Aufgaben und Lösungen zum Vorkurs Mathematik

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Fachbereich Mathematik
Vorkurs Mathematik
WS 2012/13
Aufgaben und Lösungen zum Vorkurs Mathematik: Beweismethoden
Für Donnerstag den 27.9.2012
Die mit * gekennzeichneten Aufgaben sind etwas schwerer. Dort braucht man die richtige
Idee, um die Lösung zu finden.
Aufgabe 1:
Zeigen Sie direkt die folgende Aussage über reelle Zahlen:
Wenn x > 1 so ist 6x + 3 > 3x + 6.
Lösung: Wir formen die Voraussetzung um: Sei x eine reelle Zahl größer Null. Dann gilt
x>1
3x > 3
3x + 3 > 6
6x + 3 > 3x + 6
⇒
⇒
⇒
2
Damit ist die Behauptung bewiesen.
Aufgabe 2*:
Zeigen Sie die Formel für die Summe der ersten n ∈ N natürlichen Zahlen direkt:
n
X
k=1
k=
n(n + 1)
2
Lösung: Wir benutzen einen Trick, indem wir das doppelte der Summe berechnen und
in unterschiedlicher Reihenfolge summieren.
Sei also n ∈ N, dann gilt für die Summe der ersten n natürlichen Zahlen:
!
n
n
n
X
X
1 X
k=
k+
k
2 k=1
k=1
k=1
!
n
n
X
1 X
k+
n−k+1
=
2 k=1
k=1
!
n
1 X
=
k+n−k+1
2 k=1
!
n
1 X
=
n+1
2 k=1
1
= n(n + 1)
2
Universität Hamburg · Tor zur Welt der Wissenschaft
A. Posingies, V. Busch · www.math.uni-hamburg.de/home/posingies/vorkurs2012.html
2
Damit ist die Behauptung gezeigt.
Aufgabe 3:
Zeigen Sie indirekt, dass, wenn das Quadrat einer natürlichen Zahl gerade ist, so auch die
Zahl selbst. Also
∀n ∈ N : 2|n2 ⇒ 2|n.
Lösung: Da wir die Behauptung indirekt zeigen wollen, zeigen wir
2 - n ⇒ 2 - n2 .
Sei also 2 - n, d.h. n ist ungerade. Dann gibt es k ∈ N0 mit n = 2k + 1. Damit gilt
n2 = (2k + 1)2 = 4k 2 + 4k + 1 = 2(2k 2 + 2k) + 1 = 2l + 1
wobei l = 2k 2 + 2k. Also ist n2 ungerade und die Behauptung ist gezeigt.
2
Aufgabe 4:
Zeigen Sie durch Widerspruch, dass
∀a, b ∈ R+ ⇒
√
a+b
ab ≤
2
gilt.
Lösung:
Nehmen wir also an, dass die Behauptung nicht gilt, d.h. es gibt a, b ∈ R+ mit
√
. Wir formen um:
ab > a+b
2
√
a+b
2
(a + b)2
ab >
4
2
4ab >a + 2ab + b2
0 >a2 − 2ab + b2
0 >(a − b)2
ab >
⇒
⇒
⇒
⇒
Die letzte Ungleichung steht aber im Widerspruch zu der Tatsache, dass Quadrate reeller
Zahlen nicht negativ sind: a ∈ R ⇒ a2 ∈ R+ . Also kann die Annahme nicht gelten und
die Behauptung ist bewiesen.
2
Aufgabe 5:
Zeigen Sie mit vollständiger Induktion folgende Formel für die Summe der ersten n Quadrate:
n
X
n(n + 1)(2n + 1)
k2 =
6
k=1
2
Lösung: Beweis durch vollständige Induktion:
Induktionsanfang: Für n = 1 gilt:
1
X
k 2 = 12 = 1 =
k=1
1(1 + 1)(2 + 1)
n(n + 1)(2n + 1)
=
6
6
Induktionsschritt: Wir schließen von n auf n + 1.
Induktionsvoraussetzung: Für n gilt
n
X
k2 =
k=1
n(n + 1)(2n + 1)
.
6
Induktionsbehautung: Für n + 1 gilt
n+1
X
k=1
k2 =
(n + 1)((n + 1) + 1)(2(n + 1) + 1)
.
6
Beweis der Induktionsbehauptung mit Hilfe der Induktionsvoraussetzung:
n+1
X
2
k =
n
X
k 2 + (n + 1)2
k=1
k=1
n(n + 1)(2n + 1)
+ (n + 1)2
6
n(n + 1)(2n + 1) 6(n + 1)2
+
=
6
6
n(n + 1)(2n + 1) + 6(n + 1)2
=
6
(n + 1)(n(2n + 1) + 6(n + 1))
=
6
(n + 1)(2n2 + 7n + 6)
=
6
(n + 1)(n + 2)(2n + 3)
=
6
(n + 1)((n + 1) + 1)(2(n + 1) + 1)
=
6
Wir haben Induktionsvoraussetzung und Induktionsschritt erfolgreich etabliert und die
Behauptung somit bewiesen.
2
(mit Induktionsvoraussetzung)
=
Aufgabe 6*:
Sei M eine Menge mit endlich vielen Elementen: #M = n, n ∈ N0 (#M bezeichnet die
Anzahl der Elemente in M ). Erinnern Sie sich an die Potenzmenge P(M ) = {A|A ⊂ M },
die Menge, die alle Teilmengen von M enthält (inklusive M und ∅).
Beweisen Sie mit vollständiger Induktion:
#P(M ) = 2n
3
Lösung: Induktionsanfang: Für n = 0 gilt, dass M = ∅. Also ist #P(M ) = #{∅} =
1 = 20 .
Induktionsschritt: Wir schließen von n auf n + 1.
Induktionsvoraussetzung: Für eine Menge M mit n Elementen gilt #P(M ) = 2n .
Induktionsbehautung: Für eine Menge M mit n + 1 Elementen gilt #P(M ) = 2n+1 .
Beweis der Induktionsbehauptung mit Hilfe der Induktionsvoraussetzung:
Sei M eine Menge mit n + 1 Elementen und sei a ∈ M eines dieser Elemente. Dann gilt
·
P(M ) = {A|A ⊂ M ∧ a 6∈ A} ∪ {A|A ⊂ M ∧ a ∈ A}
·
= {A|A ⊂ M \ {a}} ∪ {A|A ⊂ M ∧ a ∈ A}
·
= P(M \ {a}) ∪ {A|A ⊂ M ∧ a ∈ A}
·
= P(M \ {a}) ∪ {A ∪ {a}|A ∈ P(M \ {a})}
Wir wissen nach Induktionsvoraussetzung #P(M \ {a}) = 2n , da #M \ {a} = n. Also
folgt
#P(M ) = #P(M \ {a}) + #{A ∪ {a}|A ∈ P(M \ {a})}
= 2(#P(M \ {a})) = 2 · 2n = 2n+1
Wir haben Induktionsvoraussetzung und Induktionsschritt erfolgreich etabliert und die
Behauptung somit bewiesen.
2
Aufgabe 7:
Finden Sie den Fehler in folgendem Beweis:
Behauptung: Alles was nicht rot ist, ist blau.
Beweis: Wir werden die Behauptung durch Widerspruch beweisen. Nehmen wir also
die Negation der Behauptung an: Alles was rot ist, ist blau. Dies ist aber ein Widerspruch zur Eindeutigkeit der Farbe. Also kann die Annahme nicht gelten und die
Behauptung ist bewiesen.
2
Lösung: Hier wird die Verneinung falsch gebildet: Die Negation von Alles was nicht rot
ist, ist blau. ist Es gibt Dinge, die weder rot noch blau sind.
Aufgabe 8:
Finden Sie den Fehler in folgendem Beweis:
Behauptung: Die Summe von zwei ganzen Zahlen ist Null.
Beweis: Zu zeigen ist also: ∀a, b ∈ Z ⇒ a + b = 0. Seien also a und b beliebige ganze
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Zahlen und c = a + b ihre Summe.
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
⇔
a+b
ac + bc
ac + bc + a2 + ab
ac + bc + a2 + ab − c2
c(a + b − c) + a2 + ab
c(a + b − c) + a2 + ab − ac
c(a + b − c) + a(a + b − c)
c+a
c
=
=
=
=
=
=
=
=
=
c
c2
c2 + a2 + ab
a2 + ab
a2 + ab
a2 + ab − ac
a(a + b − c)
a
0
2
Lösung: In der dritten Zeile von unten wird durch Null geteilt: a + b − c = 0, da nach
Voraussetzung a + b = c ist. Dies ist keine Äquivalentumformung.
Man kann noch ein paar weitere Dinge anmerken: Gleich in der zweiten Zeile wird mit c
multipliziert. Dies ist nur dann eine Äquivalenzumformung, wenn c 6= 0. Außerdem ist das
Addieren von a2 +ab in Zeile drei und −ac in Zeile sechs offensichtlich nur zum Verwirrung
des Lesers da: Im Beweis wird dadurch kein Fortschritt erzielt.
Aufgabe 9:
Finden Sie den Fehler in folgendem Beweis:
Behauptung: Alle natürlichen Zahlen sind gleich.
Beweis: Wir werden den folgenden Fakt zeigen:
Seien a, b ∈ N mit max(a, b) = m, so folgt a = b.
(1)
Wenn (1) für alle m ∈ N etabliert ist, folgt die Behauptung. Die Aussage (1) zeigen
wir jetzt mit vollständiger Induktion über m.
Induktionsanfang m = 1: Wenn wir max(a, b) = 1 mit beliebigen a, b ∈ N haben,
dann können a und b nur beide 1 sein. Also gilt a = b.
Induktionsvoraussetzung: Die Behauptung sei für max(a, b) = m bewiesen.
Induktionsbehautung: Für a, b ∈ N gilt, wenn max(a, b) = m + 1, so folgt a = b.
Induktionsschritt: Ist nun max(a, b) = m + 1 dann gilt
max(a − 1, b − 1) = max(a, b) − 1 = m.
Nach Induktionsvoraussetzung gilt also a − 1 = b − 1 und deshalb a = b.
2
Lösung: Der Induktionsschritt geht von 1 auf 2 nicht gut. Bei m = 2 kann man im Fall
a = 1 oder b = 1 die Induktionsvoraussetzung nicht auf max(a − 1, b − 1) = max(0, 1) = 1
anwenden.
5
Aufgabe 10:
Finden Sie den Fehler in folgendem Beweis:
Behauptung: In einer Gruppe von Tieren in der ein Elefant ist, sind alle Tiere Elefanten.
Beweis: Wir werden die Behauptung mittels Vollständiger Induktion über die Anzahl n der Tiere in der Gruppe beweisen.
Induktionsanfang n = 1: Eine Gruppe von einem Tier in der ein Elefant ist, besteht
nur aus einem Elefant, also nur aus Elefanten.
Induktionsvoraussetzung: Die Behauptung ist für Gruppen mit n Tieren bewiesen.
Induktionsbehautung: Eine Gruppe von n + 1 Tieren, in der ein Elefant ist, besteht
nur aus Elefanten.
Induktionsschritt: Haben wir nun eine Gruppe mit n+1 Tieren in der ein Elefant ist.
Nun nehmen wir ein Tier aus der Gruppe (nicht den Elefanten). Die verbleibende
Gruppe besteht aus n Tieren, von denen eines ein Elefant ist. Nach Induktionsvorraussetzung besteht diese Gruppe nur aus Elefanten. Nun tun wir das vorher
weggenommene Tier wieder hinzu und entfernen dafür ein anderes. Wieder erhalten
wir eine Gruppe mit n Tieren von denen mindestens eines ein Elefant ist. Also sind
auch hier alle Tiere Elefanten. Insgesamt sind also alle Tiere Elefanten.
2
Lösung: Der Induktionsschritt geht von 1 auf 2 nicht gut. Bei nur zwei Tiern können wir
nicht zweimal nicht den Elefanten wegnehmen und somit die Induktionsvoraussetzung
nicht anwenden.
Aufgabe 11:
Finden Sie den Fehler in folgendem Beweis:
Behauptung: Ein Krokodil ist länger als breit.
Beweis: Wir zeigen die Behauptung in zwei Schritten.
(1) Ein Krokodil ist länger als grün: Das Krokodil ist oben und unten lang, aber
nur oben grün.
(2) Ein Krokodil ist grüner als breit: Das Krokodil ist grün entlang der Länge und
der Breite, aber nur breit entlang der Breite.
Da das Krokodil nun länger als grün und grüner als breit ist, ist es länger als breit
und die Behauptung ist bewiesen.
2
Lösung: Dieser Beweis ist dermaßen absurd, dass man kaum sagen kann, wo das Problem
genau liegt.
Eine Erkenntnis aus diesem Beweis soll sein: Nur weil die Argumentationsfolge auf eine
wahre Aussage führt, sind die einzelnen Schritte noch nicht korrekt. Man kann also falsch
6
etwas richtiges beweisen.
Auf der formalen Ebene ist zu sagen: Man kann Grünheit (von dem auch unklar ist, was es
genau ist) sicher nicht vernünftig mit Länge und Breite vergleichen. Der Satz Ein Krokodil
ist länger als grün. ist einfach keine Aussage im Sinne der Aussagenlogik. Außerdem sollen
einen ins Stutzen bringen, dass man mit der selben Methode auch das Gegenteil beweisen
kann: Ein Krokodil ist breiter als lang. Die beiden Aussagen können nicht beide wahr sein.
Zum zweiten Beweis:
(1) Ein Krokodil ist breiter als grün: Das Krokodil ist oben und unten breit, aber nur
oben grün.
(2) Ein Krokodil ist grüner als lang: Das Krokodil ist grün entlang der Länge und der
Breite, aber nur lang entlang der Länge.
Also ist ein Krokodil breiter als lang.
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