Kardiomyopathien und Myokarditiden im Kindes

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Fortbildung
Kardiomyopathien und Myokarditiden
im Kindes- und Jugendlichenalter
Christoph Kampmann | Abteilung für pädiatrische Kardiologie, Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin, Universitätsmedizin
Mainz
Einführung
Aktuell sind ca. 7.000 seltene Erkrankungen bekannt; ca. 4.500 bis 5.000 dieser
seltenen Erkrankungen weisen eine Beteiligung des kardiovaskulären Systems
auf. Meist sind dies entweder angeborene
Herzfehlbildungen oder Kardiomyopathien. Kardiomyopathien sind definiert als
„myokardiale Erkrankung, bei denen der
Herzmuskel strukturell und/oder funktionell abnormal erscheint, und zwar unabhängig von Erkrankungen der Herzkranzgefäße, arterieller oder pulmonaler Hypertension, Klappenveränderungen oder angeborener Herzfehler“.
Kardiomyopathien werden unterteilt
in 4 spezifische Phänotypen – hypertrophe (HCM), dilatative (DCM), restriktive
(RCM) und arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathien (ARVC) – sowie eine fünfte Gruppe, die sogenannten unklassifizierten Kardiomyopathien
(„unclassified“). Hierzu gehören die sogenannte LVNC (left ventricular non-compaction cardiomyopathy) und die Tako-­
Tsubo-Kardiomyopathie. Zusätzlich werden diese spezifischen morphologischen
und funktionellen Phänotypen unterteilt
in familiäre/genetische und nicht familiäre/nicht genetische Formen (Abb. 1).
Grundsätzlich sind Kardiomyopathien
sehr seltene Erkrankungen im Kindesalter.
Die Inzidenz liegt bei ca. 1,13 pro 100.000
pro Jahr. Sie sind aber die häufigste Ursache für eine Herztransplantation, insbesondere bei Kindern jenseits des 1. Lebensjahres. Vor dem 1. Lebensjahr sind es hingegen angeborene Herzfehler oder schwere Herzinsuffizienz nach Myokarditiden.
Cardiomyopathies
HCM
DCM
ARVC
Familial/Genetic
Unidentified
gene defect
Disease subtype
RCM
Unclassified
Non-familial/Non-genetic
Idiopathic
Disease subtype
Abb. 1: Einteilung der Kardiomyopathien nach der European Society of Cardiology.
In der Diagnostik der unterschiedlichen Kardiomyopathien im Kindesalter
kommt der Echokardiographie eine wichtige Bedeutung zu, die bei Bedarf durch
eine weiterführende Bildgebung ergänzt
werden sollte (MRT, idealerweise mit Kontrastmittel (Gadolinium) und sog. T1- oder
T2-Mapping, um krankheitsspezifische
Unterschiede herauszuarbeiten), insbesondere dann, wenn zwischen einer Myokarditis und einer Kardiomyopathie zu unterscheiden ist.
Diagnostischer Zugangsweg ­
zur Unterscheidung
von Kardiomyopathien
Nach Ausschluss eines angeborenen Herzfehlers und einer arteriellen Hypertension lässt sich in der primär durchgeführ-
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ten Echokardiographie ein abnormaler Zusammenhang zwischen Wanddicken und
Durchmesser der linken und/oder rechten Herzkammer darstellen. Zeigt sich ein
enddiastolischer Durchmesser der linken
Herzkammer über der 97-%-Perzentile für das Alter und eine eingeschränkte
systolische Funktion, ist von einer dilatativen Veränderung auszugehen. Besteht eine Verdickung der Herzwände entweder
über die 97-%-Perzentile der Altersnorm
oder im Verhältnis der Wanddicken zum
Durchmesser der Herzkammer (relative
Wanddicke > 45 %), ist von einer hypertrophen Kardiomyopathie auszugehen. Eine
restriktive Kardiomyopathie besteht dann,
wenn eine mäßiggradige Verdickung der
Herzwände bei eher kleinen Ventrikeln
vorliegt und gleichzeitig eine deutliche
237
Fortbildung
Tab. 1: Die häufigsten Differenzialdiagnosen in Abhängigkeit vom echokardiographischen Phänotyp und ihrer Hereditärität
HCM
DCM
ARVC
RCM
Unclassified
Familial
◾◾ Familial, unknown
gene
◾◾ Sarcomeric protein
mutations
◾◾ GSD (eg. Pompe’s,
PRKAG2, Forbes’,
Danon’s)
◾◾ Lysomal storage
diseases (eg. Anderson-Fabriy, Hurler’s)
◾◾ Disorders of fatty
acid metabolism
◾◾ Carnitine deficiency
◾◾ Phosphorylase B
kinase deficiency
◾◾ Mitochondrial
cytopathies
◾◾ Syndromic HCM
(eg. Noonan’s syndrome, LEOPARD
syndrome)
◾◾ Familial amyloid
◾◾ Familial, unknown
gene
◾◾ Sarcomeric protein
◾◾ Z-band
◾◾ Cytoskeletal protein
◾◾ Nuclear membrane
protein
◾◾ Intercalated disc proteins (desmosomes)
◾◾ Mitochondrial
cytopathy
◾◾ Familial, unknown
gene
◾◾ Intercalated disc
protein (desmosomes)
◾◾ Cardiac ryanodine
receptor
◾◾ Transforming growth
factor-β3
◾◾ Titin
◾◾ Lamin A/C
◾◾ Familial, unknown
gene
◾◾ Sarcomeric protein
mutations
◾◾ Familial amyloidosis
◾◾ Desminopathy
◾◾ Haemochromatosis
◾◾ Anderson-Fabrydisease
◾◾ GSD
◾◾ Left ventricular
non-compaction
Non-familial
◾◾ Obesity
◾◾ Infants of diabetic
mothers
◾◾ Athletic training
◾◾ Amyloid
◾◾ Myocarditis
◾◾ Kawasaki disease
◾◾ Eosinophilic
◾◾ Drugs
◾◾ Pregnancy
◾◾ Endocrine
◾◾ Nutritional
◾◾ Alcohol
◾◾ Tachycardiomyopathy
◾◾ Myocarditis
◾◾ Amyloid
◾◾ Scleroderma
◾◾ Endomyocardial
fibrosis
◾◾ Hypereosinophilic
syndrome
◾◾ Drugs
◾◾ Carcinoid heart
disease
◾◾ Metastatic cancers
◾◾ Radiation
◾◾ Tako-Tsuo cardiomyopathy
Quelle: European Society of Cardiology classification of cardiomyopathies
Erweiterung beider Vorhöfe. Komplexer
ist die Beschreibung der sogenannten unklassifizierten Kardiomyopathien (siehe
weiter hinten in diesem Beitrag).
Genetisch determinierte hyper­
trophe Kardiomyopathie (HCM)
Ca. 40 – 60 % aller hypertrophen Kardiomyopathien sind bedingt durch Mutationen
in den sarkomeren Proteingenen, hauptsächlich bedingt durch Mutationen im beta-myosin heavy chain (MYH7) und im myosinbindenden Protein C (MYBPC3). Die
Übertragung ist autosomal dominant und
führt häufig zu einer asymmetrischen Septumhypertrophie. Bislang konnten 15 Gene
mit insgesamt 1.400 individuellen, privaten
Mutationen zu hypertrophen Kardiomyopathien assoziiert werden.
238
Genetisch determinierte hypertrophe
Kardiomyopathien sind insbesondere im
Neugeborenen- und Kleinkindesalter sehr
häufig assoziiert mit einer riesigen Variabilität an angeborenen Störungen des Metabolismus, an Fehlbildungssyndromen und
neuromuskulären Erkrankungen, die bei
mehr als 30 % all dieser Erkrankungen zu
finden sind. Klassische Erkrankungsbilder
sind hier das Noonan-Syndrom und das LEOPARD-Syndrom und betreffen immer
auch den rechten Ventrikel und die rechtsventrikuläre Ausflussbahn. Im Rahmen der
Friedreich’schen Ataxie, einer klassischen
neuromuskulären Erkrankung, findet sich
ebenfalls typischerweise eine ausgeprägte
HCM. Insgesamt mehr als 5 % aller Kardiomyopathien sind assoziiert mit metabolischen Erkrankungen. Hierzu gehören z. B.
Glykogen-Speichererkrankungen, wie die
sogenannte infantile Pompe-Erkrankung,
oder Mukopolysaccharidosen, wie die
MPS I (Typ Hurler). Nur der Morbus Anderson-Fabry, die Mukopolysaccharidose
Typ II (Morbus Hunter) und die Danon-Erkrankung werden X-chromosomal vererbt,
die anderen lysosomalen Speichererkrankungen hingegen autosomal (Tab. 1, Abb. 2).
Genetisch nicht determinierte
­hypertrophe Kardiomyopathie
(HCM)
Hierunter verstehen sich Erkrankungen,
die nicht mit einer primär kardial determinierenden Mutation einhergehen. Hierzu zählen Neugeborene von Müttern mit
schlecht eingestelltem Diabetes mellitus
sowie hypertrophe Myokardveränderun-
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Abb. 2: Schwere
hypertrophe Kardiomyopathie
bei einem
15-jährigen
Patienten
mit DanonErkrankung
(M-ModeEchokardiographie).
gen in Zusammenhang mit ausgeprägten
Formen der Adipositas (Tab. 1).
Dilatative Kardiomyopathien (DCM)
Eine dilatative Kardiomyopathie ist definiert als eine ventrikuläre Dilatation
mit einer systolischen Dysfunktion nach
Ausschluss von abnormalen Lastbedingungen, Klappenerkrankungen, angeborenen Herzfehlern, arterieller Hypertension oder einer Erkrankung der Herzkranzgefäße. Obwohl die Prävalenz der DCM
unbekannt ist, wird eine Inzidenz von 0,58
Fällen/100.000 Kinder/pro Jahr angenommen. Klassische dilatative Kardiomyopathien sind bislang assoziiert zu mehr als
20 Genen mit mehr als 40 verschiedenen
Mutationen.
Die meisten der betroffenen Patienten
präsentieren sich mit Zeichen der schweren
systolischen Herzinsuffizienz. Im EKG bestehen oft Zeichen einer AV-Überleitungsstörung und inferolateralen Repolarisationsstörungen.
protrahieren, wenn Mutationen im Bereich
der Kernmembran vorliegen (Mutationen
der Lamin-A/C-Gene). Hier besteht zuerst
eine AV-Überleitungsstörung, bevor eine
DCM augenfällig wird. Neben den oben
genannten sarkolemnalen Gendefekten
können auch Gene betroffen sein, die das
Emerin- oder das Dystrophin-Gen betreffen, also Gene des Zytoskeletts. Hierzu gehören die Emery-Dreyfuss- sowie die
Duchenne’sche und Becker-Erkrankung
(neuromuskuläre Erkrankungen).
Diese Formen der familiären DCMs
gehen alle mit einer frühen Beteiligung
des Reizleitungssystems einher und weisen daher bereits früh typische EKG-Ver-
änderungen auf (Tab. 2). Zu den weiteren Ursachen für eine genetisch determinierte DCM zählen ebenfalls angeborene Stoffwechselstörungen wie lysosomale Speicherkrankheiten (MPS I, Typ Hurler), Carnitin-Mangel und mitochondriale
Myopathien sowie unterschiedliche CDGSyndrome.
Genetisch nicht determinierte
­dilatative Kardiomyopathien (DCM)
Im Gegensatz zu den hypertrophen Kardiomyopathien sind die erworbenen dilatativen Kardiomyopathien sehr viel häufiger und oft das Endstadium eines abgelaufenen inflammatorischen Prozesses (z. B.
Myokarditis). Eine Myokarditis wird definiert als eine erworbene akute oder chronische Inflammation, die den Herzmuskel betrifft. Dies kann durch vielfältige
Ursachen bedingt sein, wie Toxine, Drogen (z. B. Kokain) oder infektiöse Agens.
Die häufigsten viralen Ursachen sind Infektionen mit Cocksacki-B-Enteroviren,
Parvovirus B19, HHV6 und Adenoviren.
Die Klärung der Infektionsursache und
damit der Ursache für die Myokarditis ist
von entscheidender Bedeutung, da im Kindesalter Infektionen mit Parvo-B19-­Viren
die beste Prognose für eine ­restitutio at
­i ntegrum darstellen. Infektionen mit
Cocksacki-B- oder anderen Viren führen
Abb. 3: ­Sogenannte
­Giant-Aneurysmen der
Koronararterien bei
­einem 3 Monate alten
Kind mit Kawasaki-­
Erkrankung.
Genetisch determinierte
dilatative Kardiomyopathien (DCM)
Ca. 20 – 25 % aller DCMs sind genetisch determinierte familiäre DCMs. Meist folgen
sie einem autosomal dominanten Erbgang.
Ca. 35 – 40 % weisen ebenfalls, wie hypertrophe Kardiomyopathien, Mutationen
in den sarkomeren Proteingenen auf, wie
dem MYH7 bzw. dem MYBPC3. Diagnostische Schwierigkeiten können dann entstehen, und sogar die Diagnose der DCM
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239
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Tab. 2 a: Typische EKG-Veränderungen und Arrhythmien in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Subklassen der Kardiomyopathien
Hypertrophe Kardiomyopathie
EKG-Veränderung
Glykogenspeicher­
er­krankung: Morbus Pompe
und Morbus Danon
PRKAG2
Mitochondriale:
MELAS, Kearns-SayreSyndrom u. a.
x
x
x
x
x
Kurzes P-Q/Präexzitation
AV-Überleitungsstörung
Biventrikuläre Hyperthrophie
x
Malformationssyndrome:
RASopathien wie Noonan,
­Leopard, COSTELLO u. a.
x
x
Steile QRS-Achse
x
Sinuatrialer Block
Niedrige P-Wellen-Amplitude
Tiefes Q in I, II, III, aVL, aVF, V6
Invertierte T-Wellen inferolateral
Epsilon-Wellen inferolateral
Ventrikuläre Arrhythmien
x
Vorhofflimmern/-flattern
x
x
Tab. 2 b: Typische EKG-Veränderungen und Arrhythmien in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Subklassen der Kardiomyopathien
Dilatative
Kardiomyopathie
EKG-Veränderung
Lamin-A/CMutation
EmeryDreifuss 1
EmeryDreifuss 2
Myo­
karditis
Arrhythmogene
Kardiomyopathie
Duchenne/
Becker
Muskel­
dystrophie
Kurzes P-Q/Präexzitation
AV-Überleitungsstörung
Glieder­
gürteldys­
trophie
(LGMD)
Biventrikuläre
Beteiligung
x
x
x
x
x
x
x
x
Biventrikuläre Hyperthrophie
Steile QRS-Achse
Sinuatrialer Block
x
x
Niedrige P-Wellen-Amplitude
x
x
Tiefes Q in I, II, III, aVL, aVF, V6
Invertierte T-Wellen inferolateral
x
Epsilon-Wellen inferolateral
x
Ventrikuläre Arrhythmien
x
Vorhofflimmern/-flattern
x
zu einer Myokardiolyse und damit zu einem Zelluntergang, wohingegen Infektionen mit Parvo B19 vorwiegend mit einer
passageren Mikroangiopathie einhergehen. Es ist von entscheidender Bedeutung,
dass eine einmal durchgemachte Myokarditis nicht vor einer weiteren Myokarditis schützt, sondern im Gegenteil, dass ca.
10 % aller Patienten nach durchgemachter
240
x
x
x
x
x
Myokarditis (meist dann mit einem anderen Erreger) an einer zweiten Myokarditis
erkranken.
Neben den viralen Ursachen gibt es in
seltenen Fällen (zumindest in Mitteleuropa) bakterielle bzw. parasitäre Ursachen
für die Entwicklung einer DCM. Hierzu
gehören borrelia burgdorferi (Lyme Disease), Corynebacterium diphtheriae und die
durch trypanosoma cruzi verursachte Chagas-Erkrankung (Reisende aus Lateinamerika, lateinamerikanische Staatsbürger).
Weitere Ursachen für die Entstehung
einer DCM sind kardiotoxische Chemotherapeutika (z. B. Doxyrubicin) und mediastinale Bestrahlungstherapien. Hinzu
kommen sogenannte immunvermittelte inflammatorische Kardiomyopathien.
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Abb. 4 a: ­Farbcodierte Echokardiographie ­eines Patienten
mit LVNC.
Diese sind in der Regel charakterisiert
durch den Nachweis von Autoantigenen,
wie bei der Riesenzellmyokarditis, dem
systemischen Lupus sowie die Hypersensititvität gegen spezifische Pharmaka, wie
Sulfonamide. Weitere Ursachen für eine
DCM sind endokrine und ernährungsbedingte Defizite, wie Vitamin-D-Mangel,
Selen- und Zinkmangel, oder Hypokalzi­
Concentric LVH
Abb. 4 b: MRT des ­gleichen Patienten mit LVNC.
ämien durch Hypoparathyreoidismus.
Eine ganz besondere Bedeutung im
Kindesalter kommt der fulminanten Kawasaki-Erkrankung zu, die nicht (nur)
mit einer Veränderung der Koronargefäße (Aneurysmen der Koronarien, siehe
Abbildung 3) einhergehen kann, sondern
auch mit einer akuten Myokarditis ohne
Begleiterkrankung der Koronararterien.
Die Kawasaki-Erkrankung ist die häufigste im Kindesalter erworbene Herzerkrankung.
Es ist von entscheidender Bedeutung
für die Prognose des betroffenen Patienten, die Ursache der DCM zu klären, da
einige Ursachen der DCM vollständig behandelbar sind.
Extreme LVH
Pompe, Danon disease
(glycogen storage disease)
Cardiac valve involvement
MPS (Hurler, Hunter syndrome)
Inborne error of metabolism
Neuromuscular disorder (Friedrich’s Ataxia)
HCM
DCM
Assymetrical LVH
Sarcomeric mutations
Biventricular hypertrophy
± pulmonary valve stenosis
Noonan syndrome
Global hypokinesia
PKARG2 mutation, Danon disease,
end-stage sarcomeric HCM
LV non-compaction
Genetic DCM
Posterolateral dyskineasia
Duchenne, Becker
Mildly dilate
Myocarditis
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Abb. 5: Unterschiedliche Formen der echo­
kardiographisch
erkennbaren
­Kardiomyopathien
und deren häufigsten Differenzial­
diagnosen.
241
Fortbildung
Restriktive
Kardiomyopathien (RCM)
Eine restriktive Kardiomyopathie ist definiert durch eine restriktive Physiologie
der Ventrikel mit normalem oder reduziertem diastolischen Volumen und normaler Wanddicke und vergrößerten Vorhöfen. RCMs sind selten und machen nur
ca. 4,5 % aller Kardiomyopathien aus. Das
klinische Bild ist ausgesprochen variabel.
Es besteht allerdings ein deutlich höheres
Risiko für Rhythmusstörungen im Vergleich zu anderen Kardiomyopathien. Bei
der genetisch determinierten Variante besteht meist eine autosomal dominante Vererbung eines Defektes im Bereich des Troponin-I-, Troponin-T- oder Desmin-Gens
vor. Bei den nicht genetisch determinierten
Formen zeigen sich häufig Autoimmunerkrankungen wie Sklerodermie, hypereosinophiles Syndrom, Amyloidose oder auch
Strahlentherapie und Anthrazyklintherapie als Ursache.
Arrhythmogene rechtsventrikuläre
Kardiomyopathie (ARVC)
Die arrhythmogene rechtsventrikuläre
Kardiomyopathie ist histologisch definiert
durch einen Ersatz des rechtsventrikulären
Myokards durch fibrös fettiges Gewebe.
Klinisch imponiert diese Erkrankung oft
wie eine dilatative Kardiomyopathie. Die
Prävalenz wird auf 1 zu 5.000 geschätzt.
Der linke Ventrikel ist oft mitbetroffen, sodass heute eher der Begriff der arrhythmogenen Kardiomyopathie zu erwägen wäre.
Die klinische Manifestation der arrhythmogenen rechtsventrikulären Dysplasie
während der Kindheit ist sehr selten, und
die meisten Betroffenen zeigen klinische
Zeichen der Erkrankung erst ab einem
Alter von 20 Jahren. Die Behandlung beschränkt sich zur Zeit nur auf die Therapie
der Rhythmusstörungen (Antiarrhythmika oder AICDs) und der Herzinsuffizienz.
Die meisten dieser Kardiomyopathien sind
bedingt durch Mutationen im DesmosomGen und zeigen eine autosomal dominante
Vererbung. Studien an Familien haben gezeigt, dass ca. 50 % der Kinder aller Mutationsträger eine ARVC entwickeln, meist
mit moderater bis schwerer Verlaufsform.
242
Unklassifizierte
Kardiomyopathien
Left ventricular non-compaction
cardiomyopathy (LVNC)
Die häufigste Kardiomyopathie im Kindesalter ist die LVNC, allerdings liegen
keinerlei Erfahrungen über die Prävalenz
dieser Erkrankung vor. Die LVNC wur-
fehlern, und damit den Verlauf des angeborenen Herzfehlers erheblich verschlechtern (und vice versa). Je ausgeprägter der
Befund am linksventrikulären Myokard,
desto wahrscheinlicher ist die Entwicklung einer frühen schweren Herzinsuffizienz. Bei der LVNC werden Assoziationen
zum Barth-Syndrom bzw. zu Mutationen
im NKX2.5-Gen beschrieben (Abb. 4 a, b).
Wesentliches für die Praxis . . .
◾◾ Autosomal dominante Erbgänge sind die häufigsten, autosomal rezessive die
seltensten.
◾◾ X-chromosomale Erkrankungen sind oft kombiniert, bei Kardiomyopathien mit
muskulo­skelettalen Beteiligungen, betreffen männliche Nachkommen in der
Familie meist schwerer und weibliche oft heterogener.
◾◾ Mitochondriale Erkrankungen, die mit Mutationen auf der mitochondrialen DNA einhergehen, können nur durch die Mutter übertragen werden und
weisen oft charakteristische Symptome wie eine Laktatazidose, skelettale
­Myopathien, Hypoakkusis, Ptotis, Enzephalopathien und Retinitis pigmentosa auf.
◾◾ Kardiomyopathien bei Neugeborenen und/oder Säuglingen sind meist bedingt durch einen angeborenen Stoffwechseldefekt (Morbus Pompe, SengerSyndrom oder Danon Disease) oder durch angeborene Dysmorphiesyndrome
(Noonan-Syndrom, LEOPARD-Syndrom, Costello-Syndrom).
◾◾ Die Sarkomere betreffende Kardiomyopathien (autosomal dominante) treten
meist erst im jungen Erwachsenenalter auf.
◾◾ Kardiomyopathien bei neuromuskulären Erkrankungen wie Friedreich’scher
Ataxie und Muskeldystrophie Duchenne (DMD) werden ebenfalls erst in der
Adoleszenz auffällig, die HCM bei der Friedreich’schen Ataxie und die DCM bei
der DMD können vor den neuromuskulären Symptomen auftreten, oder, wie
bei der Becker-Muskeldystrophie, die DCM die einzig sichtbare Manifestation
der Erkrankung sein.
◾◾ Wann immer frühe neurologische Symptome bei einer Kardiomyopathie auffällig sind (sensorische Taubheit, Einschränkungen des Visus, u. a.) sind mitochondriale Erkrankungen mit in Betracht zu ziehen.
◾◾ Das 24-Stunden-Holter-EKG liefert zusätzliche Hinweise (siehe Tab. 2), und ist
nicht nur als statische Untersuchung, sondern auch als Verlaufsuntersuchung
sinnvoll und notwendig.
de erstmals 1996 durch Kinderkardiologen beschrieben und wurde im deutschen
Sprachraum auch als sogenanntes „Spongiöses Myokard“ bezeichnet.
Die LVNC ist definiert als eine prominente Trabekularisierung mit tiefen intertrabekulären Krypten des Myokards,
üblicherweise am Apex des linken Ventrikels. Diese Form der Kardiomyopathie
kann assoziiert sein zu angeborenen Herz-
„Red Flags“ für den diagnostischen
Zugang zu Kardiomyopathien
Bei Verdacht auf eine Kardiomyopathie
sollte ein spezifisches Untersuchungsprotokoll durchgeführt werden (Abb. 5). Zu
der primären Bildgebung durch die Echokardiographie gehören die Familienanamnese, eine komplette klinische Untersuchung, ein Elektrokardiogramm und spezifische Laboruntersuchungen. Die Fami-
Kinderärztliche Praxis 87, 237 –243 (2016) Nr. 4 www.kipra-online.de
Fortbildung
lienanamnese ist von entscheidender Bedeutung zum Nachweis einer genetisch
determinierten, familiären Kardiomyopathie. Diese Stammbaumanalyse sollte mindestens 3, besser 4 Generationen umfassen.
Insbesondere sollte Wert gelegt werden auf
Kardiomyopathien, chronisches Herzversagen, Herztransplantationen, Herzrhythmusstörungen, plötzlichen Herztod, frühe
Notwendigkeit von Schrittmachern oder
andere antiarrhythmische Geräte (AICDs),
Schlaganfall oder eine muskuloskelettale
Erkrankung.
Zusammenfassung
Pädiatrische Kardiomyopathien umfassen ein extrem breites und heterogenes
Spektrum an unterschiedlichen, meist
seltenen oder sehr seltenen Erkrankungen. Man geht heute davon aus, dass von
ca. 7.000 bekannten seltenen Erkrankungen ca. 50 – 60 % eine myokardiale Beteiligung aufweisen. Die Einteilung der Kardiomyopathien erfolgt nach rein phänoty-
pischen Gesichtspunkten (dilatativ oder
hypertroph u. a.) und ist nicht orientiert an
einer Genotypisierung. Kompliziert wird
die Einteilung zusätzlich dadurch, dass bestimmte Mutationen sowohl hypertrophe
als auch dilatative oder sogar restriktive
Phanotypen kodieren können.
Es erscheint von erheblicher Bedeutung, die Ursache der Erkrankung zu finden, da in den letzten Jahren für unterschiedliche Kardiomyopathien sinnvolle
Behandlungsstrategien entwickelt wurden,
und damit durch eine zeitnahe Diagnose
auch eine zeitnahe Therapie initiiert werden kann. Selbst bei den Patienten, bei denen keine kausale oder funktionell-palliative Therapieoption besteht, kann die Information über den Zusammenhang zwischen der Erkrankung des Kindes und
einer genetischen Determination der Erkrankung für eine Beratungssituation der
Eltern wichtig und notwendig sein.
Interessenkonflikt
Der Autor hat keinen Interessenkonflikt im
Zusammenhang mit diesem Beitrag.
Korrespondenzadresse
Prof. Dr. med. Christoph Kampmann
Leiter der Abteilung Angeborene Herzfehler/
EMAH
Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin
Universitätsmedizin Mainz
Langenbeckstraße 1
55131 Mainz
Tel.: 0 61 31/17 27 83
E-Mail: [email protected]
Literatur
Gesamte Literatur beim Verfasser
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