Chr.Nelius : Graphentheorie (WS 2016/17) 1 Einschub: Indirekter Beweis I) Einige Sprech– und Bezeichnungsweisen der Aussagenlogik A und B seien zwei (mathematische) Aussagen. Sätze der Mathematik sind meistens von der Form Aus der Richtigkeit der Aussage A folgt die Richtigkeit der Aussage B, d.h. A ist die Voraussetzung des Satzes und B die Behauptung. Diese Folgerung stellt man symbolisch durch A =⇒ B dar und nennt diese Aussage eine Implikation. Lesarten für A =⇒ B sind 1) 2) 3) 4) Aus A folgt B Wenn A, dann B A ist hinreichend für B B ist notwendig für A . In besonders angenehmen Fällen gilt bei einer Implikation “A =⇒ B” auch die Umkehrung “B =⇒ A” . Man spricht dann von einer Äquivalenz der beiden Aussagen A und B und schreibt dafür A ⇐⇒ B Lesarten hierfür sind: 1) A ist äquivalent zu B 2) A gilt genau dann, wenn B gilt 3) A ist notwendig und hinreichend für B Achtung: Für den Beweis einer Äquivalenz “A ⇐⇒ B” muss man in der Regel zwei Beweise führen, nämlich zum einen den Beweis für “A =⇒ B” und zum anderen den für “B =⇒ A” !!! II) Indirekter Beweis Eine Möglichkeit, eine Implikation “A =⇒ B” zu beweisen, besteht darin, einen indirekten Beweis (oder Beweis durch Widerspruch) zu führen. Bei einem indirekten Beweis wird das (logische) Gegenteil der Behauptung B angenommen und daraus ein Widerspruch zur Voraussetzung A hergeleitet. Dies hat zur Konsequenz, dass die Negation von B nicht gelten kann und dass daher die Behauptung B richtig ist. 2 Chr.Nelius : Graphentheorie (WS 2016/17) Beispiel 1: Ist eine Summe ungerader ganzer Zahlen gerade, so ist die Anzahl der Summanden der Summe eine gerade Zahl. (Dieses Ergebnis wird beim Beweis von (1.11) benutzt!) Die Voraussetzung A lautet hier: “a1 , a2 , . . . , am sind ungerade ganze Zahlen, und die Summe a1 + a2 + . . . + am = m X ai i=1 ist eine gerade Zahl”. Behauptung B : “die Anzahl m der Summanden ist gerade”. Annahme: m ist nicht gerade. Dann ist m ungerade, m − 1 also gerade. Wir fassen in der Summe immer zwei aufeinanderfolgende Summanden zusammen. Da m ungerade ist, bleibt der letzte Summand am allein übrig. Folglich ist die Summe (a1 + a2 ) + (a3 + a4 ) + . . . + (am−2 + am−1 ) + | {z } gerade | | {z } gerade {z =2a (gerade) | {z gerade } a m |{z} ungerade } = |2{z · a} + am |{z} gerade ungerade eine ungerade Zahl im Widerspruch zur Voraussetzung. Also war die Annahme falsch, und es gilt die Behauptung. N . Ist dann n2 gerade, so ist auch n gerade. Hier ist also die Voraussetzung A: “n ∈ N und n2 ist gerade” und die Behauptung B: Beispiel 2: Sei n ∈ gerade” , und es soll die Implikation “A =⇒ B” bewiesen werden. Annahme: n ist ungerade. Dann läßt sich n darstellen in der Form n = 2k + 1 mit einer Zahl k ∈ N . Folglich ist n2 = (2k + 1)2 = 4k 2 + 4k + 1 = 4(k 2 + k) + 1 eine ungerade Zahl im Widerspruch zur Voraussetzung, dass n2 gerade sein soll. “n ist 3 Chr.Nelius : Graphentheorie (WS 2016/17) Beispiel 3: √ 2 ist keine rationale Zahl. Hierbei bezeichnet √ 2 diejenige (positive) reelle Zahl, deren Quadrat 2 ist. Den Beweis führen wir wieder indirekt. √ Annahme: 2 ist eine rationale Zahl. Dann können wir teilerfremde Zahlen p, q ∈ √ N 2 = finden mit p . q Quadrieren wir beide Seiten der Gleichung, so erhalten wir 2 = √ 2 2 = p q !2 = p2 . q2 Also ist p2 = 2q 2 eine gerade Zahl, so dass p nach Beispiel 2 selbst eine gerade Zahl sein muss. Es gibt daher ein k ∈ mit p = 2k . N Setzen wir dies ein, so ergibt sich 2q 2 = p2 = (2k)2 = 4k 2 , so dass q 2 = 2k 2 eine gerade Zahl sein muss. Nach Beispiel 2 ist dann auch q eine gerade Zahl. Da p und q beide gerade Zahlen sind, haben sie 2 als gemeinsamen Teiler und können daher nicht teilerfremd sein. Widerspruch! Folglich muss unsere Annahme falsch gewesen sein, und es gilt die Behauptung.