Wissenschaftliche Prüfungsarbeit gemäß §12 der Landesverordnung über die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien vom 07. Mai 1982, in der derzeit gültigen Fassung Kandidat: Peter Lieder der Johannes Gutenberg Universität Mainz Fach: Physik Thema: Akustik und Klänge - ein Schülerkurs zum Thema „Musik und Physik”- Erstgutachter: PD Dr. Frank Fiedler Zweitgutachter: Prof. Dr. Hans-Georg Sander Abgabedatum: 10.04.12 II Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 1 2 Einordnung des Themas im schulischen Kontext 2 3 Theoretischer Teil 3.1 Schwingungen und Wellen . . . . . . . . . . . 3.2 Zentrale Größen der Akustik . . . . . . . . . . 3.2.1 Schallfeldgrößen . . . . . . . . . . . . 3.2.2 Schallenergiegrößen . . . . . . . . . . 3.3 Schwingende Saite vs. schwingende Luftsäule . 3.3.1 Eigenschwingungen der Saite . . . . . 3.3.2 Eigenschwingungen der Luftsäule . . . 3.4 Tonleitern und Harmonie physikalisch gesehen 3.4.1 Wie man aus Tönen Leitern baut ... . . 3.4.2 Obertöne und Harmonielehre . . . . . 3.5 Fourieranalyse und Klangspektren . . . . . . . 3.6 Das Ohr aus biophysikalischer Sicht . . . . . . 3.6.1 Aufbau des Ohrs . . . . . . . . . . . . 3.6.2 Schallleitung und Schallverstärkung . . 3.6.3 Funktionsweise des Innenohrs . . . . . 3.6.4 Hörempfinden der Lautstärke . . . . . 5 5 14 14 17 20 20 23 28 28 32 34 38 38 39 40 41 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Praktischer Teil 4.1 Experimentelle Bestimmung der Längenkorrektur von 4.2 Experimente des Schülerkurses . . . . . . . . . . . 4.3 Durchführung und Auswertung des Schülerkurses . . 4.3.1 Durchführung . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3.2 Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.4 Fazit und Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anhang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 einseitig offenen Rohren 43 . . . . . . . . . . . . 47 . . . . . . . . . . . . 59 . . . . . . . . . . . . 59 . . . . . . . . . . . . 62 . . . . . . . . . . . . 68 73 Abbildungsverzeichnis III Abbildungsverzeichnis 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.13 3.14 3.15 3.16 3.17 3.18 3.19 3.20 3.21 3.22 3.23 3.24 3.25 Superposition zweier Schwingungen mit Frequenzverhältnis 9:2 . . . . . . Schwebung mit f1 = 60 Hz (links) und f2 = 70 Hz (rechts) . . . . . . . . . Modell zur Transversalwelle (links) und Longitudinalwelle (rechts) . . . . . Huygens’sches Prinzip am Spalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Konstruktive Interferenz (links) und destruktive Interferenz (rechts) . . . . Abstandsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Abwärts-Brechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Gesamter hörbarer Frequenz- und Druckbereich der Akustik . . . . . . . . Ursache und Wirkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) - e): Grundschwingung bis 4.Oberschwingung . . . . . . . . . . . . . . . Beidseitig offenes Rohr: (a) Grundschwingung, (b) und (c) ersten beiden Oberschwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Einseitig offenes Rohr: (a) Grundschwingung, (b) und (c) ersten beiden Oberschwingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Entstehung eines Schneidetons an einer Kante . . . . . . . . . . . . . . . Teiltonreihe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Obertöne eines Grundtons und seiner Quinte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Obertöne eines Grundtons und seiner Septime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Projektion einer Sinusschwingung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzip der Fourieranalyse eines Signals aus zwei Sinusschwingungen . . . . . . . . Klangspektrum des Sopransaxophons . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Klangspektrum der Klarinette . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Anatomie des menschlichen Ohrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Impedanzerhöhung der Gehörknöchelchen . . . . . . . . . . . . . . . . . . Prinzip der Frequenzauflösung in der Basilarmembran . . . . . . . . . . . Maximum der Empfindlichkeit der Ruhehörschwelle . . . . . . . . . . . . . Kurven gleicher Lautstärke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 26 29 32 33 34 34 36 37 39 40 41 41 42 4.1 4.2 Aufbau zur Bestimmung der Längenkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . . Verschiebung der Frequenz durch die Anblasgeschwindigkeit . . . . . . . . 43 44 3.12 6 6 7 8 9 11 12 13 19 21 24 IV Abbildungsverzeichnis 4.3 4.4 4.5 4.6 4.7 4.8 4.9 4.10 4.11 4.12 4.13 4.14 4.15 Vergleich der Messwerte mit den Literaturwerten . . Stehende Welle im Acrylrohr . . . . . . . . . . . . . Rohre zur Bestimmung der Längenkorrektur . . . . Auswahl und Frequenzspektrum . . . . . . . . . . . Material der Station: Der feinste aller Sinne . . . . . Das verwendete Monochord im Vergleich zum Rohr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 47 50 51 52 54 Instrumente (von links): 12 saitige Gitarre, 34 klassische Gitarre und Western Gitarre 56 Frequenzspektrum des Einzeltons E2 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57 Gesamtbewertung der Schülertags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Der Einführungsvortrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 64 Interesse an Physik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Musikalität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 Steigerung des Interesses an Physik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 V Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis 2.1 2.2 Lehrplan RLP: Wahlbaustein im Leistungskurs . . . . . . . . . . . . . . . Lehrplan RLP: Wahlbaustein im Grundkurs . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.1 3.2 3.3 3.4 3.5 3.6 3.7 Schalldrücke und Schallschnellen . . . . . . . . . . . Schallpegel verschiedener Umweltgeräusche . . . . . . Schallleistung einiger Schallquellen . . . . . . . . . . Fazit zum Experiment „schwingende Saite” . . . . . . Fazit zum Experiment „schwingende Luftsäule” . . . . Frequenzverhältnisse der Teiltonreihe . . . . . . . . . Intervalle verschiedener Tonleitern in Cent angegeben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 3 16 16 18 22 27 29 31 1 Einleitung 1 1 Einleitung Die vorliegende Staatsexamensarbeit befasst sich mit Konzeption und Durchführung eines Schülerkurses zum Thema „Akustik und Klänge”. Dabei soll der Schülerkurs, durch passend gewählte Experimente, Grundlagen zur physikalischen Beschreibung von Klängen und zur Klangsynthese vermitteln. Durch einen starken Bezug zum Leben und Alltag der Schüler1 soll dieser Kurs das Interesse an Physik fördern und die Relevanz der Physik zur Beurteilung und Optimierung von akustischen Bauteilen und Instrumenten aufzeigen. Zudem ist es möglich, neueres Wissen über Hörsinn und Kommunikation einfließen zu lassen, deshalb kann diese Staatsexamensarbeit auch Impulse zu einem fächerübergreifenden Unterricht mit Biologie und Musik geben. Es können sowohl physiologische Zusammenhänge zur Beschaffenheit des Ohrs, als auch strukturelle Zusammenhänge zur Harmonielehre aufgezeigt werden. Nachdem zu Beginn eine Eingliederung der Thematik in den schulischen Kontext und in den Lehrplan von Rheinland-Pfalz erfolgt, gliedert sich diese Staatsexamensarbeit in einen theoretischen und einen praktischen Teil: Der theoretische Teil richtet sich zunächst an Lehrkräfte und gibt eine fachliche Kurzdarstellung der benötigten Zusammenhänge, dabei werden im Speziellen auch die beiden Phänomene der schwingenden Saite und der schwingenden Luftsäule in Röhren vergleichend dargestellt. Diese beiden Experimente sind Startpunkt des Schülerkurses. An entscheidender Stelle wird eine Differenzierung zwischen einer Verwendung des Kurses in Mittelstufe und gymnasialer Oberstufe notwendig sein. Im praktischen Teil werden die Experimente und schülerbezogenen Inhalte mit Erwartungshorizont und Lernzielen dargestellt. Zudem erfolgt eine Auswertung des durchgeführten Schülertags mit abschließendem Ausblick. 1 Hier und in der gesamten Arbeit wird aus Gründen der besseren Lesbarkeit nur „Schüler” verwendet, wobei „Schülerin” natürlich mit eingeschlossen ist. 2 Einordnung des Themas im schulischen Kontext 2 2 Einordnung des Themas im schulischen Kontext Im Lehrplan der gymnasialen Sekundarstufe 1 in Rheinland-Pfalz ist das Thema Akustik oder akustische Wellen nicht erwähnt [Rhe12], wobei es sich nahtlos als Fortführung der mechanischen Schwingungen und Wellen unterrichten ließe. An dieser Stelle geht dem Physikunterricht ein relevantes und lebensnahes Thema verloren, das auch helfen könnte, den einen oder anderen Schüler für die Physik in der Oberstufe zu begeistern indem es gerade den musizierenden Schüler ansprechen und ins Unterrichtsgeschehen integrieren kann. Zusätzlich ist zu beachten, dass Schwingungen und Wellen in sehr vielen Teilgebieten der Physik von zentraler Bedeutung sind (Elektrizität, Atomphysik, Quantenphysik ...) und ein frühes Heranführen an die Beschreibung von Wellen in der Akustik ein tieferes Verständnis der Schüler für grundlegende Konzepte in der gesamten Physik bewirken kann. Meines Erachtens bietet das Thema auch Möglichkeiten, im Rahmen einer Projektwoche oder eines Projekts Instrumente zu bauen und diese dann der Öffentlichkeit vorzustellen. Es hat sich gezeigt, dass der handelnde Umgang mit Unterrichtsthemen stark zum Lernerfolg beiträgt und somit stärker Gehör finden sollte. Fachdidaktiker der Physik fordern gerade diesen handelnden Umgang mit Wissen im Unterricht: „Eine Lernaufgabe steuert den individuellen Lernprozess durch eine Folge von gestuften Aufgabenstellungen mit entsprechenden Lernmaterialien ...Dabei erstellen und diskutieren sie [die Lernen] ein Lernprodukt, definieren und reflektieren den Lernzugewinn und üben sich abschließend im handelnden Umgang 1 mit Wissen.” http://www.leisen.studienseminar-koblenz.de/uploads2/02%20Der%20Kompetenzfermenter%20-%20Ein% 20Lehr-Lern-Modell/4%20Lernaufgaben%20als%20Lernumgebung%20zur%20Steuerung%20von%20Lernprozessen. pdf Im Lehrplan für die gymnasiale Oberstufe ist im Leistungsfach einer von 29 Wahlbausteinen dem Thema Akustik gewidmet2 . Dabei geht es (wie man im folgenden Auszug erkennen kann) im Wesentlichen um Schallentstehung, Schallausbreitung und Schallwahrnehmung. 1 2 Hervorhebung durch den Autor. Dabei der Lehrer aus diesen 29 Bausteinen in der Qualifikationsphase 12 wählen muss. 2 Einordnung des Themas im schulischen Kontext 3 Der Zeitrahmen von 10 Stunden erfordert eine Schwerpunktsetzung wie sie in dieser Arbeit vorgeschlagen wird. An dieser Stelle kann der Schülerkurs „Akustik und Klänge” eingesetzt werden. Akustische Wellen Schallerzeugung (Ton, Klang, Geräusch, Musikinstrumente,...) 10 P Den Beschäftigungsgrad mit Wellen erhöhen und einen Überblick mit einem vertiefteren Einblick anstreben. P Der Zeitrahmen erfordert eine Schwerpunktsetzung. Ein Schallausbreitung (Schallgeschwindigkeit, projektartiges Arbeiten bietet sich an. Schülerinteressen aufgreifen, Wellenmodell, Interferenz, Alltagsbedeutung herausstellen, fachüber- greifende Bezüge nutzen. Dopplereffekt) Schallwahrnehmung P Praktikum: Schallgeschwindigkeit (Schallfeldgrößen, Ohr, Lärmschutz, technische Akustik) Tab. 2.1: Lehrplan RLP: Wahlbaustein im Leistungskurs Auch der Entwurf für den Grundkurs berücksichtigt das Thema Akustik mit einem Wahlbaustein.3 Nachfolgend der entsprechende Auszug aus dem Lehrplan: Akustik 10 Schallphänomene und Schallwellenmodell P Den Beschäftigungsgrad mit Wellen erhöhen bzw. ein elementares Verständnis der Schallwahrnehmung anstreben. Schallwahrnehmung P Der Zeitrahmen erfordert eine Schwerpunktsetzung. Zum Thema (Schallfeldgrößen, Ohr, Lärm bietet sich ein projektartiges Arbeiten an. Alltagsbedeutung Lärmschutz) herausstellen und fachübergreifende Bezüge nutzen. Tab. 2.2: Lehrplan RLP: Wahlbaustein im Grundkurs Hierbei liegt der Schwerpunkt auf dem Verständnis und der Beschreibung des Schalls, sowie einem alltagsnahen Umgang mit Lärm und der Wahrnehmung von Klängen. Wie bereits oben erwähnt, sind die besonderen Stärken des Themas Akustik: Die Möglichkeit zu Projekten sowie die Möglichkeit fachübergreifend zu unterrichten. 3 Im Grundkurs müssen aus 23 Bausteinen innerhalb der Qualifikationsphase 6 gewählt werden. 2 Einordnung des Themas im schulischen Kontext 4 Diese beiden Punkte werden auch vom Lehrplan kommentiert. Das fächerverbindende und fachübergreifende Unterrichten stellt einen unverzichtbaren Bestandteil dar, um in vollem Maße dem Bildungsauftrag gerecht zu werden; es muss zu einer Ausgewogenheit zwischen systematischem und situationsbedingtem Lernen kommen. Die Notwendigkeit, verschiedene Fächer zu einer gemeinsamen Fragestellung in Betracht zu ziehen, ist ein wesentlicher Bestandteil wissenschaftlichen Arbeitens. Genau dazu sollen Oberstufenschüler im Hinblick auf ihr Studium geführt werden. Zusätzlich kann man fächerübergreifenden Unterricht mit mehr Selbstständigkeit der Schüler verbinden und so projektorientiertes Arbeiten fördern. Die vorliegende Staatsexamensarbeit will auch zu fächerübergreifendem, projektartigem Unterricht Impulse geben. 5 3 Theoretischer Teil 3 Theoretischer Teil Dieser Teil der Arbeit richtet sich an die Unterrichtenden und soll eine Kurzdarstellung der benötigten Inhalte geben. Es ist grundlegend, dass man sich bei der Vielzahl der Begriffe auf eine sinnvolle Auswahl beschränkt, da die Schüler sich sonst in den Definitionen und Begrifflichkeiten verlieren. Dieser Abschnitt orientiert sich am Handbuch für musikalische Akustik [Hal08], sowie am Lehrbuch der Experimentalphysik Bergmann/Schaefer [Lüd08]. 3.1 Schwingungen und Wellen SCHWINGUNGEN sind ganz allgemein als zeitlich periodische Zustandsänderungen zu beschreiben, als schultypische Beispiele sind das Pendel, die schwingende Feder und der elektrische Schwingkreis zu nennen. Charakteristisch für Schwingungen ist die ständige, zyklische Umwandlung von Energie zweier Energieformen, einer potentialartigen (extensiven) Energieform und einer intensiven Energieform. Diese periodische Energieumwandlung wird einerseits durch eine rücktreibende Wechselwirkung, und andererseits durch die Trägheit des schwingenden Systems bewirkt, das immer über den Gleichgewichtszustand hinaus schwingt. Hier beziehen wir uns lediglich auf harmonische Schwingungen. Zentrale Größen und Zusammenhänge zur Beschreibung von Schwingungen sind: • Die Schwingungsgleichung (Federpendel) : m · ẍ(t) + D · x (t) = 0 mit ihrer Lösung: x(t) = A · sin (ω · t + ϕ). • Daraus ergibt sich dann der Zusammenhang: 2πf = ω = q D m . • Schwingungsfrequenz f ist die Anzahl der Schwingungen pro Zeiteinheit. • Periodendauer T ist die Zeit in der ein vollständiger Schwingungszyklus abläuft. • Der Zusammenhang zwischen Periode und Frequenz : T = f1 . Somit lässt sich eine harmonische Schwingung als ξ(t) = ξ0 · sin (ω · t + ϕ) schreiben, mit Amplitude ξ0 , Phasenverschiebung ϕ und Kreisfrequenz ω. 6 3 Theoretischer Teil Superposition von Schwingungen Schwingungen überlagern sich ungestört, wobei sich die resultierende Schwingung durch Addition der Amplituden zu jedem einzelnen Zeitpunkt ergibt.1 Die nachfolgende Skizze illustriert die Superposition zweier Schwingungen2 Tr Abb. 3.1: Superposition zweier Schwingungen mit Frequenzverhältnis 9:2 Ein besonderer Fall von Superposition ist die Überlagerung zweier Schwingungen, deren Frequenzen sich nur wenig voneinander unterscheiden. Dieses Phänomen wird als Schwebung bezeichnet und ist am Beispiel zweier Schwingungen f1 = 60 Hz und f2 = 70 Hz in Abb. 3.4 dargestellt. 1.0 1.0 0.5 0.5 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 0.05 -0.5 -0.5 -1.0 -1.0 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 2 1 0.05 0.10 0.15 0.20 0.25 0.30 -1 -2 Abb. 3.2: Schwebung mit f1 = 60 Hz (links) und f2 = 70 Hz (rechts) 1 2 [Lüd08] Dabei steht Tr für die resultierende Periode. 7 3 Theoretischer Teil Schwebungen werden in der Musik genutzt um Instrumente zu stimmen, denn die Schwebungsfrequenz ist gleich der Frequenzdifferenz der Ausgangsschwingungen. Die Schwebungsperiode wird also umso länger je näher f1 und f2 beieinander liegen. WELLEN sind die Ausbreitung (Fortpflanzung) von Störungen entlang des Raumes. Im mechanischen Fall, so wie er bei Schallwellen vorliegt, benötigt die Ausbreitung ein Medium. Die einzelnen Teilchen des Mediums führen dabei eine örtlich feste Schwingung aus, die über die Kopplung zu benachbarten Teilchen fortschreitet. Man kann sie am einfachsten durch gekoppelte Fadenpendel visualisieren3 , wobei die Auslenkung der Pendel senkrecht oder auch parallel zur Kopplungsrichtung erfolgen kann. Im senkrechten Fall liegt eine Transversalwelle vor und im parallelen Fall spricht man von einer Longitudinalwelle. Abb. 3.3: Modell zur Transversalwelle (links) und Longitudinalwelle (rechts) Jedes Pendel schwingt um seine Ruhelage, es breitet sich nur die Schwingung entlang der Pendel aus. Den Abstand zweier Pendel, die sich in der gleichen Schwingungslage befinden, nennt man Wellenlänge λ. Die Geschwindigkeit der Welle ergibt sich als Quotient aus Wellenlänge und Periode: λ c= =λ·f (3.1) T Wellen werden mit der Wellengleichung beschrieben: " t k ~x k ξ(~x, t) = ξ0 sin 2π − T λ !# = ξ0 sin ωt − ~k · ~x (3.2) Dabei ist k = 2π der Betrag des Wellenvektors, auch Wellenzahl genannt. An dieser λ Gleichung erkennt man sofort das Besondere einer Welle, nämlich die räumliche und zeitliche → − Periodizität. Bei festgehaltenem Ort ( k · ~x = const) besteht am Ort ~x ein zeitlich periodischer Vorgang mit der Periode T . Wird umgekehrt die Zeit festgehalten (ωt = const) liegt ein räumlich periodischer „Schnappschuss” mit der Wellenlänge λ als Periode der harmonischen Schwingung vor. 3 Abb. 3.3 aus[Lüd08]. 8 3 Theoretischer Teil Wichtige Phänomene und Eigenschaften von Wellen Huygens’sches4 Prinzip: Jeder Punkt einer beliebig geformten Wellenfront kann als Ausgangspunkt von Elementarwellen gesehen werden, die sich mit gleicher Phasengeschwindigkeit und Frequenz wie die ursprüngliche Wellenfront ausbreiten. Die Einhüllende aller einzelnen Elementarwellen bildet die neue Wellenfront.5 Zur Veranschaulichung ist jeder Ausgangspunkt der Elementarwelle in Abb.3.2 rot markiert. Abb. 3.4: Huygens’sches Prinzip am Spalt Superposition von Wellen Wellen überlagern sich ungestört, wobei sich die resultierende Welle durch Addition der Auslenkungen an jedem einzelnen Punkt und zu jeder einzelnen Zeit ergibt.6 Dieses Prinzip ist der Grund für jede Art von gleichzeitiger Kommunikation z. B. dafür, dass sich mehrere Menschen in einem Raum gleichzeitig unterhalten können, weil die Wellenzüge sich gegenseitig nicht stören, d. h. die Summe der Auslenkungen kann von unserem Gehirn beim Hörvorgang in einzelne Komponenten zerlegt werden. Superposition ist also reversibel und wirkt nicht destruktiv auf das Signal und seinen Informationsgehalt. Mathematisch wollen wir das Beispiel zweier Wellen betrachten, die, bei gleicher Amplitude und keinem Gangunterschied, leicht verschiedene Frequenzen haben, also: x ξ1 (t, x) = ξ0 sin 2π f1 t − λ1 x und ξ2 (t, x) = ξ0 sin 2π f2 t − λ2 Berechnet man die resultierende Welle als ξres (t, x) = ξ1 (t, x) + ξ2 (t x), ergibt sich nach dem Additionstheorem: " # " λ2 − λ1 λ2 + λ1 ξres (t, x) = 2ξ0 cos π (f1 − f2 ) t − x · sin π (f1 + f2 ) t − x λ1 λ2 λ1 λ2 4 5 6 Christiaan Huygens: *14. April 1629; †8. Juli 1695 [Lüd08] [Lüd08] # 9 3 Theoretischer Teil Wenn die Frequenzen f1 und f2 (und damit auch die Wellenlängen λ1 und λ2 ) dicht beieinander liegen, können wir statt λ1 λ2 den Ausdruck (λ1 )2 sowie f1 + f2 = 2f1 und λ1 + λ2 = 2λ2 schreiben, daraus folgt: " # ∆λ x ξres (t) = 2ξ0 cos π (∆f ) · t − x · sin 2π f1 · t − 2 (λ1 ) λ1 Schalldruck p Schalldruck p Der zweite Faktor, der sich aus dem Kosinusglied zusammensetzt, wird ,wegen dem geringen Unterschied zwischen den Frequenzen und Wellenlängen, sehr klein. Er bewirkt ein langsames B An- und Abschwellen der Lautstärke (langsam veränderliche Amplitudenhüllkurve). Der letzte Faktor, der aus dem Sinusglied besteht, beschreibt Frequenz und Wellenlänge der resultierenden Welle. Interferenz Schalldruck p Schalldruck p Interferenz ist ein Spezialfall der Addition von Wellen, wobei Wellen der gleichen Wellenlänge addiert werden. Man unterscheidet zwischen konstruktiver und destruktiver Interferenz7 . Sind beide Wellenzüge in Phase, ergibt das eine Verstärkung der Welle, bei einem Phasenunterschied von λ2 (oder ungeradzahligen Vielfachen) kommt eine Abschwächung oder bei gleicher Amplitude sogar völlige Auslöschung zustande (siehe Abb. 3.5). Anschaulich lässt sich die Auslöschung damit erklären, dass Wellenberge und Wellentäler zusammen fallen. B Schalldruck p Schalldruck p A Abb. 3.5: Konstruktive Interferenz (links) und destruktive Interferenz (rechts) Hier wird destruktive bzw. konstruktive Interferenz nicht nur für die Grenzfälle der vollständigen Auslöschung bzw. Verdopplung der Amplituden verwendet; sondern auch für Abschwächung und Verstärkung. halldruck p 7 10 3 Theoretischer Teil Stehende Wellen Wenn zwei gleiche Wellen in entgegengesetzte Richtungen, laufen überlagern sie sich zu einer Welle mit gleicher Wellenlänge, aber zeitunabhängiger Position im Raum. Solche stehenden Wellen weisen Schwingungsknoten und Schwingungsbäuche in Abständen von λ2 auf. Verfolgt man die Schwingungen der stehenden Welle zeitlich, so findet man, dass in Zeitabständen von T2 die Wellenerscheinung ganz aufgehoben ist. Dazwischen liegen jeweils die maximalen Auslenkungen, die abwechselnd nach oben und nach unten gerichtet sind. Nachfolgend sollen obige Aussagen am Beispiel zweier Longitudinalwellen in Luft auch mathematisch gezeigt werden: ξ1 (t, ~x) = ξ0 sin ωt − ~k · ~x und ξ2 (t, ~x) = ξ0 sin ωt + ~k · ~x mit k = 2π λ als Wellenzahl. Durch Addition nach dem Superpositionsprinzip erhalten wir: ξres (t, ~x) = 2 ξ0 cos ~k · ~x · sin ωt (3.3) als Gleichung einer stehenden Welle, diese ist zeitlich und räumlich periodisch. An dem Ausdruck cos ~k · ~x = cos 2π λx sieht man, dass die Auslenkung an den Positionen ~x einen Knoten hat für alle |~x|, die ungeradzahlige Vielfache von 14 λ sind. Schwingungsbäuche bilden sich immer bei Vielfachen von 12 λ aus. Bildet man nun durch Differentiation von Glg 3.2 die Geschwindigkeit der Auslenkung der Luftteilchen (Schnelle), ergibt sich: dξ = 2 ω ξ0 cos ~k · ~x · cos ωt dt (3.4) An dieser Gleichung erkennen wir, dass es auch Bäuche und Knoten der Schnelle gibt, die an denselben Positionen wie die Bäuche und Knoten der Auslenkung liegen. Als nächsten Schritt wollen wir die Verteilung des Drucks untersuchen, dazu nutzen wir die Proportionalität zwischen dem Druck einer in x-Richtung fortschreitenden Longitudinalwelle dξ und der örtlichen Veränderung der Verschiebung, also p ∼ dx . Denn je größer die Verschiebungsänderung, desto größer ist die Verdichtung, und somit der Druck. Durch Differentiation von Glg 3.2 nach x erhält man: p∼ dξ = −2 k ξ0 sin ~k · ~x · sin ωt dx (3.5) 11 3 Theoretischer Teil Auch die Druckverteilung hat Bäuche und Knoten, jedoch fallen die Knoten des Drucks mit den Bäuchen der Bewegung (sowie der Schnelle) zusammen und umgekehrt. Gegeneinander sind sie also um 14 λ verschoben. Nach einer halben Periode wird aus einer Verdünnung (Druckminimum) eine Verdichtung (Druckmaximum). Abstandsgesetz Für einen punktförmigen Sender (Strahler), der Kugelwellen aussendet, nimmt die Intensität nach dem Abstandsgesetz auch ( r12 Gesetz genannt) ab. Die von der Welle transportierte Energie muss sich auf einer Kugelfläche verteilen und ergibt so die Intensität I: I= E wobei A = 4πr2 und E = const A Abb. 3.6: Abstandsgesetz Das führt z. B. dazu, dass bei Open Air Konzerten viel höhere Verstärkungsleistung bereitgestellt werden muss, als in Konzertsälen oder Hallen, bei denen die Intensität aufgrund von Reflexionen an den Wänden nicht so stark abnimmt. Vielleicht sagte der Komponist Hector Berlioz8 aus diesem Grund: „Musik im Freien gibt es nicht”. 8 *11. Dezember 1803; †8. März 1869 3 Theoretischer Teil 12 Reflexion Bei der Reflexion einer ebenen Welle an einer ebenen Wand ist der Reflexionswinkel gleich dem Einfallswinkel.9 Das Reflexionsgesetz kann man aus dem Huygens’schen Prinzip herleiten, indem man jeden Auftreffpunkt einer schräg einlaufenden Welle als Ausgangspunkt einer Elementarwelle ansieht. Diese Elementarwellen, die sich nacheinander ausbilden, überlagern sich wieder zu einer ebenen Wellenfront, die gerade denselben Winkel mit dem Lot einschließt wie die einlaufende Welle. Die reflektierte Welle ist immer schwächer als die einlaufende, da ein Teil der Energie von der reflektierenden Oberfläche absorbiert wird. Ist die Oberfläche der Wand rau, also versehen mit Unebenheiten in der Größenordnung der Wellenlänge, kommt es zu einer diffusen (ungeordneten) Reflexion. Brechung Fällt eine ebene Welle auf eine ebene Grenzfläche, wird sie beim Übergang von dem einen in das andere Medium von ihrer ursprünglichen Richtung abgelenkt. Dabei ist das Verhältnis aus dem Sinus des Einfallswinkels und dem Sinus des Brechungswinkels gleich dem Verhältnis aus den Ausbreitungsgeschwindigkeiten der beiden Medien.10 Die Abwärts-Brechung von Schallwellen im Freien wird durch eine inverse Temperaturschichtung bewirkt. Das bedeutet in Bodennähe liegt kältere Luft, was zu einer geringeren Schallgeschwindigkeit führt. Abb. 3.7: Abwärts-Brechung Dieses Phänomen erklärt, weshalb man in Winternächten (bei Bodenfrost) über größere Entfernungen hören kann. 9 10 [Lüd08] [Lüd08] S.514 3 Theoretischer Teil 13 Akustik befasst sich ausschließlich mit Schallwellen, d. h. deren Entstehung, Ausbreitung und Wahrnehmung. Wobei die Wellenausbreitung durch Schwingungen der Luftteilchen zustande kommt. Alle obengenannten Aussagen sind auch auf Schallwellen zu beziehen. Nachfolgende Abbildung aus „Einführung in die Akustik” von [Bor89] zeigt die hörbaren Frequenzen und Intensitäten, mit denen sich die Akustik befasst.11 Abb. 3.8: Gesamter hörbarer Frequenz- und Druckbereich der Akustik 11 Die dB Skalierung der Intensitäten wird unter Kap. 3.2.1 erläutert. 14 3 Theoretischer Teil 3.2 Zentrale Größen der Akustik Es ist zunächst grundlegend zwischen physikalischen Variablen und deren Wahrnehmung (Variable der Sinneswahrnehmung) zu unterscheiden. Auch wenn Akustik beide Gesichtspunkte umfasst, wollen wir zuerst physikalische Messgrößen einführen und später genauer auf deren Wahrnehmung eingehen. physikalische Variable Variable der Sinneswahrnehmung Intensität Lautstärke Frequenz Tonhöhe Wellenform Klangfarbe 3.2.1 Schallfeldgrößen Wie schon im Abschnitt „Stehende Welle” erwähnt, kann12 eine Schallwelle durch die drei Größen Schallauslenkung ξ, Schallschnelle v, und Schalldruck p beschrieben werden. Da es sich bei Wellen um räumlich propagierende Schwingungen handelt, schwanken diese Größen um einen festen Wert (bei der Auslenkung und der Schnelle ist dieser Wert null): ξ (~x, t) = ξ0 sin ωt − ~k · ~x v (t) = (3.6) dξ = ξ0 ω cos ωt − ~k · ~x = v0 cos ωt − ~k · ~x dt (3.7) 2 Den Schalldruck erhält man mittels der Newton’schen Bewegungsgleichung ρ ddt 2ξ = VF mit ρ als Dichte, F als Betrag der Kraft und V als Volumen. Es ist aber in dem Fall der ebenen Schallwelle die Kraft pro Volumen gerade das Druckgefälle in Ausbreitungsrichtung; das führt zu: d 2ξ dp ρ 2 =− (3.8) dt dx Durch nochmalige Differentiation von Glg 3.5 und und Einsetzen in Glg 3.7 folgt: ρ 12 d 2ξ 2 ~k · ~x = − dp = ξ ρ ω sin ωt − 0 dt 2 dx Alternativ kann man, statt der Schallauslenkung ξ, die Änderung der Dichte betrachten. (3.9) 15 3 Theoretischer Teil Die Abhängigkeit des Druckes von Ort und Zeit erhalten wir nun durch Integration13 nach x: p = const + ξ0 ρ ω2 ~x cos ωt − ~k · ~x = pL + ξo ρ ωc cos ωt − k·~ k Dabei ist pL der Luftdruck, um den herum der Schalldruck schwankt und c die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle. Somit verwendet man zur Beschreibung der Schallwelle den Schalldruck ∆p: ∆p = ξ0 ρ ωc cos ωt − ~k · ~x (3.10) Wir können die Amplituden der bisherigen Schallfeldgrößen zusammenfassend darstellen: Auslenkungsamplitude Schnellenamplitude Druckamplitude ξ0 v0 = ξ0 · ω ∆p0 = ξ0 · ρ ωc = v0 · ρ c Für die physikalische Beschreibung der Schallwelle, die zeit- und ortsabhängig ist, benötigt man eben gerade zwei der drei aufgeführten Größen. Üblicherweise verwendet man die Schallschnelle und den Schalldruck. Die in der Natur auftretenden Druckamplituden erstrecken sich über viele Größenordnungen, so liegen z. B beim Menschen sechs Größenordnungen zwischen der Hörschwelle und der Schmerzgrenze. Um solche Verhältnisse sinnvoll und praktikabel zu beschreiben wurde der Schalldruckpegel Lp in dB definiert, der eine logarithmische Darstellung von Amplitudenverhältnissen ist: LP ∆prms = 10 · log10 dB (2 · 10−5 P a) !2 = 20 · log10 ∆prms 2 · 10−5 P a (3.11) dabei ist ∆prms der Effektivwert der Druckschwankung, er wird gebildet als: ∆prms = q 1 T RT 0 ∆p(t)2 dt . Zusätzlich ist 2 · 10−5 P a ein international festgelegter Referenzdruck, der ungefähr der Hörschwelle entspricht. Wie man die dB Skala in eine wahrnehmbare Lautstärke übertragen kann wird unter 3.6.4 behandelt. Folgende Tabelle14 stellt die menschlich relevanten Grenzwerte der Schalldrücke, Schallschnellen und Auslenkungen (ξmax berechnet bei 1000 Hz) dar: 13 14 mit ωk = 2π 2π f · λ = c aus [Lüd08] 16 3 Theoretischer Teil Lp Hörschwelle 0 dB Schmerzgrenze 120 dB ∆prms vmax 2 · 10−10 bar 6,93 · 10−8 0,2 · 10−3 bar ξmax m s 1,1 · 10−11 m 0,063 ms 1,1 · 10−5 m Tab. 3.1: Schalldrücke und Schallschnellen Folgende Tabelle ist aus [Hal08] entnommen und stellt angenäherte Schalldruckpegel für Umweltgeräusche mit Reaktionen zusammen: Schallquelle Schallpegel / dB Intensität / Düsentriebwerk in 10 m Start eines Jets in 500 m Rock-Konzert Maschinenhalle U-Bahn Fabrik Stadtverkehr Leise Unterhaltung Leises Auto-Innere Bibliothek Leerer Konzertsaal Flüstern in 1m Entfernung Fall einer Stecknadel 150 120 110 100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 103 1 10−1 10−2 10−3 10−4 10−5 10−6 10−7 10−8 10−9 10−10 10−11 10−12 W m2 Reaktion unerträglich schmerzhaft für Musik & Sprache unhörbar Tab. 3.2: Schallpegel verschiedener Umweltgeräusche Eine weitere zentrale Schallfeldgröße ergibt sich in Analogie zum Ohm’schen Gesetz der Elektrizitätslehre: R = UI aus dem Verhältnis von Druckamplitude und Schnellenamplitude. Diese Größe wird daher Schallwiderstand oder Impedanz genannt: Z= ∆p0 = ρc v0 (3.12) Jedes Medium hat seine eigene Impedanz. Wenn nun eine Welle aus einem Medium in ein Anderes übergeht, entscheiden die Werte der Impedanzen, ob Transmission oder Reflektion erfolgt. Das führt auch auf die Frage, wie groß die Intensitätsverluste beim Abstrahlen einer Schallwelle sind. Dabei ist das Ziel eine optimale Energieübertragung, was dazu führt, dass eine Impedanzanpassung zwischen schwingendem System und umgebendem Medium erfolgen muss. 17 3 Theoretischer Teil Die pro Zeit übertragene Energie ist gleich dem Skalarprodukt F~ · ~v , wobei F~ die Kraft ist, mit der das schwingende System auf das Medium wirkt, und ~v die Geschwindigkeit mit der das Medium bewegt wird. Im Folgenden oszillieren F~ und ~v mit den Amplituden F0 und v0 . Die mittlere Strahlungsleistung des Senders ergibt sich nun als: 1 P̄ = F~ · ~v = F0 · v0 2 Zusätzlich ist die Intensität gerade die pro Fläche transportierte Leistung der Schallwelle: P̄ und F0 = A · ∆p0 A Dabei wird die Vereinfachung gemacht, dass die Welle von einem Sender mit der Fläche A abgestrahlt wird. I= 1 1 ∆p20 1 I = ρ c v02 = = ∆p0 v0 2 2 ρc 2 Diese Gleichung stellen wir nach dem Schalldruck um und erhalten: ∆p0 = 2I v0 Eine optimale Impedanzanpassung liegt nun vor, wenn gilt: Z= F0 2I ∆p0 = = 2 = ρc v0 A · ~v0 v0 (3.13) Das bedeutet eine besonders gute Impedanzanpassung liegt vor, wenn das schwingende System aus dem gleichen Material besteht wie das umgebende Medium. Aus dieser Tatsache heraus lässt sich die große Schallabstrahlung einer schwingenden Luftsäule gegenüber anderen Schallsendern erklären. Deshalb gehören Blasinstrumente eher zu den lauteren Instrumenten. 3.2.2 Schallenergiegrößen • Schallenergie Die durch den Schall transportierte Energie setzt sich aus einem potentiellen und einem kinetischen Anteil zusammen. Der kinetische Anteil erklärt sich daraus, dass die Schallschnelle ein Volumenelement der Luftteilchen beschleunigt und ihm kinetische Energie zuführt. Deshalb ist die Schallschnelle die zentrale Größe für den kinetischen Term. 18 3 Theoretischer Teil Der potentielle Anteil kommt aus der Kompression des Volumenelements der Luftteilchen zustande, dabei geschieht eine Änderung der inneren Energie durch den Schalldruck. Die Summe aus beiden Anteilen bleibt erhalten : W = Wpot + Wkin = Z V Z ∆p20 ρv02 dV dV + 2ρ c2 V 2 (3.14) Dabei ergibt sich der Ausdruck für die potentielle Energie15 aus: dEInnerer = T dS − pdV (3.15) Der kinetische Anteil kommt aus: Ekin = 1 1 mv 2 = ρv02 · V 2 2 (3.16) Die Schallintensität I bezeichnet die pro Fläche und Zeit transportierte Schallenergie und W wird in m 2 angegeben : ESchall I= (3.17) A·t Als wichtige Kenngröße von Schallquellen gilt die Schallleistung P , welche die insgesamt abgestrahlte Energie pro Zeit angibt. Nachfolgende Tabelle aus [Lüd08]16 enthält einige Schallquellen mit zugehöriger Schallleistung: Schallquelle P / Watt normales Gespräch ≈ 7 · 10−6 Höchstleistung der menschlichen Stimme ≈ 2 · 10−3 Geige (fortissimo) ≈ 1 · 10−3 Flügel (fortissimo) ≈ 2 · 10−1 Trompete (fortissimo) ≈ 3 · 10−1 Orgel (fortissimo) ≈ 103 Lautsprecher (bis 1 kHz) bis104 Tab. 3.3: Schallleistung einiger Schallquellen Um die mittlere Energie pro Volumen zu erhalten, führt man die Energiedichte oder Schalldichte ein, die gerade der Quotient aus Intensität und Schallgeschwindigkeit ist: ρE = 15 16 I 1 1 ∆p20 = ρ v02 = c 2 2 ρ c2 Die Herleitung der potentiellen Energie aus der inneren Energie ist im Anhang aufgeführt. Tab.14.3 (3.18) 19 3 Theoretischer Teil Abschließend ist es wichtig den Zusammenhang zwischen Schallfeldgrößen und Schallenergiegrößen klar darzustellen. Schallenergiegrößen sind die Ursache und Schallfeldgrößen sind die Wirkung (diese Unterscheidung ist bei vielen Phänomenen der Physik sinnvoll). Auch wenn das Ursache - Wirkung - Prinzip nicht bei allen Phänomenen und Experimenten der Physik ein tragfähiges Konzept ist, hilft es doch den Zusammenhang zwischen Schallfeldgrößen und Schallenergiegrößen begreifbar zu machen. Abb. 3.9: Ursache und Wirkung 3 Theoretischer Teil 20 3.3 Schwingende Saite vs. schwingende Luftsäule Der folgende Abschnitt befasst sich mit den zentralen Experimenten dieses Schülerkurses. Prinzipiell stellt sich die Frage mit welcher experimentellen Grundlage man einen Schülerkurs zur Akustik gestalten sollte. Die Bedingungen an ein solches Experiment sind: Einfachheit, Realisierbarkeit und Erweiterbarkeit. Einfachheit bezieht sich darauf, dass ein Experiment überschaubar, fundamental und auch für die Schüler durchführbar sein muss, denn Demonstrationsexperimente des Lehrers können nicht zu einer so hohen Motivation wie Schülerexperimente führen. Realisierbarkeit spricht davon, dass man bei einem Experiment Kosten und Nutzen abwägen, wie auch den zeitlichen Umfang einer Unterrichtseinheit berücksichtigen sollte. Dabei ist im Blick zu halten, dass man an gut gewählten Beispielen einen Großteil der Lernziele erarbeiten kann, was wiederum dazu führt, dass sich ein Schüler aufgrund eines Schlüsselexperiments den ganzen Inhalt einer Lerneinheit behalten kann. Erweiterbarkeit, so wie es hier verwendet wird, deutet darauf, dass ein Experiment vielerlei Variationen und thematische Vertiefungen zulässt. Diese Eigenschaft des Experiments ermöglicht es auch den Unterricht leistungsdifferenziert und interessengeleitet zu gestalten. Das Kriterium der Einfachheit fordert eindimensionale Probleme gegenüber mehrdimensionalen Problemen vorzuziehen, was im Falle von schwingenden Körpern auf zwei Alternativen führt: • die schwingende Saite • die schwingende Luftsäule (in einem engen Rohr) Beide Möglichkeiten Klänge oder Töne zu erzeugen beruhen auf dem Prinzip, das im Abschnitt 3.1 diskutiert wurde. Es bilden sich dabei Eigenschwingungen aus, deren Frequenzen durch die Länge des Schwingers festgelegt sind. 3.3.1 Eigenschwingungen der Saite Eine Saite ist ein Stab, der aufgrund seiner kleinen Querschnittsfläche keinen Widerstand gegen Verbiegung aufweist, diese Näherung ist bei dünnen Metallsaiten und Darmsaiten erfüllt. Um nun eine Saite in Schwingungen versetzen zu können muss sie, zwischen zwei festen Punkten, durch äußere Kräfte in Spannung versetzt werden. Der Abstand der beiden festen Punkte legt die Länge der Saite fest. Dieser Aufbau ist im Monochord realisiert, wobei die eingespannte Saite über einem Resonanzkasten schwingt. 21 3 Theoretischer Teil Monochord aus [Joh09] Lenkt man nun die Saite aus ihrer Ruhelage aus, wird sie, nach Loslassen, transversale Schwingungen ausführen. Die stehende Welle kommt dabei dadurch zu Stande, dass die transversale Schwingung am Endpunkt der Saite reflektiert wird, was natürlich bedeutet, dass schwingende Saiten immer Knoten an beiden Enden haben müssen. Die einfachste Schwingung mit der die Saite angeregt sein kann, ist die Grundschwingung bei der zwischen den beiden Knoten ein Schwingungsbauch vorliegt. Der Zusammenhang zwischen Wellenlänge λ0 und Länge der Saite ist für die Grundschwingung: λ0 = 2 l (3.19) Aus diesem einfachen Zusammenhang kann man, bei gegebener Frequenz (die Frequenzmessung erfolgt über ein Mikrofon per Computer), die Schallgeschwindigkeit der Transversalwelle auf der Saite im Schülerexperiment bestimmen. Zusätzlich gilt für die Frequenz: 1 f = 2l s F , A·ρ (3.20) dabei ist der Ausdruck in der Wurzel gerade die Wellengeschwindigkeit. Das führt zu Schülerexperimenten bei denen man die Saite durch eine Masse spannen kann. Die Masse muss dabei an einer Umlenkrolle hängen; auf diese Weise kann bei gegebenem A ) bestimmt werden. die Liniendichte ρ (in kg m Die Wellenlänge der Transversalwelle auf der Saite ist zum einen über die Länge, zum anderen über die Kraft und Masse der Saite bestimmt. Folgende Übersicht der Eigenschwingungen einer Saite ist entnommen aus [Lüd08]: Es sei darauf hingewiesen, dass man eine unterschiedliche Zählung eingeführt hat zwischen Eigenschwingungen und Oberschwingungen. Die Zählung der Eigenschwingungen kann man direkt in Verbindung bringen mit dem Zahlenverhältnis zur Grundfrequenz. Die Zählung der Obertonschwingungen (beginnend mit der Grundschwingung) kann man direkt in Verbindung bringen mit der Anzahl der Knoten auf der Länge der Saite. Abb. 3.10: a) - e): Grundschwingung 4.Oberschwingung bis 22 3 Theoretischer Teil Folgende Tabelle soll dabei eine Übersicht verschaffen: 1. Eigenschwingung 2. Eigenschwingung 3. Eigenschwingung Grundschwingung 1. Oberschwingung 2. Oberschwingung 0 Knoten 1 Knoten 2 Knoten ... ... ... f0 2 · f0 3 · f0 ... Wie kann man nun Oberschwingungen an einer einfachen gespannten Saite im Experiment erzeugen? Dazu muss man an den entsprechenden Stellen auf der Saite durch leichtes Berühren (mit dem Finger oder einem Gegenstand) einen Knoten erzeugen, d.h. bei der 1. Oberschwingung muss man die Saite genau auf halber Länge leicht berühren und dabei anzupfen. Natürlich muss man bei Oberschwingungen von höherer Ordnung genauer die Stellen der Knoten „treffen”. Einige Knoten fallen dabei auch zusammen, z. B. der mittlere Knoten aller ungeraden Oberschwingungen. Das bewirkt ein Mitschwingen der anderen Oberschwingungen, die an derselben Stelle einen Knoten haben. Es empfiehlt sich daher auch die Stelle des Anzupfens auf einen Schallschnelle Bauch zu setzen. Es muss erwähnt werden, dass schwingende Saiten an sich nur einen sehr leisen Ton abstrahlen, denn es kann nur die Luft entlang der Saite zum Schwingen angeregt werden. Das ist aber, bei der Forderung nach dünnen Saiten, eine umso schlechtere Anregung. Zusätzlich löschen sich die Schwingungen der Vorder- und Rückseite der Saite gegenseitig aus, da sie um 180° phasenverschoben sind und der dünne Saitendurchmesser nur einen ganz geringen Gangunterschied der beiden Schwingungsteile bewirkt. Um die Schallabstrahlung zu verbessern, wird die Saite auf einem Resonanzkasten aufgespannt, dieser hat aufgrund der größeren Flächen eine höhere Luftanregung zur Folge. Als Fazit zu diesem Experiment dient folgende Tabelle: Vorteile des Experiments Nachteile des Experiments grundsätzlich einfache Bedienung Oberschwingungen zu erzeugen benötigt Geschick / Übung schwache Intensitäten der Schallwelle → Notwendigkeit einer Verstärkung Resonanzkasten kann durch seine Eigenschwingungen bestimmte Frequenzen verstärken und andere Anteile somit übertönen fast keine Abweichungen von (bei dünnen Saiten) einfache Wellengeschwindigkeitsmessung möglich, auch erweiterbar auf andere relevante Größen nach Glg 3.3.2 Verständnis von Oberschwingungen erlaubt den direkten Zugang zu Intervallen und Tonleitern Tab. 3.4: Fazit zum Experiment „schwingende Saite” 3 Theoretischer Teil 23 Die Übersicht zeigt auf warum schon seit dem Altertum die schwingende Saite in Form eines Monochords das zentrale Instrument für akustische Untersuchungen war. 3.3.2 Eigenschwingungen der Luftsäule Wir betrachten schwingende Luftsäulen in kreisrunden Rohren, wobei die Querschnittsfläche prinzipiell keinen Unterschied macht. Anders als bei der Transversalschwingung einer Saite, handelt es sich bei den Schwingungen einer Luftsäule um Longitudinalwellen. Auch die bei der Saite geforderte Randbedingung, dass an beiden Enden Knoten der stehenden Welle sein müssen, ist bei schwingenden Luftsäulen nicht die einzig mögliche Variante. Wovon hängen nun die Randbedingungen an den Enden der stehenden Welle ab? Experimentell findet man17 : • Bei offenen Enden hat die Schallschnelle am Ende einen Schwingungsbauch • Bei geschlossenen Enden hat sie einen Knoten. Diese Tatsachen sind auch anschaulich nachvollziehbar: • Die Luftteilchen, die am offenen Ende einer Röhre in Schwingung versetzt werden, können ihre Schwingung an Luftteilchen außerhalb der Röhre weitergeben und daher ist ihre Auslenkungsgeschwindigkeit (Schallschnelle) maximal. • Die Luftteilchen an dem geschlossenen Ende geben ihren Impuls an die Rohrabschlusswandung ab, somit wird ihre Auslenkungsgeschwindigkeit (Schallschnelle) null. Beidseitig geschlossene Röhren haben also dieselben Schwingungsmoden wie Saiten, in der Verwendung eignen sie sich aber kaum, da keine Schallabstrahlung vom Rohrinneren nach außen erfolgen kann. Zudem ist es auch schwer, die Anregung in einer beidseitig geschlossenen Röhre zu realisieren. Beidseitig offene Röhren Beidseitig offene Röhren haben gerade umgekehrte Schwingungsmoden wie Saiten. Unter den Instrumenten sind die Blechblasinstrumente als Beispiel von beidseitig offenen Rohren zu nennen. Diese Instrumentenfamilie klingt sehr laut, da die in der Röhre angeregte Schwingung 17 Eine Möglichkeit das zu untersuchen ist die Kundtsche Röhre, mehr dazu später. 24 3 Theoretischer Teil ohne Verluste auch auf die Schallwelle im Raum übertragen werden kann. Also wird keine Impedanzanpassung zwischen den beiden Schwingungen (innerhalb und außerhalb) benötigt. Für ein Schülerexperiment haben sich offene Rohre wegen der Schwierigkeit des Anblasens nicht angeboten. Abb. 3.11: Beidseitig offenes Rohr: (a) Grundschwingung, (b) und (c) ersten beiden Oberschwingungen In Abb. 3.8 ist, neben die anschauliche Darstellung der Dichteänderung in der Luftsäule, auch der Verlauf der Schallschnelle eingezeichnet. Die Druckamplitude, die hier nicht verzeichnet ist, hat gerade ihr Maximum bei den Nullstellen der Schallschnelle. Da die verschiedenen Darstellungen (Druck und Schallschnelle) für Schüler verwechselungsanfällig sind, ist es anzuraten stark an der Unterscheidung zwischen Druck und Schallschnelle festzuhalten und eine von beiden stärker zu betonen. Einseitig offene Röhren Diese Art von Röhren wird durch senkrechtes Anblasen der offenen Rohrseite angeregt. Alle Schwingungsmoden, die für einseitig offene Röhren realisierbar sind, haben am geschlossenen Ende einen Schallschnelle Knoten und am offenen Ende einen Schallschnelle Bauch. Das führt dazu, dass die Länge der Luftsäule genau 14 λ der Grundschwingung entspricht. Alle Wellenlängen der Oberschwingungen sind gegeben durch: λk = 4 l mit k = 0,1,2... 2k + 1 (3.21) 2k + 1 · c mit k = 0,1,2... 4l (3.22) Das führt auf eine Frequenz von: fk = 3 Theoretischer Teil 25 Über diese Beziehung kann man bei gemessener Länge und Tonhöhe (Frequenz) die Schallgeschwindigkeit in Luft messen, als Erweiterung kann man die einseitig geschlossene Röhre auch mit anderen Gasen befüllen und die Schallgeschwindigkeit darin messen. Die Schwingungsmoden graphisch: Abb. 3.12: Einseitig offenes Rohr: (a) Grundschwingung, (b) und (c) ersten beiden Oberschwingungen Das Anblasen dieser Röhren kann zwar auch von den Schülern direkt erfolgen, aber Unterschiede im Anblaswinkel verändern die Tonhöhe erheblich. Zudem sind für verschiedene Oberschwingungen verschiedene Anblasgeschwindigkeiten erforderlich, was bei direktem Anblasen auch zu Fehlern führen kann. Deshalb wird ein Anblasmechanismus mit Druckluft verwendet, der diese Parameter fixiert. Es stellt sich beim Berechnen der zu erwartenden Frequenz aus der Rohrlänge nach Glg 3.21 eine Diskrepanz zwischen Theorie und Experiment ein. Die gemessenen Frequenzen sind systematisch kleiner als die theoretisch vorhergesagten, was zu der Vermutung führt, dass die effektive Länge der Luftsäule größer ist als die tatsächliche Länge des Rohrs. Wie oben erwähnt, kommen die stehenden Wellen in schwingenden Luftsäulen durch Reflexion am Ende des Rohres zustande. Für eine vollständige Reflexion muss die Impedanz außerhalb des Rohres null sein. Das führt zu einem Druckänderungsknoten an der Kante des Rohres. Im realen Experiment aber liegt der Knoten des Druckes nicht genau auf der Höhe der Kante, da die Impedanz der Luft außerhalb des Rohres nicht null ist. Ein Teil der Welle schwingt noch in den Raumbereich vor dem Rohrende hinein, dieser Sachverhalt ist im Folgenden skizziert. 26 3 Theoretischer Teil Dadurch ist die effektive Rohrlänge um einen Längenunterschied ∆L länger. Dieser Längenunterschied wird in der Literatur Längenkorrektur (Endkorrektur) genannt. Der prinzipielle Fehler, der sich hier zeigt, besteht darin, dass hier kein eindimensionaler Schwingungskörper vorliegt, sondern eine zylindrische Luftsäule mit dem Radius ri , wobei man sich mit zunehmendem Radius immer weiter von der eindimensionalen Grundannahme entfernt. Anschaulich ist es klar, dass die stehende Welle umso weiter in den Raum hineinragt je größer der Radius ist. So wird die Längenkorrektur abgeschätzt zu18 : ∆L = 0,6 · ri (3.23) Eine andere Abschätzung finden wir in [Lüd08]: ∆L = 1 π · ri 4 (3.24) Eine eigene Bestimmung der Endkorrektur erfolgt im praktischen Teil durch Experimente in der von uns benötigten Größenordnung, denn streng genommen ist auch die Längenkorrektur frequenzabhängig. Die Frequenz des entstehenden Tones ist durch die Resonanz bzw. stehende Welle im Rohr zu erklären, aber wie kommt bei vertikalem Anblasen des einseitig offenen Rohres überhaupt eine Schwingung zustande? Dazu müssen wir genauer analysieren was an der Kante des Rohrs mit dem Luftstrahl passiert: Abb. 3.13: Entstehung eines Schneidetons an einer Kante Wenn der Strahl durch leichte Turbulenz auf eine Seite der Kante trifft bewirkt er dort einen höheren Druck. Der höhere Druck drängt andere Luftteilchen zur Seite und lenkt sie um in eine Rückströmung. Diese Rückströmung trifft auf den Strahl im Bereich zwischen Mund und Kante, und lenkt ihn auf die andere Seite der Kante aus. 18 Diese Abschätzung ist von Hall. 27 3 Theoretischer Teil Dieser Mechanismus ist eine positive Rückkopplung (feedback), welche sowohl die einmal erzeugte Schwingung aufrecht erhält, als auch eine bestimmte Schneidetonfrequenz einstellt. Über diesen Mechanismus kann man begründen, wie es abhängig von der Anblasgeschwindigkeit zu Oberschwingungen kommen kann. Denn bei höheren Anblasgeschwindigkeiten oszilliert die Richtung des Luftstroms häufiger zwischen Überströmen und Einströmen, dadurch wird eine höhere Oberschwingung der, durch die Rohrlänge erzeugten, Resonanz nötig. Zusammenfassend ist die Anwendbarkeit des Experiments „schwingende Luftsäule” in folgender Tabelle dargestellt: Vorteile des Experiments Nachteile des Experiments grundsätzlich einfache Bedienung nur 1-2 Oberschwingungen möglich (belästigende Tonhöhen) schwingende Luftsäule weniger anschaulich als schwingende Saite Theorie muss durch eine frequenzabhängige Längenkorrektur angepasst werden konstante Versuchsbedingungen durch Anblasmechanismus erweiterbar auf Schallgeschwindigkeiten anderer, verfügbarer Gase (unter Berücksichtigung der notwendigen Korrekturen) hohe Lautstärke durch gute Schallabstrahlung, bzw. keine Impedanzanpassung nötig Keine direkte Hinführung zu Tonleitern und Intervallen, da zu wenige Oberschwingungen vorhanden sind Tab. 3.5: Fazit zum Experiment „schwingende Luftsäule” 3 Theoretischer Teil 28 3.4 Tonleitern und Harmonie physikalisch gesehen Dieser Abschnitt soll ein fächerverbindendes Element zwischen Musik und Physik sein. Dabei sind folgende Fragen zentral: • Wurden Intervalle19 und Tonleitern in der Musikgeschichte nur zufällig so gewählt, wie sie bis heute in der abendländischen Kultur bekannt sind? • Warum klingen für uns Menschen20 einige Intervalle angenehm (konsonant) und andere unangenehm (dissonant)? Überraschenderweise kann man diese Fragen anhand von einfachen Experimenten mit stehenden Wellen beantworten. Schwingungen von Saiten und Luftsäulen, wie sie uns im letzten Kapitel begegnet sind, können erklären, weshalb Verhältnisse kleiner, ganzer Zahlen Grundlage für Frequenzverhältnisse von Intervallen wurden, und welche Intervalle dabei konsonant sind. 3.4.1 Wie man aus Tönen Leitern baut ... Zuerst muss man klar definieren, was wir unter einem Ton verstehen: • In der Physik versteht man unter einem Ton einen Sinuston, der nur eine Frequenz hat. Einen solchen Ton kann man mit natürlichen Instrumenten nicht erzeugen. Eine auf einem natürlichen Instrument erzeugte Note enthält mehrere Sinustöne in spezifischen Frequenzverhältnissen und Amplituden; diese gespielte Note wird vom Physiker Klang genannt. • In der Musik wird eine gespielte Note Ton genannt und ein Klang besteht aus mehreren Noten, z. B. ein Dur Dreiklang, aus drei Noten. Im Folgenden sind Töne im Sinne der Musik zu verstehen, da bei natürlichen Instrumenten immer auch Oberschwingungen eines Grundtons mitschwingen. Die hörbare Tonhöhe wird bei solchen Tönen durch den Grundton festgelegt21 . Die Teiltonreihe Spielt man nun auf einem Posthorn (Blasinstrument ohne Ventil oder Zug) einen Grundton und die zugehörigen Obertöne, erklingt die harmonische Teiltonreihe: 19 20 21 Tonhöhenabstand Hier gehen wir vom abendländischen Kulturkreis aus. Dieser muss nicht einmal mitklingen, aber unser Gehirn denkt sich den Ton dazu der einer Oberschwingungsreihe zugrunde liegt, der sog. Differenzton. 29 3 Theoretischer Teil Beginnend mit a = 110 Hz sind hier die ersten 10 Teiltöne (Eigenschwingungen) notiert. Der 7. Teilton entspricht nicht der Notation, daher ist er als halbe Note notiert. Abb. 3.14: Teiltonreihe Betrachtet man die absoluten Frequenzen und die Frequenzverhältnisse kommt man auf folgende Tabelle: Töne A a a e’ e’ a’ a’ cis” cis” e” Frequenzen / Hz 110 220 220 330 330 440 440 550 550 660 Verhältnis 1 2 2 3 3 4 4 5 5 6 Intervalle Oktave Halbtöne 12 reine Quinte 8 reine Quarte 6 große Terz 5 kleine Terz 4 Tab. 3.6: Frequenzverhältnisse der Teiltonreihe Die Einteilung der Intervalle in Halbtonschritte ist hier nur zur Orientierung angeführt, exakt gleichwertige Halbtonschritte wurden erst mit der Entwickelung der „wohltemperierten Tonleiter” definiert. Schon im 6. Jhdt v. Ch. hat Pythagoras22 auf ähnliche Weise musikalische Untersuchungen durchgeführt, wobei er mit einem Monochord experimentierte. Er hat durch Einschieben eines Stegs bei den Positionen 12 L, 23 L und 34 L die oben erwähnten Intervalle der harmonischen Teiltonreihe erzeugt. Wobei sich die Frequenzen gerade wie die Kehrwerte verhalten. Die große Terz 54 L ist aber nicht in der pythagoräischen Stimmung enthalten. Um von einer gegebenen Frequenz f1 zu einem neuen Ton im Abstand einer Quinte höher zu gelangen, muss man eine Multiplikation des Verhältnisses mit der Frequenz durchführen: f10 = 32 f1 . Eine Division führt auf einen neuen Ton eine Quinte tiefer als f1 . Auf diese Weise können wir um einen Anfangston drei höhere und drei tiefere Töne bilden, indem man sie mit dem Verhältnis der Quinte multipliziert und dividiert. Dann bringt man sie alle in den Tonumfang einer Oktave, indem man Zahlen kleiner 1 verdoppelt und Zahlen größer 2 halbiert, das führt zur pythagoräischen Tonleiter: 22 So ist es es überliefert, auch wenn man heute keine Schriften von ihm hat. 3 Theoretischer Teil 30 Wir erkennen aus den Quotienten der Nachbartöne, dass es zwei verschiedene Abstände zu benachbarten Tönen gibt: Ganztonschritte mit dem Verhältnis 98 und Halbtonschritte mit dem Verhältnis 256 243 Bei der Konstruktion einer Tonleiter, die für harmonische Musik z. B. Dur-Dreiklänge geeignet ist, ergeben sich grundsätzliche Probleme. Dies soll an folgendem Beispiel verdeutlicht werden: Beginnend mit c‘= 261,6 Hz konstruieren wir eine große Terz die keine Schwebungen haben darf. Das entspricht einem 5:4 Verhältnis. Also e‘= 54 · 261,6 Hz = 327 Hz. Konstruieren wir nun durch vier reine Quinten c‘- g‘- d“- a“- e“‘ und durch Herabsetzten um 4 e“‘ 2 Oktaven ein e´ ergibt sich: e“‘ = 23 ·261,1 Hz = 1324,35 Hz und e‘ = 2·2 = 331,09 Hz was zu einer Differenz von ca. 4,1 Hz führt. Um solche Vergleiche zwischen Intervallen und Stimmungen einfacher zu handhaben wurde eine international übliche Maßeinheit Cent (¢) eingeführt: • Eine Oktave entspricht dabei genau 1200 ¢. • Anstelle der Multiplikation von Verhältnissen mit Frequenzen tritt immer die Addition der zugehörigen Cent-Zahlen. Beginnen wir erneut bei c´ und bilden zweifach die große Terz (+386 ¢), um C-Dur und E-Dur Dreiklänge spielen zu können, so erhalten wir: c´-e´-gis´ als 0 ¢ -386 ¢ -772 ¢. Fordern wir jetzt auch die Möglichkeit As-Dur spielen zu können, muss as genau 386 ¢ unter c´ liegen, also 3·386 ¢=1159 ¢ unter gis’. Somit haben wir zwischen gis´ und as´ einen Unterschied von 41 ¢. Auf der Klaviatur der heute üblichen Tasteninstrumente ist aber gis´ und as´ dieselbe schwarze Taste zwischen g´ und a´. 31 3 Theoretischer Teil Diese Widersprüche konnten dadurch gelöst werden, dass man die Intervalle (mit Ausnahme der Oktave) nicht ganz rein stimmt und somit die Differenzen auf zwölf Halbtonschritte verteilt. Diese Stimmung geht auf Andreas Werckmeister23 zurück und wird gleichschwebend temperierte Stimmung genannt. √ Dabei ist ein Halbtonschritt zur Frequenz f0 definiert als 12 2 · f0 . Ton C D E F G A H C gleichschwebend temperiert 0 200 400 500 700 900 1100 1200 pythagoräisch 0 204 408 498 702 906 1110 1200 Tab. 3.7: Intervalle verschiedener Tonleitern in Cent angegeben 23 1645-1706 32 3 Theoretischer Teil 3.4.2 Obertöne und Harmonielehre Warum klingen einige Intervalle zusammen (als 2 oder 3-Klang) konsonant und andere dissonant? Erklärung von Dissonanz durch schwebende Obertöne Wenn zwei musikalische Töne (im Gegensatz zu Sinustönen) auf einem oder mehreren Instrumenten gespielt werden, klingen neben dem Grundton auch die Obertöne mit. Bei einseitig geschlossenen Luftröhren klingen jeweils die ungeraden Vielfachen der Grundfrequenz mit und bei Saiten oder beidseitig offenen Röhren klingen alle Vielfachen der Grundfrequenz mit.24 Aufgrund dieser Tatsache können wir uns die Frage nach dem Zusammenklang verschiedener Intervalle mit Hilfe der Obertöne erklären. • Die Quinte Abb. 3.15: Obertöne eines Grundtons Erklingen ein Grundton und seine Quinte, die ja gerade ein Frequenzverhältnis von 32 zur Grundfrequenz hat, zusammen, so fallen jeweils der dritte Oberton des Grundtons mit dem zweiten Oberton der Quinte zusammen. Dieser Sachverhalt ist in nebenstehender Abbildung durch die roten (Grundton) und blauen Linien (Quinte) dargestellt. Dieses Zusammenfallen von Obertönen bewirkt nach dem Superpositionsprinzip eine Verstärkung der betreffenden Obertöne. Eine andere Feststellung kann bezüglich der Obertöne gemacht werden, die nicht genau zusammenfallen: Sie sind in einem großen Abstand voneinander über die Frequenzen verteilt. Daher kann es zwischen den Obertönen nicht zu Schwebungen kommen. Aufgrund dieser Eigenschaften ist das Intervall der Quinte nach der Oktave (bei der gerade alle Obertöne zusammenfallen) das harmonischste Intervall. und seiner Quinte 24 Eine besondere Ausnahme bilden die Schlaginstrumente, bei denen im Allgemeinen überwiegend Frequenzen mitklingen, die keine ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz sind, diese werden aber im Rahmen dieser Arbeit nicht näher behandelt. 3 Theoretischer Teil • Die Septime 33 Betrachtet man eine ähnliche Auftragung der Obertöne eines Grundtons mit seiner großen Septime, fällt auf, dass keine Obertöne zusammenfallen25 und schon der 1. Oberton des Grundtons sehr nahe beim Septimton liegt. Das führt unmittelbar zu einer Schwebung, welche sich im Laufe der Obertonreihe fortsetzt. Wegen dieser sogenannten Reibung der Obertöne empfinden wir solche dissonanten Intervalle und Harmonien als spannungsgeladen und unharmonisch. Musikalisch gesehen müsste man die große Septime, die genau einen Halbton unter der Oktave liegt, auflösen, indem man das Intervall auf eine Oktave ausweitet. Das führt auch wieder dazu, dass alle Obertöne zusammenfallen. In der Harmonielehre der Musik nennt man einen solchen Ton, der nach einer Auflösung verlangt Leitton. Abb. 3.16: Obertöne eines Grundtons und seiner Septime 25 Erst der 15. Oberton des Grundtons fällt mit dem 8. Oberton der Septime zusammen, was aber klanglich gesehen keinen Einfluß hat, da die Intensitäten bei höheren Obertönen zu gering sind. 34 3 Theoretischer Teil 3.5 Fourieranalyse und Klangspektren Jean Baptiste Fourier fand 1822 den Zusammenhang, dass jede periodische Funktion g(t) = g(t + T ) als Summe von Sinusfunktionen geschrieben werden kann. Mit diesem mathematischen Werkzeug können wir beliebige, auch nicht differenzierbare, Funktionen in einzelne, differenzierbare Komponenten zerlegen. g(t) = ∞ X (3.25) An · sin (n · ωt + ϕ) n=0 Veranschaulicht kann man sich das Addieren zweier Sinusterme als Kreisbewegung in einer Kreisbewegung vorstellen. Eine Veranschaulichung, wie sie in den Abbildungen 3.17 und 3.18 vorliegt, ist für Schüler von großem Nutzen. Auch das Zerlegen bestimmter Fourier-Reihen in endliche Summen und das Ausrechnen einzelner Glieder ist notwendig, damit Schüler diesen weitreichenden und abstrakten Formalismus verstehen lernen. 1.0 0.5 2 -2 4 6 -0.5 -1.0 Abb. 3.17: Projektion einer Sinusschwingung 1.5 1.0 0.5 2 -2 4 6 -0.5 -1.0 -1.5 Abb. 3.18: Prinzip der Fourieranalyse eines Signals aus zwei Sinusschwingungen Auf diesem Wege können die verschiedensten Wellenformen erzeugt und analysiert werden. Dabei ist bemerkenswert, dass dieser mathematische Ansatz auch in unserem Gehör realisiert ist und wir verschiedene Klänge deshalb verschieden wahrnehmen und interpretieren, weil unser Gehör verschieden Komponenten mit verschiedenen Amplituden registriert. Die Phasenbeziehung, die für das Wellenbild relevant ist, hat für verschiedene Klänge, sowie wir sie hören, keine ausschlaggebende Relevanz ([Hal08] S.152). Im Folgenden wollen wir die ersten Glieder der Rechteckfunktion darstellen: 35 3 Theoretischer Teil g(t) = ∞ X ( n=0 π π 4 (−1)n · · sin 2n + 1) · t + π 2n + 1 2 2 ) Mit den ersten zwei Gliedern: 1.0 0.5 -3 -2 -1 1 2 3 1 2 3 1 2 3 -0.5 -1.0 Mit den ersten vier Gliedern: 1.0 0.5 -3 -2 -1 -0.5 -1.0 Mit den ersten 100 Gliedern: 1.0 0.5 -3 -2 -1 -0.5 -1.0 Anhand der obigen Plots kann man erkennen, wie wir bei zunehmendem n eine bessere Annäherung an die Rechteckfunktion erhalten. Diesen Prozess können die Schüler nachvollziehen um zu lernen, was es heißt mit theoretisch unendlichen Summen zu arbeiten. Für die Praxis kann man die Summe bei einer beliebige Anzahl von Gliedern abbrechen. Im Laufe des Schülerkurses wird die Zerlegung von Klangereignissen von einem Computer geleistet, die Schüler sollten aber das grundlegende Prinzip nachvollzogen haben. Beispiel von Klangspektren und ihrer Interpretation: Der Computer filtert einzelne Komponenten aus dem Signal heraus und trägt deren Amplitude über die Frequenzen auf. Diese Methode, die schon vor den Zeiten der computergestützten 3 Theoretischer Teil 36 Analyse mithilfe mechanischer Resonatoren angewendet wurde, ist in folgender Abbildung veranschaulicht: Nun soll ein Beispiel für die Interpretation solcher Klangspektren gegeben werden. Dafür wurde ein Sopransaxophon und eine Klarinette analysiert. Man muss sich darüber im klaren sein, dass hierfür ein anhaltender Klang (musikalisch:Ton) erzeugt wurde, dessen spektrale Verteilung durch den Mittelwert des gewählten Analysebereichs zustande kommt. Abb. 3.19: Klangspektrum des Sopransaxophons 37 3 Theoretischer Teil Abb. 3.20: Klangspektrum der Klarinette Das Spektrum des Sopransaxophons ist sehr obertonreich, wobei alle Obertöne Vielfache der Grundfrequenz sind. Auffällig ist, dass der erste Oberton um 12 dB intensiver ist als der Grundton; zudem sind noch bei 15 kHz merkliche Obertöne nachweisbar. Diese Beobachtungen aus dem Spektrum belegen den „scharfen” und „kernigen” Klang des Saxophons. Physikalisch ist das Zustandekommen dieser Charakteristik durch die Bauweise und den Anregungsprozess bei Rohrblattinstrumenten, wie Saxophon und Klarinette, zu erklären. Da Saxophon und Klarinette mit gleicher Anregung gespielt werden26 , ist auch der Klang der Klarinette obertonreich. Der Unterschied besteht aber darin, dass nur ungeradzahlige Vielfache der Grundfrequenz mitschwingen. Der größere Abstand zwischen den einzelnen Komponenten des Klanges bewirkt einen „hohlen” und „dumpfen” Klang. Die Klarinette ist, physikalisch gesehen, eine einseitig geschlossene Röhre, weshalb die geradzahligen Vielfachen der Grundschwingung unterdrückt sind. Diese Tatsache kommt durch einen parallelen Wandverlauf des Korpus zustande. Im Gegensatz dazu ist der Korpus des Saxophons konisch, was es zu einer beidseitig offenen Luftröhre macht. Auf diese Weise klingen zwei Instrumente, bei gleicher Anregung und gleicher Größe, aufgrund ihrer Wandung unterschiedlich. Dieser Unterschied ist mit dem Modell der offenen und der geschlossenen Luftröhre erklärbar und durch Klanganalysen zu messen. Bei Kenntnis der Frequenzen und Intensitäten der Obertöne ist eine Klangsynthese durch den Computer möglich, wobei es äußerst kompliziert ist die Einschwingvorgänge, sowie das Abklingen realer Instrumente zu synthetisieren. Aus diesem Grund geht man in der AufnahmeTechnik den Weg des Samplings, bei dem ”echte” akustische Instrumente aufgezeichnet und digitalisiert werden. 26 Meist werden Blättchen aus Schilfrohr verwendet, die ,an einem Mundstück angebracht, die Luftsäule anregen. 38 3 Theoretischer Teil 3.6 Das Ohr aus biophysikalischer Sicht Das Auge führt den Menschen in die Welt, das Ohr führt die Welt in den Menschen.27 Dieser Abschnitt behandelt in kurzer Form das Ohr als menschliches Sinnesorgan und er ist angelehnt an die Medizinphysik Vorlesung der TU Dortmund [Sut]. Auch alle Abbildungen in diesem Kapitel sind der Vorlesung entnommen. Wir wollen uns hierbei nur um akustische Gesichtspunkte kümmern, alle Prozesse der Signalübertragung und Verarbeitung lassen wir unberücksichtigt. Auch die Anwesenheit des Gleichgewichtsorgans bleibt im Folgenden unberücksichtigt. Das Ohr ist ein Sinnesorgan mit unübertroffener Leistungsfähigkeit, technisch ist man noch weit davon entfernt einen so sensiblen Wandler von mechanischen Schwingungen in elektrische Impulse zu realisieren. Während unsere Augen etwa Wellenlängen von 400 nm bis 800 nm verarbeiten können (also etwa eine Oktave), hören wir Menschen einen Frequenzbereich von 16 Hz bis 20 000 Hz oder als Wellenlänge 21,5 m bis 1,72 mm (was etwa 10 Oktaven sind). Der Schalldruck an der Hörschwelle beträgt 2 · 10−5 P a und bewirkt eine Amplitude des Trommelfells von nur etwa einem Atomdurchmesser 10−10 m . Die Frequenzauflösung des Gehörs liegt im Frequenzbereich 500 Hz bis 10 kHz bei 0,5%. Die Verarbeitung und Analyse der eingetragenen Signale in Sprache, Geräusche, einzelne Stimmen und Klänge, die alle gleichzeitig und überlagert im Ohr eintreffen, ist bis heute noch nicht ganz verstanden. Dieser Abschnitt beleuchtet Aufbau, Schallübertragung und Funktionsweise des Ohrs, wobei im Besonderen der Aufbau und die anatomischen Anteile der Funktionsweise fachübergreifend mit der Biologie unterrichtet werden können. 3.6.1 Aufbau des Ohrs Zuerst teilen wir das Ohr in verschiedene Bereiche ein: äußeres Ohr, Mittelohr und Innenohr. Das äußere Ohr besteht aus der Ohrmuschel und dem ca. 3 cm langen äußeren Gehörgang, dieser schließt mit dem Trommelfell ab. Das Mittelohr grenzt ans Trommelfell an und leitet den Schall vom Trommelfell über die drei Gehörknöchelchen zum ovalen Fenster. 39 3 Theoretischer Teil Das Innenohr ist im Knochen eingebettet und besteht aus der Cochlea (Schnecke). Diese Position im Knochen schützt das Innenohr und ist durch die räumliche Nähe zum Gehirn optimal. Abb. 3.21: Anatomie des menschlichen Ohrs Der Schneckengang ist mit einer Flüssigkeit gefüllt und macht, bei einer Länge von ca. 3 cm, zweieinhalb Windungen. Der Schneckengang verjüngt sich zu seinem Ende hin und besteht aus drei voneinander getrennten Räumen: die Vorhoftreppe die am ovalen Fenster beginnt und bis zur Schneckenspitze läuft. Dort schließt sich die Paukentreppe an, die sich bis zum runden Fenster erstreckt. 3.6.2 Schallleitung und Schallverstärkung Die Ohrmuschel und der äußere Gehörgang dienen der Schallverstärkung und der richtungsabhängigen Filterung einlaufender Schallwellen. Dabei wird die Schallverstärkung im Gehörgang durch den Trichtereffekt bewirkt. Da die Schallwellen von Luft zu innerer Flüssigkeit übergehen müssen, findet im Mittelohr unweigerlich eine Impedanzanpassung statt. Das geschieht, indem die Druckänderung im Mittelohr angepasst wird und sich die Transmission der Intensität dadurch auf 40-60 % erhöht. 40 3 Theoretischer Teil Die Kraft außen ist: Fa = ∆pa AT mit AT als Fläche des Trommelfells. Die Kraft innen ist: Fi = ∆pi AF mit AF als Fläche des ovalen Fensters. Abb. 3.22: Impedanzerhöhung der Gehörknöchelchen Die Gehörknöchelchen Hammer und Amboss setzen diese Kräfte nach dem Hebelgesetz um, was die Impedanz, nach dem Momentegleichgewicht Fa · la = Fi · li , um einen Faktor Fa la · li ≈ 22 erhöht. Ohne diese Anpassung würde die Transmission bei ca. 1%28 liegen. Fi 3.6.3 Funktionsweise des Innenohrs Der eigentliche Hörprozess findet im Innenohr statt, dabei werden die mechanischen Schwingungen in Nervenimpulse umgewandelt. Der Schneckenkanal ist ca. 30 mm lang und wird der Länge nach durch die Basilarmembran in zwei Hälften geteilt. Die obere Hälfte beginnt beim ovalen Fenster (auf dem der Steigbügel sitzt) und verläuft bis zur Schneckenspitze, die untere Hälfte verläuft von der Spitze zum runden Fenster. Beide Hälften sind durch das Schneckenloch miteinander verbunden. Der Schneckenkanal verjüngt sich von 0,9 mm auf 0,3 mm in der Spitze, dabei verändert die Basilarmembran ihre mechanischen Eigenschaften kontinuierlich und nimmt an Steifigkeit ab. Die von dem ovalen Fenster kommenden Vibrationen versetzen die Flüssigkeit und so auch die Basilarmembran in erzwungene Schwingungen, dabei bewirkt die Membran am runden Fenster einen Druckausgleich. Weil aber die Basilarmembran an jedem Ort eine andere Steifigkeit besitzt, wird sie je nach Schallfrequenz an verschiedenen Orten x mit maximaler Amplitude angeregt. Das führt dazu, dass hohe Frequenzen am Anfang der Schnecke liegen und tiefe Frequenzen an der Schneckenspitze. 28 Das lässt sich aus den Impedanzen herleiten mit T = 4 ZL ZF (ZL+ZF ) 2 . 3 Theoretischer Teil 41 Abb. 3.23: Prinzip der Frequenzauflösung in der Basilarmembran Die Basilarmembran enthält das Cortische Organ, das mit etwa 16 000 Haarzellen besetzt ist. Diese haben eine Länge von 5 µm und eine Dicke von 0,5 µm. Die Haarzellen sind mit einer gallertartigen Schicht verbunden. Durch die Relativbewegung dieser Schicht zur Basilarmembran kommt es zu einer Scherung der Haarzellen, was eine Aussendung von Nervenimpulsen zur Folge hat. 3.6.4 Hörempfinden der Lautstärke Die dB-Skala, die den Schalldruckpegel Lp in logarithmierter Darstellung angibt, ist nicht direkt auf die menschliche Lautstärkewahrnehmungzu übertragen, denn unsere Empfindlichkeit hat bei 3430 Hz ihr Maximum: Abb. 3.24: Maximum der Empfindlichkeit der Ruhehörschwelle Der Schalldruckpegel muss also an den Grenzen unseres Hörens viel höher sein als bei 3 kHz, um in allen Frequenzbereichen das gleiche Lautstärkeempfinden zu haben. Um diese Frequenzabhängigkeit zu berücksichtigen, wurde eine Einheit für die Lautstärke definiert: 42 3 Theoretischer Teil • Die Lautstärke 1 Phon entspricht dem Schalldruckpegel (dB) eines gleich laut empfundenen 1000 Hz Tons. An dieser Stelle verlassen wir die objektiven Aussagen und Reproduzierbarkeit der Physik, denn es geht hier um Empfindungen. Deshalb ist die Größe Phon eine Messgröße der Psychoakustik. Die Messung der Lautstärke ist also immer eine Vergleichsmessung zu einem 1000 Hz Sinuston. Solche Messungen werden im gesamten Hörbereich durchgeführt29 : Abb. 3.25: Kurven gleicher Lautstärke Um diese Eigenschaft des Gehörs in Lärmschutz und Soundtechnik zu berücksichtigen, wurde die A-Skala bei der Messung von Schallpegeln entwickelt. Sie wichtet den Schallpegel mit der Empfindlichkeit und wirkt für hohe und tiefe Frequenzen wie ein Filter. Weitere Messungen der Psychoakustik beziehen sich auf den kleinsten hörbaren Lautstärkeunterschied, der auf 1 dB bestimmt wurde, sowie den kleinsten hörbaren Frequenzunterschied, der sich grob in zwei Bereiche gliedert. Oberhalb von 500 Hz beträgt er etwa 0,3% und unterhalb 500 Hz liegt er nahezu konstant bei 1,5 Hz. 29 [Quelle: Wikipedia] 4 Praktischer Teil 43 4 Praktischer Teil 4.1 Experimentelle Bestimmung der Längenkorrektur von einseitig offenen Rohren Messprinzip: Ein einseitig geschlossenes Rohr wird per Druckluft angeblasen, so dass die Grundschwingung angeregt wird. Diese wird mit dem Computer aufgenommen und mit einer Genauigkeit von ± 1 Hz aus dem Frequenzspektrum bestimmt. Aus der Grundfrequenz wird die Länge der schwingenden Luftsäule berechnet, welche mit der gemessenen Rohrlänge verglichen werden muss. Um die Längenkorrektur ∆L experimentell zu bestimmen, wurde ein Anblasmechanismus aufgebaut, bei dem durch Druckluft ein regelbarer Luftstrom über die zu vermessenden Rohre geleitet werden kann. Dabei ist die Tonqualität des erzeugten Tons in starkem Maße von der Position der offenen Rohrkante und dem Anblasdruck abhängig. Diese Tatsache führte dazu, dass bei jeder Messung, bezüglich Position und Luftdruck, die gleichen Bedingungen herrschen mussten um überhaupt eine Grundfrequenz messen zu können. Abb. 4.1: Aufbau zur Bestimmung der Längenkorrektur Da die zentrale Messgröße für die Längenkorrektur die Tonhöhe (bzw. die Frequenz) ist, muss bei der Justage der Apparatur besonders auf die Parameter geachtet werden, von denen die Tonhöhe abhängt. 44 4 Praktischer Teil • Anblaswinkel Durch Variation des Winkels, mit dem der Luftstrahl auf die offene Kante trifft, kann die Tonhöhe bis zu einer Terz verändert werden, was bei einer Frequenz von 700 Hz eine Tonhöhenabsenkung um 175 Hz bewirkt. Die Winkeländerung von 5° zur senkrechten Anblasrichtung bewirkt eine Frequenzänderung von ca. 8 Hz. Stellt man die Richtung des Luftstrahls gerade senkrecht zur Rohrwand ein, erklingt gar kein Ton, denn der Luftstrahl geht über das offene Rohrende hinweg ohne damit zu interagieren. Nur wenn der Luftstrahl abwechselnd ins Rohr hinein und über das Rohr hinweg schwingt entsteht ein Schneidenton. So musste die möglichst geringe Abweichung zur rechtwinkligen Position realisiert werden, bei der gerade noch ein Schneidenton entsteht. • Anblasdruck Der Anblasdruck bewirkt zwei Effekte, durch welche die Frequenz des erzeugten Tons verändert werden kann: Zum Einen springt die Frequenz, bei wesentlich größeren Anblasdrücken (entspricht höheren Anblasgeschwindigkeiten), in eine höhere Eigenschwingung. Das ist bei der einseitig geschlossenen eine Verdreifachung der Frequenz. Zum Anderen wird die Frequenz durch leicht zunehmende Anblasgeschwindigkeiten „hoch gedrückt“. Dieser Effekt wurde von mir in einer Größenordnung von 3-5 Hz nachgewiesen. Bei der optimalen Anblasgeschwindigkeit ist die Rückkopplung des Rohrs auf den Schneidenton am intensivsten (vgl. Abbildung 3.13)und somit die Tonqualität am besten. vSt /b Abb. 4.2: Verschiebung der Frequenz durch die Anblasgeschwindigkeit 45 4 Praktischer Teil In obiger Abbildung1 bezeichnen die gestrichelten Parallelen zur x-Achse die Frequenzen mit der besten Tonqualität. Der Abstand zwischen Düse und Kante des Rohrs ist als b bezeichnet, wobei das Verhältnis von Geschwindigkeit zu Abstand verschiedene experimentelle Daten vergleichbar macht. Messwerte und Längenkorrektur: Farbe Länge l* in cm f in Hz d in mm ∆ L in mm grün 15,55 ± 0,05 527 ± 1 20 ± 0,1 7,7 ± 0,8 blau 12,95 ± 0,05 626 ± 1 17,9 ± 0,1 7,9 ± 0,8 gelb 11,65 ± 0,05 700 ± 1 15,1± 0,1 6,4 ± 0,7 rot 10,30 ± 0,05 788 ± 1 16,2± 0,1 6,1 ± 0,7 schwarz 8,65 ± 0,05 935 ± 1 13,2 ± 0,1 5,5 ± 0,7 Der Fehler in der Frequenz kommt durch die Auflösung des Computerprogramms zustande. Die Fehler der Längen und Innendurchmesser ergeben sich durch minimale Unebenheiten der Wandung und die Messungenauigkeit der Schieblehre, sowie des Metallmaßbands. Die Längenkorrektur folgt aus den Messwerten nach: LKor = ∆L = L − l∗ = 4 · c − l∗ f (4.1) Der Fehler der Längenkorrektur berechnet sich nach der Abschätzung des Größtfehlers als: ∆LKor = || 4·c ∂LKor · ∆f || + ||∆l∗ || = · ∆f + ∆l∗ 2 ∂f f Das lässt sich unter Verwendung der Definition für L umformen zu: ∆LKor = L · 1 aus [Hal08] ∆f + ∆l∗ f (4.2) 46 4 Praktischer Teil Messwerte D L nach (Lüd08) D L nach (Hal08) 1 4 1 2 1 0 ∆L / m m 8 6 4 2 0 0 5 1 0 1 5 2 0 2 5 In n e n d u rc h m e s s e r / m m Abb. 4.3: Vergleich der Messwerte mit den Literaturwerten Diese Messung zeigt auf, dass die experimentellen Längenkorrekturen mit dem Literaturwert aus [Lüd08] sehr gut übereinstimmen. Die vierte Messung (das rote Rohr) passt auch im Rahmen ihrer Fehler nicht ganz zur theoretisch erwarteten Gerade. Insgesamt muss bei der Interpretation dieser Ergebnisse berücksichtigt werden, dass jedes Rohr in Handarbeit gefertigt worden ist, wodurch ein wesentlich größerer Längenfehler, als die hier angenommenen 0,5 mm eher zutreffend ist2 . Demnach ist der x-Fehlerbalken deutlich zu klein. Bei [Hal08], der sich überwiegend mit Orgelpfeifen befasst, muss angemerkt werden, dass die Längenkorrektur abhängig ist von der Frequenz. Hall betrachtet Frequenzen von Orgelpfeifen, die deutlich längere Rohre, bei verhältnismäßig kleinen Durchmessern verwenden. Somit liegt nahe, weshalb seine Abschätzung bei den hier verwendeten Rohren zu klein ausfällt. Insgesamt konnte mithilfe des Computerprogramms und der oben genannten Formeln eine gute Übereinstimmung zu dem Literaturwert gefunden werden. 2 Problematisch sind die Rohroberkante, die meist nicht völlig plan sind und die Verlötung des geschlossenen Endes. 47 4 Praktischer Teil 4.2 Experimente des Schülerkurses Grundlegendes Werkzeug zur Frequenzbestimmung ist das Freeware Programm Audacity, das eine Frequenzanalyse von aufgenommenen Signalen ermöglicht. Die bestmögliche Auflösung ermöglicht eine Genauigkeit der Frequenzbestimmung von ± 1 Hz3 . Ein großer Vorteil dieses Programms ist die freie Verfügbarkeit; so können interessierte Schüler das Programm auf ihren Heimcomputern installieren und selbstständig Klanganalysen durchführen. Die Bedienoberfläche des Programms ermöglicht eine schlichte und intuitive Handhabung. Alle Arbeitsblätter zu den Stationen sind im Anhang nach der Präsentation und dem Handout einzusehen. Die Arbeitsblätter sind in der hier aufgeführten Reihenfolge im Anhang eingefügt. Kann man schwingende Luftsäulen sehen? Dieses Experiment ist an die Kundt’sche Röhre angelehnt, bei der stehende Schallwellen mit einem Lautsprecher in einem Rohr angeregt werden. Das Rohr ist leicht mit Korkmehl angefüllt, welches sich durch die Verteilung der Schallschnelle in Rillen anordnet. Bei den Minima der Schallschnelle bleiben Anhäufungen des Korkmehls liegen und bei den Maxima der Schallschnelle wird das leichte Korkmehl stark in Bewegung versetzt und bildet feine Rillen aus.4 Abb. 4.4: Stehende Welle im Acrylrohr Material: Funktionsgenerator, Lautsprecher, einseitig geschlossene Acrylglasrohre, Korkmehl, verschiedene Stative und Kabel 3 4 Die Software bewirkt, bei der Zuordnung im Spektrum, wegen ihres Auflösungsvermögens von 16 384 Fenstern auf 20 000 Hz eine maximale Frequenzverschiebung von 1,2 Hz. Wie die feine Rillenstruktur genau zustande kommt kann bis heute nicht erklärt werden. 4 Praktischer Teil 48 Aufbau: Durchführung: Zuerst wird die Tiefe des einfachen Acrylglasrohrs gemessen und daraus die theoretische Resonanzfrequenz für die Grundschwingung berechnet. Mit dieser Frequenz wird das mit Korkmehl befüllte, liegende Acrylglas durch einen Lautsprecher beschallt. Der Funktionsgenerator muss dabei eine Sinusanregung und eine hinreichende Amplitude liefern. Da bei der berechneten Frequenz der Effekt der Resonanz nicht auftritt, muss die Tonhöhe der Anregung zu kleineren Frequenzen hin verstellt werden. Die experimentelle Resonanzfrequenz wird notiert. Bei dem Acrylglasrohr mit Seitenklappe wird bei zugehaltener Seitenklappe, jedoch sonst gleichen Bedingungen, die Resonanz durch Beschallen mit der notierten Frequenz angeregt. Danach wird die Resonanzfrequenz mit offener Seitenklappe bei höheren Frequenzen gesucht. Erwartungshorizont: c Die theoretische Resonanzfrequenz wird aus der Rohrlänge mit f0 = 4L berechnet. Bei einer m Rohrlänge von 12,25 cm und einer Schallgeschwindigkeit von 344 s ergibt sich f0 = 688 Hz. Durch Herabsetzen der berechneten Resonanzfrequenz am Funktionsgenerator erhalten die Schüler einen Bereich der Resonanz zwischen 615 Hz und 630 Hz. 5 Beim Acrylglasrohr mit zugehaltener Seitenklappe werden die Schüler, entsprechend ihrer Erwartung, auch eine Resonanz bei dieser Frequenz feststellen. Die offene Seitenklappe bewirkt eine Verkürzung der effektiven Luftsäule, weshalb zu erwarten ist, dass die Schüler eigenständig bei höheren Frequenzen beginnen die Resonanz zu suchen. Es ist ebenfalls zu vermuten, dass nur die Schüler, die genau beobachten können, einen experimentellen Beleg für die aus dem Rohr hinaus schwingende Luftsäule finden werden. Die über das Rohrende hinaus schwingende Luftsäule trägt das Korkmehl aus dem Rohr hinaus, weil das Maximum der Bewegung außerhalb liegt. Zusätzlich können die Schüler durch den Vergleich zwischen berechneter und experimenteller Frequenz belegen, dass die tatsächliche Luftsäule länger ist und somit bis vor das Rohr schwingt. 5 Der Umstand, dass nicht eine einzige Frequenz ermittelt werden kann, liegt an der Verzerrung des Signals durch den Lautsprecher, sowie an der realen Impedanz beim Übergang zwischen „im Rohr“ und „außerhalb des Rohres“. Diese Effekte liegen aber nicht im Erwartungshorizont der Schülerstation. 4 Praktischer Teil 49 Ziele des Schülerexperiments • Visualisierung von stehenden Wellen in Luftsäulen, durch die Anordnung des Korkmehls. • Die Schüler sollen auf die Diskrepanz zwischen der berechneten und der experimentellen Frequenz aufmerksam werden. • Die Schüler sollen nachvollziehen können, was eine Seitenklappe bei Holzblasinstrumenten bewirkt. • Die Schüler sollen die These, dass die Luftsäule auch aus dem offenen Rohrende hinaus schwingt, am Experiment belegen können. 4 Praktischer Teil 50 Ein Rohr - Ein Ton Dieser Schülerversuch soll die Bestimmung der Längenkorrektur ermöglichen und dabei auch einen Vergleich zu anderen Längenkorrekturen aus der Literatur beinhalten. Dabei gibt es die Besonderheit, dass jede Schülergruppe „ihr“ Rohr hat und somit der Ansporn besteht, eine zuverlässige Messung durchzuführen, weil keine Vergleichsdaten vorhanden sind. Aufbau und Prinzip des Experiments sind analog zu Abschnitt 4.1.6 Abb. 4.5: Rohre zur Bestimmung der Längenkorrektur Material: Fünf in Länge und Durchmesser verschiedene Rohre7 , Schieblehre, Metallmaßband (schmal genug um in alle Rohre eingeführt werden zu können) Aufbau: Vgl. Abschnitt 4.1 Durchführung: Nach genauer Messung von Länge und Innendurchmesser, wird das Rohr so in die Vorrichtung eingespannt, dass beide Markierungen eines Rohrs mit den Kennzeichen an der Vorrichtung übereinstimmen. Dieser Schritt ist wesentlich um überhaupt einen brauchbaren Ton zu erzeugen. Dann wird das Druckventil auf den vorgeschriebenen Wert gesetzt und mit dem Computerprogramm eine Aufnahme aufgezeichnet. Aus dieser Aufnahme muss ein geeigneter Abschnitt für die Frequenzanalyse gewählt werden. Geeignet bedeutet dabei ein möglichst intensives Signal ohne Einschwingphase oder Abklingphase sowie ein hinreichend großes Intervall für die Berechnung des Frequenzspektrums. 6 7 Bis auf wenige Gruppen mit Rechenfehlern haben sich die Werte der Gruppen mit den oben diskutierten Werten gedeckt. Im folgenden meint „Rohr“ immer ein einseitig geschlossenes Rohr. 4 Praktischer Teil Der Computer mittelt alle Daten und kann so bei genügend großem Zeitfenster den statistischen Fehler minimieren. Der starke Rauschanteil, der durch das Anblasen mit Druckluft bewirkt wird, ist in nebenstehender Abbildung gut zu erkennen. An dieser Stelle muss man den Maximalpeak mit dem Cursor anwählen, dann wird bei „Spitze“ das Maximum der gewählten Umgebung angezeigt. Dieser Wert entspricht dem erzeugten Ton. Die gemessene Frequenz muss wieder in eine Länge zurückgerechnet werden; daraus wird die Längenkorrektur durch Differenzbildung erhalten. Zuletzt soll die experimentell bestimmte Längenkorrektur mit den Korrekturformeln von [Lüd08] und [Hal08] verglichen werden. 51 Abb. 4.6: Auswahl und Frequenzspektrum Erwartungshorizont: Das Messen von Länge und Innendurchmesser sollte den Schülern keine Probleme bereiten, da eine Anleitung zum Umgang mit der Schieblehre beiliegt. Die Berechnung der zu erwartenden Frequenz erfolgt über die bekannte Formel c = λ · f und sollte mit Leichtigkeit bewältigt werden. Der oben beschriebene Umgang mit der Software ist verständlich erklärt und wurde auch im Vortrag mehrfach vorgeführt. Aus diesen Gründen ist zu erwarten, dass die Schüler sich bei dieser Station auf die Längenkorrektur konzentrieren können und auch die Zeit finden, „ihren“ Wert mit den Literaturangaben zu vergleichen. Ziele des Schülerexperiments • Die Schüler sollen den Umgang mit einer Messapparatur lernen und die Längenkorrektur eines Rohres bestimmen. • Das wissenschaftliche Arbeiten unter Verwendung des Computers und Referenzdaten soll eingeübt werden. • Die Schüler sollen ihr Messergebnis mit den Literaturwerten vergleichen und lernen, experimentelle Daten kritisch zu beurteilen. • Die Schüler sollen die Vermutung, dass die Luftsäule aus dem Rohr hinaus schwingt, experimentell und quantitativ bestätigen. 4 Praktischer Teil 52 Der feinste aller Sinne Diese Station berücksichtigt die anatomischen und biophysikalischen Aspekte der menschlichen Hörwahrnehmung. Zusätzlich können die Schüler ihren Hörbereich feststellen. Abb. 4.7: Material der Station: Der feinste aller Sinne Material: Laptop, Kopfhörer (von guter Klangqualität), Ohrmodell Durchführung: In Einzelarbeit schaut sich jeder Schüler das bereitgestellte Video8 an und bearbeitet dabei das beigelegte Arbeitsblatt. Die Schüler können auch das Ohrmodell als Hilfsmittel zu anatomischen Aspekten verwenden. Im zweiten Schritt wird die bereitgestellte Datei „Hoertest“, welche der Autor mit Mathematica entwickelt hat, geöffnet und über die +Taste die obere und untere Hörgrenze bestimmt. Das Programm geht in 500 Hz Schritten von 15.000 Hz bis 20.000 Hz sowie in 5 Hz Schritten von 50 Hz bis 10 Hz. Erwartungshorizont: Da alle Schüler viel Erfahrung im Umgang mit Computerprogrammen haben ist zu erwarten, dass der Fokus bei dieser Station nicht auf der Durchführung liegen muss, sondern auf der Wahrnehmung der jeweiligen Grenzen. Die Frage nach den Prozessen in der Cochlea verlangt eine Anwendung des Konzepts der stehenden Welle auf die biologische Realisierung: „Unterschiedliche Frequenzen werden wegen ihrer räumlich voneinander getrennten Maxima an verschiedenen Haarzellen registriert; diese Maxima kommen aufgrund der Reflektion am runden Fenster und der Ausbildung von stehenden Wellen zustande“. Es ist zu erwarten, dass eher leistungsstarke Schüler diese Antwort formulieren werden. 8 http://www.youtube.com/watch?v=KaFVKdg3NgU 4 Praktischer Teil 53 Ziele des Schülerexperiments • Einführung in die Anatomie und Funktionsweise des menschlichen Ohrs. • Die Schüler sollen die Fähigkeit der Selektion relevanter Inhalte aus einer Fülle von Information ausbauen, indem sie mithilfe des Videoausschnitts Fragen beantworten und eine Skizze ausfüllen. • Die Schüler sollen erfahren, welche ihre persönlichen Hörgrenzen sind.9 9 Das regt, bei drastisch verminderten Werten im hohen Frequenzbereich, zu einer kritischen Reflektion des persönlichen Umgangs mit Lautstärkepegeln an. 4 Praktischer Teil 54 Monochord Auch bei dieser Station verwenden die Schüler „ihr“ Rohr und vergleichen die schwingende Luftsäule mit der schwingenden Saite. Zusätzlich wird eine Tonleiter nach dem Prinzip kleiner, ganzer Zahlen erstellt. Abb. 4.8: Das verwendete Monochord im Vergleich zum Rohr Material: Monochord (mit zwei gleich gestimmten Saiten), passender Holzkeil, Lineal, CD-Player mit Klangbeispielen der benötigten Intervalle Durchführung: Die Schüler erzeugen durch Blasen über die Rohröffnung einen Ton, den sie auf dem Monochord durch Verschieben des Holzkeils finden sollen. Anschließend soll die Länge der so eingestellten, schwingenden Saite mit der Länge des angeblasenen Rohres verglichen werden. Im nächsten Schritt werden verschiedene Intervalle zwischen der freischwingenden Saite und dem eingestellten Saitenabschnitt gefunden. Dabei kann auf zwei verschiedene Arten vorgegangen werden: • Der musikalische Zugang erlaubt ein Vergleichen zwischen dem CD Beispiel und den Verhältnissen am Monochord. Wenn das Intervall eingestellt wurde kann nachträglich über das Messen der Saitenlängen das Verhältnis kleiner, ganzer Zahlen gefunden werden. • Bei dem mathematische Zugang wird die einzustellende Saitenlänge durch das entsprechende, ganzzahlige Verhältnis berechnet und kann anschließend durch einen Hörvergleich mit dem Klangbeispiel der CD kontrolliert werden. So werden die Quinte ( 23 L), die Quarte ( 34 L) und die große Terz ( 45 L) gefunden. Alle weiteren Intervalle einer Dur-Tonleiter können mit Hilfe des Zusatzblatts ergänzt werden. Zusätzlich kann man die Positionen der gefundenen Töne auf die Kartonunterlage abzeichnen, so dass zum Abschluss der Station musikalische Melodien gespielt werden können. 4 Praktischer Teil 55 Erwartungshorizont: Das Finden des gleichen Tons zwischen Rohr und eingestellter Saite wird erwartungsgemäß nur den musikalischen Schülern gelingen, weil der Schneidenton einen grundtönigen und rauschenden Klang hat, wohingegen das Monochord sehr obertonreich klingt.10 Die Schüler sollen ein Verhältnis von 2:1 zwischen Luftsäule11 und Saite finden, was mit der Theorie der stehenden Wellen zu erklären ist. Auch der Vergleich zwischen den Intervallen des CD Beispiels und dem Klang am Monochord wird nur von den musikalisch erfahreneren Schülern geleistet werden können. Deshalb ist neben dem musikalischen Zugang auch eine mathematische Variante angedacht. Aufgrund dieser Schwierigkeiten sollte der betreuende Lehrer den Schülern bei dieser Station Hilfestellung anbieten. Auch die Möglichkeit, das Zusatzblatt zu bearbeiten, um die gesamte Tonleiter auf dem Monochord umzusetzen, wird wahrscheinlich nur von den zügig arbeitenden und musikalischen Schülern in Anspruch genommen werden können. Ziele des Schülerexperiments • Die Schüler sollen erklären, weshalb die schwingende Saite genau doppelt so lang sein muss wie die schwingende Luftsäule wenn der gleiche Ton dabei entsteht. Dies gelingt durch Anwendung des Konzepts der stehenden Welle. • Die Schüler sollen erleben, wie schwer man bei sehr verschiedenen Klangfarben beurteilen kann ob zwei Töne gleich klingen. • Die Schüler sollen die Verbindung zwischen den musikalischen Intervallen und den mathematischen Verhältnissen erfahren. 10 11 Das führte dazu, dass viele Schüler den Ton auf dem Monochord eine Oktave zu tief wählen wollten. Dazu musste bei der Herstellung der Rohre darauf geachtet werden, dass die Bodenplatte möglichst dünn gewählt ist. Zudem bringt die Längenkorrektur den Effekt mit sich, dass die Saite auf etwas mehr als die doppelte Rohrlänge eingestellt werden muss. 56 4 Praktischer Teil Klangspektren verschiedener Gitarren Diese Station soll die Relevanz der Klanganalyse bei der Beurteilung von Instrumenten aufzeigen und den Schülern ermöglichen, den Klangeindruck mit dem Verlauf des Frequenzspektrums in Verbindung zu bringen. Auch der Einfluss des gewählten Materials der Saiten auf den Klang kann bei der Analyse der drei verschiedenen Gitarren nachvollzogen werden. Abb. 4.9: Instrumente (von links): 12 saitige Gitarre, 3 4 klassische Gitarre und Western Gitarre Material: Laptop, Gitarren Durchführung: Zuerst soll der tiefste Ton einer Gitarre (die dickste Saite in voller Länge) aufgenommen und mit Audacity analysiert werden. Aus dem Frequenzspektrum sind der Grundton und die ersten drei Obertöne zu ermitteln und diese mit den ganzzahligen Vielfachen der Grundfrequenz zu vergleichen. Im nächsten Teil der Station geht es um ganze Akkorde, gespielt auf sechs Saiten. Dabei können Schüler sich das Griffmuster des benötigten Akkords anhand der beiliegenden Beschreibung selbst beibringen. Zuletzt werden die Fragen auf dem Arbeitsblatt durch Vergleich der drei verschiedenen Klangspektren beantwortet. Erwartungshorizont: Die Schüler werden den Umgang mit der Software Audacity, die im Laufe des Tages immer wieder verwendet wird, beherrschen und für den Einzelton eine gute Übereinstimmung der gemessenen Obertöne mit den Vielfachen der Grundfrequenz finden. 4 Praktischer Teil 57 An diesem Ausschnitt kann man erkennen, dass der Abstand der Peaks gerade die Grundfrequenz von 82 Hz beträgt. Die theoretische Reihe ist: 82 Hz, 164 Hz, 246 Hz und 328 Hz.12 An dieser Stelle kann die Theorie der stehenden Welle auf einer Saite bestätigt werden, da sich alle Obertöne als ganzzahlige Vielfache der Grundfrequenz ausbilden. Zusätzlich kann man erkennen, dass bei dieser Gitarre (Western Gitarre mit Stahlsaiten) sehr viele intensive Obertöne mitklingen, was den brillanten Klang erklärt. Bei der Aufnahme der verschiedenen Abb. 4.10: Frequenzspektrum des Einzeltons E2 Klangspektren der Gitarren kann es aufgrund von zu zaghaftem Anspielen zu verfälschten Spektren kommen. Jede Gitarre soll mit maximaler Lautstärke erklingen, damit alle Obertöne in ausreichender Intensität angeregt werden. Nur bei gleichen Anspielbedingungen zwischen den verschiedenen Gitarren ist ein Vergleich überhaupt zulässig. Hier erwartet der Autor, dass er manchen Schülergruppen Hilfestellung geben muss, indem er die Gitarren selbst anspielt. Die Schüler werden anhand der Spektren leicht erkennen können, dass die 12 saitige Gitarre mehr Obertöne als die anderen beiden hat und dass die klassische Gitarre (aufgrund der Eigenschaften der Nylonsaiten) grundtöniger bzw. dumpfer klingt als die beiden anderen Gitarren mit Stahlsaiten. Um die erwarteten Resultate der Klangbeurteilung zu belegen, wurden je zwei Frequenzspektren (x-Skalierung in Hz) in ein Diagramm geplottet: 12 Die geringen Abweichungen der Messung von 1-2 Hz können daran liegen, dass die Saite wegen ihrer Bewickelung nicht dem Ideal einer dünnen Saite entspricht und die Software aufgrund ihres Auflösungsvermögens von 16 384 Fenstern auf 20 000 Hz eine maximale Frequenzverschiebung um 1,2 Hz bewirkt. 58 4 Praktischer Teil W e s te rn K la s s is c h 1 2 s a itig e G ita r r e K la s s is c h e G ita r r e 0 0 -2 0 P e g e l in d B P e g e l in d B -2 0 -4 0 -4 0 -6 0 -6 0 -8 0 -8 0 -1 0 0 -1 0 0 0 1 0 0 0 2 0 0 0 3 0 0 0 4 0 0 0 5 0 0 0 6 0 0 0 F r e q u e n z in H e r z 7 0 0 0 8 0 0 0 0 5 0 0 0 F r e q u e n z in H e r z Ziele des Schülerexperiments • Die Schüler sollen das Prinzip der stehenden Welle zwischen zwei festen Enden an der Gitarre belegen und eine entsprechende Obertonreihe messen. • Die Schüler sollen die im Einführungsvortrag gelernten Bezüge zwischen Klangeindruck und spektraler Verteilung der Frequenzen anwenden. 59 4 Praktischer Teil 4.3 Durchführung und Auswertung des Schülerkurses Zunächst soll der Ablauf der durchgeführten Veranstaltung dargestellt werden. Nachdem die Schülergruppe in ihrem Regelunterricht besucht worden war und das Vorwissen durch ein Gespräch mit dem Lehrer in Erfahrung gebracht werden konnte, entschloss ich mich dazu, den Kurs mit einem Einführungsvortrag zu beginnen, der das Handwerkszeug für die fünf Stationen darstellen sollte. Ein weiteres Kriterium, das der einführende Vortrag zu erfüllen hatte, war das Aufzeigen der Verbindung zwischen Physik und Musik. Nach diesem Start konnten die Schüler in ihren Gruppen die fünf aufgebauten Stationen durchlaufen, wobei keine hierarchische Struktur zwischen den Inhalten der Stationen bestand. Jede Station ist in sich abgeschlossen, was eine beliebige Reihenfolge möglich macht. Nachfolgende Tabelle zeigt den Zeitplan des gesamten Kurses: Zeit Inhalt 45 Minuten Einführungsvortrag 5 Minuten Pause 100 Minuten 5 Stationen á 20 Minuten 20 Minuten Evaluation 5 Minuten Abschluss Insgesamt sind 175 Minuten eingeplant, was also zu einer Gesamtdauer von 3 Zeitstunden führt. 4.3.1 Durchführung Der Schülerkurs wurde am 28. März 2012 an einem Physik-Grundkurs eines Mainzer Gymnasiums erprobt. Dieser Grundkurs der Jahrgangsstufe 12 bestand aus 17 Schülern, von denen eine Schülerin aufgrund eines naturwissenschaftlichen Wettbewerbs nicht anwesend sein konnte. Im Bezug auf Fachwissen und Interesse war die Schülergruppe sehr heterogen, was auch an den Selbsteinschätzungen der Schüler bei der Evaluation zu erkennen sein wird. Der Schülerkurs fand in den Räumen des Demonstrationspraktikums der Universität Mainz statt, was sich motivierend auf die Schüler auswirkte, da das neue Umfeld und die Möglichkeiten für Schülerexperimente ein reichhaltiges Programm ermöglichten. Auch für den Aufbau war es hilfreich, dass jede Station in einem eigenen Raum positioniert werden konnte, was bei einer Durchführung des Kurses im Regelunterricht einer Schule undenkbar ist. Zudem benötigen die Stationen auch aufgrund der erzeugten Geräusche/Töne eine räumliche Trennung. 4 Praktischer Teil 60 Es entsprach der Zielsetzung, Schüler für die Physik zu begeistern, und dafür einen Grundkurs und nicht einen Leistungskurs einzuladen13 . Meistens befindet sich im Grundkurs ein großer Anteil von Schülern, der das Fach Physik nur als „Notlösung” gewählt hat, um dem obligatorischen naturwissenschaftlichen Fach in der Oberstufe Genüge zu tun. Diese Vermutung wird auch durch die Evaluationsbögen bestätigt. Die fünf Gruppen für die Stationen wurden schon im Vorfeld von dem Lehrer eingeteilt, da er das Verhalten und die Fähigkeiten der Schüler besser einschätzen kann. Bei der Einteilung wurde auf eine möglichst gleichmäßige Verteilung von leistungsstarken und leistungsschwachen Schülern geachtet. Es ist zu beachten, dass eine Gruppe aus vier Schülern bestand, deren schulische Leistung in Physik als mangelhaft zu beschreiben ist. Sie benötigten des öfteren Hilfestellungen bei Rechnungen und Experimenten. Es wurden keine weiteren Betreuer zur Durchführung des Schülerkurses hinzugezogen, um die Durchführbarkeit des Konzepts mit einer einzelnen Lehrkraft zu prüfen und um eine größere Selbstständigkeit der Oberstufenschüler zu ermöglichen. Bei einer Anwendung dieses Konzeptes in der Sekundarstufe 1, sollte pro Station eine Betreuungsperson vorhanden sein. Auch die Stationswechsel mussten nach Rücksprache mit den einzelnen Gruppen flexibel gestaltet werden, wobei ein Zeitrahmen zwischen 15 und 20 Minuten pro Station in der Regel eingehalten worden ist. Zum Abschluss konnten die Schüler noch mit den eigens für sie angefertigten Rohren14 musizieren. Dazu wurden am Whiteboard die entsprechenden Farben der Gruppen angezeigt, woraufhin ein Schüler der Gruppe den Ton angespielt hat. Dieser amüsante Abschluss rundete den Schülertag ab. Der Einführungsvortrag Der Vortrag knüpfte an den schulischen Unterricht mit den Themen Schallwellen und stehende Wellen an. Um die Schüler zu aktivieren, beschäftigte sich die ersten Hälfte des Vortrags überwiegend mit bekannten Themen . Dabei wurden die Schüler bei mehreren Gelegenheiten aktiv; so konnten sie beispielsweise am Whiteboard skizzieren wie sich stehende Wellen in Luftsäulen und auf Saiten ausbilden. Auch das allgemeine Verständnis von Schallwellen wurde im Unterrichtsgespräch erarbeitet. Im zweiten Teil des Vortrags wurden Funktionsweisen von Panflöte, Querflöte, Saxophon und Gitarre mit dem Konzept der stehenden Wellen erklärt, 13 14 Zwei Tage zuvor wurde das Konzept auch mit einem Leistungskurs erprobt, diese Veranstaltung muss aber als Generalprobe zum eigentlichen Schülertag aufgefasst werden, weil es aus zeitlichen Gründen nicht mehr zu einer Evaluation kam. Beobachtungen zur Anwendbarkeit des Schülerkurses im Leistungskurs fließen dennoch teilweise in diese Arbeit ein. Die Töne der Rohre entsprachen der Pentatonik, einer 5 Ton Skala, bei der die Töne in beliebigem Kontext zusammen passen. 4 Praktischer Teil 61 wobei jedes Instrument angespielt wurde, um auch einen akustischen Zugang zum Inhalt zu gewährleisten. An dieser Stelle können ebenso Schüler, die ein Instrument beherrschen, gut in den Unterricht eingebunden werden. So wurden bei der Generalprobe mit dem Leistungskurs Querflöte und eine Trompete (im Zusammenhang mit der Naturtonreihe) von Schülern angespielt.15 Im dritten Teil des Vortrags wurden die Schüler mit den Themen Klanganalyse, Intervalle und Harmonie bekannt gemacht. Anhand von Aufnahmen mehrerer Instrumente konnte eine Verbindung zwischen Klangspektrum und Klangeindruck hergestellt werden, was für die meisten Schüler eine erstaunliche Entdeckung war. Um den zeitlichen Aspekt von Klängen und ihrer Wahrnehmung zu betonen, wurde eine aufgenommene Klaviermelodie rückwärts abgespielt, was dazu führte, dass ein Klang entstand, der an eine Geige oder auch eine Ziehharmonika erinnert. Die Verbindung zwischen Physik und Musik wurde zuletzt besonders anhand der Obertonreihe und ihrer musikalischen Konsequenzen in Intervallen und Harmonie aufgezeigt. Auch die Möglichkeit, neue Klänge unter Berücksichtigung physikalischer Aspekte zu generieren und damit neue Musikstile zu schaffen, wurde als Fazit des Vortrags erwähnt. Insgesamt erhielt der Autor viele positiven Rückmeldungen von den Schülern und dem Lehrer bezüglich des einführenden Vortrags und der aufgezeigten Verbindung von Obertönen und Musiktheorie. Auch die Möglichkeit Instrumente anzuhören und andere als die im Physikunterricht überwiegend verwendeten Sinne anzusprechen, wurde als Stärke des Vortrags genannt. 15 Der Physik Grundkurs war nicht so musikalisch, wie der zwei Tage zuvor eingeladene Leistungskurs. 62 4 Praktischer Teil 4.3.2 Auswertung Um den Schülertag bewerten zu können, wurden im Vorfeld ein Evaluationsbogen und eine Lernerfolgskontrolle entworfen. Das Arbeitsblatt zur Kontrolle des Lernerfolgs richtete sich in zwei von drei Aufgaben nach dem Entwurf von Leifi-Physik16 . So konnte sichergestellt werden, dass das Niveau der Aufgaben angemessen für einen Kurs der gymnasialen Oberstufe ist. Lernerfolgskontrolle und Evaluationsbogen sind im Anhang einzusehen. Die Lernerfolgskontrolle Die anonyme Lernerfolgskontrolle erfolgte, nachdem die Schüler alle fünf Stationen durchgearbeitet haben, und deshalb mit einer ganzen Fülle von neuen Inhalten und Experimenten konfrontiert worden sind. Zudem fand der Schülertag am letzten Schultag vor den Osterferien statt, was bei den Schülern zu einer lockeren und weniger erfolgsorientierten Arbeitsweise führte. Folgende Tabelle stellt eine Übersicht zu den Resultaten der Lernerfolgskontrolle dar, dabei steht n.b. für nicht bearbeitet. richtig 8 falsch 8 n. b. 0 Erkläre mithilfe von Obertönen und Schwebung warum gewisse Intervalle zusammen passen und andere nicht. Gebt je ein Beispiel. 5 2 9 a) Erkläre das Zustandekommen der abgebildeten Erscheinung im Rubens’schen Flammenrohr. b) Bestimme die Schallgeschwindigkeit im Gas wenn der Abstand zweier Flammentäler 12 cm und die Frequenz 1,9 kHz betragen. 10 4 2 0 13 3 Aufgabe Stellt man eine Flasche unter den Wasserhahn und füllt sie auf, so kann man einen Ton hören, dessen Frequenz sich verändert. Wird die Frequenz kleiner oder größer? Gebt hierfür eine Begründung? Es ist besonders auffällig, dass nur 5 der 16 Schüler in der Lage waren, Aufgabe 2 richtig zu beantworten.17 Denn gerade dieser Aspekt wurde ausführlich gegen Ende des Einführungsvortrags behandelt. Diese Tatsache legt die Vermutung nahe, dass der Einführungsvortrag zu umfangreich war und die Schüler mit der Menge des Inhalts überfordert waren. Zudem hatten nur wenige Schüler in diesem Kurs einen Bezug zur Musik, was sich bei dieser Frage wahrscheinlich auch bemerkbar machte. 16 17 urlwww.leifiphysik.de Wobei 9 Schüler bei der Aufgabe überfragt waren, denn sie sind die Aufgabe nicht einmal angegangen. 4 Praktischer Teil 63 Die hohe Fehlerquote bei Aufgabe 1 ist ein unerwartetes Ergebnis, denn die Schüler haben bei drei der fünf Stationen mit schwingenden Luftsäulen, wie in der Aufgabe behandelt, zu tun gehabt. Dabei ist zu bemerken, dass alle Schüler eine vollere Flasche mit einer größeren Frequenz in Verbindung bringen konnten, wie es auch ihre Erfahrung an den Stationen gezeigt hat. Der hohe Fehleranteil kommt durch physikalisch falsche Begründungen zustande, so behaupteten einige Schüler, die Welle habe im kleineren Volumen der sich füllenden Flasche weniger Platz und klinge deshalb höher. Erfreulich ist die kleine Fehlerquote bei Aufgabe 3a), denn daran kann man belegen, dass die Schüler das Prinzip der stehenden Welle auch auf ungewohnte Phänomene anwenden können. Die besondere Erscheinung am Flammenrohr wurde mit Druckmaxima und Minima erklärt, woran belegt werden kann, dass die Schüler nicht nur die Beschreibung der stehenden Welle mit Schallschnellenmaxima und -minima anwenden sondern auch den Bezug zum Schalldruck in ihre Erklärung einbinden können. Bei der Berechnung der Schallgeschwindigkeit im Gas (3b) konnten die meisten Schüler den richtigen Ansatz formulieren, vergaßen dabei aber, dass der Abstand zweier Wellentäler nur die halbe Wellenlänge ist. Deshalb waren 8 der 13 falschen Ergebnisse zumindest vom Rechenweg richtig. Die Lernerfolgskontrolle zeigt auf, dass der Schülerkurs inhaltlich sehr breit gefächert und vielseitig ist, so dass keine Vertiefung und Einübung des rechnerischen Umgangs mit den Inhalten erfolgen konnte. Diese muss, wenn nötig, im Folgeunterricht geleistet werden. Jedoch führten die Stationen bei den meisten Schülern zu der Ausbildung von Erfahrungswerten, aufgrund derer die Schüler den richtigen Ansatz oder die richtige Vermutung an eine gegebene Fragestellung herantrugen. Der Evaluationsbogen Ein weniger eingeschränktes Werkzeug zur Beurteilung des Schülertags war der anonyme Evaluationsbogen, der nicht von der momentanen Leistungsfähigkeit und der thematischen Fassung der Aufgaben abhängt. Neben eigenen Aussagen konnten die Schüler dabei auf einer Skala von 1-6 ankreuzen, inwiefern der Schülertag oder einzelner Elemente desselben erfolgreich verlaufen sind. Die Skala richtet sich nach dem Schulnotensystem ohne Zwischennoten und ist den Schülern vertraut. Im Folgenden werden wir die einzelnen Fragen und ihre Beurteilungen näher betrachten und Verbesserungsvorschläge daraus ableiten. Allgemeine Fragen sind im Diagramm blau dargestellt die Selbsteinschätzung der Schüler wird in orangenen Diagrammen präsentiert. 64 4 Praktischer Teil Abb. 4.11: Gesamtbewertung der Schülertags Insgesamt erhielt der durchgeführte Schülertag die Durchschnittsnote 1,7. Dieses positive Bild wurde auch durch mehrere Aussagen der Schüler bestätigt. Der Schülertag habe Spaß an der Physik vermittelt, betonten vier Schülerbemerkungen. Auch der enge Zusammenhang zwischen Musik und Physik, sowie die verständlichen physikalischen Erklärungen wurden von den Schülern lobend erwähnt. Aus meiner Perspektive kam dieser erfolgreiche Gesamteindruck auch durch ein hohes Engagement der Schüler, die ja am letzten Schultag vor den Ferien gekommen sind, zustande. Zwei Schüler bewerteten den Tag mit der Note drei, was wahrscheinlich daran lag, dass sie zum Einen nicht an dem Thema des Tages interessiert waren, und zum Anderen mit den Schülerexperimenten überfordert waren. Es ist leider grundsätzlich so, dass in den Schulen das Schülerexperiment oft zu kurz kommt und es einigen Schülern daher schwer fällt, ein Experiment nach klaren Anweisungen durchzuführen. Abb. 4.12: Der Einführungsvortrag 65 4 Praktischer Teil Der Einführungsvortrag wurde bis auf eine Ausnahme mit gut und sehr gut bewertet. In den Schüleraussagen finden wir auch Gründe für diese Bewertung. Es wurde mehrfach die Begeisterung des Vortragenden und die guten Erklärungen zur Physik der Obertöne gelobt. Außerdem sorgte der lockere Umgang mit den Schülern und der direkte Einbezug der Schüler für einen interessanten Vortrag. Als Verbesserungsmöglichkeit kristallisierte sich eine zeitliche Straffung des Vortrags heraus, die man durch Weglassen einiger Beispiele realisieren könnte. Eine Beschränkung auf die wesentlichen Inhalte ist hierbei für zukünftige Verwendung des Schülerkurses, und insbesondere des Vortrags, zu empfehlen. Bei der Beurteilung der Stationen waren drei Aspekte von besonderem Interesse: • Die Klarheit der Arbeitsanweisungen auf den Arbeitsblättern: Für 57 % der Schüler waren die Anweisungen klar, einfach und kleinschrittig genug um sie ohne Probleme bewältigen zu können. Besonders die Station „Monochord“ soll problematisch gewesen sein, da unmusikalische Schüler sie nur schwer umsetzen konnten. Auch das Anspielen der Gitarren ist eine Herausforderung gewesen, wobei die Anleitungen dafür klar waren, aber die Umsetzung derselben Übungssache ist. • Der Wert der einzelnen Stationen: Am meisten konnten die Schüler bei den Stationen „Monochord“ und „Ein Rohr-Ein Ton“ lernen. Obwohl die Station „Monochord“ nach den Anweisungen schwieriger eingeschätzt wurde als andere, führten die Schwierigkeiten offensichtlich zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit den Inhalten. Daran lässt sich die Ableitung machen, dass die Lehrkraft es den Schülern nicht unbedingt immer möglichst leicht machen muss, sondern gerade die Herausforderung den Lernprozess vorantreibt.18 Die Klanganalyse der Gitarren hat den Schülern am meisten Spaß gemacht. Dieses Resultat kann man sich damit erklären, dass statt mit komplizierten Aufbauten oder „komischen“ Bauteilen mit drei Gitarren experimentiert wurde. Zum anderen ist die Handhabung des Computerprogramms eine Stärke der Schüler, was für sie motivierend ist. • Das Zeitmanagement der Stationen: Station Kann man schwingende Luftsäulen sehen? Ein Rohr - Ein Ton Der feinste aller Sinne Monochord Klanganalyse verschiedener Gitarren 18 zu knapp 1 genau richtig 14 zu viel 1 7 5 6 2 8 10 10 8 1 1 0 5 Wie bei vielen anderen Aspekten des Unterrichtens, ist auch hierbei ein gesundes Maß erforderlich. 4 Praktischer Teil 66 Man sieht an der Tabelle zur Zeitplanung, dass bis auf die Station der Klanganalyse alle Stationen eine straffe Zeitplanung vorgesehen haben. Die Station „Kann man schwingende Luftsäulen sehen?“ bereitete den Schülern keinerlei Probleme, da sie kurz vorher in einem Demonstrationsexperiment im Regelunterricht vom Lehrer behandelt worden ist (Kundt’sche Röhre). Die Station „Ein Rohr - Ein Ton“ stellte sich, wie erwartet, aufgrund der anspruchsvollen Justierung des Rohrs als straffste Station heraus. Nichtsdestotrotz wurde die zeitliche Grobplanung eingehalten, was wesentlich zum Gelingen des ganzen Schülertags beigetragen hat. Da es eines der großen Ziele des Schülerkurses „Akustik und Klänge“ ist, Schüler für das Fach Physik zu begeistern bzw. das Interesse an Physik zu fördern, wurden in der Evaluation auch Daten zum Interesse an Physik erhoben. Auch die Musikalität der Schüler war von Bedeutung, um abschätzen zu können, ob das Ziel erreicht wurde. Deshalb sind folgende drei Diagramme gleichermaßen im Blick zu behalten, wenn Schlüsse zur Anwendbarkeit des Schülerkurses gezogen werden. Acht Schüler des Grundkurses haben ein sehr hohes bis hohes Interesse an Physik, was den Regelunterricht im Kurs in ein gutes Licht stellt. Bei diesen Schülern hat der Schülertag auch, unabhängig von der Musikalität, das Interesse gesteigert. Abb. 4.13: Interesse an Physik Eine Person bewertete ihr Interesse an Physik mit der Note 2, ihre Musikalität mit der Note 6 und den Interessenzuwachs mit der Note 4. An diesem Beispiel kann man erkennen, dass in Einzelfällen aufgrund des großen Anteils des Faches Musik nur ein „ausreichender“ Interessenzuwachs erfolgte. Abb. 4.14: Musikalität 4 Praktischer Teil 67 Die Schüler, die ihr Interesse als unzureichend und mangelhaft eingeschätzt haben, bewerteten die Steigerung des Interesses eine Note höher. Das deutet daraufhin, dass sie den Schülertag auch fachlich als positiv erfahren haben. Aus einem Schülerzitat konnte man Resignation herauslesen19 . Leider schließen einiAbb. 4.15: Steigerung des Interesses an Physik ge Schüler mit dem Fach Physik ab, worunter Motivation und Leistung stark leiden. Um dieser Resignation entgegen zu wirken ist es wichtig als Lehrkraft ein vielseitiges und abwechslungsreiches Unterrichtsprogramm bereitzustellen. Gerade deshalb ist es das Anliegen dieser Staatsexamensarbeit einen Beitrag zu leisten der hilft, diese schwierige Aufgabe erfolgreich zu bewältigen. 19 „In Sachen Physik ist bei mir ohnehin alles verloren“. 4 Praktischer Teil 68 4.4 Fazit und Ausblick Das Thema „Akustik und Klänge“ eignet sich sehr gut, um Schülern Prinzipien der Wellenmechanik nahe zu bringen. Der hier entworfene Schülerkurs ermöglicht es, in Schülerexperimenten die zugrundeliegende Physik begreifbar zu machen. In der hier dargestellten Fassung eignet sich der Kurs zu einer Verwendung in Grund- und Leistungskurs der gymnasialen Oberstufe. Aus diesem Grund wurde ein Grundkurs der Jahrgangsstufe 12 zu einem dreistündigen Programm an die Universität eingeladen und das Konzept des Schülerkurses erprobt. Es ist aber auch denkbar in einer kleinschrittigen Herangehensweise eine 10. Klasse mit diesem Material zu unterrichten. Der Einsatz des Schülerkurses in der Mittelstufe könnte auch dazu führen, dass begeisterte Schüler mit dem Physikunterricht in der Oberstufe fortfahren; der Autor wird zukünftig das Thema „Akustik und Klänge“ auch in Mittelstufen erproben. Ein ganz besonderer Vorteil dieses Themas ist, dass außer dem Sehen, Messen und Rechnen, auch das Hören als Sinn angesprochen wird, wodurch Schülern eine vielseitige Herangehensweise ermöglicht wird. Die Entstehung von Tönen bei verschiedenen Instrumenten fördert ein vertieftes Verständnis von stehenden Wellen. Der Bezug zu Klängen und Wahrnehmung weckt das Interesse der Schüler, denn Musik ist so alltäglich, dass alle Schüler interessiert sind wenigstens teilweise zu verstehen, wann ein Klang eine bestimmte Charakteristik aufweist. Bemerkenswert dabei ist, dass das Interesse an diesem Schülerkurs nicht von der Musikalität abhängt. Der phänomenologische und experimentelle Zugang zu Tonleitern, der Tonhöhe eines angeblasenen Rohres und den Längen von Luftsäulen hat den Fokus weg von mathematischen Methoden gelenkt und ein stärkeres Verständnis der physikalischen Aspekte gefördert. Die Experimente, die hier dargestellt sind, können auch ohne Probleme einzeln und in anderer Reihenfolge im Regelunterricht verwendet werden. Dabei ist von Vorteil, dass, abgesehen vom Anblasmechanismus für einseitig geschlossener Rohre, keine komplizierten Aufbauten und teuren Computerprogramme verwendet werden. Die Möglichkeit mit einem Freewareprogramm Klangspektren zu analysieren, kann Schüler motivieren, auch selbstständig zu Hause weitere Klänge und Instrumente zu untersuchen. Im Regelunterricht könnte man diesen Kurs in 3 Doppelstunden realisieren, in denen ein kurzer Abriss der Theorie, gefolgt von je zwei Schülerexperimenten in Gruppen durchgeführt werden kann. Auf Grund von Beobachtungen am Schülertag und Schüleraussagen in der Evaluation kann man für eine Verwendung des Kurses in der Schule erwarten, dass auch leistungsschwache Schüler bei diesen 3 Doppelstunden engagiert mitarbeiten werden. Der Zeitaufwand beim Vorbereiten der einzelnen Stationen zahlt sich in einem eigenständigen Arbeiten der Schülergruppen aus, weshalb es lohnenswert ist, sich als Lehrer in den experimentellen Phasen zurück zu nehmen und nur helfend einzugreifen. Gerade an selbst durchgeführten Experimenten lernen die Schüler die naturwissenschaftliche Herangehensweise 4 Praktischer Teil 69 an Alltagsphänomenen. Fächerübergreifende Aspekte konnten problemlos in das Gesamtkonzept eingegliedert werden. Die Leistungsfähigkeit des menschlichen Hörsinns ermahnt auch zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Lautstärken und Lärmbelästigung. An dieser Stelle kann die Verbindung von Akustik und Biologie noch mehr in die Gesellschaft eingreifen und auch politische Konsequenzen zur Lärmminderung in Verkehr und Industrie herbeiführen. Die Verbindung von Physik und Musik ermöglicht nicht nur ein besseres Verständnis der Wellen- und Harmonielehre, sondern auch die Kunst durch neue Klangfarben zu bereichern. Dieser Kurs könnte auch als Ausgangspunkt einer Projektwoche zu Instrumenten genutzt werden, bei der einfache Instrumente wie Panflöten, Trommeln und Klangstäbe gebaut und verwendet werden. Der besondere Reiz besteht dann darin, ein Instrument zu bauen, klanglich zu analysieren und auch musikalisch zu beherrschen. Die Möglichkeiten für Schüler an derartigen Projekten zu wachsen sind vielseitig: Zum Einen lernen die Schüler vernetztes Denken und das Abwägen vieler relevanter Aspekte. Zum Andern lernen sie auch praktisch ihr Wissen anzuwenden und ein motivierendes Lernprodukt (in Form von Instrumenten) zu entwickeln. 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Berlin [u.a.] : de Gruyter, 2008. – X, 846 S. http://deposit.d-nb.de/cgi-bin/dokserv?id=3118513&prov=M&dok_var= 1&dok_ext=htm;http://scans.hebis.de/HEBCGI/show.pl?20435294_toc.pdf. – ISBN 978–3–11–019311–4 [Rai00] Raichel, Daniel R.: The Science and Applications of Acoustics. New York : Springer-Verlag, 2000 [Rhe12] http://lehrplaene.bildung-rp.de/lehrplaene-nach-faechern.html?tx_ abdownloads_pi1%5Baction%5D=getviewcatalog&tx_abdownloads_pi1% 5Bcategory_uid%5D=105&tx_abdownloads_pi1%5Bcid%5D=5786&cHash= ee8ea91787597029336f19799076da00 [Sau07] Saul, Marc: Physik und Musik, Johannes Gutenberg Universität Mainz, Staatsexamensarbeit, 2007 [Spi08] Spitzer, Manfred: Musik im Kopf. Bd. 8. Auflage. Stuttgart, New York : Schattauer, 2008. – 440 S. [Sut] Suter, Dieter: Vorlesung Medizinphysik. http://e3.physik.uni-dortmund.de/ ~suter/Vorlesung/Medizinphysik_06/4_Ohr.pdf [Ter98] Terhardt, Ernst: Akustische Kommunikation. Bd. 1. Auflage. Berlin, Heidelberg, New York, u. a. : Springer-Verlag, 1998. – 420 S. Literaturverzeichnis 72 73 Anhang Anhang Präsentation #$ ! !" ! 74 Anhang #!$$ %& ' $( % ) *$ +(, !"$ -$ !$ .$$ /$ 0$ -!$$ +" 75 Anhang %&1%'2$3& '$4% ""'5 )4'%"& % ' "*"!" (& 6-' 66$' 5 %77 76 Anhang 83 - % "-4& 83 %"3$& - %") & ) 77 Anhang 4 94 * 8 )*:.;;(3$ 78 Anhang 4 94 * 8 )*:.;;(3$ !"#$%&'%% / ) / /</</ / / ) / 79 Anhang ;*) /5 =*2$ >?$1 $ "'5 0@ $"" $*; ;!*2A; ) / +3 2A; ) / (( 80 Anhang ") "";') (B(C"4" 2A; *) 4 ) .-; () ! ;; C"4( >1?D>1? ) E C"4( >1;? 81 Anhang ) *$4 #" ()3 +"$4F-$ G; +* -$$4"3;'2A; "; ) *$H(3 */$ 6 ()3 D; "; ;';C"4 #*;!*$5 $% +(-4 * ,'&-4; ; %+("" '3 ;& !* E>;C"4?5 82 Anhang $% C$( $-; 9 9 $ -; $$ $% #+(5 C$( ('-4 F$ 14BG 9 , 8 F8 83 G 9 0D 4 I-; );6F4G- $-; );0F G- 83 Anhang $% , J"C"4$$3''+($ >" ?$ '5 8 <9 !* 8 < I-; !* 8 < I* !* 6%) "DC"4,'( )*"!% ; $+4 ; ) "$04 $ %) " 84 Anhang +,-." ' ) 1 / / .1 - 0 6 ' 3 85 Anhang % 86 Anhang Materialien für Schüler !" #$ % " & !!"#%&' !!' (%& & !!) & ( ' )&" " "* #* + " , "(#& *+ ) ,-. # / 0 1* !2 ) # ) 3 " * ) 4**. # 565 ) 7 . # 87 Anhang &(# (1' !# (&* 7 ! '# 8" !'9) 7 !1! * "' '#&)/ 0))!* (1' :&1;'< (&5)+ =)) )- # * *+" , <7 5&>' - # <2 #!! ? !@ - # '& 88 Anhang Arbeitsblätter Kann man schwingende Luftsäulen sehen ? a) Einfache Luftsäule Vorbereitung: Messt die Länge des Rohrs und berechnet damit die erwartete Frequenz für die Grundschwingung. (Formel in Hilfskarte 1). L= mit c = 344 m / s f0 = Durchführung: Füllt dann, mit Hilfe eines Spatels, in das liegende Rohr Korkmehl ein. Achtet dabei darauf, dass eine gleichmäßige Linie Korkmehl durch das ganze Rohr geht. Verwendet die berechnete Frequenz um die Grundschwingung anzuregen. Tipp: Ihr müsst euch ungefähr in 20 Hz Schritten zu kleineren Frequenzen hin herantasten. Notiert euch den Wert bei dem die Anregung erfolgt ist. f0, real = Hz b) Luftsäule mit Seitenklappe (wie z. B. bei Klarinetten, Querflöten, …) Was erwartet ihr bei zugehaltener Seitenklappe? Wohin verschiebt sich die Resonanzfrequenz1 beim Öffnen der Klappe? Durchführung wie oben. Beobachtungen: Ein erfahrener Instrumentenbauer behauptet, dass die stehende Welle der Luftsäule auch in den Raumbereich vor dem offenen Rohrende hinein schwingt. Könnt ihr das an den Experimenten a) und b) bestätigen oder widerlegen? 1 Die Frequenz, bei der das Korkmehl „tanzt“. 89 Anhang Ein Rohr – Ein Ton Bei dieser Station könnt ihr mit eurem Rohr experimentieren, dabei müsst ihr den Innendurchmesser d sowie die Länge L messen. Der Innendurchmesser wird mit der Schieblehre gemessen und die Länge mit dem Metallmaßband. (Auch das „schwarze“ Rohr kann so gemessen werden...evtl. drehen). Theoretische Frequenz Berechnet aus der Länge eures Rohres die zu erwartende Frequenz für die Grundschwingung. L* = d= mit c = 344 m / s f0* = Bringt euer Rohr so in der vorgesehenen Halterung an, dass die schwarzen Markierungen auf gleicher Höhe sind. Aufnahme der Frequenz: • Öffnet das Computerprogramm Audacity®. • Öffnet das Ventil bis das Manometer 0,2 bar anzeigt . (Hebel ganz links: VORSICHTIG!) • Nehmt den Ton auf. (Durch Klicken auf den roten Punkt unten rechts). • Beendet die Aufnahme mit der Leertaste. Markiert den Tonbereich (nicht Einschwing- oder Abklingphase markieren). Geht auf Analyse → Frequenzanalyse → Axis: Log. Darstellung → sucht mit dem Cursor die Frequenz eures Grundtons aus dem Klangspektrum → Fenster schließen. Tragt die abgelesene Frequenz bei f0 ein. Gemessene Frequenz und Längenkorrektur: (Bei Problemen Hilfskarte 1). Um wie viel ist die reale Luftsäule länger als die theoretische? Rechnet die gemessene Frequenz zurück in eine Länge und bildet die Differenz zu L* f0 = L0 = ΔL0 = L0 – L* = Literaturwerte der Längenkorrektur1: 1 1) Δ L= ⋅π⋅d = 8 2) Δ L=0,3 d = Vergleicht euer Ergebnis mit den Längenkorrekturen aus den Lehrbüchern. Wie kann man sich anschaulich erklären, dass die reale Luftsäule länger ist als das Metallrohr? _____________________________________________________________________ _____________________________________________________________________ _____________________________________________________________________ Tragt eure gemessene Längenkorrektur und den Innendurchmesser in die Tabelle auf dem Tisch ein. 1 1) Bergmann L; Schaefer C.: Experimentalphysik 1, Berlin, 1995 2) Hall, Donald E. : Musikalische Akustik, Mainz, 2008 90 Anhang Der feinste aller Sinne Diese Station soll euch vermitteln, wie das menschliche Ohr funktioniert und neben anatomischen Sachverhalten auch zu den relevanten physikalischen Prozessen Bezug nehmen. Abschließend könnt ihr euren Hörbereich austesten. a) Anatomie und Funktionsweise des Ohrs Schaut euch das Video an und beschriftet dabei unten stehende Skizze(bitte KEINE lat. Begriffe): Wie kann man die Prozesse in der Cochlea mit dem Konzept der stehenden Welle erklären? --Video bitte nur minimieren, damit der Nächste es leicht findet -b) Eigener Hörbereich Bitte testet euren eigenen Hörbereich mit Hilfe des Dokuments „Hoertest“ aus. Ihr müsst „enable dynamics“ zulassen. Um die Frequenz zu ändern den Slider mit der + Taste verstellen und warten bis der neue Wert angezeigt wird , damit die neue Frequenz berechnet werden kann. Immer die Play Taste unten links im jeweiligen Feld benutzen. Untere Grenze1 : Rechts: Links : Obere Grenze: Rechts: Links : 1 Die untere Grenze ist sehr stark von den Kopfhörern abhängig. 91 Anhang Monochord Diese Station soll den Vergleich zwischen der schwingenden Luftsäule und der schwingenden Saite ermöglichen; zusätzlich wird die Konstruktion einer Tonleiter versucht. a) Vergleich zwischen eurem Rohr und der Saite Spielt bitte euer Rohr an und stellt auf dem Monochord durch Verschieben des Keils den gleichen Ton ein. Was fällt auf bezüglich der Längen? Erklärt diese Beobachtung durch eine Skizze der jeweiligen Grundschwingung von Saite und Rohr: Saite Rohr b) Konstruktion einer Tonleiter mit Verhältnissen kleiner ganzer Zahlen Hier könnt ihr die wichtigsten Intervalle finden und direkt auf eure Gruppenkarte abzeichnen. Dabei einfach eure Karte unter die Keile legen und immer die passende Position eintragen (Musikalische Beispiele für jedes Intervall findet ihr auf dem Tisch.) Intervall Halbtonschritte Länge Längenverhältnis zur Gesamtlänge Prime 0 60,21 cm 1 Oktave 12 Quinte 7 Quarte 5 Ihr könnt sowohl mathematisch als auch nach Gehör vorgehen und müsst die Längenverhältnisse teilweise runden. → Bei Problemen Hilfskarte verwenden. Wenn ihr noch Zeit habt, versucht die Tonleiter zu vervollständigen → Zusatzblatt (auf dem Tisch). 1 Die Saiten sind nicht ganz genau gleich lang, evtl. 60,3 cm. 92 Anhang Klanganalyse verschiedener Gitarren Bei dieser Station geht es um die unterschiedlichen Klänge, die sich bei verschiedenen Arten von Gitarren ergeben. Aufnahme des Frequenzspektrums: Öffnet das Computerprogramm Audacity®, nehmt die entsprechende Gitarre und nehmt einen Klang auf. (Durch Klicken auf den roten Punkt unten rechts). Beendet die Aufnahme mit der Leertaste. Markiert den Tonbereich (nicht direkt die Einschwingphase markieren). Analyse → Frequenzanalyse → Axis: Lineardarstellung → möglichst genaue Werte zu erhalten. Akkorde Nehmt Klangspektren auf von : achtet auf die Fenstergröße um 1. Western-Gitarre 2. Klassische Gitarre 3. 12-saitige Western-Gitarre Spielt dabei einen E-Dur Akkord (Erklärung wie man den greift ist auf dem Tisch) und versucht immer genau über dem Schallloch anzuspielen. Nehmt die Klangspektren auf mit Axis: Lineardarstellung → Screenshot mit Snippingtool. Speichert diese Klangspektren in eurem Ordner auf dem Desktop und vergleicht sie, indem ihr in der Bildanzeige vor und zurückblättert. Welche Gitarre klingt am brillantesten( schneidend) , woran kann man das im Spektrum sehen? Was ist der Unterschied zwischen der 12-saitigen Western-Gitarre und der 6-saitigen? Welche Tendenzen kann man erkennen zwischen Nylonsaiten (klassische Gitarre) und Stahlsaiten? 93 Anhang Lernerfolgskontrolle 1. Füllung einer Wasserflasche Stellt man eine Flasche unter den Wasserhahn und füllt sie auf, so kann man einen Ton hören, dessen Frequenz sich verändert. Wird die Frequenz des Tones größer oder kleiner? Gebt hierfür eine Begründung! 2. Harmonie Erkläre mit Hilfe von Obertönen und Schwebung warum gewisse Intervalle zusammen passen und andere nicht. Nenne ein Beispiele für beide Fälle. 3. Flammenrohr In der Abbildung unten ist ein Flammenrohr nach Heinrich Rubens dargestellt. In das einseitig fest verschlossene Rohr leitet man Erdgas ein, das vielen kleinen Löchern entströmt und zur Entzündung kommt. Wird in dem Lautsprecher ein Ton bestimmter Frequenz erzeugt, züngeln die Flämmchen in der dargestellten Art und Weise. a) b) Erkläre das Zustandekommen der in der Abbildung dargestellten Erscheinung! Bestimme die Schallgeschwindigkeit in dem Erdgas, wenn die Entfernung zwischen zwei benachbarten Flammentälern 12 cm und die vom Lautsprecher abgestrahlte Frequenz 1,9 kHz betragen! 94 Anhang Evaluationsbogen Bitte einfach untenstehende Schulnote ankreuzen, dabei steht ① auch für sehr interessiert, oder ähnlich positive Aussagen. Wie hat dir der Schülertag „Akustik und Klänge“ insgesamt gefallen? ① ② ③ ④ ⑤ ⑥ Wie würdest du den Einführungsvortrag bewerten? ① ② ③ ④ ⑤ ⑥ Waren die Anleitungen der Stationen verständlich? __________________________ Bei welcher Station konntest du am meisten lernen? __________________________ Welche Station hat dir am meisten Spaß gemacht? ___________________________ Zeitplanung: Station Zu knapp Genau richtig Zu viel Schwingende Luftsäulen sehen? ⃝ ⃝ ⃝ Unser Rohr - unser Ton ⃝ ⃝ ⃝ Monochord ⃝ ⃝ ⃝ Klanganalyse verschiedener Gitarren ⃝ ⃝ ⃝ Der feinste aller Sinne ⃝ ⃝ ⃝ Bist du grundsätzlich an Physik interessiert? ① ② ③ ④ ⑤ ⑥ Schätzt du dich als musikalisch ein? ① ② ③ ⑤ ⑥ Hat dieser Schülertag dein Interesse an Physik gesteigert? ① ② ③ ④ ⑤ ⑥ Fazit (Mängel, Lob, Kritik): (Bei Bedarf Rückseite verwenden) Vielen Dank für die Beurteilung! ④ 95 Anhang Herleitung der potentiellen Energie einer Schallwelle aus der inneren Energie Es gilt20 die Beziehung:dEInnere = T dS − pdV , woraus sich bei verschwindender Entropieänderung die Startgleichung ergibt: 1 Z V0 pdV ep = − V0 V (4.3) Mit der Massenerhaltung p0 V0 = p V = const ergibt sich für dV : V V0 dV = − dp ≈ − dp ρ ρ0 Mit der Beziehung (4.4) p0 dp = γ = c2 dρ ρ0 folgt daraus: dV = − V0 dp ρ 0 c2 (4.5) Was wir in Glg 4.3 einsetzen und damit ,unter Veränderung der Integrationsgrenzen, auf folgendes Integral kommen: Z V0 1 1 ep = − · (−V0 ) dp V0 ρ 0 c2 V Damit folgt, durch Integration von 0 nach p, unsere Beziehung für die potentielle Energie einer Schallwelle: 1 p2 ep = 2 ρ 0 c2 20 Herleitung aus [Rai00]. 96 Anhang Herleitung der Wellengleichung für eine ebene Welle Die Wellengleichung wird aus den Grundgleichungen der Strömungsmechanik hergeleitet: Die Kontinuitätsgleichung, die Euler-Gleichung 21 und die Druck-Dichte Beziehung. Diese Gleichungen werden an dieser Stelle als gegeben vorausgesetzt: ∂ρ ~ · (ρ ~v ) = 0 +∇ ∂t ρ d~v ~ p = −∇ dt p = p (ρ) (4.6) (4.7) (4.8) Um die Wellengleichung herzuleiten müssen wir Glg 4.1 - 4.3 linearisieren, dabei beschreiben wir die Größen Dichte, Schallschnelle und Schalldruck zerlegt in Gleich- und Schwankungsanteile: ρ = ρ0 + ρ0 (4.9) ~v = ~v o + v~0 ≡ v~0 (4.10) p = p0 + p0 (4.11) Dabei können alle Terme höherer Ordnung in den gestrichenen Größen vernachlässigt werden. Die Geschwindigkeitszerlegung folgt der Annahme, dass die Luftteilchen in Ruhe sind und ~v0 wegfällt. Für die Kontinuitätsgleichung gilt nach Einsetzten von ρ und ~v : h i ∂ ~ (ρ0 + ρ0 ) v~0 = 0 (ρ0 + ρ0 ) + ∇ ∂t Unter der gerechtfertigten Annahme, dass die Dichteänderung klein gegenüber der Dichte ist, wird die Summe ρ0 v~0 + ρ0 v~0 = ρ0 v~0 . 21 Diese folgt aus der Navier-Stokes Gleichung unter Vernachlässigung von Reibung und Nichtlinearität. 97 Anhang Zusätzlich verschwindet die zeitliche Ableitung von ρ0 , da ρ0 eine Konstante ist. Die linearisierte Kontinuitätsgleichung ergibt sich, nach Herausziehen der Konstante ρ0 , zu: ∂ρ0 ~ · v~0 = 0 + ρ0 ∇ ∂t (4.12) In der Euler-Gleichung liegt das vollständige Differential der Geschwindigkeit vor, wobei gilt: dv~0 ∂ v~0 ~ v~0 = + v~0 · ∇ dt ∂t Damit wird aus Glg 4.2: ) ∂ v~0 ~ v~0 = −∇ ~ (p0 + p0 ) (ρ0 + ρ ) + v~0 · ∇ ∂t ( 0 Auch hier werden nur lineare Terme der Schwankungsgröße berücksichtigt und alle Produkte von zwei gestrichenen Größen werden vernachlässigt. Der Gradient von p0 ist null; daraus folgt dann: ∂ v~0 ~ 0 = −∇p (4.13) ρ0 ∂t Die Druck-Dichte Beziehung wird linearisiert, indem sie in einer Taylor-Reihe entwickelt wird: dp (ρ0 ) + . . . p (ρ) = p (ρ0 ) + (ρ − ρo ) dρ Wird nun p0 = p (ρ0 ) auf die linke Seite gebracht, folgt aus der Vernachlässigung der höheren Ordnungen eingesetzt in Glg 4.3: p0 = ρ0 dp (ρ0 ) dρ dp Das können wir unter Hinzunahme von c2 =: dρ (ρ0 ) schreiben als linearisierte Druck-Dichte Beziehung: p 0 = ρ 0 c2 (4.14) Anschaulich kann man diese Beziehung als Tangentengleichung betrachten, die an der Kurve p (ρ) an der Stelle ρ0 anliegt. Dabei ist c2 die Steigung der Geraden. Es wird sich noch zeigen, dass c gerade die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Welle ist. Die oben durchgeführten Linearisierungen verlangen danach, dass bestimmte Bedingungen erfüllt sein müssen: 98 Anhang • Die Änderungen der Schwankungsgrößen (gestrichenen Größen) müssen klein gegen die Gleichanteile sein. ~ v~0 muss vernachlässigbar klein sein22 • Die konvektive Beschleunigung v~0 · ∇ Aus der zweiten Bedingung folgt, dass wir noch Zusatzbedingungen stellen müssen: Sei l die charakteristische Länge einer Störung (z. B von Maximum zu Maximum) und deren charakteristische Zeit zwischen zwei Auslenkungsmaxima τ , können wir damit die Größe 0 der Ableitungen der Schwankungsgrößen angeben. Die Zeitableitung ∂p z. B. ist von der ∂t 0 p0 Größenordnung τ und die räumliche partielle Ableitung ist von der Größenordnung pl ; daher muss gelten: l ~0 v τ 0 |p | ρ0 l τ !2 |ρ0 | 2c2 ρ0 ρ d2 p 0 (ρ0 ) dρ2 Schließlich wird die linearisierte Kontinuitätsgleichung nach der Zeit abgeleitet um die Wellengleichung für den Schalldruck zu erhalten, dabei wird auch die Divergenz und die zeitliche Ableitung vertauscht, das führt auf: ~0 ∂ 2 ρ0 ~ · ∂v + ρ ∇ 0 ∂ρ2 ∂t ! Nun bildet man mit der linearisierten Euler-Gleichung ~0 ~ · ∂v ρ0 ∇ ∂t (4.15) =0 ~0 ∂v ∂t und erhält: ! ~ · ∇p ~ 0=0 +∇ (4.16) ~ ·∇ ~ wird mithilfe Damit v~0 wegfällt werden Glg 4.10 und 4.11 voneinander subtrahiert und ∇ des Laplace-Operators ∆ zu: ∂ 2 ρ0 − ∆p0 = 0 (4.17) 2 ∂ρ Im letzten Schritt kann ρ0 durch die linearisierte Druck-Dichte Beziehung mit p ersetzt 22 Bei einer großen räumlich Schwankung kann trotz kleiner zeitlicher Änderung einer Größe das Produkt 0 ~ ~ v · ∇ v~0 groß werden. 99 Anhang werden, so erhält man die Wellengleichung für den Schalldruck: 1 ∂ 2 p0 − ∆p0 = 0 2 2 c ∂p (4.18) Damit wird die Ausbreitung kleiner Störungen (in der Akustik handelt es sich i.d.R. nur um kleine Störungen) in einem ruhenden Medium beschrieben. An obiger Gleichung kann man erkennen warum man bei Schallwellen auch von “Druckwellen” spricht. Anhang 100 Danksagungen An dieser Stelle möchte ich mich bei den Menschen bedanken, ohne die diese Arbeit nicht möglich gewesen wäre, und deren Rat und Unterstützung mir eine Hilfe und Ermutigung waren. Für die gute Betreuung und Bereitstellung des Themas möchte ich mich bei Dr. Friedrich Kayser und PD Dr. Frank Fiedler bedanken. Sie haben mir viel Freiraum, aber auch sehr gute Hinweise und Anregungen gegeben. Prof. Dr. H.- G. Sander danke ich, dass er sich als Zweitkorrektor zur Verfügung gestellt hat. Bei Karl-Heinz Geib möchte ich mich für die Realisierung des Anblas -Mechanismus einseitig geschlossener Rohre bedanken. Auch den Lehrern H. P. Richter und L. Lupa danke ich, dass sie bereit waren mit ihren Kursen am Schülertag teilzunehmen und mir wichtige Verbesserungsvorschläge und ehrliches Feedback gegeben haben. M. Frede danke ich für das Ohrmodell aus ihrer Biologiesammlung. Des weiteren möchte ich Anja Selent und Arno Bemberg für das Korrekturlesen und Hilfestellung bei der Formatierung dieser Arbeit danken. Allen Freunden, Kommilitonen und Staatsexamenskandidaten, die ich im Laufe meines Studiums kennen und schätzen lernen durfte, danke ich. Schließlich bedanke ich mich bei meinen Eltern und Geschwistern ohne die mein Studium und meine persönliche Entwickelung nicht denkbar gewesen wären. Mein größter Dank gilt dem, der mir Leben Verstand und alle Möglichkeiten gegeben hat. Eidesstattliche Erklärung Hiermit versichere ich, Peter Lieder, dass ich die wissenschaftliche Prüfungsarbeit für die Erste Staatsprüfung für das Lehramt an Gymnasien selbstständig ohne fremde Hilfe verfasst und keine anderen als die angegebenen Hilfsmittel verwendet habe. Diese Erklärung schließt auch die im Internet zugänglichen Daten ein. Die Stellen der Arbeit, die dem Wortlaut oder dem Sinn nach anderen Werken entnommen wurden, sind unter Angabe der Quellen der Entlehnung kenntlich gemacht. Die Arbeit ist noch nicht veröffentlicht oder in gleicher oder anderer Form an irgendeiner Stelle als Prüfungsleistung vorgelegt worden. Osthofen, den 10.04.2012 Peter Lieder