Scherparameter - Holzhauser et al

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17. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“
Zittau 2009
Untersuchung der Scherfestigkeit von veränderlich festen Gesteinen im
Hinblick auf Hangbewegungsphänomene
Determining the shear strength of soft rock with regard to landslide phenomena
Ph. Holzhauser1, K. Thuro2
Zusammenfassung
Zur Bestimmung der Scherfestigkeit von veränderlich festen Gesteinen werden Methoden der Boden- und Felsmechanik herangezogen.
Diese berücksichtigen jedoch die speziellen Gesteinseigenschaften der veränderlich festen Gesteine z.T. nicht ausreichend, was bei nicht
angepaßter Versuchsdurchführung zu falschen oder ungenauen Ergebnissen führen kann. Um Empfehlungen für die Ausführung der
Scherversuche geben zu können, wurden an veränderlich festen, pelitischen Gesteinen (Tonschluffsteine und Mergel) mehrere Reihen von
Rahmen- und Kreisringscherversuchen mit unterschiedlichen Versuchsbedingungen durchgeführt. Aus dem Vergleich der Versuchsergebnisse untereinander und durch die Auswertung aus der Literatur gesammelter, bereits vorhandener Scherversuche, wurden die
Versuchsanforderungen für die bearbeiteten Gesteine definiert und die Übertragbarkeit auf andere veränderlich feste Gesteine diskutiert.
Schlüsselworte: veränderlich feste Gesteine, Pelite, Tonschluffsteine, Mergel, Scherfestigkeit, direkter
Scherversuch, Hangbewegung, Verwitterung
Abstract
The shear strength of weak rock is commonly determined by methods used in soil or rock mechanics. Most of these methods, however, do
not sufficiently take into account the specific rock properties of soft rock. When the test environment is not adequately adjusted, this may
lead to incorrect or vague test results. In order to provide recommendations for conducting shear tests, several tests using direct shear and
ring shear apparatuses were run for pelitic soft rock (clay-siltstone, mudstone, marl) under varying test conditions. By comparing the
relevant testing results and analyzing results from existing shearing tests drawn from literature testing requirements for the examined rock
types were defined and their transferability to other soft rock types was discussed.
Key words: soft rock, pelite, clay-siltstone, mudstone, marl, shear strength, direct shear test, landslide,
weathering
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Einführung
deutung zu. Diese nimmt unter den Gesteinseigenschaften
eine zentrale Stellung ein, da sie für alle Stabilitätsprobleme
die maßgebende Größe ist. Gerade für erdstatische Berechnungen ist die Kenntnis der korrekten Scherfestigkeit unumgänglich.
Zwischen den beiden großen Gesteinstypen, den Fest- und
den Lockergesteinen existiert als eine Art Zwischenglied
ein weites Feld von veränderlich festen Gesteinen. Im ursprünglichen Zustand besitzen diese Festgesteinscharakter,
verlieren jedoch bei der Exposition gegenüber Atmosphärilien innerhalb relativ kurzer Zeit ganz oder teilweise ihren
Zusammenhalt und gehen so zu Gesteinen mit Lockergesteinscharakter über (Nickmann, 2007).
Zur Untersuchung der Fest- und Lockergesteine im Labor
existieren zahlreiche fels- und bodenmechanische Standardtests. Zur Bearbeitung der veränderlich festen Gesteine werden, da eigens konzipierte Versuche fehlen, sowohl Versuche der Boden- als auch der Felsmechanik herangezogen.
Meist berücksichtigen diese die speziellen Gesteinseigenschaften der veränderlich festen Gesteine jedoch nicht ausreichend und eignen sich daher in ihrer bisherigen Form nur
bedingt zur Bestimmung derer Gesteinskennwerte.
Nicht nur in Deutschland nehmen derartige Gesteine große
Oberflächenbereiche ein. Aufgrund ihrer spezifischen Gesteinseigenschaften, wie z.B. verstärkte Verwitterungsanfälligkeit und erhöhte Rutschneigung können sie zu ingenieurgeologischen Problemen wie z.B. Standsicherheit von
Baugruben, Böschungen oder natürlichen Hängen führen.
Um diese Probleme in den Griff zu bekommen ist die Bestimmung der Gesteinskennwerte erforderlich. Dabei
kommt insbesondere der Scherfestigkeit eine große Be1
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So verhält es sich auch mit den Versuchen der Bodenmechanik zur Bestimmung der Scherfestigkeit. Um aussagekräftige Versuchsergebnisse zu erhalten, wären hier teilweise besondere Anforderungen an die Versuchsdurchführung
Dipl.-Geol. Philipp Holzhauser, Zur Steinballe 6, 93077 Bad Abbach, [email protected]
Univ.-Prof. Dr. Kurosch Thuro, Lehrstuhl für Ingenieurgeologie der TU München, Arcisstr. 21, 80290 München,
[email protected]
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17. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“
Zittau 2009
und die Prüfkörperherstellung notwendig. Diese speziellen
Versuchsanforderungen wurden bisher jedoch nicht näher
spezifiziert. Untersuchungen mit nicht angepaßten Versuchsbedingungen können zu falschen oder stark abweichenden Gesteinskennwerten führen. Im Rahmen einer Dissertation wurden daher Empfehlungen für die Durchführung
von aussagekräftigen direkten Scherversuchen an veränderlich festen Gesteinen erarbeitet. Außerdem soll sie zum
besseren Verständnis der Eigenschaften und des Verhaltens
der veränderlich festen Gesteine beitragen.
daß verschiedene Versuchsarten (Rahmenscherversuch,
Großscherversuch, Triaxialversuch), untereinander verglichen werden konnten.
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In Abb. 2. sind die Mindestanforderungen an die Durchführung von Rahmenscherversuchen an pelitischen, veränderlich festen Gesteinen unter Berücksichtigung der verschiedenen Verwitterungsstufen nach Einsele et al. (1985)
dargestellt.
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Ergebnisse
Die Wahl der Versuchsbedingungen hat einen erheblichen
Einfluß auf die Versuchsergebnisse. Von Bedeutung ist
dabei insbesondere die Größe des verwendeten Scherrahmens, sowie die Vorbehandlung des Probenmaterials.
Durchgeführte Untersuchungen
Aufgrund der Vielfalt der veränderlich festen Gesteine wäre
ohne eine Eingrenzung der Gesteinsart keine eingehende
Bearbeitung möglich gewesen. Daher wurden die zu untersuchenden Gesteine auf überkonsolidierte Pelite (Tonschluffsteine, Mergel) beschränkt. Diese bilden weltweit
einen großen, wenn nicht den größten Anteil der veränderlich festen Gesteine. Gerade in Süddeutschland werden
große Bereiche von derartigen Gesteinen mesozoischen
Alters aufgebaut.
Die Versuchsanforderungen für die Verwitterungsstufe W 5
und den höheren Teil W 4 sind relativ gering. Hier reichen
kleine Scherformgrößen aus, das Probenmaterial darf
gestört vorliegen, homogenisiert werden und bei richtiger
Konsolidierung sogar der natürliche Wassergehalt verändert
werden.
An Gesteinen zweier Schichtglieder (Amaltheenton, Eibrunner Mergel siehe Abb. 1) wurden mehrere Reihen von
Rahmen- und Kreisringscherversuchen durchgeführt. Es
wurden verschieden stark verwitterte Proben bearbeitet, um
die Abhängigkeit der Scherparameter vom Verwitterungsgrad zu ermitteln. Weiter wurden die Versuchsbedingungen
(z.B. gestörter oder ungestörter Einbau, unterschiedliche
Konsolidierung, Zeitpunkt der Wasserzugabe) variiert, um
die Abhängigkeit auf die Versuchsergebnisse zu erfassen.
An relevanten Proben wurden weitere Kennwerte wie Korngrößenverteilung, Zustandsgrenzen und Tonmineralbestand
bestimmt, um die Gesteine und ihr Verhalten bei der Verwitterung besser einordnen zu können.
Je geringer die Verwitterung, desto aufwendiger werden die
Versuchsbedingungen. Um die Stufe W 4 vollständig zu
erfassen darf das Material zwar gestört in den Scherrahmen
eingebaut werden, eine Homogenisierung oder Veränderung
des Wassergehaltes ist nicht mehr zulässig.
Für den höheren Teil der Stufe W 3 ist nur ein ungestörter
Probeneinbau, bei angemessener Scherformgröße zulässig.
Die notwendige Größe läßt sich dabei nicht pauschal festlegen, sie ist vom Verwitterungsverhalten des untersuchten
Gesteins abhängig. Sie ist groß genug zu wählen, um das
verwitterte Gestein repräsentativ zu erfassen.
Ab dem unteren Teil der Stufe W 3 sind zur Bestimmung
der Scherfestigkeit in-Situ Großscherversuche oder Rahmenscherversuche an ungestörten Großproben notwendig.
Für die Verwitterungsstufe W 0 sind Methoden der Felsmechanik anzuwenden. Rahmenscherversuche sind hier,
wie auch in den Stufen W 1 und W 2 nur an Material aus
verwitterten Trennflächen in Kombination mit Methoden
der Felsmechanik sinnvoll.
Die erarbeiteten Anforderungen an die Versuchsdurchführung lassen sich nicht pauschal auf alle veränderlich festen
Gesteine übertragen. Selbst die Gesteine der drei bearbeiteten Schichtglieder weisen unterschiedliches Verhalten bei
der Bestimmung der Scherfestigkeit auf. Ein Patent-Rezept
das eine gründliche Auseinandersetzung mit dem zu untersuchenden Gestein im Vorfeld der Scherfestigkeitsbestimmung ersetzt, kann nicht gegeben werden.
Abb. 1: Zerfallener Eibrunner Mergel.
Fig. 1: Disintegrated Eibrunner Mergel.
Da die Durchführung von Scherversuchen relativ zeitintensiv ist, war schon bei Arbeitsaufnahme absehbar, daß am
Ende der Bearbeitungszeit nur eine relativ geringe Anzahl
von Versuchen zur Auswertung zu Verfügung stehen
würde. Um eine Bearbeitung auf Grundlage einer größeren
Versuchsanzahl durchführen zu können, wurden daher zusätzlich zu den eigenen auch bereits vorhandene Scherversuche an Probenmaterial des Schichtgliedes Opalinuston aus der Literatur mit herangezogen. Dabei wurden vor
allem Werte der Datenbank des Geologischen Dienstes des
bayerischen Landesamts für Umweltschutz verwendet. Neben der größeren Datengrundlage brachte dies den Vorteil,
Durch die Auswertung der vorhandenen und selbst durchgeführten Scherversuche läßt sich eine deutliche Abhängigkeit
der Scherfestigkeit vom Verwitterungsgrad nachweisen.
In Abb. 3. sind die Reibungswinkel des Opalinustons
parallel zur Schichtung in Abhängigkeit der Verwitterungsstufen dargestellt, wie sie sich aus der Auswertung der in
der Literatur gesammelten Scherversuche ergibt [Versuche
von: Razizadeh (1981), Henke und Hiller (1985), Geol.
Dienst des bayerischen Landesamts für Umwelt].
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17. Tagung für Ingenieurgeologie und Forum „Junge Ingenieurgeologen“
Zittau 2009
Abb. 2: Versuchsanforderungen und Anwendbarkeit des Rahmenscherversuches bei pelitischen, veränderlich festen
Gesteinen unter Berücksichtigung der verschiedenen Verwitterungsklassen.
Fig. 2: Test conditions and applicability of the box shear test at pelitic, weak rock in consideration of the stages of
weathering
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Nickmann (2007) teilt veränderlich feste Gesteine je nach
ihrem Verhalten bezüglich Befeuchtung und Trocknung in
6 Veränderlichkeitsklassen ein. Die Reibungswinkel verlaufen wie von Nickmann (2007) für die Veränderlichkeitsklasse VK 3 prognostiziert, sind jedoch um 5° - 10° in Richtung der Prognose für die VK 4 verschoben. Da es sich
beim Opalinuston um ein Gestein im Übergangsbereich der
Veränderlichkeitsklasse VK 3 zu VK 4 (Wahrscheinlichkeitsbereiche nach Nickmann, 2007) handelt, wird die
prognostizierte Entwicklung durch die Auswertung der
Versuche gut bestätigt.
Anwendung der ermittelten
Gesteinskennwerte
Die im Labor mit den angepassten Versuchsbedingungen
ermittelten Scherparameter werden zur Bearbeitung von
Hangbewegungen in Fallbeispielen herangezogen.
Einen großen, hier nicht dargestellten Teil der Dissertation
nimmt daher die Bearbeitung mehrerer Hangbewegungen
im Raum Regensburg ein. Eine weitgehend in Vergessenheit geratene Hangbewegung aus dem Jahr 1831 wird
detailliert behandelt. Auf der Grundlage einer geologischen
Geländeaufnahme, einem Bohrprogramm, einer historischen
Recherche sowie den Ergebnissen der Laborversuche
wurden Standsicherheitsberechnungen durchgeführt. Somit
konnten die im Labor ermittelten Scherfestigkeiten der
Eibrunner Mergel auf Plausibilität überprüft werden.
Literatur
Einsele, G.; Heitfeld, K.-H.; Lempp, Ch.; Schetelig, K.
(1985): Auflockerung und Verwitterung in der Ingenieurgeologie: Übersicht, Feldansprache, Klassifikation (Verwitterungsprofile) - Einleitender Beitrag. – in: Heitfeld, K-H.
ed. (1985): Ingenieurgeologische Probleme im Grenzbereich zwischen Locker- und Festgesteinen; S. 2-23; Berlin
Henke, K. F.; Hiller, M. (1985): Veränderung bodenmechanischer Parameter bei überkonsolidierten Peliten
durch Verwitterung, Versuch einer Deutung anhand des
Opalinustones. – in: Heitfeld, K-H. ed. (1985): Ingenieurgeologische Probleme im Grenzbereich zwischen Lockerund Festgesteinen; S. 83-96; Berlin
Nickmann, M. (2007): Abgrenzung und Klassifizierung
veränderlich fester Gesteine unter ingenieurgeologischen
Aspekten – Dissertation, 180 S. München, Techn. Univ.
Abb. 3: Vergleich der Reibungswinkel des Opalinustons
mit der Voraussage für Tonschluffsteine der Veränderlichkeitsklasse VK 3 und VK 4 nach Nickmann (2007).
Fig. 3: Opalinuston`s friction angel compared to the
prognosis for pelite of the categories of durability VK 3 and
VK 4 by Nickmann (2007).
Razizadeh, F. B. (1981): Ingenieurgeologische und bodenmechanische Charakteristika überkonsolidierter Jurasischer
Tone (a. Bsp. d. Opalinustons) mit besonderer Berücksichtigung der Gliederung des Verwitterungsprofils. –
Dissertation, 202 S. Erlangen-Nürnberg.
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