Aufgaben und Lösungen zum Vorkurs Mathematik

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Fachbereich Mathematik
Vorkurs Mathematik
WS 2011/12
Aufgaben und Lösungen zum Vorkurs Mathematik: Beweismethoden
Für Mittwoch den 28.9.2011
Die mit * gekennzeichneten Aufgaben sind etwas schwerer. Dort braucht man die richtige
Idee, um die Lösung zu finden. Bitte bearbeiten Sie die anderen Aufgaben zuerst.
Aufgabe 1:
Zeigen Sie direkt die folgende Aussage über reelle Zahlen:
Wenn x > 1, so ist 6x + 3 > 3x + 6.
Lösung: Wir formen die Voraussetzung um:
x>1
3x > 3
3x + 3 > 6
6x + 3 > 3x + 6
⇒
⇒
⇒
2
Damit ist die Behauptung bewiesen.
Aufgabe 2*:
Zeigen Sie die Formel für die Summe der ersten n ∈ N natürlichen Zahlen direkt:
n
X
k=1
k=
n(n + 1)
2
Lösung: Wir benutzen einen Trick, indem wir das Doppelte der Summe berechnen und
in unterschiedlicher Reihenfolge summieren. Es gilt also
!
n
n
n
X
X
1 X
k+
k
k=
2 k=1
k=1
k=1
!
n
n
X
1 X
=
k+
n−k+1
2 k=1
k=1
!
n
1 X
=
k+n−k+1
2 k=1
!
n
1 X
n+1
=
2 k=1
1
= n(n + 1).
2
2
Universität Hamburg · Tor zur Welt der Wissenschaft
A. Posingies, S. Müller · www.math.uni-hamburg.de/home/js.mueller/vorkurs2011.html
Aufgabe 3:
Zeigen Sie indirekt, dass, wenn das Quadrat einer natürlichen Zahl gerade ist, so auch die
Zahl selbst. Also
∀n ∈ N : 2|n2 ⇒ 2|n.
Lösung: Da wir die Behauptung indirekt zeigen wollen, zeigen wir
2 - n ⇒ 2 - n2 .
Sei also 2 - n, d.h. n ist ungerade. Dann gibt es k ∈ N0 mit n = 2k + 1. Damit gilt
n2 = (2k + 1)2 = 4k 2 + 4k + 1 = 2(2k 2 + 2k) + 1 = 2l + 1,
wobei l = 2k 2 + 2k. Also ist n2 ungerade und die Behauptung ist gezeigt.
2
Aufgabe 4:
Zeigen Sie durch Widerspruch, dass
a, b ∈ R+ ⇒
√
a+b
ab ≤
2
gilt.
Lösung: Wir beweisen die Behauptung durch Widerspruch. Nehmen wir
an, dass
√ also a+b
die Behauptung nicht gilt, d.h. es gibt zwei positive reelle Zahlen a, b mit ab > 2 . Wir
formen um:
√
a+b
2
(a + b)2
ab >
4
2
4ab >a + 2ab + b2
0 >a2 − 2ab + b2
0 >(a − b)2
ab >
⇒
⇒
⇒
⇒
Die letzte Ungleichung steht aber im Widerspruch zu der Tatsache, dass Quadrate reeller
Zahlen nicht negativ sind: a ∈ R ⇒ a2 ∈ R+
0 . Also kann die Annahme nicht gelten und
die Behauptung ist bewiesen.
2
Aufgabe 5:
Zeigen Sie mit vollständiger Induktion folgende Formel für die Summe der ersten n Quadrate:
n
X
n(n + 1)(2n + 1)
k2 =
6
k=1
2
Lösung: Beweis durch vollständige Induktion über n:
Induktionsanfang: Für n = 1 gilt:
1
X
k 2 = 12 = 1 =
k=1
1(1 + 1)(2 + 1)
n(n + 1)(2n + 1)
=
6
6
Induktionsschritt: Wir schließen von n auf n + 1.
Induktionsvoraussetzung: Für n gilt
n
X
k2 =
k=1
n(n + 1)(2n + 1)
.
6
Induktionsbehauptung: Für n + 1 gilt
n+1
X
k=1
k2 =
(n + 1)((n + 1) + 1)(2(n + 1) + 1)
.
6
Beweis der Induktionsbehauptung mit Hilfe der Induktionsvoraussetzung:
n+1
X
2
k =
n
X
k 2 + (n + 1)2
k=1
k=1
n(n + 1)(2n + 1)
+ (n + 1)2
6
n(n + 1)(2n + 1) 6(n + 1)2
+
=
6
6
n(n + 1)(2n + 1) + 6(n + 1)2
=
6
(n + 1)(n(2n + 1) + 6(n + 1))
=
6
(n + 1)(2n2 + 7n + 6)
=
6
(n + 1)(n + 2)(2n + 3)
=
6
(n + 1)((n + 1) + 1)(2(n + 1) + 1)
=
6
Wir haben Induktionsvoraussetzung und Induktionsschritt erfolgreich etabliert und die
Behauptung somit bewiesen.
2
(mit Induktionsvoraussetzung)
=
Aufgabe 6*:
Sei M eine Menge mit endlich vielen Elementen: #M = n, n ∈ N0 . Erinnern Sie sich an
die Potenzmenge P(M ) = {A|A ⊂ M }, die Menge, die alle Teilmengen von M enthält
(inklusive M und ∅).
Beweisen Sie mit vollständiger Induktion:
#P(M ) = 2n
3
Lösung: Wir beweisen die Behauptung durch vollständige Induktion über n = #M .
Induktionsanfang: Für n = 0 gilt, dass M = ∅. Also ist #P(M ) = #{∅} = 1 = 20 .
Induktionsschritt: Wir schließen von n auf n + 1.
Induktionsvoraussetzung: Für eine Menge M mit n Elementen gilt #P(M ) = 2n .
Induktionsbehautung: Für eine Menge M mit n + 1 Elementen gilt #P(M ) = 2n+1 .
Beweis der Induktionsbehauptung mit Hilfe der Induktionsvoraussetzung:
Sei M eine Menge mit n + 1 Elementen und sei a ∈ M eines dieser Elemente. Dann gilt
·
P(M ) = {A|A ⊂ M ∧ a 6∈ A} ∪ {A|A ⊂ M ∧ a ∈ A}
·
= {A|A ⊂ M \ {a}} ∪ {A|A ⊂ M ∧ a ∈ A}
·
= P(M \ {a}) ∪ {A|A ⊂ M ∧ a ∈ A}
·
= P(M \ {a}) ∪ {A ∪ {a}|A ∈ P(M \ {a})}
Wir wissen nach Induktionsvoraussetzung #P(M \ {a}) = 2n , da #M \ {a} = n. Also
folgt
#P(M ) = #P(M \ {a}) + #{A ∪ {a}|A ∈ P(M \ {a})}
= 2(#P(M \ {a})) = 2 · 2n = 2n+1
Wir haben Induktionsvoraussetzung und Induktionsschritt erfolgreich etabliert und die
Behauptung somit bewiesen.
2
Aufgabe 7:
Finden Sie den Fehler in folgendem Beweis:
Behauptung: Alles was nicht rot ist, ist blau.
Beweis: Wir werden die Behauptung durch Widerspruch beweisen. Nehmen wir also
die Negation der Behauptung an: Alles was rot ist, ist blau. Dies ist aber ein Widerspruch zur Eindeutigkeit der Farbe. Also kann die Annahme nicht gelten und die
Behauptung ist bewiesen.
2
Lösung: Hier wird die Verneinung falsch gebildet: Die Negation von Alles was nicht rot
ist, ist blau. ist Es gibt Dinge, die weder rot noch blau sind.
Aufgabe 8:
Finden Sie den Fehler in folgendem Beweis:
Behauptung: Die Summe von zwei ganzen Zahlen ist Null.
Beweis: Zu zeigen ist also: ∀a, b ∈ Z ⇒ a + b = 0. Seien also a und b beliebige ganze
4
Zahlen und c = a + b ihre Summe.
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
a+b
ac + bc
ac + bc + a2 + ab
ac + bc + a2 + ab − c2
c(a + b − c) + a2 + ab
c(a + b − c) + a2 + ab − ac
c(a + b − c) + a(a + b − c)
c+a
c
=
=
=
=
=
=
=
=
=
c
c2
c2 + a2 + ab
a2 + ab
a2 + ab
a2 + ab − ac
a(a + b − c)
a
0
2
Lösung: In der dritten Zeile von unten wird durch Null geteilt: a + b − c = 0, da nach
Voraussetzung a + b = c ist. Dies ist keine Äquivalenzumformung.
Man kann noch ein paar weitere Dinge anmerken: Gleich in der zweiten Zeile wird mit c
multipliziert. Dies ist nur dann eine Äquivalenzumformung, wenn c 6= 0. Außerdem ist das
Addieren von a2 + ab in Zeile drei und −ac in Zeile sechs offensichtlich nur zur Verwirrung
des Lesers da: Im Beweis wird dadurch kein Fortschritt erzielt.
Aufgabe 9:
Finden Sie den Fehler in folgendem Beweis:
Behauptung: Ein Krokodil ist länger als breit.
Beweis: Wir zeigen die Behauptung in zwei Schritten.
(1) Ein Krokodil ist länger als grün: Das Krokodil ist oben und unten lang, aber
nur oben grün.
(2) Ein Krokodil ist grüner als breit: Das Krokodil ist grün entlang der Länge und
der Breite, aber nur breit entlang der Breite.
Da das Krokodil nun länger als grün und grüner als breit ist, ist es länger als breit
und die Behauptung ist bewiesen.
2
Lösung: Dieser Beweis ist dermaßen absurd, dass man kaum sagen kann, wo das Problem
genau liegt.
Eine Erkenntnis aus diesem Beweis soll sein: Nur weil die Argumentationsfolge auf eine
wahre Aussage führt, sind die einzelnen Schritte noch nicht korrekt. Man kann also auf
falsche Art und Weise eine richtige Aussage herleiten. Ein Beweis ist das dann nicht.
Auf der formalen Ebene ist zu sagen: Man kann Grünheit (von dem auch unklar ist, was
es genau ist) sicher nicht vernünftig mit Länge und Breite vergleichen. Also ist der Satz:
5
Ein Krokodil ist länger als grün. gar keine Aussage im Sinne der Aussagenlogik; er hat
keinen bestimmbaren Wahrheitswert.
Außerdem sollen einen ins Stutzen bringen, dass man mit der selben Methode auch das
Gegenteil beweisen kann: Ein Krokodil ist breiter als lang. Die beiden Aussagen können
nicht beide wahr sein. Zum zweiten Beweis:
(1) Ein Krokodil ist breiter als grün: Das Krokodil ist oben und unten breit, aber nur
oben grün.
(2) Ein Krokodil ist grüner als lang: Das Krokodil ist grün entlang der Länge und der
Breite, aber nur lang entlang der Länge.
Also ist ein Krokodil breiter als lang.
6
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