Bundeskunsthalle - Deutsches Ärzteblatt

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F E U I L L E T O N
Bundeskunsthalle
Circa 350 kostbare Exponate gewähren einen Einblick in Kunst und Kultur
eines außergewöhnlichen Volkes.
Fotos:
Bunde
skunst
halle
D
ie Ursprünge der Azteken
liegen im Mythischen: Eine
Gruppe von Nomaden erblickte auf ihrer Suche nach
einem Heimatland auf einer
Insel im Tezcocosee (im Hochland Mexikos) einen Adler, der,
auf einem Feigenkaktus sitzend,
eine Schlange verspeiste. Dies
war für sie „das Zeichen“, ihr
Ziel endlich erreicht zu
haben. Denn genauso hatte
es ihnen ihr Schutzgott
Huitzilopochtli,der „Kolibri des Südens“, vorausgesagt.
Nach einer Legende kamen sie aus dem
Norden von der Insel
Aztlan, daher ihr Name
Azteken. In ihrer Sprache
(Nahuatl) nannten sie sich
auch Mexica. 1325 wurden
sie auf der Insel sesshaft.
Im Verlauf von 200 Jahren
schufen die Azteken eine
der beeindruckendsten Zivilisationen. Sie eroberten
fast ganz Zentralmexiko.
Ihre Hauptstadt Tenochtitlan (heute Mexiko-City)
bauten sie mit großartigen
Pyramidentempeln, Palästen, Aquädukten, Brücken und
großen Plätzen aus. Die Gesellschaft war streng hierarchisch
gegliedert. An ihrer Spitze standen Herrscher und Priester. Die
Azteken verehrten eine Vielzahl
von Göttern, auch die der von ihnen unterworfenen Völker. Ihre
Religion prägte das öffentliche
und private Leben. Sie kannten
Kalender, Schrift und Papierherstellung und pflegten ein hoch
stehendes Kunsthandwerk.
1521 endete die Blütezeit der
Azteken: Spanische Eroberer
setzten ihr ein abruptes Ende.
Die damals bereits 250 000 Einwohner zählende prachtvolle
Metropole machte auf die Spanier einen überwältigenden Eindruck. Ihr Eroberer, Hernando
Cortés, berichtete seinem Herrn,
Kaiser Karl V., von deren Glanz
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 Heft 12
 Dezember 2003
Deutsches Ärzteblatt
und Reichtum. Aus Habgier und
mit missionarischem Eifer vernichteten die spanischen Conquistadores eine der bedeutendsten Kulturen.
Die bislang größte Ausstellung über die Kultur der Azteken
ist nach London und Berlin jetzt
in der Bonner Bundeskunsthalle
zu sehen. Circa 350 kostbare
Exponate, von denen einige erstmals weltweit gezeigt werden, gewähren
einen Einblick in die geheimnisvolle Welt dieses
außergewöhnlichen Volkes, seine
Weltanschauung, Riten und Gebräuche.
Zahlreiche Figuren,
Masken, Reliefs und
Gefäße mesoamerikanischer Vorläuferkulturen lassen erken-
Der Gott Xipe Totec,
aztekisch, um 1500
gebrannter Ton, bemalt,
97 x 43 x 20 cm, Museo
Regional de Puebla,
CONACULTA – INAH
nen, dass die Azteken deren
Kunst schätzten und davon
beeinflusst waren. Ein Vergleich
zeigt aber auch, dass sie einen
eigenen, unverwechselbaren Stil
entwickelten. Beeindruckend
sind meisterhaft bearbeitete,
zum Teil monumentale Skulpturen von Göttern, Menschen
und Tieren. Verzierte Masken,
farbig bemalte Gefäße und Schalen, Türkismosaike, Schnitzereien aus Muschelschalen und
Knochen bezeugen die kunsthandwerklichen
Fertigkeiten.
Die herrschende Kaste trug feinsten Goldschmuck in Form von
Ringen, Anhängern, Pektoralen,
Ohrgehängen und Lippenpflöcken als Statussymbol. Sie
liebten zwar das Gold, „Exkrement der Götter“. Doch Federn
für bunte Fächer, Schilde und
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Kopfschmuck waren für sie weitaus kostbarer. Steinerne Altäre,
kunstvoll verzierte Messer, Behälter und Schalen zur Aufnahme von abgezogenen menschlichen Häuten, Herzen und Blut,
den Göttern zum Dank geopfert,
erinnern dagegen an die „barbarischen“ Seiten dieses Volkes.
Der Kult um den Frühlingsgott
Xipe Totec („der sich häutet,
unser Herr“), dem man mehrmals in der Ausstellung begegnet, wirkt unbegreiflich und
abschreckend: Die abgezogene
Haut Geopferter stülpte man
meist Priestern als Stellvertretern dieses Gottes über. Erst
nach Tagen legten sie diese, einer
sich häutenden Schlange gleich,
wieder ab. Dieser Ritus galt nicht
der Verherrlichung des Todes,
sondern symbolisierte vielmehr
die Untrennbarkeit von Leben
und Tod, war ein Zeichen der
Wiedergeburt und Erneuerung.
Eine Computeranimation der
Technischen Universität Darmstadt zeigt die virtuelle Rekonstruktion des alten Tenochtitlan,
seinen Zeremonialbereich und
den Templo Mayor, Mittelpunkt
des Aztekenreiches. Von der
Bundeskunsthalle in Auftrag gegeben, soll sie nach Ausstellungsende dem Museo del Templo
Mayor übergeben werden.
Farbige Bilderhandschriften,
so genannte Codices, Piktogramme, enthalten eine Vielzahl wichtiger Informationen
über Kultur, Religion und
Geschichte der Azteken. Ihre
Fortsetzungen sind, nach der
Conquista, auch von christlichen Inhalten geprägt. In den
Codices findet sich das Bild aus
der Gründungsgeschichte des
Aztekenreiches – der Adler auf
einem Feigenkaktus – wieder.
Dies ist heute noch auf der
mexikanischen Flagge zu sehen.
Dr. med. Stephanie Krannich
Die Ausstellung „Azteken“ ist bis
zum 11. Januar 2004 in der Kunstund Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Museumsmeile
Bonn, Friedrich-Ebert-Allee 4, 53113
Bonn zu sehen. Öffnungszeiten:
dienstags und mittwochs 10 bis 21
Uhr, donnerstags bis sonntags 10 bis
19 Uhr, montags geschlossen.Weitere
Informationen: Telefon: 02 28/91 712 00, www.bundeskunsthalle.de
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