Leberbefunde ernst nehmen

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Landwirtschaftliches Wochenblatt
SCHWEINEHALTUNG
Leberbefunde
ernst nehmen
Welche Schäden sich aus einem
Spulwurmproblem ergeben können, erläutert
Ursula Baumgärtner vom Rheinischen
Erzeugerring für Mastschweine in Moers.
W
enn die Abrechnung der zuletzt gelieferten Schlachtschweine auf den Hof
kommt, schauen die meisten Mäster zuerst auf den Erlös und anschließend auf die Klassifizierungsergebnisse. Das ist auch in Ordnung;
danach sollte aber ein kritischer Blick auf die
Schlachtbefunde folgen. Denn auch die Organbefunde werden auf den Wiegeprotokollen aufgelistet und ermöglichen so rückwirkend eine
Analyse der Tiergesundheit. Leider wird diese
Managementhilfe aber noch zu selten konsequent zur Verbesserung der Erzeugung der kommenden Schlachtpartien genutzt.
Leberbefunde durch Spulwurmschäden
Wie groß das Problem in der Praxis ist, zeigen
folgende Zahlen: Knapp über 20 % der im vergangenen Jahr gelieferten Tiere eines mittelständischen Schlachthofs in NRW wiesen Organbefunde auf, von denen wiederum mehr als ein
Drittel Beanstandungen der Leber und Leberverwürfe waren. Dabei sind nicht nur die direkten
Schäden entscheidend, die der Mäster bei einem
Leberbefund auf dem Wiegeprotokoll ablesen
kann und für den er zumeist mit einem Erlösabzug von 1 € bis 1,50 € pro verworfener Leber belangt wird. Oftmals schlimmer sind die verringerten biologischen Leistungen der erkrankten
Schweine und die daraus resultierenden wirtschaftlichen Schäden. Daher stellt sich dem
Landwirt zuerst die Frage, wieso die Organe beanstandet wurden. Hierbei ist der Spulwurm die
häufigste Ursache von Leberschäden.
Der gelblich-weiße und bis zu 30 cm lange Parasit ist auf fast jedem Betrieb anzutreffen und
erweist sich als begabter Überlebenskünstler. So
können Wurmeier in der Stallumwelt bis zu fünf
Jahre überleben. Sie sind äußerst unempfindlich
gegenüber Kälte und Feuchtigkeit, teils auch
schon gegen Wirkstoffe in Desinfektionsmitteln.
Um effektiv gegen den Spulwurm vorgehen zu
können, muss der Landwirt daher den Lebenszyklus kennen. Nur so kann eine gezielte Bekämpfung zu einem Erfolg führen.
Mehrere Entwicklungsstadien
Der weibliche, geschlechtsreife Spulwurm befindet sich im Darmtrakt des Mastschweines
Ideen aus der Praxis!
MEIER-BRAKENBERG
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und
produziert
dort
zwischen
200 000
und Wenn die Schweine nicht mit Spulwürmern zu kämpfen haben, wachsen sie
900 000 Eier pro schneller und gleichmäßiger. Foto: B. Lütke Hockenbeck
Tag. Diese gelangen über den Kot
in die Umwelt. Je nach Temperatur werden au- nemast. Es kommt zu steigenden Kosten für die
ßerhalb des Wirtes innerhalb von 30 bis 40 Ta- Tiergesundheit, einer erhöhten Verlustrate, längen drei Larvenstadien durchlaufen und die geren Mastperioden durch verringerte TagesSpulwurmlarve wird schließlich wieder über zunahmen, höheren Futterkosten durch die
den Mund von den Tieren aufgenommen.
schlechtere Futterverwertung sowie zu ErlösabIm Dünndarm schlüpfen die Larven und bohren zügen des Schlachthofs wegen Leberverwürfen.
sich in die Blutgefäße. Darüber gelangt der Para- Die wichtigsten Punkte sind jedoch die geringesit in die Leber. Durch Herumwandern im Gewe- ren Tageszunahmen und die damit einhergehenbe werden Blutungen und entzündliche Reakti- de längere Mastdauer. Denn das reduziert die
onen hervorgerufen, die bekannten Milkspots Umtriebe je Mastplatz und Jahr und schmälert
(weißliche Verknotungen im Lebergewebe).
somit die Direktkostenfreie Leistung des MastZum Ende des Zyklus wandern die Larven über platzes. Auch die erhöhten Futterkosten schladie Blutwege weiter in die Lunge und bohren gen negativ zu Buche.
sich dort ebenfalls in das Gewebe ein. Anschlie- Ein Praxisbeispiel verdeutlicht das Problem:
ßend gelangen die Larven passiv über die Luft- Dazu wurden drei Betriebe des Rheinischen Erund Speiseröhre in den Dünndarm. Nach der zeugerringes für Mastschweine mit unterschiedletzten Häutung ist der Spulwurm dann ge- lichen Leberproblematiken verglichen. Dabei
schlechtsreif. Der Generationenzyklus kann ins- wurden sowohl die biologischen als auch die
gesamt sechs bis acht Wochen dauern.
wirtschaftlichen Parameter betrachtet (siehe
Die Diagnose erfolgt durch den Nachweis des Übersicht). Der „Problembetrieb“ hatte 2011
Wurms oder der Eier im Kot oder indirekt über 33 % Leberbefunde bei den gelieferten Mastdie Leberbefunde auf dem Wiegeprotokoll der schweinen, der „Durchschnittsbetrieb“ 7,5 %
Schlachttiere.
und der „Könner“ nur 3,4 %. Im Mittel aller Betriebe wurden im vergangenen Jahr durchschnittlich 11,5 % der Lebern vom Schlachthof
Die Leistungen leiden
beanstandet oder verworfen – ohne saisonale
Ein Befall mit Spulwürmern hat unmittelbare Besonderheiten.
Folgen auf das biologische Leistungspotenzial
der Tiere. Betroffene Tiere sind vermehrt anfäl- 8 € Unterschied je Schwein
lig für Lungenentzündungen, haben Fieber, Husten, zeigen Fressunlust sowie Kümmern und lei- Beim direkten Vergleich sieht man, dass im Proden unter Kurzatmigkeit. Schließlich werden blembetrieb mit 3,42 % die Verlustrate um
die zentralen Organe Leber und Lunge in Mit- 1,85 Prozentpunkte höher liegt als im Betrieb
leidenschaft gezogen. Als Folge dieser Schädi- des Könners. Ähnlich groß ist der Unterschied
gungen erreichen die Mastschweine deutlich bei den Tageszunahmen: Hier liegen die Zunahniedrigere Tageszunamen sowie eine schlechte- men des Problembetriebes mit 719 g um 67 g
re Futterverwertung und damit verbunden einen unter denen des Könnerbetriebes. Und im Merkerhöhten Futterverbrauch. Das Krankheitsrisiko mal Futterverwertung trennen die beiden Betrieist erhöht und als Folge der Aktivitäten der Pa- be fast schon Welten (2,92 kg Futterverbrauch je
rasiten im Schwein werden vom Schlachthof Le- kg Zuwachs im Spulwurm-Problembetrieb gebern beanstandet oder gar verworfen (wenn die genüber 2,76 kg beim Könner). Im Ergebnis stehen die Mastschweine im Problembetrieb im
Zahl der Milkspots zu groß wird).
Unbefriedigende biologische Leistungen schwä- Schnitt elf Tage länger im Stall.
chen zudem die Wirtschaftlichkeit der Schwei- In wirtschaftlichen Zahlen ausgedrückt bedeu-
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SCHWEINEHALTUNG
Landwirtschaftliches Wochenblatt
Was Spulwürmer anrichten können
ist ein Muss. Auch
muss das EntwurLeistungsdaten in Betrieben mit unterschiedlich hohem Spulwurmbefall bzw. mungsprogramm zum
Leberbefunden am Schlachthof
Betrieb passen. Hier ist
das Ziel klar: Abtöten
ProblemDurchschnittsKönner
des Wurmes, bevor er
betrieb
betrieb
Eier produzieren kann
Leberbefunde
%
33
7,5
3,4
und gleichzeitiges ZerTierverluste in der Mast
%
3,42
1,63
1,59
stören der Eier in der
Umwelt, um den GeneTageszunahmen
g
719
780
786
rationswechsel zu unFutterverbrauch
kg
2,92
2,82
2,76
terbrechen. Daher ist es
je kg Zuwachs
wichtig zu wissen, wie
Mastdauer
Tage
127
119
116
der Zyklus des Parasiten aussieht und wann
ten diese Leistungsnachteile für den Problem- wie eingegriffen werden kann.
betrieb einen Schaden von 8,21 € je verkauftem Bei der Entwurmung stellt sich für jeden Betrieb
Mastschwein. Davon entfallen 1,56 € auf die hö- individuell die Frage: Welches Produkt wird
heren Verluste, 1,90 € auf die geringeren Tages- eingesetzt, wird der gesamte Bestand behandelt
zunahmen, 2,88 € auf die schlechtere Futterver- oder werden Einzeltiere entwurmt und wie wird
wertung und 1,87 € auf die längere Mastdauer. das Produkt verabreicht? Dies ist mit dem HofDie Kosten jedoch für den Tierarzt oder die auf- tierarzt abzuklären.
grund des Wurmbefalls gegebenenfalls schlech- Das einfachste und auch kostengünstigste Werkteren Schlachtkörperwerte, wie auch die Kosten zeug ist aber die Analyse des Wiegeprotokolls.
von Leberverwürfen sind hierbei noch nicht mit Fällt eine vermehrte Beanstandung oder Verwereingerechnet worden.
fung von Lebern auf? Dann muss gegebenenfalls
Was aber muss der Mäster beachten, damit er das Entwurmungsverfahren verändert und neu
durch einen Spulwurmbefall nicht unnötig Geld konzipiert werden. Aber Vorsicht: Der Erfolg eiverliert? Als Erstes muss der Betrieb sein indi- ner Entwurmung bzw. einer Änderung des Entviduelles Spulwurm-Risiko bewerten. Dabei wurmungsprogrammes ist nicht direkt auf den
sollte jeder Landwirt kritisch durch den Betrieb Wiegeprotokollen abzulesen, denn die nächsten
gehen. Wird die Mast im kontinuierlichen Sys- Schweinelieferungen sind ja noch „wurmgetem belegt, der Stall eingestreut oder schon seit schädigt“. Erst eine zeitversetzte Kontrolle erJahren das gleiche Desinfektionsmittel genutzt, möglicht eine Beurteilung der Entwurmung.
erleichtert man den Spulwurmlarven und Spulwürmern das Überleben. Denn eine 100%ige Was bleibt festzuhalten?
Entmistung ist so nicht möglich. Auch muss die
Reinigungsqualität kritisch beurteilt werden. Erhöhte Leberbefunde gehen einher mit verrinEin konsequentes Hygienemanagement mit ef- gerten biologischen und wirtschaftlichen Leisfektiver Reinigung und Desinfektion der Ställe tungen in der Schweinemast. Die Prüfung des
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Eine derart geschädigte Leber wird am Schlachthof verworfen. Foto: Dr. Greshake
Wiegeprotokolls ermöglicht dem Landwirt eine
effiziente und einfache Analyse des Gesundheitsstatus seiner Mastschweine in puncto Spulwurmbefall. Die Kontrolle des Managements ermöglicht zeitversetzt die Prüfung des Entwurmungsprogramms und Hygienemanagements.
Das Wiegeprotokoll ist somit eine einfache Möglichkeit, um eventuelle biologische und wirtschaftliche Schäden, verursacht durch Wurm■
infektionen, in den Griff zu bekommen.
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