Das Black-Scholes Modell Vathani Arumugathas Seminar zu Finanzmarktmodellen in der Lebensversicherung, Universität zu Köln 10. Juni 2016 Inhaltsverzeichnis • Einführung in das Modell • Äquivalentes Martingalmaß • Das äquivalente Martingalmaß im Black-Scholes Modell • Die Black-Scholes Formel • Impliziete Volatilität • Black-Scholes Gleichung Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 1 Einführung in das Modell Kernfrage: Was ist der arbitragefreie Preis einer Option? Allgemein wird in dem Modell einige Vereinfachungen gegenüber der Realität angenommen: I Keine Transaktionskosten I Keine Dividendenzahlungen I Keine Steuern Definition: Ein kontinuierliches Finanzmarktmodell mit endlichem Horizont T ist gegeben durch I I I T ∈ [0, ∞), den letzten im Modell berücksichtigten Handelszeitpunkt, F̃ = (Ft ), die den Informationsverlauf beschreibende Filtration, S̃ j = (Stj )t∈[0,T ] , j = 0 . . . g , die die Preisentwicklung von Finanzgut j beschreibenden, adaptierten reellwertigen stochastische Prozesse S̃ j . Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 2 Wir betrachten folgende zwei Finanzgüter: I 1.Finanzgut: Der Bond ist eine festverzinsliche Anlage mit kontinuierlicher Verzinsung bei vorliegender fester Zinsrate r . Der Preis des Bonds ist gegeben durch St0 = e rt für t ∈ [0, T ]. Die zugehörige (deterministische) Differentialgleichung lautet: dSt0 = rSt0 dt. I 2.Finanzgut: Die Aktie ist ein risikobehaftetes Finanzgut. Der Preis der Aktie wird modelliert durch St1 = S0 e µt+σWt − σ2 2 t = S0 e (µ− σ2 2 )t+σWt . Dies ist die Lösung der stochastischen Differentialgleichung dSt1 = µSt1 dt + σSt1 dWt . I I Wt ist ein Wienerprozess auf dem Wahrscheinlichkeitsraum (Ω, F, P). Wir sprechen hier von einem Aktienpreisprozess mit Volatilität σ, Trend µ ∈ R und der Anfangskurs S0 > 0. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 3 Definition: Ein stochastischer Prozess X̃ wird als Wienerprozess mit Volatilität σ > 0 und Drift a ∈ R bezeichnet, falls der Prozess σ −1 (Xt + at) ein Wienerprozess ist. Dieser wird auch als brownsche Bewegung bezeichnet. Definition: Ein stochastischer Prozess der Form σWt +at et∈[0,∞) für t ∈ [0, ∞] mit dem Wienerprozess (Wt )t≥0 heißt geometrische Brownsche Bewegung mit Volatilität σ und Drift a. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 4 2 I Eine geometrische Brownsche Bewegung ist ein Martingal, falls a = − σ2 gilt. I Der normierte Aktienkurs St1 /S01 ist gegeben durch eine geometrische 2 Brownsche Bewegung mit Volatilität σ und Drift (µ − σ2 ) I St1 = S01 e (µ− I Produkt aus dem mittleren Kurs (e − σ2 2 t+σWt S01 e µt σ2 2 )t+σWt . und dem Martingal )t ≥ 0 mit Erwartungswert 1. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 5 Äquivalentes Martingalmaß Satz von Girsanov: Es sei X̃ ein Wienerprozess mit Volatilität σ und Drift b. Sei a ∈ R und T > 0. Wir definieren LT = e 2 2 a−b XT − a −b σ2 2σ 2 T . Dann wird durch Q(A) = E(LT 1A ) ein zu P äquivalentes Wahrscheinlichkeitsmaß Q so definiert, dass (Xt )t∈[0,T ] Wienerprozess mit Volatilität σ und Drift a bzgl. Q ist. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 6 Das äquivalente Martingalmaß im Black-Scholes Modell Wir betrachten den Black-Scholes Modell mit I I Bondpreisprozess St0 = e rt , Aktienpreisprozess St1 t ∈ [0, T ], 2 = S0 e (µ− σ2 )t+σWt , t ∈ [0, T ]. Der diskontierte Aktienpreisprozess ist gegeben durch St1 /St0 = S0 e (µ−r − σ2 2 )t+σWt = S 0 e Xt , t ∈ [0, T ], wobei (Xt )t∈[0,T ] ein Wienerprozess mit Volatilität σ und Drift (µ − r − σ2 ) 2 ist. Gesucht: ein zu P äquivalentes Wahrscheinlichkeitsmaß Q mit Eigenschaft, dass (e Xt )t∈[0,T ] ein Martingal bzgl. Q ist. Definiere Q durch ν2 dQ = LT = e νWT − 2 T dP Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 7 Satz von Girsanov ⇒ (Xt )t∈[0,T ] ist ein Wienerprozess mit Volatilität σ und 2 Drift (σν + µ − r − σ2 ) bzgl. Q r −µ σ liefert die Drift − σ2 2 I ν= I (e Xt )t∈[0,T ] ist ein Martingal. I Q ist das eindeutig bestimmte äquivalente Martingalmaß. I Der Aktienpreisprozess verhält sich also gemäß St1 = S0 e (µ− St1 = S0 e (r − σ2 2 σ2 2 )t+σWt bzgl. P, )t+σW t bzgl. Q, wobei (W t )t∈[0,T ] = (Wt − r −µ t) σ ein Wienerprozess bzgl. Q ist. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 8 Die Black-Scholes Formel I Ein Black-Scholes-Claim ist gegeben durch FT -messbares I C : Ω → R. Der faire Preis dieses Claims im Zeitpunkt t = 0 wird festgesetzt als s(C ) = EQ (e −rT C ) unter der Voraussetzung, dass dieser Erwartungswert existiert. Betrachte europäischer Call mit Ausübungspreis K und Laufzeit T und einen Black-Scholes Claim der Form C = (ST − K )+ . Dieser Claim ist FT − messbar, da der Aktienpreisprozess ein adaptierter Prozess ist. Der faire Preis im Zeitpunkt t = 0 ist gegeben durch EQ (e −rT (ST − K )+ ). ⇒ Die Berechnung dieses Erwartungswerts führt zu der bekannten Black-Scholes-Formel. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 9 Black-Scholes Formel für eine europäische Call Option Satz: Betrachtet werde ein Black-Scholes-Modell mit Zinsrate r . Der faire Preis des europäischen Calls im Zeitpunkt t = 0 mit Ausübungspreis K und Laufzeit T ist gegeben durch C (S, t) = S0 Φ wobei log S0 K +T r + √ σ T σ2 2 1 Φ(x) = √ 2π −Ke −rt Φ Z x log S0 K +T r − √ σ T σ2 2 , 1 2 e− 2 z dz −∞ die Verteilungsfunktion der N(0, 1)-Verteilung bezeichnet. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 10 Bei einem späteren Zeitpunkt t, 0 < t < T , ist der Preis des europäischen Calls zum Zeitpunkt t gegeben durch St Φ log St K + (T − t) r + √ σ T −t σ2 2 −Ke −r (T −t) Φ log St K + (T − t) r − √ σ T −t σ2 2 . Der Zeitpunkt t ersetzt den Zeitpunkt 0 mit den Anfangskurs St und verbleibende Laufzeit T − t. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 11 Impliziete Volatilität Zwei Möglichkeiten die Varianz zu schätzen: I Schätzung aus historischen Preisdaten ⇒ historische Volatilität I Schätzung aus den Preisen bereits vorhandener Optionen für dieselbe Aktie historische Volatilität: Daten aus den letzten 90-180 Handelstagen implizierte Volatilität: Betrachte die Black-Scholes Formel C (S, t) I Laufzeit t, Ausübungspreis K , Aktienpreis St , Zinsrate r und gegenwärtigen Marktpreis einer Option C bekannt I Volatilität unbekannt I Volatilität mittels Black-Scholes Formel implizit berechnen I implizite Volatilität als Funktion des Ausübungspreises K ⇒ Smile-Effekt Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 12 Dabei heißt eine Option I at the money, falls St ungefähr gleich K , I in the money, falls St größer als K , I deep in the money, falls St wesentlich größer als K , I out of the money, falls St kleiner als K , I deep out of the money, falls St wesentlich kleiner als K vorliegt. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 13 Black-Scholes Gleichung I ein Bond mit Dynamik dB = rB(t)dt, I eine Aktie mit Drift µ ∈ R, Volatilität σ ≥ 0 und eindimensionaler Brownschen Bewegung Wt : dS(t) = µS(t)dt + σS(t)dWt . Sei V (t, S) der Wert der Option zum Zeitpunkt t mit der Laufzeit T . Definition[Portfolio]: Das Portfolio ist gegeben durch Y = c1 (t)B + c2 S − V (t, S), welches aus c1 (t) Bond-Anteile und c2 (t) Aktienanteile und einer verkauften Option besteht. Die Handelsstrategie (c1 , c2 ) ist so zu bestimmen, dass folgende Eigenschaften gelten: (1) Das Portfolio Y ist risikolos. Es gilt daher dY = rY dt. (1) (2) Das Portfolio ist selbstfinanzierend. Dies wird durch die Gleichung dY = c1 dB + c2 dS − dV (2) ausgedrückt. Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell 14 Lemma von Ito : Sei Xt ein Ito-Prozess, dass die Gleichung dXt = µdt + σdWt erfüllt und sei f (Xt , t) = Yt eine zweimal stetig differenzierbare Funktion. Dann ist Yt ein Ito-Prozess und dYt = ∂Yt ∂Yt 1 ∂ 2 Yt dt + dXt + dXt2 , ∂t ∂Xt 2 ∂Xt2 wobei dt 2 = 0, dtdWt = 0 und dWt2 = dt Satz: Es sei eine europäische Option V (t, S) gegeben. Dann ist die zugehörige Black-Scholes Gleichung gegeben durch ∂V ∂V 1 ∂2V + rS + = rV ∂t ∂S 2 ∂S 2 Vathani Arumugathas — Das Black-Scholes Modell (3) 15