Der Herrgottsberg - Schutzgebiet für Flora und Fauna und sagenumwobener Ort der Poesie und Waldkunst Am Tag des Geotops im Geo-Naturpark präsentieren wir Ihnen einen besonderen Ort, der den Zusammenhang zwischen der Geschichte unserer Erde, der Natur und dem Wirken des Menschen anschaulich zeigt. Schutzstatus - Der Herrgottsberg ist als Teil des Bessunger Forstes auf Grund seiner Flora und Fauna unter besonderen Schutz gestellt (Natura 2000-, FFHGebiet und Naturdenkmal). Am Rande von Darmstadt gelegen zählt das Staatswaldgebiet zu den beliebtesten Naherholungsregionen der Stadtbewohner. Umweltamt und Hessen Forst sind hier Ansprechpartner für eine angemessene Besucherlenkung. Geotope, wie etwa Natursteinklippen, Steinbrüche oder besondere Landschaftsausschnitte, sind unser Schlüssel zur Vergangenheit. Als Fenster in die Erdgeschichte zeigen sie uns Spuren vom Werden und Vergehen der Kontinente, globalen Klimawechseln oder auch vom Aussterben ganzer Tiergruppen. Die Vergangenheit verstehen - das ist ein Schlüssel für die Zukunft. Sagenumwobener Ort der Poesie - Der Herrgottsberg hat die Menschen seit Urzeiten fasziniert. Ob als Kultstätte in vorchristlicher Zeit oder als Standort der Martinskapelle, die bis zum 16. Jahrhundert vom Gipfel grüßte. Sogar der Teufel höchstpersönlich soll - wie eine Sage berichtet - hier gewesen sein. Vor allem bekannt geworden ist der Herrgottsberg jedoch durch die Besuche des großen Dichters Johann Wolfgang von Goethe, für den dieser Ort eine Quelle der Inspiration war. Im “Kreis der Empfindsamen” schuf er hier 1772 den “Felsweihegesang an Psyche”. Der Goethefelsen am Herrgottsberg in Darmstadt bietet einen Einblick in die Zeit des Erdaltertums. Erdplattenbewegungen führten hier vor etwa 360 Millionen Jahren zur Kollision zweier Urkontinente. Der Kristalline Odenwald ist Teil dieser Kollisionszone. Am Goethefelsen, der das Rahmengestein des Frankenstein-Komplexes bildet, finden sich Gesteine (Amphibolit, Kalksilikatfels), die durch Druck und Temperatur infolge der Kollision umgewandelt worden sind und somit unmittelbare Zeugen dieses fernen Ereignisses darstellen. Waldkunst und BankArt - Die innere Verbindung von Mensch und Natur beleuchtet der Verein für Internationale Waldkunst auf besondere Weise: Entlang des Waldkunstpfades werden im Rahmen eines Symposiums alle 2 Jahre neue Werke im Wald geschaffen von Künstlern aus aller Welt. BankArt- das sind Bänke, die Kunstwerk und Sitzmöbel zugleich sind. Sie werden an besonderen Orten in der gesamten Region des Geo-Naturparks dazu einladen, inne zu halten und die Verbindung von Natur, Mensch und Kunst zu genießen. Auf dem Herrgottsberg hat Jems Kokobi (Elfenbeinküste) die KunstBank “Stamm Tisch” geschaffen. Foto: Rolf Gönner Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald Goethefelsen Geotop 2012 Ausschnitt Wanderkarte Nr. 12, Kreis: Geotop 2012 Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald Geotop 2012 Der Goethefelsen am Herrgottsberg Kontinentkollision im Erdaltertum Der Herrgottsberg als Teil des nördlichen Kristallinen Odenwaldes Der Kristalline Odenwald erstreckt sich von Messel im Norden bis Heidelberg im Süden und ist aus kristallinen Tiefengesteinen, wie etwa Granit, Granodiorit oder Gabbro, sowie stark umgewandelten, metamorphen Gesteinen aufgebaut. Der Herrgottsberg ist Teil des nördlichen Kristallinen Odenwaldes, der auch als Frankenstein-Komplex bezeichnet wird. Dieser besteht aus einem inneren Bereich, der vorwiegend aus Gabbro mit Mantelgesteinsanteilen (Peridotit) aufgebaut ist sowie stark umgewandelten Rahmengesteinen (Amphibolit und Kalksilikatfels). In direkter Nachbarschaft kommen darüber hinaus Diorit und Granit vor. Wie lässt sich diese Gesteinsvielfalt erklären - und wann und wie sind diese Gesteine entstanden? kruste zu riesigen Tiefengesteinskörpern, die heute im Kristallinen Odenwald an der Erdoberfläche sichtbar sind. Die alten Gesteinsserien wurden hierbei nochmals deformiert und bilden das umgebende metamorphe (umgewandelte) Rahmengestein, das den Kristallinen Odenwald in mehreren steil stehenden “Schieferzügen” von Südwest nach Nordost durchzieht. Durch den Kollisionsdruck bildete sich an der Erdoberfläche das so genannte ”Variszische Gebirge”, das Europa von Westen nach Osten durchzog und die Nahtstelle der kollidierten Kontinente nachzeichnete. modifiziert nach Schrader (2000) Zunächst wiesen die Schmelzen einen hohen Erdmantel-Anteil auf (Gabbro), später überwog der Anteil an geschmolzener Erdkruste (Granodiorit, Granit). Die Gesteinsschmelzen erstarrten in der Erd- Die Gesteine am Herrgottsberg bilden demnach eine mehrphasige Entstehungsgeschichte ab und sind Zeugen der Kollision zweier Großkontinente im Erdaltertum. Der Goethefelsen am Herrgottsberg Kontinente kollidieren im Erdaltertum Im Erdaltertum, vor etwa 360 Millionen Jahren waren die Landmassen in zwei Großkontinenten vereint, dazwischen lag ein mit “Inseln” (Mikrokontinente) durchsetzter Ozean. Eine dieser “Inseln” war der UrOdenwald (Armorica), der aus überprägten Ablagerungsgesteinen aufgebaut war. Bei der Kollision der Kontinente befand sich der Ur-Odenwald in der Kollisionszone und unterlag hierdurch einer starken Beanspruchung und Umwandlung. Bedingt durch die hohen Drücke und Temperaturen entstanden in vielen Kilometern Tiefe Gesteinsschmelzen, die in die alten Gesteinsserien eindrangen. modifiziert nach Schrader (2000) Karte: Dr. Dirk Scheuvens (2012), Angewandte Geowissenschaften, TU Darmstadt, verändert nach Nickel (1984) und GÜK von Hessen 1 : 300000 Die Entstehung der Gesteine am Herrgottsberg Der Druck der Kontinentkollision und die etwa 1000°C heiße Gesteinsschmelze, die hier vor etwa 360 Millionen Jahren in die Erdkruste drang, haben das umgebende Gestein stark verändert. Neben sichtbarer Deformation kam es dabei auch zu typischen Mineralumwandlungen. So entstand aus kalkhaltigen Ablagerungsgesteinen ein Kalksilikatfels, der seltene Minerale enthalten kann. Die Amphibolite sind unter hohem Druck und Wasserzutritt aus alten basaltischen Gesteinen entstanden. Mit fortschreitender Kollision der Kontinente bildeten sich vor etwa 340 - 320 Millionen Jahren darüber hinaus Gesteinsschmelzen mit höheren Erdkrusten-Anteilen, die in Form von Tiefengesteinskörpern und Ganggesteinen in die Erdkruste eindrangen und als Diorite, Granodiorite und Granite auskristallisierten. Der markante Goethefelsen, der sich wie eine Klippe an der Südflanke des Herrgottsberges erhebt, hat seine Gestalt nicht allein erdgeschichtlichen Prozessen zu verdanken. Im 18. Jahrhundert wurde hier vom Hessischen Landgrafen Ernst Ludwig ein Steinbruch betrieben - die gewonnenen Naturwerksteine sollen sowohl in der Orangerie als auch in Teilen des Schlosses verbaut worden sein. Der auch als “Teufelsklaue” bekannte Goethefelsen ist ein Relikt dieser Abbautätigkeit, die vermutlich eingestellt wurde, als der Abbau stark zerrüttete Gesteinsabschnitte erreichte. Der Geo-Naturpark (UNESCO GlobL Geopark) umfasst eine Fläche von über 3500 Quadratkilometern zwischen Rhein, Bergstraße, Odenwald, Main und Neckar. Hier finden lebendige Begegnungen mit Erdgeschichte, Natur, Mensch und Kultur statt. Dabei sind Geotope als Fenster in unsere ferne Vergangenheit von besonderer Bedeutung. Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald Nibelungenstr. 41, 64653 Lorsch Dipl.-Geol. Dr. Jutta Weber/2016 Tel.: 06251-7079923 Mail: [email protected] www.geo-naturpark.de Geologische Karte: Dr. Dirk Scheuvens Technische Universität Darmstadt