Informationen zum Legionellen-Ausbruch in Warstein

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Legionellen Ausbruch in Warstein
Die Infektion mit Legionella pneumophila ist durch den endemischen Ausbruch in Warstein in den Fokus des öffentlichen Interesses gelangt. Seit Anfang August ist eine Zunahme an serologisch gesicherten Infektionen zu verzeichnen, bis Mitte September sind 165 Fälle in einer Altersspanne von 17‐93 Jahren bekannt (1). Zwei Todesfälle können dem Ausbruch ursächlich zugeordnet werden, bei einem weiteren Todesfall ist eine eindeutige Klärung noch nicht erfolgt. Die Mortalität liegt mit weniger als 5% unterhalb des bekannten europäischen Durchschnitts (7‐15%) (2). Die erkrankten Patienten kennen sich nicht untereinander und wohnen in verschiedenen Gebäuden, jedoch hatten die meisten Fälle eine Exposition zum Stadtzentrum von Warstein. Anders als im Fallbericht einer Aufsehen‐erregenden Erkrankungen in Deutschland, die nach Aufenthalt in einem Hotel aufgetreten war (3) und bei der eine rasche Identifizierung der Erreger‐
Quelle in der Wasserversorgung des Hotels gesichert wurde, blieb die Quelle für das endemische Geschehen in Warstein zunächst unklar. In der kommunalen Kläranlage konnte eine sehr hohe Legionellen‐Belastung gesichert werden (2x106 Legionellen/100 ml Wasser), auch im kleinen Fluss Wäster, in den das geklärte Wasser eingeleitet wurde, fand sich eine deutliche erhöhte Konzentration (20 000‐100 000 Legionellen/100 ml Wasser). Trotz des Abschaltens der Rückkühlanlage trat auch nach Ende der maximalen Inkubationszeit von zehn Tagen eine weitere Neuerkrankung an Legionellen des Ausbruchsstammes auf. Im Verlauf konnte eine weitere Rückkühlanlage als befallen identifiziert werden, die Warsteiner Brauerei verweist auf ihrer Homepage darauf, dass ihre Produkte nicht belastet sind (4).
Die über Wochen bestehende Reisewarnung konnte zwischenzeitlich aufgehoben werden. Legionellen sind weit verbreitete Süßwasserbakterien, die nach aerogener Übertragung Pneumonien oder respiratorische Infekte hervorrufen können. In ca. 90% Legionärs‐Pneumonien ist die Species Legionella pneumophila verantwortlich. Die Inkubationszeit beträgt bis zu zehn Tage. Nach unspezifischen Prodromi wie Kopf‐ und Nackenschmerzen entwickelt sich ein allgemeines Krankheitsgefühl mit Fieber, Husten und Halsschmerzen. Schwere Verläufe können zur respiratorischen Insuffizienz und Beatmungspflichtigkeit führen. Männer sind 2‐3x häufiger betroffen als Frauen, auch Immunsuppression unterschiedlicher Genese führt zu einer erhöhten Inzidenz. Klinisch kann die Legionella‐Pneumonie nicht von Pneumonien durch andere Erreger abgegrenzt werden (5). Die Erkrankung wird nur in ca. 500 Fällen/annum zur Meldung gebracht, Hochrechnungen der Capnetz Pneumoniestudie legen jedoch eine Inzidenz von 15 000 bis 20 000 Fällen pro Jahr nahe. Dies entspricht ca. 4 % aller ambulant erworbenen Pneumonien in Deutschland (6).
Diagnostisch steht ein Urinantigentest zur Verfügung, der das Legionella‐Antigen 24 Stunden nach Infektion sichern macht; gefordert wird ein 2-malig positiver Befund in
unabhängigen Proben zur Erhöhung der Vortestwahrscheinlichkeit mit
Verwendung in niedriger Schwelle. Der ELISA‐Test weist jedoch nur die Serogruppe 1 nach. Diese ist in Deutschland für bis zu 95 % der ambulant erworbenen Infektionen, aber nur bis zu 50% der nosokomialen Infektionen verantwortlich (7). In Warstein waren viele Patienten im Urinantigentest initial negativ und erst nach wiederholten Kontrollen positiv (4). Die Anzucht der Legionellen gelingt aus Trachealsekret, BAL und Lungengewebe nur auf Spezialnährböden, der klinische Verdacht sollte dem Labor daher frühzeitig mitgeteilt werden (8). Da Legionellen ausschließlich aus der unbelebten Umwelt übertragen werden, ist eine Prophylaxe nur durch hygienetechnische Maßnahmen zu erreichen. Die Erreger können sich bei Wassertemperaturen von 25‐45 °C gut vermehren, sterben aber bei Temperaturen > 60°C ab. Insbesondere für gemeinschaftlich genutzte Wassersysteme ist daher eine wiederholte Erhitzung des Brauchwassers zur Reduktion der Keimlast erforderlich. Therapeutisch sind nur Antibiotika mit hoher intrazellulärer Aktivität sinnvoll einsetzbar. Therapie der Wahl ist das Levofloxacin oder ein anderes Fluorchinolon in maximaler Dosierung. Neuere Makrolide stellen eine Therapiealternative dar. Die Kombination mit Rifampicin bringt keinen therapeutischen Vorteil. Bei leichteren Verläufen und gutem klinischen Ansprechen sollte die Therapie auf 7‐10 Tage begrenzt werden (9).
Während Pneumokokken nach wie vor das größte Gefahrenpotential bei
der Pneumonie darstellen (unverändert hohe Letalität von >10% seit
Beginn der Antibiotika-Ära), ist bei Legionellen der Schwerpunkt auf
Ausbrüche zu legen. Hierfür sei an die Meldepflicht bei
Ausbruchsverdacht erinnert (ab 2 Fälle in zeitlicher und örtlicher
Dichte). Angesichts der hohen Dunkelziffer der LegionellenErkrankungen kommt einer vermehrten, strukturell gesicherten
Vigilanz durch das Öffentliche Gesundheitswesen eine erhöhte
Bedeutung zu.
Literatur
1. Robert‐Koch‐Institut:, Infektionsgeschehen von besonderer Bedeutung, Ausbruch von Legionärskrankheit in Warstein, Landkreis Soest, Epid Bull 2013; 35: 20 2. Exner M, Suchenwirth R, Pleischl S, Kramer A 3. et al.: Memorandum zu dem Legionellen‐Ausbruch in Ulm 2010 aus Sicht von Hygiene und öffentlicher Gesundheit. Umweltmed Forsch Prax 2010; 15: 43‐57 4. Windmeier C, Fallbericht: Reiseassoziierte Legionella‐Pneumonie nach Aufenthalt in einem Deutschen Hotel. Epid Bull 2010; 41: 405‐407
5. Siegmund‐Schultze, N: Legionelleninfektion in Warstein: Größter Ausbruch in Deutschland. Deutsches Ärzteblatt 2013; 110:1736‐1737 6. Robert‐Koch‐Institut: Legionellose – Zur Situation in Deutschland im Jahr 2008. Epid Bull 2009; 47: 484‐487 7. Von Baum H, Ewig S, Marre R, Sutt orp N, Gonschior S, Welte T, Lück C: Community acquired Legionella pneumophila: new insights from the German competence network for community acquired pneumonia. Clin Infect Dis 2008; 46 (9): 1356‐1364
8. Diederen BM. Legionella disease. J Infect 2008; 56 (1): 1‐12 9. Lück PC, Helbig J, von Baum H, Marre R: Diagnostics and clinical treatment: usefulness of microbiological methods for the detection of Legionella infections. Legionella – State of the art – 30 years after its recognition 2006; ed by Cianciotto N.P., 15‐24 10. Höffken G, Lorenz J, Kern W, Welte T, Bauer T, Dalhoff K, Dietrich E, Ewig S, Gastmeier P, Grabein B, Halle E, Kolditz M, Marre R, Sitter H: Guidelines of the Paul‐Ehrlich‐Society of Chemotherapy, the German Respiratory Diseases Society, the German Infectious Diseases Society and the Competence Network CAPNETZ for the Management of Lower Respiratory Tract Infections and Community‐acquired Pneumonia. Pneumologie 2010; 64 (3):149‐154
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