹Trophäen› irgendwie personifizierte ‹Über-Iche› sind,
stimmt es, dass sie allesamt eines mit dem Über-Ich gemeinsam
haben: sie schützen und bedrohen ihren Besitzer gleichzeitig.»
50 Metz 2000, Foto, Fetisch, S. 352.
51 Der ‹normale› Inhalt der Brieftaschen ist noch zu erforschen.
Üblicherweise wurden die Fotos den persönlichen Dingen entnommen und gesondert archiviert.
52 Berlin 1991, Stalingrad- Briefe, S. 43; Ebert 1992, Stalingrad,
S. 58, 68-69.
53 Hoffmann 1991, Angst und Methode.
54 Gombrich 1970, Aby Warburg, S. 71.
55 Warburg 1988, Schlangenritual, S. 55.
56 Mein Dank gilt Boris Raev, der auch alle weiteren Texte aus dem
Russischen übersetzte.
Kathrin Hoffmann-Curtius
Trophäen in Brieftaschen
57 Übersetzung der Bildunterschriften : «Wir veröffentlichen Fotos,
auf denen der faschistische Schurke mit sadistischer Kaltblütigkeit die Etappen der Hinrichtung von fünf sowjetischen Bürgern
festgehalten hat. Gefunden wurden die Fotos bei einem deutschen Offizier, der in der Nähe von Jaropolc (nordwestlich von
Volokolamsk) ums Leben gekommen ist. Nach den Aussagen des
Gefangenen deutschen G. [oder H? K.H-C] Escher sind die Fotos
in der Nähe der Stadt Veliz (Smolensker Gebiet) gemacht worden,
wo Escher die ungeheuerliche Abrechnung und den Galgen mit
den fünf Erhängten gesehen hat.»
58 Hamburg 1996, Vernichtungskrieg, S. 188, Abb. 17-23; S. 194,
Abb. 67, hier in anderer Reihenfolge und auseinandergerissen.
59 Rhodes 1993, Propaganda, S. 168. Das Kalte Auge nimmt
Hüppauf auch für die Knipser im Krieg in Anspruch und Ruth
Beckermann fordert sie für sich beim Aufnehmen des Dokumentarfilms ein. Vgl. Beckermann 1998, Jenseits des Krieges, S. 94.
60 Die Sowjets waren auf den Partisanenkampf lange nicht so gut
vorbereitet wie die Deutschen. Erst 1942 wurde ein zentraler Stab
dafür von der Partei, dem Volkskommissariat des Innern und der
Roten Armee eingerichtet, s. Richter 1999, Die Wehrmacht und
der Partisanenkrieg, S. 838.
61 Becher 1967, Gedichte, S. 283. Das genaue Entstehungsdatum
des Gedichtes ist dort nicht verzeichnet, jedoch ist auf S. 789
vermerkt, daß die ursprüngliche Publikation in einem Gedichtband
erfolgte, der in Moskau am 1. September 1944 in Druck gegeben
wurde.
62 nach Daniel V., s. Oesterle 1998, Flammenschrift.
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Kathrin Hoffmann-Curtius
Trophäen in Brieftaschen
Zusammenfassung
k
3/2002 - 14
Autorin
In bewusster Abgrenzung zur Debatte um ‹die Wahrheit›
Die Autorin ist freiberufliche Kunsthistorikerin in
der Fotografien von den Verbrechen der Wehrmacht,
Tübingen und Berlin.
der SS, des SD und der Polizeibataillone aus dem Zweiten Weltkrieg – wer wo wen oder was fotografierte – geht
der Artikel der Frage nach, welche Bedeutung die Fotos
für die Soldaten haben könnten. Diese Dokumente des
Mordens, die von deutschen Soldaten trotz offiziellen
Verbots geknipst, gesammelt und getauscht wurden,
fanden sich in den Brieftaschen gefangener oder toter
Soldaten – sie trugen sie als eine von wenigen Habseligkeiten am Körper. Welche Bedeutung maßen die
Soldaten den Dokumenten bei, die sie bei ihrem
‹vaterländischen Opferdienst› knipsten und von Kameraden erwarben?
Die Knipserfotos können mit dem für die Bilderwissenschaft grundlegenden Thema der Verbildlichung als
Prozess der Angstabwehr zusammengebracht werden.
Diese offiziell verbotenen Fotos auf der Brust des deutschen Soldaten lassen sein Begehren erkennen, sich in
der spezifisch lichtbildmäßigen Erfassung des getöteten
Feindes immer wieder von Neuem gegen die Todesangst des eigenen Überlebens versichern zu können.
Die Bedeutung, die die fotografischen Aufnahmen der
gequälten und vernichteten Feinde für den NS-Soldaten
hatten, – «die Fotografie als Rückhalt von Stärke und
Angst» – lassen folglich auch auf ihre Funktion als Amulett, als apotropäisches Zeichen gegen den eigenen Tod
schließen.
Titel
Kathrin Hoffmann-Curtius, «Trophäen in Brieftaschen – Fotos von Wehrmachts-, SS- und Polizeiverbrechen». in: kunsttexte.de, Nr. 3/2002 (14 Seiten) www.kunsttexte.de
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