Thüringer Landtag 5. Wahlperiode Antrag der Fraktion DIE LINKE Eckpunkte für ein Thüringer Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Tieren Die Landesregierung wird aufgefordert, dem Thüringer Landtag bis zum Ende des Jahres 2010 einen Entwurf für ein Gesetz zum Schutz vor gefährlichen Tieren zur Beratung vorzulegen. Der Gesetzentwurf soll allgemein für gefährliche Tiere sowie spezielle für das Halten von Hunden geltende Regelungen beinhalten. Dabei sind folgende Prämissen als Eckpunkte im Gesetzentwurf umzusetzen: 1. Schutz vor gefährlichen Tieren a) Definition gefährlicher Tiere als Tiere, die wegen ihrer spezifischen Veranlagungen oder unberechenbaren Verhaltensweisen Menschen verletzen oder Schäden zufügen b) Erlaubnispflicht für das Halten gefährlicher Tiere, die an den Nachweis der entsprechenden Sachkunde und an das Nichtvorliegen begründeter Zuverlässigkeitszweifel geknüpft ist c) Pflicht zum Abschluss einer Haftpflichtversicherung d) Vorschriften zur sicheren Haltung von gefährlichen Tieren e) Aufnahme eines Ordnungswidrigkeitenkataloges 2. Schutz vor gefährlichen Hunden a) Definition gefährlicher Hunde als Hunde, die aufgrund ihres Verhaltens durch die zuständige Behörde als gefährlich eingestuft wurden, und daraus abgeleitete besondere Vorschriften für Halter analog der bisher geltenden Gefahrenhundeverordnung b) Beibehaltung der bereits in der Gefahrenhundeverordnung genannten Voraussetzungen für einen Wesenstest c) Einführung eines sogenannten Hundehalterführerscheins für Halter aller Hunde, der erworben wird mit der Ablegung eines Sachkundenachweises; zur Erlangung des Sachkundenachweises ist die Absolvierung eines Hundehalterkurses und einer praktischen Prüfung bei einem ausgebildeten Hundetrainer oder alternativ die Ablegung einer Begleithundeprüfung obligatorisch; Übergangsregelungen für Bestandshundehalter sind in einer Rechtsverordnung zu regeln d) Einführung einer gesetzlichen Verpflichtung des Abschlusses einer Hundehaftpflichtversicherung für alle Hunde e) Verpflichtung zur jährlichen Vorstellung des Hundes bei einem Tierarzt, der verpflichtet wird, bei Feststellung von Verhaltensauffälligkeiten des Hundes einen Wesenstest bei der zuständigen Behörde anzuregen; die Vorstellung des Hundes beim Tierarzt ist der zuständigen Behörde nachzuweisen; im Gesetzentwurf sind Regelungen aufzunehmen, die im Falle des Unterbleibens des Druck: Thüringer Landtag, 28. September 2010 Drucksache 5/ 24.09.2010 1531 Drucksache 5/ 1531 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Nachweises die Kommunen ermächtigen, einen erhöhten Satz der Hundesteuer zu erheben f) Anmeldepflicht sowie Kennzeichnungspflicht mit einem behördlich auslesbaren Mikrochip für alle Hunde g) Verankerung von Kontrollrechten für die Behörden; dabei sind Kontrollzweck einerseits und Grundrechte angemessen miteinander abzuwägen h) Verbot der Abrichtung von Hunden zu gefährlichen Hunden; gegebenenfalls sind Ausnahmen für die Ausbildung von für Behörden vorgesehene Polizei- und Schutzhunde sowie für den anerkannten Hundesport aufzunehmen i) Möglichkeiten der Auflagenerteilung zur Haltung und zur Beschlagnahme des Hundes bei Verstößen gegen Vorschriften des Gesetzes j) Zuchtbeschränkung auf anerkannte Züchter sowie auf Vermehrungen, die vorab von einem Tierarzt für unbedenklich erklärt wurden; die Unbedenklichkeitserklärung ist der Anmeldung des Hundes bei der Behörde beizufügen k) Ermächtigung der Kommunen, Hundesteuersätze in Abhängigkeit der Erfüllung der aus dem Gesetz sich ergebenden Auflagen in unterschiedlicher Höhe festzulegen l) Aufnahme eines Ordnungswidrigkeitenkatalogs bei Verstößen gegen die im Gesetz aufgeführten Grundsätze m)Außerkrafttreten der Gefahrenhundeverordnung Begründung: Nach dem Vorfall im Mai 2010 in Sachsenburg, bei dem ein dreijähriges Mädchen durch Hundebisse getötet wurde, entzündete sich in Thüringen eine breite Diskussion über die Notwendigkeit eines verbesserten rechtlichen Schutzes vor gefährlichen Tieren und insbesondere vor gefährlichen Hunden. Am 26. Mai 2010 kündigte der Thüringer Innenminister einen Gesetzentwurf an, in dessen Folge "in einem Zeitraum von etwa zehn Jahren die Anzahl der legal gehaltenen Kampfhunde in Thüringen gegen Null reduziert" werden solle. Kern des im Juni 2010 vorgelegten Referentenentwurfes ist eine Liste von Hunderassen, die per se als gefährliche Hunde definiert werden und somit nach Ansicht der Landesregierung einem völligen Zucht- und Handelsverbot sowie einem Sterilisierungszwang unterliegen. Der bislang nicht in den Thüringer Landtag eingebrachte Gesetzentwurf der Landesregierung unterbreitet eine Reihe von positiv zu bewertenden Vorschlägen, die sowohl die Sicherheit erhöhen können, als auch Fragen des Tierschutzes nicht unberücksichtigt lassen. Dennoch steht die vorgeschlagene sogenannte Rasseliste vehement in der Kritik. Zu Recht weisen Tierschützer und Tierschützerinnen und Hundeexperten und -expertinnen darauf hin, dass es keine "genetische Spezies Kampfhund" gibt und das die in anderen Bundesländern gemachten Erfahrungen mit sogenannten Rasselisten zeigen, dass es zu keiner Verringerung des Beißverhaltens gekommen ist. Aufgrund der anhaltenden und deutlichen Kritik ist die Landesregierung gegenwärtig weit davon entfernt, ihre Ankündigung, den Gesetzentwurf im August in den Landtag einzureichen, auch nur annähernd zu erfüllen. 2 Thüringer Landtag - 5. Wahlperiode Drucksache 5/ 1531 Mit dem vorliegenden Antrag soll einerseits ermöglicht werden, dass sich das Parlament selbst aufbauend auf den zahlreichen vorliegenden Stellungnahmen eine mehrheitsfähige Position für in Thüringen künftig geltende gesetzliche Regelungen zum Schutz vor gefährlichen Tieren erarbeitet, und andererseits, dass der Landtag in einer überschaubaren Zeit ein darauf aufbauendes Gesetz verabschiedet. Für die Fraktion: Blechschmidt 3