Aus der Klinik für Thorax- und Kardiovaskularchirurgie im Herz- und Diabeteszentrum NRW, Bad Oeynhausen - Universitätsklinik der Ruhr-Universität Bochum Direktor: Prof. Dr. med. Jan Gummert Vergleich der Effizienz und Sicherheit des mTOR-Inhibitoren Everolimus in höherer und niedriger Dosierung bei herztransplantierten Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz Inaugural-Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin einer Hohen Medizinischen Fakultät der Ruhr-Universität Bochum vorgelegt von Mirko Wasgien aus Hildesheim 2013 Dekan: Prof. Dr. med. K. Überla Referent: Prof. Dr. med. J. Gummert Korreferent: Prof. Dr. med. B. M. J. Sanner Tag der Mündlichen Prüfung: 13.05.2014 Abstract Wasgien Mirko Vergleich der Effizienz und Sicherheit des mTOR-Inhibitoren Everolimus in höherer und niedriger Dosierung bei herztransplantierten Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz Problem: Bei Patienten nach Herztransplantation (HTX) beträgt die empfohlene Erhaltungsdosierung des Immunsuppressivums Everolimus (EVL) 0,75 mg oder 1,5 mg und der Zielbereich der Talspiegel liegt bei 3-8 µg/l. Es ist derzeit nicht bekannt, ob die Patienten von einer niedrigeren Dosis im Hinblick auf Effizienz und Sicherheit profitieren. Methode: Unser Team der HTX-Station des Herzzentrums NRW in Bad Oeynhausen führte eine retrospektive Datenanalyse mit zwei Gruppen durch. In der ersten Gruppe erhielten 56 Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz die reguläre Dosis von 0,75 mg mit dem Zielspiegel von 5-8 µg/l (RD-Gruppe). In der zweiten Gruppe bekamen 51 Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz die niedrigere Dosis von 0,5 mg mit dem Zielspiegel von 3-5 µg/l (LD-Gruppe). Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt mit den Kriterien Tod, Transplantatverlust, vorzeitiges EVL-Absetzen wegen Komplikationen und Abstoßungsreaktionen bis zu 1 Jahr nach Konversion auf EVL. Sekundäre Endpunkte waren die Sicherheitsparameter der Laboruntersuchungen. Ergebnis: Der primäre Endpunkt wurde in der LD-Gruppe von 31,4% erreicht, in der RD-Gruppe von 41,1% (p = 0,361). Insgesamt traten unerwünschte Ereignisse tendenziell häufiger in der RD-Gruppe (62,5%) als in der LD-Gruppe (43,1%) auf, auch wenn die Signifikanz verfehlt wurde (p = 0,054). Die Anzahl der Abstoßungsreaktionen und die biochemischen Sicherheitsparameter waren in beiden Gruppen vergleichbar. Diskussion: Unsere Ergebnisse weisen darauf hin, dass eine niedrige Dosis mit dem Zielspiegel von 3-5 µg/l effizient und sicher ist. Da jedoch das Risiko einer Abstoßung unterhalb des Talspiegels 3 µg/l anzusteigen scheint, empfehlen wir einen Erhaltungsbereich von 4-6,5 µg/l. Da EVL im Vergleich zu den Calcineurin-Inhibitoren weniger nephrotoxisch wirkt und das Fortschreiten einer Graftvaskulopathie vermindern kann, ist ein vermehrter Einsatz zu empfehlen. Meinen lieben Eltern und der einzigartigen Kommune 68. Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung .................................................................................................................. 7 1.1 Einführung in die Thematik ................................................................................ 7 1.2 Die Herzinsuffizienz ............................................................................................ 8 1.2.1 Pathophysiologie der chronischen Herzinsuffizienz ................................... 9 1.2.2 Grunderkrankungen.................................................................................. 11 1.2.3 Diagnostik der Herzinsuffizienz ................................................................ 14 1.2.4 Medikamentöse Therapie ......................................................................... 15 1.3 Die Herztransplantation (HTX) ......................................................................... 16 1.3.1 Indikationen zur HTX................................................................................. 17 1.3.2 Kontraindikationen zur HTX ...................................................................... 19 1.3.3 Technik der HTX ........................................................................................ 20 1.3.4 Erfolge und Probleme der HTX ................................................................. 25 1.4 Das Immunsystem ............................................................................................ 27 1.4.1 Abwehrmechanismen ............................................................................... 27 1.4.2 Der T-Zell-Rezeptor (TCR) ......................................................................... 31 1.4.3 Die Signaltransduktion .............................................................................. 32 1.4.4 Abstoßungsreaktionen.............................................................................. 34 1.4.5 Stand der Immunsuppression ................................................................... 36 1.4.6 Infektionen unter Immunsuppression ...................................................... 37 1.5 Niereninsuffizienz............................................................................................. 39 1.5.1 Klassifikation der Niereninsuffizienz ......................................................... 40 2 Zielsetzung .............................................................................................................. 42 3 Material und Methoden ......................................................................................... 43 3.1 Studienaufbau .................................................................................................. 43 3.2 Datenbewertung .............................................................................................. 44 3.3 Statistik ............................................................................................................. 45 3.4 Präoperative Diagnostik ................................................................................... 45 3.5 Immunsuppressive Therapie ............................................................................ 46 3.5.1 Cyclosporin A (CSA) ................................................................................... 47 1 3.5.2 Tacrolimus (TAC) ....................................................................................... 48 3.5.3 Azathioprin (AZA) ...................................................................................... 48 3.5.4 Sirolimus (SRL) .......................................................................................... 49 3.5.5 Everolimus (EVL) ....................................................................................... 50 3.5.6 Mycophenolat Mofetil (MMF) .................................................................. 54 3.5.7 Glukokortikoide ........................................................................................ 55 3.5.8 Antithymozytenglobulin (ATG) ................................................................. 56 3.5.9 Muromonab (OKT3) .................................................................................. 56 3.5.10 IL-2-Rezeptorantagonisten ....................................................................... 57 3.5.11 Rituximab .................................................................................................. 58 3.6 Perioperatives Medikamente-Protokoll........................................................... 58 3.7 Abstoßungsreaktionen ..................................................................................... 59 3.7.1 Diagnostik von Abstoßungsreaktionen ..................................................... 59 3.7.2 Die Endomyokardbiopsie (EMB) ............................................................... 61 3.7.3 Therapie einer Abstoßungsreaktion ......................................................... 62 3.8 Weitere medikamentöse Therapie .................................................................. 62 3.9 CMV-Infektion .................................................................................................. 63 3.10 Laboruntersuchungen .................................................................................. 64 3.10.1 Immunsuppressiva .................................................................................... 64 3.10.2 Retentionsparameter................................................................................ 65 3.10.3 Fettwerte .................................................................................................. 66 3.10.4 Blutbild ...................................................................................................... 68 4 Ergebnisse ............................................................................................................... 69 4.1 Patienten .......................................................................................................... 69 4.1.1 Persönliche Merkmale .............................................................................. 69 4.1.2 Primärer Grund für die HTX ...................................................................... 69 4.1.3 Vergangene Zeit nach der Herztransplantation ....................................... 70 4.1.4 Diabetes mellitus ...................................................................................... 71 4.1.5 Glomeruläre Filtrationsrate ...................................................................... 71 4.1.6 Art der Immunsuppression vor Konversion .............................................. 71 4.1.7 Art der Immunsuppression nach Konversion ........................................... 72 4.1.8 Andere Medikamente ............................................................................... 73 2 4.2 4.2.1 Cyclosporin A ............................................................................................ 74 4.2.2 Tacrolimus ................................................................................................. 75 4.2.3 Everolimus ................................................................................................ 76 4.3 Klinische Ergebnisse ......................................................................................... 77 4.3.1 Primärer Endpunkt und Mortalität ........................................................... 77 4.3.2 Abstoßungsreaktionen.............................................................................. 78 4.3.3 Gründe für das Absetzen von EVL............................................................. 78 4.3.4 Komplikationen bei allen Patienten ......................................................... 80 4.3.5 CMV-Infektion ........................................................................................... 81 4.3.6 Nachbetrachtung nach 3 Jahren ............................................................... 81 4.4 5 Spiegel der Immunsuppressiva ........................................................................ 74 Laboruntersuchungen ...................................................................................... 82 4.4.1 Retentionsparameter................................................................................ 82 4.4.2 Fettwerte .................................................................................................. 83 4.4.3 Blutbilder .................................................................................................. 84 Diskussion ............................................................................................................... 86 5.1 Studienaufbau .................................................................................................. 86 5.2 Ergebnisse ........................................................................................................ 87 5.2.1 Erreichen des Endpunkts .......................................................................... 87 5.2.2 Absetzungen und Komplikationen ............................................................ 87 5.2.3 Abstoßungsreaktionen.............................................................................. 88 5.2.4 Immunsuppression ................................................................................... 88 5.2.5 Nierenfunktion .......................................................................................... 89 5.2.6 Fettwerte .................................................................................................. 90 5.2.7 Blutbilder .................................................................................................. 90 5.2.8 Andere Medikamente ............................................................................... 91 5.3 Limitationen ..................................................................................................... 91 5.4 Ausblick ............................................................................................................ 92 6 Zusammenfassung .................................................................................................. 94 7 Literaturverzeichnis ................................................................................................ 95 8 Anhang .................................................................................................................. 104 3 Verzeichnis der Abkürzungen - 4E-BP1: Eukaryotic initiation factor 4E (eIF-4E) binding protein-1 Ab: Antibody (=Antikörper) ACE: Angiotensin converting enzyme ACT: Activated clotting time ADH: Antidiuretisches Hormon (= Vasopressin) ADPKD: Autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung AK: Antikörper ANP: Atrial natriuretic peptide APC: Antigenpräsentierende Zellen ASS: Acetylsalicylsäure AT1-Antagonisten: Angiotensin-IIRezeptor-Subtyp-1-Antagonisten ATG: Antithymozytenglobulin ATP: Adenosintriphosphat AZA: Azathioprin BNP: Brain natriuretic peptid BPAR: Biopsy-proven acute rejection CAD: Coronary artery disease (= KHK) CAV: Cardiac allograft vasculopathy (= GVP) CD: Cluster of differentiation CI: Cardiac index (Herzindex) CMV: Cytomegalievirus CNI: Calcineurin-Inhibitor CSA: Cyclosporin A CTL: Zytotoxische T-Lymphozyten CUA: Kalzifizierende urämische Arteriolopathie CVVH: Kontinuierliche venovenöse Hämofiltration DC: Dendritische Zellen DCM: Dilatative Kardiomyopathie DES: Drug eluting stents DNA: Desoxyribonukleinsäure - 4 DSO: Deutsche Stiftung Organtransplantation EBV: Epstein-Barr-Virus ECMO: Extrakorporale Membranoxygenierung EDTA: Ethylendiamintetraessigsäure EF: Ejektionsfraktion EKG: Elektrokardiogramm EMB: Endomyokardbiopsie EVL: Everolimus Fab: Antigen-bindendes Fragment FKBP: FK506 binding protein GvHD: Graft-versus-Host-Disease GVP: Graftvaskulopathie (= CAV) HCM: Hypertrophe Kardiomyopathie HDL: High density lipoprotein HHV: Humane Herpes-Viren HLA: Human leukocyte antigen HLM: Herz-Lungen-Maschine HMG-CoA-Reduktase: 3-Hydroxy-3Methylglutaryl-Coenzym-A-Reduktase HPLC: HochdruckflüssigkeitsChromatographie HSV: Herpes-simplex-Viren HTX: Herztransplantation HZV: Herz-Zeit-Volumen IABP: Intraaortale Ballonpumpe ICAM: Intercellular adhesion molecule ICD: Implantierter KardioverterDefibrillator ICM: Ischämische Kardiomyopathie IF: Interferon Ig: Immunglobulin IL: Interleukin IMPDH: Inosinmonophosphatdehydrogenase ISHLT: International Society for Heart and Lung Transplantation - ITAM: Immunoreceptor tyrosinebased activation motif ITIM: Immunoreceptor tyrosine-based inhibition motif KDOQI: Kidney Disease Outcomes Quality Initiative KHK: Koronare Herzkrankheit (= CAD) LD: Low dose LDL: Low density lipoprotein LFA: Lymphocyte function associated antigen mAb: Monoklonale Antikörper MDR: Multidrug resistance protein MHC: Major histocompatibility complex MMF: Mycophenolat Mofetil MOV: Multiorganversagen MPA: Mycophenolsäure mRNA: Messenger ribonucleic acid mTOR: Mammalian target of rapamycin NAD: Nikotinsäureamid-AdeninDinukleotid NFAT: Nuclear factor of activated Tcells NK-Zellen: Natürliche Killerzellen NO: Stickstoffmonoxid NYHA: New York Heart Association, Klassifikation der Herzinsuffizienz OKT3: Muromonab pAVK: Periphere arterielle Verschlusskrankheit PCR: Polymerasekettenreaktion - 5 PCWP: Pulmonary capillary wedge pressure (= Pulmonalkapillardruck) PDGF : Platelet-derived growth factor PI3K: Phosphatidylinositol-3-Kinase PIP2: Phosphatidylinositol-4,5bisphosphat PIP3: Phosphatidylinositol-3,4,5triphosphat PKC: Proteinkinase C PLCγ: Phospholipase Cγ PPI: Protonenpumpen-Inhibitor PRA: Panel Reactive Antibodies-Test PSI: Proliferationssignal-Inhibitor PTCA: Perkutane transluminale koronare Angioplastie RAAS: Renin-Angiotensin-AldosteronSystem RCM: Restriktive Kardiomyopathie RCT: Randomisierte kontrollierte Studie RD: Regular dose RNA: Ribonukleinsäure SD: Standard deviation (=Standardabweichung) SRL: Sirolimus TAC: Tacrolimus TCR: T-Zell-Rezeptor TNF: Tumornekrosefaktor VAD: Ventricular assist device (=ventrikuläres Unterstützungssystem) VASP: Vasodilatator-stimuliertes Phosphoprotein VEGF: Vaskulärer endothelialer Wachstumsfaktor Verzeichnis der Tabellen Tabelle 1: NYHA-Klassifikation der Herzinsuffizienz ......................................................... 8 Tabelle 2: Stadien der chronischen Nierenkrankheit ..................................................... 41 Tabelle 3: Kriterien der klinisch geprüften Abstoßungsreaktion.................................... 60 Tabelle 4: Einteilung der zellulären Abstoßung durch die ISHLT 1990 ........................... 61 Tabelle 5: Neue Einteilung der zellulären Abstoßung durch die ISHLT 2004 ................. 62 Tabelle 6: Persönliche Merkmale beider Gruppen ......................................................... 69 Tabelle 7: Gründe für die HTX......................................................................................... 69 Tabelle 8: Wichtige Medikamente der Patienten........................................................... 73 Tabelle 9: Spiegel der Immunsuppressiva ...................................................................... 74 Tabelle 10: Retentionsparameter beider Gruppen ........................................................ 82 Tabelle 11: Fettwerte beider Gruppen ........................................................................... 83 Tabelle 12: Blutbild-Werte beider Gruppen ................................................................... 84 Tabelle A1: Charakteristiken der Patienten .................................................................. 104 Tabelle A2: Komplikationen innerhalb der 12 Monate des Follow up ......................... 105 Tabelle A3: Verlauf der Labor-Parameter im Vergleich ................................................ 106 Tabelle A4: Verlauf der Talspiegel der Immunsuppressiva im Vergleich......................107 Verzeichnis der Abbildungen Abbildung 1: Schematische Darstellung der Angriffspunkte der Immunsuppressiva .... 47 Abbildung 2: Gründe für die HTX in der LD-Gruppe ....................................................... 70 Abbildung 3: Gründe für die HTX in der RD-Gruppe....................................................... 70 Abbildung 4: Immunsuppression vor der Konversion in der LD-Gruppe ....................... 72 Abbildung 5: Immunsuppression vor der Konversion in der RD-Gruppe ....................... 72 Abbildung 6: CSA-Spiegel im Vergleich ........................................................................... 74 Abbildung 7: TAC-Spiegel im Vergleich........................................................................... 75 Abbildung 8: EVL-Spiegel im Vergleich ........................................................................... 76 Abbildung 9: Risiko zum Erreichen des kombinierten Endpunkts .................................. 77 Abbildung 10: Absetzungsgründe der LD-Gruppe .......................................................... 79 Abbildung 11: Absetzungsgründe der RD-Gruppe ......................................................... 79 Abbildung 12: Führende Komplikationen der LD-Gruppe .............................................. 80 Abbildung 13: Führende Komplikationen der RD-Gruppe ............................................. 81 Abbildung 14: Retentionswerte im Vergleich ................................................................. 82 Abbildung 15: Triglyceride und Gesamtcholesterin im Vergleich .................................. 83 Abbildung 16: LDL und HDL im Vergleich ....................................................................... 84 Abbildung 17: Leukozyten im Vergleich ......................................................................... 85 Abbildung 18: Erythrozyten im Vergleich ....................................................................... 85 Abbildung 19: Thrombozyten im Vergleich .................................................................... 85 6 1 Einleitung 1.1 Einführung in die Thematik Bei transplantierten Patienten stellt die adäquate Immunsuppression eine der wichtigsten Anforderungen an Ärzte und Patienten dar. Das Immunsystem des Organempfängers muss so weit geschwächt werden, dass das neue Organ nicht abgestoßen wird; der gesamte Organismus muss jedoch widerstandsfähig genug bleiben, um Krankheiten wie Infektionen abwehren zu können. Dabei gilt es, auch die Nebenwirkungen der Immunsuppressiva, zum Beispiel auf die Niere, zu berücksichtigen und dementsprechend das richtige Maß der Immunsuppression zu finden. Eine falsche Dosierung der Immunsuppression kann gravierende Auswirkungen haben und in der finalen Abstoßung des Organs münden. Mit dem Einsatz der Calcineurin-Inhibitoren (CNI) Cyclosporin und Tacrolimus seit den 80er-Jahren hat sich die mittlere Lebenserwartung nach einer Herztransplantation deutlich erhöht; das Langzeitüberleben blieb jedoch eingeschränkt durch chronische Transplantatschäden wie die Graftvaskulopathie (GVP), an der circa ein Drittel der Patienten verstirbt. Die CNI-Anwendung verhindert die Entwicklung einer GVP nicht und steigert wegen ihres nephrotoxischen Potentials zudem das Risiko, an einer chronischen Niereninsuffizienz zu erkranken [36]. Durch die neueren Proliferationshemmer (PSI) wie Everolimus kann die CNI-Dosierung in Kombinationstherapie spürbar reduziert werden, um die Nebenwirkungen abzuschwächen und die Nierenfunktion zu schützen. Dabei bleibt die niedrige Abstoßungsrate im Vergleich zur Standardtherapie erhalten. Zudem scheint Everolimus durch seine antiproliferativen Eigenschaften einen guten Einfluss auf die Progression der GVP zu haben [72]. 7 1.2 Die Herzinsuffizienz Die Herzinsuffizienz ist ein Symptomenkomplex, bei dem es das Herz nicht schafft, Organe und Gewebe mit ausreichend Sauerstoff zu versorgen. Die Ursachen können vielfältig sein und mehrere Bereiche des Herz-Kreislauf-Systems betreffen. In Europa liegt die Prävalenz der Herzinsuffizienz bei rund 1%, das entspricht circa 4 Millionen Menschen, von denen insgesamt 10-20% an einer hochgradigen Herzinsuffizienz (Stadien NYHA III und NYHA IV) leiden [74]. Betroffen sind vor allem ältere Menschen. Bei Personen, die älter als 80 sind, wächst der Anteil auf fast 10%. Männer leiden 1,5-mal häufiger an einer Herzinsuffizienz als Frauen [27]. Die chronische Herzinsuffizienz ist eine progredient verlaufende Erkrankung, so dass sich bei vielen Patienten schließlich die Frage stellt, ob eine Herztransplantation als letzte Therapiechance diskutiert werden sollte. Tabelle 1: NYHA-Klassifikation der Herzinsuffizienz, überarbeitet von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie [27] Stadium NYHA I Definition Herzerkrankung ohne körperliche Einschränkung; keine inadäquate Erschöpfung, keine Luftnot, keine Rhythmusstörungen, keine AP-Symptomatik NYHA II Herzerkrankung mit leichter Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit; keine Beschwerden in Ruhe; alltägliche körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder Angina pectoris NYHA III Herzerkrankung mit höhergradiger Einschränkung der körperlichen Leistungsfähigkeit bei gewohnter Tätigkeit; keine Beschwerden in Ruhe; geringe körperliche Belastung verursacht Erschöpfung, Rhythmusstörungen, Luftnot oder AP NYHA IV Herzerkrankung mit Beschwerden bei allen körperlichen Aktivitäten und in Ruhe Die akute Herzinsuffizienz ist eine bedrohliche Situation, die einer sofortigen Behandlung bedarf. Sie ist charakterisiert durch eine systolische oder diastolische kardiale Dysfunktion, Arrhythmien oder ein Vorlast-Nachlast-Missverhältnis, wodurch sich ein vermindertes Herz-Zeit-Volumen (HZV) ergibt. Die Ausprägungsformen werden nach Forrester klassifiziert und unterscheiden sich im Hinblick auf die Minderperfusion von Organen, einen erhöhten Pulmonalkapillardruck (PCWP) und eine pulmonale oder periphere Stauung [15]. 8 1.2.1 Pathophysiologie der chronischen Herzinsuffizienz Die chronische Herzinsuffizienz entsteht meist durch die arterielle Hypertonie, die in einer koronaren Herzkrankheit (KHK) münden kann. Zwei Drittel aller Patienten entwickeln eine diastolische Dysfunktion, bei der die Relaxationsfähigkeit des linken Ventrikels gestört, die Kontraktion aber überwiegend intakt ist. Sie geht einher mit einer myozytären Hypertrophie und einem vermehrten interstitiellen Kollagengehalt. Eine systolische Dysfunktion liegt nur bei einem Drittel der Patienten vor. Um die entstehende Insuffizienz möglichst lange zu kompensieren, reagiert der Körper mit erhöhter neurohumoraler Stimulation, einer Erhöhung der Vorlast oder einer Hypertrophie des Herzmuskels. Über diese Mechanismen kann das HZV zwar für gewisse Zeit stabilisiert werden, langfristig wird jedoch eine weitere Abnahme der Pumpfunktion wie bei einem Circulus vitiosus bewirkt. Auch der Frank-Starling-Mechanismus reicht nicht mehr aus, um das Defizit auszugleichen. Dieser besagt: Je höher die Vorlast, die in der Diastole einströmt, desto größer ist die Auswurfleistung in der Systole. Doch bei der Herzinsuffizienz sammelt sich zuerst Flüssigkeit in der Peripherie an, dann steigen Volumen und Druck im linken Ventrikel. Das vermehrte enddiastolische Volumen führt zu einer höheren Wandspannung (Laplace-Gesetz), so dass sich die Aktinund Myosinfilamente der Myozyten nicht mehr optimal überlappen können und somit die Kontraktilität sinkt. Auch bei einer Zunahme der Nachlast durch erhöhten peripheren Widerstand oder bei gesteigerter Frequenz kann es beim Herzinsuffizienten zu einem Abfall des Schlagvolumens kommen. Wenn die Perfusion der Organe nicht mehr ausreichend ist, kann der Organismus über mehrere neurohumorale Mechanismen gegensteuern. Das sympathische Nervensystem wird durch die Barorezeptoren aktiviert und sorgt für eine vermehrte Ausschüttung der Katecholamine Adrenalin und Noradrenalin. Diese erzielen über die βRezeptoren eine positiv chrono- und inotrope Wirkung. Bei einer Dauerstimulation allerdings erfolgt eine Downregulation, das heißt die Anzahl der Rezeptoren im Herzen nimmt ab. Die α-Rezeptoren in der Peripherie werden nicht herunterreguliert, so dass sich der periphere Widerstand und der Venentonus erhöhen. Dadurch wird das HZV lange konstant gehalten, aber die Pumpfunktion des Herzens verschlechtert sich. 9 Durch den niedrigeren arteriellen Blutdruck sinkt die glomeruläre Filtrationsrate. Das führt im juxtaglomerulären Apparat der Nieren zu einer vermehrten Freisetzung von Renin, welches als Protease vom Angiotensinogen das Dekapeptid Angiotensin I abspaltet. Dieses wird durch ACE (angiotensin converting enzyme) in das aktive Oktapeptid Angiotensin II umgewandelt, welches vasokonstriktorisch wirkt und somit die Nachlast erhöht. In den Nebennieren verursacht Angiotensin eine gesteigerte Ausschüttung von Aldosteron, wodurch sich die Wasser- und Natriumretention, das zirkulierende Volumen und die Vorlast vergrößern. Alle Effekte des Renin-Angiotensin-AldosteronSystems (RAAS) verhindern folglich einen Blutdruckabfall. Wenn das HZV reduziert ist, resultiert zudem über die atrialen Dehnungsrezeptoren eine Sekretion von ADH. Dies sorgt ebenfalls für verminderte Wasserausscheidung über die Nieren und eine Vasokonstriktion in der Peripherie. Das durch Dehnungsreize induzierte Hormon BNP (aus den Ventrikeln), das in den Nieren die Natriumexkretion intensiviert, wird bei Herzinsuffizienten vermehrt ausgeschüttet und dient der Vor- und Nachlastsenkung. Es korreliert gut mit dem Ausprägungsgrad der Herzschwäche: Je höher das BNP, desto schwerwiegender die Herzinsuffizienz. Durch die Minderperfusion steigt auch die Produktion von Endothelin-1 an. Dieser hochwirksame Vasokonstriktor vergrößert den peripheren Widerstand und beeinträchtigt die Kontraktilität, den Herzrhythmus und die Perfusion der Nieren. Ebenso ist der Spiegel von TNF-α erhöht. Dieses Zytokin, welches von aktivierten Makrophagen sezerniert wird, scheint unvermittelt die Herzfunktion zu beeinflussen. So kann es die Apoptose von Myozyten und Endothelzellen anregen. Die dauerhafte Volumen- und Druckbelastung führt zu einer Hypertrophie der Myozyten. Die Volumenbelastung sorgt für eine Replikation der Sarkomere in Serie, also eine exzentrische Hypertrophie ohne Veränderung der Wanddicke. Dagegen verursacht eine Druckbelastung auch eine Replikation der Sarkomere parallel zueinander, um durch die größere Wanddicke der steigenden Wandspannung entgegenzuwirken. Die angesprochenen humoralen Faktoren scheinen die Myokardhypertrophie zu beeinflussen. Obwohl diese Hypertrophie primär eine Verbesserung der Herzfunktion bewirkt, führt sie langfristig zu einer pathologischen Vergrößerung des Herzens, die vor allem eine reduzierte Compliance des linken Ventrikels verschuldet, so dass die Relaxations- 10 zeit verlängert wird und die Frequenz sinkt. Eine ausreichende Füllung des linken Ventrikels wird zunehmend von einem erhöhten atrialen Druck abhängig, der jedoch zur pulmonalen Kongestion führt. Ein erheblicher enddiastolischer Druck kann sowohl durch eine systolische Dysfunktion, aber auch ausschließlich durch eine verminderte Compliance bedingt sein. Die vermehrte Dehnung des Ventrikels kann die Apoptose steigern und eine weitere schadhafte Dilatation bewirken. Die chronisch schwache linke Herzkammer und die erhöhte Nachlast begründen oft eine pulmonale Hypertonie, da durch den Rückstau der Widerstand der Lungengefäße steigt und die Lungenarteriolen fibrotisch umgebaut werden. Durch die Ausdehnung der Kammern oder ischämische Veränderungen leidet zwangsläufig auch die Erregungsleitung, so dass die Herzinsuffizienz oft mit Rhythmusstörungen oder abnormen ventrikulären Kontraktionen einhergeht. Bei der systolischen Herzinsuffizienz zeigt das EKG eines Drittels der Patienten eine gestörte Erregungsweiterleitung, welche sich in einem verlängerten QRS-Komplex äußert. Als Konsequenz muss neben Medikamenten eine kardiale Resynchronisationstherapie mittels Schrittmacher in Erwägung gezogen werden [22]. 1.2.2 Grunderkrankungen 1.2.2.1 Ischämische Kardiomyopathie (ICM) Der Hauptgrund der Herzinsuffizienz ist die (terminale) ischämische Kardiomyopathie; sie stellt einen Anteil von 50-60% und ist das Endstadium einer koronaren Herzerkrankung. Durch wiederholte Myokardinfarkte bildet sich Narbengewebe, das die Pumpfunktion des Ventrikels einschränkt. Eine Dilatation auf Grund von RemodelingProzessen ist möglich. Diese kann eine Mitralklappeninsuffizienz verursachen, die wiederum eine Volumenbelastung und eine weitere Verschlechterung der Kontraktilität bewirkt. Auch ohne Gefäßverschluss kann eine dauerhafte Perfusionsstörung von Teilen des Myokards zu einer Abnahme der Pumpfunktion führen (hibernating myocardium). Die Ursachen der KHK sind vielfältig, oft spielen hereditäre Faktoren (zum Beispiel eine Hypercholesterinämie) oder ein Nikotin-Abusus die Hauptrollen. Die moder- 11 ne medikamentöse Therapie hat das Überleben auf mehr als 80% im ersten Jahr gesteigert, auch eine Revaskularisation nach Bypass-Operation bessert die Prognose [78]. 1.2.2.2 Hypertrophe Kardiomyopathie (HCM) Durch einen hypertrophierten, aber nicht dilatierten linken Ventrikel wird die HCM charakterisiert, der keine kardialen oder systemischen Erkrankungen zugrunde liegen. Die Prävalenz beträgt 1:500. Oft ist besonders das Septum verdickt und verursacht einen subaortalen Druckgradienten. So kann man bei den hypertrophen Kardiomyopathien eine obstruktive (HOCM) von einer nicht-obstruktiven Form (HNOCM) unterscheiden. Die systolische Pumpfunktion ist zumeist hyperdynamisch, während die diastolische Füllung beeinträchtigt ist. Histologisch können myozytäre Verzweigungsstörungen beobachtet werden, wobei die hypertrophen Myozyten vermehrt seitlich anstatt parallel verbunden sind. Das Interstitium ist fibrotisch verändert, und zwar stärker als bei einer Hypertrophie durch Hypertonie. Die Ursache ist unbekannt, etwa die Hälfte der Fälle wird autosomal-dominant vererbt. Bei Patienten mit dieser langsam progredient verlaufenden Erkrankung liegt das jährliche Risiko eines plötzlichen Herztods bei 2-4%, auch wenn sie bisher asymptomatisch waren. Das Risiko steigt mit klinischen Beschwerden und Herzrhythmusstörungen und kann nur durch eine ICDImplantation gesenkt werden. 1.2.2.3 Dilatative Kardiomyopathie (DCM) Die dilatative Kardiomyopathie tritt am häufigsten zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr auf, die Prävalenz beträgt 1:2500. In ihrem Verlauf vergrößern sich der rechte und/oder linke Ventrikel progredient. Die Koronararterien sind in der Regel unauffällig. Die Herzwand kann ausgedünnt, normal oder auch verdickt sein. In der Histologie fallen hypertrophe Myozyten und interstitielle Fibrosierungen auf. Durch die Dilatation verschieben sich die Papillarmuskeln in Richtung Herzspitze, so dass die Mitralklappe und die Trikuspidalklappe insuffizient werden können. Neben der systolischen Dysfunktion kommen auch supraventrikuläre Rhythmusstörungen vor. Als Ursachen wer- 12 den toxische oder infektiöse Gründe, Autoimmunerkrankungen wie agonistische AntiRezeptor-Antikörper, Chemotherapeutika oder die ausgeprägte Hypertonie diskutiert. In etwa einem Drittel der Fälle liegt eine hereditäre DCM vor. Die Prognose ist schlecht, bei höhergradiger Herzinsuffizienz beträgt die Letalität pro Jahr circa 20% [75]. 1.2.2.4 Restriktive Kardiomyopathie (RCM) Die RCM zählt mit 5% zu den seltenen Kardiomyopathien. Durch vermehrten Einbau von Bindegewebe versteift das Myokard und die Compliance nimmt ab, so dass das Füllungsverhalten in der Diastole beschränkt wird. Das angestaute Blut führt zu stark vergrößerten Vorhöfen. Das Volumen der Ventrikel hingegen ist regelrecht oder vermindert. Die systolische Funktion, die Wanddicke und die Herzklappen sind gewöhnlich normal. Die primäre RCM entsteht durch eine Endomyokardfibrose, eine LöfflerEndokarditis oder idiopathisch. Die sekundäre RCM kann sich aus einer Amyloidose, einer Sarkoidose, einem Hypereosinophilie-Syndrom, einer Radiatio oder metabolischen Erkrankungen wie M. Gaucher ergeben. Die Prognose ist von der Art der Erkrankung abhängig und sehr unterschiedlich. 1.2.2.5 Myokarditis Myokarditiden können ebenso zu einer Herzschwäche führen. Diese entzündliche Kardiomyopathie ist ein akuter oder chronischer Prozess, der vor allem durch infektiöse Erreger, aber auch durch Toxine wie IL-2 oder Kokain verursacht werden kann. Den größten Teil der infektiösen Erreger nehmen Viren ein, besonders die Coxsackie-Viren, die ungefähr 50% aller Myokarditiden auslösen, ferner Adenoviren, Parvoviren und CMV. Bei den bakteriellen Formen kommen Streptokokken, Salmonellen und Diphterie-Bakterien als Verursacher in Frage. Weitere Gründe sind Pilze, Parasiten, Protozoen oder die Riesenzellmyokarditis. Die Therapie richtet sich nach den Symptomen und der anzunehmenden Ursache. Komplikationen wie ventrikuläre Arrhythmien oder Rezidive 13 verschlechtern die Prognose. Bei Chronifizierung steigt das Risiko einer hochgradigen Herzinsuffizienz mit anschließender Herztransplantation. 1.2.3 Diagnostik der Herzinsuffizienz In der Regel wird die Diagnose Herzinsuffizienz zunächst klinisch und anamnestisch gestellt. Gängige Symptome sind Dyspnoe, Leistungsminderung, Gewichtszunahme, Ödeme, trockener Husten, Aszites, Jugularvenenstauung und Hepatomegalie. Hinführende Erkrankungen sind die arterielle Hypertonie, der Nikotin- und Alkoholabusus und der Diabetes mellitus. Die klassische Einteilung in die Stadien I-IV stammt von der New York Heart Association (NYHA). Eine neuere Klassifikation in die Stadien A-D gibt es von der American Heart Association (AHA). Mit Hilfe der Laboruntersuchungen wird hauptsächlich versucht, die Beteiligung anderer Organe wie Nieren und Leber abzuschätzen. Sowohl ein erniedrigter Natriumspiegel, ein erhöhtes Serum-Noradrenalin als auch ein gestiegenes BNP und NT-proBNP gelten als prognostisch ungünstige Hinweise einer Herzinsuffizienz. Das EKG liefert Anhaltspunkte für eine Hypertrophie oder eine Ischämie. Die Röntgenaufnahme des Thorax zeigt eine Kardiomegalie oder eine pulmonalvenöse Stauung an. Wichtigste nichtinvasive Methode ist die Echokardiographie. Mit dieser können die Größenverhältnisse der Kammern, die Ejektionsfraktion, Kontraktionsstörungen, die Myokardstruktur, Klappeninsuffizienzen, Flussgeschwindigkeiten sowie Druckverhältnisse beurteilt werden. Bei KHK-Patienten bietet eventuell die Stressechokardiographie weitere Auskünfte. Noch genauer, jedoch zeitaufwändiger, können das Schlagvolumen, die Kontraktionsfähigkeit, Durchblutungsstörungen und Herzklappenfehler mit einem Kardio-MRT bestimmt werden. Der Rechtsherzkatheter ermöglicht Messungen der pulmonalen Druck- und Widerstandsverhältnisse. Der Linksherzkatheter ist der Goldstandard in der Beurteilung der Koronarmorphologie. So kann bei Angina pectoris oder Myokardischämie eine Revaskularisation erreicht werden. Darüber hinaus können sowohl die Größenverhältnisse des linken Vorhofs und des linken Ventrikels als auch die Kontraktilität bewertet werden. 14 1.2.4 Medikamentöse Therapie Die medikamentöse Therapie der Herzinsuffizienz hat in den vergangenen Jahren deutliche Fortschritte erzielt, seitdem versucht wird, die dauerhafte Aktivierung der neurohumoralen Kompensationsmechanismen zu unterbrechen. Der Patient sollte dabei je nach Stadieneinteilung und Verträglichkeit eine individuelle Therapie mit den verschiedenen Substanzklassen erfahren, die sich am Stufenschema der kardiologischen Gesellschaft orientiert. Als Basistherapeutika dienen die ACE-Hemmer und β-Blocker, zusätzlich können Diuretika und Digitalispräparate verabreicht werden. Die ACE-Hemmer sind Nachlastsenker und vermindern die neurohumorale Aktivierung. Alle Patienten mit reduzierter systolischer Funktion, unabhängig von der Symptomatik, und alle Patienten nach Herzinfarkt sollten diese einnehmen. Kontraindikationen sind eine beidseitige Nierenarterienstenose und eine hypertrophe Obstruktion im linken Ventrikel. Bei erhöhten Nierenwerten und ausgeprägtem Hypotonus muss vorsichtig dosiert werden. Bei den seltenen Nebenwirkungen Reizhusten und Angioödemen kann auf AT1-Antagonisten umgestellt werden. Die β-Blocker senken die Herzfrequenz und vermindern damit den Sauerstoffverbrauch des Herzens. Eine Lebenszeitverlängerung ist nachgewiesen. Kardioselektive β-Blocker hemmen nur die β1-Rezeptoren, welche die Schlagkraft und die Frequenz regeln. Die β2-Rezeptoren sind auch in den Bronchien, im Uterus und in Blutgefäßen vorzufinden. Eine Applikation wird für alle Patienten der Stadien NYHA II-IV zusätzlich zu ACEHemmern empfohlen. Nicht gegeben werden dürfen sie bei Asthma bronchiale, einem AV-Block II. oder III. Grades oder einer bereits bestehenden symptomatischen Bradykardie oder Hypotonie. Die AT1-Antagonisten (auch Angiotensin-Rezeptor-Blocker) inhibieren die Wirkung von Angiotensin II, indem sie den Subtyp 1 des Angiotensin II-Rezeptors spezifisch blockieren. Damit senken sie den Blutdruck und besitzen eine kardio- und nephroprotektive Wirkung. Sie werden bei Unverträglichkeit auf ACE-Hemmer angewendet, haben jedoch eine etwas niedrigere Potenz. Ebenso müssen Blutdruck und Nierenwerte regelmäßig kontrolliert werden. 15 Fast alle Herzinsuffizienz-Patienten lagern zu viel Gewebsflüssigkeit ein. Deswegen profitieren sie von der antikongestiven Wirkung der Diuretika; folglich bessern sich die Symptome. Eine Lebensverlängerung ist dagegen nicht bewiesen. Bei einer mittelmäßigen Symptomatik sind Thiazide indiziert, bei höhergradiger Herzinsuffizienz oder Kreatininwerten über 1,8 mg/dl werden Schleifendiuretika verabreicht. Bei therapieresistenten Ödemen kann eine Kombination beider Substanzklassen sinnvoll sein. Bei Hypokaliämie ist eine additive Gabe von Kalium sparenden Diuretika wie Spironolacton nützlich. Diese Aldosteron-Antagonisten haben zudem günstige Effekte im Hinblick auf eine mögliche Fibrosierung von Myokard und Gefäßen und reduzieren die Mortalität [64]. Digitalispräparate (auch Herzglykoside genannt) stellen eine weitere Ergänzung bei Patienten mit systolischer Insuffizienz dar, um die Symptome und die Hospitalisierungsrate zu verbessern. Sie wirken über eine Hemmung der Natrium-Kalium-ATPase positiv inotrop und negativ chronotrop und verändern die Sympathikus-Aktivität. Ansonsten werden sie vor allem bei supraventrikulären Tachykardien eingesetzt. Nachteil ist die geringe therapeutische Breite mit der Gefahr der Rhythmusstörungen durch Überdosierung. 1.3 Die Herztransplantation (HTX) Die weltweit erste Herztransplantation an einem Menschen wurde am 3. Dezember 1967 unter der Leitung von Christiaan Barnard in Südafrika durchgeführt; der Patient starb nach 18 Tagen an einer Lungenentzündung. Die erste als erfolgreich zu bezeichnende HTX in Deutschland erfolgte 1981 in München. Trotz aller Verbesserungen der Pharmakologie und der Therapie mit ventrikulären Unterstützungssystemen (VAD) stellt die orthotope Herztransplantation weiterhin ein unverzichtbares Therapiekonzept für terminal herzinsuffiziente Patienten dar. Derzeit werden in Deutschland pro Jahr durchschnittlich circa 400 Herzen verpflanzt; im Jahr 2010 sind laut DSO in 24 Zentren insgesamt 377 Herz- und 16 kombinierte 16 Herz-Lungen-Transplantationen geleistet worden. Insgesamt sind seit 1969 in Deutschland bereits über 10.000 Herzen transplantiert worden. In den letzten beiden Jahrzehnten hat die Anzahl der Transplantationen tendenziell etwas abgenommen, bei steigender Zahl von Patienten, die auf Wartelisten stehen. Die Wartezeit auf ein Herz beträgt durchschnittlich circa 6-14 Monate. Durch die deutlich verlängerten Wartezeiten auf ein Spenderherz sind die VADs für das Bridging zur Herztransplantation immer mehr in den Blickpunkt gerückt, um das Überleben der Patienten bis zur Transplantation zu ermöglichen. Der gestiegene Bedarf an mechanischen Unterstützungssystemen forcierte auch die Entwicklung von verbesserter Technik und fortschreitender Miniaturisierung. Für die Indikation zum Bridging existieren hinsichtlich hämodynamischer Parameter unter Pharmakotherapie definierte Richtlinien. Eine geeignete Auswahl der Patienten und eine rechtzeitige Anwendung von Unterstützungssystemen verbessern dabei den Erfolg dieser Operation [6]. Sogar bei Kindern und Jugendlichen werden vermehrt klinische Erfahrungen mit Geräten gesammelt, die einen längerfristigen Einsatz außerhalb des Krankenhauses erlauben [65]. Es gibt konkurrierende Systeme wie hydraulische, pneumatische und verschiedene Gerätetypen (beispielsweise Thoratec, Berlin Heart oder HIA Medos). Ebenso können VADs postoperativ wegen primären Graft- und Rechtsherzversagens sowie bei akuter Abstoßung notwendig werden, um bis zur Rekompensation einen suffizienten Kreislauf aufrecht zu erhalten. 1.3.1 Indikationen zur HTX Üblicherweise wird der Patient im Stadium NYHA III oder IV dem Transplantationszentrum vorgestellt, wenn sich sein Zustand trotz optimierter Medikamente verschlechtert. Der Patient und sein Behandlungsteam sollten sich gegenseitig kennenlernen, um eine fruchtbare, langfristige Zusammenarbeit zu ermöglichen. Es muss grundlegend evaluiert werden, ob der Patient für eine HTX in Frage kommt. Dabei gilt es, die aktuellen Beschwerden, die Krankheitsgeschichte, Medikamente, Risikofaktoren und den sozialen Status zu erfassen. Es muss geprüft werden, ob alternative Verfahren wie ein mechanisches Unterstützungssystem, eine Schrittmacher-Implantation mit even- 17 tueller kardialer Resynchronisationstherapie oder die interventionelle Hochrisikochirurgie zu einer entscheidenden Besserung verhelfen würden. Moderne Unterstützungssysteme können auch eine definitive Behandlungsoption darstellen [25]. Die Indikationsstellung ist, vereinfacht gesagt, dann gegeben, wenn die Erfolgsaussicht einer HTX besser ist als die Prognose der Erkrankung Herzinsuffizienz [73]. Klassischerweise ist die Operation angezeigt, wenn sich der Patient bereits auf Grund einer irreversiblen Herzerkrankung im Stadium NYHA IV befindet und die Ein-JahresÜberlebensrate weniger als 50% beträgt. Ebenso ist die Indikation zur HTX „primavista“ in eindeutig therapierefraktären, intensivpflichtigen, nicht stabilisierbaren Stadien gegeben, sofern keine Kontraindikationen vorliegen. Weitere Kriterien hat die ISHLT 2006 festgelegt [53]. Ein gutes Instrument ist die Messung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max), die durch einen kardiopulmonalen Stresstest wie die Spiroergometrie bestimmt werden kann. Dabei sollte bei Erreichen der anaeroben Schwelle unter guter pharmakologischer Einstellung der respiratorische Quotient (RQ) größer als 1,05 sein. Wenn die auf das Körpergewicht bezogene relative VO2max weniger als 10 ml/kg/min beträgt, sollte eine Meldung zur Transplantation erfolgen. Wegen Problemen bei der Testdurchführung muss oft auf submaximale Tests oder den Abfall des VE/VCO2-Quotienten zurückgegriffen werden. Bei jüngeren Patienten (< 50 Jahre) sollte die VO2max nicht weniger als die Hälfte des jeweiligen Normwerts sein. Bei fehlender Eindeutigkeit kann zur standardisierten Risikoabwägung für Patienten in stabilisierbaren hochgradigen Stadien der Heart Failure Survival Score [1] erhoben werden. In diesen fließen folgende Daten ein: die VO2max, die EF des linken Ventrikels, Serum-Natrium, mittlerer Blutdruck, Herzfrequenz in Ruhe, bekannte KHK und die Dauer des QRS-Komplexes über 120 ms als Zeichen einer intraventrikulären Reizweiterleitungsstörung. Der HFSS und der Wert der VO2max sagen die Überlebenswahrscheinlichkeit ohne Operation voraus und korrelieren in den meisten Studien gut miteinander [50]. Weitere aussagekräftige Indikatoren sind die Laborparameter NT-proBNP [69] und Harnsäure. Die Prognoseprädiktion ist für eine korrekte Indikationsstellung und 18 Dringlichkeitsbewertung wichtig und hilft dabei, die Überlebensraten nach erfolgter HTX zu verbessern. Das Transplantationszentrum meldet den Patienten bei Eurotransplant an und übermittelt zahlreiche Daten wie Alter, Größe, Gewicht, Blutgruppe und HLA-Typisierung. Wird der Patient als transplantabel (T) eingestuft, kann bei dauerhaft stationärem Aufenthalt auch ein Antrag auf eine Dringlichkeitsstufe gestellt werden. Diese werden in dringlich (U, urgency) und sehr dringlich (HU, high urgency) eingeteilt. Bei der komplexen Klassifizierung spielen der Herzindex, die gemischt-venöse Sättigung, die Dosierung von Katecholaminen, permanente Rhythmusstörungen und die Funktion der anderen Organe die große Rolle. Für einen HU-Status muss ein Patient auf einer Intensivstation bereits einen HI von weniger als 2,2 L/min/m², Katecholaminpflichtigkeit und Zeichen von sekundären Organschäden aufweisen. Für diesen Status muss alle sieben Tage eine Reevaluation erfolgen. Die Praxis, dass es für Patienten mit VAD schwieriger ist, eine Dringlichkeitsstufe zu erlangen, außer bei schweren Komplikationen wie Infektionen, stößt bei einigen Autoren auf Kritik [40]. Denn die komplikationsbehafteten Operationen haben eine deutlich schlechtere Prognose als VAD-Patienten ohne Komplikationen. So unterliegt die Diskussion um die besten Klassifikationen, Prognose-Scores und wichtigsten Labordaten einem steten Wandel, um die bestmögliche Allokation des knappen Spenderguts zu erreichen. Neuere Studien haben gezeigt, dass eine zügige HTX für ambulante Patienten, die keine inotrope Therapie benötigen, keinen Nutzen zu bringen scheint. Sofern möglich sollten diese nicht gelistet werden, um eine mögliche Operation hinauszuschieben [32]. 1.3.2 Kontraindikationen zur HTX Kontraindikationen sind nicht kurierte Tumorerkrankungen, fortgeschrittene arterielle Gefäßerkrankungen (zerebral oder peripher), floride Infektionen, HIV-Infektion, akute Lungenembolie, aktive Süchte (Nikotin, Alkohol, Drogen), eingeschränkte Compliance oder bestimmte Systemerkrankungen wie Amyloidose. Ebenso muss bei allen HTX- 19 Kandidaten vor der Listung eine Rechtsherzkatheterdiagnostik erfolgt sein, um eine fixierte pulmonale Hypertonie auszuschließen. Dabei sollten unter suffizienter vasodilatativer Therapie der pulmonale vaskuläre Widerstand (PVR) nicht mehr als 5 WoodEinheiten und der transpulmonale Gradient (TPG) nicht über 15 mmHg betragen [55]. Ein Diabetes mellitus mit Endorganschäden ist ein relatives Ausschlusskriterium, ebenso eine irreversible Niereninsuffizienz mit einer GFR < 40 ml/min und eine geistige Retardierung oder Demenz. Eine ausgeprägte Kachexie und eine Adipositas mit einem BMI > 30 kg/m² stellen eine relative Kontraindikation dar, weil diese mit erhöhter Morbidität und Letalität einhergehen, so dass bei Fettleibigkeit präoperativ eine Gewichtsreduktion angestrebt werden sollte [47]. Das biologische Alter wird mittlerweile stärker berücksichtigt als das tatsächliche Empfängeralter, so dass auch Über-70-Jährige eine HTX empfangen können. Es wird diskutiert, ob es für ältere Empfänger eine alternative Liste geben sollte, um auch ältere Spenderorgane zu verteilen [42]. Ehemalige Ausschlusskriterien wie Diabetes mellitus, Hepatitis B/C oder ein Zustand nach Neoplasie außerhalb der 5-Jahres-Rezidivrate sind keine Kontraindikationen mehr. Patienten mit Malignomen, die nach Behandlung (Chemotherapie, Radiatio, Chirurgie) eine 5-Jahres-Prognose von mehr als 70% aufweisen, sollten individuell behandelt werden und Kandidaten für eine HTX sein, insbesondere wenn sie bereits länger als ein Jahr ohne Malignom-Rückfall sind [41]. 1.3.3 Technik der HTX Die wesentliche Technik der Transplantation beruht auf den umfangreichen Experimenten der Amerikaner Richard Lower und Norman Shumway in den 50er- und 60erJahren, die wichtige Erkenntnisse durch Operationen an Hundeherzen gewannen und beide 1968 ihre ersten Herztransplantationen am Menschen durchführten. Die Modifikationen dieser herkömmlichen Technik, wie die bikavale Anastomosierung oder die total orthotope HTX, wurden später entwickelt. Das heterotope Verfahren, bei der das Spenderherz als Unterstützung eingesetzt werden kann, hat sich nicht bewährt. 20 1.3.3.1 Entnahme des Spenderherzens Nach medianer Sternotomie und Perikardiotomie wird das Herz in Bezug auf Größe, Form und Kontraktilität inspiziert. Eine Koronarsklerose, Hypertrophien, Myokardnarben oder ein vergrößerter rechter Vorhof bei offenem Foramen ovale sollten ausgeschlossen werden. Vor der Entnahme wird bei Vollheparinisierung eine Perfusionskanüle in der Aortenwurzel fixiert, um nach Abklemmung der Aorta ascendens und der V. cava superior ca. 3-4 Liter Kardioplegielösung zu infundieren. Dabei erfolgt zur Entlastung eine Inzision in die linke untere Lungenvene und in die V. cava inferior. Für die Explantation wird zuerst die V. cava inferior vollständig durchtrennt; alle Lungenvenen und anschließend beide Pulmonalarterien werden abgesetzt. Die V. cava superior wird möglichst kranial ausgelöst. Abschließend wird die Aorta möglichst mitsamt Aortenbogen abgetrennt, so dass das Herz entnommen werden kann. Vor dem Verpacken sollte eine erneute Inspektion unternommen werden ̶ unter besonderer Berücksichtigung der Herzklappen. Auf herkömmliche Art wird das Spenderorgan unter Eiskühlung zum Transplantationszentrum transportiert. 1.3.3.2 Orthotope Herztransplantation (Technik nach Lower und Shumway) Zum Anschluss des Empfängers an die Herz-Lungen-Maschine (HLM) werden nach Sterno- und Perikardiotomie Kanülen in die Aorta ascendens und in die obere und untere Hohlvene eingebracht. Bei funktionierender extrakorporaler Zirkulation werden beide Hohlvenen okkludiert. Nach dem Abklemmen der Aorta werden diese und die Pulmonalarterie jeweils knapp oberhalb der Klappenebene abgesetzt. Nun erfolgt die Inzision des rechten Vorhofs entlang der Crista terminalis bis zum interatrialen Septum, von dort nach kranial durch das Dach des linken Vorhofs über das Herzohr bis zur Mitralklappenebene. Das interatriale Septum wird nach kaudal längs eröffnet, ebenso die Lateralwand des rechten Vorhofs in Richtung Koronarsinus, welcher in situ verbleiben kann. Nach Absetzen des linken Ventrikels kann das erkrankte Herz entnommen werden. 21 Die Implantation startet mit dem fortlaufenden Vernähen des linken Vorhofs, beginnend im Bereich des Herzohrs in beide Richtungen bis zum interatrialen Septum. Der rechte Vorhof des Spenderherzens wird passend eingeschnitten, so dass die Annaht ebenfalls fortlaufend vom Septum zur Lateralwand erfolgt. Danach wird zuerst die Pulmonalarterie anastomosiert, folgend die Aorta. Lange Gefäßstümpfe sollten gekürzt werden, um ein späteres Abknicken der Gefäße zu vermeiden. Die sorgsame Entlüftung kann mit einem linksatrialen Ventil durchgeführt werden. Abschließend wird die Aortenklemme entfernt und der Blutstrom in das Spenderherz freigegeben. Bei dieser biatrialen Technik besteht das erhöhte Risiko, dass sich durch ein Verziehen des Trikuspidalanulus eine Klappeninsuffizienz entwickelt, sofern die Vorhöfe von Empfänger und Spender einen bedeutenden Größenunterschied haben. Für die Organentnahme muss bereits die anvisierte Operationstechnik beachtet werden. Bei geeignetem, nicht zu großen Spenderherz kann eine bikavale Anastomosierung durchgeführt werden, welche die Struktur der Trikuspidalklappenebene besser bewahrt und somit das Risiko einer späteren Trikuspidalinsuffizienz mindert. Dabei wird der rechte Vorhof in der Regel komplett entfernt. Der linke Vorhof wird wie oben beschrieben angenäht, daraufhin folgen die Anastomosen zuerst der unteren, dann der oberen Hohlvene, abschließend die Anastomosen der großen Arterien. Bei der total orthotopen HTX werden zusätzlich zum bikavalen Anschluss auch die Pulmonalvenenmündungen seitengetrennt anastomosiert. Davon verspricht man sich eine bessere Funktion beider AV-Klappen. Auch dieses Verfahren funktioniert nur bei gut passendem Spenderherzen. Hierbei wird die komplette Rückseite beider Vorhöfe des Empfängers reseziert, so dass nur noch die Gefäßmündungen der Lungen- und Hohlvenen vorhanden sind. Nacheinander werden nun die linken Lungenvenen, die rechten Lungenvenen und schließlich die großen Gefäße nach herkömmlichem Schema anastomosiert [75]. 22 1.3.3.3 Protektionsmaßnahmen für das Herz Der entscheidende Punkt der HTX ist die Konservierung des Spenderherzens. Deswegen wird versucht, die Ischämiezeit während Transport und OP möglichst kurz zu halten. Am wirkungsvollsten ist dabei eine frühestmögliche retrograde Perfusion des Organs mit kaltem Blut oder Kardioplegielösung. So kann bereits nach fertiggestellter linksatrialer Anastomose das kalte Blut infundiert werden. Bis zum Beginn der Reperfusion sollte eine moderate Hypothermie vorliegen, um die Myozyten zu konservieren. Während der Implantation kann das Herz mit einem kalten Bauchtuch umwickelt werden. Die ersten Kontraktionen des Herzens können sogar mit abgeklemmter Aorta zur Entlüftung erfolgen. Für Spenderherzen galt früher eine kritische Ischämiezeit von 240 Minuten. Mittlerweile werden jedoch bei adulten Spendern Ischämiezeiten bis 360 Minuten toleriert, weil die Langzeitergebnisse des Überlebens nach HTX keine signifikanten Unterschiede zeigen [41]. Als neuere Aufbewahrungsmöglichkeit ist das Organic Care System (OCS™) von Transmedics in der klinischen Testphase. In diesem befinden sich körperwarme, nährstoffreiche Lösungen, die zusätzlich zum Spenderblut mit Hilfe einer pulsatilen Pumpe das Herz perfundieren. So wird das natürliche Milieu nachempfunden, um das Organ in einem nahezu physiologisch schlagenden Status zu halten. Dadurch soll eine klinische Evaluation durch den Chirurgen ermöglicht, die Funktionalität des Herzens optimiert und trotz längeren Aufenthalts ex vivo die Ischämiezeit verkürzt werden. Erste Ergebnisse der Protect-Studie zeigten ein hundertprozentiges Überleben und eine verkürzte postoperative Beatmungs- und Regenerationszeit [3]. Derzeit wird in einer prospektiven multizentrischen Studie in Deutschland die Einführung des Systems untersucht. Bei Patienten, die bereits mit einem VAD ausgestattet sind, stellt die Transplantation eine besondere Herausforderung dar. Durch die Voroperation sind bereits Verwachsungen vorhanden. An den Austrittsstellen des Unterstützungssystems können sich lokale Infektionen festgesetzt haben. Große Vorsicht muss bei der Sternotomie walten, da das Herz dem Brustbein sehr eng anliegen kann. Ebenso müssen verletzungsgefährdete Conduits oder Prothesen des VAD geschützt werden. Das komplette System des VAD muss entfernt werden. Die Durchtrittsstellen des Fremdmaterials sollten exzidiert 23 und gründlich desinfiziert werden. Wegen des hohen Zeitaufwands muss die VADExplantation manchmal vor der Entnahme des Spenderherzens begonnen werden. 1.3.3.4 Perioperatives Management Auf Grund der präoperativ eingeschränkten Pumpfunktion des erkrankten Empfängerherzens bestehen häufig Katecholaminpflichtigkeit oder pulmonale Insuffizienz, die den Ablauf der Transplantation beeinflussen. Eine gute Kommunikation zwischen Anästhesie, Explantations- und Implantationsteam muss gewährleistet sein, um die Einleitung zum richtigen Zeitpunkt zu starten. Prämedikation und Anästhetika müssen mit großer Vorsicht verabreicht werden, um durch eine Vasodilatation keine akute Kreislaufdekompensation zu provozieren. Zur Anhebung der Vorlast sollte rechtzeitig Volumen gegeben werden, so dass die narkoseinduzierte Nachlastsenkung pariert werden kann. Zum Monitoring gehören 5-Kanal-EKG, intraarterielle Druckmessung, dreilumiger ZVK, Pulmonaliskatheter und eine perioperative transösophageale Echokardiographie. Um intraoperativ einen adäquaten Perfusionsdruck von in der Regel 60 mmHg zu erhalten, muss oft mit erhöhten Katecholamingaben reagiert werden. In Absprache mit dem Operateur erfolgt die Heparinisierung normalerweise bei der Anlage der Kanülen; es wird eine ACT von 350-450 Sekunden angestrebt [75]. Nach Transplantation erhält das Spenderherz eine Reperfusionsphase von circa 45 Minuten, um wieder eine ausreichende myokardiale Pumpfunktion aufzubauen, so dass der Patient von der HLM entwöhnt werden kann. Diese Phase kann bedarfsweise verlängert werden. Wird weiterhin kein ausreichender Perfusionsdruck aufgebaut, sollte bei linksventrikulärem oder globalem Pumpversagen an eine IABP- oder sogar ECMOImplantation gedacht werden. Die Ursachen für dieses Low-Output-Syndrom können vielfältig sein. Selten sind sie immunologischer Natur. Der häufigste Grund ist die Ischämiezeit, wodurch die Myozyten geschädigt werden und in der Folge ein Reperfusionsödem ausbilden können. Weitere mögliche Ursachen sind unerkannte Koronarstenosen, verbliebene Luft in den Koronarien oder Obstruktionen im Ausflusstrakt. Zu einer besseren Hämodynamik tragen oft inotrope, vorlastsenkende und vasokonstriktorische Substanzen bei. Allerdings können hohe Dosen von Katecholaminen ebenfalls 24 fokale Nekrosen im Myokard bewirken. Um den Herzschlag effektiver zu machen, kann das Herz durch einen Schrittmacher mit einer Frequenz von 100 Schlägen pro Minute stimuliert werden. Bei isoliertem Rechtsherzversagen liegt die Ursache meist in einer pulmonalen Hypertonie bei einem erhöhten pulmonalen Gefäßwiderstand des Empfängers. Da das Spenderherz diesen nicht gewohnt ist, kann sich ein akutes Rechtsherzversagen mit Erweiterung des rechten Ventrikels und Trikuspidalklappeninsuffizienz entwickeln. Um den Lungengefäßwiderstand zu senken, sollte eine NO-Beatmung, die Inhalation mit Iloprost oder die Gabe von Prostaglandinderivaten vorgenommen werden [37]. Auch arterielle Thromben, die an den Wänden des rechten Herzens angelagert waren und multiple Lungenembolien auslösen, können zu einem Rechtsherzversagen führen. Wenn keine Erholung erfolgt, muss die Anlage eines rechtsventrikulären Unterstützungssystems erwogen werden. Auf der Intensivstation werden die Organfunktionen stabilisiert. Zudem muss eine effektive Immunsuppression gestartet und besondere Hygieneregeln eingehalten werden. In den letzten Jahren sind diese gelockert worden, jedoch gilt meist für zwei Tage die Kittelpflege mit sterilem Kittel sowie Mundschutz und Haube. Durch die HLMOperation ist der Patient mit ungefähr 1-3 Litern Flüssigkeit im Extravasalraum überladen, wodurch Elektrolytverschiebungen und Rhythmusstörungen resultieren können. Sofern es die Blutdruck-Situation zulässt, sollte eine moderate Entwässerung durchgeführt werden. 1.3.4 Erfolge und Probleme der HTX Besonders die Fortschritte in der Immunsuppression haben zu akzeptablen Überlebenszahlen nach Herztransplantation geführt. Die 5-Jahres-Überlebensrate beträgt im Herzzentrum Bad Oeynhausen 75% [83]. Nach der DSO liegt die 5-Jahres-Funktionsrate nach einer HTX bei 66%. Die mittlere Transplantatüberlebenszeit liegt bei 8,6 Jahren, nach Überleben des risikoträchtigsten ersten Jahres bei 11,0 Jahren [73]. 25 Durch die Denervation ist die Ruhefrequenz des transplantierten Herzens höher und die Adaptation an körperliche Belastung verlangsamt. Der typische Schmerz der Angina pectoris bei Koronarinsuffizienz ist nicht vorhanden. Ebenfalls ist bei fehlender Afferenz der Reflexmechanismus von der Peripherie gestört, wie beim Vorliegen einer peripheren Vasokonstriktion oder Vasodilatation. Durch Änderungen der neurohumoralen Verhältnisse kann auch der Elektrolyt- und Wasserhaushalt umgestaltet werden. Meist haben transplantierte Patienten erhöhte Füllungsdrücke und gesteigerte Katecholaminspiegel bei Belastung. Durch die intraoperative Ischämiezeit, rezidivierende Abstoßungsreaktionen und Myokarditiden wird das Kontraktionsverhalten des verpflanzten Herzens restriktiver. Die größte Bedeutung im Langzeitüberleben wird jedoch der Graftvaskulopathie beigemessen; plötzlicher Herztod oder akute Abstoßungen sind dann sehr selten [83]. Obwohl bei den meisten Patienten solche Veränderungen vorliegen, können sie sich in der Regel körperlich belasten, ohne stärkere Einbußen ihrer Lebensqualität zu verspüren. Ein immer größer werdendes Problem ist der Mangel an Spenderorganen. Durch ausgedehnte Indikation wuchs der potentielle Empfängerpool, die Zahl der verfügbaren Organe jedoch nahm ab. So sind die Wartezeiten auf ein Spenderorgan im letzten Jahrzehnt deutlich gestiegen. Nach umfangreichen politischen und ethischen Diskussionen hat der Deutsche Bundestag im Mai 2012 beschlossen, die bisher geltende erweiterte Zustimmungslösung in eine Entscheidungslösung umzuwandeln, um die Praktikabilität der Organspende zu vereinfachen und die Anzahl zu erhöhen. Alle Krankenversicherten ab 16 Jahren sollen von nun an regelmäßig befragt werden, ob sie einer Organspende zustimmen. Wegen der Knappheit der Organe gewannen die künstlichen Kreislaufunterstützungssysteme (VADs) kontinuierlich an Bedeutung, um den hochgradig herzinsuffizienten Patienten ein Überleben zu ermöglichen und die Zeitspanne bis zur Herztransplantation zu überbrücken. Nichtpulsative Geräte mit kontinuierlichem Blutfluss können teilweise ins Perikard implantiert werden und vermindern die Komplikationsrate. Der technische Fortschritt lässt darauf hoffen, dass die mechanischen Systeme eines Tages die HTX nahezu überflüssig machen. 26 1.4 Das Immunsystem Das Immunsystem ist mit seinen Zellen und lymphatischem Gewebe im ganzen Körper komplex verstreut und wird klassisch in das angeborene und adaptive Immunsystem eingeteilt. Zu den Zellen des angeborenen Immunsystems zählen dendritische Zellen (DC), polymorphkernige Granulozyten, Mastzellen, Natürliche Killerzellen (NK), Monozyten und Makrophagen. Dagegen gehören die B- und T-Lymphozyten zu den Zellen des adaptiven Immunsystems. Knochenmark und Thymus werden als primäre lymphatische Organe bezeichnet. Hier findet die Reifung der Immunzellen statt. Als sekundäre lymphatische Organe gelten Lymphknoten, Milz und das mukosaassoziierte lymphatische System, in welchen sich die reifen Immunzellen aufhalten. Als humorale Faktoren spielen vor allem die Antikörper, das Komplementsystem und Akute-Phase-Proteine eine Rolle. Nach Organtransplantation sind besonders das adaptive System und die Erkennung der körperfremden Proteine bedeutend. 1.4.1 Abwehrmechanismen Die MHC-Gene (major histocompatibility complex) sind auf dem kurzen Arm des Chromosoms 6 gelegen und steuern die Bildung der MHC-Moleküle. Diese glykosilierten Polypeptide sorgen an der Zelloberfläche nahezu aller Zellen dafür, dass diese als zum Individuum gehörig erkannt werden. Mehrere Loci der MHC-Gene sind bekannt. Durch eine extreme Multiallelie gibt es zahlreiche Kombinationsmöglichkeiten und daher einen ausgeprägten Polymorphismus. Weil das erste dieser Antigene 1958 auf Leukozyten entdeckt wurde, werden sie auch humane Leukozyten-Antigene (HLA) genannt. Die im endoplasmatischen Retikulum synthetisierten MHC-Moleküle werden zur Immunglobulinsuperfamilie gezählt und nach ihrer Funktion und Form in zwei Klassen eingeteilt. Beide MHC-Klassen zeichnen sich in ihrer Struktur durch eine Peptidbindungsfurche aus, die am Boden durch ein β-Faltblatt und zwei α-Helices begrenzt wird und eine bestimmte Form ausbildet. In dieser Furche werden die prozessierten Antigene präsentiert. Wenn die Antigene an gewissen Ankerpositionen nicht die passenden Amino- 27 säuren besitzen, überragen sie die Furchen und können mit dem T-Zell-Rezeptor (TCR) der T-Zellen reagieren. Die HLA-A-, HLA-B- und HLA-C-Allele kodieren die Klasse-IAntigene (MHC-I). Die MHC-I-Moleküle sind aus einer membranständigen α-Kette und einem angelagerten β2-Mikroglubulin aufgebaut und sind auf allen kernhaltigen Zellen zu finden. Sie präsentieren zelleigene Peptidfragmente, die im Proteasom abgebaut, im endoplasmatischen Retikulum aufgeladen und dann über den Golgi-Apparat auf die Zelloberfläche gebracht wurden. Dort haben die MHC-I-Antigene einen großen Anteil an der Definition des immunologischen Selbst, da durch die vorherige Reifung der lymphatischen Zellen diese Antigene als körpereigen festgelegt wurden. Allerdings können sie von zytotoxischen T-Zellen (CTL) als fremd erkannt werden, zum Beispiel bei virusinfizierten oder transplantierten Zellen. Bei Veränderungen oder Fehlen des MHC-I wirken die inhibitorischen Signale auf die NK-Zell-Rezeptoren nicht, so dass diese die auffälligen Zellen direkt angreifen können. Die Gene der HLA-D-Region exprimieren die Klasse-II-Antigene (MHC-II), bei denen die Typen HLA-DR, HLA-DP und HLA-DQ unterschieden werden. Die MHC-II-Moleküle besitzen zwei membranständige Polypeptidketten, die schwere α- und die leichte βKette, welche durch nichtkovalente Bindungen verquickt sind. Alle zur Phagozytose fähigen Zellen (Makrophagen, neutrophile Granulozyten, B-Lymphozyten, dendritische Zellen) besitzen HLA-II-Moleküle und präsentieren mit diesen den T-Helferzellen Antigen-Fragmente, die aktiv aufgenommen, im Phagosom und Phagolysosom gespalten und zur Zellmembran transportiert wurden [35]. So können besonders Peptide extrazellulärer Antigene wie Bakterien und noch nicht adsorbierte Viren, aber auch eigene Serumproteine, erkannt werden. Die wohl wichtigste Funktion der MHC-II-Antigene ist die Steuerung der Immunglobulinproduktion der Plasmazellen. Folglich können auf beiden MHC-Klassen körperfremde und -eigene Peptide präsentiert werden. Die antigenpräsentierenden Zellen (APC) haben keinen Mechanismus, um zwischen diesen beiden Kategorien unterscheiden zu können. Neben den MHCMolekülen gibt es auch minor histocompatibility antigens, welche durch die Varianz im Spektrum der MHC-gebundenen Peptide ebenso einen Einfluss auf die Transplantatakzeptanz ausüben [76]. 28 Auch die Blutgruppengene sind schwache Histokompatibilitätssysteme, die auf zelluläre Abwehrmechanismen Einfluss haben. Die Gene des wichtigsten Blutgruppensystems AB0 befinden sich auf dem Chromosom 9, welche Enzyme für die Blutgruppenmerkmale A und B kodieren. Die grundlegende H-Substanz, die somit die Blutgruppe 0 determiniert, wird durch das H-Gen auf dem Chromosom 19 produziert. Die Proteinmoleküle des AB0-Systems werden massenhaft an der Zelloberfläche der Erythrozyten exprimiert. Die Isoagglutinine Anti-A und Anti-B sind natürlich präformierte komplette Antikörper, die regelhaft blutgruppenkonträr vorliegen [8]. Bei MHC-Mismatch können schwere Abstoßungsreaktionen resultieren. Durch die vorherige HLA-Gewebetypisierung kann bei einer Transplantation die immunologische Inkompatibilität gemindert werden, aber eine vollständige Verträglichkeit ist nicht möglich, außer bei eineiigen Zwillingen. Bei Herz- oder Lungentransplantationen scheint eine höchstmögliche HLA-Kompatibilität von geringerer Bedeutung zu sein, was in Anbetracht der schnellen Organisation der Organentnahme und anschließender Transplantation mit kurzen Ischämiezeiten auch nicht praktikabel ist. Hierbei ist die Blutgruppenidentität des AB0-Systems entscheidend [63]. Nachgewiesen ist, dass transplantierte Nieren von HLA-identischen Geschwistern eine deutlich längere Überlebenszeit haben als solche bei HLA-nichtidentischen. Trotzdem ist umstritten, ob bei Transplantationen solider Organe überhaupt auf die HLA-Typisierung geachtet werden sollte [8]. Kommen Zellen eines anderen Organismus mit dem Individuum in Kontakt, wird eine Immunantwort in mehreren Abwehrschritten provoziert. Einerseits wird das spezifische lymphatische System des Empfängers durch das antigentragende neue Organ aktiviert, und andererseits kann das Fremdorgan durch Antigen-Erkennung zerstört werden. Ein Teil der zytotoxischen T-Zellen kann direkt durch die fremden MHC IMoleküle stimuliert werden. Dabei erkennen die alloreaktiven T-Zellen auf Grund des Polymorphismus die Komplexe aus fremden MHC und Peptid als Antigen und leiten eine Immunantwort ein. Andererseits nehmen die APCs die Fremdantigene auf und exprimieren diese nach Prozession als MHC-Antigene der Klasse I und II. Zusätzlich sezernieren sie dabei vermehrt Interleukin (IL) 1-6, wodurch T-Helfer- (CD4+) und zytotoxische T-Zellen (CD8+) aktiviert werden. Anhand der membrangebundenen CD- 29 Moleküle (cluster of differentiation), die meist Glykoproteine mit Rezeptor- oder Signalfunktion sind, lassen sich die Immunzellen in verschiedene Gruppen einteilen. Die T-Helfer-Zellen produzieren nach direktem Kontakt mit MHC II-Antigenen IL-2 und exprimieren IL-2-Rezeptoren, wodurch T- und B-Lymphozyten sowie NK-Zellen proliferieren und sich differenzieren. Aus den B-Lymphozyten werden spezifische Plasmazellen, die Immunglobuline produzieren. In enger zeitlicher Abfolge wirken zuerst IgMAntikörper, dann IgG-Antikörper, welche lange bestehen können. Die Antikörper können die Antigene über verschiedene Mechanismen angreifen, beispielsweise mit Hilfe des Komplementsystems oder der NK-Zellen. Durch beide aktivierte Zellpopulationen sind differenzierte Effektorzellen entstanden, die eine wirksame Immunreaktion herbeiführen. Die Effektorzellen exprimieren Adhäsionsmoleküle wie CD2 und LFA-1 (lymphocyte function associated antigen), die im Endothel des transplantierten Organs an die komplementären Liganden LFA-3 und ICAM-1 (intercellular adhesion molecule) binden. Lymphozyten und Makrophagen verstärken durch Freisetzung von TNF (Tumornekrosefaktor) und IF-γ (Interferon) diese Reaktionen, so dass die spezifischen TLymphozyten vermehrt in das Transplantat einwandern. Die gesteigerte Sekretion von IF-γ, TNF, IL-1, 2, 4 und 6 sowie die Komplementaktivierung nach Antikörperbindung sorgen für eine Gewebsschädigung des Endothels und eine folgende Entzündungsreaktion, die eine Störung der Mikrozirkulation und Gerinnung sowie eine weitere Immigration von Makrophagen und Granulozyten für die Abräumungsprozesse beinhaltet. Diese zur Phagozytose fähigen Zellen zerstören die fremden Zellen mit den mikrobiziden Enzymen ihrer Granula [79]. Diese komplexen immunologischen Reaktionen würden ohne eine entsprechende immunsuppressive Therapie den Transplantatverlust bedeuten [63]. Die HLA-Typisierung auf der Zelloberfläche wird mit dem Mikrozytotoxizitätstest nach Terasaki durchgeführt [85]. Dabei können zytotoxische Anti-HLA-Antikörper an spezifische Lymphozyten binden und bewirken daraufhin eine Komplementaktivierung und Lyse der Zellen, die mit einem Farbstoff nachgewiesen wird. Die HLA-Antikörper können im Lymphozyten-Crossmatch detektiert werden. In den letzten Jahren kommen auch vermehrt molekularbiologische Methoden zum Einsatz; so kann die HLA-Bestim- 30 mung an Oligonukleotidproben in Kombination mit der Polymerasekettenreaktion (PCR) auf DNA-Ebene erfolgen [51]. 1.4.2 Der T-Zell-Rezeptor (TCR) Die Rezeptoren der T-Zellen sind membrangebundene, aus zwei Ketten bestehende Moleküle mit einer hypervariablen Antigenbindungsstelle, die den Fab-Fragmenten der Antikörper ähneln. Die beiden Ketten sind durch eine Disulfidbrücke miteinander gekoppelt und bestehen aus jeweils einem konstanten Fragment, das in der Membran verankert ist, und der variablen Immunglobulindomäne. Die Genorte für den TCR liegen auf den Chromosomen 7 und 14 und erzeugen durch das Baukastenprinzip der somatischen Rekombination eine riesige Vielfalt der Antigenbindungsstelle. 95% der TCR sind aus je einer sogenannten α- und β-Kette aufgebaut, die anderen aus einer γund δ-Kette. Jeder TCR ist mit weiteren Membranproteinen verknüpft, nämlich dem CD3-Komplex und einem Homodimer aus zwei ζ-Ketten. Der CD3-Komplex enthält zwei Heterodimere aus CD3γ-, CD3δ- und CD3ε-Ketten. Ohne CD3 gelangt der TCR nicht in die Membran, so dass T-Zellen durch CD3 diagnostisch nachgewiesen werden können. Im Gegensatz zu den B-Zell-Rezeptoren, die sich durch ihre Vielzahl von Antigenspezifitäten direkt mit den Strukturen der Epitope der verschiedenen Substanzklassen verbinden können, sind die T-Zellen bei der Erkennung von Proteinantigenen auf die Kooperation mit den APC angewiesen. Nur wenn der TCR eine hohe Affinität sowohl zum MHC-Molekül als auch zum darin prozessierten Peptid besitzt, kann der Komplex gebunden werden und innerhalb der T-Zelle das Aktivierungssignal auslösen. Die CD4oder CD8-Proteine der T-Zellen können an konservierte Domänen der MHC-Moleküle binden und so die Affinität zu den MHC-Peptid-Komplexen verstärken. In der Regel ist der TCR bei CD8+-T-Zellen MHC-I-restringiert, bei CD4+-T-Zellen MHC-II-restringiert. Nach Aktivierung produzieren die T-Zellen viele Zytokine wie IFN-γ und IL-17, welche Makrophagen und neutrophile Granulozyten anlocken. CD4 +-T-Zellen können sich klonen, zu T-Helferzellen oder regulatorischen T-Zellen differenzieren und später für das immunologische Gedächtnis Memoryzellen werden. CD8+-T-Zellen werden zu potenten Killerzellen [76]. 31 Die γδ-T-Zellen sind vergleichsweise wenig erforscht. Sie treten gehäuft an Grenzflächen des Organismus wie Schleimhäuten auf und scheinen für die Infektabwehr, besonders gegen Mykobakterien, eine wichtige Rolle zu spielen. Der γδ-TCR reagiert unkonventionell mit seinen konstanten Strukturen gegen Phospholipid-Antigene, die von CD1-Komplexen präsentiert werden. Die Aktivierung dieser T-Zellen läuft dann herkömmlich ab. Es gibt gewisse mikrobielle Toxine, die eine große Anzahl von T-Lymphozyten gleichzeitig aktivieren können und Superantigene genannt werden. Dabei sind sie in der Lage, die TCR- und MHC-II-Komplexe außerhalb der Peptidbindungsstellen direkt zu verbinden und bewirken damit eine äußerst potente Immunreaktion. Wenn eine größere Menge an Superantigenen in den Blutkreislauf geschwemmt wird, kann durch die massive Zytokinausschüttung ein toxisches Schocksyndrom resultieren. Verschiedene bakterielle Stämme wie Staphylococcus aureus oder Streptococcus pyogenes schütten Superantigene als Exotoxine aus. 1.4.3 Die Signaltransduktion Immunzellen erhalten über ihre Rezeptoren viele Informationen, auf die Reaktionen wie Mitose, Differenzierung, Sekretion von Zytokinen, Ausschüttung von Granula oder Apoptose folgen können. Die Rezeptoren können mit Konformationsänderungen oder Clusterbildung durch Bindung von multivalenten Liganden rezeptorassoziierte Signalmoleküle anregen. Diese sind oft Enzyme und verändern nun zytoplasmatische Proteine beispielsweise durch Phosphorylierung an Tyrosin- oder Serinresten, enzymatische Spaltung oder Ubiquitinierung. So können weitere Enzyme kaskadenartig aktiviert werden oder Second messenger freigesetzt werden. Schließlich werden Transkriptionsfaktoren erreicht, die nukleäre Transportsignale exponieren und in den Zellkern gebracht werden. Dort binden sie an passende DNA-Sequenzen und sind in der Lage die Transkription entsprechender Gene zu fördern oder zu hemmen. Die Signalwege verschiedener Rezeptoren können sich synergistisch verstärken oder auch antagonisieren. 32 Der TCR hat keine Signaltransduktionsmoleküle, steht jedoch im engen Kontakt mit dem CD3-Komplex und dem ζ-Homodimer, die verschiedene ITAM-Sequenzmotive (immunoreceptor tyrosine-based activation motif) besitzen. Wenn ein Antigen an den TCR bindet, werden diese ITAMs an ihren Tyrosinresten innerhalb von Sekunden durch Tyrosinkinasen phosphoryliert. Über die zytoplasmatische Tyrosinkinase Zap70 setzt sich die Signaltransduktion fort. Weitere Tyrosinsignalmotive von TransmembranAdapterproteinen werden phosphoryliert und aktivieren auf komplexe Weise viele zytosolische Adapterproteine und Enzyme, beispielsweise Phospholipase Cγ (PLCγ), Proteinkinase C (PKC) und Ras. Die Phospholipase Cγ bindet an phosphorylierte Tyrosinmotive in der Membran und spaltet dort sein Substrat Phosphatidylinositol-4,5-bisphosphat (PIP2) in Inositoltrisphosphat (IP3) und Diacylglycerol. Letzteres reagiert mit der PKC, die über mehrere Signalwege den Transkriptionsfaktor NFκB aktiviert. Das IP3 diffundiert durch die Zelle und bindet an einen Kalziumkanal des Endoplasmatischen Retikulums, so dass die Ca2+Konzentration im Zytoplasma steigt. Die Ca2+-Ionen reagieren unter anderem mit Calmodulin, das die Serinphosphatase Calcineurin aktiviert. Dieses kann den Transkriptionsfaktor NFAT (nuclear factor of activated T-cells) dephosphorylieren, der im Nukleus die Transkription des IL-2-Gens stimuliert. Durch die IL-2-Ausschüttung kann die klonale Expansion der T-Zellen starten. Das kleine G-Protein Ras aktiviert nach T-ZellLigandenbindung den MAP-Kinase-Weg, eine Reihe von Serinkinasen, wodurch der Transkriptionsfaktorkomplex AP1 angeregt wird [76]. Für die volle Aktivierung der T-Zellen sind neben dem TCR-Weg weitere kostimulatorische Signale wichtig. Erst wenn die T-Zellen mit ihrem CD28-Molekül an das CD80/86 der APC andocken konnten, starten die IL-2-Synthese und die klonale Expansion [31]. Zwischen APC und TCR bildet sich eine mikroskopisch sichtbare, multimolekulare Struktur aus, die so genannte immunologische Synapse. Neben vielen aktivierenden Motiven können die Rezeptoren jedoch auch inhibierende ITIM-Sequenzen (beispielsweise CTLA-4) besitzen, die gerade auch für die Regulation der Immunantwort bedeutend sind. Durch das Zusammenspiel der Signale wandelt die Zelle entsprechend ihr Transkriptionsprofil. Abgesehen von zahlreichen Modifikationen 33 der Transkription wird durch die Signaltransduktion ebenfalls das Zytoskelett mitsamt Form und Bewegung der Zelle geändert. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass eine T-Zelle mehrere Reize benötigt, um vollständig aktiviert zu werden. Das wichtigste Signal ist die Erkennung eines Antigens über den TCR, welche meist im lymphatischen Gewebe durch Präsentation der APC geschieht. Zusammen mit kostimulatorischen Signalen werden dadurch vermehrt T-Zellwachstumsfaktoren (wie IL-2) produziert, die wiederum die Proliferation und Differenzierung der T-Zellen bewirken. Die aktivierten T-Zellen verlassen über die Lymphbahnen die lymphatischen Organe und wandern durch Blut und Gewebe. 1.4.4 Abstoßungsreaktionen Nach der Transplantation eines allogenen Organs gilt es, die Abstoßung zu verhindern. Eine Abstoßungsreaktion ist ein komplexes immunologisches Geschehen und beinhaltet einen Zell- und Antikörper-vermittelten Angriff auf das Spenderorgan, weil dieses vom Immunsystem als etwas Fremdes erkannt wurde. Dieser Prozess wird histologisch und immunologisch in drei Kategorien eingeteilt: hyperakute, akute und chronische Abstoßung. 1.4.4.1 Die hyperakute Abstoßung Die hyperakute Rejektion findet innerhalb weniger Stunden auf überwiegend humoralem Weg statt und basiert auf einer Vorsensibilisierung des Empfängers. Die Endothelzellen des Organs werden dabei durch präexistente Antikörper gegen die Gewebeeigenschaften des Spenders angegriffen. Es können auch durch zuvor aktivierte TLymphozyten Antikörper gegen die fremden HLA-Moleküle gebildet werden. Kürzlich wurden auch Autoantikörper gegen Angiotensin-II-Rezeptoren als Ursache gefunden [76]. Durch Komplementaktivierung können Entzündungen und arterielle Thrombosen entstehen. Bei AB0-Kompatibilität und gutem Abgleich der HLA-Antigene ist diese Form der Abstoßung sehr selten. Bei Herztransplantationen kann sich nach einigen 34 Stunden ein globales Pumpversagen mit letalem Ausgang entwickeln. Bei Verdacht wird mit Steroidbolus, weiteren Immunsuppressiva und einer Plasmapherese zur Antikörper-Entfernung gegengesteuert. 1.4.4.2 Die akute Abstoßung Die akute Rejektion tritt innerhalb von wenigen Tagen bis Wochen auf. In ungefähr der Hälfte aller Transplantationsfälle ereignet sich mindestens eine Abstoßungsreaktion innerhalb der ersten drei Monate. Das Transplantat wird hauptsächlich zellulär angegriffen, teils mit humoraler Komponente. Dabei infiltrieren aktivierte Makrophagen und alloreaktive CTLs die Parenchymzellen des Organs und können dort eine Lyse der betroffenen Zellen bis zur Nekrose auslösen. Auch neu generierte Anti-HLA-Antikörper tragen zur Rejektion bei. Nach Ausschluss von Infekten ist oft eine Therapie mit hochdosierten Immunsuppressiva nötig, eventuell auch eine Plasmapherese; anderenfalls ist ein Verlust des Organs unvermeidlich. Im Falle einer akuten Abstoßung liegt zudem ein wichtiger Risikofaktor für eine chronische Abstoßung vor und verschlechtert damit die Langzeitprognose des Transplantats deutlich. 1.4.4.3 Die chronische Abstoßung Chronische Abstoßungen (oder besser: chronische Transplantatschäden) entstehen über Monate bis Jahre. Die Rejektion beruht dabei auf organspezifischen, fortschreitenden Veränderungen im transplantierten Organ, zum Beispiel beim Herzen auf der Graftvaskulopathie (GVP) in den Koronarien, auch cardiac allograft vasculopathy (CAV) genannt. Die Ursache dieser sklerosierenden Umgestaltungen scheint ein multifaktorielles Geschehen zu sein, auch durch nicht-immunologische Faktoren. Alloantigenspezifische T-Helferzellen und proinflammatorische Makrophagen können sich an den Gefäßwänden ansiedeln und eine Vermehrung glatter Muskelzellen bewirken. Diese Intimaproliferation kann zudem eine Thrombozytenaggregation bewirken. Oft spielt die obliterative Vaskulopathie die entscheidende Rolle, so auch bei der Bronchiolitis 35 obliterans in der transplantierten Lunge [63]. Die GVP limitiert meist das Langzeitüberleben. 1.4.4.4 Graft-versus-Host-Disease (GvHD) Eine GvHD kann nach Knochenmarktransplantation oder Bluttransfusion auftreten. Nach Transplantation solider Organe ist diese Komplikation sehr selten. Dabei reagieren die übertragenen immunkompetenten Zellen des Transplantats (Graft) mit den MHC-Antigenen des immunsupprimierten Wirts (Host). Im akuten Fall treten beim Empfänger Fieber, Exantheme, ein aplastisches Syndrom, eine Hepatitis, neurologische Symptome, Herzrhythmusstörungen oder Diarrhoen auf. Bei der chronischen Form finden sich sklerodermieartige Hautveränderungen, ein Sicca-Syndrom, Hepatosplenomegalie, Infektionen oder Lungengerüsterkrankungen. Therapeutisch kann man der GvHD mit erhöhten Dosierungen von Immunsuppressiva oder Antithymozytenglobulinen (ATG) begegnen. Etwa 10% der Patienten nach Knochenmarktransplantation erleiden eine schwer kontrollierbare GvHD. Da bei der Transplantation das Immunsystem des Spenders übertragen wird, spielt die genetische HLA-Übereinstimmung, besonders in der HLA-D-Region, eine große Rolle [34]. Auch nach einer Bluttransfusion, beispielsweise eines Erythrozytenkonzentrats, ist die GvHD eine seltene Komplikation. Vor allem bei immunsupprimierten Patienten können sich Spenderlymphozyten oder periphere Stammzellen absiedeln und gegen den Empfängerorganismus wirken [8]. 1.4.5 Stand der Immunsuppression Nach einer Organtransplantation ist eine lebenslange immunsuppressive Therapie erforderlich, um die Abstoßung zu verhindern. Durch den wissenschaftlichen Fortschritt gibt es derzeit mehrere Medikamentengruppen, die zu verschiedenen Zeitpunkten in die Immunreaktion eingreifen und für die Immunsuppression nach Allotransplantation zur Verfügung stehen. Neben den Glukokortikoiden (Prednisolon) können CalcineurinInhibitoren (Cyclosporin A, Tacrolimus), Zytostatika (Mycophenolsäure, Azathioprin) oder mTOR-Inhibitoren (Sirolimus, Everolimus) eingesetzt werden, um die Transplan- 36 tatabstoßung zu verhindern. Polyklonale Antikörper wie Antithymozytenglobulin (ATG) wirken unspezifisch gegen Lymphozyten. Zudem gibt es monoklonale-Antikörper, die sich gegen spezifische Moleküle richten. So greift Muromonab den CD3-Rezeptor an, neuere Medikamente blockieren den IL-2-Rezeptor. In der Regel verwenden die Zentren Kombinationsprotokolle, um die Synergien der verschiedenen Substanzklassen auszunutzen und die Nebenwirkungen abzuschwächen. Bei der immunsuppressiven Therapie werden eine initiale Induktions-, eine permanente Basis- und eine Abstoßungstherapie unterschieden. Da unmittelbar nach der Transplantation die Immunreaktivität am stärksten ausgeprägt ist, werden anfangs in der Induktionstherapie die höchsten Dosierungen verabreicht. In den folgenden Tagen werden diese schrittweise auf die Erhaltungsdosen gesenkt, die die Basistherapie bilden. Abstoßungsreaktionen müssen je nach Schweregrad individuell behandelt werden. Im weiteren Verlauf wird versucht, die Immunsuppressiva so weit wie möglich zu reduzieren, ohne dabei eine Abstoßung zu provozieren. Es gilt der Leitsatz: „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Bei zu hoher Immunsuppression ist der Patient weniger gegen Infektionen geschützt, und langfristig ist die Inzidenz von Malignomen nach Organtransplantation im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung verdoppelt [13]. Bei Infektionen kann die Immunsuppression vorübergehend vermindert werden, um dem Immunsystem eine nötige Abwehrkompetenz zu ermöglichen. Die Reduktion der Medikamente sollte dabei immer über das Transplantationszentrum erfolgen, ebenfalls sollte bei schweren Infektionen eine stationäre Aufnahme erwogen werden. 1.4.6 Infektionen unter Immunsuppression Nach einer Organtransplantation stellen Infektionen neben Abstoßungen die größte Gefahr für den Patienten dar und gehen mit einer hohen Morbidität und Mortalität einher. 20-35% der HTX-Patienten erleiden eine bakterielle oder virale Infektion, bei 5-15% entwickelt sich eine Pilzinfektion. Schwere Infektionen, die eine stationäre Behandlung erfordern, sind nach Herztransplantationen häufig. In einer langjährigen Stu- 37 die lag der Anteil der Patienten, die auf Grund einer Infektion hospitalisiert werden mussten, bei 54% [2]. Der Wirt muss für den pathogenen Erreger eine gewisse Suszeptibilität vorweisen. Entscheidend für die Ausbreitung der Infektion ist der Immunstatus des Patienten, der vom Ausmaß der Immunsuppression und dem Abstand zur HTX abhängig ist. Oftmals sind es auch atypische Erreger, die für eine Infektion unter Immunsuppressiva verantwortlich sind. Deswegen ist zur Prävention einer Infektion eine umfangreiche Prätransplantationsevaluation notwendig. Beim Spender sollte eine okkulte Bakteriämie ausgeschlossen und das Serum auf die gängigen Viren untersucht werden. Alle potenziellen Organempfänger sollten hinsichtlich aktiver Infektionen geprüft werden. Als Diagnostik werden das Röntgen der Nasennebenhöhlen, Urinkultur, Nasen- und Rachenabstrich, mikrobiologische Serologie und eine Stuhluntersuchung empfohlen. Insbesondere eine Spender-Seropositivität bezüglich der Erreger CMV, EBV oder Treponema pallidum kann bei später auftretender unklarer Symptomatik eine hilfreiche Information darstellen. Bei Symptomen wie Fieber sollten andere Ursachen - zum Beispiel Abstoßung oder Nebenwirkungen der Medikamente - frühzeitig ausgeschlossen werden, um durch schnelle mikrobiologische Diagnostik eine zielgerichtete Therapie einleiten zu können. Innerhalb eines Monats nach Operation sind bakterielle Wundinfektionen, katheterassoziierte Entzündungen, Harnwegsinfekte und nosokomiale Pneumonien häufig. In den Monaten 2-6 nach HTX ermöglicht die hochdosierte Immunsuppression typischerweise opportunistischen Erregern wie CMV, Toxoplasmen, Protozoen oder Schimmelpilzen eine klinische Infektion auszulösen. Bei Husten und progressiver respiratorischer Insuffizienz, die bis zur Beatmungspflicht führen kann, muss auch immer an eine Infektion mit dem Schlauchpilz Pneumocystis jiroveci gedacht werden, der eine interstitielle Pneumonie verursacht. In der Regel besteht über 6 Monate nach HTX, in der Posttransplantationsphase, keine vermehrte Infektanfälligkeit mehr, sofern die Dosis der Immunsuppressiva nicht wegen einer Rejektion erhöht werden musste. 38 1.5 Niereninsuffizienz Die chronische Niereninsuffizienz zeichnet sich durch eine stetige Funktionsminderung beider Nieren aus. Damit einher geht die gestörte Ausscheidung von Elektrolyten und Wasser, die beeinträchtigte Exkretion von Stoffwechselabbauprodukten und verminderte Sekretion von renalen Hormonen wie Erythropoetin, Renin oder Prostaglandinen. Ansteigende Marker im Serum sind Kreatinin, Harnstoff, anorganisches Phosphat, Harnsäure und Magnesium, im Spätstadium auch Kalium. So können sich als Folgen der Niereninsuffizienz eine renale Anämie, eine urämische metabolische Azidose oder eine renale Osteopathie einstellen. Durch die urämischen Toxine kann es zu einer gestörten Thrombozytenfunktion mit urämischer Blutungsneigung und durch eine gesteigerte Stickstoffmonoxid-Synthese zu einer Vasodilatation kommen. Ein erhöhtes KalziumPhosphat-Produkt und ein sekundärer Hyperparathyreoidismus führen zu vaskulären Verkalkungen, besonders zur Mediasklerose, welche die Risiken für eine Herzinsuffizienz, eine KHK oder eine pAVK weiter steigen lassen. Häufig sind bei Dialysepatienten ebenso Herzklappenverkalkungen. Bei fortschreitender Niereninsuffizienz können sich neuromuskuläre Veränderungen ergeben, die sich als urämische Polyneuropathie, Myopathie oder als Restless-Legs-Syndrom ausprägen. Im Endstadium kann sich eine Enzephalopathie entwickeln. An der Haut können sich Melanosen, Ekchymosen, häufig ein Pruritus oder durch eine kalzifizierende urämische Arteriolopathie (CUA) Ulzerationen manifestieren. Die renale Osteopathie entsteht vor allem durch den gestörten Vitamin D- und Parathormon-Haushalt und kann sich als Ostitis fibrosa, Osteomalazie oder adyname Knochenerkrankung äußern. Bei Patienten mit terminaler Niereninsuffizienz treten gehäuft Infektionen auf. Diese gestörte Immunkompetenz scheint durch das urämische Milieu und therapeutische Interventionen (Eisenüberladung, Dialyse) verursacht zu werden, so dass die humorale und zelluläre Abwehr geschwächt sind. So sind beispielsweise beeinträchtigte Antikörper- und Interferon-Produktion, verminderte Aktivierung von B- und T-Zellen sowie eingeschränkte Phagozytose beschrieben worden [62]. Auch das Ansprechen auf Impfungen ist gehemmt. Therapeutisch sollte an eine frühzeitige Antibiose, gegebenenfalls eine gute Shunthygiene und eine zurückhaltende Verabreichung von Immunsuppressiva gedacht werden. 39 Häufigste Ursachen der chronischen Niereninsuffizienz sind der Diabetes mellitus, Glomerulonephritiden, vaskuläre Nephropathien (bei Hypertonie) und tubulointerstitielle Erkrankungen [54]. Neben dem nierenschädigenden Röntgenkontrastmittel gibt es zahlreiche Medikamente, die nephrotoxische Wirkungen haben. Zu erwähnen sind hier besonders die nichtsteroidalen Antirheumatika, Zytostatika, diverse Antibiotika (Aminoglykoside, Glykopeptide) und Immunsuppressiva. All diese sollten nur nach gründlicher Abwägung gegeben werden, einige Substanzen sind absolut kontraindiziert (z.B. Biguanide). Bei lebenswichtiger Gabe der Medikamente sollte eine Dosisreduktion respektive eine Intervallverlängerung erfolgen, wenn diese über die Nieren ausgeschieden werden. Eine regelmäßige Spiegelkontrolle ist angeraten. Die meisten Immunsuppressiva sind nephrotoxisch, werden jedoch über die Leber metabolisiert. Um die kardiovaskulären Risikofaktoren bei Niereninsuffizienten zu senken, stehen die Therapie der renalen Hypertonie und Anämie, die Kontrolle des Volumen- und Kalzium-Phosphat-Haushalts, die Vermeidung eines Hyperparathyreoidismus und die Gabe von ACE-Hemmern und β-Blockern im Vordergrund. Wenn bei Patienten nach HTX eine Flüssigkeitsüberladung oder ein Nierenversagen vorliegt, ist die CVVH eine sichere und effektive Therapie. Diese reduziert jedoch nicht die Mortalität, die eher durch eine Abstoßungsreaktion oder ein Multiorganversagen (MOV) bedingt ist [41]. 1.5.1 Klassifikation der Niereninsuffizienz Die Stadieneinteilung der amerikanischen Nierenstiftung von 2002 in der Kidney Disease Outcomes Quality Initiative (KDOQI) hat sich weltweit durchgesetzt und wurde 2009 bestätigt. Neben der glomerulären Filtrationsrate (GFR) sind auch die Proteinurie und durch Bildgebung festgestellte pathologische Veränderungen entscheidend. Eine chronische Nierenkrankheit liegt definitionsgemäß erst vor, wenn dieser Zustand länger als drei Monate anhält. 40 Tabelle 2: Stadien der chronischen Nierenkrankheit nach der KDOQI [61] Stadium GFR* 1 > 89 Nierenfunktion Normale Nierenfunktion 2 60 - 89 Milde Nierenfunktionseinschränkung 3 30 - 59 Nierenkrankheit mit moderater Nierenfunktionseinschränkung 4 15 - 29 Nierenkrankheit mit schwerer Nierenfunktionseinschränkung 5 < 15 Chronisches Nierenversagen / Nierenersatztherapie * in ml/min/1,73 m² Nach Transplantationen sind die Patienten besonders in Bezug auf die Funktion ihrer Nieren gefährdet, da vor allem die dauerhafte Anwendung der nephrotoxischen CNIs das Risiko einer chronischen Nierenkrankheit erhöht. So erreichen letztlich 3-10% der herztransplantierten Patienten das Stadium 5 der Niereninsuffizienz [4]. 41 2 Zielsetzung Wir untersuchten zwei herztransplantierte Patientengruppen mit chronischer Niereninsuffizienz, die von ihrer vorherigen Immunsuppression auf den mTOR-Inhibitor Everolimus plus entweder Cyclosporin A bzw. Tacrolimus umgestellt wurden. Bei beiden Gruppen war es Ziel, die Dosis des nephrotoxischen Calcineurininhibitors zu senken, um die Nierenfunktion zu erhalten oder sogar zu verbessern. Die bisher empfohlene Dosierung von Everolimus nach HTX war zweimal täglich 0,75 mg oder 1,5 mg. Der Zielspiegel lag bei 3-8 µg/l, wobei der Bereich von 6-8 µg/l als der am besten geeignete angesehen wurde [29]. Die erste Gruppe war die Low dose-Gruppe (LD). Sie erhielt EVL mit dem Zielspiegel von 3,0-5,0 µg/l. Die zweite Gruppe war die Regular dose-Gruppe (RD), bei der ein Everolimus-Spiegel von 5,0-8,0 µg/l anstrebt wurde. Nach dieser Konversion verfolgten wir die Patienten im Hinblick auf klinische Auffälligkeiten wie Abstoßungsreaktionen oder unerwünschte Nebenwirkungen und Mortalität. Es wurde beobachtet, welcher Anteil der Patienten EVL planmäßig einnehmen konnte bzw. bei welchen Patienten es vorzeitig abgesetzt werden musste. Desweiteren verglichen wir durch Blutuntersuchungen die Retentionswerte, die Fettwerte und im Blutbild die Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten. Es war nicht bekannt, ob Patienten von einer niedrigen Dosis im Vergleich zu einer eher höher empfohlenen Dosis profitieren. Stellt solch eine Dosis eine effiziente und sichere Immunsuppression dar? Ist sie bezüglich Mortalität, Niereninsuffizienz und Nebenwirkungsprofil bei diesen vorgeschädigten Patienten äquivalent? Ziel dieser Studie war, beide Gruppen hinsichtlich Effizienz und Sicherheit zu vergleichen. 42 3 Material und Methoden 3.1 Studienaufbau Unsere Studie führten wir im Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen durch. Bis Juni 2006 wurden in dieser Klinik insgesamt 1528 Herzen transplantiert. Es handelt sich um eine retrospektive Datenanalyse von 107 herztransplantierten Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz. Die Immunsuppression dieser Patienten wurde zwischen Januar 2004 und Juni 2006 von den bisher verschiedenen Kombinationstherapien aus CNI, Mycophenolat, Azathioprin, Sirolimus und Methylprednisolon auf den Proliferationshemmer Everolimus plus niedrigdosierten CNI umgestellt. Einschlusskriterien für die Konversion auf EVL waren eine Serum-Kreatinin-Konzentration von mehr als 1,6 mg/dl respektive eine GFR < 40 ml/min/1.73 m2 (n = 104), die verursachte Neurotoxizität eines CNI (n = 2) und eine neu aufgestellte Tumor-Diagnose (n = 1). Von diesen 107 Patienten erhielten 56 als RD-Gruppe anfangs die reguläre Dosis von 2 x 0,75 mg EVL mit dem angestrebten Spiegel von 5-8 µg/l. Diese wurden zwischen Januar 2004 bis Dezember 2004 umgestellt. Die LD-Gruppe (51 Patienten) erhielt eine Anfangsdosis von täglich nur 2 x 0,5 mg EVL mit einem Zielspiegel von 3-5 µg/l. Diese Konversionen erfolgten von Januar 2005 bis Juni 2006. Im Verlauf wurden die Dosierungen mittels Betrachtung der Talspiegel angepasst. In beiden Gruppen wurde nach Konversion die CNI-Dosis schrittweise reduziert. Am ersten Tag wurde die Dosis aus Sicherheitsgründen nur um maximal 20% vermindert, in den folgenden vier Tagen bis zu einer Gesamtreduktion von 40%. Die Purin-Antagonisten wie Azathioprin und die Steroide wurden nach dieser Umstellung komplett ausgeschlichen. 66 andere Patienten, die ebenfalls im angegebenen Zeitraum auf die reguläre Dosis von EVL umgestellt wurden, wurden aus unterschiedlichen Gründen von unserer Datenanalyse ausgeschlossen. Von diesen waren 21 bereits bezüglich ihrer immunsuppressiven Therapie durch ihre dürftige Adhärenz aufgefallen. Weitere 4 Patienten lit- 43 ten an einem Psychosyndrom mit einer hohen Gefahr für eine unstete Medikamenteneinnahme. Weniger als zwei Besuche pro Jahr in unserem Zentrum hatten 7 Patienten vorzuweisen. 2 Patienten waren jünger als 18 Jahre. Bei 7 Patienten wurde schon zuvor eine fortgeschrittene GVP diagnostiziert. Die übrigen 25 Patienten litten unter rezidivierenden Abstoßungen von mehr als drei Ereignissen seit der HTX, was als Hinweis auf eine insuffiziente Immunsuppression zu deuten ist. Von diesen 66 Patienten wurden 35 im Jahr 2004 umgestellt, die anderen 31 von Januar 2005 bis Juni 2006. Ein Teil unserer Ergebnisse ist kürzlich von Fuchs et al. im Journal of Transplantation veröffentlicht worden [17]. Die Datenakquisition und Aufbereitung erfolgte größtenteils durch den Autor dieser Dissertation, die Auswertung fand unter Anleitung von Prof. Dr. Zittermann statt. Die Konzeption dieser Studie entwickelte Dr. Uwe Fuchs. 3.2 Datenbewertung Wir bewerteten die Patienten-Daten bis zu einem Jahr nach Konversion auf EVL. Der primäre Endpunkt war ein kombinierter Endpunkt aus Tod, Transplantatverlust und vorzeitigem Absetzen des EVL infolge schwerer Komplikationen, sowie das Auftreten einer Abstoßungsreaktion in diesen ersten 12 Monaten. Sekundäre Endpunkte waren Sicherheitsparameter, die auf umfangreichen Labordaten beruhen. Detailliert wurden die Serumkonzentrationen der Retentionswerte Kreatinin und Harnstoff, die Triglyceride, das Gesamtcholesterin, das HDL- und LDL-Cholesterin sowie die Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten vor der Konversion (t0) sowie nach sechs (t6) und zwölf Monaten (t12) betrachtet. Die Spiegel der Immunsuppressiva wurden bei stabiler Einstellung in der Regel alle zwei Wochen überprüft, wobei das Vollblut meist durch den Hausarzt abgenommen wurde. Bewertet wurden für unsere Studie die Talspiegel der Immunsuppressiva Cyclosporin und Tacrolimus vor Konversion und mitsamt den EVL-Spiegeln zu den Zeitpunkten t1, t3, t6, t9 und t12 (EVL, CSA, TAC). Je nach Zeitpunkt der HTX stellten sich die Patienten mindestens halbjährlich dem Transplantationszentrum zur Routineuntersuchung vor, bei der Blutuntersuchungen, 44 ein Elektrokardiogramm, ein Echokardiogramm und ein Röntgen-Thorax durchgeführt wurden. Bei Bedarf erfolgte eine Lungenfunktionsuntersuchung, ein Rechtsherzkatheter, eine Koronarangiografie oder weitere Diagnostik. Bei schweren Krankheiten, Nebenwirkungen oder Abstoßungsreaktionen wurden sie stationär versorgt. Die Nebenwirkungen oder Komplikationen wurden dokumentiert. 3.3 Statistik Die qualitativen Merkmale wurden als prozentualer Anteil des Vorkommens angegeben. Die quantitativen Variablen wurden als arithmetisches Mittel mit Standardabweichung (SD) dargestellt. Für Vergleiche von qualitativen Merkmalen wurden der Exakte Fisher-Test oder der Chi-Quadrat-Test angewendet, wenn bei genügender Stichprobengröße geeignet. Vergleiche von quantitativen Variablen wurden vor dem Start der Konversion und zu den spezifischen Zeitpunkten mit dem Mann-Whitney-Test durchgeführt. Zeit-Einflüsse wurden mit dem Friedman-Test evaluiert. Um Unterschiede zwischen den Gruppen an entsprechenden Zeitpunkten zu bewerten, wurde der Wilcoxon-Test benutzt. Der Kaplan-Meier-Schätzer diente zur Berechnung der Komplikationsraten. Um mögliche Unterschiede in den Komplikationen und Komplikationsraten zwischen den Studiengruppen zu erfassen, wurde der Logrank-Test eingesetzt. P-Werte von < 0,05 (two-tailed-Test) wurden als statistisch signifikant betrachtet. Für die Auswertung der Daten wurde die Statistik-Software PASW in der Version 18 (Chicago, Illinois, USA) benutzt. 3.4 Präoperative Diagnostik Vor jeder HTX wird der Patient komplett untersucht. Die Standarddiagnostik enthält: Routinelabor inklusive infektiologischer Parameter, AB0-Blutgruppenbestimmung, EKG, Echokardiographie, kardiopulmonaler Stresstest, Rechtsherzkatheter, Lungenfunktionstest, Röntgen-Thorax, Urin-Status, Sonographie Abdomen. Bei Bedarf werden ergänzt: CT Thorax/Abdomen, Farbdoppler der Karotiden, ABI-Bestimmung, Knochendichtemessung, onkologische Vorsorge mit Koloskopie, Hepatitis-Impfung, zahnärztli- 45 che und ophthalmologische Untersuchung. Der Blutgruppentest wird mit AB0-Testlösungen durchgeführt, die monoklonale Antikörper enthalten und mit den Erythrozyten des Patienten agglutinieren. Ein Coombs-Test kann auch bei fehlender Agglutination eine schwächere Antikörper-Reaktion nachweisen [51]. Mit dem PRA-Test (Panel Reactive Antibodies) wird untersucht, ob Transplantationspatienten ein hohes Risiko für ein positives Crossmatch haben. Hierbei wird das Serum des Empfängers mit einem Sortiment an repräsentativen Spenderlymphozyten versetzt, die alle HLA-Loci besitzen, um zytotoxische Antikörper nachzuweisen. Ein positives Ergebnis gründet meist auf stattgefundenen Sensibilisierungen wie Transfusionen, Schwangerschaft, VAD-Implantation oder früheren Transplantationen; es kann jedoch auch auf zufälligen Kreuzreaktionen der HLA-Antigene mit mikrobiologischen Epitopen beruhen. Bei positivem PRA-Test ist ein prospektiver Crossmatch-Test angeraten, der Antikörper im Serum des Empfängers gegen die Spenderantigene nachweisen kann. Fällt auch dieser Test positiv aus, ist das ein deutliches Zeichen für eine Inkompatibilität zwischen den beiden Organismen. Ein negatives Crossmatch belegt, dass zunächst keine Reaktion zwischen dem Spenderorgan und dem Empfänger erfolgt und folglich die Transplantation unternommen werden kann. 3.5 Immunsuppressive Therapie Immunsuppressiva unterdrücken die komplexen Reaktionswege des Immunsystems. In der Therapie werden sie zur Verhinderung von Abstoßungen nach Transplantationen, aber auch bei Autoimmunerkrankungen angewandt, die ihre Ursache in einer überschießenden Immunreaktion haben. Ebenso können sie gegen nicht-autoimmune Entzündungsreaktionen eingesetzt werden. Die zahlreichen Substanzgruppen greifen an verschiedenen Stellen der Immunreaktion ein (siehe Abbildung 1), wirken jedoch wenig selektiv und haben beachtliche Nebenwirkungen. 46 Abbildung 1: Schematische Darstellung der Angriffspunkte verschiedener Immunsuppressiva, angelehnt an die Figur „Schematic of mechanisms of action of immunosuppressive drugs“ [38] 3.5.1 Cyclosporin A (CSA) Das aus 11 Aminosäuren bestehende Cyclopeptid Cyclosporin wurde 1976 entdeckt und wird seit 1980 eingesetzt. Seine Einführung revolutionierte die Transplantationsmedizin und verlängerte die Überlebensraten der Transplantate deutlich. Die Substanz wurde aus den norwegischen Schlauchpilzen Tolypocladium inflatum und Cylindrocarpon lucidum gewonnen, wird mittlerweile aber synthetisch hergestellt. Cyclosporin durchdringt die Zellmembran, bindet an Calcineurin und hemmt somit den CalcineurinCalmodulin-Komplex im Zellplasma. Die Signalkaskade des TCR wird gestoppt. Dadurch wird die Transkriptionskontrolle des IL-2-Gens und weiterer Zytokine (unter anderem IF-γ) beeinflusst. Die hauptsächliche Wirkung wird über die Inhibierung der IL-2Produktion erreicht, so dass die T-Lymphozyten im Zellzyklus in der G0-Phase gehalten werden und die gesamte T-Zellaktivität dadurch spezifisch gemindert wird. Es wird zur Induktions- und Basistherapie eingesetzt. Die Dosierung ist abhängig von Körpergewicht und regelmäßigen Vollblutspiegelbestimmungen. 47 Als Nebenwirkungen treten vor allem Nephrotoxizität, Neurotoxizität (Kopfschmerzen, Tremor, Krampfanfälle), gastrointestinale Beschwerden (Nausea, Diarrhoe), arterielle Hypertonie, Beeinträchtigung der Leber, Hyperlipidämie, Gingivahyperplasie, Hirsutismus und Osteoporose auf. Besonders die schädliche Wirkung auf die Niere stellt bei jahrelanger Anwendung ein großes Problem für viele Patienten dar. Weil Cyclosporin über das Cytochrom P450 abgebaut wird, können durch Interaktion mit anderen Medikamenten beträchtliche Blutspiegelschwankungen auftreten. 3.5.2 Tacrolimus (TAC) Das 1984 entdeckte Makrolid Tacrolimus (auch als FK506 bezeichnet) wirkt über den gleichen Mechanismus wie Cyclosporin A und zählt somit auch zu den CNI. Es bindet an FKBP (FK506 binding protein) und inhibiert als Komplex die Phosphataseaktivität von Calcineurin und die Produktion proinflammatorischer Zytokine. Im Vergleich zu Cyclosporin hat es eine ebenso enge therapeutische Breite, jedoch eine zehn- bis hundertmal höhere Potenz. Es wird aus dem Schimmelpilz Streptomyces tsukubaensis isoliert und neben der Induktions- und Basistherapie auch gelegentlich bei steroidrefraktären Abstoßungen verabreicht. Die Dosierung erfolgt zweimal täglich und ist abhängig von regelmäßigen Vollblutspiegelbestimmungen. Als Nebenwirkungen kommen vor allem Nephrotoxizität, Leberschädigung, Neurotoxizität (Schwindel, Krämpfe), arterielle Hypertonie, gastrointestinale Beschwerden, Anämie, Alopezie und ein diabetogener Effekt vor. Bei der Einnahme anderer Medikamente sind wie bei Cyclosporin starke Schwankungen des Blutspiegels möglich, weil Tacrolimus ebenfalls hepatisch über das Cytochrom P450 verstoffwechselt wird. 3.5.3 Azathioprin (AZA) Das Imidazolderivat Azathioprin wurde bereits 1961 entwickelt und wird im Körper durch die Xanthinoxidase zu 6-Mercaptopurin umgewandelt. Dieser Antimetabolit alkyliert DNA-Prekursoren, unter anderem Inosinmonophosphat, und hemmt damit unspezifisch die Zellproliferation, besonders die der Lymphozyten. Es wirkt bei moderater 48 Immunsuppression myelotoxisch und mutagen, so dass die Nebenwirkungen gut überwacht werden müssen. Bei gleichzeitigem Einsatz von Allopurinol muss beachtet werden, dass dieses die Xanthinoxidase hemmt und deshalb die Dosis von Azathioprin vermindert werden muss. Durch die Knochenmarkdepression kann es zu Leukopenien, Thrombozytopenien und Funktionsstörungen der Phagozyten kommen. Deswegen sollten Leukozytenwerte von 4000-6000/nl angestrebt werden. Außerdem können Nausea, Haarausfall, Diarrhoen und Pankreatitiden ausgelöst werden. In der Langzeittherapie ist eine erhöhte Tumorinzidenz nachgewiesen [66]. Es wird zur Induktions- und Basistherapie eingesetzt. 3.5.4 Sirolimus (SRL) Der mTOR-Inhibitor Sirolimus (Rapamycin) besitzt eine Makrolidstruktur und wurde in den 70er-Jahren aus Streptomyceten (Streptomyces hygroscopicus) gewonnen. Da dieser Bakterienstamm erstmals auf der Insel Rapa Nui entdeckt wurde, trägt die Substanz auch den Namen Rapamycin. Es bildet mit dem für die Signaltransduktion wichtigen Protein mTOR (mammalian target of rapamycin) einen Komplex und hemmt somit die Signalübertragung des Rezeptor IL-2R. Dadurch werden die Proteinsynthese, die Aktivierung und die Proliferation der T-Zellen gemindert. Deswegen werden die mTORInhibitoren auch Proliferationssignal-Inhibitoren (PSI) genannt. Sie hemmen nicht die Signalkaskade des TCR, sondern sie blockieren die T-Zellwachstumsfaktoren. Zusätzlich binden die PSI intrazellulär an FKBP und können in Kombination mit den CalcineurinInhibitoren eine hocheffektive Immunsuppression erreichen. Ebenfalls stören die PSI den Signaltransduktionsweg von PI3K/Akt, der bei vielen Malignomen das Wachstum reguliert, so dass die Proliferation von Tumoren verlangsamt wird [67]. Zudem beeinflusst Sirolimus die erhöhte Intimaproliferation bei chronischer Graftsklerose positiv, indem das Wachstum der glatten Gefäßmuskulatur gebremst wird [52]. Die Dosierung ist von regelmäßigen Vollblutspiegeluntersuchungen abhängig. Der Abbau von Sirolimus erfolgt größtenteils hepatisch über das Cytochrom P450, die Halbwertszeit beträgt 62 Stunden. Ein großer Vorteil von Sirolimus ist die Tatsache, dass es 49 deutlich weniger nephrotoxisch als die Calcineurininhibitoren wirkt. Als Nebenwirkungen können Knochenmarkdepression mit Leuko- und Thrombozytopenie, gastrointestinale Beschwerden, Hyperlipidämie, Rhabdomyolysen, Angioödeme der Zunge und Störungen der Wundheilung vorkommen. Das Auftreten von interstitiellen Pneumonien scheint unter Sirolimus begünstigt zu sein. Anwendung findet es in der Induktions- und Basistherapie. 3.5.5 Everolimus (EVL) Everolimus (auch RAD-001 oder Certican® genannt) ist ein in den 90er-Jahren entwickeltes Derivat von Sirolimus (Hydroxylgruppe am C40) mit ähnlicher Wirkung. Seine Summenformel lautet C53H83NO14 und die molare Masse beträgt 958,224 g/mol. Es ist ein makrozyklisches Lacton und wirkt als mTOR-Inhibitor, der in die Regulation der Zellproliferation, Proteinsynthese und Transkription eingreift. Mit Hilfe der antiproliferativen Wirkung der PSI kann der Hauptgrund der späten Morbidität oder Mortalität, die Graftvaskulopathie, präventiv verhindert oder nachträglich gebessert werden, so dass ein erhöhtes Langzeitüberleben erhofft werden kann [86]. 3.5.5.1 Wirkmechanismen EVL behindert als PSI mehrere Zytokin-vermittelte Signaltransduktionswege und blockiert damit die Proliferation von hämatopoetischen Zellen, aber auch von Tumorzellen, Endothelzellen, Fibroblasten und blutgefäßassoziierten glatten Muskelzellen. Mit dem intrazellulären Protein FKBP-12 bildet EVL einen Komplex, der die Aktivität des Proteins mTOR hemmt. Dieses ist eine 290 kDa schwere Phosphoinositid-3-Kinase (PI3K) und Bestandteil eines größeren Proteinkomplexes, der am Anfang von Signalkaskaden steht. Die PI3K aktiviert Phospholipide wie PIP3, die als Second messenger dienen und weitere Kinasen stimulieren können. EVL hemmt nur den mTOR-Komplex 1 (mTORC1). Dadurch unterbleibt die Phosphorylierung der p70S6-Kinase und folglich die Aktivierung des für die Translation wichtigen ribosomalen Proteins S6. Zudem wird der eukaryotische Elongationsfaktor 4E-BP1 nicht phosphoryliert, der die Translation 50 cap-abhängiger mRNAs initiiert, welche die Zellproliferation steuern. Ferner wird die p34cdc2-Kinase inhibiert, so dass die Komplexbildung mit Zyklin E verhindert wird. Insbesondere wird die Aktivierung der T-Zellen gehemmt und deren Proteinbiosynthese verändert, so dass diese in ihrem Zellzyklus in der G1-Phase verharren und nicht in die Synthesephase starten können. Damit greift EVL einen Schritt später in die T-ZellImmunantwort ein als die CNIs und wirkt komplementär zu ihnen. So kann es additiv zu einer CNI-basierten Immunsuppression eingesetzt werden und hat das Potenzial, eine geringere Nephrotoxizität, weniger akute Abstoßungen und ein längeres Transplantatüberleben zu erreichen [59]. Außerdem vermindert es die Produktion des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors (VEGF), der entscheidend für die Tumorangiogenese ist. Durch die Beeinträchtigung der Zellproliferation scheint die Vervielfältigung von Viren negativ beeinflusst zu werden. Die Hemmung des PI3K-Signalwegs durch EVL behindert einen entscheidenden Replikationsweg von CMV [33]. 3.5.5.2 Nebenwirkungen Das Risiko für Infektionen ist unter immunsuppressiver Therapie erhöht, auch durch opportunistische Erreger. Als weitere Nebenwirkung kann es unter EVL zu einer Erhöhung der Cholesterin- und Triglyceride-Konzentrationen kommen, deswegen wird die gleichzeitige Applikation von Statinen empfohlen [70]. Bis zu 5% der Patienten entwickeln ein potenziell lebensbedrohliches Angioödem der Zunge [16]. Schwere Leukound Thrombozytopenien sind beobachtet worden. Daher betrachten wir in unserer Studie neben den Retentionswerten auch die Blutbilder und Fettwerte. Zudem können Wundheilungsstörungen, Pleura- und Perikardergüsse, Ödeme, Pneumonitiden, Blutergüsse, Mundulzera, Rhabdomyolysen und eine reduzierte Zugfestigkeit des Bindegewebes auftreten [72]. Selten kommt es zur Epistaxis, Diarrhoen oder Exanthemen. Bei Talspiegeln unter 10 µg/l ist keine ansteigende Inzidenz von viralen oder bakteriellen Infektionen beschrieben worden. Aus dem Nebenwirkungsprofil resultieren neben der primären Unverträglichkeit die Kontraindikationen bedeutsame Leuko- oder Thrombozytopenie, bestehende Fettstoffwechselstörung, schwere Infektionen und vorliegende Wundheilungsstörung. 51 3.5.5.3 Wechselwirkungen Wechselwirkungen ergeben sich unter anderem mit Medikamenten, die ebenfalls durch CYP3A4 metabolisiert werden und das p-Glycoprotein (p-GP, auch bekannt als MDR1) beeinflussen. EVL ist ein mäßiger Inhibitor des p-GP. Andere Substanzen, die auf p-GP hemmend wirken, können den Efflux von EVL aus intestinalen Zellen erhöhen. So erhöhen Stoffe wie Clarithromycin, Erythromycin, Verapamil und Azole, aber auch CSA und Grapefruitsaft durch Reduktion des Metabolismus die EVL-Spiegel. So kann bei einer starken Reduktion der verabreichten CSA-Dosis eine vermehrte Gabe von EVL nötig werden. Entgegengesetzt werden die Spiegel bei Einnahme von Rifampicin, Phenytoin, Carbamazepin, Kortikosteroiden oder Johanniskraut durch Enzyminduktion erniedrigt. Wenn die gleichzeitige Gabe nicht vermieden werden kann, muss eine entsprechende Dosisanpassung erfolgen. Umgekehrt kann auch EVL einen, wenn auch geringen, Einfluss auf die Bioverfügbarkeit von anderen CYP3A4- oder p-GP-Substraten ausüben. Wegen der immunsuppressiven Wirkung kann EVL die Wirkung applizierter Impfungen beeinträchtigen. Lebendimpfstoffe sollten nicht verabreicht werden. 3.5.5.4 Klinische Ergebnisse In einer Multicenter-Studie konnten Eisen et al. zeigen, dass in EVL-Gruppen signifikant weniger Abstoßungen und CMV-Infektionen auftraten als in einer Azathioprin-Gruppe, alle in Kombination mit CSA. Zudem war die Inzidenz der GVP beziehungsweise die Intimaverdickung im intravaskulären Ultraschall bei den EVL-Gruppen geringer [10]. In dreijährigen Studien von Lorber und Vitko gab es keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Wirksamkeit und Nephrotoxizität zwischen einer EVL-Gruppe (1,5 mg/d) und einer MMF-Gruppe (2 mg/d) nach Nierentransplantation, die in Tripeltherapie mit CSA und Kortikoiden behandelt wurden [49]. Eine EVL-Gruppe mit der Dosis 3 mg/d zeigte ein schlechteres Transplantatüberleben [87]. In den EVL-Gruppen litten mehr Patienten unter Nebenwirkungen wie Diarrhoen oder Hyperlipidämien, in der MMFGruppe gab es dagegen mehr bakterielle oder CMV-Infektionen. 52 Beim Vergleich einer EVL- und einer MMF-Gruppe zeigte sich bis zu 3 Jahre nach HTX, dass die EVL-Gruppe weniger Fibrosen und durch Koronarangiographie nachgewiesene GVP-Zeichen hatte, so dass Everolimus ein guter Einfluss auf das vaskuläre und myokardiale Remodeling zugeschrieben wird [26]. In einer Multicenter-Studie wurden ebenfalls eine EVL- mit reduziertem CSA und eine MMF-Gruppe mit Standard-CSA untersucht. Beide Gruppen waren nach einem Jahr hinsichtlich der Effizienz und der Nierenfunktion vergleichbar, allerdings mit einer niedrigeren CMV-Infektionsrate in der EVL-Gruppe [45]. Mehrere Studien konnten zeigen, dass eine Kombinationstherapie von EVL mit reduziertem CSA ebenfalls effizient und sicher ist, die Nierenfunktion der Patienten jedoch tendenziell von einer deutlich verminderten CNI-Dosis profitiert [91]. In einer prospektiven Multicenter-Studie mit Herz- und Lungentransplantierten stellten Gullestad et al. eine signifikante Verbesserung der GFR nach 2 Jahren in der Gruppe mit reduzierter CNI-Dosis fest [24]. Die Zeus-Studie kam nach Nierentransplantation zu dem Ergebnis, dass eine EVL-Gruppe eine bessere GFR entwickelte als eine CSA-Gruppe und daher eine Konversion auf EVL für ausgewählte, niereninsuffiziente Patienten sinnvoll sein kann [5]. 3.5.5.5 Anwendung und Eliminierung Die relativ geringen Nebenwirkungen und das gute immunsuppressive Profil führten dazu, dass Everolimus insbesondere nach Herztransplantationen in den letzten Jahren vermehrt eingesetzt wurde. Es ist indiziert bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz und bei Unverträglichkeiten anderer Immunsuppressiva. Wegen der antiproliferativen Eigenschaften sollte Everolimus erst 3-7 Tage postoperativ aufgesättigt werden, um Wundheilungsstörungen zu vermeiden. Ebenso sollte es eine Woche vor elektiven Operationen abgesetzt werden. Die Resorption von EVL erfolgt vor allem durch den Multidrugtransporter PGlykoprotein. Der Abbau findet größtenteils hepatisch über das Cytochrom P450 statt, speziell über das Isoenzym 3A4. Die Halbwertszeit beträgt 31,5 Stunden. Durch diesen 53 Metabolismus über die Leber ist EVL deutlich weniger nephrotoxisch als die CNIs. So kann bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz oder schweren CNI-induzierten Nebenwirkungen (Neuropathie, hämolytisch-urämisches Syndrom) die Dosis von Cyclosporin reduziert werden und die Nierenfunktion stabilisiert werden, ohne die Abstoßungsgefahr zu erhöhen [77]. Die CSA-Spiegel können 3 Monate nach der HTX auf 120150 µg/l gesenkt werden, nach 6 Monaten auf 100 µg/l, danach sogar noch weiter [43]. In einer Studie von Rothenburger konnte gezeigt werden, dass sich bei einer CNI-freien Immunsuppression die Nierenfunktion und die arterielle Hypertonie signifikant besserten. Bei der Konversion auf Everolimus sollte der CNI unter regelmäßiger Kontrolle sehr behutsam ausgeschlichen werden [70]. Die normale Dosis bei HTX-Patienten beträgt 2 x 0,75-1,5 mg/d mit dem dauerhaften Zielspiegel 3-8 µg/l [44]. Bei eingeschränkter Leberfunktion ab Stadium Child B sollte die Dosis reduziert werden. In unserer Studie startete die RD-Gruppe mit 2 x 0,75 mg/d und dem Zielspiegel 5-8 µg/l, die LD-Gruppe mit der Startdosis 2 x 0,5 mg/d und dem Spiegel 3-5 µg/l. 3.5.6 Mycophenolat Mofetil (MMF) Der Antimetabolit MMF wurde 1986 aus einer Penicillinspezies isoliert. Im Körper des Patienten erfolgt die Verstoffwechselung zum aktiven Wirkstoff Mycophenolsäure (MPA). Diese hemmt spezifisch die Inosinmonophosphatdehydrogenase (IMPDH) und damit ein wichtiges Enzym der Purin-de-novo-Synthese, wobei auch eine erhöhte Selektivität für Lymphozyten besteht, da diese keine Möglichkeit einer alternativen Purinsynthese besitzen. MPA wird im glukuronisierten Zustand in der Leber oder der Darmmukosa metabolisiert. MMF hat sich gegenüber Azathioprin als vorteilhaft in Hinblick auf Letalität, Abstoßungen und Graftvaskulopathie dargestellt [11]. Neben der Applikationsform MMF kann Mycophenolat auch als magensaftresistentes Mycophenolat-Natrium (EC-MPS) verabreicht werden. Beide Formen gelten als therapeutisch gleichwertig. Als Nebenwirkungen treten gastrointestinale Beschwerden (Nausea, Diarrhoe) und Knochenmarkdepression mit Leukozytopenie auf. Auch virale Infektionen scheinen 54 vermehrt vorzukommen. Die Vollblutspiegel müssen regelmäßig kontrolliert werden. Da eine gleichzeitige Gabe von CSA die enterohepatische Rezirkulation vom MPA behindert, sind in diesen Fällen die MPA-Spiegelmessungen und die Dosierung von MMF schwierig, deswegen wird eine parallele Applikation weitestgehend vermieden. MMF kommt im Spektrum der Induktions- und Basistherapie vor. 3.5.7 Glukokortikoide Seit den 60er-Jahren werden Glukokortikoide nutzbringend nach Transplantationen eingesetzt. Auch bei Abstoßungsreaktionen sind vor allem Prednisolon und Methylprednisolon als Steroide Medikamente erster Wahl. Nach dem Durchdringen der Zellwand reagieren sie mit spezifischen zytoplasmatischen Rezeptoren. Sie beeinflussen nahezu 1% aller Gene. Durch die Inhibition der Phospholipase A2 wirken sie antiinflammatorisch. Außerdem hemmen sie die Bildung von IL-1 und sorgen dafür, dass weniger Adhäsionsmoleküle in den antigenpräsentierenden Zellen exprimiert werden, wodurch die Interaktion zu den T-Lymphozyten eingeschränkt wird. Die Makrophagenaktivität und die Antikörperproduktion der Plasmazellen werden vermindert. Die Glukokortikoide werden in der Leber verstoffwechselt und danach größtenteils über die Nieren ausgeschieden. Die pharmakologische Halbwertszeit von Methylprednisolon liegt bei 12-36 Stunden. Schon intraoperativ wird der erste Steroid-Bolus (1 g) bei der Reperfusion des Herzens gegeben, weitere Boli folgen, bis zum Beispiel ein ausreichender CNISpiegel vorhanden ist. Danach wird versucht, die Dosierung bis unter die CushingSchwelle zu senken. Die erheblichen Nebenwirkungen der Glukokortikoide wie Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie, peptische Ulzera, Hyperlipidämie, Osteoporose, Hautatrophie, Adipositas, Glaukom oder Sehnendegeneration können auch auftreten, wenn die CushingSchwelle nicht überschritten wird. Bei Kindern wird der Einsatz in der Basistherapie jedoch umgangen, um nicht die Gefahr einer Wachstumsretardierung oder der Entstehung eines cushingoiden Habitus einzugehen. Ebenso wird bei risikoarmen Patienten eine steroidfreie Immunsuppression im längeren postoperativen Verlauf empfohlen, um die Nebenwirkungen zu vermeiden. 55 3.5.8 Antithymozytenglobulin (ATG) Seit Mitte der 70er-Jahre sind diese polyklonalen Antikörper zugelassen, die nach Immunisierung mit humanen T-Lymphozyten aus Kaninchen- oder Pferdeseren gewonnen werden, woraus sich die Unterscheidung rATG (rabbit) oder eATG (equine) ergibt. Sie wirken unspezifisch gegen viele Antigene der Leukozyten und vermitteln eine zellvermittelte Zytotoxizität, so dass wichtige Zellfunktionen blockiert und Apoptosen ausgelöst werden. Nach Applikation werden alle Lymphozytenpopulationen supprimiert. Es resultiert eine gewünschte Lymphopenie, aber nach Antikörperbildung durch den Empfängerorganismus endet die Wirkung kurzfristig. ATG wird zur Induktionstherapie und bei Abstoßungen verwendet [63]. Die ATG-Therapie erfolgt stationär als Dauerinfusion nach Ausschluss einer Überempfindlichkeit und nach Gabe von prophylaktischen H1- und H2-Blockern, um das Risiko allergischer Reaktionen durch die Fremdeiweiße zu verringern. Der Patient muss überwacht werden, um ein drohendes Zytokin-Syndrom (cytokine releasing syndrome: Urtikaria, Fieber, Hämolyse, anaphylaktischer Schock) auszuschließen. Weitere Nebenwirkungen sind ein akutes Nierenversagen und Infektionen, die dem stark gedrosselten Immunsystem geschuldet sind. Auch die Tumorinzidenz scheint unter ATG signifikant erhöht zu sein [66]. 3.5.9 Muromonab (OKT3) Der erste verfügbare monoklonale Antikörper war Muromonab. Dieser murine mAb bindet an die ε-Kette des CD3-Moleküls des humanen TCR-Komplexes und verhindert die Signalübertragung in das Zytoplasma, was zur Hemmung und Elimination von TLymphozyten führt, so dass eine ausgeprägte Lymphopenie entsteht. Diese Immunsuppression ist sehr potent, aber wenig selektiv, und es werden ähnlich schnell wie bei ATG neutralisierende Antikörper gebildet. Es gibt weitere mAbs, die spezifisch mit TZell-Untergruppen oder anderen molekularen Zielen wie TCR, CD3, CD4 und IL-2R reagieren [57]. 56 Die Behandlung mit Muromonab ist bei akuten, Steroid-resistenten Abstoßungsreaktionen angezeigt, wobei die möglichen schweren Nebenwirkungen berücksichtigt werden müssen. Ebenso ist es für die Induktionstherapie zugelassen. Ein vermehrtes Auftreten von Malignomen ist nachgewiesen [82]. Um das entstehende Zytokin-Syndrom unter Kontrolle zu behalten, erfolgt die Applikation nur unter Intensivtherapie, dabei sind hochfebrile Zustände typisch. Schüttelfrost, das capillary-leakage-Symptom, Lungenödeme, Krampfanfälle oder eine Enzephalopathie können resultieren. Dieses Risiko wird jedoch durch prophylaktische Gabe von Paracetamol, H1- und H2-Blockern und gegebenenfalls Kortison minimiert. 3.5.10 IL-2-Rezeptorantagonisten Die IL-2-Rezeptorantagonisten wurden in den letzten Jahren vermehrt eingesetzt. Basiliximab und Daclizumab sind monoklonale Anti-IL-2-Rezeptor-Antikörper und binden kompetitiv an CD25, die α-Kette des hochaffinen IL-2-Rezeptors. Dadurch wird spezifisch die Interaktion zwischen IL-2 und den T-Lymphozyten gehemmt, so dass diese nicht aktiviert werden können und somit weniger Lymphozyten mit IL-2-Rezeptor im Blut vorhanden sind, obwohl die Gesamtzahl der Lymphozyten etwa konstant bleibt. In der Induktionstherapie wird die erste Dosis dieser Antikörper bereits vor der HTX gegeben. Die IL-2-Rezeptorantagonisten können die Abstoßungsrate senken und verursachen kein Zytokin-Syndrom; für die Therapie von akuten Abstoßungen sind sie jedoch nicht geeignet [81]. Als Nebenwirkungen können Fieber, Exantheme, Juckreiz, Hypotonie, Tachykardie, Dyspnoe oder ein Lungenödem auftreten. Wenn sich die allergischen Reaktionen gegen die tierischen Proteine verstärken, können lebensbedrohliche Situationen mit Urtikaria, einer Serumkrankheit oder einem anaphylaktischen Schock entstehen. Deswegen sollte vorher eine Überempfindlichkeit mittels Intrakutantest geprüft werden. Ebenso ist die prophylaktische Gabe von H1- und H2-Blockern sowie Antiphlogistika obligat. 57 3.5.11 Rituximab Der chimäre monoklonale Antikörper Rituximab greift spezifisch das CD20-Molekül auf der Oberfläche der B-Lymphozyten an und führt sowohl zu einer Antikörpervermittelten zellulären, als auch einer Komplement-abhängigen Zytotoxizität. Dadurch wird der Bestand dieser Zellpopulation massiv gesenkt. Zuerst wurde Rituximab gegen maligne Lymphome und Leukämien eingesetzt. Als weitere Indikationen gelten rheumatoide und autoimmunologische Erkrankungen. Da den B-Zellen bei der Entstehung der GVP eine entscheidende Rolle zugesprochen wird, scheint Rituximab auch für Transplantationspatienten Vorteile zu bieten [20]. Es wird in der Induktionstherapie und bei humoralen Abstoßungsreaktionen verabreicht. In der Diskussion ist die präoperative Applikation bei sensibilisierten Patienten mit einem hohen Wert im PRA-Test, um die Antikörper-Last zu senken [39]. Als Nebenwirkungen können allergische Reaktionen, das Zytokin-Syndrom und Herzrhythmusstörungen auftreten. Mittlerweile wurden weitere Anti-CD20-Antikörper entwickelt, beispielsweise Ocrelizumab oder Ofatumumab. 3.6 Perioperatives Medikamente-Protokoll Neben der üblichen OP-Vorbereitung wird präoperativ die Induktionstherapie zum Aufbau der Immunsuppression begonnen. Der Patient erhält oral 200 mg Azathioprin und 300 mg Cyclosporin A. Zusätzlich werden 250 mg Prednisolon, 6 g humane Immunglobuline und zum Magenschutz 40 mg Omeprazol intravenös verabreicht. Für den Mund erhält der Patient prophylaktisch eine Pipette Nystatin-Suspension. Intraoperativ werden fünf Minuten vor Schnitt 2 g des Cephalosporins Cefazolin i.v. gegeben, vor dem Beginn der HLM-Zirkulation erneut 1 g Cefazolin. Sollte bereits vorher eine andere Antibiose begonnen worden sein, wird diese in der Regel fortgesetzt. Mit dem Start der Operation wird dem Patienten kontinuierlich 30 mg/h CSA infundiert. Vor der Eröffnung der Aorta wird 1 g Prednisolon appliziert. 58 Direkt nach der Operation erhält der Patient auf der Intensivstation 250 mg Prednisolon, dieses viermal pro Tag über 3 Tage. Das Cefazolin wird dreimal täglich gegeben. Für die ersten fünf postoperativen Tage werden je 6 g Immunglobuline langsam infundiert. Der Perfusor mit CSA läuft bis zur Bestimmung des Serumspiegels kontinuierlich. Über die Gabe weiterer Immunsuppressiva, z.B. Azathioprin, wird individuell entschieden. 3.7 Abstoßungsreaktionen 3.7.1 Diagnostik von Abstoßungsreaktionen Es ist schwierig, eine stattfindende Abstoßungsreaktion von einer schweren Infektion, besonders einer viralen, zu unterscheiden. Diese Differentialdiagnose ist von größter Wichtigkeit für den Patienten, weil das Beibehalten, die Steigerung oder die Reduzierung der Immunsuppression lebensgefährliche Folgen haben kann. Im Falle einer Abstoßung sollte die Immunsuppression gesteigert werden, bei einer Infektion wird die immunsuppressive Therapie gemindert. Je früher eine Abstoßung erkannt wird, desto geringer sind die Läsionen des Organs, und desto geringer kann der Grad der Hochdosis-Medikation ausfallen. Es gibt drei Arten der Abstoßungsdiagnostik: die immunologische, die funktionelle und die morphologische Diagnostik. Die immunologische Diagnostik hat dabei eine Alarmfunktion, weil sie relativ frühe Anzeichen liefern kann und nichtinvasiv ist. Da es jedoch keine systemischen Parameter gibt, die pathognomonisch auf eine Abstoßung hinweisen, ist die akkurate Diagnose durch die Vielzahl der unspezifischen Marker komplex und problematisch. Funktionelle und morphologische Schädigungen manifestieren sich erst später. Vorteile der funktionellen Diagnostik liegen in der Nichtinvasivität und der schnellen Durchführung; aber auch die funktionellen Parameter sind unspezifisch. In der klinischen Routine hat sich die morphologische Diagnostik mittels Endomyokardbiopsie (EMB) bewährt, die direkt den Schaden am Organ überprüft. Dieser invasive und kostenintensive Eingriff gilt nach wie vor als Goldstandard der Abstoßungsdiagnostik bei herztransplantierten Patienten. In unserer Studie haben wir bei Ver- 59 dacht auf Abstoßung nicht generell eine EMB durchgeführt. Bei eindeutiger Klinik und entsprechenden Laborwerten wurde wegen der Invasivität und Praktikabilität auf eine Biopsie verzichtet. Eine klinisch geprüfte Abstoßungsreaktion wurde angenommen bei Vorliegen von mindestens 2 der folgenden 5 Parameter. Tabelle 3: Unsere Kriterien der klinisch geprüften Abstoßungsreaktion (mindestens 2 von diesen 5 Parametern müssen erfüllt sein) [17] Kriterien der klinisch geprüften Abstoßungsreaktion - echokardiographisch gemessene Ejektionsfraktion < 50% - Ejektionszeit des linken Ventrikels < 200 ms in der Echokardiographie - isometrische Relaxationszeit > 60 ms in der Echokardiographie - Auftreten einer septischen Hypokinese und eines Perikardergusses - mittlerer arterieller Druck < 65 mmHg, zusammen mit Nausea, Abgeschlagenheit, abdominalen oder thorakalen Schmerzen Bei zusätzlich stark eingeschränktem Herzindex (CI < 1,6 L/min/m2), einer Form des Low output-Syndroms, nahmen wir eine klinisch geprüfte schwere Abstoßung an. Mittlerweile gibt es weitere Möglichkeiten, Rejektionen weniger invasiv zu erkennen. Alternativen stellen zum Beispiel telemetriefähige Schrittmacher dar, die nichtinvasiv beliebig oft intramyokardiale Elektrogramme analysieren können, die mit den klinischen Ergebnissen eng korrelieren. Dieses Computerized Heart Allograft Recipient Monitoring (CHARM) könnte eine beträchtliche Anzahl der Endomyokardbiopsien ohne Nachteil für die Patienten überflüssig machen [21]. Ebenfalls können markante Laborwerte dabei helfen, eine unnötige EMB zu vermeiden. So konnte durch ein immunologisches Monitoring von Serum-Neopterin (S-NEOP) und Serum Amyloid A (SAA) nach Herztransplantation nachgewiesen werden, dass die Zahl der Biopsien stark reduziert werden könnte, wenn man sie von immunologischen Parametern abhängig macht [58]. Das Zusammenspiel der vielfältigen diagnostischen Möglichkeiten sollte die sichere Erkennung einer Abstoßungsreaktion ermöglichen. 60 3.7.2 Die Endomyokardbiopsie (EMB) Sind jedoch nach klinischer Prüfung Zweifel vorhanden, sollte der endgültige Nachweis einer Rejektion bioptisch erfolgen. So kann mit histologischen, zytologischen und immunologischen Tests eine valide Diagnose der Abstoßung gestellt werden, obwohl es geringe Unsicherheiten bei der histologischen Diagnosesicherung geben kann [28]. Die EMB wird unter EKG- und Röntgenkontrolle durchgeführt. Der Katheter gelangt über den rechten Vorhof durch die Trikuspidalklappe in den rechten Ventrikel, in dem von der Wand des Ventrikelseptums vier bis acht Proben entnommen werden, um bei fleckenförmiger Verteilung der Abstoßungsmuster im Myokard den Stichprobenfehler zu minimieren. Mit einem Swan-Ganz-Katheter kann in derselben Prozedur eine Messung der rechtsseitigen Hämodynamik erfolgen. Zur histologischen Einteilung der zellulären Abstoßung hat sich international die Klassifikation der International Society for Heart and Lung Transplantation (ISHLT) durchgesetzt. In der ersten Einteilung von 1990 werden vier Grade der Abstoßung unterschieden. Nach einer neueren, vereinfachten Konsensus-Klassifikation der ISHLT aus dem Jahre 2004 wurden die Grade 1A, 1B und 2 zusammengefasst, da diese Unterscheidung kaum klinische Relevanz hat. Tabelle 4: Einteilung der zellulären Abstoßung durch die ISHLT 1990 Grad Abstoßung 0 Keine Abstoßung Befunde normal, selten auch einzelne lymphoide Infiltrate 1A fokale (perivaskuläre oder interstitielle) Infiltrate 1B Geringe Abstoßung 2 Moderate fokale Abstoßung 3A Moderate multifokale 3B 4 Abstoßung Schwere Abstoßung spärliches, diffuses Infiltrat, ohne Nekrose Herd mit aggressiver Infiltration oder fokaler Myozytenschädigung multifokale, aggressive Infiltrate und/oder Myozytenschädigung diffuse Entzündung mit Myozytenschädigung diffuse, aggressive polymorphe Abstoßung ± Ödem, ± Hämorrhagie, ± Vaskulitis 61 Tabelle 5: Neue Einteilung der zellulären Abstoßung durch die ISHLT 2004 [80] Grad Abstoßung 1R Geringe Abstoßung 2R Moderate Abstoßung 3R Schwere Abstoßung 3.7.3 Befunde interstitielles und/oder perivaskuläres Infiltrat mit max. einem Fokus myozytärer Schädigung 2 oder mehr Foki mit myozytärer Schädigung diffuse Infiltrate mit multifokaler myozytärer Schädigung ±Ödem, ±Hämorrhagie, ±Vaskulitis Therapie einer Abstoßungsreaktion Bei einer diagnostizierten Abstoßungsreaktion wird den Patienten unter stationären Bedingungen ein sogenannter Kortison-Stoß (bis zu 1000 mg Methylprednisolon pro Tag) verabreicht, zuerst über drei Tage, bei Bedarf auch länger. Bei geringgradigen Rejektionen kann versucht werden, nur mit einer Dosissteigerung der bisherigen Basistherapie auszukommen. Wird eine schwere Abstoßung angenommen oder spricht der Patient auf die Kortison-Therapie nicht an, so dass eine steroidresistente Abstoßung vorliegt, wird eine Therapie mit ATG oder Muromonab über drei bis maximal zehn Tage durchgeführt. Dabei müssen die möglichen schweren Nebenwirkungen berücksichtigt werden. 3.8 Weitere medikamentöse Therapie Als Prophylaxe gegen bakterielle Infektionen erhält jeder HTX-Patient perioperativ ein Cephalosporin mit einem breiten Wirkungsspektrum wie Cefazolin, mindestens für den Zeitraum, in dem die Drainagen liegen. Bei einem komplizierten Eingriff (z.B. nach VAD-Infektion) wird die Antibiose meist mit einem Acylaminopenicillin ausgedehnt. Bei nosokomialer MRSA-Infektion bieten sich neben dem bewährten Vancomycin das Oxazolidinon Linezolid oder das zyklische Lipopeptid Daptomycin an. Ist eine Infektion mit einem atypischen Erreger nachgewiesen, wird ein Makrolid wie Erythromycin verabreicht, woraufhin wegen der Enzyminduktion die Dosis von CSA gesenkt werden muss. 62 Zur Prophylaxe einer Pneumocystis-Pneumonie werden bei Entlassung die Einnahme von zwei Tabletten Trimethoprim/Sulfamethoxazol pro Woche über ein halbes Jahr empfohlen. Gegen schwelende Candida-Infektionen wird bevorzugt Anidulafungin gegeben, da dieses nicht so wie Caspofungin mit den Immunsuppressiva wechselwirkt. Bei florider Aspergillose wird initial mit Voriconazol behandelt, wobei die Interaktion mit den Immunsuppressiva zu beachten ist. Viruserkrankungen wie HSV, HHV oder EBV werden erst bei nachgewiesener Infektion und entsprechender Klinik mit Aciclovir oder Valaciclovir therapiert. Eine InfluenzaBehandlung kann meist symptomatisch erfolgen. Bei allen Infektionen sollte über die Möglichkeit einer zeitlich begrenzten Reduktion der Immunsuppression nachgedacht werden. 3.9 CMV-Infektion Die Infektion mit dem Cytomegalievirus (CMV) ist eine schwerwiegende und häufige Folge der Immunsuppression und kann durchaus einen Beitrag zur Erhöhung der Mortalität nach Herztransplantation leisten. CMV ist ein 150-200 nm großes DNA-Virus, das eine lymphozytäre interstitielle Entzündung mit Riesenzellbildung bewirkt, die humorale Abwehr aktiviert und die Immunität der befallenen Zellen unterdrückt. Besonders unter Anti-T-Zell-Antikörper-Therapie ist die Gefahr einer akuten CMV-Infektion mit den möglichen letalen Komplikationen Pneumonie, Enterokolitis, Hepatitis oder Myokarditis stark erhöht. Mögliche Symptome sind Husten, Fieber, Atemnot, Blut im Stuhl, Durchfall und Sehstörungen bei Retinitis. Außerdem führt eine akute CMV-Infektion zu einer gesteigerten Antigen-Expression an der Zelloberfläche, besonders der HLA-DRMoleküle, die Zytokin-vermittelt zu einer Immunreaktion und einer Abstoßung führen kann [58]. Zwischen den Sequenzen von CMV und der β-Kette von HLA-DR wurde eine Homologie gefunden, welche kreuzreagierende Antikörper verursacht [19]. So wird vermutet, dass ein positiver CMV-Serostatus die Progression der GVP fördert und die mittelfristige Transplantatfunktion verschlechtert. Auch nach Herzbypass-Operationen trägt ein 63 positiver Serostatus durch Atherosklerose-assoziierte Stenosen zur Prognoseverschlechterung bei. Die chronische Infektion kann durch wiederholte Aktivierung das Risiko einer späten Abstoßung erhöhen. Die Quantität der Viruslast ist dabei ein Prädiktor, um eine mögliche Infektion vorauszusagen, die zu einer CMV-induzierten Abstoßung führen kann. Die CMV-DNA kann mittels PCR quantitativ bestimmt werden. Mit antiviralen Substanzen (Ganciclovir, Foscarnet) kann eine CMV-Infektion effektiv therapiert werden, wenn der CMV-Nachweis sowohl durch Labormethoden als auch durch klinische Symptome erbracht wurde [30]. Wir empfehlen bereits bei Auftreten einer CMV-Virämie oder Antigenämie die Gabe von Ganciclovir oder Valganciclovir. Eine prophylaktische Therapie bei CMV-Mismatch ist umstritten. Bei Patienten mit hohem Risiko wird die antivirale Prophylaxe über drei Monate empfohlen; einige Studien haben sogar in Kollektiven mit Therapie einen Überlebensvorteil gegenüber den nicht-prophylaktisch behandelten Patienten nachgewiesen [9]. 3.10 Laboruntersuchungen 3.10.1 Immunsuppressiva Die Spiegel der Immunsuppressiva wurden durch eine HLPC- und Tandemmassenspektrometrie-Anlage der Firma Waters (Eschborn) quantifiziert. 3.10.1.1 CSA-Spiegel Das EDTA-Vollblut wird mit einer Zinksulfatlösung und einer Präzipitationsreagenz versetzt und zentrifugiert. Der Überstand wird unter Hochdruck in der HPLC-Anlage flüssigkeitschromatographisch aufgetrennt. Danach wird das Cyclosporin mit der Elektrospray-Ionisations-Tandem-Massenspektrometrie detektiert. Der therapeutische Bereich nach HTX liegt bei 110-190 µg/l. Im Verlauf einer längeren Behandlung steigt die Bioverfügbarkeit an, so dass die Dosis reduziert werden kann. 64 3.10.1.2 TAC-Spiegel Ebenso wie bei der CSA-Analyse wird das EDTA-Vollblut in der HPLC aufgetrennt und dann massenspektrometrisch untersucht. Der therapeutische Spiegel nach Herzverpflanzung sollte 3,5-11 µg/l betragen. Die Absorption von Tacrolimus im Gastrointestinaltrakt kann unregelmäßig sein; auch in Bezug auf die Pharmakokinetik besitzt TAC eine hohe Variabilität. 3.10.1.3 EVL-Spiegel Auch für die Bestimmung des Everolimusspiegels wird dem Patienten im EDTARöhrchen Blut abgenommen, dieses zentrifugiert und durch HPLC und Massenspektrometrie analysiert. Der therapeutische Bereich umfasst 3,0-8,0 µg/l. Eine Qualitätskontrolle erfolgt einmal pro Tag mittels eines Kontrollserums. 3.10.2 Retentionsparameter Die Messung der Retentionswerte wurde mit dem Architect® ci8000 (Abbott, Wiesbaden) durchgeführt. 3.10.2.1 Kreatinin und glomeruläre Filtrationsrate Für die quantitative Kreatinin-Analyse wird das Blut mittels Standardvenenpunktion im Serumröhrchen entnommen und zentrifugiert. Bei einem alkalischen pH-Wert wird das Serum mit Pikrinsäure versetzt. Der mit dieser Jaffé-Reaktion entstandene KreatininPikrat-Komplex ist durch eine Extinktionszunahme bei 500 nm photometrisch nachweisbar, so dass die Konzentration des Kreatinins bestimmt werden kann. Der Referenzwert beträgt bei erwachsenen Männern 0,7-1,3 mg/dl, bei Frauen 0,6-1,1 mg/dl. Das Serum-Kreatinin wird als Indikator der Nierenfunktion benutzt. In unserer Studie wurde die glomeruläre Filtrationsrate (GFR) durch die Vier-Variablen-MDRD-Formel 65 berechnet, in die die Merkmale Alter, Geschlecht, Hautfarbe und Serum-Kreatinin einfließen [46]. 3.10.2.2 Harnstoff Harnstoff wird mit einem enzymatischen Verfahren detektiert. Zu dem Überstand aus dem Serumröhrchen wird Urease gegeben, die den Harnstoff zu Ammoniak und Kohlenstoffdioxid hydrolysiert. Mit Hilfe des Enzyms Glutamat-Dehydrogenase wird Ammoniak und α-Ketoglutarat zu Glutamat und Wasser umgewandelt, dabei wird reduziertes Nicotinamid-Adenin-Dinukleotid (NADH) zu NAD oxidiert. Durch diese Reaktion kann bei 340 nm eine Extinktionsabnahme gemessen werden, die proportional zur Harnstoffkonzentration ist. Die Normwerte für Männer über 50 Jahren liegen bei 18-55 mg/dl, für Frauen bei 21-43 mg/dl. 3.10.3 Fettwerte Alle Fettwerte wurden ebenfalls mit dem Architect® ci8000 (Abbott, Wiesbaden) bestimmt. 3.10.3.1 Gesamtcholesterin Die Cholesterinester aus dem Serum werden durch die Cholesterinesterase gespalten. Daraufhin wird das gesamte freie Cholesterin enzymatisch oxidiert, wobei Wasserstoffperoxid freigesetzt wird. Dieses verbindet sich mit Hydroxybenzoesäure und Aminoantipyrin zu einem Chinonimin-Farbstoff, der bei 500 nm quantitativ gemessen wird. Als wünschenswert gilt der Bereich unter 200 mg/dl, der Grenzwert liegt bei 240 mg/dl. 66 3.10.3.2 Triglyceride Durch die Lipoproteinlipase werden die Triglyceride des Serums in freie Fettsäuren und Glycerin aufgespalten. Nach Phosphorylierung und Oxidation durch die Glycerolphosphat-Oxidase entstehen Dihydroxyacetonphosphat und Wasserstoffperoxid. Durch die Peroxidase reagiert letzteres mit Chlorphenol und Aminoantipyrin zu einem roten Farbstoff, der durch die erhöhte Extinktion photometrisch detektiert wird. Der Normbereich reicht bis 150 mg/dl, über 200 mg/dl gilt der Wert als hoch. 3.10.3.3 HDL Die HDL-Konzentration wird direkt im Serum bestimmt, indem in einer beschleunigten Reaktion die Nicht-HDL-Proteine enzymatisch oxidiert werden und ein farbloses Produkt entsteht. In einer zweiten Reaktion wird das HDL durch ein spezifisches Detergens selektiv aufgelöst und mit Cholesterinesterase gespalten, damit es sich mit einem Chromogen verbindet und der entstehende Farbstoff gemessen werden kann. Wünschenswert ist eine Konzentration von mehr als 60 mg/dl, ein Wert unter 40 mg/dl gilt als hoher Risikofaktor für eine KHK. 3.10.3.4 LDL Die Bestimmung des LDL-Cholesterins im Serum erfolgt nach ähnlichem Muster. Ein spezifisches Detergens solubilisiert nur die Nicht-LDL-Proteine, die anschließend ohne Farbstoffbildung weiter reagieren. Die LDL-Partikel werden mit einem zweiten Detergens gelöst und verbinden sich enzymatisch mit einem chromogenen Koppler zu einem Farbstoff, der quantitativ bestimmt werden kann. Der Messbereich unter 100 mg/dl gilt als optimal, Werte über 130 mg/dl als grenzwertig und über 160 mg/dl als hoch. 67 3.10.4 Blutbild Die Bestimmung der hämatologischen Parameter wurde über eine volumetrische Messung mit dem Gerät Cell-Dyn® 3700 (Abbott Diagnostics, Wiesbaden) durchgeführt. Das stark verdünnte Blut wird zwischen zwei optische Detektoren gegeben, die Beginn und Ende der Zählung markieren, so dass exakt ein Volumen von 100 µl betrachtet wird. Die Zellen werden durch eine kleine Öffnung (60 x 70 µm) gelassen, in der sie durch Widerstandsmessung bestimmt werden. Abhängig vom Impuls werden die Zellen als Erythrozyt, Leukozyt oder Thrombozyt registriert. Die Datenermittlung erfolgt in 256 Größenkanälen. 68 4 Ergebnisse 4.1 Patienten 4.1.1 Persönliche Merkmale Beide Gruppen zeigten eine vergleichbare Alters- und Geschlechterverteilung. Genau wie bei der Prävalenz der Grunderkrankung und der Verteilung der Herztransplantationen überwog der Männeranteil deutlich. Bezüglich Gewicht und Größe lag kein signifikanter Unterschied vor. Tabelle 6: Persönliche Merkmale beider Gruppen [17] Merkmal Alter (Jahre) Männeranteil (%) Gewicht (kg) Mittlere Größe (cm) 4.1.2 LD-Gruppe 61.9 ± 10.6 84.3 81.1 ± 12.1 176,7 RD-Gruppe 59.0 ± 11.5 82.1 79.6 ± 12.0 174,8 p-Wert 0.170 0.801 0.533 0.165 Primärer Grund für die HTX Die Gründe für die stattgefundenen Transplantationen waren innerhalb der beiden Gruppen ebenfalls vergleichbar. Die koronare Herzkrankheit war in beiden Gruppen die häufigste Ursache. Tabelle 7: Gründe für die HTX [17] Primärer Grund Ischämische Kardiomyopathie (%) Dilatative Kardiomyopathie (%) Andere (%) LD-Gruppe 47.1 43.1 9.8 69 RD-Gruppe 64.3 30.4 5.4 p-Wert 0.082 0.228 0.474 Amyloidose 2,0% HNOCM LD-Gruppe 2,0% Myokarditis 5,9% ICM 47,1% DCM 43,1% Abbildung 2: Gründe für die HTX in der LD-Gruppe HNOCM RD-Gruppe 1,8% Myokarditis 1,8% DCM 30,4% kongenital 1,8% ICM 64,3% Abbildung 3: Gründe für die HTX in der RD-Gruppe 4.1.3 Vergangene Zeit nach der Herztransplantation Die Zeit, die seit der HTX bis zur Konversion vergangen war, war in beiden Gruppen entsprechend variabel (p = 0,675). Die HTX lag bei den LD-Patienten im Schnitt 76,8 ± 61,8 Monate zurück, in der RD-Gruppe 80,7 ± 60,0 Monate. 70 4.1.4 Diabetes mellitus Das Vorhandensein einer Diabetes-Krankheit, welche die vaskuläre und nephrologische Situation des Patienten beeinflusst, war in beiden Gruppen zum Zeitpunkt der Umstellung gut vergleichbar (p = 0,512). In der LD-Gruppe waren 21,6% der-Patienten Diabetiker, in der RD-Gruppe 23,2%. 4.1.5 Glomeruläre Filtrationsrate Die nach der MDRD-Formel bestimmten glomerulären Filtrationsraten waren in beiden Gruppen analog (p = 0,528) und belegten die bereits deutlich eingeschränkte Nierenfunktion der Patienten. In der LD-Gruppe betrug die durchschnittliche GFR 34,4 ml/min/1,73 m2, in der RD-Gruppe 35,8. 4.1.6 Art der Immunsuppression vor Konversion Vor der Umstellung auf EVL erhielten die Patienten in der Regel eine Kombinationstherapie mit zwei Immunsuppressiva. Beide Gruppen zeigten eine ähnliche Verteilung. Es überwog die Gabe von CSA zusammen mit Prednisolon, gefolgt von TAC mit Prednisolon. MMF und Azathioprin wurden deutlich weniger verabreicht. Den Proliferationshemmer Sirolimus bekamen nur zwei Patienten in der LD-Gruppe. 71 LD-Gruppe AZA/TAC 7,8% MMF/CSA 5,9% SRL/CSA 3,9% CSA/Pred 58,8% TAC/Pred 23,5% Abbildung 4: Immunsuppression vor der Konversion in der LD-Gruppe MMF/CSA 8,9% AZA/TAC 10,7% TAC/Pred 28,6% RD-Gruppe CSA/Pred 51,8% Abbildung 5: Immunsuppression vor der Konversion in der RD-Gruppe 4.1.7 Art der Immunsuppression nach Konversion Alle Patienten erhielten nach Konversion auf EVL weiterhin ein zweites Immunsuppressivum, nämlich Cyclosporin oder Tacrolimus, allerdings in reduzierter Dosis. Die prozentuale Verteilung war ebenfalls vergleichbar (p = 0,431); in beiden Gruppen überwog CSA deutlich. In der LD-Gruppe nahmen 33 Patienten CSA (64,7%) und 18 TAC (35,3%) ein. In der RD-Gruppe betrug die Verteilung 34 zu 22 (60,7% zu 39,3%). 72 4.1.8 Andere Medikamente Ein Großteil der HTX-Patienten nimmt neben den Immunsuppressiva viele andere Medikamente regelmäßig ein, natürlich auch nach der Konversion auf EVL. Große Unterschiede zwischen den Gruppen zeigten sich nicht. Die wichtigsten Medikamente unserer Patienten sind, grob in Wirkstoffgruppen eingeteilt, in Tabelle 8 aufgelistet. Erwartungsgemäß werden Herz-Medikamente wie Antihypertensiva und Diuretika vielfach verabreicht. Mehr als zwei Drittel der Patienten nehmen in beiden Gruppen HMG-CoAReduktase-Inhibitoren (Statine), Schleifendiuretika und ASS ein. Tabelle 8: Wichtige Medikamente der Patienten (ohne Immunsuppressiva) Anteil der Patienten mit Medikation (%) β-Blocker ACE-Hemmer AT1-Antagonisten Kalziumantagonisten vom Verapamil-Typ Kalziumantagonisten vom Nifedipin-Typ HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren Schleifendiuretika Kalium sparende Diuretika Thiaziddiuretika Nitrate ASS Clopidogrel Marcumar Protonenpumpeninhibitoren Allopurinol Benzbromaron Glimepirid Insulin LD-Gruppe 23,5 23,5 41,2 9,8 31,4 66,7 80,4 9,8 47,1 15,7 66,7 5,9 5,9 51,0 70,6 5,9 5,9 3,9 73 RD-Gruppe 33,9 32,1 32,1 5,4 40,4 71,4 71,4 5,4 39,3 10,7 75,0 8,9 3,6 71,4 51,8 7,1 1,8 8,9 insgesamt 29,0 28,0 36,4 7,5 30,8 69,2 75,7 7,5 43,0 13,1 71,0 7,5 4,7 61,7 60,7 6,5 3,7 6,5 4.2 Spiegel der Immunsuppressiva Tabelle 9: Spiegel der Immunsuppressiva [17] CSA (µg/l) LD-Gruppe RD-Gruppe t0 102.0 ± 31.5 91.3 ± 26.1 t3 51.0 ± 15.6 48.2 ± 27.8 t6 51.4 ±19.5 50.6 ± 27.5 t12 43.1 ± 13.6 43.1 ± 19.7 p-Wert < 0.001 < 0.001 TAC (µg/l) LD-Gruppe RD-Gruppe t0 9.10 ± 2.10 8.88 ± 2.14 t3 5.26 ± 1.42 4.89 ± 1.42 t6 5.74 ± 2.36 4.68 ± 1.28 t12 4.75 ± 1.10 5.67 ± 1.88 p-Wert < 0.001 < 0.001 EVL (µg/l) LD-Gruppe RD-Gruppe t1 4.34 ± 2.63 5.22 ± 2.63 t3 3.59 ± 1.44* 5.76 ± 2.53 t6 3.66 ± 2.06* 6.24 ± 2.49 t12 3.10 ± 1.02* 5.28 ± 2.01 p-Wert 0.139 0.096 *signifikanter Unterschied zur RD-Gruppe am gleichen Zeitpunkt (Auswahl an Werten, siehe Tabelle A4) 4.2.1 Cyclosporin A In beiden Gruppen waren die CSA-Talspiegel vor der Konversion im angestrebten Bereich der immunsuppressiven Erhaltungstherapie (80-120 µg/l). Nach Umstellung auf EVL und Reduktion der CSA-Dosis pendelten sich die Spiegel zügig auf etwa den halben Wert ein und waren damit erwartungsgemäß signifikant vermindert. CSA-Spiegel 110,0 100,0 CSA-Spiegel in µg/l 90,0 80,0 LD-Gruppe RD-Gruppe 70,0 60,0 50,0 40,0 0 3 6 9 Zeit nach Konversion in Monaten Abbildung 6: CSA-Spiegel im Vergleich 74 12 4.2.2 Tacrolimus Die TAC-Talspiegel beider Gruppen befanden sich vor dem Start der Studie im Normalbereich der Basistherapie zwischen 6-10 µg/l. Nach der Konversion auf EVL sanken die Werte um einen ähnlichen Faktor wie die CSA-Spiegel ab und unterschritten signifikant die Ausgangswerte. TAC-Spiegel 10,0 TAC-Spiegel in µg/l 9,0 8,0 7,0 LD-Gruppe RD-Gruppe 6,0 5,0 4,0 0 3 6 9 Zeit nach Konversion in Monaten Abbildung 7: TAC-Spiegel im Vergleich 75 12 4.2.3 Everolimus Wie erwartet waren in der RD-Gruppe durchgehend höhere Spiegel nachweisbar als in der LD-Gruppe; zu den Zeitpunkten t3, t6, t9 und t12 waren die Unterschiede signifikant. Die durchschnittlichen EVL-Konzentrationen der LD-Gruppe waren im unteren Bereich der therapeutisch empfohlenen Spanne. Die durchschnittliche wöchentliche Dosis betrug nach sechs Monaten in der LD-Gruppe 9,0 mg (SD: 2,2 mg; Median: 8,8 mg), in der RD-Gruppe 13,5 mg (SD: 4,7 mg; Median: 12,0 mg); es ergab sich ebenso ein eindeutiger Dosisunterschied (p < 0,001). Zum Zeitpunkt t12 lagen die zugehörigen Werte bei 8,8 mg (SD: 1,6 mg; Median: 9,1 mg) und 13,3 mg (SD: 4,4 mg; Median: 12,0 mg; p < 0,001). Wie geplant war die wöchentliche EVL-Dosis in der RD-Gruppe etwa 50% höher als in der LD-Gruppe. EVL-Spiegel 7,0 6,0 EVL-Spiegel in µg/l 5,0 4,0 LD-Gruppe RD-Gruppe 3,0 2,0 1,0 0,0 0 3 6 9 Zeit nach Konversion in Monaten Abbildung 8: EVL-Spiegel im Vergleich 76 12 4.3 Klinische Ergebnisse 4.3.1 Primärer Endpunkt und Mortalität Der primäre Endpunkt wurde in der LD-Gruppe von 31,4% (16 von 51) der Patienten erreicht, in der RD-Gruppe von 41,1% (23 von 56), was keinem signifikanten Unterschied entsprach (p = 0,361). Zudem ließen sich auch in den einzelnen Kategorien Tod, vorzeitiges Absetzen des EVL und Auftreten einer Abstoßungsreaktion ähnliche Werte finden. Im Detail gab es keine Mortalität in der LD-Gruppe, aber zwei Todesfälle in der RD-Gruppe. Der eine Tod hatte eine nicht-kardiale Ursache (Verkehrsunfall), der andere wurde auf eine GVP zurückgeführt. Reine Transplantatverluste mit Reoperation gab es in beiden Gruppen nicht. Abbildung 9: Risiko zum Erreichen des kombinierten Endpunkts [17] 77 4.3.2 Abstoßungsreaktionen In dem Beobachtungszeitraum von einem Jahr ereigneten sich 8 klinisch geprüfte Abstoßungen, die mit Kortison-Stößen oder sogar Muromonab therapiert wurden. Davon waren 5 Patienten in der LD-Gruppe (9,8%) und 3 in der RD-Gruppe (5,4%) betroffen, was keinen signifikanten Unterschied bedeutete (p = 0,307). Das Ergebnis einer EMB war nur bei einem Patienten der LD-Gruppe verfügbar, es ergab sich zweimal der Grad 1 (geringe Abstoßung) nach ISHLT. Von den 5 Patienten mit kardialen Abstoßungen in der LD-Gruppe waren bei 4 Patienten die EVL-Talspiegel unterhalb des Zielbereichs in dem Zeitraum, als das Ereignis stattfand. Von den 3 Abstoßungen in der RD-Gruppe war bei einem Teilnehmer während des Ereignisses die EVL-Konzentration unter dem angestrebten Bereich. 4.3.3 Gründe für das Absetzen von EVL Schwerwiegende Komplikationen, die zum Absetzen des EVL führten, kamen bei 12 Patienten (23,5%) der LD-Gruppe vor, in der RD-Gruppe sogar bei 19 Patienten (33,9%; p = 0,166). Signifikante Unterschiede ergaben sich bei der Häufigkeit der Infektionen und Zytopenien. Während in der LD-Gruppe 6 Infektionen auftraten, wegen derer das EVL abgesetzt wurde, war das in der RD-Gruppe nur bei einem Patienten der Fall (p = 0,043). Umgekehrt traten unter der regulären Dosis bei 4 Patienten schwere Zytopenien auf, in der LD-Gruppe keine (p = 0,048). 78 Absetzungsgründe in der LD-Gruppe Infektion 11,8% nicht abgesetzt 76,5% abgesetzt 23,5% Ödem/Dyspnoe 9,8% Epistaxis 2,0% Abbildung 10: Gründe für das Absetzen von EVL in der LD-Gruppe Absetzungsgründe in der RD-Gruppe Infektion 1,8% Ödem/Dyspnoe 19,6% nicht abgesetzt 66,1% abgesetzt 33,9% Diarrhoe 1,8% Zytopenie 7,1% Urtikaria 1,8% Nierenversagen 1,8% Abbildung 11: Gründe für das Absetzen von EVL in der RD-Gruppe 79 4.3.4 Komplikationen bei allen Patienten Insgesamt gab es einen Trend zu mehr schwerwiegenden Ereignissen in der RDGruppe, wobei die Signifikanz nicht ganz erreicht wurde (p = 0,054). Hier traten bei 35 Patienten (62,5%) Komplikationen auf, von denen auch ein größerer Anteil die EVLEinnahme vorzeitig beendete. In der LD-Gruppe traten bei 22 Teilnehmern (43,1%) Komplikationen auf. Signifikante Unterschiede zwischen beiden Gruppen ergaben sich bei der Anzahl der Infektionen, der Ödeme/Dyspnoe und der Zytopenien. In der LDGruppe wurden 10 Infektionen (19,6%) notiert, bei den RD-Patienten nur 2 (3,6%; p = 0,009). Dagegen übertraf in der RD-Gruppe das Auftreten von Patienten mit Ödemen oder Dyspnoe deutlich die LD-Gruppe (33,9% zu 11,8%; p = 0,011). Nur in der RDGruppe entwickelten Patienten Zytopenien, nämlich 5 (8,9%; p = 0,022). Komplikationen in der LD-Gruppe Epistaxis 1 Abstoßung 5 Ödem/Dyspnoe 6 Infektion 10 Abbildung 12: Führende Komplikationen der LD-Gruppe 80 Komplikationen in der RD-Gruppe Urtikaria 1 Zytopenie 5 Abstoßung 3 Infektion 3 Diarrhoe 3 Ödem/Dyspnoe 20 Abbildung 13: Führende Komplikationen der RD-Gruppe 4.3.5 CMV-Infektion In unseren Patientengruppen gab es einige Teilnehmer, bei denen auf Grund einer vorherigen Infektion Antikörper gegen CMV nachweisbar waren. Akute CMVInfektionen jedoch, die durch einen PCR-Test geprüft wurden, konnten in keiner der beiden Gruppen belegt werden. 4.3.6 Nachbetrachtung nach 3 Jahren In einer Betrachtung drei Jahre nach Konversion auf EVL wurde der kombinierte Endpunkt von 45,1% der Patienten der LD-Gruppe und von 53,6% der RD-Gruppe erreicht (p = 0,340). In der LD-Gruppe waren 3 Patienten gestorben, 1 Patient wurde retransplantiert, 5 hatten eine kardiale Abstoßung erlitten und 14 hatten das EVL wegen Komplikationen abgesetzt. In der RD-Gruppe gab es 5 Todesfälle, 3 Abstoßungen und 23 Patienten mussten das EVL vorzeitig absetzen. 81 4.4 Laboruntersuchungen 4.4.1 Retentionsparameter Die Retentionswerte boten zwischen den Gruppen keinen signifikanten Unterschied. In der RD-Gruppe blieben sie konstant. Innerhalb der Gruppe mit der niedrigen Dosis sank die durchschnittliche Kreatinin-Konzentration von 2,23 auf 2,05 mg/dl signifikant ab (p = 0,030). Auch der mittlere Harnstoff-Wert verminderte sich deutlich von 99 auf 78 mg/dl (p = 0,003). Tabelle 10: Retentionsparameter beider Gruppen [17] Kreatinin (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe Harnstoff (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe t0 (LD: n=51; RD: n=56) 2.23 ± 0.75 2.06 ± 0.44 t6 (LD: n=44; RD: n=41) 2.06 ± 0.87 2.07 ± 0.83 t12 (LD: n=39; RD: n=36) p-Wert 2.05 ± 0.79 0.030 2.08 ± 0.84 0.725 99 ± 38 93 ± 37 81 ± 34 97 ± 51 78 ± 29 90 ± 41 0.003 0.420 100 2,3 80 2,2 60 2,1 Kreatinin in mg/dl Harnstoff in mg/dl Retentionswerte LD - Harnstoff RD - Harnstoff 40 2 0 3 6 9 Zeit nach Konversion in Monaten Abbildung 14: Retentionswerte im Vergleich 82 12 LD - Kreatinin RD - Kreatinin 4.4.2 Fettwerte Die Fettwerte beider Gruppen unterschieden sich zu keinem Zeitpunkt signifikant voneinander. Die Konzentrationen der Triglyceride und des Gesamtcholesterins waren nach einem Jahr mit EVL in beiden Gruppen höher als bevor. Dabei waren der Cholesterin-Anstieg in beiden Gruppen (p = 0,029 und p = 0,013) und der Zuwachs der Triglyceride in der LD-Gruppe (p = 0,006) statistisch signifikant. Auch die Konzentration des HDL-Cholesterins in der RD-Gruppe stieg deutlich an. Die durchschnittlichen LDLBestimmungen blieben im Bereich der Ausgangswerte. Tabelle 11: Fettwerte beider Gruppen [17] Triglyceride(mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe Cholesterin(mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe HDL (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe LDL (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe t0 (LD: n=51; RD: n=56) 162 ± 80 182 ± 107 t6 (LD: n=44; RD: n=41) 198 ± 106 254 ± 211 t12 (LD: n=39; RD: n=36) p-Wert 209 ± 116 0.006 253 ± 222 0.063 206 ± 54 199 ± 50 216 ± 62 228 ± 63 222 ± 51 229 ± 56 0.029 0.013 57.4 ± 15.7 52.0 ± 15.7 57.0 ± 19.0 59.4 ± 17.7 56.0 ± 16.6 59.8 ± 15.4 0.639 < 0.001 121 ± 45 119 ± 33 125 ± 44 129 ± 42 123 ± 41 124 ± 43 0.815 0.611 Triglyceride und Gesamtcholesterin 260 Fettwerte in mg/dl 240 LD - Triglyceride RD - Triglyceride LD - Cholesterin 220 RD - Cholesterin 200 180 160 0 3 6 9 Zeit nach Konversion in Monaten Abbildung 15: Triglyceride und Gesamtcholesterin im Vergleich 83 12 LDL und HDL-Konzentrationen 140 Fettwerte in mg/dl 120 LD - LDL 100 RD - LDL LD - HDL 80 RD - HDL 60 40 0 3 6 9 12 Zeit nach Konversion in Monaten Abbildung 16: LDL und HDL im Vergleich 4.4.3 Blutbilder Die Blutbild-Werte unterschieden sich zwischen beiden Gruppen ebenfalls zu keinem untersuchten Zeitpunkt. Die Leukozyten zeigten insgesamt eine fallende Tendenz, hatten jedoch auch eine große Standardabweichung. Die Anzahl der Erythrozyten wurde größer, wobei der Anstieg innerhalb der LD-Gruppe signifikant war (p < 0,001). Die Thrombozyten hielten sich in beiden Gruppen konstant. Tabelle 12: Blutbild-Werte beider Gruppen [17] Leukozyten (106/l) LD-Gruppe RD-Gruppe Erythrozyten (1012/l) LD-Gruppe RD-Gruppe Thrombozyten(109/l) LD-Gruppe RD-Gruppe t0 (LD: n=51; RD: n=56) 7.58 ± 3.40 7.23 ± 1.77 t6 (LD: n=44; RD: n=41) 6.60 ± 1.89 7.20 ± 1.57 t12 (LD: n=39; RD: n=36) 6.36 ± 2.04 7.11 ± 1.78 p-Wert 0.202 0.268 4.11 ± 0.61 4.15 ± 0.59 4.32 ± 0.64 4.35 ± 0.69 4.48 ± 0.74 4.44 ± 0.73 < 0.001 0.076 218 ± 66 223 ± 77 219 ± 65 224 ± 59 220 ± 73 220 ± 52 0.819 0.467 84 Leukozyten Leukozyten in 106/l 8 7,5 LD - Leukos 7 RD - Leukos 6,5 6 0 3 6 9 12 Zeit nach Konversion in Monaten Abbildung 17: Leukozyten im Vergleich Erythrozyten Erythrozyten in 1012/l 4,5 4,4 4,3 LD - Erys RD - Erys 4,2 4,1 0 3 6 9 Zeit nach Konversion in Monaten 12 Thrombozyten in 109/l Abbildung 18: Erythrozyten im Vergleich Thrombozyten 226 224 222 RD - Thrombos 220 LD - Thrombos 218 216 0 3 6 9 Zeit nach Konversion in Monaten Abbildung 19: Thrombozyten im Vergleich 85 12 5 Diskussion 5.1 Studienaufbau Die Kombinationstherapie eines CNI zusammen mit Everolimus hat sich in den letzten Jahren bewährt, so dass EVL vermehrt nach HTX eingesetzt wird. Studien haben belegt, dass mit dieser Kombinationstherapie ähnlich niedrige Abstoßungsraten im Vergleich zur Standardtherapie erzielt werden, allerdings bei besserer Verträglichkeit für die Nieren wegen der CNI-Dosisreduktion [24]. Ein mögliches verändertes Nebenwirkungsprofil und ein Anstieg der Lipidwerte sind unter PSI-Therapie beobachtet worden, auch wenn eine Therapie mit EVL Vorteile gegenüber SRL gezeigt hat [84]. Eine immense Bedeutung hat die Dosierung von EVL, um bei enger therapeutischer Breite die angestrebten Spiegel zu erreichen. Bisher sind Talspiegel von 3-8 µg/l empfohlen worden. Im Herz- und Diabetes-Zentrum NRW wird unter der Leitung von Prof. Gummert versucht, die Immunsuppression mit Everolimus zu optimieren. Dr. Fuchs und sein Team entwickeln auf der HTX-Station neue Strukturen zur Verbesserung der Ergebnisqualität, bei denen auch die Reduktionsmöglichkeiten der Medikamentendosierung eine wichtige Rolle spielen. In der vorliegenden Datenanalyse wurden in zwei vergleichbaren Gruppen durch differente Dosierungen zwei abweichende Talspiegel-Bereiche geschaffen, um die Effizienz und Sicherheit von Everolimus nach Herztransplantation auch bei niedriger Dosis zu belegen. Es handelte sich um eine retrospektive Studie. Die Zielspiegel beider Gruppen befanden sich innerhalb des bisher empfohlenen therapeutischen Bereichs. Zu diesem Thema lagen bisher nach unserem Wissen keine Daten vor. 86 5.2 Ergebnisse 5.2.1 Erreichen des Endpunkts Im Hinblick auf einen kombinierten Endpunkt aus Tod, Abstoßung und schweren Komplikationen zeigt diese Studie an, dass die niedrige EVL-Dosis vergleichbar sicher und effizient ist. In der LD-Gruppe erreichten weniger Patienten den kombinierten Endpunkt, nämlich 31,4% gegenüber 41,1%, wenn auch keine Signifikanz erreicht wurde (p = 0,361). Zusätzlich entwickelte sich die Nierenfunktion, gemessen anhand der Kreatinin-Konzentration, in der LD-Gruppe eher besser als in der Gruppe mit der regulären Dosis. Die Ergebnisse sind vielversprechend, doch der retrospektive Charakter unserer Untersuchung lässt nicht zu, endgültige Schlüsse zu ziehen. Prospektive randomisierte Studien sollten die Effizienz und Sicherheit von niedrig dosierten Everolimus bestätigen. 5.2.2 Absetzungen und Komplikationen Signifikante Unterschiede wurden bei den Nebenwirkungen festgestellt, die zum Absetzen des EVL führten. In der LD-Gruppe ergaben sich deutlich mehr Infektionen. Dafür traten in der RD-Gruppe mehr Fälle von Zytopenien auf. Es ist bekannt, dass mTORInhibitoren eine Myelosuppression fördern können, gerade durch höhere Dosierungen [60]. Daher scheint das Risiko einer Zytopenie in der RD-Gruppe erhöht [48] und kann als Erklärung für unseren signifikanten Unterschied dienen. Trotzdem deutete sich in unseren Ergebnissen kein genereller Effekt auf die Myelosuppression an, da die durchschnittlichen Werte der Erythrozyten, Leukozyten und Thrombozyten in den Blutbildern beider Gruppen nach der Konversion nicht absanken. Mit einer höheren Dosierung scheinen sich ebenfalls andere bekannte EVL-Nebenwirkungen stärker auszuprägen. In der RD-Gruppe traten tendenziell mehr Fälle von Diarrhoe, Urtikaria und Hyperlipidämie auf. Obwohl bei keinem Patienten eine floride CMV-Infektion nachgewiesen wurde, ist anzunehmen, dass die beeinträchtigten Patienten auch unter Infektionen viralen Ursprungs litten. Die PSI stören indirekt die virale Amplifikation, indem sie die generelle 87 Zellproliferation und den für Viren wichtigen Signalweg der Phosphatidylinositol-3Kinase hemmen [33]. So könnte die erhöhte Dosis einen besseren Schutz gegen Viren bedeuten und zumindest teilweise die erhöhten Fälle von Infektionen in der LDGruppe erklären. Viele Komplikationen äußerten sich kurz nach der Umstellung auf EVL, wie es auch andere Studien ergeben hatten [12]. Obwohl auch lebensbedrohende Nebenwirkungen entstehen können, bessern sich die meisten nach Zuwarten innerhalb weniger Wochen ohne Intervention. Da in der Tendenz die Gesamtzahl der Komplikationen in der RD-Gruppe größer war (p = 0,054), unterstützt dieses die Möglichkeit einer niedrigen Dosierung. 5.2.3 Abstoßungsreaktionen Der Anteil der beobachteten Abstoßungen in unserer Arbeit lag im Rahmen bisher veröffentlichter Studien [68]. Obwohl die Raten zwischen den beiden Gruppen nicht differierten, zeigen unsere Daten an, dass ein EVL-Spiegel unter 3 µg/l mit einem erhöhten Risiko einer Abstoßung einhergeht. So fanden während unseres Untersuchungszeitraums bei 8 Patienten Abstoßungen statt; bei 6 von diesen waren die Talspiegel unterhalb jener empfohlenen Grenze, als sich die Rejektion ereignete. Deswegen sind eine gute Patienten-Compliance und eine regelmäßige Kontrolle der EVL-Konzentrationen für eine wirksame Immunsuppression eminent wichtig. Wegen unserer ermutigenden Ergebnisse mit der niedrigen Dosis und in Berücksichtigung der erheblichen Risiken einer kardialen Abstoßung empfehlen wir nun als geeigneten Mittelweg aus den Resultaten beider Gruppen die initiale EVL-Dosis von 1,25 mg/d (0,5 und 0,75 mg) mit dem Zielspiegel von 4-6,5 µg/l. 5.2.4 Immunsuppression Alle in die Studie eingeschlossenen Patienten wurden von vorherigen immunsuppressiven Therapien auf Everolimus plus CSA oder TAC umgestellt. Die Umstellung gelang 88 gut. Nach einem Monat war der durchschnittliche Spiegel der LD-Gruppe niedriger als in der RD-Gruppe (4,34 zu 5,22 µg/l), ab dem Zeitpunkt t3 bis zum Ende des Follow ups waren die Unterschiede signifikant. Die Konzentrationen der Calcineurin-Inhibitoren konnten wie gewünscht deutlich gesenkt werden. Die CSA-Reduktion betrug 55,3% über beide Gruppen, die TAC-Spiegel wurden um 42,2% gemindert. Damit einher ging eine entsprechende Reduktion der Dosierung, die sich langfristig positiv auf den Erhalt der Nierenfunktion auswirken sollte, da die CNIs ein höheres nephrotoxisches Potenzial besitzen als Everolimus. 5.2.5 Nierenfunktion Kraft der Einschlusskriterien hatten alle Patienten bereits vor der Konversion eine eingeschränkte Nierenfunktion. Andere Daten hatten bereits angezeigt, dass ein Therapieschema mit reduzierter CNI-Medikation bei Patienten mit vorhandener Niereninsuffizienz lediglich eine bescheidene Verbesserung bewirken kann [18]. Doch bei einer Mehrheit der Patienten war ein Sinken der Kreatinin-Werte und eine Steigerung der GFR beobachtet werden [56]. Im Einklang mit diesen früheren Studien verbesserte sich in unserer LD-Gruppe die Nierenfunktion moderat, sichtbar durch die sinkenden Kreatinin- und Harnstoff-Konzentrationen. In der RD-Gruppe blieben die Retentionswerte dagegen konstant. Da EVL weniger nephrotoxisch ist als die Calcineurin-Inhibitoren, aber dennoch ein nierenschädigendes Potential hat [10], schien eine Medikation mit einer geringen Dosis von EVL den besseren Einfluss auf die Nierenfunktion zu haben, so dass sich die Retentionswerte in der LD-Gruppe günstiger entwickelten. Darüber hinaus war bereits belegt worden, dass eine Konversion auf EVL das größte nephroprotektive Potential hat, wenn sie bereits innerhalb des ersten Jahres nach der Transplantation erfolgt [23]. Nichtsdestotrotz sollten weitere Studien die gute Wirkung einer Konversion auf EVL bestätigen. 89 5.2.6 Fettwerte Im Bezug auf die Fettwerte bewegten sich unsere Ergebnisse im Rahmen vorheriger Studien, welche die Hyperlipidämie als unerwünschte Nebenwirkung von EVL charakterisiert hatten [90]. Während die LDL-Konzentrationen nahezu unverändert blieben, stiegen die Cholesterin- und Triglyceride-Werte in beiden Gruppen nach Konversion auf EVL deutlich an. Eine sehr große Standardabweichung fiel bei den Triglyceriden auf, besonders in der RD-Gruppe, die darauf hindeutet, dass einige Patienten extrem hohe Spiegel aufwiesen. Trotz des breitflächigen Verordnens von Statinen wurden stark erhöhte Fettwerte bei Patienten in beiden Gruppen aufgezeigt, die für diesen Effekt von Everolimus anfällig zu sein schienen. Dies bedeutet ein steigendes Risiko für Atherosklerose und auch die GVP, welche langfristig mit einer höheren Mortalitätsrate verquickt sind. Folglich empfehlen wir auch bei leicht erhöhten Cholesterin-Werten den generellen Einsatz von Statinen. Die signifikant erhöhten HDL-Konzentrationen in der RD-Gruppe, die ein geringeres kardiovaskuläres Risiko bedeuten, waren durch die Konversion nicht erklärlich. 5.2.7 Blutbilder Die Leukozyten-Werte waren in beiden Gruppen in der Tendenz leicht sinkend. Das kann bedeuten, dass akute oder chronische Entzündungen unter Everolimus eher rückläufig waren. Allerdings mussten in der LD-Gruppe 6 Patienten die EVL-Einnahme auf Grund von Infektionen beenden und erreichten somit vor t12 den Endpunkt. Die Anzahl der Erythrozyten vergrößerte sich in der LD-Gruppe (p = < 0.001), in der RDGruppe zeigten die roten Blutkörperchen nur eine steigende Tendenz; hier mussten auch 4 Patienten wegen einer Zytopenie die Medikation vorzeitig absetzen. Einen Hinweis auf eine generelle Myelosuppression lieferten unsere Daten somit nicht. Auch die Thrombozyten-Werte zeigten an, dass die Blutzellproduktion nicht unterdrückt wurde: sie sind konstant. Gerade mit der niedrigen Dosierung kann Everolimus verabreicht werden, ohne das Risiko dieser schädlichen Nebenwirkung merklich zu erhöhen. 90 5.2.8 Andere Medikamente Die Vielzahl an Antihypertensiva spielt in der Medikation der HTX-Patienten eine wichtige Rolle (siehe Tabelle 8). Dennoch erhielten insgesamt nur 29,0% aller Patienten einen β-Blocker, was darauf hindeutet, dass Rhythmusprobleme nach HTX nicht im Vordergrund stehen. Einen ACE-Hemmer nahmen ebenso nur 28,0% der Patienten ein, jedoch zusätzliche 36,4% AT1-Antagonisten (Sartane). Trotz der umfangreichen Diuretika-Gabe litten 26 Patienten nach Konversion an Ödemen oder Dyspnoe. Noch Spielraum scheint es zukünftig bei den neueren Thrombozytenaggregationshemmern zu geben. Während 71,0% der Patienten ASS einnahmen, war der Anteil der Patienten mit Clopidogrel-Medikation gering (7,5%). Obwohl Statine großzügig eingesetzt wurden (69,2%), traten bei einigen Patienten ausgeprägte Hyperlipidämien auf. Der Anteil der Diabetiker war doppelt so hoch wie der Anteil der Patienten mit Diabetes-Medikation, was darauf schließen lässt, dass die Hälfte der Diabetiker diätetisch gut eingestellt war. 5.3 Limitationen Es kann diskutiert werden, dass viele Patienten, die ebenso auf EVL umgestellt wurden, von unserer Studie ausgeschlossen wurden. Das erschien jedoch nötig, weil die große Mehrheit dieser Patienten als Hochrisiko-Patienten für eine insuffiziente Immunsuppression angesehen wurde, die durch eine dürftige Adhärenz oder rezidivierende Rejektionen auffällig geworden waren. Es wäre unethisch gewesen, solche Patienten in eine LD-Gruppe einzuteilen und damit der potenziell höheren Gefahr einer akuten Abstoßung auszusetzen. Stattdessen hatten alle 56 Patienten, die in unserer Studie in die RD-Gruppe eingeschlossen wurden, die theoretische Chance in die LD-Gruppe einsortiert zu werden, wenn sie in dem anderen Zeitraum konvertiert worden wären. Ein weiterer Kritikpunkt könnte das relativ kurze Follow up sein, das sich nur über einen Zeitraum von 12 Monaten erstreckte. Aber auch bei der Nachbetrachtung nach 3 Jahren zeigte sich, dass sich die beiden Gruppen beim Erreichen des kombinierten Endpunkts nicht unterschieden. 91 Durch den Charakter einer retrospektiven Datenanalyse können keine allgemein gültigen Aussagen gemacht werden, wie dieses eine prospektive RCT vermag. Trotzdem sollten in Bezug auf die geeignete Dosierung von Everolimus nach Herztransplantation weitere Studien erfolgen, auch mit einem längerem Follow up, die unsere Ergebnisse bestätigen könnten. 5.4 Ausblick Unsere Ergebnisse sind vielversprechend. Die steigende Indikation für eine Therapie mit Everolimus nach Transplantationen sollte langfristig dazu beitragen, die Nierenfunktion der Patienten besser zu erhalten. Weitere Untersuchungen in Hinblick auf die Dosierung von EVL sollten unsere Ergebnisse bestätigen. Sinnvoll wäre es, prospektive Studien durchzuführen, welche die Kombinationstherapie mit Calcineurin-Inhibitoren in stark reduzierter Dosis näher untersuchen. Ebenso ist eine Immunsuppression gänzlich ohne CNI möglich, weitere Studien sind jedoch nötig. Interessante Ergebnisse diesbezüglich werden beispielweise von der Mandela-Studie erwartet, die bei de-novoHTX-Patienten eine CNI-freie-Immunsuppression (EVL und MMF) mit einer Gruppe vergleicht, die niedrig dosiertes CSA und EVL erhält. Weitere Therapiefelder von Everolimus zielen auf die antiproliferative Wirkung ab, die Möglichkeiten in der Onkologie eröffnen könnte. Über die PI3K-Signaltransduktion greift EVL in die Kontrolle von Zellwachstum und Angiogenese ein. Da sich dieser Signalweg bei vielen humanen Tumoren massiv dysreguliert darstellt, ist er ein zentrales Ziel bei der Entwicklung neuer Krebsmedikamente. So wurde EVL schon in der Therapie des Nierenzell-Karzinoms oder der neuroendokrinen Tumore mit ansprechenden Ergebnissen untersucht [14]. Der hemmende Einfluss von EVL auf die Intimaproliferation lässt darauf hoffen, dass die Prävalenz der Graftvaskulopathie als wichtiger Faktor im Langzeitüberleben durch die immunsuppressive Therapie mit EVL vermindert werden kann. So wird EVL, ebenso wie Sirolimus oder das Zytostatikum Paclitaxel, vermehrt in der invasiven Kardiologie 92 in beschichteten Stents (DES) eingesetzt, um einen Verschluss der Koronarien nach einer PTCA zu verhindern. Interessant erscheint zudem der additive Einsatz von Thrombozytenaggregationshemmern. Durch die Kombination von EVL mit Clopidogrel nach murinen AortenTransplantationen konnte gezeigt werden, dass die Arteriosklerose drastisch reduziert werden kann [7]. In der CEDRIC-Studie von Hiemann et al. wird derzeit der Einfluss von Clopidogrel auf den Durchmesser und die Intima-Dicke der Koronarien von GVPPatienten nach HTX mit einer Placebo-Gruppe in einem Langzeit-Follow up verglichen. Untersucht werden die Koronarien vor allem per intravaskulärem Ultraschall, im peripheren Blut wird auf die Serummarker PDGF und VASF geachtet. Eine reduzierte Intima-Progression und eine geringere Anzahl an schweren myokardialen Ereignissen sollen belegt werden. Um die angiographische Bewertungssituation der Vaskulopathie zu beurteilen, haben Wellnhofer et al. in einer Ringstudie zahlreiche Angiographien verglichen und festgestellt, dass eine höhere Standardisierung nötig erscheint [89], besonders bei diffusen und peripheren Befall der Koronarien. Auch im Einsatz gegen die autosomal-dominante polyzystische Nierenerkrankung (ADPKD) wurde durch EVL ein verlangsamtes Wachstum der Nierenvolumina erreicht [88]. Ähnliche Ergebnisse werden in der Therapie der zystischen Leberkrankheit erwartet, in der Untersuchung befindet sich zum Beispiel EVL in Kombination mit Octreotid. Es ist anzunehmen, dass der Indikationsbereich wachsen und EVL zukünftig wahrscheinlich in zahlreichen Krankheitsfeldern eingesetzt werden wird. Für HTX-Patienten wird die breitere Verwendung vermutlich Verbesserungen hinsichtlich der Nierenfunktion und der langfristigen Graftvaskulopathie bewirken, was einen weiteren nennenswerten Fortschritt für die kardiale Transplantationsmedizin bedeutet, so dass die durchschnittliche Lebensdauer eines transplantierten Herzens ansteigen sollte. 93 6 Zusammenfassung Eine Immunsuppression mit Everolimus stellt nach Herztransplantation eine wichtige Therapieform dar. Oft ist es eine individuelle Entscheidung des Zentrums, abhängig von den Vorerkrankungen, dem postoperativen Verlauf und der Verträglichkeit, welche Immunsuppressiva für den Patienten am besten geeignet sind. Die Vorteile von EVL liegen in der geringen Nephrotoxizität, dem moderaten Nebenwirkungsprofil und der antiproliferativen Wirkung. So können gerade auch Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion von einer Konversion auf EVL profitieren, um die Dosis der nephrotoxischen Calcineurin-Inhibitoren zu senken und das Risiko einer weiteren Nierenschädigung zu mindern. Eine wichtige Rolle nimmt die Dosierung von EVL ein. Wir haben zwei Gruppen mit einer niedrigen und einer regulären Dosis verglichen und wollten zeigen, dass sich beide im Verlauf eines Jahres nach Konversion im Hinblick auf den kombinierten Endpunkt nicht unterscheiden. Die Ergebnisse unserer Studie zeigen, dass eine Immunsuppression mit einer niedrigen Dosis Everolimus so effizient und sicher ist wie mit der regulären Dosis. Der kombinierte Endpunkt aus Tod, Abstoßungsreaktionen und komplikationsbedingtem Absetzen wird in der Gruppe mit der niedrigen Dosierung sogar von einem geringeren Anteil erreicht (31,4% gegenüber 41,1%). Jedoch sollte der EVL-Talspiegel die Konzentration von 3 µg/l nicht unterschreiten, da sich unterhalb dieser Grenze vermehrt Abstoßungsreaktionen zu ereignen scheinen. Deshalb empfehlen wir nun, dass die EVL-Talspiegel unserer Patienten im Bereich von 4-6,5 µg/l liegen sollten. Auf Grund der antiproliferativen Wirkung von EVL und der praktikablen Reduktion der CNI-Therapie erscheint es realisierbar, zwei komplikationsträchtige langfristige Risiken zu mindern, nämlich die Niereninsuffizienz und die Graftvaskulopathie, die oft das Langzeitüberleben limitieren. So macht der vermehrte Einsatz von Everolimus Hoffnung, dass die Ergebnisse nach HTX in naher Zukunft weiter verbessert werden können. 94 7 Literaturverzeichnis [1] Aaronson, K. D., Schwartz, J. S., Chen, T. M., Wong, K. 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Journal of Transplantation, Epub 13.09.2012 103 8 Anhang Tabelle A1: Charakteristiken der Patienten [17] LD-Gruppe RD-Gruppe (n = 51) (n = 56) 61.9 ± 10.6 59.0 ± 11.5 0.170 84.3 82.1 0.801 Gewicht (kg) 81.1 ± 12.1 79.6 ± 12.0 0.533 Größe (cm) 176 7 174 8 0.165 Koronare Herzkrankheit (%) 47.1 64.3 0.082 Dilatative Kardiomyopathie (%) 43.1 30,4 0.228 Andere (%) 9.8 5.4 0.474 76.8 ± 61.8 80.7 ± 60.0 0.675 21.6 23.2 0.512 34.4 ± 11.9 35.8 ± 10.3 0.528 CSA/EVL (%) 64.7 60.7 0.431 TAC/EVL (%) 35.3 39.3 0.431 Charakteristikum Alter in Jahren Geschlecht (% Männer) p-Wert Primärer Grund für die Transplantation Zeit seit der HTX (Monate) Diabetes mellitus (%) Glomeruläre Filtrationsrate (ml/min/1.73 m2) Art der Immunsuppression nach Konversion 104 Tabelle A2: Komplikationen innerhalb der 12 Monate des Follow up [17] LD-Gruppe RD-Gruppe (n = 51) (n = 56) Tod 0 2 (3.6) 0.272 Transplantatverlust 0 0 > 0.999 Verlust des „Follow up“ 0 0 > 0.999 12 (23.5) 19 (33.9) 0.166 Infektion 6 (11.8) 1 (1.8) 0.043 Ödeme und/oder Dyspnoe (total) 5 (9.8) 11 (19.6) 0.105 0 1 (1.8) 0.523 Diarrhoe 0 1 (1.8) 0.523 Epistaxis 1 (2.0) 0 0.523 Zytopenie 0 4 (7.1) 0.048 Urtikaria 0 1 (1.8) 0.523 Nierenversagen 0 1 (1.8) 0.523 22 (43.1) 35 (62.5) 0.054 5 (9.8) 3 (5.4) 0.307 Infektion 10 (19.6) 3 (5.4) 0.009 Ödeme und/oder Dyspnoe (total) 6 (11.8) 20 (35.7) 0.011 0 2 (3.6) 0.225 Diarrhoe 0 3 (5.4) 0.105 Epistaxis 1 (2.0) 0 0.523 Zytopenie 0 5 (8.9) 0.022 Urtikaria 0 1 (1.8) 0.523 Komplikationen p-Wert Patienten, die die EVL-Behandlung vor t12 beendeten Komplikationen, die zum Absetzen geführt haben davon Zungenödem Alle Patienten Abstoßungsreaktion Alle Komplikationen davon Zungenödem Daten werden dargestellt als Anzahl und Prozent 105 Tabelle A3: Verlauf der Labor-Parameter im Vergleich [17] t0 t6 t12 LD (n = 51) RD (n = 56) LD (n = 44) RD (n = 41) LD (n = 39) RD (n = 36) p-Wert Kreatinin (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe 2.23 ± 0.75 2.06 ± 0.44 2.06 ± 0.87 2.07 ± 0.83 2.05 ± 0.79 2.08 ± 0.84 0.030 0.725 Harnstoff (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe 99 ± 38 93 ± 37 81 ± 34 97 ± 51 78 ± 29 90 ± 41 0.003 0.420 Triglyceride (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe 162 ± 80 182 ± 107 198 ± 106 254 ± 211 209 ± 116 253 ± 222 0.006 0.063 Cholesterin gesamt (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe 206 ± 54 199 ± 50 216 ± 62 228 ± 63 222 ± 51 229 ± 56 0.029 0.013 HDL-Cholesterin (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe 57.4 ± 15.7 52.0 ± 15.7 57.0 ± 19.0 59.4 ± 17.7 56.0 ± 16.6 59.8 ± 15.4 0.639 < 0.001 LDL-Cholesterin (mg/dl) LD-Gruppe RD-Gruppe 121 ± 45 119 ± 33 125 ± 44 129 ± 42 123 ± 41 124 ± 43 0.815 0.611 Leukozyten (106/l) LD-Gruppe RD-Gruppe 7.58 ± 3.40 7.23 ± 1.77 6.60 ± 1.89 7.20 ± 1.57 6.36 ± 2.04 7.11 ± 1.78 0.202 0.268 Erythrozyten (1012/l) LD-Gruppe RD-Gruppe 4.11 ± 0.61 4.15 ± 0.59 4.32 ± 0.64 4.35 ± 0.69 4.48 ± 0.74 4.44 ± 0.73 < 0.001 0.076 Thrombozyten (109/l) LD-Gruppe RD-Gruppe 218 ± 66 223 ± 77 219 ± 65 224 ± 59 220 ± 73 220 ± 52 0.819 0.467 Parameter 106 Tabelle A4: Verlauf der Talspiegel der Immunsuppressiva im Vergleich [17] 3.59 ± 1.44* 3.66 ± 2.06* 3.34 ± 1.22* 3.10 ± 1.02* 5.76 ± 2.53 6.24 ± 2.49 5.31 ± 1.86 5.28 ± 2.01 < 0.001 < 0.001 0.139 0.096 p-Wert 43.1 ± 13.6 43.1 ± 19.7 < 0.001 < 0.001 t12 47.8 ± 18.8 48.8 ± 22.4 4.75 ± 1.10 5.67 ± 1.88 t9 51.4 ±19.5 50.6 ± 27.5 4.48 ± 0.94 5.20 ± 2.18 t6 4.34 ± 2.63 5.22 ± 2.63 51.0 ± 15.6 48.2 ± 27.8 5.74 ± 2.36 4.68 ± 1.28 t3 - 70.1 ± 38.8 60.3 ± 30.0 5.26 ± 1.42 4.89 ± 1.42 t1 Everolimus (µg/l) LD-Gruppe RD-Gruppe 102.0 ± 31.5 91.3 ± 26.1 6.49 ± 2.91 6.71 ± 2.69 t0 CSA (µg/l) LD-Gruppe RD-Gruppe 9.10 ± 2.10 8.88 ± 2.14 107 Parameter TAC (µg/l) LD-Gruppe RD-Gruppe *signifikanter Unterschied zur RD-Gruppe am gleichen Zeitpunkt Danksagung Nach meinem 8. Semester des Medizinstudiums famulierte ich in der Klinik für Thoraxund Kardiovaskularchirurgie im Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen, da ich das weite Gebiet der Herzchirurgie näher kennenlernen wollte. Durch einen Zufall gelangte ich auf die Transplantationsstation und begann mich für die Organverpflanzung und Immunsuppression zu interessieren. Nach einem Monat spannender Einblicke und guter Zusammenarbeit wurde mir diese Doktorarbeit angeboten. Mein großer Dank gilt dementsprechend Dr. Fuchs, PD Dr. Tenderich und schließlich Prof. Dr. Gummert für die Überlassung des Themas. Vor allem mein Betreuer Uwe Fuchs hat mich über die Jahre der Datenakquisition, der Auswertung und der Niederschrift stets unterstützt und meine Fragen beantwortet, auch aus der Ferne Bochums oder Kölns. Dafür sei ihm herzlich gedankt. Ein weiterer Dank gilt Prof. Dr. Zittermann, der bei der statistischen Auswertung der umfangreichen Datensammlung unentbehrlich war. Den ärztlichen Kollegen der herzchirurgischen Klinik danke ich für ihre kollegiale Zusammenarbeit, Motivationshilfe und fachlichen Hinweise, besonders Uwe Schulz. Dem Stationsteam der HTX gebührt Dank und Respekt für die Hilfsbereitschaft und gute Zusammenarbeit. Hervorzuheben ist Frau Martina Butter, die mir die ersten Kontakte ermöglichte und mir während meiner Aufenthalte Gästezimmer organisierte. Abschließend danke ich meiner Familie, meinen Mitbewohnern und meinen Freunden, die mich vor allem in der Zeit der Niederschrift stets unterstützt und meine Motivation immer wieder gesteigert haben. Lebenslauf Name: Mirko Wasgien Geburtsort: Hildesheim Schulbildung: 1987 – 1991: Grundschule I, Sarstedt 1991 – 2000: Bischöfliches Gymnasium Josephinum zu Hildesheim Jun 2000: Abitur Wehrdienst: Nov 2000 – Aug 2001: Sanitätssoldat in Hildesheim und Munster Studium: Okt 2001 – Sep 2002: Studium der Film- und Fernsehwissenschaften, Politik und Philosophie an der Ruhr-Universität Bochum Okt 2002 – Nov 2008: Studium der Humanmedizin an der Ruhr-Universität Bochum, Abschluss mit der Ärztlichen Prüfung Dez 2008 Erteilung der Approbation Berufliche Weiterbildung: 2009 – 2011 Assistenzarzt in der Chirurgischen Klinik im Krankenhaus Porz am Rhein, Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität zu Köln 2012 Assistenzarzt in der Klinik und Poliklinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Bonn