Rotz (Malleus, glanders) Rotz Tierseuchenrechtliche Bestimmungen: Rotz ist anzeigepflichtig Rotz Allgemeines: - eine der am längsten bekannten und beschriebenen Pferdekrankheiten - bereits von Aristoteles (geb. 384 v. Chr.) beim Esel beschrieben - eine Anthropozoonose (!) Rotz Ätiologie: Burkholderia mallei (früher Pseudomonas mallei) - schlankes, unbewegliches Stäbchen, ca. 1,5 µm lang und 0,5 µm breit - gramnegativ Rotz Vorkommen (1): - kein natürliches Reservoir außerhalb von Pferden, d.h. die Infektion erfolgt immer durch infizierte Tiere - empfänglich sind: - alle Equiden; Esel und Maultiere empfänglicher als Pferde - Kamele, kleine Wiederkäuer (bei gemeinsamer Haltung mit Equiden) - Großkatzen, z.B. in Zoos (so in Istanbul, nach Fütterung mit Fleisch infizierter Pferde) Rotz Vorkommen (2): - Mensch - früher häufig tödlich, heute langfristige Antibiose - in den Fallberichten der vergangenen Jahre wurde wiederholt darauf hingewiesen, daß Menschen aus der Nachbarschaft der infizierten Pferde nicht erkrankt sind - B. mallei gilt als B-waffenfähig (und wurde zumindest im 1. Weltkrieg eingesetzt) Rotz Vorkommen (3): eine Moulage (Wachsplastik) der Vor-/ Vor-/Vorgänger von Power-Point L. Aschoff: Pathologische Anatomie (1936) Rotz Vorkommen (4): Rotz Vorkommen (5): - wenig empfänglich: - Hund, Katze, Rind, Schwein, Vögel Übertragung durch - indirekt über Futter, Trinkwasser, kontaminierte Gegenstände, wird als wichtigster Weg erachtet (orale Aufnahme) - direkten Tierkontakt (v.a. Aerosol, areogene Aufnahme) Rotz Vorkommen (6): - seit den 30iger Jahren des letzten Jahrhunderts in Europa und Nordamerika getilgt - Vorkommen im Deutschen Reich von 1886 – 1905 insgesamt 14.000 Pferde, d.h. im ø pro Jahr 700 - nach dem 2. Weltkrieg nochmals eine Reihe von Fällen Rotz Vorkommen (7): Fälle in Deutschland im Zeitraum 1950 - 1955 (Quelle: BLM, Ref. 324) Rotz Vorkommen (8): - auch heute noch kleine Endemiegebiete in Südamerika vor allem Brasilien, Mongolei, Indien, China - auch in den vergangenen 10 Jahren immer wieder Berichte über Spontanfälle aus o.g. Ländern - in der Türkei, in der Nähe des Marmara-Meeres, gab es Anfang der 90iger Jahre immer noch erkrankte Tiere (es wurden insgesamt ca. 1000 Pferde malleinisiert, bei von 10 positiven lag bei drei Tieren eine Erkrankung vor) Rotz Pathogenese (1): - die Infektion kann aerogen oder alimentär erfolgen - neben der Primärinfektion einzelner Organe (Nase, Lunge, Haut) wird vor allem der lymphohämatogenen Ausbreitung eine wichtige Rolle zugeschrieben - Eintrittspforte soll dabei v.a. der Rachenraum sein Rotz Pathogenese (2): - v.a. in der Lunge kann es zusätzlich zur kanalikulären Ausbreitung über Bronchien / Bronchioli kommen - in den Organen mit Kontakt zur Außenwelt, v.a. der Lunge, spielen außerdem Sekundärinfektionen mit Eiterregern für bestimmte Krankheitsbilder eine Rolle Rotz Pathogenese (3): - bestimmend sind die Kreislaufstörung, dabei dürfte dem Endotoxin eine wesentliche Rolle zukommen, und später dann die chronische eitrige Entzündung - die Bakterien liegen teilweise intrazellulär in Makrophagen außerdem kommen vereinzelte mehrkernige Riesenzellen vor - trotzdem handelt es sich um eine eitrig-einschmelzende und nicht um eine granulomatöse Entzündung Rotz Makroskopische Befunde (1): Lunge (1): an der Lunge werden die folgenden Bilder unterschieden: - Rotzknötchen - Rotzknoten - Rotzpneumonie - Schwielenrotz - rotzige Peribronchitis / Peribronchiolitis Rotz Makroskopische Befunde (2): Lunge (2): - am Beginn steht das Rotzknötchen (multipel) - Durchmesser 2 mm (miliar) bis zu 6 mm - es macht einen Reifungsprozeß (akut > chronisch) durch - es kann abheilen, teils residuenlos teils unter Verkalkung (DD: Tb) Rotz Histologische Befunde (1): Lunge (akut) (1): - das frische Rotzknötchen ist eine Ansammlung von neutrophilen Granulozyten in Alveolen - umgeben von einem alveolären Ödem und Fibrinexsudation in die Alveolen - ganz außen umgeben von einem hyperämischen / hämorrhagischen Randsaum Rotz Histologische Befunde (2): Lunge (akut) (2): - die Alveolarsepten schmelzen ein - später dann Zubildung von Granulationsgewebe im Randbereich, darin - Lymphozyten, Plasmazellen und einzelne mehrkernige Riesenzellen Rotz Makroskopische Befunde (3): Lunge (3): - es können sich größere Herde entwickeln, sog. Rotzknoten (haselnuß- bis wallnußgroß) - diese können wahrscheinlich über zwei Wege entstehen - durch Konfluenz mehrerer Knötchen (KonglomeratKnötchen) - als Anfangsstadium einer Rotzpneumonie Rotz Makroskopische Befunde (4): Lunge (4): - die Rotzpneumonie ist sehr wahrscheinlich die Folge einer Sekundärinfektion mit Eitererregern - sie ist lauter älterer Literatur nicht von einer gewöhnlichen eitrigen Bronchopneumonie zu unterscheiden Rotz Makroskopische Befunde (5): Lunge (5): - die Rotzpneumonie geht in eine chronische indurative Pneumonie über, in der noch lange Zeit Herde mit aktiver Entzündung enthalten sind - diese Herde gelten als langfristige Quelle für Rotzbakterien - schließlich Heilung unter umfangreicher Zubildung von derbem Bindegewebe (Schwielenrotz) Rotz Makroskopische Befunde (6): Nasenhöhle (1): - verändert sind vor allem das Septum und die Muscheln - wenige bis zahlreiche Rotzknötchen (weiß, wölben sich kugelig vor, Epithel der Schleimhaut intakt) - Epitheldefekt auf der Kuppe des Knötchens und Bildung eines Rotzgeschwüres - das Geschwür kann einen fein gekörnten oder einen trockenen bröckeligen Grund haben (frisches Geschwür) - häufig konfluieren die Geschwüre Rotz Makroskopische Befunde (7): Nasenhöhle (2): - später reinigt sich das Geschwür, der Grund ist glatt, die Form ähnelt dem Abdruck einer Linse (gereinigtes oder lentikuläres Geschwür) - daneben scheint es auch sehr flache Erosionen / Ulzera gegeben zu haben, die sich direkt entwickeln - Abheilung der Geschwüre - ohne Residuen - unter Ausbildung strahliger, eisblumenförmiger Narben Rotz Makroskopische Befunde (8): Nasenhöhle (3): - Abheilung der Geschwüre - ohne Residuen - unter Ausbildung strahliger, eisblumenförmiger Narben Rotz Histologische Befunde (3): Nasenhöhle (akut) - hochgradiges Ödem - Thrombosierung von Blut- und Lymphgefäßen (also in der Tiefe der Schleimhaut!) - das Epithel ist primär intakt - eitrig-einschmelzende und ulzerative Entzündung > die Infektion erfolgt sehr wahrscheinlich hämatogen diese Veränderungen haben wir bei allen Tieren (3) aus der Türkei in gleicher Form gesehen Rotz Makroskopische Befunde (9): Haut: - seit sehr langer Zeit bekannt, zuerst für eine eigene Krankheit gehalten - subkutane Herde, die zu nässenden Geschwüren aufbrechen - am häufigsten an den Gliedmaßen - die Lymphgefäße können einbezogen sein, bilden derbe Stränge unter der Haut (Wurm), entlang derer neue Geschwüre entstehen können (Rosenkranz-ähnlich) Rotz Diagnostik: - Mallein-Augenprobe - KBR, ELISA - Nachweis durch Immunhistologie - heute Versuch durch PCR (potentieller biologischer Kampfstoff) (DD: Burkholderia pseudomallei) - kultureller Nachweis, Tierversuch im Meerschweinchen, intraperitoneale Infektion > eitrige Orchitis (StraussReaktion)