Aus der Kinderchirurgischen Klinik und Poliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München Direktor: Prof. Dr. med. Dietrich v. Schweinitz Die Behandlung bilateraler Wilms-Tumore im Kindesalter Dissertation zum Erwerb des Doktorgrades der Zahnheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität zu München vorgelegt von Brigitte Günther aus Rosenheim 2010 i Mit Genehmigung der Medizinischen Fakultät der Universität München Berichterstatter: Prof. Dr. Maximilian Stehr Mitberichterstatter: Prof. Dr. Helmut Lochbühler Mitbetreuung durch den promovierten Mitarbeiter: Dekan: Prof. Dr. Dr. h. c. M. Reiser, FACR, FRCR Tag der mündlichen Prüfung: 10.06.2010 ii Inhaltsverzeichnis I. Einleitung 1 1.1 Einführung 1 1.2 Epidemiologie und Inzidenz 2 1.3 Ätiologie und Risikofaktoren 3 1.4 Pathogenese 8 1.5 Symptome und Differentialdiagnose 10 1.6 Diagnostik 12 1.7 Stadieneinteilung 15 1.8 Histologie 19 1.9 Therapie 23 1.9.1 Präoperative Chemotherapie 25 1.9.2 Operation 27 1.9.3 Postoperative Therapie 32 1.9.3.1 Chemotherapie 33 1.9.3.2 Strahlentherapie 36 1.10 Komplikationen II. 37 1.10.1 Chirurgisch bedingte Komplikationen 37 1.10.2 Andere Komplikationen 37 1.11 Spätfolgen 38 1.12 Verlaufsdiagnostik und Nachsorge 39 1.13 Prognose 40 Patientengut und Methodik 43 III. Ergebnisse 44 3.1 Inzidenz, Geschlecht, Alter und Pathologien 44 3.2 Familienanamnese 46 3.3 Symptome 46 3.4 Initialdiagnostik 47 3.5 Tumorgröße vor Therapiebeginn 48 iii 3.6 Metastasierung vor Therapiebeginn 49 3.7 Präoperative Therapie 50 3.7.1 3.8 3.9 Tumorvolumenreduktion durch die präoperative Therapie Operation 69 3.8.1 Intraoperative Komplikationen 71 3.8.2 Postoperative Komplikationen 72 Stadium 73 3.10 Histologie 75 3.11 Molekulargenetik 80 3.12 Metastasen 80 3.13 Postoperative Therapie 81 3.13.1 Chemotherapie 82 3.13.2 Bestrahlung 84 3.14 Rezidive und Metastasen 85 3.15 Nierenfunktionswerte 86 3.15.1 Creatinin-Clearance 87 3.15.2 Mikroalbuminurie 90 3.15.3 Harnpflichtige Substanzen und Elektrolyte im Serum 91 3.15.4 Nieren-Szintigraphie 91 3.15.5 Blutdruckwerte 94 3.16 Spätfolgen 95 3.17 Überlebenszeit 96 IV. Diskussion V. 52 97 Zusammenfassung 118 VI. Abkürzungsverzeichnis 121 VII. Abbildungsverzeichnis 121 VIII. Tabellenverzeichnis 123 IX. Literaturverzeichnis 124 iv I. Einleitung 1.1. Einführung Der Wilms-Tumor (WT), bzw. das Nephroblastom, ist der häufigste kindliche Nierentumor. Er wurde erstmals 1814 von Rance als Nierentumor klassifiziert [103] und 1899 von dem Heidelberger Chirurgen Max Wilms in einer 90 seitigen Monographie „Die Mischgeschwülste der Niere“ ausführlich beschrieben [143]. Der ehemals immer zum Tod führende Tumor gilt heute als Paradebeispiel einer heilbaren malignen Erkrankung. Dramatische Verbesserungen in der Prognose dieses Tumors im Verlauf der letzten 100 Jahre sind nicht nur durch die Fortschritte in der Chirurgie, der Bestrahlung und der Chemotherapie bedingt. Insbesondere die interdisziplinäre Zusammenarbeit in Kliniken mit pädiatrisch-onkologischer Erfahrung und prospektive randomisierte Multizenterstudien haben diesen Erfolg ermöglicht. Neben der nordamerikanischen Studiengruppe, der National Wilms Tumor Study Group (NWTSG, seit der Fusion mit der Pediatric Oncology Group nun: Children's Oncology Group, COG), finden für den europäischen, aber auch für den außereuropäischen Raum vor allem die Therapieoptimierungsstudien der Société Internationale d'Oncologie Pédiatrique (SIOP) breite Anwendung. Am Verbund der SIOP beteiligt sich für den deutschsprachigen Raum die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH). Beide Studien, COG und SIOP, unterscheiden sich dabei grundsätzlich in ihren Behandlungsstrategien. Während das nordamerikanische Konzept ein primär operatives Vorgehen anstrebt, verfolgt SIOP einen präoperativ chemotherapeutischen Ansatz. Eine weitere europäische Studie, die United Kingdom Children's Cancer Study Group (UKCCSG) Untersuchung hat in ihrer letzten (UKW3) beide genannten Therapieansätze miteinander verglichen. Der SIOP- Ansatz zeigte dabei bessere Ergebnisse im Hinblick auf die Komplikationsrate während Tumoroperationen und auf die wesentlich geringere Therapiebelastung für Patienten [26]. Aus diesen Gründen schloss sich die United Children's Cancer Group der laufenden SIOP Studie (2001) an. Vergleicht man Therapieergebnisse von 1930 mit einem Behandlungserfolg von 30% mit den heutigen Heilungsraten von (OS) 90%, so wird der Erfolg der Studiengruppen deutlich [41]. Ungefähr 5% aller Nephroblastome treten bilateral auf. Bei der bilateralen Variante muss das synchrone vom metrachronen Auftreten des Tumors unterschieden werden. Das durchschnittliche 1 Alter der betroffenen Kinder ist niedriger als bei Kindern mit unilateralen Tumoren. Das therapeutische Bemühen ist darauf gerichtet, so viel Nierengewebe zu erhalten wie möglich. Eine präoperative Chemotherapie ist nach dem SIOP Protokoll immer indiziert. Diese soll individualisiert werden und so lange erfolgen, bis eine nierenerhaltende Operationen möglich ist, höchstens jedoch 12 Wochen. Die postoperative Therapie orientiert sich an der histologischen Subtypisierung und dem lokalen Stadium und wird entsprechend der Therapie bei unilateralem Befall durchgeführt, wobei das höchste lokale Stadium beider Seiten für die Therapie ausschlaggebend ist. Die Prognose der Erkrankung ist bei adäquater Therapie gut. Sie liegt in den SIOP-Studien nach 10 Jahren bei 69% Überleben [42]. Die Ergebnisse bei der Behandlung von bilateralen Tumoren liegen zwar noch unter denen für unilaterale Tumoren, doch hat sich die Prognose in den letzten Jahrzehnten entschieden verbessert. Diese Arbeit stellt eine retrospektive Studie aller Kinder mit bilateralen Wilms-Tumoren dar, die in den Jahren 2004 -2008 an der von Haunerschen Kinderklinik in München nach dem SIOP Protokoll behandelt wurden. Ziel dieser Arbeit ist es, die Therapieansätze und Behandlungsstrategien sowie aktuelle Richtlinien aufzuzeigen und die Ergebnisse dieser Studie mit der Literatur zu vergleichen. 1.2 Epidemiologie und Inzidenz Die Inzidenz des WT liegt bei 9/1.000.000 Kinder unter 15 Jahren. 5,5% aller kindlichen Malignome sind Nephroblastome [54]. In der Bundesrepublik Deutschland ist jährlich mit ca. 100 Neuerkrankungen zu rechnen. Der WT tritt etwas häufiger bei Mädchen als bei Jungen auf. Zudem bestehen Unterschiede in der Inzidenz in unterschiedlichen Rassen und geographischen Regionen. In Asien ist die Rate an WT am geringsten, in anderen Ländern, wie USA, Australien, Südafrika und Finnland, liegt sie etwa gleich hoch. Die Altersverteilung zeigt einen Gipfel zwischen dem 2. und 3. Lebensjahr [38]. Ungefähr 5% aller WT treten bilateral auf. Die bilaterale Manifestation kann zeitgleich also synchron stattfinden oder zeitlich versetzt, metachron. Die metachrone Manifestation liegt laut SIOP bei 1,6% [39]. Das Durchschnittsalter bei Diagnosestellung eines synchronen bilateralen WT liegt mit 2.1 Jahren [87] niedriger als bei der unilateralen Erkrankung mit 3.3 Jahren [109]. Kinder mit metachronem bilateralem WT sind bei Erstdiagnose noch jünger (ca. 1 Jahr). Das Durchschnittsalter bei Zweitmanifestation ähnelt dem bei synchronem Tumor [109]. 2 Es liegen keine Häufigkeitswerte über extrarenale Wilms-Tumore in der Literatur vor, da über deren Auftreten nur vereinzelt im retroperitonealen und inguinalen Raum, sowie an Nebenhoden, Ovotestis , Endozervix und im hinteren Mediastinum berichtet wurde. Die Häufigkeit von NichtWT liegt bei bis zu 9.9% - es handelt sich hierbei meist um kongenitale mesoblastische Nephrome, Klarzellsarkome oder Rhabdoidtumore [1]. 1.3 Ätiologie und Risikofaktoren Der Wilms-Tumor ist eine maligne embryonale Mischgeschwulst, die sich aus dem metanephrogenen Blastem entwickelt und histologisch meist aus den drei Komponenten Blastem, Epithel und Stroma besteht. In die Entwicklung dieses Tumors sind nicht nur unterschiedliche Gene involviert, sondern auftretende Mutationen können zudem eine inkomplette Penetranz aufweisen [29][78]. Als Mechanismen der Tumorentwicklung werden neben Genmutationen, der Verlust von Heterozygotie („loss of heterozygosity“, LOH) aber auch epigenetische Phänomene wie der Verlust von Imprinting („loss of imprinting“, LOI) gefunden. Das Nephroblastom weist jedoch meistens einen euploiden Chromosomensatz auf, und die Frequenz des Verlustes von Heterozygotie im Genom liegt auf einem sehr niedrigen Niveau von weniger als 5% [63]. Mehrere Gene sind bekannt, die eine entscheidende Rolle in der Entstehung des Nephroblastoms spielen. Bis heute wurde jedoch lediglich das Wilms-Tumorsuppressorgen WT1 auf Chromosom 11p13 kloniert [36]. Deletionen dieses Gens finden sich in 10–30% der Wilms-Tumoren [50]. Weitere Wilms-Tumorkandidatengene wurden auf den Chromosomen WT2 (11p15.5), WT3 (16q), WT4, fWT1 ( 17q12-q21) und WT5 (7p15-p11.2) lokalisiert. Numerische und strukturelle Veränderungen betreffen insbesondere die Chromosomen 1, 6, 7, 8, 11, 12, 16, 17 und 18 [68]. LOH betrifft dabei am häufigsten (ca. 40%) 11p, seltener wird es für 1p, 7p und 16q beobachtet [49][63]. Neben diesen genetischen Alterationen werden epigenetische Alterationen beobachtet, die in erster Linie LOI von 11p15.5, aber auch von 11p13 betreffen. Eine präoperative Chemotherapie führt zur Änderung des Musters involvierter Gene im verbliebenem vitalen Tumor, wodurch die Identifikation von Genen, die mit Therapieresistenz einhergehen, ermöglicht wird [119]. 3 Wilms-Tumorsuppressorgen WT1[77] Bei Wilms-Tumorpatienten mit dem seltenen WAGR-Syndrom wurde eine zytogenetische Deletion gefunden, die immer die Bande 11p13 umspannt [32]. Patienten mit entsprechender Deletion haben oft auch urogenitale Missbildungen und sind geistig retardiert. Diese Ergebnisse, zusammen mit der Analyse von überlappenden Deletionen verschiedener Patienten führten zur Isolierung des WT1-Gens, das spezifisch in der Niere exprimiert wird und eine Schlüsselrolle in der urogenitalen Entwicklung spielt [138]. WT1 besteht aus 10 Exonen und kodiert für ein Protein mit vier carboxyterminalen Zinkfingern (ZF) und einer mehr aminoproximal gelegenen prolinglutaminreichen (Pro/Gln) Domäne. Es stellt ein Tumorsuppressorgen mit den Eigenschaften eines Transkriptionsfaktors dar. Für die ZF-Region wurde eine spezifische DNA-Bindung nachgewiesen, während die Pro-/Gln-reiche Region bei der Regulation der Transkription entscheidend ist [104]. Insbesondere werden Promotoren kritischer Gene für das Zellwachstum über das WilmsTumorprotein gesteuert [31][77]. Hierzu zählen der „insulin-like growth factor 2“ (IGF-2), der „platelet-derived growth factor A“ (PDGFA), der „epidermal growth factor receptor“ (EGFR) und der „retinoic acid receptor a“ (RAR-a). Die Behandlung primärer Kulturen des Wilms-Tumors mit ATRA (all-trans retinoic acid) führt zu einer Umkehr der Genexpression im Tumor [145]. Über alternative Spleißprozesse entstehen unterschiedliche Isoformen des Proteins [124]. So kann das 5. Exon vollständig fehlen oder durch einen alternativen Spleißprozess können im Intron 9 drei weitere Aminosäuren (Lys-Thr-Ser, KTS) zwischen dem 3. und 4. Zinkfinger eingefügt werden. Diese unterschiedlichen Spleißprozesse führen zu unterschiedlichen Funktionen des entsprechenden Wilms-Tumorproteins [72]. Insofern determinieren spezifische Veränderungen im Genotyp den Phänotyp. Eindrucksvoll gezeigt werden kann dies an einer spezifischen WT1-Spleißmutation, bei der der Verlust der +KTS-Isoform vorliegt. Hierdurch ist das Frasier-Syndrom bedingt [4], das durch einen männlichen Pseudohermaphroditismus und eine progressive Glomerulopathie, die in der Adoleszenz zum Nierenversagen führt, charakterisiert ist. Diese Patienten entwickeln häufig ein Gonadoblastom, aber keinen Wilms-Tumor. Somit stellt die Regulation dieses Spleißingprozesses einen kritischen Faktor in der Entwicklung des Urogenitalsystems, aber auch der Tumorentstehung dar [24]. Wegen der Schlüsselfunktion in der urogenitalen Entwicklung führen Keimbahnmutationen im WT1-Gen zu verschiedenen urogenitalen Missbildungen und Syndromen [63], die eine Disposition zur Nephroblastomentwicklung mit sich tragen, siehe auch Tab. 1. Das WT1-Gen (11p13), ist in 10 – 30% der Wilms-Tumoren mutiert [49][113]. Keimbahnmutationen im WT1Gen sind u.a. beim WAGR-Syndrom und beim Denys-Drash-Syndrom zu finden. Bei Letzterem 4 liegt eine Punktmutation im WT1-Gen vor, die zu einer Verkürzung des Proteins am C-terminalen Ende der ZF-Region führt [91][81]. Im Tiermodell konnte gezeigt werden, dass diese Verkürzung des murinen WT1 zu den charakteristischen urogenitalen Missbildungen des Denys-DrashSyndroms und auch zum Wilms-Tumor in der Maus führt. Im Gegensatz zum WAGR-Syndrom, das durch eine Haploinsuffizienz des WT1 und weiterer Genloci charakterisiert ist, resultiert das Denys-Drash-Syndrom aus einer dominant-negativen Wirkung der WT1-Mutation [91] . Autoren zufolge ist die Inzidenz von Mutationen an WT1 bei Kindern mit bilateraler Erkrankung sogar deutlich gegenüber unilateraler Erkrankung erhöht [125][21][73], bei beidseitigem Befall sind kongenitale Anomalien zudem seltener [63]. Dagegen sind unilaterale Tumoren durch somatische und nicht durch Keimbahnmutationen charakterisiert [63]. Dies steht völlig im Einklang mit dem genetischen Modell, das besagt, dass unilaterale Tumoren durch somatische Mutationen entstehen, während bilaterale Tumoren eine Keimbahnmutation im WT1-Gen aufweisen. Auf zellulärer Ebene handelt es sich um eine rezessive Wirkung der WT1-Mutationen. Es müssen immer beide Allele des WT1 betroffen sein, damit sich ein Tumor entwickeln kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob beide Allele mutiert oder deletiert sind oder das eine Allel eine Mutation aufweist, während das andere Allel deletiert ist [63]. Veränderungen im WT1-Gen findet man bei verschiedenen Neoplasien. Hierzu zählen nicht nur der Wilms-Tumor, sondern auch Mesotheliome, Leukämien und Mammakarzinome [75]. In einer Leukämiezelllinie konnte erstmals der tumorsupprimierende Effekt der WT1-Expression und damit ein direkter Zusammenhang von WT1 an der Leukämieentwicklung nachgewiesen werden [127]. Beim Wilms-Tumor ist die Keimbahnmutation von WT1 gehäuft mit stromareichen Nephroblastomen assoziiert [120]. Dies belegt eindrucksvoll das klassische Zwei-Hit-Modell der Tumorentstehung und die enge Assoziation eines Genotyps mit einem morphologischen Bild [120]. Die 2-Hit-Theorie geht davon aus, dass ein Tumorgeschehen erst ausgelöst werden kann, wenn eine Zelle zugleich zwei mutante Allele besitzt. Das heißt, eine Person präsentiert bereits ein mutantes Allel, muss aber eine zweite somatische Mutation erfahren, um Malignität zu entwickeln. Insgesamt weist aber nur ein geringer Anteil von Wilms-Tumoren (10–30%) Deletionen oder Mutationen von WT1 auf [63]. Dies bedeutet entweder, dass die WT1-Funktion durch andere genetische Alterationen als durch direkte Mutationen im Bereich 11p13 gestört ist oder dass andere genetische Veränderungen zur Entstehung der meisten Wilms-Tumoren notwendig sind. So können auch Mutationen von Promotoren der WT1-Expression zur fehlenden Expression des Gens führen. Dieser Mechanismus wurde bisher nur selten nachgewiesen [53]. Ein unterschiedliches Imprinting in der WT1-Antisense-regulatorischen Region (WT1-as), das im normalen Nierengewebe im 5 Vergleich zum Wilms-Tumorgewebe gefunden wurde, führt ebenfalls zu einer gestörten WT1Funktion. In Wilms-Tumoren liegt dabei eine Hypomethylation und biallelische Expression von WT1-as vor [77]. Somit tragen auch epigenetische Fehlregulationen von WT1 zur Tumorentstehung bei. Die Funktion von WT1 kann aber auch ausschließlich durch Veränderungen des translatierten Proteins gestört sein. All dies unterstreicht deutlich die Heterogenität der molekularen Pathomechanismen von Wilms-Tumoren. Genetische Veränderungen außerhalb von 11p13 Als Ursache für das Beckwith-Wiedemann-Syndrom (BWS) spielen sowohl eine väterliche uniparentale Disomie (UPD) als auch ein verändertes Imprinting von BWS-Kandidatengenen in der Chromosomenregion 11p15.5 eine Rolle [17]. Die Assoziation dieses Syndroms mit Wilms-Tumor weist daher auf ein zweites Gen in 11p15.5 (WT2) hin, das bei der Entwicklung von WilmsTumoren eine Rolle spielen könnte. Es gibt Hinweise darauf, dass beide Gene WT1 und WT2 bei der Tumorentwicklung kooperieren, da Nephroblastome mit konstitutionellen Deletionen der Region 11p13 und LOH von 11p15.5-Markern im Tumor beschrieben wurden [57]. Die Bande 11p15.5 kodiert für mehrere Gene, wobei deren Expression durch Imprinting modifiziert wird. Dies führt dazu, dass immer nur eines der beiden Allele aktiv ist. Welches Allel exprimiert wird, wird dabei durch die Herkunft – ob vom Vater oder von der Mutter – bestimmt. In der Bande 11p15 liegen neben anderen Genen zwei „wachstumshemmende“ Gene (cdkn1c (auch bekannt als p57KIP2) und h19) und ein „wachstumsförderndes“ Gen (igf2). Imprinting führt dabei normalerweise zur Expression des mütterlichen h19- und cdkn1-Allels und des väterlichen igf2Allels. Alle drei Gene spielen eine Rolle beim Beckwith-Wiedemann-Syndrom und in der Tumorentwicklung. Der „insulin-like growth factor 2“ (IGF2) stellt einen mitogenen Faktor dar, der in vielen Zelltypen prä- und postnatal zur Expression kommt. Cdkn1 kodiert für einen cyclinabhängigen Kinaseinhibitor, der zu einem Stopp im Zellzyklus in der G1-Phase führt. H19 spielt eine Rolle in der Wachstumssuppression durch Veränderung der Expression von igf2. Die väterliche UPD als Ursache des B.-W.-Syndroms stimmt dabei gut mit der Expression der Gene in 11p15.5 überein, indem die väterlich exprimierten Gene wachstumsfördernd und die mütterlich exprimierten Gene wachstumshemmend sind [76]. LOH von Chromosom 16q findet sich in ca. 20% der Tumoren. Hieraus wird auf die Existenz eines dritten Wilms-Tumorgens (WT3) geschlossen [51]. Bei LOH von 16q scheint es sich um einen prognostisch ungünstigen Marker zu handeln [51]. Eine ähnliche Korrelation zur Prognose zeigen 6 auch LOH von 11q und 22q [52]. Diese Veränderungen sind mit anaplastischen Wilms-Tumoren assoziiert [52]. Der Nachweis von Veränderungen an Chromosom 17p beim Wilms-Tumor führte zur Analyse von p53-Mutationen. Der Vergleich mit der Histopathologie zeigt dabei eine enge Assoziation von p53-Mutationen mit anaplastischen Tumoren oder fortgeschrittener Erkrankung [79]. Die Restorierung der p53 Funktion ist in vitro möglich und es wird spekuliert, ob dies in der Therapie der anaplastischen Wilms-Tumoren eine Rolle spielen wird [28]. In der Entwicklung des WT spielt zudem der Wnt/ß-catenin Pathway eine Rolle [144]. Ein weiteres Wilms-Tumorkandidatengen wird auf 7p15-p11.2 (WT5) [128], bzw. 7p14 [96] vermutet. Daneben ist eine Vermehrung genetischen Materials auf 1q mit einer schlechten Prognose assoziiert [61]. In einer Reihe von Labors werden mittels Chip-Technologie Genexpressionsanalysen durchgeführt, um prognostische Genkombinationen zu identifizieren [144]. Familiärer Wilms-Tumor Eine familiäre Häufung liegt bei ca. 1% aller Kinder vor. Der Erbgang ist autosomal-dominant mit variabler Penetranz [49]. Hierzu zählen alle bilateralen Tumoren. Die meisten unilateralen Tumoren sind nicht erblich. Kopplungsanalysen in drei Familien mit erblicher Prädisposition für Wilms-Tumoren ohne assoziierte Anomalien haben weder eine Kopplung mit 11p13 noch mit 11p15 ergeben [49][63][121]. Deshalb wurde für diese familiäre Form des Wilms-Tumors ein weiteres Gen postuliert [121]. Die Untersuchung einer großen kanadischen Familie mit 7 bestätigten Fällen von Wilms-Tumor über 3 Generationen führte zur Entdeckung eines solchen Kandidatengens auf Chromosom 17q12-q21 (WT4, fWT1)[102]. In der Familie wurden keine anderen Malignome oder kongenitalen Anomalien gefunden. Interessanterweise lag das durchschnittliche Alter bei Diagnose mit 5 Jahren relativ hoch. Überwiegend lagen unilaterale Tumoren vor. Besonderheiten in den histologischen Subtypen waren nicht zu verzeichnen. Neben dem fWT1-Kandidatengen wird ein weiteres familiäres Wilms-Tumorgen (fWT2) vermutet, da in 6 weiteren Fällen von 2 Familien keine Veränderungen im fWT1 und WT1 gefunden wurden und diese Patienten ein deutlich niedrigeres Alter bei Diagnose aufwiesen als Patienten mit fWT1 - Mutationen [102]. In der folgenden Tabelle (Tab.1) sind einige Syndrome genannt, die mit einer erhöhten Inzidenz von Nephroblastomen einhergehen. 7 Tabelle 1: Syndrome und Fehlbildungen mit einer Prädisposition für Nephroblastome und deren Häufigkeit [39][131] Assoziation des Wilms-Tumors mit verschiedenen Syndromen und Fehlbildungen Syndrom Leitsymptome WAGR-Syndrom WT, Aniridie, genitale Fehlbildung, SIOP (%) NWTS (%) <1,0 - ? ? <1,0 - <1,0 - <1,0 - <1,0 - <1,0 - 4,41 4,61 Retardierung Beckwith-Wiedemann- Hemihypertrophie, Omphalozele, Syndrom Makroglossie, Kerbenohr Denys-Drash-Syndrom Pseudohermaphroditismus, Glomerulopathie Perlman-Syndrom Makrozephalus, tief sitzende Ohren und Augen, Makrosomie, Organomelgalie Morbus Recklinghausen Neurofibrose, Café-au-lait-Flecken der Haut Simpson-Golabi-Behmel- Nierenzysten, Makrosomie, Syndrom Makrozephalus, Hydrozephalus, Herzfehler, Zwerchfellhernie Sotos-Syndrom Zerebraler Gigantismus, psychomotorische Retardierung, intestinale Polypen Kongenitale urogenitale Urogenitale Fehlbildung Fehlbildungen ohne Syndromassoziation 1.4 Pathogenese Nephrogener Rest und Nephroblastomatose Nephrogene Reste bzw. eine Nephroblastomatose können als Vorstufen eines Nephroblastoms auftreten und diagnostiziert werden [8]. Unter nephrogenen Resten werden dabei alle entsprechenden Läsionen zusammengefasst, während die Nephroblastomatose als das diffuse oder multifokale Auftreten von nephrogenen Resten definiert ist. 8 Eine andere Definition charakterisiert die Nephroblastomatose als ein Spektrum von Entitäten mit persistierendem abnormalem embryonalem Nierengewebe jenseits der 36. Gestationswoche [8]. Nephrogene Reste werden nach ihrem Vorkommen in der Niere nochmals unterschieden in perilobare nephrogene Reste (PLNR) und intralobare nephrogene Reste (ILNR). Trotz der histologischen Ähnlichkeit zum Wilms-Tumor verhält sich die Nephroblastomatose wie Residuen von primitivem embryonalen Gewebe und scheint keine invasive oder metastatische Tendenz zu besitzen. Der wohl wichtigste Hinweis, das es sich bei der Nephroblastomatose um eine prämaligne Läsion handelt, ist ihr gehäuftes Vorkommen in Kindern mit WT. Das Vorhandensein von Nephroblastomatoseherden kann bis zu 300% bei bilateralem WT gegenüber einem unilateralem WT erhöht sein, siehe folgende Tabelle Nr. 2 [7]. Wilms-Tumoren, die mit intralobaren Resten assoziiert sind, entstehen früh während der Nierenentwicklung, haben eine heterogene Histologie, sind eher stromareich und häufiger mit dem WAGR-Syndrom assoziiert. WT, die mit perilobaren Resten assoziiert sind entstehen später, setzen sich meist aus homogenen Zelltypen (Blastem und Epithel) zusammen und werden bei Patienten mit Beckwith-Wiedemann Syndrom und Hemihypertrophie gefunden. Die Nephroblastomatose mag die 1. Mutation im 2-Hit-Modell der Entstehung des WT darstellen [132]. Deletionen von Chromosom 11p als auch epigenetische Mutationen in der Region 11p15.5 sind bei der Nephroblastomatose gefunden worden und damit ein weiterer Hinweis dafür, dass es sich hierbei um eine Vorstufe des Wilms-Tumors handelt. 9 Tabelle 2: Annähernde Prävalenz von nephrogenen Resten annähernde Prävalenz von nephrogenen Resten Patienten Population PLNR % ILNR% kindliche Autopsien 1,0 0,01 renale Dysplasien 3,5 --- unilateraler WT 25,0 15 synchroner bilateraler WT 74-79 34-41 metachroner bilateraler WT 42,0 63-75 Beckwith-Wiedemann, Hemihypertrophie 70-77 47-56 Aniridie 12-20 84-100 Drash-Syndrom 11,0 78 Abkürzungsverzeichnis: ILNR: intralobare Nephroblastomatose, PLNR: perilobare Nephroblastomatose 1.5 Symptome und Differentialdiagnose Symptome Typischerweise ist das erste Zeichen eines Wilms-Tumors der asymptomatische palpaple oder sichtbare abdominale Tumor (60%). Seltener sind Schmerz oder eine Hämaturie das Erstsymptom der Erkrankung. Manchmal ist die Symptomatik appendizitisähnlich, oder es tritt ein metastasenbedingter Husten auf [55]. Ein Hypertonus kann sich aufgrund eines Nephroblastoms entwickeln. Ausgesprochen selten treten im Zusammenhang mit dem Nephroblastom humorale Gerinnungsstörungen auf, die nach operativer Tumorentfernung wieder verschwinden [19]. Ungefähr 10% der Tumoren werden im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen entdeckt [54]. Ein Befall der Gegenseite wird bei bilateralen synchronen WT meist erst im Rahmen der stationären Durchuntersuchung verifiziert [54]. Die Symptome des bilateralen WT unterscheiden sich im allgemeinen nicht von denen des unilateralen. In der National Wilms Tumor Study (NWTS 2 und 3) 10 präsentierten sich 96% aller Patienten mit bilateralem Befall bei Diagnosestellung mit einer indolenten Tumorschwellung, gefolgt von Hypertonie mit 15,2% [11]. Hypertonie und Hämaturie treten bei bilateraler Erkrankung häufiger als bei unilateraler auf [41]. Trotzdem kann man kein spezifisches Merkmal heranziehen, dass auf einen beidseitigen Nierenbefall hindeuten würde. Differentialdiagnose Bei bestehendem Verdacht auf einen tumorösen Prozess der Niere kommen differentialdiagnostisch neben einem Wilms-Tumor andere (seltene) Nierentumoren in Betracht: das Klarzellsarkom (bildgebend nicht unterscheidbar) der Rhabdoidtumor, das mesoblastische Nephrom oder das Nierenzellkarzinom siehe folgende Tabelle (Tab. 3), seltener auch nicht-maligne Tumoren wie das Teratom, das zystische Nephrom, eine Hamartom wie auch ein Adenom oder Angiomyolipom. Ebenfalls können primär entzündliche Prozesse mit Ausbildung eines Nierenabszesses oder auch die xanthogranulomatöse Pyelonephritis klinisch wie ein Nierentumor imponieren. Von den primär nicht von der Niere ausgehenden Erkrankungen stellt das Neuroblastom die wichtigste und zugleich auch die häufigste Differentialdiagnose dar, insbesondere, wenn es sich um jüngere Kinder handelt. Der Allgemeinzustand dieser Kinder ist meist deutlich schlechter. Extrarenale Wilms-Tumoren sind eine Rarität. Sie kommen im Mediastinum, Retroperitoneum, Becken und entlang des Funiculus spermaticus vor. 11 Tabelle 3: Die wichtigsten Differentialdiagnosen zum Nephroblastom mit bildgebender und klinischer Klassifizierung [34] Nephroblastom Klarzellsarkom Rhabdoidtumor Mesoblastisches NierenNeuroNephrom zellkarzinom blastom Typisches 0,5 – 3 Jahre Erkrankungsalter 0,5 – 3 Jahre < 1 Jahr Bis 3 Monate > 11 Jahre Vor allem in ersten 2 Jahren, aber auch bis 4 Jahre Bildgebung Heterogene, solide Raumforderung, oft zystisch und nekrotische Anteile, Pseudokapsel, Kompression der großen Gefäße, V.cava-Thrombus 5-10% Heterogene solide Raumforderung , nicht von WT zu unterscheiden Lobulierte Tumorstruktur mit subkapsulärer Flüssigkeitssichel, meist zentrale Lokalisation „vascular ring sign“: periphere ringförmige Hypoechogenität/ Kontrastmittelenhancement im MRT, keine Kapsel Scharf begrenzte, fokale Ausbuchtung; meist relativ geringe Volumina, Pseudokapsel, Tumorthrombus in der V. cava Niere verdrängernd retroperitoneale Tumorausbreitung, selten zystisch, Anheben/Ummauern der großen Gefäße Kalzifizierung Selten (9%) Nicht typisch Häufig (44%) keine Gelegentlich (15-20%) Typisch feinkörnig Wachstumsverhalten Verdrängend mit typischer Pseudokapsel, bis zu 10% bilateral Auch Infiltrierend extrarenal, mit nicht bilateral unscharfer Begrenzung Fingerförmig infiltrierend, nicht bilateral Verdrängend, Infiltrierend, manchmal mit ummauernd Pseudokapsel, selten auch bilateral Metastasen 16% bei Diagnose, meist: regionale Lymphknoten, Lunge selten: Leber, ZNS Meist: Lymphknoten (auch als SkipMetastasen), ZNS, Knochen, Lunge selten: Leber Meist keine Metastasen Ausnahmen: Lunge, ZNS Meist: Lymphknoten selten (spät): Lunge, Knochen, ZNS 1.6. Früh: Lunge und regionale Lymphknoten (oft bei Diagnose, auch Säuglinge), ZNS, Leber Knochen, Lymphknoten, Haut, Leber, Knochenmark, keine Lungenmetastasen Diagnostik Am Anfang jeder Diagnostik steht immer die Anamnese und der klinische Befund. Es schließt sich die Labordiagnostik an (Serum, Urin). Einen für das Nephroblastom spezifischen Marker gibt es nicht. Die wichtigsten laborchemischen Untersuchungen beinhalten das Blutbild mit Differentialblutbild, einschließlich Thrombozyten, Nierenwerten, Leberwerten, Elektrolyte (Na, K, Cl, Ca), Gerinnungsstatus, Urinuntersuchungen sowie die Katecholaminausscheidung im 24 h Urin. Die Messung der Katecholamine ist ein wichtiges Kriterium zum Ausschluss eines Neuroblastoms. 12 Die Palpation einer abdominellen Raumforderung sollte wegen der Gefahr der Tumorruptur mit Zellaussaat sehr vorsichtig und sparsam durchgeführt werden. Als bildgebende Verfahren werden eingesetzt: ● Sonographie mit Darstellung des Tumors in 3 Ebenen und Tumorvolumenbestimmung ● MRT nativ und mit i.v.-Kontrastmittelgabe ● bei nicht ausreichender Sicherheit der Diagnose oder nicht verfügbarem MRT ist die CT mit oraler Kontrastierung nativ und mit i.v.-Kontrastierung notwendig ● bei Verdacht auf Vena-cava-Thrombus, Leber- und Zwerchfellinfiltration sowie intrathorakaler Tumorausdehnung per continuitatem ist ein MRT immer notwendig ● ein Röntgenbild des Thorax ist in 2 Ebenen notwendig Zur erweiterten und fakultativen Diagnostik gehören: ● ein thorakales CT bei Verdacht auf Lungenmetastasen ● kranielles MRT (bei Klarzellsarkom der Niere oder Rhabdoidtumor) ● Skelettszintigraphie (bei Klarzellsarkom der Niere) ● „Tru-cut“- Stanzbiopsie Zur erweiterten Initialdiagnostik bei radiologischer Unklarheit zählen: ● MIBG-Szintigraphie ● Knochenmarkspunktion ● (offene Biopsie) Neben der klinischen Untersuchung wird der Wilms-Tumor bildgebend diagnostiziert. Die Sonographie des Abdomens ist obligat. Typischerweise stellt sich der Wilms-Tumor dabei als von einer Niere ausgehend dar. Die Echogenität ist unregelmäßig mit echoarmen und echoreichen Anteilen. Ein Tumorthrombus in den großen Gefäßen kann ebenso sonographisch erkannt werden. Der Untersuchung der kontralateralen Seite ist besondere Aufmerksamkeit zu schenken, um einen bilateralen Befall (ca. 5–10% aller Wilms-Tumoren) nicht zu übersehen. Von zentraler Bedeutung ist die Durchführung einer abdominellen Schnittbildgebung, vorzugsweise einer Kernspintomographie. Eine exzellente Qualität sowie eine von Experten durchgeführte Beurteilung dieser Untersuchung ist unabdingbar, da bei Diagnose „Wilms-Tumor“ hierzulande im 13 Alter zwischen 6 Monaten und 16 Jahren präoperativ ohne histologische Sicherung eine chemotherapeutische Behandlung eingeleitet wird. Da die Beurteilung große Erfahrung voraussetzt, ist die Hinzuziehung referenzradiologischer Zentren zu fordern (derzeit: Abteilung für pädiatrische Radiologie, Universität Heidelberg). Das Risiko einer Fehldiagnose muss mit etwa 7% angegeben werden (SIOP-6-Studie, SIOP-9-Studie) [135], siehe Tab. 4. Dabei handelt es sich bei etwa 3,5% um andere maligne und bei 3,5% um andere benigne Erkrankungen. Etwa 1,3% der Patienten erhalten erfahrungsgemäß so eine präoperative Chemotherapie ohne maligne Grunderkrankung. Durch das Einführen einer Referenzradiologie kann das Risiko einer Fehldiagnose gesenkt werden [118]. Tabelle 4: Risiko der präoperativen Chemotherapie ohne histologische Diagnose eines WilmsTumors [42] Studie Registrierte Patienten Falsche präoperative Behandlung (alle) Falsche präoperative Behandlung (benigne Tumoren) Anzahl % Anzahl % SIOP 6 1095 38 3,5 16 1,5 SIOP 9 511 28 5,5 8 1,6 Wie in der Sonographie stellt sich der Wilms-Tumor im MRT inhomogen mit gleichzeitig zystischen und soliden Anteilen dar. Dabei umgibt den Tumor eine Pseudokapsel mit verdrängender und weniger infiltrierender Wirkung auf die umgebenden Organe. Ein Tumorthrombus in der V. renalis oder V. cava kann gut erkannt werden. Die Kenntnis dessen ist für die Operationsplanung unerlässlich. Das Nierenbeckenkelchsystem ist typischerweise gespreizt, ggf. mit begleitender Hydronephrose, in höheren Stadien auch destruiert. Kann trotz guter Qualität der Bildgebung unter Hinzuziehung der Referenzradiologie keine diagnostische Einordnung des Nierentumors erfolgen, muss im nächsten Schritt eine „Trucut“-Stanzbiopsie vorgenommen werden. Im Unterschied zur offenen Biopsie hat die „Trucut“-Stanzbiopsie keine Erhöhung des Tumorstadiums (Stadium III) zur Folge. Insbesondere zur Abgrenzung eines vorliegenden Neuroblastoms ist bei unklarer Situation die Durchführung einer MIBG-Szintigraphie nötig. Eine negative Studie schließt allerdings ein Neuroblastom oder Ganglioneurom nicht grundsätzlich aus. Eine Nierenfunktionsszintigraphie (DMSA-Szintigraphie) sollte vor geplanter partieller Tumornephrektomie, insbesondere bei bilateralem Befall (Stadium V), durchgeführt werden. Sie 14 dient nicht nur der Dokumentation präoperativer Nierenfunktion, sondern hilft bei der Planung des operativen Vorgehens mit der Maßgabe, möglichst viel Nierenfunktion zu erhalten. Vervollständigt wird die Diagnostik durch die Röntgenuntersuchung der Lunge in 2 Ebenen und bei bestehendem Metastasenverdacht durch ein anschließendes CT des Thorax. Insgesamt ist die Diagnosestellung für synchrone bilaterale Wilms-Tumore schwieriger als die für unilaterale. Nach der zweiten und dritten Untersuchung der National Wilms Tumor Study Group (NWTS 2 und 3) wurde nur bei 64% der Patienten die bilaterale Manifestation präoperativ festgestellt. Zum heutigen Zeitpunkt hat sich die exakte präoperative Diagnose laut NWTS 4 auf 93% verbessert [19]. Ausschlaggebend ist eine verbesserte und sensitivere Technik der bildgebenden Verfahren und eine größere Erfahrung seitens der Ärzte. Es muss leider auch erwähnt werden, dass in keiner aktuellen Studie mehr als 50% der Läsionen erkannt wurden, deren Durchmesser kleiner als 1 cm war [110]. 1.7 Stadieneinteilung Das Stagingsystem für den WT bezieht sich ausschließlich auf seine lokale Ausbreitung und ggf. seiner Metastasierung. Es finden derzeit 2 postoperative Stadieneinteilungen breite Anwendung: die eine wurde von NWTSG, die andere von SIOP entwickelt. Beide Stagingsysteme haben sich durch ihren hohen Vorhersagewert ausgezeichnet. Der größte Unterschied bei beiden Studien besteht darin, dass die Einordnung nach NWTS vor Chemotherapie und die Klassifikation bei SIOP nach Chemotherapie erfolgt. 15 Tabelle 5: Stadieneinteilung für renale Tumoren[65] Stadium NWTSG (vor Chemotherapie) I SIOP (nach Chemotherapie) a. Der Tumor ist auf die Niere begrenzt und komplett entfernt. b. Es kam zu keiner Tumorruptur vor und während Tumorentfernung. c. Die Gefäße des Nierensinus sind max. 2 mm involviert. d. Es ist kein Residualtumor verblieben. a. Der Tumor ist auf die Niere begrenzt oder der Tumor wölbt die normale Nierenkontur vor, ist aber von einer fibrösen Pseudokapsel umgeben. Die Nierenkapsel bzw. Pseudokapsel kann durch Tumorzellen infiltriert sein, jedoch zeigt sich kein Einbruch in das perirenale Gewebe. Der Tumor muβ komplett reseziert sein mit tumorfreien Absetzungsrändern. b. Der Tumor kann sich über den Nierenmarkbereich in das Nierenbecken vorwölben und das Urothel zerstören (eine Infiltration der Nierenbecken, bzw. Ureterwand von außen ist eine perihiliäre Infiltration und entspricht einem Stadium II). c. Die Gefäße des Nierensinus bzw. -hilus sind tumorfrei. Intrarenale/intratumorale Gefäße können infiltriert sein. d. Eine Feinnadelbiopsie stuft den Tumor in kein höheres Stadium ein. Komplett resezierte regressiv veränderte Tumorreste (Schaumzellen, Hämosiderin und Fibrosierungen) im Nierensinus perihilär, perirenal sowie auch in Form von Gefäβbeteiligungen werden nicht als Tumorinfiltrate gewertet und sind mit einem Stadium I vereinbar, vorausgesetzt der Resektionsrand weist derartige Veränderungen nicht auf. II a. Der Tumor breitet sich über die Niere hinaus aus, ist aber komplett entfernt. b. An und über die Exzisionsränder hinaus ist kein Residualtumor sichtbar. c. Ein Tumorthrombus in Gefäßen außerhalb der Niere kann mit dem Tumor en bloc reseziert werden . a. Der (vitale) Tumor wächst außerhalb der Niere oder penetriert durch die Nierenkapsel oder die fibröse Pseudokapsel bzw. Nierenkapsel in das perirenale Fett, aber er ist komplett reseziert mit tumorfreien Absetzungsrändern. b. Der (vitale) Tumor infiltriert den Nierensinus und/oder Blutgefäße außerhalb des Nierenparenchyms, aber er ist komplett reseziert mit tumorfreien Absetzungsrändern. c. Der Tumor infiltriert benachbarte Organe oder die V. cava, aber er ist komplett reseziert mit tumorfreien Absetzungsrändern. Obwohl die Tumorbiopsie oder die lokale Streuung, wenn auf die Flanke begrenzt , früher als Stadium II nach NWTSG angesehen wurden, werden diese Ereignisse in den neuen COG (Children' s Oncology Group) Studien als Stadium III zugeordnet. 16 III Nichthämatogener Residualtumor auf das Abdomen beschränkt. Einer oder mehrere der folgenden Punkte liegen vor: a. Inkomplette Resektion des Tumors, der sich über die Resektatgrenzen hinaus ausdehnt. b. Jeder Lymphknotenbefall in allen abdominopelvinen Lokalisationen c. Prä- oder intraoperative Tumorruptur, unabhängig ob fokal oder diffus, sowie unabhängig anderer Kriterien der Stadienzuordnung. d. Der Tumor wächst infiltrierend bis an die Peritonealoberfläche. e. Tumorthromben/-ausläufer finden sich an den Resektionsrändern der Gefäße oder des Ureters. Hierzu zählen auch in Teilstücken resezierte Tumoranteile im Bereich der Resektionslinie, die topographisch nicht sicher zugeordnet werden können f. Offene Biopsie vor Therapiebeginn a. Lymphknotenbefall von Hilus, paraaortal oder außerhalb davon. b. Es kam zu einer diffusen Kontamination durch den Tumor über die Peritonealgrenzen hinaus. c. Tumorzellaussaat auf der Peritonealoberfläche. d. Es verbleibt ein makroskopischer oder mikroskopischer Tumorrest außerhalb der chirurgischen Resektion. e. Der Tumor ist nicht komplett entfernbar wegen lokaler Infiltration in vital bedeutsame Strukturen. In Lymphknoten sowie am Resektionsrand werden sowohl vitale Tumorzellen als auch regressive Tumorreste, wie Schaumzellen, Hämosiderin und Fibrosierungen als Tumorinfiltrate gewertet. Regionale Lymphknotenbeteiligung wurde dem Stadium II in den früheren SIOP Klassifikationen zugeordnet. IV Vorhandensein von hämatogenen Hämatogene Metastasen (Lunge, Leber, Knochen, Metastasen oder Lymphknotenmetastasen Gehirn, usw.) oder Lymphknotenmetastasen außerhalb außerhalb der abdominalen Region. der abdomino-pelvinen Region.(Ein lokales Tumorstadium des Nephrektomiepräparates sollte jeweils angegeben werden.) V Bilateraler Nierenbefall bei Erstdiagnose. Bilateraler Nierentumor zum Zeitpunkt der Diagnose (ein lokales Tumorstadium sollte für jeden Tumor angegeben werden Abkürzungsverzeichnis: NWTSG, National Wilms’ Tumor Study Group; SIOP, International Society of Pediatric Oncology. Neben den eben genannten Stadieneinteilung gibt es eine zusätzliche Klassifikationsmöglichkeit nach der Internatioal Union against Cancer und der American Joint Comittee on Cancer (UICC/AJCC). Diese in Tab. 6 genannte Stadieneinteilung soll ergänzend genannt werden, in der Anwendung spielt sie hierzulande jedoch eine untergeordnete Rolle. 17 Tabelle 6: Stadieneinteilung von Nierentumoren nach UICC/AJCC, 2002, 6. Auflage TX Inadäquate Information TO a) kein Tumor mehr nachweisbar b) intrarenaler Tumor durch präoperative Therapie vollständig regressiv a) Tumor < 4 cm b) Tumor > 4cm, ≤ 7cm, jeweils begrenzt auf die Niere T1 T2 Tumor > 7 cm, begrenzt auf die Niere T3 a) Infiltration in perinephrisches Gewebe, Nebenniere, jeweils innerhalb der Gerota-Fascie b) makroskopischer Tumor in Nierenvenen oder Vena cava unterhalb des Zwerchfells c) makroskopischer Tumor in der Vena cava oberhalb des Zwerchfells T4 Tumor jenseits der Gerota-Faszie NX Keine Lymphknoten reseziert, inadäquate Information NO Negative regionale Lymphknoten N1 Metastase in einem Lymphknoten N2 Metatsasen in mehr als einem Lymphknoten MX Nachweis von Fernmetastasen nicht durchgeführt M0 Kein Hinweis auf Fernmetastasen M1 Fernmetastasen nachweisbar Abkürzungsverzeichnis: T, Tumor; N, Lymphknoten; M, Metastasen 18 1.8 Histologie Nephroblastome gehen aus dem metanephrogenen Blastem hervor. Wenn dieses während der Fetalzeit nicht ausreift, sondern in Form eines metanephrogenen Blastems persistiert, besteht die Gefahr der malignen Entartung. Morphologie: Wilms-Tumoren sind vor Chemotherapie durchschnittlich 500g schwer, scharf begrenzt und von einer fibrösen Pseudokapsel umgeben [54]. Die Schnittfläche ist teils lobuliert, die Farbe variiert von grau über gelblich bis blass rosa. Typisch sind Einblutungen und Nekrosen. Die klassische Histologie umfasst drei Komponenten: ● Tubuläre Strukturen mit Lumina und unreifen Glomerula (epitheliale Komponente), siehe Abb. 1. Abbildung 1: Epitheliale Komponente eines Wilms-Tumors 19 ● Zellreiche, kompakte, undifferenzierte faserreiche Areale aus zytoplasmaarmen rundlichen Zellen mit hyperchromen Kernen (Blastemkomponente), siehe Abb. 2. Abbildung 2: Blastemanteil in einem WT 20 ● Weniger zellreiche Bezirke aus einem fibrösen oder myxoiden Gewebe (Stroma) mit spindeligen Stromazellen. Das Stroma kann quergestreifte Muskelfasern, Fettgewebe und hyalines Knorpelgewebe enthalten, siehe Abb. 3. Abbildung 3: Stromale Komponente eines Wilms-Tumors Neben den drei eben genannten Tumorkomponenten (Blastem, Epithel und Stroma), stellt das Vorhandensein von anaplastischen Zellen ein weiteres wichtiges Kriterium zur histologischen Einordnung des Wilms-Tumors dar. Eine Anaplasie ist gekennzeichnet durch deutlich vergrößerte atypische tri- oder multipolare Mitosen, eine ausgeprägte Kernvergrößerung, mindestens das 3fache der umgebenden Tumorzellkerne ausmachend, und der Nachweis von deutlich hyperchromatischen Zellkernen. Eine Anaplasie kann in allen Komponenten des Wilms-Tumors auftreten, wobei eine Anaplasie im Blastem am häufigsten ist [35]. Bezüglich der topographischen Verteilung im Tumor wird eine diffuse und eine fokale Anaplasie unterschieden. Nephroblastome mit fokaler Anaplasie werden zu den intermediär malignen Tumoren gezählt, solche mit diffuser Anaplasie sind als hochmaligne einzustufen. Wenn mehr als 65% eines Tumors aus nur einer Komponente gebildet wird, so spricht man vom jeweiligen Subtyp. 21 Die histologische Klassifikation unterscheidet zwischen primär operierten Nephroblastomen und solchen nach präoperativer Chemotherapie. Die neoadjuvante Chemotherapie führt zu Nekrosen des Blastems und der unreifen Tubuli, ausgedehnten Hämorrhagien, Pseudozysten, schaumzellreichen myxoiden Arealen und Fibrosebezirken mit Ansammlungen von Siderophagen. Ein besonders gutes Ansprechen zeigen blastemreiche Tumoren. Wenn ein blastemreicher WT nach präoperativer Chemotherapie weiterbesteht, so wird er den hochgradig malignen Tumoren zugeordnet, während er nach primärer Operation zu den intermediär malignen Tumoren zählt, siehe folgende Tabelle 7. Die Gewinnung von Tumormaterial zur molekulargenetischen Diagnostik muss in jedem Einzelfall angestrebt werden [35]. Tabelle 7: Grading von WT im Kindesalter Stadieneinteilung von Wilms-Tumoren im Kindesalter entsprechend der SIOP 2001/GPOH Studie A: Tumoren nach B: primär resezierte Tumoren präoperativer Chemotherapie niedrige Malignität zystisches, partiell differenziertes Nephroblastom zystisches, partiell differenziertes Nephroblastom komplett nekrotisches Nephroblastom Standardrisiko- Nephroblastom - epithelialer typ Typ Nephroblastom - epithelialer Typ Nephroblastom - stromareicher Typ Nephroblastom - stromareicher Typ Nephroblastom - Mischtyp Nephroblastom - Mischtyp Nephroblastom - regressiver Typ Nephroblastom - regressiver Typ Nephroblastom mit fokaler Anaplasie Nephroblastom - blastemreicher Typ Nephroblastom mit fokaler Anaplasie hohe Malignität Nephroblastom - blastemreicher Nephroblastom mit diffuser Anaplasie Typ Nephroblastom mit diffuser Anaplasie 22 1.9 Therapie Die Therapie des Wilms-Tumors sollte grundsätzlich im Rahmen der seit Beginn der 1970er Jahre existierenden prospektiven Studien erfolgen (SIOP = Société Internationale d’Oncologie Pédiatrique (Europa), GPOH = Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (Deutschland), NWTS = National Wilms-Tumor Study Group und COG = Children’s Oncology Group (USA)). Ihnen und der engen Vernetzung verschiedener Disziplinen ist ganz wesentlich die herausragende Verbesserung der Prognose zu verdanken. Grundsätzlich ist zwischen 2 Ansätzen zu unterscheiden: Einem primär operativen Vorgehen, wie es die National Wilms-Tumor-Study (NWTS), USA, bei unilateralen Tumoren vorsieht und Einem präoperativen chemotherapeutischen Ansatz, der von der International Society of Pediatric Oncology (SIOP), der Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH), wie auch von der United Kingdom Children's Cancer Study Group (UKCCSG) durchgeführt wird [87][3]. Die Behandlungsstrategie großer Studien, SIOP, NWTS und UKCCSG, für die Behandlung bilateraler Wilms-Tumore konvergiert: Erst nach einer präoperativen Chemotherapie, in der die Tumoren an Masse verlieren, soll in einer Operation möglichst viel gesundes Nierengewebe für möglichst lange Zeit erhalten werden. Nach dem Studienprotokoll der NWTS und der UKCCSG muss allerdings eine Stanzbiopsie beider Tumore vor Beginn der Chemotherapie durchgeführt werden [3]. Die Zytostasebehandlung wird den histologischen Ergebnissen angepasst. Eine „second-look“ Operation schließt sich nach 5 Wochen Behandlung nach NWTS an [97]. Falls es dem Behandlungsteam notwendig erscheint, wird die Chemotherapie oder Bestrahlung nochmals fortgesetzt. Die endgültige Tumoroperation sollte jedoch innerhalb der ersten 12 Wochen nach Diagnosestellung erfolgen, um das mögliche Risiko einer chemoresistenen anaplastischen Expansion zu verringern [65]. SIOP beschränkt sich zur Diagnosesicherung auf die bildgebende Diagnostik und startet mit der präoperativen Chemotherapie sobald das Referenzzentrum die Diagnose bestätigt. Der Ablauf der Therapie wird in den folgenden Seiten ausführlich dargestellt. Alle Patienten aus unserem Studienkollektiv wurden nach den Vorgaben von SIOP behandelt. SIOP empfiehlt analog den 23 NWTS Richtlinien die chirurgische Entfernung der Tumore in einem Zeitraum von 12 Wochen nach Diagnose, aus bekannten Gründen. Seit Beginn der 1970er Jahre wurden in prospektiven Studien der NWTS und der SIOP wichtige Erkenntnisse gewonnen, sie bilden die Grundlage der heutigen Therapiestudien und sind nachfolgend aufgeführt [22][25][41][39]: ● Die Therapie muss entsprechend dem Stadium und dem histologischen Subtyp erfolgen. ● Die Kombination von Vincristin und Actinomycin D ist effektiver als der alleinige Einsatz eines der beiden Zytostatika. ● Im Stadium I ist keine Bestrahlung notwendig. ● Im Stadium II ohne Lymphknotenbefall ist bei intermediärer Malignität keine Bestrahlung notwendig. ● Bei Gabe von Adriblastin im Stadium II mit Lymphknotenbefall oder Stadium III kann die Strahlendosis bei intermediärer Malignität reduziert werden. ● Die zusätzliche Gabe von Cyclophosphamid führt zu keiner Prognoseverbesserung im Stadium IV, jedoch zu einer fraglichen bei vorhandener Anaplasie. ● Anthrazykline sind für die Prognose des Klarzellensarkoms entscheidend. ● Die einmalige Bolusgabe von Actinomycin-D ist gleich effektiv wie die gesplittete Gabe. ● Die Dauer der Behandlung beträgt bei intermediärer Malignität im Stadium I nur 8 Wochen, ab Stadium II nicht länger als 6 Monate. ● Durch eine präoperative Therapie wird eine signifikante Reduktion von Tumorrupturen sowie eine Zunahme niedriger Tumorstadien erzielt. ● Eine präoperative Chemotherapie mit Vincristin und Actinomycin D ist gleich effektiv wie eine präoperative Radiatio mit 2000 Gy. ● Durch eine 4-wöchige präoperative Chemotherapie mit V und A ist die gleiche postoperative Stadieneinteilung wie durch eine 8-wöchige Therapie zu erzielen. ● Bei Patienten mit Lungenmetastasen und kompletter Remission nach präoperativer Chemotherapie kann auf eine lokale Therapie der Metastasen verzichtet werden. ● Bislang kann keine Patientengruppe definiert werden, die durch eine alleinige Operation geheilt werden kann (Ausnahme: kongenitales mesoblastisches Nephrom, niedrige 24 Malignität). Patienten mit bilateralen Wilms-Tumoren müssen immer individuell angepasst an das SIOP Protokoll behandelt werden. Ein erfahrenes Behandlungsteam ist notwendig, damit die nachfolgend beschriebenen Vorgehensweisen schnell und sicher gegeneinander abgewogen werden können. Das Ziel dieses individuellen Vorgehens ist es, beidseits nierenerhaltend zu operieren. Dies ist mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln der Chemotherapie und Chirurgie anzustreben. 1.9.1 Präoperative Chemotherapie Durch die Gabe einer präoperativen Chemotherapie kommt es zu einer signifikanten Reduktion des Tumorvolumens [130] und einer dadurch bedingten Reduktion der Kapselspannung. Die Perfusion des Tumors nimmt teilweise dramatisch ab und es bilden sich im Tumor Nekroseareale. Nach präoperativer Chemotherapie lässt sich eine Verringerung intraoperativer Komplikationen wie z.B. intraoperativer Tumorrupturen von 32% auf 4% beobachten [41]. Daraus resultiert eine deutliche Erhöhung an postoperativen Stadium I-Patienten (etwa 60%) mit einer konsekutiven Reduktion der notwendigen chemo- oder radiotherapeutischen Nachbehandlung [130]. Darüber hinaus können sich Metastasen zurückbilden oder resektabel werden. Auch eine Tumorausdehnung in Gefäße kann reversibel sein [41]. Im Rahmen der präoperativen Chemotherapie werden die Patienten mit Vincristin und Actinomycin-D in einem 4 wöchentlichen Block vorbehandelt. Patienten mit bilateralem Befall (Stadium V) erhalten eine oftmals noch längere präoperative Chemotherapie. Die Intensität der präoperativen Chemotherapie und der Zeitpunkt und die Art des chirurgischen Vorgehens richtet sich nach Ansprechen und damit nach der zu erreichenden Tumorvolumenreduktion, siehe nachfolgende Graphik (Abb. 4). Die Behandlungsweise und -dauer ist bei jedem einzelnen Patienten eng mit der Studienleitung und ggf. unter Hinzuziehen des Referenzchirurgen abzustimmen. Evaluationen über das Ansprechen der Tumoren auf die Chemotherapie finden in Abständen von jeweils 4 Wochen statt. Die präoperative Chemotherapie sollte 12 Wochen nicht überschreiten um das Risiko einer chemoresistenten klonalen Expansion einzudämmen. Zur Planung der Operation erfolgt abschließend eine erneute Bildgebung. Ausnahme bezüglich der präoperativen Chemotherapie bilden auch in der SIOP-Studie Patienten jünger als 6 Monate oder älter als 16 Jahre. In diesen Altersgruppen sind andere Nierentumore, speziell im Säuglingsalter das kongenitale mesoblastische Nephrom vorherrschend, so dass die primäre Operation indiziert ist. 25 Abbildung 4: Schematischer Ablauf der Behandlung bilateraler Nephroblastome Diagnose eines bilateralen Wilmst-Tumors (Bildgebung) 4 wöchige Chemotherapie mit A und V Erste Evaluation zur Woche 4 (Sonographie) Stabile oder progressive Erkrankung Rückgang des Tumorvolumens 4 wöchige Chemotherapie mit A und V und Dox 4 wöchige Chemotherapie mit A und V Zweite Evaluation zur Woche 8 Rückgang des Tumorvolumens, nierenerhaltende OP noch nicht möglich Stabile oder progressive Erkrankung, OP nicht möglich Chemotherapie Intensivierung Chemotherapie Tumor stabil und nierenerhaltende OP möglich Operation (Beginn mit der weniger involvierten Niere und Fortsetzung mit der kontralateralen Niere) Dritte Evaluation zur Woche 12 Falls nierenerhaltende OP nicht möglich Bei Abnahme des Tumorvolumens od. Stabilität und nierenerhaltende OP möglich: Operation mod. nach[40] Diskussion mit der Studienleitung Zur Durchführung einer Tumornephrektomie 26 1.9.2 Operation Die operative Therapie hat die radikale Tumorentfernung zum Ziel. Bei bilateralem Befall muss zusätzlich möglichst viel gesundes Nierengewebe erhalten werden. Große Erfahrung des Operateurs ist hier wiederum unabdingbare Voraussetzung. Die präoperative Bildgebung muss aktuell und von hervorragender Qualität sein. Beurteilt werden die Tumorausdehnung, möglicher kontralateraler Befall, mögliche Lymphknotenmetastasierung sowie die Gefäßsituation. Insbesondere bei Vorhandensein eines Tumorthrombus in die V. cava oder bis in den rechten Vorhof sollte die Operation gemeinsam mit einem Gefäß- bzw. Herzchirurgen geplant werden. Der operative Zugang erfolgt über eine quere Oberbauchlaparotomie transperitoneal. Zunächst wird das gesamte Abdomen auf mögliche Besonderheiten wie z.B. Absiedelungen inspiziert, die Leber wie die Gegenseite sorgfältig palpiert. Jede auf Metastasen verdächtige Region muss reseziert oder zumindest biopsiert werden. Gegebenenfalls sind lokale Exzisionen oder Probebiopsien („trucut“-Stanzbiopsien) durchzuführen. Das Freilegen der Niere erfolgt durch laterocolisches Eingehen in den Retroperitonealraum mit Mobilisierung des Colons samt rechter oder linker Flexur. Die Niere wird vorsichtig aus dem umgebenden Fettgewebe präpariert und der Harnleiter angeschlungen. Der Hilus wird präpariert und die Gefäße ebenfalls angeschlungen. Das weitere Vorgehen richtet sich danach, ob eine komplette Tumornephrektomie geplant ist oder eine Tumornephrektomie unter Erhalt einer gewissen Nierenfunktion (partielle Nephrektomie). Obligat ist bei jeder Wilms-Tumor-Operation nach Tumorentfernung ein Lymphknoten-Staging. Zur histologischen Begutachtung sollten Lymphknoten aus dem Hilusbereich sowie paraaortal und paracaval cranial wie caudal des Nierenstieles eingesandt werden. Auch makroskopisch unauffällig erscheinende Lymphknoten sollten hierbei reseziert werden. Eine komplette Lymphknotendissektion ist allerdings nicht indiziert. Chirurgisches Vorgehen bei bilateralem Nephroblastom Das Ziel chirurgischer Maßnahmen liegt in einer beidseitigen partiellen Nephrektomie oder weiten Exzision von Tumoren, um möglichst viel funktionsfähiges Nierengewebe zu erhalten. Wenn die Entscheidung auch individuell immer neu zu fällen ist, sollte grundsätzlich mit der weniger betroffenen Seite begonnen werden. Wenn hier ein wesentlicher Nierenanteil erhalten werden konnte und die kontralaterale Niere operabel erscheint, wird diese in gleicher Sitzung saniert. Im 27 besten Fall wird dann eine bilaterale partielle Tumornephrektomie („nephron sparing surgery“) durchgeführt. Erscheint die Gegenseite nicht in diesem Sinne operabel, können beide Nieren in zwei Operationen saniert werden. Es sollte dann aber in der ersten Sitzung die Gegenseite biopsiert werden („tru-cut“-Stanze!), da in bis zu 30% der Fälle unterschiedliche Histologien der zwei Seiten resultieren [34]. Die anschließende Chemotherapie wird dann mit Doxorubicin intensiviert oder im Fall von hoher Malignität auf Carboplatin/Etoposid und Cyclo/Doxorubicin umgestellt. Hiernach ist eine erneute Evaluation notwendig, um die Möglichkeit einer nierenerhaltenden Operation zu erwägen. Ggf. kann bei erhaltener Nierenfunktion der zuerst operierten Niere die totale Tumornephrektomie der Gegenseite erfolgen. Dabei sollte allerdings mindestens 40% des ursprünglichen gesamten Nierengewebes erhalten bleiben, um ein Hyperperfusionssyndrom der Restniere zu vermeiden. Ein Hyperperfusionssyndrom kann entstehen, wenn die verbleibenden Nephrone für die Funktionsfähigkeit der Restniere nicht mehr ausreichen. Grundsätzlich gilt, dass Nephrone sich nicht regenerieren können. Der Ausfall eines Nephrons bedingt, dass die verbliebenen mehr arbeiten müssen. Dieses führt zu einem Fluss- und Druckanstieg in den Glomeruluskapillaren, was wiederum eine glomeruläre Hyperfiltration und Hypertension zur folge hat. Die Niere reagiert mit der Proliferation von Endothel- und Mesangialzellen, wie auch mit der Bildung einer extrazellulären Matrix. Eine Glomerulosklerose und tubulointerstitielle Fibrose resultieren daraus mit einem zunehmenden Abfall der glomerulären Filtrationsrate („Brenner-Barker-Hypothese“). Am Ende dieses Prozesses stehen Nierenverlust und Dialysepflichtigkeit. Beidseitige Tumornephrektomien sind nur in extremen Ausnahmefällen erlaubt. Etwa 1-2% der Patienten sind davon betroffen [40]. Eine Nierentransplantation sollte erst 2 Jahre nach Eintreten einer Vollremission aus folgenden Gründen erfolgen: Das Infektionsrisiko aufgrund immunsuppressiver Therapie reduziert sich, je größer der Zeitabstand zur Chemo- und Strahlentherapie ist, frühe Rezidive und Metastasen können noch vor Transplantation diagnostiziert und therapiert werden. Partielle Nephrektomie Bei bilateralem Befall wie in Sonderfällen einseitiger Tumoren muss bzw. kann nierenerhaltend operiert werden. In diesen Fällen sollte auch der Rat der Studienleitung (SIOP) hinzugezogen werden. Zunächst werden der Hilus präpariert und die Hilusgefäße angeschlungen. Anschließend erfolgt die Freilegung der Niere samt dem Tumor. Unter visueller und palpatorischer Kontrolle wird 28 der Tumor elektrokauterisch reseziert. Größere Gefäße müssen sicher und rasch umstochen und ligiert werden. In aller Regel kann der Blutverlust so kontrolliert werden. Bei nicht kontrollierbarer Blutung können die angezügelten Hilusgefäße über einen Tourniquet verschlossen werden. Diese so genannte warme Ischämiezeit sollte wenn möglich 30 Minuten nicht überschreiten um spätere Nierenfunktionseinbußen zu vermeiden. Streng ist auf die Intaktheit des Nierenbeckenkelchsystems zu achten. Sollte es eröffnet werden, empfiehlt es sich eine Doppel-J-Schiene antegrad über den Defekt bis in die Blase zu legen und im Anschluss das Kelchsystem wasserdicht fortlaufend zu vernähen. Die Doppel-J-Schiene wird dann nach 6-8 Wochen zystoskopisch entfernt. Durch eine partielle Nephrektomie kann durchaus lokale Tumorkontrolle erreicht werden, sofern der Tumor nicht zu groß ist und nicht zu zentral liegt. Gut geeignet sind kleinere Tumore im Bereich des Oberoder Unterpoles. Die Rate der Rezidive ist allerdings höher als nach totaler Tumornephrektomie, postoperativ resultiert häufiger ein Stadium III! Deshalb muss insbesondere beim unilateralen Tumor kritisch abgewogen werden, ob der mögliche Erhalt von Nierenfunktion das Risiko einer inkompletten Resektion rechtfertigt. Sondersituationen neben bilateralem Befall sind hier sicherlich generalisierte Nierenerkrankungen oder syndromassoziierte Nephroblastome, bei denen häufig ein metachrones Auftreten beobachtet werden kann. Bei unilateralem Nephroblastom kann man heute nur in Einzelfällen die partielle Nephrektomie empfehlen. Sie ist allerdings insbesondere dann kontraindiziert, wenn folgende Situationen zutreffen [58][40]: - keine präoperative Chemotherapie oder schlechter Response - präoperative Tumorruptur oder offene Biopsie - Infiltration extrarenaler Strukturen oder des Nierenbeckenkelchsystems - größere Tumoren von mehr als einem Drittel der Nierengröße - zentraler oder multifokaler Tumor - Tumorthrombus in V. renalis oder V. cava - Metastasen - Hämaturie - mangelnde Erfahrung mit partieller Nephrektomie Manche Autoren lehnen zusätzlich zu den eben genannten Bedingungen eine nierenerhaltende Operationsweise ab, bei Vorliegen von – diffuser Anaplasie [18] und 29 – im Fall eines Denys-Drash Syndroms [116] Tumornephrektomie Bei unilateralem Befall ist in aller Regel die komplette Tumornephrektomie indiziert, da die Rate an Lokalrezidiven so am sichersten beherrscht wird [58]. Liegt eine beidseitige Erkrankung vor, so ist das Entfernen einer Niere nur indiziert, wenn der Tumor eine Nierenerhaltung nicht mehr zulässt und kein Ansprechen des Tumors auf eine intensivierte Chemotherapie zu verzeichnen war. Eine frühe Ligatur der Hilusgefäße sollte durchgeführt werden, wenn möglich die Arterie zuerst oder in rascher Folge nach der Nierenvene, um eine Tumorschwellung oder gar -ruptur, die in jedem Fall während der gesamten Operation unbedingt zu vermeiden ist, nicht zu provozieren. Der Harnleiter sollte möglichst blasennah abgesetzt werden. Am Absetzungsrand sollten gesondert Biopsien entnommen werden. Je nach Tumorlokalisation ist es durchaus möglich, die Nebenniere in situ zu belassen. Nach Entfernen des Tumorpräparates können an gesonderten Stellen Probebiopsien entnommen werden, ggf. bei möglichem Stadium III sollte das Nierenlager/Tumorbett mit Titanclips für die postoperative Strahlentherapie markiert werden. Chirurgisches Vorgehen bei Tumorthrombus Besonderes Augenmerk muss der Chirurg auf das eventuelle Vorliegen eines Tumorthrombus in der Nierenvene oder der V. cava richten. Durchaus werden diese zumeist in der heutigen präoperativen Bildgebung diagnostiziert, dennoch sollte er intraoperativ nochmals diesbezüglich den Situs genau inspizieren und palpieren, da die weitere Operationsplanung erheblich davon abhängig sein kann. Ein Abscheren des Thrombus ist in jedem Fall zu vermeiden, da es sich im ungünstigsten Fall um Tumorzellen nach Infiltration und Destruktion der Gefäße handelt. Für die intravasale Tumorausdehnung gilt die Stadieneinteilung wie in Tab. 8 dargestellt. Tabelle 8: Stadieneinteilung bei Vorliegen eines Tumorthrombus Stadium Ia Tumorzapfen maximal 5 cm lang, ragt in die V. cava hinein Ib subendotheliales Vorwachsen II Tumorthrombus bis Lebervenenmündung III Tumorthrombus bis auf Höhe der Lebervenen IV Tumorthrombus bis in den rechten Vorhof 30 unterhalb der Ziel ist es, den Tumorthrombus komplett zu entfernen. Nach Entfernung kleinerer Thromben (Stadium I oder II) kann die Vene entweder direkt verschlossen werden oder die Venenwand z.B. nach Teilresektion bei Tumoradhärenz durch einen Patch ersetzt werden. Bei ausgedehnten Tumorthromben (Stadium III oder IV) muss eventuell in Hypothermie und Herzstillstand unter Einsatz einer Herz-Lungen-Maschine operiert werden. Kann der Tumorthrombus komplett reseziert werden, resultiert ein auf das Nephroblastom bezogenes postoperatives lokales Stadium II. Finden sich Tumorreste in der Venenwand durch Tumorinfiltration, resultiert ein Stadium III. Die postoperative Behandlung muss dann ggf. durch zusätzliche Bestrahlung intensiviert werden. Nephroblastomatose Das bilaterale Auftreten eines Wilms-Tumors ist häufig begleitet von Nephroblastomatoseherden. Ziele der operativen Maßnahmen sollen sein, zum einen Tumorfreiheit zu gewährleisten und Nephroblastomatoseherde wegen ihrer möglichen Entartungstendenz zu entfernen, zum anderen jedoch Nierenparenchym und Nierenfunktion zu erhalten. Beides zu berücksichtigen erscheint schwierig. Es muss deshalb bei jedem Patienten individuell und interdisziplinär vorgegangen werden. Bei alleinigem Vorhandensein einer Nephroblastomatose ohne Wilms-Tumor wird die Durchführung einer protrahierten Chemotherapie mit Vincristin und Actinomycin-D empfohlen. Hierunter sind eindrucksvolle Regressionen beschrieben worden [41]. Im Verlauf der Behandlung ist eine engmaschige sonographische Kontrolle der Nieren notwendig, um frühzeitig die Entwicklung eines Wilms-Tumors zu erkennen. Chirurgisches Vorgehen bei Fernmetastasen (Stadium IV) Fernmetastasen treten beim Nephroblastom in der Lunge (10%), der Leber (<5%), selten im Gehirn oder Knochen auf. Sofern die Metastasen unter der präoperativen Chemotherapie (Dauer mindestens 6 Wochen) ansprechen aber nicht vollständig verschwinden, sollten sie nach SIOP Protokoll etwa 2 Wochen nach der Tumorresektion entfernt werden [40]. So sind lokale atypische oder Segmentresektionen bis hin zur Lobektomie der Lunge indiziert. Gleiches gilt für die Leber. Bei kompletter Resektion kann auf eine Nachbestrahlung verzichtet werden. Ist ein primäres Ansprechen der Metastasen oder des Primärtumors nicht zu beobachten, oder entwickeln sich Metastasen unter Chemotherapie, ist ein chirurgisches Vorgehen nicht mehr sinnvoll. Solitäre Läsionen mit günstiger Histologie sollen laut NWTS alleinig mit Radio- und Chemotherapie behandelt werden. Chirurgische Resektionen haben keine Verbesserung der 4Jahres-Überlebensrate gezeigt. Bei multiplen Metastasen oder Tumoren ungünstiger Histologie ist 31 eine Metastasenentfernung mit anschließender Radio- und Chemotherapie indiziert [47]. Beidseitige Nephrektomie und Nierentransplantation Die beidseitige Nephrektomie ist nur selten indiziert. Sie beschränkt sich auf Patienten, bei denen alle konservativen Maßnahmen fehlschlagen, oder beim Denys-Drash-Syndrom, wenn der Tumor oder der Blutdruck eine bilaterale Nephrektomie unausweichlich machen. Eine Nierentransplantation kann nach 2 Jahren rezidivfreien Überlebens erwogen werden. 1.9.3 Postoperative Therapie Die postoperative Therapie richtet sich wesentlich nach der Stadieneinteilung (Tab. 5) des Tumors. Bei Patienten mit beidseitigen Wilms-Tumoren (Stadium V) bestimmt das ungünstigere lokale Stadium das Ausmaß der Chemotherapie oder ggf. Strahlentherapie. Das Chemotherapieprotokoll entspricht der postoperativen Chemotherapie für unilaterale Nephroblastome des entsprechenden Stadiums und der Histologie. Durch den Pathologen wird zunächst das lokale Stadium der Ausbreitung (Stadium I-III) beurteilt. Sehr wichtig hierfür sind zusätzliche Informationen über intraoperative Komplikationen wie Tumorruptur, iatrogene Tumoreröffnung (Biopsie oder auch postoperativ ex situ) wie die Lokalisation der entnommenen Lymphknoten. Weiteres wesentliches Merkmal für die Art der postoperativen Therapie ist die histologische Einordnung des Tumors in die verschiedenen Subtypen. In Nephroblastomen werden 3 Gewebekomponenten unterschieden: Blastem, Epithel und Stroma. Der relative Anteil dieser Komponenten an vitalem Tumorgewebe bestimmt den histologischen Subtyp und ist damit bestimmend für den Grad der Malignität. Dabei werden Tumoren mit niedrigem Malignitätsgrad (günstige Histologie) von Tumoren mit intermediärem Malignitätsgrad (Standardhistologie) und Tumoren mit hohem Malignitätsgrad (ungünstige Histologie) unterschieden (Tab.7). Die Hinzuziehung der Beurteilung durch die Referenzhistologie (Paidopathologie Kiel) ist hierbei ebenso obligat. Immerhin führt bei fast 10% der Tumoren die zentrale Begutachtung zu einer Änderung der Risikogruppe [106]. 32 1.9.3.1 Chemotherapie In das postoperative Behandlungsschema gehen neben der Stadieneinteilung und Klassifikation auch der Response des Tumors auf die präoperative Chemotherapie mit ein. Sie erfolgt derzeit nach dem Schema der SIOP-2001/GPOH-Therapie-Optimierungsstudie (Tab.9)(Abb.5). Patienten mit Nephroblastomen niedriger Malignität bei einem lokalem Stadium I erhalten keine postoperative Chemotherapie. Die ereignisfreie 5-Jahres-Überlebensrate beträgt für diese Studiengruppe 100% [105]. Knapp die Hälfte aller Tumoren sind der intermediären Malignität zuzuordnen. Diese Patienten werden postoperativ chemotherapeutisch behandelt, und zwar bei beidseitigem Stadium I für 27 Wochen mit Actinomycin D / Vincristin, siehe Tab. 9. In den höheren Stadien II und III wird in der aktuellen SIOP-2001/GPOH-Studie die Bedeutung von Doxorubicin in der Behandlung untersucht. Randomisierte Patienten werden entweder mit der Standardtherapie (Actinomycin D / Vincristin und Doxorubicin) oder experimentell ohne Doxorubicin für mindestens 6 Monate behandelt (Abb.5). Patienten mit Nephroblastomen hoher Malignität, die etwa 10% ausmachen, erhalten bereits beim Stadium I Chemotherapie mit Actinomycin D, Vincristin und Doxorubicin. In höheren Stadien II und III wird die Chemotherapie durch Doxorubicin, Cyclophosphamid, Etoposid und Carboplatin intensiviert, siehe Abb.5 [42]. Rezidive werden in dieser Patientengruppe häufig bereits unter Therapie gesehen, so dass dann eine weitere Intensivierung der Therapie nicht mehr sinnvoll erscheint. Die diffuse Anaplasie ist jedoch weiterhin der bedeutendste negative prognostische Faktor. Patienten, bei denen das Nephroblastom bereits zum Zeitpunkt der Diagnose meist zunächst in die Lunge metastasiert hat (Stadium IV), werden postoperativ chemotherapeutisch mit Actinomycin D, Vincristin und Doxorubicin oder intensiver entsprechend dem lokalen Stadium behandelt. Wenn die Metastasen unter der präoperativen Chemotherapie verschwinden, richtet sich die weitere Therapie nach dem abdominellen Befund ungeachtet der ehemals nachweisbaren Metastasierung. Ist diese allerdings nach der 6-wöchigen präoperativen Chemotherapie noch nachweisbar, wird postoperativ die Chemotherapie durch Doxorubicin, Cyclophosphamid, Etoposid und Carboplatin intensiviert (high risk Gruppe). Eine operative Sanierung ist dabei zusätzlich anzustreben. Bei nicht erzielbarer operativer Sanierung bleibt als letzte Option die Bestrahlung der Lunge. 33 Je nach verwendeten Zytostatika, Dosierung und Alter des Kindes ist mit Chemotherapieassoziierter Toxizität zu rechnen. Systemisch betrifft dies nahezu alle Organsysteme, besonders das Knochenmark mit Ausbildung der bekannten Anämie, Leuko- und Thrombozytopenie, den Gastrointestinaltrakt, die Leber, das Herz, das ZNS und das Innenohr. Hervorzuheben ist die Kardiotoxizität der Anthrazykline (Doxorubicin). Eine spezifische Nebenwirkung von Actinomycin D beim Nephroblastom junger Kinder ist die Lebervenenverschlusskrankheit (venous occlusive disease = VOD). Bei ausgeprägter Klinik muss ggf. die Dosierung reduziert werden. Tabelle 9: Therapiepläne für lokalisierte Stadien nach SIOP 2001/GPOH, Januar 2003 Therapieschema Therapiedauer Medikamente in Wochen Anzahl der Gaben Einzeldosis Kumulative Dosis AV-2 Vincristin 20 1,5 mg/m² 30 mg/m² Actinomycin-D 9 45 µg/kg 405 µg/kg Vincristin 20 1,5 mg/m² 30 mg/m² Actinomycin-D 9 45 µg/kg 405 µg/kg Doxorubicin 5 50 mg/m² 250 mg/m² Carboplatin 6x3 200 mg/m² 3600 mg/m² Etoposid 6x3 150 mg/m² 2700 mg/m² Doxorubicin 6 50 mg/m² AVD High Risk 27 27 34 Cyclophosphamid 6 x 3 34 300 mg/m² 450 mg/m² 8100 mg/m² Abbildung 5: Therapieübersicht für Stadium V nach SIOP 2001/GPOH Stadium V (bilateraler Wilms-Tumor) AV / AVD individuell Operation beidseits Postoperative Therapie nach höchstem lokalen Stadium und ungünstigster Histologie AV-2 Stadium I intermediäre Malignität / experimentell Stadium II/III intermediäre Malignität AVD Stadium I hohe Malignität Stadium II/III intermediäre Malignität +/- Radiatio Stadium II hohe Malignität Stadium III intermediäre u. hohe Malignität Lungenmetastasen: bei fehlender Remission u. hoher Malignität 35 HR Stadium II/III hohe Malignität 1.9.3.2 Strahlentherapie Das Nephroblastom ist ein ausgesprochen strahlenempfindlicher Tumor. Eine weitere Therapieoption ist daher die Bestrahlung. Die Indikation (SIOP-Protokoll) zur zusätzlichen postoperativen Bestrahlung besteht bei ● Tumoren intermediärer Malignität im Stadium III, ● bei den hochmalignen Tumoren bereits ab dem Stadium II und bei ● inkompletter Remission von Metastasen nach präoperativer Therapie und chirurgischer Resektion Im Rahmen dieser Radiotherapie beträgt die Gesamtdosis 15 Gy bei intermediärer und 30 Gy bei hoher Malignität mit möglicher Erhöhung bei makroskopischen Tumorresten. Zu den akuten Nebenwirkungen und Langzeitschäden durch die Bestrahlung zählen neben der Nephro- und Hepatotoxizität gastrointestinale Symptome, Wachstumsstörungen der Weichteile und insbesondere des Skelettes mit Ausbildung einer späteren Skoliose, Ovarialinsuffinzienz und Störung der Spermatogenese sowie Mammahypoplasie. Nach Bestrahlung der Lunge können sich eine Lungenfibrose sowie eine Kardiomyopathie ausbilden. Diese signifikanten Nebenwirkungen der Bestrahlung betonen nochmals die Notwendigkeit eines optimalen chirurgischen Vorgehens mit dem Ziel, ein lokales Stadium III z.B. durch Tumorruptur oder Tumorreste zu vermeiden. In der NWTS 2 und 3 erhielten noch 55% der Kinder mit bilateralem Wilms-Tumor eine Bestrahlung einer oder beider Nieren [87]. Dabei zeigte sich kein signifikanter Unterschied in der Überlebenszeit zwischen bestrahlten und nicht-bestrahlten Patienten, die einen Resttumor nach Operation zurückbehielten sowie bei verschiedenen Strahlendosen von 10 und 20 Gy in Fällen von beidseitiger Radiatio [87]. Blute et al. erkannten, dass ein Resttumor nach einer intensiveren Chemotherapie auf eine Radiatio nicht mehr anzusprechen scheint und sahen demnach eine Bestrahlung nur bei geringem oder keinem Erfolg durch die Chemotherapie sowie bei ungünstiger Histologie vor [11]. Der Anteil bestrahlter Patienten liegt bei primärer Operation nach NWTS-Protokoll bei 30% [46], nach präoperativer Chemotherapie (SIOP) werden nur noch 18% der Kinder einer Strahlenbehandlung zugeführt [42] und damit die Spätfolgen und therapiebedingte Nebenwirkungen reduziert. 36 1.10 Komplikationen 1.10.1 a) Chirurgisch bedingte Komplikationen Intraoperativ Intraoperative Komplikationen sind z.B. Tumorruptur, Blutungen, Blutdruckabfall, Herzstillstand, Darminfarzierung und Organverletzungen. Vorangegangene SIOP Studien haben eine deutliche Abnahme von chirurgisch bedingten Komplikationen gezeigt, wenn Operationen nach einer präoperativen Chemotherapie mit primären Operationen verglichen wurden. Retrospektiv erhobene Daten der NWTS 3 (19,8% chirurgische Komplikationen ohne Tumorruptur nach primärer Operation) und der SIOP 9 (8% chirurgische Komplikationen mit Einschluss der Tumorruptur nach präoperativer Chemotherapie) belegen dies eindrucksvoll [107][37]. b) Postoperativ Die häufigste chirurgische Komplikation stellt der Bridenileus, bedingt durch Adhäsion oder Invagination, dar [55]. Die Ausbildung eines renalen Hypertonus nach beidseitigen Nierenoperationen ist nicht selten. Als Spätfolge der Behandlung sind in erster Linie Nierenfunktionsstörungen zu beachten, die bis zur Niereninsuffizienz führen können und die Dialyse oder eine Nierentransplantation notwendig machen. Eine terminale Niereninsuffizienz manifestiert sich meist während der Pubertät oder im jungen Erwachsenenalter [41]. Des weiteren kann ein Kapillarlecksyndrom auftreten [41]. Dieses ist ein lebensbedrohliches Krankheitsbild, bei dem es über Flüssigkeitsverlust aus dem Intravasalraum in das umliegende Gewebe zu generalisierten Ödemen oder einem Lungenödem, zu Pleura- oder Perikardergüssen, zu Aszites, Gewichtszunahme und einem prärenalen Nierenversagen kommen kann. 1.10.2 Andere Komplikationen An erster Stelle wäre hierzu das Auftreten einer Venenverschlusskrankheit der Leber (venous occlusive disease, VOD) zu nennen. Diese steht am ehesten in Zusammenhang mit einer relativen Überdosierung von Actinomycin D bei dystrophen Kindern mit einem niedrigen Körpergewicht. 37 Ein weiterer Risikofaktor hierzu sind postoperative Radiatio mit Einschluss von Lebergewebe. Bei der „Leberverschlusskrankheit, VOD“, heute auch als sinusoidales Obstruktionssyndrom (SOS) bezeichnet, können alle Zellpopulationen der Leber – Hepatozyten, Cholangiozyten, Sinusendothelzellen – geschädigt sein. Cholangiozyten gelten als relativ inert. Hepatozyten, gefolgt von Gefäßendothelien, sind daher die primär betroffenen Zellsysteme. Das SOS-Syndrom wird als direkte Schädigung der Sinuswandzellen verstanden, wobei es zu einem Nebeneinander von Entzündung, Fibrose und lokaler Thrombose mit embolischem Verschluss nachgeschalteter kleiner und größerer Gefäße kommt. Durch Schädigung dieser Zellen in den terminalen hepatischen Venolen und sublobulären Venen kommt es einerseits zur Aktivierung der Gerinnungskaskade (Thrombose), andererseits zur Hyperfibrinolyse (Blutungen). Die Endstrecke der „disseminierten intravasalen Koagulation“ der Leber ist die Entzündung mit konsekutiver Fibrose, bis hin zum Gefäßverschluss. Makroskopisch imponieren diese Lebern als blutreich, spongiös und livide verfärbt (sog. „blue liver“) und sind konsistenzgemindert („brüchig“). Andere akute Nebenwirkungen sind selten. Sie betreffen hauptsächlich Infektionen, Neuropathien (Vincristin) und Nebenwirkungen am Darm durch die Raumforderung. 1.11 Spätfolgen Als Spätfolge der Behandlung sind vor allem Nierenfunktionsstörungen zu beachten, die bis zur Niereninsuffizienz führen und Dialyse oder aber eine Nierentransplantation notwendig machen können. Als eine Ursache wird die Hyperfiltration des verbliebenen Restnierenparenchyms angesehen. Langfristig ist auf Wachstumsstörungen von Skelett und Weichteilen als Folge der Radiatio zu achten. Zumeist werden diese erst während oder nach den Wachstumsschüben offenkundig. Das Ausmaß der Beeinträchtigung ist abhängig von der Bestrahlungsdosis, dem Bestrahlungsvolumen und dem Alter des Kindes bei der Bestrahlung. Folgeerscheinungen können Kyphoskoliosen, Hypoplasien im Bereich von Wirbelsäule, Becken, Rippen und Weichteilgewebe der Flanke sowie die Entwicklung von Osteochondromen sein. Spätfolgen am Herzen (Anthracycline) sind möglich. Zusätzlich können die verbliebenen Nieren durch die Gabe von Ifosfamid und Carboplatin, beides Chemotherapeutika, die zur Behandlung bei hoher Malignität gegeben werden, geschädigt werden. 38 Ein gehäuftes Auftreten von Zweitmalignomen ist nicht zu erwarten. Die Rate liegt um 1% [42]. Eine Schädigung der Ohren kann durch eine Behandlung mit Carboplatin nicht ausgeschlossen werden. Bei Frauen im gebärfähigem Alter kann es durch vorangegangene Radiatio zu Fertilitätsstörungen kommen. Durch die intensive Radiotherapie in früheren Studien (in der SIOP-1 und -2 Studie wurden noch 90% der Patienten bestrahlt) traten gehäuft Fälle von Sterilität, Frühgeburten aber auch Frühaborte auf [16]. 1.12 Verlaufsdiagnostik und Nachsorge Die Verlaufsdiagnostik und Nachsorge dient der Erkennung von Rezidiven und Spätfolgen der Erkrankungen und Therapie. Die meisten Rezidive treten innerhalb der ersten beiden Jahre nach Therapieende auf. Während dieser Zeit sind engmaschige bildgebende Untersuchungen notwendig. Die abdominelle Sonographie stellt die Untersuchungsmethode der Wahl zur Erkennung eines Lokalrezidivs oder einer anderen abdominellen Tumormanifestation dar. Bei unzureichender diagnostischer Sicherheit der abdominellen Sonographie ist ein MRT notwendig. Die Durchführung einer Echokardiographie (Gabe von Anthracyclinen), des Audiogramms (Gabe von Carboplatin) und der Lungenfunktion (Lungenbestrahlung) sind bei entsprechender Indikation notwendig. Vor jedem postoperativen Chemotherapiezyklus sind klinische Untersuchungen, einschließlich Blutdruckmessung, Blutbild und Blutchemie, Urinanalysen und die Palpation des Abdomens indiziert. Für Nephroblastompatienten mit beidseitiger Erkrankung wird folgende Nachsorge empfohlen: Klinische Unersuchung, Urinstatus, Blutdruck, abdominale Sonographie: Alle 2 Monate während der beiden ersten Jahre Alle 3 Monate im 3. und 4. Jahr Alle 4 Monate bis zum 10. Jahr nach Diagnose 39 Nativröntgenbild des Thorax Alle 3 Monate während der beiden ersten Jahre Alle 6 Monate im 3., 4. und 5. Jahr Jährlich bis zum 10. Jahr nach Diagnose Nierenfunktion 3 Monate, 1 Jahr und 3 Jahre nach Operation Die Nierenfunktion sollte gerade bei der bilateralen Erkrankung genauestens überwacht werden. Zum einen wird die Nierenfunktion durch die Tumoroperation selbst (partielle Nephrektomie bds., totale Nephrektomie und Teilresektion der kontralateralen Niere) beeinträchtigt, zum anderen kann sie zusätzlichen Schaden durch eine Bestrahlung und durch die Chemotherapie (Gabe von Ifosfamid und Carboplatin bei hoher Malignität) nehmen. Ultrastrukturelle Veränderungen an der/den Restnieren zeigen eine Verdickung hyaliner Membranen mit Entwicklung einer glomerulären Sklerose als Folge der Hyperfiltration. Etwa 80% der Patienten entwickeln im weiteren Verlauf eine Mikroalbuminurie [129]. Bei Auftreten einer Proteinurie, einer Nierenfunktionseinschränkung oder eines arteriellen Hypertonus ist die weitere Nachsorge mit einem pädiatrischen Nephrologen durchzuführen. Der frühzeitige Einsatz von ACE-Hemmern ist in dieser Situation zu diskutieren. 1.13 Prognose Dank des multimodalen Therapieansatzes überleben heute 80 – 90% aller Kinder, die an einem Wilms-Tumor ein- oder beidseits erkrankt sind [92]. Das Gesamtüberleben für Kinder mit unilateralem Wilms-Tumor ohne Metastasen (SIOP) liegt derzeit bei 98%, das rezidivfreie überleben bei 88% [106]. Kinder mit einem bilateralen Wilms-Tumor weisen oftmals gegenüber unilateral Erkrankten eine schlechtere Prognose auf: Dabei gilt es zwischen synchronem und metachronem Auftreten der Erkrankung zu unterscheiden . In den vorangegangenen Studien 3 und 4 der National Wilms Tumor Study Group erzielten 65% der Patienten mit bilateralem synchronen WT nach 10 Jahren eine vollständige Remission und das 40 Gesamtüberleben nach 2, 5 und 10 Jahren lag bei 83%, 73% und 70% [87]. In der aktuelle NWTS5 Studie verbesserten sich die Ergebnisse nochmals, so dass nach 4 Jahren in einem Kollektiv von 158 Patienten 61% der Kinder rezidivfrei leben, das Gesamtüberleben stieg auf 80% [59]. Nach der aktuellen SIOP 2001 Studie befinden sich 75% der insgesamt 89 Kinder nach 5 Jahren in voller Remission, das Gesamtüberleben beträgt 84% [40]. Beide großen Studien (NWTS und SIOP) weisen vergleichbar gute Ergebnisse in der Behandlung bilateral WT mit synchronem Auftreten auf, die europäische SIOP Studie erzielt dabei derzeit leicht bessere Ergebnisse. Metachrone bilaterale WT machen nur etwa 2% aller WT aus. Die Überlebenschancen für Patienten mit metachronen Nephroblastomen sind wiederum schlechter als bei synchronen Befall. Die Literaturrecherche von Paulino et al zeigte ein Gesamtüberleben bei metachronen bilateralen WT von 49,1% für 5 Jahre und 47,2% für 10 Jahre. Der zweite Tumor kam im mittleren Intervall von 23 Monaten zum Vorschein [93]. Kinder, die den Tumor in der verbliebenen Niere später als 18 Monate nach Erstdiagnose entwickelt haben, erzielen höhere Überlebensraten als jene mit einem Zweitmalignom in den ersten 18 Monaten ( 10 Jahre OS: 55,2% vs. 39,6%) [93]. Eine nierenerhaltende Operationsweise war durch die Tumorvolumenreduktion während der präoperativen Chemotherapie bei 55% aller Patienten der SIOP Studie auf beiden Seiten durchführbar. Nur ¼ aller Nieren mussten entfernt werden [40]. Vergleicht man Patienten mit bilateralem Wilms-Tumor, die auf beiden Seiten partiell nephrektomiert wurden mit denen, die auf einer Seite total tumornephrektomiert wurden, so ergibt sich kein signifikanter Unterschied hinsichtlich des Gesamtüberlebens von 89% versus 86% [131]. Allerdings zeigt sich zwischen diesen Gruppen ein signifikanter Unterschied hinsichtlich des ereignisfreien Überlebens. Die Rate sinkt hier bei der Gruppe der beidseitig durchgeführten partiellen Nephrektomien auf etwa 60% versus 85% nach 5 Jahren ab [131]. Grund hierfür ist das höhere Risiko für tumorinfiltrierte Resektionsränder ( und damit ein lokales Stadium III) bei einer Teilentfernung der Niere. Eine Therapieintensivierung kann diese negativen Vorgaben vollständig ausgleichen bei letztendlich gleichem Gesamtüberleben, allerdings zulasten therapiebedingter Nebenwirkungen und Spätfolgen, welche von Wachstumsstörungen durch Bestrahlungen bis hin zu weiterer Nierenschädigung aufgrund nephrotoxischer Chemotherapeutika reichen können. Metastasen zum Zeitpunkt der Diagnose, hohe Malignität und ein hohes postoperatives lokales Stadium [34] sowie höheres Alter bei Diagnosestellung (> 3 Jahre) [87] sind analog zum unilateralen Tumor die wesentlichen ungünstigen Prognosefaktoren . Mit höherem Alter nimmt die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen eines Tumors in fortgeschrittenerem Stadium und 41 ungünstigerer Histologie zu [87]. Allgemein kommt es zu einer Verschlechterung der Prognose, wenn Metastasen unter der Therapie auftreten im Vergleich zu Metastasen, die bei Therapiebeginn vorliegen. Wird durch die präoperative Chemotherapie eine komplette Remission vorhandener Lungenmetastasen erreicht, unterscheidet sich das Gesamtüberleben der Patienten nicht von denen ohne Fernmetastasen. Die Prognose von Patienten mit Metastasen anderer Lokalisation wie Leber oder Gehirn ist schlechter [131]. Rezidive treten bei Nephroblastomen typischerweise innerhalb der ersten beiden Jahre nach Diagnose auf [34]. Erfreulicherweise haben Patienten mit einem Rezidiv eines Nephroblastoms noch eine reelle Heilungschance. Eine Rezidivbehandlung ist in knapp 50% der Falle erfolgreich. Sie beinhaltet ein anfänglich chemotherapeutische Vorgehen, angepasst an die initiale Behandlung, darauf folgt die operative Entfernung der Läsionen und ggf. eine anschließende Bestrahlung [34] [48]. Es werden primär nicht genutzte Mittel eingesetzt. Rezidive mit hoher Malignität, mehreren Rezidivorten, mehr als 2 Chemotherapeutika, Rezidiv im Strahlenfeld und ein hohes initiales Stadium haben eine schlechtere Prognose [34]. Patienten mit einer kompletten Zweitremission können der Hochdosischemotherapie mit autologem „Stammzellrescue“ zugeführt werden. In einer Untersuchung der GPOH blieben 48% der Hochrisikopatienten nach Transplantation rezidivfrei [69]. Nephrogene Reste bzw. Nephroblastomatosekomplexe lassen sich häufig in Kindern mit bilateralem WT finden, ihr Vorkommen bei synchronem Befall beträgt 90%, bei metachroner Erkrankung 94% [82]. Nephroblastomatose bzw. nephrogene Reste, die entweder intra- oder perilobar auftreten, können zum manifesten Nephroblastom fortschreiten und müssen regelmäßig bildgebend überwacht werden. Warnzeichen einer malignen Transformation ist der Übergang von einem oft homogenen linsenförmigen Erscheinungsbild ohne Pseudokapsel hin zu einem sphärischen Wachstum mit Bildung einer Pseudokapsel [95][34]. Einer NWTS Studie zufolge haben Kinder unter 12 Monaten mit perilobaren nephrogenen Resten ein deutlich höheres Risiko an einem Tumor der kontralateralen Niere zu erkranken, engmaschige Vorsorgeuntersuchungen sind hier empfohlen [19]. Eine schlechte Prognose haben WT-Kinder, die bereits aufgrund von Nephroblastomatoseherden chemotherapeutisch vorbehandelt wurden [131]. 42 II. Patienten und Methodik Die vorliegende Arbeit stellt eine retrospektive Studie über alle 15 Kinder mit bilateralen WT dar, die in den Jahren 2004 bis 2008 in der von Haunerschen Kinderklinik in München behandelt wurden. Berücksichtigt wurden 14 Patienten mit synchroner Erkrankung und ein Patient mit metachroner Erkrankung, dessen Erstoperation in einer anderen Klinik stattfand. Das Alter der Patienten bei Diagnose befand sich zwischen 8 Monaten und 6 Jahren und 2 Monaten. Die Daten beruhen auf den hiesigen Krankenakten, die teilweise im Falle einer Weiterbehandlung der Kinder in anderen Krankenhäusern durch Berichte externer Institute ergänzt wurden. In dem von Haunerschen Kinderspital in München wurde die Chemotherapie durch die kinderonkologische Station, die Bestrahlung durch die radiologische Klinik der Innenstadt und die histologischen Untersuchungen durch das pathologische Institut der LMU sowie einer Referenzpathologie in Kiel durchgeführt. Die operativen Eingriffe fanden, bis auf einen Fall (Ersttumor bei metachroner Manifestation), in der kinderchirurgischen Klinik des von Haunerschen Kinderspitals statt. Die prä- und postoperative zytostatische Behandlung der Kinder in dieser Studie erfolgte individuell verschieden, richtete sich aber an das SIOP Protokoll 2001/GPOH . Für die Stadieneinteilung der Tumore nutzte man die in Deutschland üblichen Stagingtabellen nach SIOP anhand des operativen Resultates. Die letzte Nachuntersuchung der Kinder fand im Dezember 2008 statt. 43 III. Ergebnisse 3.1 Inzidenz, Geschlecht, Alter und Pathologien Von 2004 bis 2008 wurden im Dr. von Haunerschen Kinderspital 15 Kinder mit einem bilateralen Wilms-Tumor behandelt. 14 Kinder wiesen einen synchronen Verlauf auf, 1 Patientin erkrankte metachron. Es erkrankten mehr weibliche als männliche Patienten, das Verhältnis war 9:6, siehe Abb. 6. Abbildung 6: Geschlechterverteilung bei WT-Patienten Geschlecht der WT Patienten 6 weiblich männlich 9 Unter den 15 Patienten befanden sich 2 Patienten asiatischer Herkunft, ein Mädchen und ein Junge. Die Altersverteilung der Patienten bei Erstmanifestation der Erkrankung lag im Bereich von 8 bis 74 Monaten. Das Gesamtdurchschnittsalter aller Patienten lag bei 42 Monaten. Sortiert man das Durchschnittsalter nach Geschlecht so waren in unserer Studie die Mädchen bei Erstdiagnose im Schnitt 20 Monate älter als die Jungen, siehe Abb. 7. Das Durchschnittsalter der Mädchen betrug 50 Monate, dass der Jungen 30. 44 Abbildung 7: Diagnosealter unterteilt nach Geschlecht Alter bei Diagnose w:9, m:6 7 Alter in Jahren 6 5 männlich 4 weiblich weiblich Durchschnitt 3 männlich Durchschnitt 2 1 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Patienten Die Patientin mit metachronem Verlauf erkrankte initial im Alter von 1 Jahr und 11 Monaten . Das Alter bei Zweitmanifestation lag bei 2 Jahren und 7 Monaten. Der Zeitabstand zwischen Erst- und Zweittumor betrug somit 8 Monate. Keiner unserer Patienten litt an einem WT-assoziierten Syndrom, wie z.B. Denys-Drash-Syndrom, WAGR-Syndrom, Beckwith-Wiedemann-Syndrom und Perlman-Syndrom. Lediglich bei einem Patienten (im folgenden Fall 13) trat eine urogenitale Fehlbildung, nämlich ein Maldescensus Testis sowie Hufeisennieren beidseits auf. Auch hier konnte eine WAGR-Syndrom humangenetisch ausgeschlossen werden. Auffällig war das häufige Auftreten von Nephroblastomatoseherden, sie wurden in 13 von 15 Patienten festgestellt, siehe Tab. 10. 45 Tabelle 10: Pathologien bei 15 Kindern mit bilateraler WT-Erkrankung Pathologien bei 15 Kindern mit bilateralen Wilms-Tumoren Anzahl der Patienten Art urogenitale Fehlbildungen 1 Maldescensus Testis und Hufeisenniere Nephroblastomatose 13 8x beidseits, 5x unilateral andere Fehlbildungen 1 persistierender Ductus arteriosus botalli 3.2 Familienanamnese In 2 von 15 Fällen waren anamnestisch in der Familie Tumorerkrankungen bekannt, das entspricht 13%. Es handelte sich in einem Fall um ein Lungen-Ca., im anderen trat ein Prostata-Ca. auf. In einer weiteren Familie litt die Großmutter an Nierenzysten. Alle Geschwisterkinder unserer Patienten waren nach elterlichen Angaben gesund. Eine positive familiäre WT Anamnese bestand bei keinem unserer Patienten. 3.3 Symptome Die Leitsymptome bei einem WT sind eher milde und unspezifisch. Zumeist fiel den Eltern eine Schwellung des Oberbauches an ihrem Kind auf, dies führte in aller Regel zum Arztbesuch. Zum Zeitpunkt der Diagnosestellung wurde bei 2/3 der Kinder ein arterieller Hypertonus festgestellt. Als weitere Symptome traten Fieber mit rezidivierenden Infekten, Obstipation und Bauchschmerzen, Husten, blutiger Urin sowie Diarrhoe und Kreuzschmerzen auf, siehe Abb.8. Im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen wurden 3 Patienten ohne klinische Symptomatik auffällig. Bei einer Nachsorgeuntersuchung wurde die metachrone Erkrankung einer WT-Patientin, ebenfalls ohne klinische Symptomatik, festgestellt. 46 Abbildung 8: Symptome zum Zeitpunkt der Diagnosestellung Symptome bei Diagnosestellung art Hypertonie Schwellung Bauch 2,00 3,00 10,00 1,00 Zufallsbefund (Vor- u. Nachsorgeuntersuchungen) Husten blutiger Urin 2,00 Diarrhoe 1,00 Obstipation 1,00 1,00 Kreuzschmerzen 4,00 Fieber, rezidivierende Infekte 6,00 Bauchschmerzen 3.4 Initialdiagnostik Routinemäßig wurde bei allen Patienten neben Palpation, Inspektion und Blutdruckmessung, EKG und Echokardiographie folgende bildgebende Verfahren eingesetzt: ● Sonographie ● MRT ● Röntgen Thoraxaufnahme In nur 3 von 15 Fällen liegen uns neben den Röntgen-Thorax-Aufnahmen keine CT Bilder vor. Da die Vor- und Nachsorgeuntersuchungen dieser drei Patienten nicht in unserem Hause stattfanden, kann keine definitive Aussage darüber getroffen werden, ob eine entsprechende Untersuchung tatsächlich stattfand und ggf. die Befunde nicht weitergereicht wurden, oder ob eine entsprechende Untersuchung unterblieb. Bei einer Patientin wurde zusätzlich anderenorts eine antegrade Pyeloureterographie durchgeführt. Zur Befundergänzung wurde in einem Fall mit Hufeisennieren 47 eine intravenöse Pyelographie erstellt. 13 Patienten, das entspricht 87% des Kollektivs erhielten eine Nierenszintigraphie präoperativ, in den verbleibenden 2 Fällen wurde diese Untersuchung von Seiten der Eltern abgelehnt. Bei einem Patienten wurde eine Stanzbiopsie in der zuweisenden Klinik durchgeführt. Die Synchronität der WT konnte bei allen Kindern initial anhand bildgebender Verfahren festgestellt werden. Die metachrone Manifestation eines WT wurde im Rahmen der Nachsorgeuntersuchungen entdeckt. Nach referenzradiologischer Begutachtung der Bildgebung durch die Uni-Klinik Heidelberg und Bestätigung der Befunde konnte mit der präoperativen Therapie begonnen werden. 3.5 Tumorgröße vor Therapiebeginn Die nachfolgende Graphik, Abb. 9, zeigt unsere 15 Patienten, eingeteilt nach Alter und Tumorgröße bei Diagnosestellung. Kinder zwischen 1 und 3 Jahren sowie Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren bilden die Hauptgruppen mit jeweils 6 bzw. 8 Patienten. Ein Patient aus unserer Studiengruppe war jeweils jünger als 1 Jahr bzw. älter als 6 Jahre. In den beiden Hauptgruppen fiel auf, dass mit zunehmendem Patientenalter auch das Tumorvolumen anstieg. Bei keinem Kind waren die Tumorvolumina an beiden Nieren annähernd gleich groß. Drei Patienten wiesen mehrere Tumoren in einer Niere auf, so dass hier die Anzahl der Tumoren nicht der Anzahl der Nieren entspricht. Tumoren mit einem Volumen unter 100 ml nehmen den größten Anteil in unserem Tumorkollektiv ein, es waren insgesamt 20, gefolgt von Tumoren mit einem Volumen über 500 ml, deren Anzahl betrug 6. Es fanden sich 3 Tumoren zwischen 101 – 300 ml und 4 Raumforderungen mit einem Volumen zwischen 301 – 500ml. Der ausgedehnteste WT betrug 809ml. 48 Abbildung 9: Tumorvolumen vor Therapiebeginn Tumorvolumen in Bezug auf das Patientenalter 20 1 Anzahl der Tumoren 18 16 8 14 12 10 8 9 6 1 4 2 0 < 1 Jahr 1 1 - 3 Jahre 8 3 - 6 Jahre 9 > 6 Jahre 2 3.6 3 2 Tumorvolumen <100 ml 1 1 2 Tumorvolumen 101 - 300 ml 5 Tumorvolumen Tumorvolumen > 301 - 500 ml 500 ml 1 3 1 1 2 5 Metastasierung vor Therapiebeginn 3 der 15 Patienten wiesen bereits Lungenmetastasen bei Diagnosestellung auf. Darunter waren 2 Mädchen im Alter von 4 und 5 Jahren und ein Junge mit 2 ½ Jahren. Das Volumen des jeweils größten Wilms-Tumors betrug 739 und 370 ml bei den Mädchen und 446 ml beim Jungen, siehe Tab.11. Tabelle 11: Patienten mit Lungenmetastasen vor Therapiebeginn Patientenalter Geschlecht Tumorvolumen linke Niere in ml Tumorvolumen rechte Niere in ml 2 ½ Jahre männlich 447 30 4 Jahre weiblich 14 739 5 Jahre weiblich 45 370 und 126 49 3.7 präoperative Therapie 14 Patienten erhielten eine präoperative Chemotherapie. Nur in einem Fall (im folgenden Patientin Nr.3) war eine Chemotherapie, laut referenzradiologischer Beurteilung in Heidelberg, aufgrund der für ein Nephroblastom untypischen Bildgebung, nicht indiziert. In unserem Patientenkollektiv betrug die Dauer der Chemotherapie zwischen 4 – 14 Wochen, siehe Tab. 12. Ab Tabelle 12 sind die Patienten zur besseren Übersicht von 1 – 15 durchnummeriert. Die Vergabe der Nummern spiegelt dabei die Rangfolge der Patienteninitialen im Alphabet wider. Orange hervorgehoben wurde Patient Nr. 8, es handelt sich hier um einen metachronen Verlauf der WTErkrankung. Tabelle 12: Chemotherapie präoperativ Fall LungenChemotherapie präoperativ in Wochen metastasen vor AV AVD EDCC Therapiebeginn 1 ja 2 ja 3 8 8 keine präop. Chemo. lt. Referenzradiologie 4 8 5 8 6 4 ja 6 7 8 8 8 9 8 10 4 11 8 12 7 13 4 4 14 4 4 15 14 50 4 An Zytostatika erhielten 10 Kinder ausschließlich AV. Waren initial Lungenmetastasen bekannt, so erhielt ● ein Kind für 8 Wo AVD (Fall 1), ● ein anderes die Kombination aus 8 Wochen AV und 4 Wochen AVD (Fall 2), ● das dritte ( †) 6 Wochen AV (Fall 6). In zwei Fällen mit geringgradiger Tumorregredienz bzw. Progression wurde nach 4 wöchiger Therapie mit AV durch eine Therapieintensivierung mittels AVD und EDCC eine geringe Tumorabnahme erzielt. An 6 Patienten konnten innerhalb einer Operation beide Tumoren entfernt werden. Bei den anderen 9 Kindern entschloss man sich zu einem zweizeitigen operativen Vorgehen und nutzte die Zeit zwischen den Operationen für eine weiterführende Chemotherapie, siehe Tab. 13: Tabelle 13: Chemotherapie zwischen zwei Tumoroperationen Fall 1 3 4 6 8 9 11 14 15 Chemotherapie zwischen den Tumoroperationen in Wochen bei zweizeitiger Chirurgie AV AVD 4 4 12 6 4 4 1 6 xxx xxx ● In 5 Fällen wurde mit AV zwischen den Tumoroperationen behandelt. ● In 3 Fällen bestand die Chemotherapie vor dem zweiten chirurgischen Eingriff aus der Kombination AVD. In Fall 1 und 2 waren die Gründe hierfür bekannte Lungenmetastasen und in Fall 14 die fehlende Regression der Tumoren. ● In Fall 15 verzichtete man auf eine Zytostatikabehandlung zwischen den Operationen zum einen wegen der mangelnden Tumorregredienz in vorangegangener Chemotherapie. Zum 51 anderen war die hohe Malignität der Tumoren (im Nierenteilresektat wie auch in der Probeentnahme der Gegenseite) ausschlaggebend für ein rasches operatives Entfernen der verbliebenen Geschwulst. 3.7.1 Tumorvolumenreduktion durch die präoperative Chemotherapie Die Ergebnisse der präoperativen Therapie werden für jeden Patienten einzeln graphisch dargestellt. Als Grundlage zur Tumorvolumenbestimmung dienten MRT Bilder. Die Volumenbestimmung erfolgte anhand der Ellipsoidformel: V = 0,53 x l x b x t. An insgesamt 32 Tumoren konnten wir die Auswirkungen der präoperativen Chemotherapie auswerten. Nur in 2 Fällen nahmen Tumoren an Volumen zu (+20% / +31%), beide Male wurde nach histologischer Begutachtung ein stromareicher Subtyp des WT diagnostiziert. In den verbleibenden 30 Tumormassen war eine Reduktion zu verzeichnen. Eine Regression des Tumorvolumens von ● ≥ 75% kam in 20 ● ≥ 50% < 75% kam in 3 (9,4%) ● < 50% > 0% kam in 5 (15,6%) ● 0% (6,3%) kam in 2 (62,5% des Tumorkollektivs) Fällen vor. Die beiden Tumoren, die keinerlei Ansprechen auf die Chemotherapie aufwiesen, konnten nach Histologie zum einen als Nephroblastomatoseherd, zum anderen aber als epithelialer Subtyp eines WT klassifiziert werden. Die 5 Fälle mit nur geringer Regredienz der Tumoren (<50%) entsprachen 3 mal Nephroblastomatoseherde (die Volumenreduktion betrugen: 25, <10 und 28%), einmal einem blastemreichen WT (laut dem Referenzpathologischem Institut in Kiel) mit einer Tumorreduktion von 9% sowie einem regressiven WT mit einer Reduktion von knapp unter 50% nach Chemotherapie. In der Gruppe mit einem Tumorvolumenschwund von 50 – 75% befanden sich zwei Mischtypen (70% und 56%) und eine zystisches Nierendysplasie mit embryonalen Resten (laut 52 Referenzpathologischem Institut in Kiel) bzw. ein zystisches Nephrom ( Pathohistologisches Institut München) mit einer Tumorvolumenreduktion von 55%. Fall 1: Der rechte Tumor schrumpfte eindrucksvoll auf weniger als 1% des Ausgangsvolumens. Links betrug die Reduktion knapp unter 50% nach 8 Wochen. Die Zytostatikabehandlung wurde zusätzlich zu den Standardtherapeutika mit Doxorubicin ergänzt, da Lungenmetastasen bekannt waren. Die Metastasen waren nach Chemotherapie nicht mehr nachweisbar. Histologisch handelte es sich bei beiden Tumoren um regressive Nephroblastome. Tumorvolumen in ml Darstellung der Tumorreduktion während präoperativer Chemotherapie: AVD 8 Wochen Patient 1 800 700 600 500 400 300 200 100 0 739,2 :rechts Tumorvolumen 5,12 14,4 4 8,2 10,7 0 4 8 Woche Woche Woche :links Tumorvolumen Abbildung 10: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie; Fall 1 Fall 2: Auch hier sprachen der Tumor und Metastasen im Bereich der Lunge gut auf die Zytostatikabehandlung an. Nachdem im 2. Zyklus eine Tumorprogression rechtsseitig vorlag, wurde für weitere 4 Wochen eine Therapieintensivierung mit AVD durchgeführt. Die Tumorvolumenreduktion betrug rechts 82% und links über 95%. Metastasen in der Lunge waren nach Chemotherapie nicht mehr nachweisbar. Die histologische Auswertung nach Tumoroperation ergab links einen blastemreichen WT, rechts einen regressiven Subtyp. 53 Tumorvolumen in ml Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie : 8 Wo AV; 4 Wo AVD Patient 2 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 446,9 :rechts Tumorvolumen :links Tumorvolumen 166,4 132,5 76,8 29,8 1,8 2,18 1,08 0 4 8 12 Woche Woche Woche Woche Abbildung 11: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 2 MRT-Bilder zu Fall 2: Abbildung 12: Tumoren initial, Fall 2 Abbildung 13: Tumoren nach 12 Wochen Chemotherapie, Fall 2 54 Fall 3: Der rechtsseitige Tumor wurde vor der partiellen Nephrektomie nicht behandelt, hier entspricht das Volumen mit 14 ml der ursprünglichen Tumorgrösse. Die Chemotherapie (AVD) des linken WT erbrachte eine Reduktion von 28%. Die histologische Auswertung nach Tumoroperation ergab rechts einen epithelialen WT, links wurde eine Nephroblastomatoseherd in Form eines adenomatösen Rests (laut Pathohistologie Kiel) bzw. ein epithelialer WT (laut Pathohistologie München) diagnostiziert. Tumorvolumen in ml Darstellung der Tumorreduktion links während der präoperativen Chemotherapie: 4 Wo AVD Patient 3 16 14 12 10 8 6 4 2 0 14 links: Tumorvolumen rechts: Tumorvolumen 4,3 3,1 0 5 Woche Woche nach Vorgaben aus Heidelberg sollte der Tumor re nicht vorbehandelt werden Abbildung 14: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 3 Fall 4: Die Tumorvolumenreduktion betrug rechts wie links nach den ersten 8 Wochen Chemotherapie mit AV 90%. Nach der Tumoroperation der rechten Seite wurde eine weitere 3 monatige Chemotherapie verabreicht bis zur Heminephrektomie der linken Seite. Hierzu liegen jedoch keine Tumorvolumendaten vor. Histologisch handelte es sich rechts um einen WT vom Mischtyp und links um einen regressiven Typ. 55 Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie : 8 Wo AV Patient 4 700 Tumorvolumen in ml 600 578 500 400 :rechts Tumorvolumen 300 links: Tumorvolumen 200 100 55 2,2 21 0 1 8 Woche Woche Abbildung 15: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 4 Fall 5: Nach Standardtherapie mit AV konnte eine Tumorvolumenreduktion beidseits von > 95% erreicht werden. Histologisch handelte es sich rechts um einen Mischtyp (laut der Kieler referenzhistologischen Begutachtung) bzw. einen blastemreichen WT (laut pathohistologischem Institut München), links lag ein regressiver WT vor. Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 8 Wo AV Patient 5 Tumorvolumen in ml 70 61,3 60 :rechts Tumorvolumen 50 40 30 20 :links Tumorvolumen 10 0 8,9 2,3 0,1 0,1 0 3 8 Woche Woche Woche Abbildung 16: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 5 56 Fall 6: Initiale Lungenmetastasen waren nach der präoperativen Chemotherapie mit AV nicht mehr nachzuweisen. Die Volumenabnahme der gelegenen Tumoren betrug ca. beiden im 95%. Es rechten Nierenober- und liegen uns Tumorvolumenreduktion links vor Operation vor. Die keine Angaben Unterpol über die histologische Auswertung der Tumorpräparate zeigt rechts zwei blastemreiche und somit hochmaligne Tumoren, links wurde ein regressiver WT diagnostiziert. Bei dieser Patientin kam es wenige Monate nach Operation zu einem ein Tumor- und Metastasenrezidiv. Die Patientin verstarb. Tumorvolumen in ml Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 6 Wo AV; 6 Wo AV zwischen den OP's Patient 6 400 350 300 250 200 150 100 50 0 :rechts oben Tumorvolumen :rechts unten Tumorvolumen links: Tumorvolumen 370 126 19 6 45,4 9 0 6 13 Woche Woche Woche es gibt keine Angaben über die Tumorvolumenreduktion links durch Chemotherapie Abbildung 17: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 6 57 E Fall 7: Nach 8 Wochen Zytostatikabehandlung (AV) kam es zu einer Tumorvolumenreduktion von rechts < 10% und links > 90%. Die Histologie ergab rechts einen Nephroblastomatoseherd und linksseitig einen triphasischen WT. Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 8 Wo AV Patient 7 600 534 Tumorvolumen in ml 500 400 :rechts Tumorvolumen 300 :links Tumorvolumen 200 69 100 1,3 0 36 1,2 1,8 0 4 8 Woche Woche Woche Abbildung 18: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 7 58 MRT-Bilder zu Fall 7: Tumoren initial Abbildung 19: MRT, Fall 7, Tumoren initial nach 4 Wochen Chemotherapie Abbildung 20: MRT, Fall 7, Tumoren nach 4 Wochen Chemotherapie nach 8 Wochen Chemotherapie: Abbildung 21: MRT, Fall 7, Tumoren nach 8 Wochen Chemotherapie 59 Fall 8 (metachroner Verlauf): Die Zytostatikabehandlung für den zuerst aufgetretenen WT links bestand aus einer 4 wöchigen Gabe von AV präoperativ. Das Ergebnis der Chemotherapie bestand aus einer Tumorvolumenreduktion von > 90 %. Die Behandlung wurde mit einer abschließenden Chemotherapie mit AV für weitere 4 Wochen nach erfolgter Nephrektomie abgeschlossen. Der Zweittumor auf der Gegenseite entwickelte sich in einer Zeitspanne von 8 Monaten nach initialem Tumorgeschehen. Die Reduktion des rechten Tumors betrug ebenfalls > 90%. Histologisch handelte es sich links um einen regressiven WT. Der rechte Tumor wurde ebenfalls als regressiv eingestuft, möglicherweise habe es sich auch um einen regressiven ehemaligen NBL-Herd gehandelt. Darstellung der Tumorvolumenreduktion während der präoperativer Chemotherapie: li 4 Wochen AV, rechts 8 Wochen AV nach Nephrektomie links Patient 8 700 Tumorvolumen in ml metachroner Wilms-Tumor ! 602 600 500 400 rechts: Tumorvolumen 300 200 100 links: Tumorvolumen 40 9 0,01 0,2 0 0 4 8 Woche Woche Woche Abbildung 22: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 8 Fall 9: Auf beiden Seiten war eine Abnahme des Tumorvolumens von über 75% nach Therapie mit AV zu verzeichnen. Nach 8 Wochen Vorbehandlung wurde die rechte Niere operiert, es folgten weitere 4 Wochen Chemotherapie bis zur Tumoroperation links. Während dieser 4 Wochen kam es zu einer diskreten Progression des Tumorvolumens links. Die histologische Tumorentfernung ergab einen klassischen triphasischen WT beiderseits. 60 Auswertung nach Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 8 Wo AV; 4x AV nach 1.OP für li Niere Patient 9 Tumorvolumen in ml 600 555 500 :rechts Tumorvolumen 400 :links Tumorvolumen 300 200 128 120 100 67 15 0 0 8 12 Woche Woche Woche Abbildung 23: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 9 Fall 10: Während linksseitig das Tumorvolumen konstant blieb, nahm auf der rechten Seite der Tumor unter Chemotherapie mit AV über 75% an Masse ab. Histologisch konnte links ein Nephroblastomatoseherd und rechts ein regressiver WT klassifiziert werden. Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 4 Wo AV Patient 10 Tumorvolumen in ml 600 533 500 :rechts Tumorvolumen 400 :links Tumorvolumen 300 200 119 100 0,5 0 0,5 0 4 Woche Woche Abbildung 24: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 10 61 MRT-Bilder zu Fall 10: Tumoren initial Abbildung 25: MRT, Fall 10, Tumoren initial nach 4 Wochen Chemotherapie Abbildung 26: MRT, Fall 10, Tumoren nach 4 Wochen Chemotherapie Fall 11: Die Chemotherapie bestand für 8 Wochen aus AV. Dabei zeigte der Tumor rechtsseitig eine Volumenprogression von knapp 20%. Links kam es zu einer Regression des Tumors von 55%. Die histologische Auswertung der Tumorpräparate bestätigte rechts einen stromalen WT, linksseitig wurde eine zystisches Nephrom (lt. Pathologie München) bzw. eine zystische Nierendysplasie mit embryonalen Resten (lt. Referenzpathologischem Institut Kiel) diagnostiziert. 62 Tumorvolumen in ml Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 8 Wo AV Patient 11 500 450 400 350 300 250 200 150 100 50 0 473 397 :rechts Tumorvolumen :links Tumorvolumen 9 4 0 8 Woche Woche Abbildung 27: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 11 Fall 12: Während der Tumor in der rechten Niere nach Chemotherapie mit AV unverändert blieb, reduzierte sich das Nephroblastom links in Woche 6 auf 87% des Ausgangsvolumens. Danach nahm der linke Tumor wieder an Masse zu, die Reduktion betrug schließlich 85% in Bezug zum Ausgangsvolumen. Die histologische Aufarbeitung erbrachte beidseits einen epithelialen WT, rechts bestand zudem eine fokale Anaplasie. Tumorvolumen in ml Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 7 Wo AV Patient 12 900 800 700 600 500 400 300 200 100 0 809 :rechts Tumorvolumen :links Tumorvolumen 598 255 1,4 1,4 1,4 106 125 1,4 1,4 0 2 4 6 7 Woche Woche Woche Woche Woche Abbildung 28: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 12 63 MRT-Bilder zu Fall 12: Tumor links initial Abbildung 29: MRT, Fall 12, Tumor links initial Tumor nach Chemotherapie links: Abbildung 30: MRT, Fall 12, Tumor links nach Chemotherapie rechts initial: Abbildung 31: MRT, Fall 12, Tumor rechts initial rechts nach Therapie: Abbildung 32: MRT, Fall 12, Tumor rechts nach Chemotherapie 64 Fall 13: Nach 4 Wochen Standardtherapie mit AV entschied man die Intensivierung der Behandlung mit AVD, um eine weitere Volumenabnahme der insgesamt 3 Tumoren zu erzielen. Das Ergebnis war eine Tumorreduktion rechts a: 88%, rechts b: 70% und links 25%. Die Histologie ergab rechts a) WT vom Mischtyp, rechts b) einen Nephroblastomatoseherd. Linksseitig handelte es sich um einen intralobulären NBL-Herd (nach Kieler Referenzpathologie) bzw. einen WT vom Mischtyp (laut Pathohistologischem Institut München). Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 4 Wo AV, 4 Wo AVD Patient 13 Tumorvolumen in ml 60 50 :(rechts a Tumorvolumen 49 40 :(rechts b Tumorvolumen 30 20 10 10 4 0 7 6 3 3 3 1,3 0 4 Woche Woche :links Tumorvolumen 8 Woche Abbildung 33: Tumorvolumenreduktion nach präoperativer Chemotherapie, Fall 13 Fall 14: Unter Therapie mit AV war eine Progression linksseitig zu verzeichnen, die Fortsetzung der Behandlung mit AVD zeigte eine geringfügige Abnahme des Tumors, was zur Folge hatte, dass weitere 4 Wochen mit CDEC (Carboplatin, Doxorubicin, Etoposid und Cyclophosphamid) behandelt wurde. Die Volumenreduktion des Tumors betrug links 56%. Rechts vergrößerte sich das Volumen um 31%. Die pathohistologische Diagnosestellung lautete für rechts: stromaler Subtyp eines WT, links: Mischtyp. 65 Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 4 Wo AV, 4 Wo AVD, 4 Wo CDEC,post OP li 6 Wo AVD Patient 14 Tumorvolumen in ml 250 217 200 150 209 196 :rechts Tumorvolumen 150 :links Tumorvolumen 100 64 50 40 37 34 28 0 0 4 8 12 18 Woche Woche Woche Woche Woche Abbildung 34: Tumorvolumenreduktion nach präoperativer Chemotherapie, Fall 14 MRT-Bilder zu Fall 14 im Verlauf: Abbildung 35: MRT, Fall 14, Tumoren initial Abbildung 36: MRT, Fall 14, Tumoren nach 4 Wochen Chemotherapie 66 nach Nephrektomie links: Abbildung 37: MRT, Fall 14, nach Nephrektomie links Fall 15: Bei diesem Patienten handelte es sich um 4 Tumoren, 3 davon fanden sich in der rechten, einer in der linken Niere. Die Zytostatikabehandlung wurde 14 Wochen lang mit AV durchgeführt. Die Regression der Tumorvolumina betrugen rechts a: 90%, b: 94% und c: 80%. Der linksseitige Tumor verkleinerte sich bis Woche 8 um 58%, gewann anschließend wieder an Volumen bis Woche 14, so dass die endgültige Reduktion bei nur 9% lag. Pathohistologisch lagen rechts wie links blastemreiche WT vor. Der Patient erkrankte innerhalb der postoperativen Nachbehandlung im high-risk Schema samt Bestrahlung an einem Tumorrezidiv. Zeitgleich zur zweiten Tumoroperation waren Lungenmetastasen sichtbar, es trat zudem eine Zwerchfellparese einer Seite ein. Der Patient verstarb an den Folgen der Tumorerkrankung 16 Monate nach dem ersten chirurgischen Eingriff. 67 Tumorvolumen in ml 600 Darstellung der Tumorreduktion während der präoperativen Chemotherapie: 14 Wochen AV Patient 15 500 490 400 300 200 100 0 137 18 5 65 124 57 46 1 0 8 14 Woche Woche Woche :(rechts a Tumorvolumen :(rechts b Tumorvolumen :(rechts c Tumorvolumen :links Tumorvolumen Abbildung 38: Tumorvolumenreduktion nach präoperativer Chemotherapie, Fall 15 Wurde die Tumorvolumenreduktion im Verhältnis zur Dauer der präoperativen Chemotherapie ohne Rücksicht auf die angewandten Chemotherapeutika gesetzt, so ergab sich folgendes Bild (NBL Herde wurden bei dieser Berechnung ausgeschlossen): ● Fand eine nur 4 wöchige präoperative Therapie statt, so war hier im Durchschnitt ein Volumenrückgang von 64% in 3 Patienten zu verzeichnen. ● Wurde für 8 Wochen chemotherapiert, so betrug im Mittel die Reduktion der Tumoren 75% in einer Gruppe von 9 Patienten. ● Wurde 12 Wochen oder länger behandelt, so war der Tumorvolumenschwund durchschnittlich 68% und somit statistisch kleiner als nach 8 Wochen . In die letzte Gruppe wurden 5 Patienten eingestuft. Trat der Wilms-Tumor einseitig in Verbindung mit Nephroblastomatoseherden der Gegenseite auf, so reagierten diese Herde deutlich schlechter auf die Chemotherapie: ● nach 4 bzw. 5 Wochen betrug der Volumenrückgang in 2 NBL einmal 0% und einmal 28%. ● nach 8 Wochen Behandlung waren an weiteren 2 NBL-Komplexen Rückgänge von 8% und 25% sichtbar. 68 3.8 Operation Bei lokal begrenzten Nierentumoren kann entweder die komplette Entfernung der tumortragenden Nieren (radikale Tumornephrektomie, N) oder eine organerhaltende Entfernung (partielle Nephrektomie, PN) sinnvoll sein. Insbesondere auf die Nierenerhaltung wird bei beidseitigem Tumorbefall großen Wert gelegt. Der operative Zugang zur Niere kann über verschiedene Schnitte erfolgen: über den Bauch, über den Brustkorb, über die Zwischenrippen oder die Flanken. In unserer Klinik wählte man den transperitonealen Oberbauchschnitt quer. Lediglich bei einer Patientin (Fall 8) mit metachroner Erkrankung wurde in unserem Hause der Schnitt im Verlauf der alten Narbe (Oberbauchschnitt längs) gesetzt. In unserem Studienkollektiv wurden 6 Patienten einzeitig und 9 Patienten zweizeitig operiert. Die folgenden Graphiken (Abb. 39 - 40) zeigen für jeden Patienten getrennt die Zeiträume, die bis zum chirurgischen Eingriff vergingen, auf. Die Zeitspanne bis zur durchschnittlich 9 Wochen. Zeit zwischen Diagnosestellung und erster OP in Wochen 18 16 14 Wochen 12 Wochen 10 Durchschnitt 8 6 4 2 Pa t Pa ient t 1 Pa ie nt t 2 Pa ient ti 3 Pa ent t 4 Pa ient t 5 Pa ie nt t 6 Pa ie nt t 7 Pa ient Pa tien 8 t t Pa ie nt 9 ti 1 Pa ent 0 t 1 Pa ient 1 t 1 Pa ient 2 t 1 Pa ie nt 3 tie 14 nt 15 0 Abbildung 39: Zeitintervall zwischen Diagnosestellung und erster Tumoroperation in Wochen, Fall 1 - 15 69 ersten Operation betrug Wurde zweizeitig operiert, so vergingen im Durchschnitt weitere 6 Wochen bis zur chirurgischen Tumorentfernung der Gegenseite. Wochen Zeitabstand in Wochen zwischen den Operationen bei synchronem WT 18 16 14 12 10 8 6 4 2 0 Fall Fall Fall Fall Fall Fall Fall Fall 1 3 4 6 9 11 14 15 Patienten Abbildung 40: Bei zweizeitiger Operationsweise: Zeitabstand in Wochen zwischen den Tumoroperationen Das operative Vorgehen zur Tumorentfernung entsprach in 23 Fällen einer partiellen Nephrektomie, in 5 Fällen musste aufgrund der zentralen Tumorlage bzw. der Größe des Malignoms die komplette Niere entnommen werden. Durch eine partielle Nephrektomie kann durchaus lokale Tumorkontrolle erreicht werden. Gut geeignet sind kleinere Tumore im Bereich des Ober- oder Unterpoles. Die Rate der Rezidive ist allerdings höher als nach totaler Tumornephrektomie. Bei dem Versuch nierenerhaltend zu operieren waren in 6 von 23 Fällen an den Resektionsgrenzen Tumorinfiltrate nachzuweisen, was einem lokalen Stadium III bzw. einer R1 Resektion entspricht, siehe Abb. 41. Von 5 durchgeführten Probeentnahmen fanden 4 während der Tumoroperation der Gegenseite statt. Eine Stanzbiopsie wurde vor Beginn einer Chemotherapie in Fall 11 unternommen, das geringe Patientenalter und das damit verbundene höhere Risiko ein mesoblastisches Nephrom unnötigerweise mit Zytostatika zu behandeln, sollte ausgeschlossen werden. 70 Art der Operation: N: Nephrektomie PN: partielle Nephrektomie PE: Probeentnahme 5 7 N RO PN R1 PN R0 6 PE 17 Abbildung 41: Durchgeführte Operationen Streng ist auf die Intaktheit des Nierenbeckenkelchsystems (NBK) zu achten. Sollte es eröffnet werden, empfiehlt es sich eine Doppel-J-Schiene antegrad über den Defekt bis in die Blase zu legen und im Anschluss das Kelchsystem wasserdicht fortlaufend zu vernähen. Die Doppel-J-Schiene wird dann nach 6-8 Wochen zystoskopisch entfernt. In unserem Patientengut wurde in 8 von 23 partiellen Nephrektomien mit einem Double-J-Katheter geschient. Bei allen Patienten wurden protokollgemäß Lymphknoten an typischen Stellen (aus dem Hilusbereich sowie paraaortal und paracaval cranial wie caudal des Nierenstieles) mitentfernt. Auch makroskopisch unauffällig erscheinende Lymphknoten wurden hierbei reseziert. 3 Patienten (Fall 6, 9, und 15) hatten positive Lymphknoten und somit ein lokales Stadium III. 3.8.1 Intraoperative Komplikationen Durch die präoperative Chemotherapie nehmen die meisten Tumoren deutlich an Volumen ab. Darüber hinaus reduzieren sich auch die Tumorperfusion und die Spannung der Kapsel, wodurch intraoperative Komplikationen abnehmen. Dennoch birgt gerade die partielle Nephrektomie eine höhere Gefahr für Blutungen und Tumoraussaat. Lediglich bei einem Patienten (Fall 2) unseres Studienkollektivs machte ein stärkerer Blutverlust 71 während der Tumoroperation die Gabe von 4 Erythrozytenkonzentrate nötig, hier wurde eine beidseitige PN durchgeführt. Bei einem Patienten kam es zur akzidentellen Eröffnung der Tumorkapsel, so dass hier von einer mikroskopischen Tumoraussaat auszugehen ist. 3.8.2 Postoperative Komplikationen: 18 der insgesamt 23 WT-Operationen (78%) verliefen komplikationslos. In 5 Fällen traten jedoch Komplikationen auf. Diese bestanden aus: ● einer vorübergehende Niereninsuffizienz 2x ● einem Lungenödem 1x ● einem Urinleakage 2x ● einem Volvulus 1x Zwei Patienten mussten erneut operiert werden: ● In Fall 4 wurde ein Double-J-Katheter zur Schienung des NBK-Systems mit anschließendem spontanen Verschluss eingelegt. ● Patient 7 erkrankte drei Monate nach doppelseitiger partieller Nephrektomie an einem akuten Abdomen. Grund hierfür war ein Volvulus, es mussten 15 cm des terminalen Ileums reseziert werden. Zusätzlich zu den eben genannten Komplikationen kam es in vielen Fällen (8x) postoperativ zu erhöhten Blutdruckwerten. Die arterielle Hypertension wird in Kapitel 3.15.5 gesondert behandelt. 72 Tabelle 14: Postoperative Komplikationen; Fall 1 - 15 Fall Operation Operation Biopsie NephrekNr. einzeitig zweizeitig tomie 1 + 2 re + 4 + + re + li + re li + re + li 8 + 9 + li 11 + 13 + + re + li re 1i re li Diurese >7 ml/kg/h re + li 14 + + 15 + + 3.9 Volvulus re + + + Urinleakage mit OP-Indikation re + li 6 12 Lungenödem, Pleuraerguss, akutes Nierenversagen re + li + 10 Postoperative Komplikationen re + li 3 7 Intraoperative Komplikationen li + 5 Partielle Nephrektomie re li li re re + li Minor spillage Urinleakage mit Spontanverschluss Stadium Die postoperative Therapie richtet sich wesentlich nach der Stadieneinteilung (Tab. 5) der Tumoren. Das ungünstigere lokale Stadium ist ausschlaggebend für das Ausmaß der Chemotherapie oder ggf. Strahlentherapie. Durch den Pathologen wird das lokale Stadium der Ausbreitung (Stadium I-III) beurteilt. Sehr wichtig hierfür sind zusätzliche Informationen über intraoperative Komplikationen wie Tumorruptur, iatrogene Tumoreröffnung (Biopsie oder auch postoperativ ex situ) wie die Lokalisation der entnommenen Lymphknoten. Wir verglichen in unserem Studienkollektiv die Stadieneinteilung nach Tumorentfernung mit der Operationsweise, d.h. partielle Nephrektomien versus totale Nephrektomie. In Abb. 42 73 wird deutlich, dass die „nephron-sparing-surgery“ ein deutlich höheres Risiko für den Verbleib von sowohl makroskopischen wie auch mikroskopischen Tumorreste birgt. In unserer Studiengruppe lag 8 mal (Patienten 1,9,12,13,14,15) ein lokales Stadium III vor, in diesen Fällen wurde ausschließlich organerhaltend operiert. Es muss jedoch erwähnt werden, dass das Stadium III in 2 von 8 Fällen aufgrund von positiven Lymphknoten bei R0 Resektion vergeben wurde. In einem Fall (Patient 13) kam es zur unvollständigen Entfernung eines Nephroblastomatoseherdes. Das Stadium III wurde in diesem Fall durch das pathohistologische Institut in München vergeben, laut deren Beurteilung lag ein WT vom Mischtyp vor. Die Referenzpathohistologen in Kiel werteten das Präparat als Nephroblastomatoseherd. Für die Weiterbehandlung richtete man sich nach dem Kieler Ergebnis. Abbildung 42: Partielle Nephrektomie versus Nephrektomie Art der Operation und postoperatives lokales Stadium 100% 1 6 90% 80% 2 Anzahl 70% 60% 50% R1-Resektionen, lokales Stadium III 6 40% lokales Stadium II 15 30% lokales Stadium I 20% 10% 0% Nephrektomien partielle Nephrektomien Operationsart Ordnet man das postoperativ vergebene Stadium dem Patientenalter bei Diagnosestellung zu, fällt auf, dass mit zunehmendem Patientenalter die Gefahr für ein höheres lokales Stadium bei Tumorentfernung steigt, s. Abb. 43. Dies könnte möglicherweise ein Hinweis auf eine bereits fortgeschrittenere Erkrankung mit zunehmendem Alter sein (vgl. Tumorgrösse und Alter der Patienten Abb.9): 74 In der Gruppe der 3 bis 6 Jährigen wurde 7 x das Stadium III vergeben, in der Gruppe der 1 – 3 Jährigen trat gleiches Stadium nur einmal auf. In 19 durchgeführten Operationen wurde ein Stadium I erreicht. Die Patientin mit metachroner Manifestation gehört dem Stadium I auf beiden Seiten an. Ein lokales Stadium II wiesen 3 Patienten auf. 8 Tumore in einem Patientengut von nur 5 Patienten wurden dem Stadium III zugeordnet. postoperative lokale Stadieneinteilung der Nieren in Bezug auf das Alter bei Diagnosestellung; n:30 9 8 8 8 7 7 Anzahl 6 5 lok. Stadium I 4 lok. Stadium II 3 lok.Stadium III 2 2 1 1 1 1 1 1 0 < 1 Jahr 1 - 3 Jahre 3 - 6 Jahre > 6 Jahre Alter Abbildung 43: Postoperatives lokales Stadium und Alter bei Diagnosestellung 3.10 Histologie Zur histologischen Begutachtung wurden die Nephrektomiepräparate zum einen ins pathologische Institut der LMU, zum anderen zum referenzpathologischen Institut nach Kiel versandt. Von den 29 zu untersuchenden Präparaten kam man 26 mal zu einem übereinstimmenden Ergebnis, die Konkordanz betrug somit 90%. In drei Fällen, nachfolgend Tab. 15, wurde die Malignität der Tumorpräpatate diskrepant beurteilt. 75 Pathohistologie Kiel: Pathohistologie München: Fall 3 Nephroblastomatose Epithelreicher WT Fall 5 WT vom Mischtyp Blastemreicher WT Fall 13 Nephroblastomatose (intralobar) WT vom Mischtyp Tabelle 15: Abweichende pathohistologische Ergebnisse zwischen der Referenzpathologie Kiel und dem Pathohistologischem Institut München Nach Absprache beider Institute wurde bzgl. Fall 3 das Tumorpräparat weiterhin als intermediär maligne eingestuft, da eine Kapselbildung im Präparat zu erkennen gewesen sei. In Fall 5 und 13 war die Kieler Beurteilung für die Weiterbehandlung wegweisend. In der nachfolgenden Tabelle werden für jeden Patienten die pathohistologischen Auswertungen der Resektate nochmals übersichtlich zusammengefasst. Fall Rechte Niere Histologie Linke Niere Malignität Lokales Histologie Stadium 1 regressiver Typ intermediär I regressiver Typ 2 regressiver Typ intermediär I 3 epithelreicher Typ intermediär 4 Mischtyp 5 Mischtyp (Kiel), blastemreich (München) 6 blastemreicher Typ 7 Malignität Lokales Stadium NBL intermediär III + blastemreicher Typ hoch II + II NBL (Kiel), epithelreicher Typ (München) intermediär (München) I + intermediär I regressiver Typ intermediär I + intermediär (Kiel) I regressiver Typ intermediär I + hoch II regressiver Typ intermediär I + NBL I Mischtyp intermediär I + 8 regress. Typ (auch mögl. ehem. NBL) I regressiver Typ intermediär I + 9 Mischtyp intermediär I Mischtyp intermediär III + 10 regressiver Typ intermediär I NBL I + 11 stromaler Typ intermediär I Nierendysplasie mit embryonalen Resten (Kiel), zystisches Nephrom (München) I 12 epithelreicher Typ mit fokaler Anaplasie intermediär III 13 Mischtyp intermediär I 14 stromaler Typ intermediär III Mischtyp 15 blastemreicher Typ hoch III blastemreicher Typ epithelreicher Typ intermediär NBL (Kiel), Mischtyp (München) III + III + intermediär I hoch III Tabelle 16:Pathohistologische Auswertung der Tumorpräparate; Fall 1 - 15 76 + Das Ergebnis der histologischen Auswertungen aller Nephrektomiepräparate unserer Studiengruppe stellt sich in nachfolgender Graphik, gemäß Abb. 44 dar.: 20 20 Subtypen nach histologischer Aufarbeitung von 30 Nieren 18 16 14 12 Anzahl 10 9 8 7 6 4 4 2 4 2 1 0 nephrogener fokale Rest od NBL Anaplasie blastemreicher Typ Mischtyp epithelstromaregressiver reicher Typ reicher Typ Typ Subtypen Abbildung 44: Pathohistologie der Tumorpräparate Insgesamt lag bei 10 der 15 beidseits erkrankten Kindern ein Wilms-Tumor-Geschehen beidseitig vor. In weiteren 4 Fällen, Patienten 7,8,10 und 13, handelte es sich um eine einseitige WTErkankung mit Nephroblastomatoseherd(-en) an der kontralateralen Niere. Ein Fall, Patient 11, wies neben eines stromalen WT rechts, eine Nierendysplasie links auf. Eine Nephroblastomatose oder das Vorhandensein von nephrogenen Resten konnte in 13 der 15 Patienten nachgewiesen werden, 67% aller 30 Nieren waren betroffen. In einem Fall wurde eine fokale Anaplasie diagnostiziert. Der hohe Anteil der Regressionen in den WT kann auf die erfolgte präoperative Chemotherapie zurückgeführt werden. In nur 4 Patienten waren die Histologien auf beiden Seiten identisch. 77 Das Kreisdiagramm in Abb. 45 veranschaulicht die Einteilung der Tumore in verschiedene Malignitätsgrade (Grading) anhand der oben beschriebenen histologischen Differenzierung. Am häufigsten wurden WT vom intermediären Malignitätsgrad (70%) diagnostiziert, die Anzahl der hochmalignen Geschwulste betrug 4. Abbildung 45: Malignitätsgrad der Tumorpräparate Histologie N: 30 4 intermed. Malignität hohe Malignität 21 Zur Übersicht wird für jeden Fall das histologische Ergebnis zusammengefasst. Darüber hinaus ermöglicht die nachfolgende Tabelle 17 den Vergleich zwischen ursprünglichem Tumorvolumen, der Reduktion des Tumors unter Chemotherapie, und dem postoperativen Staging und Grading. 78 Tabelle 17: Patientenübersicht: Ergebnisse der präoperativen Therapie sowie postoperatives Staging und Grading rechte Niere Alter bei GeKind Diagnose schlecht ursprüng(in liches TumorMonaten) volumen linke Niere Reduktion während Chemotherapie in % Malignität NBL lokales Stadium ursprüngliches Tumorvolumen Reduktion während Chemotherapie in % Malignität lokales Stadium LKMetastasen FernMetastasen lebend Bemerkungen 1 50 w 739 99 intermediär I 14 50 intermediär III + + + synchron 2 30 m 30 > 95 intermediär I 447 83 hoch II + + + synchron 3 74 w 14 keine Therapie intermediär II 4 28 intermediär I + + + synchron 4 61 w 578 90 intermediär I 21 90 intermediär I + + synchron 5 24 w 61 > 95 intermediär I 2 >95 intermediär I + + synchron 6 63 w 370 95 hoch II 45 keine Angaben intermediär I + 7 50 m 1 < 10 I 534 >90 intermediär I + + synchron 8 23, 31 w 9 > 90 I 602 >90 intermediär I + + metachron 9 70 w 67 75 intermediär I 555 75 intermediär III + + synchron 10 33 w 533 75 intermediär I 0,5 0 I + + synchron 11 8 m 397 + 20 intermediär I 9 55 I + synchron 12 42 w 1,4 0 intermediär III 809 85 13 17 m 49 88 intermediär I 4 25 14 39 m 64 + 31 intermediär III 150 56 intermediär I 15 70 m 490 90 hoch III 137 9 hoch III intermediär + + synchron III + + synchron III + + synchron + synchron + + + synchron 3.11 Molekulargenetik Als molekularbiologisches Referenzzentrum der Deutschen Nephroblastomstudie, sammelt das Biozentrum der Universität Würzburg Material für die Suche nach tumorspezifischen Veränderungen der DNA/RNA, um neue diagnostische/prognostische Marker zu entwickeln. Eine routinemäßige molekulargenetische Auswertung aller Wilms-Tumorpräparate findet derzeit noch nicht statt. Dem Biozentrum der Universität Würzburg liegen Tumorproben von 9 unserer 15 Patienten vor, sequenziert werden Beta-Catenin und WT1. In drei Fällen wurde das Tumormaterial ausgewertet (Fall 3,4 und 5), ß-Catenin und WT1 waren dabei unauffällig. Die Analyse für die verbleibenden 6 Patienten steht zum jetzigen Zeitpunkt noch aus. 3.12 Metastasen Lungenmetastasen An 3 Kindern ( Fall 1,2 und 6) wurde initial ein lokales Tumorstadium IV mit Lungenmetastasen diagnostiziert. Nach präoperativer Chemotherapie waren Metastasen in allen Fällen nicht mehr sichtbar. In zwei von 3 Fällen trat kein Rezidiv auf, im Fall der verstorbenen Patientin (6) kam es zum Rezidiv der Lungenmetastasen 6 Monate nach Therapiebeginn. Lymphknotenmetastasen Eine Resektion einzelner Lymphknoten an repräsentativen Stellen ist für die Stadieneinteilung gemäß Studienprotokoll ausreichend. Hierbei wurden an 3 Patienten histologisch gesicherte Lymphknotenmetastasen entdeckt. Zu diesem Patientengut gehört: ● Fall 6 bilaterale iliacale Metastasen (mit bereits Lungenmetastasen) ● Fall 9 paraaortal caudale Metastase ● Fall 15 paraaortal caudal und paraaortal im Bereich der Vena renalis 80 Zu einem späteren Zeitpunkt aufgetretene Metastasen werden im Kapitel Rezidive und Metastasen unter Punkt 3.14 aufgeführt. 3.13 postoperative Therapie Das SIOP Protokoll sieht bei bilateralen WT die Therapie nach höchstem lokalen Stadium und ungünstigster Histologie vor. Es werden grundsätzlich 3 Chemotherapiewege vorgegeben: AV2, AVD sowie High-risk Chemotherapie. ● Im AV-2 Arm werden für 28 Wochen Actinomycin D und Vincristin eingesetzt. Es wird bei niedriger Malignität und intermediärer Malignität im Stadium I angewandt. ● Im AVD Zweig wird, für 27 Wochen, zusätzlich zu beiden vorgenannten Zytostatika Doxorubicin verabreicht. Dieser Zweig ist vorgesehen bei Vorherrschen einer intermediären Malignität und höheren Tumorstadien. In der aktuellen Randomisationsfrage der SIOP2001/GPOH Studie wird die Bedeutung des Doxorubicins in der Behandlung der Patienten mit Tumoren intermediärer Malignität der Stadien II und III untersucht. Randomisierte Patienten werden entweder mit der Standardtherapie (AVD) oder experimentell ohne Doxorubicin behandelt. ● Die High-risk Therapie besteht aus den Chemotherapeutika Doxorubicin, Cyclophosphamid, Carboplatin und Etoposid. Die Behandlungsdauer beträgt 34 Wochen und wird durchgeführt bei hoher Malignität . Ein weiteres Therapieschema (AV-1) wird bei Vorliegen unilateraler Tumoren (einschließlich metachroner Tumoren) im Stadium I und intermediärer Malignität angewendet. Es sieht eine Chemotherapie von 4 Wochen mit Actinomycin D und Vincristin vor. Ergänzend zur Chemotherapie kann eine Radiatio zusätzlich bei Vorliegen von Metastasen eingesetzt werden. 81 3.13.1 Chemotherapie Die postoperative Behandlung wird in Tab. 18 für jeden Patienten zusammengefasst unter Angabe des jeweils höchsten Stadiums und der jeweils höchsten Malignität. Tabelle 18: Postoperative Chemotherapie, Fall 1-15 höchstes Fall lokales Stadium höchste Metas- postoperative Chemotherapie, Malignität tasen Zweig: AV- 1 AV-2 AVD 1 III intermediär x 2 II hoch x 3 II intermediär 4 I intermediär x 5 I intermediär x 6 II hoch 7 I intermediär 8 I intermediär 9 III intermediär 10 I intermediär 11 I intermediär 12 III intermediär 13 III intermediär 15 III hoch Bemerkungen High risk x x x x x x x † x x metachron x x x x x I/III(NBL) intermediär 14 Radiatio x x x x x x † Ein Patient erhielt keine postoperative Chemotherapie. In diesem Fall ( 11) lag nur einseitig ein malignes Tumorgeschehen vor (Histologie der Gegenseite: zystische Nierendysplasie mit embryonalen Resten). Nach Tumornephrektomie ergab sich ein Stadium I. 5 Patienten wurden nach dem AV-2 Zweig behandelt: ○ Vier dieser fünf Patienten (Fall 4,5,7,und 10) hatten Tumoren von intermediärer Malignität und ein lokales Stadium I. ○ Das fünfte Kind (Fall 13) wies einseitig ein lokales Stadium III auf, da es sich jedoch um 82 einen NBL-Komplex handelte und der Tumor der Gegenseite dem Stadium I, intermediäres Risiko zugeordnet werden konnte, wurde auch hier mit oben genannten Schema behandelt. Die Kombination AVD für 27 Wochen wurde weiteren 5 Patienten verabreicht: ○ Ein Kind (Fall 1) wies initial Lungenmetastasen auf, die nach Zytostase präoperativ nicht mehr nachweisbar waren. Auf eine Radiatio im ehemaligen Tumorbett (lokales Stadium III, intermediäre Malignität) wurde verzichtet, um das spärliche Restnierengewebe nicht zusätzlich zu schädigen. ○ In Fall 3 waren beide Tumoren von intermediärer Malignität (lokales Stadium li I, rechts II). Eine Radiatio fand hier protokollgemäß nicht statt. ○ Ein anderes Kind (Fall 9) präsentierte einen positiven Lymphknotenbefall (Stadium III) bei intermediärer Malignität. Die Chemotherapie wurde in diesem Fall mit einer Strahlentherapie von 14,4 Gray im ehemaligen Tumorbett und Lymphabflusswege ergänzt. ○ Das vierte Kind dieser Gruppe (Fall 12) wurde aufgrund eines lokalen Stadium III beidseits bei intermediärer Malignität mit AVD behandelt. Eine Bestrahlung wurde abgelehnt. ○ Nach partieller Nephrektomie mussten beim fünften Patienten ( Fall 14) Tumorreste an Nierenarterie und -Vene bei Erhalt der Tumorkapsel zurückbleiben ( Stadium III, intermediäre Malignität). Der Patient erhielt zusätzlich eine Lokalbestrahlung von 10 Gy. Eine high-risk Chemotherapie wurde 3x gegeben: ○ Ein Kind (Fall 2) mit initialen Lungenmetastasen zeigte eine komplette Regression der Rundherde nach Chemotherapie. Histologisch wurde nach partieller Nephrektomie links ein hochmaligner WT Stadium II, rechts ein WT mit intermediärer Malignität Stadium I diagnostiziert. Nach Absprache mit der Studienleitung unterzog sich dieses Kind ergänzend einer Lungenbestrahlung von 15,0 Gy. ○ Eine Patientin dieser Gruppe (Fall 6) verstarb an einem Tumorrezidiv 6 Monate nach Tumoroperation. Wiederaufgetretene Lungenmetastasen wurden chirurgisch entfernt. Es wurde eine Radiatio mit einer Gesamtdosis von 35,87 Gy appliziert. Histologisch handelte es sich einseitig um einen blastemreichen Tumor im Stadium II, der Tumor 83 infiltrierte die Leber. ○ Positive Lymphknoten, hohe Malignität und ein doppelseitiges lokales Stadium III (links: LK1+, rechts: Minorruptur) sowie aufgetretene Lungenmetastasen samt einseitiger Zwerchfellparese waren ausschlaggebend für die intensive Chemotherapie sowie für die Bestrahlung mit einer Gesamtdosis von 25,2 Gy in Fall 15. In Fall 8, metachrones Auftreten, wurde nach Nierenteilresektion 4 Wochen mit AV therapiert, was dem Therapiezweig AV-1 entspricht. 3.13.2 Bestrahlung Eine Indikation zur Strahlentherapie besteht derzeit bei lokalen intermediär-malignen oder hochmalignen Tumoren im Stadium III und zusätzlich auch bei hoher Malignität im Stadium II. Liegen Fernmetastasen (Stadium IV) vor, so wird nach fehlendem Ansprechen auf Chemotherapie und hoher Malignität eine Bestrahlung erfolgen. In 5 Fällen wurde eine Radiatio postoperativ durchgeführt, die Gründe dafür sind der folgenden Tabelle 19 entnehmbar. Tabelle 19: Postoperative Strahlenbehandlung im Studienkollektiv Fall Grund Bestrahlungsort Gesamtdosis in Gy 2 Lungenmetastasen, hohe Malignität Lunge 15 6 Lunge + LK Metastasen, hohe Malignität Lunge und Abdomen 35,7 9 LK Metastasen (Stad. III), Linkes Tumorbett intermediäre Malignität +Lymphabflusswege 14,4 14 Tumorreste verblieben an Nierenbett Nierenarterie und -Vene (Stad. III), intermediäre Malignität 10 15 LK-Metastasen, Minor spillage, hohe Malignität 25,2 Paraaortale Lymphabflusswege 84 3.14 Rezidive und Metastasen In 3 Fällen wurden Lungenmetastasen erst nach Tumorchirurgie sichtbar. Zwei dieser drei Patienten erkrankten an einem Tumorrezidiv: ● Bei Patientin Nr. 3 entdeckte man 5 suspekte Lungenrundherde im CT bereits 7 Monate nach der Tumoroperation. Die beiden Nierentumore wiesen einen Standardmalignitätsgrad auf. Es wurde eine Metastasenresektion dieser Herde 2 Jahre nach den beiden pN vorgenommen. Die Patientin lebt seither beschwerdefrei. ● In Fall 6 waren bereits initial Lungenmetastasen bekannt, unter präoperativer Chemotherapie waren diese Herde nicht mehr darstellbar. Nach Entfernen der beiden WT wurden erneut Lungenmetastasen entdeckt. Einen Monat nach Tumorchirurgie erfolgte deren Resektion. Es wurde zusätzlich eine hoch dosierte Radiatio zur Chemotherapie bei Tumorrezidiv durchgeführt, die Patientin starb 6 Monate nach dem ersten chirurgischen Eingriff. Ein blastemreicher WT und somit eine hohe Malignität waren hier diagnostiziert worden. ● Lungenmetastasen wurden im Fall 15 zeitgleich zum zweiten Operationstermin der WT detektiert. Es wurden blastemreiche Nephroblastome samt eines tumorinfiltrierten Lymphknotens in zwei Operationen entfernt. Beide partiellen Nephrektomien fanden in einem zeitlichen Rahmen von zwei Wochen statt, postoperatives Stadium III (links R0 mit positiven Lymphknoten, rechts R1). Es bestand eine Phrenicusparese linksseitig. Man nahm die Resektion der Tochtergeschwülste zwei Wochen nach der letzten Tumorchirurgie vor. 11 Monate nach pN beiderseits wurde ein Tumorrezidiv an der linken Niere operativ entfernt (R1). Der Patient starb 20 Monate nach Diagnosestellung bzw. 16 Monate nach der ersten chirurgischen Intervention. Das anschließende Kreisdiagramm, Abb. 46, zeigt für unser gesamtes Studienkollektiv die Häufigkeit der Entwicklung von Metastasen und den Ort ihres Auftretens ab dem Diagnosezeitpunkt. 85 Metastasierung im gesamten Verlauf; n:15 3; 20% aus s chlies s lich Lungenm etas tas en aus s chlies s lich Lym phknotenm etas tas en 1; 7% Metas tas en in Lunge + LK 9; 60% keine Metas tas ierung 2; 13% Abbildung 46: Aufgetretene Metastasen ab dem Zeitpunkt der WT-Diagnose in unserem Patientenkollektiv 3.15 Nierenfunktionswerte Eine für das Nephroblastom spezifische Laboruntersuchung gibt es nicht. Als repräsentative Untersuchungen waren uns in dieser Studie fünf Parameter wichtig. Es wurde ● die Creatinin-Clearance zur Überprüfung der Nierenfunktion, ● der Nachweis einer Mikroalbuminurie als Frühmarker der nephrogenen Hypertension sowie ● ein Elektrolytstatus (Na, K, Cl, Ca) und harnpflichtige Substanzen (Kreatinin, Harnstoff, Harnsäure) im Serum ● DMSA-Szintigraphie ● Blutdruckwerte für unser Patientenkollektiv gemessen und ausgewertet. 86 3.15.1 Creatinin ist ein Creatinin-Clearance Abbauprodukt des Creatins, das im Muskelstoffwechsel als Energiezwischenspeicher eine wichtige Rolle spielt. Creatinin wird kontinuierlich und mit konstanter Tagesmenge freigesetzt. In der Niere wird es frei filtriert, kaum sezerniert und kaum rückresorbiert. Deswegen entspricht die Creatinin-Clearance (d.h. die Menge an Blutplasma, die pro Minute vom Creatinin befreit wird) annähernd der glomerulären Filtrationsrate (GFR), d.h. der Menge an abgepresstem Primärharn und ist damit ein Maß für die Nierenfunktion. Während die Creatinin-Clearance = GFR etwas umständlicher zu bestimmen oder abzuschätzen ist (s.u.), ist der Serum-Creatinin-Spiegel als einfacher Messwert direkt verwertbar. Er verhält sich antiproportional bzw. reziprok zur Clearance/GFR. Die Beziehung zwischen S-Creatinin und GFR entspricht damit einer Hyperbel. Daraus ergibt sich, dass das S-Creatinin mit Abfall der GFR lange konstant bleibt und erst ansteigt (akkumuliert), wenn die GFR bereits um ca. die Hälfte unter die Norm gefallen ist. Störgrößen: Die Creatin-Produktion ist abhängig von der Muskelmasse, daher steigt das S-Creatinin mit zunehmender Einschränkung der GFR bei Frauen, alten Menschen und kachektischen Patienten später an, als bei Männern, jungen und muskulösen Menschen. Fleischgenuss (exogene Creatinin-Zufuhr), starke Muskelarbeit (Creatin-Freisetzung). Die Creatinin-Clearance wurde initial, d.h. vor Therapiebeginn nur bei 2 von 15 Patienten durchgeführt. Die pathologisch erniedrigten Werte von 8,4 und 46,6 ml/min lieferten Hinweise auf eine tubulo-sekretorische Schädigung der Nieren. Im Rahmen der Verlaufsdiagnostik bzw. Nachsorge wurde die Creatinin-Clearance in 12 Fällen direkt anhand anschließender Formel gemessen. Creatinin-Clearance = U_Crea*ml*1,73/KO*S_Crea*h*60 wobei: KO=Körperoberfläche=kg0,425*cm0,007184 ; cm = Länge; kg = Gewicht; h = Sammelzeit in Stunden; ml = Sammelvolumen; U_Crea = Urin Creatinin; S_Crea= Serum Creatinin Konnte die Creatinin-Clearance nicht über einen Zeitraum von 24 Stunden gemessen werden, so zogen wir die GFR-Formel nach Schwartz heran, um die Nierenfunktion unserer Patientengruppe 87 zu errechnen (Schätzung der GFR bei Kindern <18 Jahre): Creatinin-Clearance = cm*k/S_Crea wobei: k = 0,33 bei Frühchen; k = 0,45 bei normalen Neugeborenen (<1 Jahr); k = 0,55 bei Kindern (> 1 Jahr); k = 0,7 bei Jungen (> 12 Jahren); cm = Länge Die Normwerte für die Creatinin-Clearance liegen bei Kindern im Alter von : ● 2-12J.: 89-165; ● <12J.: Mädchen: 87-147; Jungen: 88-174 Die neuesten Richtlinien der amerikanischen Fachgesellschaft National Kidney Foundation empfehlen eine Klassifikation von Nierenerkrankungen anhand der GFR entsprechend der folgenden Tabelle: Tabelle 20: Klassifikation von Nierenerkrankungen anhand GFR Stadium Beschreibung Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) 1 Normale oder beginnende Proteinausscheidung mit erhöhter oder normaler GFR ≥ 90 2 Nierenschädigung mit geringgradiger Einschränkung der GFR 60 - 89 3 Nierenschädigung mit mittelschwerer Einschränkung der GFR 30 - 59 4 Nierenschädigung mit schwerer Einschränkung der GFR 15 - 29 5 Nierenversagen < 15 Die nachfolgende Tabelle 21 ermöglicht für jeden unserer Studienteilnehmer einen Vergleich zwischen den gemessenen und den geschätzten Nierenfunktionswerten anhand der GFR. 88 Messung GFR Tumorin gemessen Fall: chirurgie Monaten in ml/min Zeitpunkt nach Chirurgie GFR geschätzt nach Schwartz Formel Messung in Monaten Bemerkung nach Chirurgie Bestrahlung Art der im Bereich OP der Niere Geringes funktionsN, pN fähiges Nierengewebe 1 14.10.05 28,5 7 82 41 2 27.11.07 128 5 176 5 pN, pN 3 17.09.04 116 55 117 32 pN, pN 4 14.07.04 133 51 130 48 pN, pN 5 25.10.06 xx xx 133 16 pN, pN 6 03.05.05 22.5 3 30 6 7 16.01.08 75.5 2 144 4 pN, pN 8 09.10.07 xx xx 104 9 N, pN 9 25.01.07 43 19 82 19 pN, pN 10 18.04.07 95 9 109 20 N, pN 11 10.06.05 94 25 127 25 N, pN 12 26.09.06 146 27 125 27 pN, pN 13 26.07.07 102 10 130 19 N, pN 14 16.08.07 92 15 111 9 N, pN ja 15 18.12.07 148 10 112 1 pN, pN ja † † N, pN ja ja Tabelle 21: Glomeruläre Filtrationsrate, Fall 1-15 11 der 13 lebenden Patienten weisen durchwegs normale Nierenfunktionsparameter auf. Ein Patient (Fall 7) präsentiert sich mit leicht eingeschränkten Nierenfunktionswerten, Stadium 1. In zwei Fällen ist die Nierenfunktion deutlich eingeschränkt: ● (Fall 9) zeigt nach Strahlentherapie eine progrediente Verschlechterung der CreatininClearance von 81 ml/min, auf auf 61 ml/min nach halbjährlicher Kontrolle. In der aktuellen Untersuchung sank der Wert auf nunmehr 43 ml/min. Nach dem oben genannten Schema ergibt sich eine Stadium 3. ● (Fall 1) mit einer schweren Nierenfunktionsstörung aufgrund mangelndem funktionsfähigen Nierengewebe, Stadium 4. Im Vergleich zur gemessenen glomerulären Filtrationsrate fiel die geschätzte Filtrationsrate nach 89 der Schwartz'schen Formel positiver aufgrund des erst spät akkumulierenden Serum-CreatininSpiegels aus. Würde man zur Beurteilung der Nierenfunktion ausschließlich die Schwartz'sche Formel als Bemessungsgrundlage heranziehen, könnte dies zu einer Verschleierung bereits entstandener Nierenschädigung mit der Folge führen, dass Behandlungsmaßnahmen erst später ergriffen werden könnten. In keinem Fall musste bisher eine Dialyse eingeleitet werden. 3.15.2 Mikroalbuminurie und Proteinurie Die Mikroalbuminurie kann Aufschluss darüber geben, ob eine beginnende Nierenschädigung vorliegt. Sie tritt auf in der Frühphase der hypertensiven Nephropathie auf. Albuminurie und Proteinurie können als Ursache und Folge im Pathomechanismus der Entwicklung einer chronischen Niereninsuffizienz betrachtet werden. Spricht man von Albuminurie und Proteinurie, muss man den Begriff Mikroalbuminurie hiervon unterscheiden. Dieser wird für den Menschen bezüglich des Maßes renaler Schädigung und als deren Prognosefaktor für Mortalität und Morbidität gebraucht. Die Normwerte für die Albumin werden angegeben in 30 bis 300 mg/Tag. Dabei ist die Ausscheidungsmenge unterhalb des unteren Wertes physiologisch, ist sie größer als die obere Grenze, liegt eine Makroalbuminurie oder auch klinische Proteinurie vor. Der Bereich zwischen den beiden Werten stellt die Mikroalbuminurie dar. Der Mikroalbuminurie folgt bei vermehrter renaler Schädigung eine Makroalbuminurie. Im weiteren Verlauf kommt es zu zunehmender chronischer Niereninsuffizienz, gefolgt vom terminalen Nierenversagen mit Dialysepflicht. Zusammenfassend gilt für die Urin-Albumin-Ausscheidung: ● sie ist der wichtigste Risikofaktor für die Progression von Nierenerkrankungen. Eine Proteinurie wirkt nephrotoxisch und beschleunigt den Funktionsverlust der Niere. ● Sie ist ein eigenständiger Risikofaktor für kardiovaskuläre Komplikationen. Mit steigender Albuminausscheidung steigt das kardiovaskuläre Risiko. ● Sie ist Indikation für eine therapeutische Hemmung des Renin-Angiotensin-Systems. Senkung der Albuminausscheidung wirkt unabhängig von der Blutdrucksenkung reno- und kardioprotektiv. 90 ● Die quantitative Bestimmung erlaubt die exakte Quantifizierung auch im Normalbereich (Nachweisgrenze 10 mg/l) Bewertung der Albuminausscheidung im Urin: Einheit normal Erhöhter Normbereich Mikroalbuminurie Makroalbuminurie mg Albumin/l < 10 10 - 20 20 - 200 > 200 mg Albumin pro Tag < 15 15 - 30 30 - 300 > 300 mg Albumin pro g < 15 Creatinin 15 - 30 30 - 300 > 300 Tabelle 22: Klassifikation: Albuminausscheidung im Urin Der Referenzwert für Eiweiß im Urin liegt bei unter 15 mg/dl. Diesen Wert überschritt nur ein Patient (Fall 13) mit 21,3 mg/dl bei urogenitaler Fehlbildung (Hufeisenniere bds.). Die CreatininClearance war unauffällig. Alle anderen Patienten wiesen physiologische Werte für Albumin (mikro) auf. 3.15.3 Harnpflichtige Substanzen und Elektrolyte im Serum Die Blutuntersuchungen konnten bei keinem der 14 lebenden Patienten Anhalt für eine Nierenfunktionsstörung geben. Der Elektrolytstatus für Natrium, Kalium Chlorid und Calcium war jeweils unauffällig. In der Gruppe der harnpflichtigen Substanzen im Serum wurden für Harnstoff, Creatinin und Harnsäure ebenfalls in allen Fällen physiologische Werte ermittelt. 3.15.4 Nieren-Szintigraphie Zur Beurteilung des funktionsfähigen Nierengewebes bei Nierentumoren werden zwei Formen der Szintigraphie eingesetzt, die statische und die dynamische. 91 Mit der statischen Szintigraphie wird unter Verwendung des Radiopharmakons 70MBy Tc-99m (DMSA = 2,3-Dimercaptosuccinsäure) das funktionsfähige Nierengewebe detailliert dargestellt. Die Applikation erfolgt i.v. Diese Szintigraphie eignet sich v.a. zur Beurteilung von Parenchymschäden und Narbenbildungen, zur Bestimmung der relativen Funktionsanteile beider Nieren (insbesondere Restfunktion bei einseitig sehr schlechter Nierenfunktion) mit dem tubulär gespeicherten Radiopharmakon (DMSA), sowie zur Bestimmung von Nierenfehlbildungen und Formvarianten. Die dynamische Nierenszintigraphie untersucht die Nierenfunktion. So können glomeruläre Filtrationsrate, renaler Blutfluss und tubuläre Sekretion mit der Fragestellung nach der Nierenfunktion und ihrer Clearance untersucht werden. Als Radiopharmakon kommt meist TcMAG3 (wird nur tubulär eliminiert) zum Einsatz. Nach Injektion des Radiopharmakons wird die Anflutung und Abflutung des Radionuklids durch Aufnahmen mit der Gammakamera und Aktivitätsbestimmung im Plasma ermittelt. Als Ergebnis kann eine Nephrogrammkurve erstellt werden, welche die seitengetrennte Funktionsbeurteilung der Nieren erlaubt. Die Verarbeitung des Radionuklids unterteilt sich bei Darstellung in der Nephrogrammkurve in drei Phasen: ● Perfusionsphase (Anfluten des Radionuklids) ● Sekretionsphase (tubuläre Sekretion des Radionuklids bei weiterer Akkumulation) ● Exkretionsphase (Ausscheidung überwiegt Akkumulation) Je nach Verlauf der Kurve im Nephrogramm kann so eine Aussage über normale Nierenfunktion und deren Einschränkungen, Zustand bei Stauungsniere oder Zustand nach Nephrektomie getroffen werden. Die Clearance kann in absoluten Werten angegeben werden. Die Strahlenbelastung der dynamischen Nierenszintigraphie liegt unter der statischen. Da mit der statischen Nierenszintigraphie Parenchymschäden am exaktesten zu beurteilen sind, wurde in unserem Studienkollektiv die statische Nierenszintigraphie als Untersuchungsmethode favorisiert, auch wenn mit dieser keine Aussage über die Nierengesamtfunktion getroffen werden kann. Exemplarisch werden für Fall 7 die Ergebnisse der DMSA Szintigraphie präoperativ, sowie 8 Monate nach partieller Nephrektomie beider Nieren gezeigt: Deutlich zu erkennen sind die Tumorareale anhand der Parenchymdefekte präoperativ, sowie die Formveränderung der Nieren nach partieller Nephrektomie beiderseits. 92 Abbildung 47: DMSA Szintigraphie präop., Fall 7, Partialfunktion re:li 53:47 Abbildung 48: DMSA Szintigraphie 8 Monate postop., Fall 7, Partialfunktion re:li 65:35 93 3.15.5 Blutdruckwerte Zur Bestimmung eines Bluthochdruckes bei Kindern wurden die Körpergrößen der Kinder in entsprechende Wachstums- und Gewichtskurven in Perzentilen getrennt für Jungen und Mädchen eingeordnet. Anhand dieser erfolgte die Einstufung in die „Blood Pressure Levels“ und „Height Percentile“ Tabellen. Blutdruckwerte ab der 95. Perzentile wurden als Hochdruck gewertet. In unserem Patientengut fielen 10 Patienten präoperativ mit erhöhten Werten auf. Eine antihypertensive Therapie erhalten derzeit 5 Kinder, in zwei Fällen normalisierten sich daraufhin die Blutdruckwerte. Drei Patienten leiden trotz Therapie weiterhin unter einem schwer einstellbaren Bluthochdruck (siehe Abb.49, sowie Tab. 23). Als Medikamente wurden v.a. KalziumKanalblocker, Kalzium-Antagonisten sowie ACE-Hemmer eingesetzt. Nr. Art der OP's Bestrahlung im Bereich der Nieren RR präOP aktueller RR antihypertensive Therapie 1 N, pN hoch hoch Ja 2 pN, pN hoch normal Ca-Kanalblocker 3 pN, pN normal normal keine 4 pN, pN normal normal keine 5 pN, pN hoch normal keine 6 N, pN hoch normal keine 7 pN, pN hoch normal Ca-Antagonist 8 N, pN normal normal keine 9 pN, pN normal normal keine 10 N, pN hoch normal keine 11 N, pN normal hoch keine 12 pN, pN hoch normal keine 13 N, pN hoch hoch ACE Hemmer/ CaAntagonist 14 N, pN hoch hoch Ca-Antagonisten/CaKanalblocker 15 pN, pN hoch normal keine ja ja ja Tabelle 23: Blutdruckwerte Fall 1 - 15 und ggf. deren Therapie 94 Bemerkungen † † Veränderungen der Blutduckwerte vor und nach Tumoroperation 100% 90% 5 80% 70% 11 60% Patienten art Normotonus 50% 40% art Hypertonus 10 30% 20% 4 10% 0% prä OP post OP Abbildung 49: Veränderung der Blutdruckwerte prä- und postoperativ in 15 Fällen Ein Zusammenhang zwischen der Menge des entfernten Nierengewebes und der entwickelten Hypertension lässt sich herstellen. Von 7 Patienten mit nur einer verbliebenen Restniere nach Tumorchirurgie weisen derzeit 3 normale Blutdruckwerte auf, 4 Kinder leiden aber trotz antihypertensiver Therapie unter erhöhten Blutdruckwerten. Alle 8 Kinder mit partieller Nephrektomie beiderseits sind normoton, zwei von acht werden derzeit erfolgreich antihypertensiv behandelt. Eine erfolgte Strahlenbehandlung im Bereich der Nieren hatte keine Veränderung oder Auswirkung auf die Blutdruckwerte zur Folge. 3.16 Spätfolgen Bisher wurde bei 2 Patienten über eine Vincristin-assoziierte Neuropathie berichtet. In beiden Fällen war diese nach Therapieende wieder rückläufig. In keinem Fall kam es zum jetzigen Zeitpunkt zu Kardiomyopathien nach Gabe von Anthrazyklinen, auch dann nicht, wenn zusätzlich 95 eine Radiatio des Thorax durchgeführt wurde. Der Beobachtungszeitraum für unsere Patientengruppe erstreckte sich über den Zeitraum der letzten 4 Jahre, mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 3 Jahren. Über das tatsächliche Ausmaß der sich entwickelnden Spätfolgen kann zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht berichtet werden (Skoliose der Wirbelsäule, Fertilitätsstörungen bei abdominal bestrahlten Mädchen). 3.17 Überlebenszeit Zwei unserer 15 Patienten erkrankten an einem Rezidiv und starben an den Folgen des Tumors, somit entspricht das Gesamtüberleben („overall-survival“) dem rezidivfreien Überleben („relapsefree-survival“) mit 87% . Das ereignisfreie Überleben betrug 67%, Gründe hierfür waren 1x eine Metastasenresektion, 1x eine Fowler-Stephens-Operation, 1x ein Volvulus und, wie bereits erwähnt, 2x Rezidiventwicklungen. 96 IV. Diskussion An einem Wilms-Tumor erkrankt durchschnittlich eines von 10.000 Kindern [13]. Die Behandlung bilateraler WT, die in 4 – 6 % aller Patienten mit Nephroblastomen auftritt [87], hat sich in den letzten 3 Jahrzehnten geändert. Übergeordnete Studienprotokolle (SIOP) und (NWTS) empfehlen eine Kombinationstherapie, bestehend aus Operation, Chemotherapie und Bestrahlung zur Behandlung der an bilateralen WT erkrankten Patienten. Das Ergebnis dieser multimodalen Therapie resultiert in besseren Überlebensraten [70]. Die 10 Jahres-Überlebensrate liegt heute bei 78 % und ist im Einzelfall, abhängig von Stadium und Histologie, wesentlich besser. Die Überlebensraten für unilateral Erkrankte nach 10 Jahren mit 92% Gesamtüberleben und 86% ereignisfreies Überleben sind allerdings besser [122]. Bedenkt man aber, dass die Prognose der bilateralen Manifestation in den 60iger Jahren noch als nahezu infaust galt, so spricht man mit dem heutigen Therapieansatz von einer meist heilbaren malignen Erkrankung. Eine interdisziplinäre Zusammenarbeit ist für dieses Ergebnis Voraussetzung. Bei der Geschlechterverteilung registrierten sowohl NWTS als auch SIOP für die synchrone Erkrankung ein Überwiegen von Mädchen im Gegensatz zu einem ausgeglichenen Verhältnis bei unilateraler und metachroner Erkrankung [62]. In unserer Studie erkrankten ebenfalls mehr Mädchen an der synchronen Manifestation des WT, das Verhältnis lag bei 8:6. Von den 15 Patienten erkrankten 14 synchron und 1 Kind metachron. In der Literatur wird das metachrone Auftreten eines WT mit 1,6% angegeben [40]. Die metachrone Variante tritt häufig bei sehr jungen Patienten noch im ersten Lebensjahr insbesondere dann auf, wenn die resezierte Niere nephrogene Reste aufweist [19]. In unserem einzigen Fall des zweizeitigem Auftretens eines WT erkrankte das Mädchen initial mit 1 Jahr und 11 Monaten, nach weiteren 8 Monaten war der Tumor auf der Gegenseite sichtbar. Die zuerst erkrankte Niere enthielt keine nephrogenen Reste laut pathohistologischem Gutachten, wohl aber die kontralaterale Niere. Ein WT tritt typischerweise zwischen dem 3 und 6 Lebensjahr auf, 95% aller Kinder mit WT werden vor ihrem 10 Geburtstag diagnostiziert [66]. Diese Literaturangaben decken sich mit unseren Kollektivdaten, das durchschnittliche Manifestationsalter lag bei 3 ½ Jahren, die Mädchen waren im Schnitt fast 1 Jahr und 8 Monate älter als die Jungen. Studien zeigen Zusammenhänge zwischen Geburtsgewicht, Alter bei Ausbruch der Krankheit, 97 congenitale Anomalien, das Vorhandensein von prämalignen Läsionen, sowie histologischer Befunde von WT, die beweisführend für verschiedene Pathomechanismen in der Entstehung von WT sind. Es deutet darauf hin, dass es eine biologische Ursache für das etwas spätere Auftreten der Erkrankung bei Mädchen im Vergleich zu Jungen und auch für andere epidemiologische Charakteristika geben muss [14][115]. Eine groß angelegte molekulargenetische Untersuchung der WT-1 Mutationen und IGF2 LOI oder der Verlust der Heterogenität (LOH) in 11p15 bei Patienten mit WT und NBL könnte helfen, bestimmte Subtypen von WT zu detektieren, ohne sich auf die jetzige Subklassifikation (blastem – stroma - epithel Typ) stützen zu müssen. Nephroblastomatose 87% , d.h. 13 der 15 Patienten präsentierten nephrogene Reste bzw. Nephroblastomatoseherde. In 8 Fällen traten diese Veränderungen beidseits auf, in 5 Fällen unilateral. Beckwith beschrieb ebenfalls in seinem Artikel 1993 das gehäufte Auftreten nephrogener Reste in 74 – 79% der Kinder mit bilateralen WT [7]. Es wird angenommen, dass nur 1% der nephrogenen Reste maligne in WT entarten [101][6]. Nephrogene Reste können nicht nur örtlich in perilobare und intralobare nephrogene Reste, sondern auch anhand ihres Entwicklungsstadiums unterschieden werden. So kann in ein Anfangs- oder Ruhestadium von hyperplastischen und regressiven oder sklerotischen nephrogenen Resten abgegrenzt werden. In unserem Studienkollektiv traten Nephro- blastomatoseherde überwiegend perilobar auf, das Verhältnis zwischen intralobaren und perilobaren Herden betrug 1:22. Das Auftreten einer hyperplastischen perilobaren Nephroblastomatosis ist mit einem hohen Risiko der Entwicklung eines WT verbunden, so dass diese Patienten engmaschig kontrolliert werden müssen [95]. In unserer Studie wies ein Patient an beiden Nieren neben blastemreichen WT multifokale perilobare nephrogene Reste samt eines perilobaren hyperplastischen Restes auf. Trotz deren Entfernung und RO Resektion entwickelte dieser Patient auf der Seite des hyperplastischen Restes ein Tumorrezidiv 11 Monate nach der Tumoroperation. Somit decken sich unsere Erfahrungen mit der Aussage von Perlman. Anamnestische Hinweise auf nephrogene Reste sind eine positive Familienanamnese bezüglich eines Nierentumors bei Verwandten 1. Grades, renale Anomalien, weitere Organfehlbildungen im Kontext übergeordneter genetisch determinierter Krankheitsbilder (Trisomie 13, Trisomie 18, WAGR-Syndrom, Denys-Drash-Syndrom, Frasier-Syndrom, Perlman-Syndrom, Simpson-Golabi-Behmel-Syndrom und das 98 Beckwith-Wiedemann-Syndrom, Klippel-Trenaunay-Syndrom) [12][39]. Mit einem Nephroblastom assoziierte Literaturangaben 7% der Patienten auf [12]. kongenitale Anomalien weisen nach Kein Kind unserer Studie präsentierte sich mit solchen Anomalien. Symptome Die zumeist jungen Kinder werden symptomatisch durch bilaterale abdominale Raumforderungen, wobei häufig multiple meistens unscharf begrenzte Tumorknoten beschrieben werden. Die Art der Erstsymptome, die unsere Patienten zeigten, entsprechen im wesentlichen denen der unilateralen Erkrankung mit Ausnahme des Bluthochdrucks, der bei einseitigem Tumorbefall sehr selten erwähnt wird. In unserer Studie tritt die art. Hypertonie jedoch als häufigstes Symptom (10 von 15 Kinder) auf. In einer vergleichbaren Studie von Millar litten 9 (47%) der 19 Kinder mit BWT an einer Hypertension bei Diagnosestellung [84]. Nach Gutjahr et al. [55] sind die häufigsten Symptome eine asymptomatische Tumorschwellung (61%), gefolgt von der Hämaturie (15%). 9 % der Kinder mit Wilms-Tumoren werden im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen auffällig [55]. Nach Recherchen in unserem Kollektiv waren neben der bereits erwähnten art. Hypertonie ebenfalls eine asymptomatische Tumorschwellung und das Entdecken der WT im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen am häufigsten, gefolgt von Hämaturie, Diarrhoe, Obstipation, Lumbalgien und rezidivierende Infektionen. Kinder mit metachronem WT werden bei Erstmanifestation als unilateral Erkrankte gesehen und weisen analoge Erstsymptome auf. Der Zweittumor wurde bei unserer Patientin (Fall 8) symptomlos durch die Nachsorgeuntersuchungen für WT-Patienten entdeckt, das Tumorvolumen war zudem mit 9 ml sehr gering. Die Effizienz der Nach- und Vorsorgeuntersuchungen in Deutschland wird hier nochmals deutlich. Eine familiäre Häufung liegt bei ca. 1% aller Kinder vor [117]. Eine positive familiäre WT Anamnese bestand bei keinem unserer Patienten. In unserem Kollektiv wies ein Patient eine urogenitale Fehlbildung auf, es handelte sich hierbei um einen Maldescensus testis sowie eine Hufeisenniere. Dies kann durchaus der Beobachtung von Ritchey et Coppes (1995) entsprechen, die eine erhöhte Prävalenz für Hemihypertrophie und urogenitale Anomalien bei bilateraler Erkrankung gefunden haben [112]. Präoperative Diagnostik Bei der Diagnose eines Bauchtumors wird die Einweisung in ein kinderonkologisches Zentrum notwendig. Die gesamte Diagnostik, wie auch Therapie erfolgt dort entsprechend der 99 Therapieoptimierungsstudien der GPOH, die große Erfahrung in der Behandlung bösartiger Erkrankungen im Kindesalter und interdisziplinäres Management dieser Patienten vor Ort voraussetzten. Die Diagnose des WT kann durch bildgebende Verfahren sicher gestellt werden. Die bildgebende Diagnostik umfasst eine abdominelle Sonographie mit Darstellung des Tumors in 3 Ebenen und Tumorvolumenbestimmung, ein MRT nativ oder mit i.v. Kontrastmittelgabe. Bei nicht ausreichender Sicherheit der Diagnose ist die Computertomographie notwendig. Verschiedene Autoren berichten, dass durch MRT, gegenüber CT, NBL-Komplexe besser dargestellt werden können, die Berichterstatter favorisieren demnach die Bildgebung mit MRT [139][56]. Bei Verdacht auf Vena-cava-Thrombus, Leber- und Zwerchfellinfiltration sowie intrathorakaler Tumorausdehnung per continuitatem ist ein MRT immer notwendig. Alle Patienten unseres Studienkollektivs unterzogen sich zur diagnostischen Abklärung einer MRT. Zum Ausschluss von Lungenmetastasen wird ein Röntgenbild des Thorax in 2 Ebenen erforderlich, bei Verdacht auf Lungenmetastasen muss ein thorakales CT erfolgen. 12 Patienten unserer Studiengruppe erhielten zusätzlich zur Röntgendiagnostik in zwei Ebenen ein thorakales CT, in 4 Fällen bestätigte sich der vorausgegangene V. a. Lungenrundherde, in einem weiteren Fall wurden erst im CT metastasenverdächtige Läsionen entdeckt. In unserem Patientengut konnte die Bilateralität der WT initial überall erkannt werden. Der operative Befund bestätigte die vorausgegangene apparative Diagnostik. Da nur 50% der Läsionen mit einer Größe unter 1 cm durch die bildgebende Diagnostik erfasst werden, sollte auch bei unilateraler Erkrankung die kontralaterale Seite im Rahmen der Tumoroperation mit überprüft werden [110]. Bei der Therapie von bilateralen WT empfiehlt sowohl SIOP als auch NWTS und UKCCSG die Tumorchirurgie erst nach einer präoperativen Chemotherapie für maximal 12Wochen. Eine Tumorextirpation zu diesem Zeitpunkt sollte nicht versucht werden, sondern eine präoperative Chemotherapie zur Tumorvolumenreduktion angeschlossen werden [109]. Die Studienprotokolle von NWTS und UKCCSG sehen zudem eine Biopsie beider Nierentumore vor Beginn der Chemotherapie zur histologischen Einordnung vor [26]. Es wird auf die Quote von Fehldiagnosen verwiesen, in denen unnötigerweise Chemotherapie bei benignen Tumoren verabreicht wurde. Laut SIOP Studie 6 und 9 ist die Anzahl falsch präoperativer Behandlungen sehr gering. In Studie 6 mit 1095 registrierten Patienten wurden 16 Patienten mit benignen Läsionen chemotherapeutisch behandelt, das entspricht 1,5%. In Studie 9 wurden 1,6% mit gutartigen Tumoren fehlbehandelt 100 [26]. Die Biopsie als Mittel zur Diagnosesicherung ist nicht risikolos. Es kann zu einer Tumoraussaat durch Ruptur der Tumorkapsel bei dessen Punktion kommen, ebenso wurden Blutungskomplikationen beschrieben, wenn Biopsienadeln mit einem Durchmesser von 2 mm verwendet wurden. Die Sensitivität zur Entdeckung einer Anaplasie als entscheidender histologischer Marker ist ebenfalls gering. In der NWTSG-4-Studie konnte bei keinem von 7 Kinder mit Anaplasie, diese in der Biopsie vorab diagnostiziert werden [59]. Beide Therapieansätze (mit und ohne Biopsie) haben sich als sehr erfolgreich herausgestellt. Die Stärke einer Biopsie liegt in der Gewinnung von Tumormaterial für molekulare und immunhistochemische Analysen. Möglicherweise könnte schon in den folgenden SIOP Studien eine präoperative Probeentnahme für WT Patienten geplant sein. Erfahrungen der UKCCSG diesbezüglich sind gut [26]. Probeentnahmen bzw. „tru-cut“ Stanzen verursachen keine Einstufung in höhere Therapiestadien [86] und bedingen keine erhöhte Rezidivrate [137]. Ebenfalls könnten histologische Analysen bei der präoperativen Therapie, welche gerade bei bilateralen WT eine große Rolle einnimmt, zur Wahl des geeigneten Chemotherapeutikums und der Dauer der Therapie helfen und somit die Effizienz der Behandlung nochmals steigern. Die aktuelle SIOP Studie empfiehlt nach Diagnosesicherung durch Bildgebung, ohne Probeentnahme, eine Chemotherapie, die so lange erfolgen sollte, bis eine nierenerhaltende Operation möglich ist, maximal jedoch 12 Wochen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, dass das Risiko von intraoperativen spillings durch Biopsien gesenkt und die Prognose dadurch verbessert werden kann. Eine primäre Tumorbiopsie ist bei eindeutiger bildgebender Diagnose bei Kindern über 6 Monaten und unter 16 Jahren nicht notwendig. Die histopathologische Diagnose wird erst nach einer präoperativen Chemotherapie gestellt [43]. In unserer Studie wurde bei einem Kind im Alter von 9 Monaten, zum Ausschluss eines mesoblastischen Nephroms, eine Biopsie vor Beginn der Therapie durchgeführt. Anschließend wurde eine präoperative Chemotherapie nach SIOP Schema eingeleitet. Die pathohistologische Aufarbeitung des Nierenteilresektats ergab post Zytostase eine zystischen Nierendysplasie mit embryonalen Resten laut Pathohistologischem Institut in Kiel. Es wurden an weiteren 4 Kindern nach erfolgter präoperativer Chemotherapie während der Tumoroperation einer Seite, „Tru-cut“ Biopsien der kontralateralen Seite vollzogen. Mit Hilfe dieser Stanzbiopsien konnte eine histopathologische Klassifizierung der Tumoren der Gegenseite erfolgen, was wiederum für die weitere Behandlung bis zur Tumoroperation der Gegenseite genutzt 101 wurde: In einem Fall entschloss man sich zur sofortigen Operation der anderen Seite, da ein blastemreicher Subtyp des WT festgestellt wurde, und dieser Tumor auf Chemotherapie kaum ansprach. In einem anderen Fall wurde die Chemotherapie zwischen den Tumoroperationen, die normalerweise aus den Zytostatika Actinomycin D und Vincristin besteht, mit Doxorubicin ergänzt, es konnte eine weitere Tumorvolumenreduktion damit erzielt werden; in der Biopsie diagnostizierte man einen stromareichen WT. Finden Tumoroperationen zweizeitig statt, sollte die Chance zur Biopsie der Gegenseite genutzt werden, die Therapie wird dadurch optimiert und somit wird auch die Prognose für WT Patienten verbessert. Tumorgröße und Tumorvolumen Die Tumorvolumina vor Beginn der Chemotherapie konnten für alle 15 Patienten ermittelt werden. Die größte Tumorausdehnung in einer Niere maβ ein Volumen von 809 ml, die kleinste 1 ml. In unserer Studie fand sich in allen Patienten eine Tumordominanz auf einer Niere mit gleichmäßiger Verteilung auf die rechte und linke Seite. Es konnte ein Durchschnittsvolumen von 225 ml für bilaterale WT errechnet werden. Zum Vergleich hat eine normale Niere eines sechsjährigen Kindes ein Volumen von 50 – 55 ml. In vorangegangenen Studien konnte keine Abhängigkeit der Überlebensraten vom initialen Tumorvolumen herausgestellt werden [80]. Mitverantwortlich für dieses Ergebnis ist die Durchführung einer präoperativen Chemotherapie. Diese führt in den meisten Fällen zu einer Tumorreduktion, so dass ein Eintritt in ein günstigeres Tumorstadium mit positiver Auswirkung auf die Prognose erwartet werden kann [26][41]. Präoperative Therapie Die Tumoren schrumpfen eindrucksvoll unter Zytostase, was die anschließende Tumorentfernung in einer oftmals nierenerhaltenden Operationsweise technisch vereinfacht [80]. Laberge beobachtete ein besseres Ansprechen des jeweils größeren Tumors auf Chemotherapie [71]. In unserer Studie kann dies nicht bestätigt werden, entscheidend für das Ansprechen der Chemotherapie ist vielmehr die Zusammensetzung des Tumors aus seinen verschiedenen Komponenten, nicht aber seine Größe. So sprechen stromale WT schlechter auf Chemotherapie an als epithel- und blastemreiche. In unserer Studie nahmen beide stromalen Tumoren unter Chemotherapie sogar an Masse zu (20 und 31%), während der überwiegende Teil der Tumoren unabhängig von der Initialgröße eine Volumenabnahme von über 75% verzeichnete. Vier vermeintlich kleine WT entpuppten sich in unserer Studie als Nephroblastomatoseherde, welche sich unter Zytostase nicht oder nur wenig veränderten (0-28% Regression), sie zählen jedoch nicht zu den eigentlichen Tumorentitäten. 102 Die SIOP 9 Studie berichtete, dass eine 8 wöchige präoperative Chemotherapie gegenüber einer 4 wöchigen keinen Vorteil in Bezug auf Überlebenszeiten und Stadieneinteilung für unilaterale Tumoren bringe. In den ersten 4 Wochen betrage die Tumorvolumenreduktion 48% , weitere 4 Wochen Therapie führen zu einem Tumorschwund von insgesamt 62% [74]. Dieser zusätzliche Volumenrückgang sollte jedoch bei bilateralen Tumoren genutzt werden, um die Möglichkeit einer partiellen Nephrektomie zu steigern [40]. In unserer Studie wurden alle Patienten individuell nach dem SIOP-Protokoll chemotherapeutisch vorbehandelt. Fand eine nur 4 wöchige präoperative Therapie statt, so war hier im Durchschnitt ein Volumenrückgang von 64% in 3 Patienten zu verzeichnen. Wurde für 8 Wochen chemotherapiert, so betrug im Mittel die Reduktion der Tumoren 75% in einer Gruppe von 9 Patienten. Wurde 12 Wochen oder länger behandelt, so war der Tumorvolumenschwund durchschnittlich 68% und somit statistisch kleiner als nach 8 Wochen . In die letzte Gruppe wurden 5 Patienten eingestuft. Das schlechtere Abschneiden der Gruppe mit maximaler präoperativer Therapie kann wohl darauf zurückgeführt werden, dass es sich hier zumeist um jene Tumoren handelte, die bereits zu Beginn ein schlechtes Ansprechen auf Zytostase aufwiesen und mit zusätzlichen Chemotherapeutika über längere Zeiträume behandelt wurden. Die pathohistologische Auswertung dieser Tumorpräparate ergab 3x blastemreiche WT und jeweils einmal einen stromareichen und triphasischen WT. Die geringe Fallzahl in den jeweiligen Gruppen verbietet jedoch kausale Schlussfolgerungen. Operation Ein Rückblick der NWTS Group zeigte, dass Kinder mit bilateralen Nierentumoren die höchste Inzidenz für Nierenfunktionsstörungen aufweisen [83]. Aus diesem Grund werden heute möglichst partielle Nephrektomien durchgeführt, um das Auftreten von postoperativen Nierenfunktionsstörungen zu vermindern. Früheren NWTSG Studien zufolge wurden nur 20% der BWT Patienten nierenerhaltend operiert. In der NWTS-4 Studie konnte diese Zahl schon auf 72% verbessert werden [62]. In unserem Kollektiv lag die Rate der der Teilnephrektomien sogar bei 76,7%, d.h. 23 der 30 Nieren blieben erhalten. Es gibt aber auch Gründe, die gegen eine partielle Nephrektomien sprechen, wie eine entsprechende Tumorausdehnung, die zentrale Lage des Tumors, das Vorherrschen einer diffusen Anaplasie [18][116] sowie unzureichende Erfahrung mit partiellen Nephrektomien [108]. Das Risiko, nach bilateralen partiellen Nephrektomien, die Tumoren nicht vollständig entfernt zu haben, ist potentiell höher als bei vollständiger Nierenentfernung. Blute et al berichtete von nur 38% der Stadium V Kinder, die nach einer oder mehreren Tumoroperationen vollständig tumorfrei 103 waren [11]. Andere Autoren berichteten von ähnlichen Ergebnissen [67][123]. Trotzdem lag die 3Jahres-Überlebensrate in diesem Kollektiv bei 76% [11]. Der NWTS-4 Studie (von 1986 - 1994) zufolge, konnten in 118 von 134 Nieren, makroskopisch keine Tumorreste nach partieller und totaler Nephrektomie nachgewiesen werden, das entspricht 88%. Nach Teilentfernung der Nieren wiesen jedoch mindestens 16% der Nephrektomiepräparate tumorinfiltrierte Absetzungsränder auf [62]. Wiederum 16% der Nieren mit positiven Tumorrändern entwickelten ein Rezidiv. Bei RO Resektionen lag die Rezidivrate dagegen bei 6,3% deutlich darunter [62]. In unserer Studie waren an 6 von 23 Resektionspräparaten Tumorinfiltrate an den Absetzungsrändern nachweisbar. Das entspricht 26% der pN. Trotz dieses erhöhten Risikos kam es in keinem dieser 6 Fälle zum jetzigen Zeitpunkt an der entsprechenden Niere zu einem Tumorrezidiv (mittlere Nachsorgedauer 3 Jahre). In den neuesten SIOP Daten wurde die Operationsweise – partielle oder totale Nephrektomie – miteinander verglichen [131]. Auch hier wird deutlich, dass das Risiko für den Verbleib von Tumorresten in einer partiellen Nephrektomie steigt. Interessanterweise führten diese negativen Vorgaben zu keiner Verschlechterung des Gesamtüberlebens der Patienten, das „overall survival“ beider Patientengruppe nach 10 Jahren ist vergleichbar (pN 89% vs N 86%). Auch Horwitz berichtet in der NWTS 4 Studie von einer Überlebensrate von 80% nach 4 Jahren trotz der vierfach erhöhten Zahl der Rezidiventwicklungen bei nephronsparender Operationsweise (2% bei N. vs. 8,2% bei p.N ) [62]. In der laufenden SIOP Studie zeigten sich Auswirkungen nach dem Verbleib von Tumorresten vor allem im „relapse-freesurvival“, welches abnimmt (nach 6 Jahren N 84% vs pN 57%) bei gleichzeitig steigender Therapiebelastung, hervorgerufen durch die Einordnung in höhere Stadien [131]. Auch bei unilateralen Tumoren wächst die Tendenz zu nierenerhaltenden Operationen. Die Ergebnisse der retrospektiv ausgewerteten Studie SIOP 93 -01 zeigten, dass die Tumorentfernung kleinerer Tumoren in partiellen wie auch in totalen Nephrektomien gleich häufig inkomplett waren. Unter partiellen Nephrektomien war jedoch die Rate der Lokalrezidive häufiger als im Gesamtkollektiv [131]. Gründe dafür wären der Verbleib von Tumorzellen, insbesondere anaplastische Zellen, die zum Rezidiv führen können, aber auch nephrogene Reste, die nicht mitreseziert worden waren und als Vorläuferläsionen entarten können. Eine Teilentfernung der Niere bei unilateralem Befall sollte deshalb nur in Einzelfällen durchgeführt werden, wenn nach Ansprechen der Chemotherapie eine komplette Entfernung sichergestellt werden kann [58]. Nach SIOP/GPOH Studien wird eine radikale Lymphknotendissektion nicht notwendig, da diese weder Einfluss auf die Heilungsrate noch auf das Auftreten intraabdominaler Rezidive hat [40]. 104 Trotzdem sollte auch bei klinisch unauffälligen Strukturen mindestens ein Lymphknoten jeder Region zur histologischen Untersuchung entnommen werden. Die Bewertung von Lymphknoten von Seiten des Operateurs kann zu falsch positiven und falsch negativen Befunden führen. Es konnte gezeigt werden, dass in 11% der Fälle ein positiver Lymphknotenbefall vorlag, obwohl von Seiten der Operateure die Lymphknoten als unauffällig beurteilt wurden. Eine stadiengerechte Behandlung würde demnach unterbleiben [89]. Bei den in unserer Klinik durchgeführten Tumoroperationen wurden protokollgemäss Lymphknoten mitentfernt, dabei kam es in 3 der 15 Fälle zu einem positiven Lymphknotenbefund. Postoperative Komplikationen Postoperative Komplikationen treten nach pN wie auch nach kompletter Entfernung der Niere gleich häufig auf [107]. Einer NWTS Studie zufolge entwickelten 15,5% der Kinder Komplikationen nach Tumoroperation. Die intestinale Obstruktion war die häufigste Komplikation, gefolgt von Urin-Leakages, ein Kind entwickelte eine gravierende Nierenfunktionsstörung nach Teilentfernung der Nieren und ist dialysepflichtig [62]. 5 (33%) der in unserem Hause operierten Kinder entwickelten Komplikationen nach der Tumoroperation. Die schwerwiegendste Spätkomplikation stellte ein Volvulus dar. In einer erneuten Operation musste bei diesem Patienten das terminale Ileum 3 Monate nach Tumorentfernung reseziert werden. In zwei Fällen kam es nach dem chirurgischen Eingriff zu einer vorübergehenden Niereninsuffizienz mit noch zusätzlichem Lungenödem in einem Fall. Urinleakages traten zweimal auf, in einem Fall erfolgte ein Spontanverschluss, im anderen Fall wurde mit einem Double-J-Katheter erfolgreich geschient. Die Komplikationsrate von 33% der Kinder in unserer Studiengruppe erscheint hoch, es mussten jedoch nur 2 Patienten (13%) reoperiert werden. Histologie In der NWTSG Studie teilt man ein in „favorable“ und „unfavorable“ Subtypen eines WT. Die Einstufung erfolgt dabei vor der Chemotherapie. Als „favorable“, also mit einer günstigen Prognose, werden alle Subtypen eingestuft, die keine Anaplasie zeigen. Das Vorhandensein von Anaplasie ist hier eng verbunden mit einem verringertem Ansprechen auf Chemotherapie. In den SIOP Studien unterscheidet man 3 verschiedene Malignitätsgrade: niedrige, intermediäre (standard) und hohe Malignität. Anders als in der NWTSG Studie werden die Histologien erst nach erfolgter Chemotherapie bestimmt. Die Differenzierung der verschiedenen Subtypen des WT wird bereits durch die Chemotherapie verändert. 28,5% der vorbehandelten Tumoren weisen 105 postchemotherapeutische Veränderungen, insbesondere Regressionen, auf [66]. Die Art und Weise, wie sich ein Tumor während der präoperativen Chemotherapie verhält, kann von prognostischer Bedeutung sein. So sprechen stromareiche WT (ein Nephroblastom mit Standardrisiko) schlecht auf die Zytostase an. Auch in unserer Studie kam es ausschließlich in beiden Tumoren vom stromareichen Typ zu deutlichen Volumenzunahmen (20 und 31%) während der Chemotherapie. Die blastemreiche Komponente, zu finden in 34% aller primär operierten Tumoren, nimmt deutlich ab, sie wird in nur noch 9,1% der vorbehandelten Nephroblastome gefunden. Ein blastemreicher Tumor wird deshalb nach Chemotherapie als hochmaligne eingestuft. Der stromale Subtyp eines WT tritt nach Vorbehandlung öfter auf. Er wird in 7,9% der Tumoren gefunden. Der Anteil der stromareichen Tumoren ohne vorangegangene Therapie beträgt 1,3%. Somit zeigt sich der Blastemanteil als die chemosensibelste Komponente eines WT, während die epithelialen und stromalen Anteile eines WT sich am resistentesten gegen Chemotherapie herausstellen [66]. In anderen Studien werden diese Thesen bestätigt [137][146][140]. Das Risiko der Entwicklung einer Anaplasie (diffus oder fokal) steigt möglicherweise mit präoperativer Behandlung: mit 7,7% ist sie fast vierfach gegenüber den nicht behandelten (2%) erhöht [66][6]. Aus diesem Grund sollte eine neoadjuvante Chemotherapie längstens 12 Wochen durchgeführt werden. Alle Tumoren, die in unserer Studie histologisch ausgewertet wurden, waren chemotherapeutisch vorbehandelt. Insgesamt lag bei 10 der 15 beidseits erkrankten Kindern ein Wilms-TumorGeschehen beidseitig vor. In weiteren 4 Fällen handelte es sich um eine WT-Erkankung mit kontralateraler Nephroblastomatose. Ein Patient wies neben eines stromalen WT eine Nierendysplasie der Gegenseite auf. Ordnet man die Tumoren in die verschiedenen Subklassifizierungen, so wurde in 4 Fällen ein blastemreicher Tumor festgestellt, 7 x ein Mischtyp, 4x ein epithelreicher Typ, 2 x ein stromareicher Typ, 9 x waren die Regressionen größer als 65% und einmal fand man eine fokale Anaplasie. Die prozentuale Verteilung der verschiedenen Tumorentitäten ergab für Anaplasie 3%, für blastemreiche Tumoren 14%, für Mischtypen 24%, für epithelreiche Tumoren 14%, für stromareiche Tumoren 7% und für regressive Tumoren 31%. Trotz der kleinen Anzahl der evaluierten Tumoren (29) decken sich unsere Ergebnisse weitgehend mit den Literaturdaten. Der Blastemanteil reduziert sich deutlich im Vergleich ohne Vorbehandlung, epithelreiche und stromareiche WT nehmen zusammen fast ¼ des Kollektivs ein. Nur ein Patient präsentierte in einem Tumor eine fokale Anaplasie (3%). Damit konnten wir kein erhöhtes Risiko für ein 106 gehäuftes Auftreten von fokalen Anaplasien aufgrund der Vorbehandlung zeigen. Therapie einer Nephroblastomatose Die Diagnose der Nephroblastomatose kann nur unter Berücksichtigung des klinischen Bildes, der Bildgebung und der Histologie bewiesen werden. Es fehlen prospektive Studien mit großem Patientengut, die Charakteristika von NBL in der bildgebenden Diagnostik näher untersuchen. NBL bzw. nephrogene Reste traten in den Resektionspräparaten überaus häufig in Erscheinung. 13 der 15 Kinder unserer Studiengruppe wiesen entsprechende Herde entweder einseitig oder beidseits auf. Nach Tumorchirurgie und histologischer Aufarbeitung stellte sich in 4 Fällen ein einseitiger Tumorbefall mit kontralateraler Nephroblastomatose heraus. Nachdem alle Kinder nach Studienprotokoll behandelt wurden, entspricht in diesen 4 Fällen die Therapie der NBL der Therapie des kontralateralen WT. Bildgebend konnte ein Volumenrückgang während der präoperativen Chemotherapie zwischen 0 – 25% für 3 dieser 4 Herde verzeichnet werden. Der vierte Nephroblastomatoseherd reagierte mit 90% Tumorvolumenschwund auf die präoperative Chemotherapie (die pathohistologische Auswertung erbrachte einen regressiv veränderten WT oder aber einen regressiv veränderten Nephroblastomatoseherd ohne Malignität). Das jeweilige Ausgangsvolumen der Nephroblastomatoseherde lag zwischen 0,5 – 9 ml. In einer Gruppe von 29 Patienten präsentierten sich NBL Komplexe als diffuse Homogenität im Ultraschall, MRT und CT vor und nach Kontrastmittelgabe [114]. Studien von Gylys-Morin et al. zufolge können im MRT aktive nephrogene Reste und WT von inaktiven Resten und Tumoren durch Kontrollaufnahmen während Chemotherapie unterschieden werden [56]. NBL-Herde sind gewöhnlich kleiner als 2 cm, während WT meist eine Größe von mehr als 3 cm aufweisen. Vom Erscheinungsbild erinnern NBL-Komplexe eher an eine Linsenform, WT stellen sich als kreisrunde Raumforderungen dar [133]. In unserer Studie kann diese Aussage bestätigt werden. Viele Ausnahmen beschränken jedoch die Brauchbarkeit und Verlässlichkeit solcher Zuordnungen. Um der Schwierigkeit bei der Abgrenzung zwischen einem Nephroblastom und NBL-Herden Rechnung zu tragen, sollte eher von einer beidseitigen Erkrankung als von bilateralen WT die Rede sein. Obwohl die Nephroblastomatose als bilateraler Prozess angesehen werden muss, ist ein symmetrischer Befall beider Nieren nicht obligat. Klinisch verhalten sich Nephroblastomatoseherde sehr unterschiedlich: Sie können über mehrere Jahre an Größe zu und auch wieder abnehmen. Eine Läsion kann anfänglich in ihrer Größe stabil bleiben, aus ungeklärten Gründen aber auch plötzlich stark proliferieren. Die Größenzunahme kann 1 bis 2 Jahre anhalten und schließlich nur noch 107 episodenhaft auftreten. Nach 4 – 5 Jahren verringert sich das Entartungsrisiko und die Entwicklung eines WT erscheint dann unwahrscheinlich [94]. Für die Behandlung der Nephroblastomatose gibt es noch keinen allgemein gültigen Standard. Treten Nephroblastomatoseherde auf, wird in aller Regel eine Chemotherapie durchgeführt. Zum einen kann ein WT innerhalb eines NBL-Herdes behandelt werden, zum anderen kommt es zu einer Reduktion der Zellen mit potentiellem Risiko zu entarten und schließlich kann einem Nierenrindenschaden vorgebeugt werden, welcher durch Kompression großer NBL-Komplexe entstehen könnte [6][8]. Gegen eine Chemotherapie spricht ● das Risiko eine noch benigne Erkrankung, die möglicherweise spontan rückläufig ist, zu behandeln, ● die Unsicherheit , dass die Chemotherapie die Entwicklung eines WT verschleiert und ● anaplastische Zellen von der Chemotherapie nicht erreicht werden könnten und damit selektiv proliferieren [8][6][98], ● Infektionen und Thrombosen, bis hin zur veno-okklusiven Verschlusskrankheit, die bei etwa 3% der Patienten unter Behandlung mit A und V auftreten [95] ● die schlechte Prognose für Patienten, die chemotherapeutisch wegen beidseitiger NBL vorbehandelt wurden mit einem Gesamtüberleben von 52% laut SIOP Analyse [131]. Coppes und Beckwith lehnen eine standardmäßige Therapie für NBL Herde ab. Sie schränken ein chemotherapeutisches Vorgehen nur auf sehr junge Patienten unter 12 Monaten ein, da diese einem erhöhten Risiko zur Entwicklung eines metachronen WT ausgesetzt sind. In allen anderen Fällen empfehlen sie engmaschige sonografische Kontrollen, um bei maligner Transformation rechtzeitig entgegenzuwirken. Sie begründen ihr konservatives Vorgehen in dem selbstlimitierenden Verhalten der NBL-Herde, sich nach Zeiten der Proliferation oft spontan zurückzubilden [21]. Wurden Nephroblastomatoseherde prä- oder intraoperativ diagnostiziert, so kann eine nephronsparende Operationsweise für gut abgegrenzte NBL-Komplexe angewendet werden. Sie sollte in Fällen durchgeführt werden, in denen es zu einer starken Proliferation der Läsionen kommt. Die Volumenzunahme ist als Zeichen einer hyperplastischen Aktivität oder aber einer malignen Transformation zu werten. Aber auch wenn sich unter Chemotherapie keine Größenabnahme der NBL-Herde einstellt, sollte chirurgisch behandelt werden [90]. Die postoperative Behandlung orientiert sich an der des WT und besteht in einer protrahierten 108 Chemotherapie mit Vincristin und Actionomycin D. Auf eine Strahlenbehandlung kann in der Regel verzichtet werden. Engmaschige sonographische Kontrollen der Nieren sind notwendig, um die Entwicklung eines echten Nephroblastoms rechtzeitig zu erkennen [90]. In unserem Studienkollektiv wurden entsprechende Nephroblastomatoseherde im Rahmen der Tumorchirurgie mitentfernt. Die Nachbehandlung eventuell verbliebener Herde entsprach hier dem angewandtem Schema für den entfernten WT unter Berücksichtigung seines Malignitätsgrades und seiner Ausbreitung. Stadium Bilaterale Tumoren werden als Stadium V gekennzeichnet, es sollte jedoch für jede Seite getrennt ein lokales Stadium angegeben werden. Eine nierenerhaltende Operationsweise, die in Fällen des beidseitigem Tumorbefalls angestrebt wird, birgt ein erhöhtes Risiko vorn R1 Resektionen und somit ein Stadium III mit entsprechender Therapiekonsequenz. Zudem können partielle Nephrektomien nicht universell eingesetzt werden, kontraindiziert sind sie in Fällen von [40]: ● fehlender präoperative Chemotherapie oder schlechter Response ● präoperative Tumorruptur oder offener Biopsie ● Infiltration extrarenaler Strukturen oder des Nierenbeckenkelchsystems ● größere Tumoren von mehr als einem Drittel der Nierengröße ● zentraler oder multifokaler Tumor ● mangelnde Erfahrung mit partieller Nephrektomie ● diffuser Anaplasie [18] In unserer Studie wurden 23 von 30 Nieren partiell nephrektomiert, wobei in 6 der 23 Operationen als R1 Resektionen und damit Stadium III gewertet werden müssen. Gründe für das Entfernen der gesamten Niere waren in unserem Kollektiv 6 x die Größe des Tumors und seine Lokalisation. Im Fall des metachronen Auftretens wurde der initiale Tumor als unilateral angesehen und damit komplett reseziert. Der später aufgetretene Tumor an der kontralateralen Niere wurde durch eine pN behandelt. Somit fanden insgesamt 7 RO Nephrektomien statt. Insgesamt ist die Vergabe des Stadiums III unglücklich gewählt, da diesem Stadium nicht nur R1 Resektionen, sondern auch ein positiver Lymphknotenbefall einzuordnen ist. Es wäre wünschenswert, in späteren Studien die Stadieneinteilung differenzierter zu gestalten. Postoperative Therapie 109 Chemotherapie Es erfolgt grundsätzlich eine Kombinationschemotherapie. Die effektivsten Medikamente sind Actinomycin-D und Vincristin. Diese beiden Medikamente werden in höheren Stadien um Anthracycline (Doxorubicin) ergänzt. Anthracycline bergen jedoch das Risiko für Spätfolgen. So stellte die NWTS bei 1 – 5 % aller WT Patienten mit Anthracyclin-Therapie innerhalb 15 Jahre nach Diagnosestellung eine Kardiomyopathie fest. Dabei erhöhen Kofaktoren, wie eine Radiatio der Lungen bzw. des Mediastinums, das Risiko für diese Spätschäden [45]. In unserer Studie wurden 5 Kinder (Tumoren entsprachen intermediärer Malignität) postoperativ mit Doxorubicin in Kombination mit AV behandelt, 2 der 5 Kinder erhielten zusätzlich eine Radiatio aufgrund von positiven Lymphknoten bzw. der Tumorausdehnung. Alle 5 Patienten befinden sich in Vollremission ohne Anzeichen einer Kardiomyopathie. Bei Patienten mit einem hochmalignen Nephroblastom und Patienten im Stadium IV, ohne Erzielung einer kompletten Remission nach konventioneller Therapie, werden derzeit zusätzlich Carboplatin, Etoposid und Ifosfamid angewendet. Wegen der erhöhten Toxizität dieser Substanzen ist deren Einsatz nur in kontrollierten Studien indiziert. In unserer Studie erhielten 3 Kinder eine high-risk-Chemotherapie bestehend aus Doxorubicin, Carboplatin, Etoposid und Cyclophosphamid für 34 Wochen. Alle 3 Kinder wurden bestrahlt. 1 Kind lebt derzeit beschwerdefrei, 2 Kinder starben an den Folgen eines Rezidivs, welches sich jeweils noch im postoperativen Behandlungsschema entwickelte. Fünf Patienten wurden nach dem AV-2 Arm behandelt, dieser sieht die Gabe von A und V für 28 Wochen vor. In allen 5 Fällen besteht derzeit eine Vollremission. Das NWTSG Protokoll kommt dem postoperativen Behandlungsschema nach SIOP sehr nahe, wobei die Dauer der Chemotherapie dabei maximal 24 Monate beträgt und damit kürzer behandelt wird als in Europa, die Chemotherapeutika sind in beiden Studiengruppen identisch. Strahlentherapie Die Indikation zur zusätzlichen postoperativen Bestrahlung besteht nach dem SIOP Protokoll bei Tumoren intermediärer Malignität im Stadium III und bei hochmalignen Tumoren bereits ab Stadium II. Das Behandlungsschema der NWTS sieht darüber hinaus schon eine Radiatio bei Tumoren hoher Malignität im Stadium I vor [65]. Auf eine Bestrahlung von Lungenmetastasen kann nach den Daten der SIOP Studien verzichtet werden, wenn diese unter der Chemotherapie nicht mehr nachweisbar werden und keine hohe Malignität des Tumors vorliegt. Im Rahmen der NWTS Studien wird weiterhin eine thorakale Bestrahlung jedes Kindes mit Lungenmetastasen 110 durchgeführt [65]. Die Tendenz dieser Studiengruppe hin zu einer aggressiveren Strahlenbehandlung wird auch zahlenmäßig deutlich: Der Anteil bestrahlter Patienten liegt bei primärer Operation nach NWTS-Protokoll bei 30% [46], nach präoperativer Chemotherapie (SIOP) beträgt dieser Anteil 18% [42]. Die im Vergleich höhere Bestrahlungsquote der NWTS-Group begründet sich hier aber nicht nur auf den intensiveren Therapieansatz für Stadium I „high-risk“ Tumore und Lungenmetastasen, sondern ist vor allem auf eine höhere Anzahl von Stadium III Tumoren (höhere Rupturraten) nach Operation zurückzuführen. SIOP und UKCCSG-Studien zeigten, dass eine neoadjuvante Chemotherapie eine Reduktion der chirurgischen Komplikationen (19,8% vs. 8% [37]) sowie deutliche Erhöhung der Zahl der Patienten mit einem postoperativen lokalen Stadium I der Erkrankung bewirkt. 50% der Patienten weisen demnach ein Stadium I nach Operation auf, nur in 15% liegt ein Stadium III nach neoadjuvanter Chemotherapie vor [100]. Rezidive und Metastasen Treten Metastasen auf, findet man sie am häufigsten in der Lunge [48]. Sind Lymphknoten betroffen, so kann dies als Hinweis auf bereits vorhandene Fernmetastasen sein [15]. Penetriert der WT bereits die Leber, so muss dies per se zu keiner schlechteren Prognose führen [134]. In unserer Studie gab es nur einen Fall mit Leberbeteiligung, die Patientin starb. Knochenmetastasen und Absiedelungen im Gehirn sind äußerst selten, treten sie auf, verringert sich die Aussicht auf Heilung rasant. In unserem Studienkollektiv gab es keine Patienten mit Gehirn- oder Knochenmetastasen. In der NWTS-5 Studie waren 48 % der Rezidivbehandlungen erfolgreich. Dabei verbessert sich die Prognose bei Vorliegen einer günstigen Histologie ohne Metastasen im Bereich von Leber und Mediastinum. Bei einem erneuten Auftreten eines Rezidives, bei initialem Stadium IV, ungünstiger Histologie und bei Wiederauftreten eines Tumors in vorher bestrahlten Bereichen sind die Behandlungsaussichten äußerst schlecht [48]. NWTS Studien zufolge kam es bei 8,2% der bilateralen WT-Patienten mit nierenerhaltenden Tumoroperation zu einem Tumorrezidiv [62]. Mussten makroskopisch Tumorreste in situ verbleiben, kam es bei 9% der Patienten zu einem Rezidiv, RO Resektionen verbesserten die Rezidivrate auf 6,3% [62]. Die Prognose für Patienten mit Residualtumor nach Chirurgie muss nicht zwingend schlechter sein: Die in unserem Hause durchgeführten partiellen Nephrektomien mit positiven Tumornachweis an den Resektionsgrenzen (6 von 23 Operationen) führten zu keiner Verschlechterung der Über111 lebenschancen. Keiner dieser 6 Patienten entwickelte ein Rezidiv unter studiengerechter Therapie. Das gute Abschneiden dieser Gruppe kann zum einen auf die Effizienz der Therapie zurückgeführt werden, zum anderen muss der geringe Nachsorgezeitraum von durchschnittlich knapp 3 Jahren kritisch angemerkt werden. Insgesamt traten in zwei Fällen unserer Studiengruppe Tumorrezidive auf. In beiden Fällen wurden die Tumoren initial vollständig entfernt, jedoch lagen in beiden Fällen Metastasen in der Lunge vor, die ebenfalls vollständig chirurgisch entfernt wurden. Histologisch wurden die Tumoren als hochmaligne eingestuft und Rezidive traten innerhalb eines Jahres nach dem ersten chirurgischen Eingriff auf. Beide Patienten starben. Dennoch muss an dieser Stelle Zweifel an der histologischen Begutachtung hinsichtlich des Stadium I gezogen werden. Eine Metastasenentfernung bei Patienten mit Fernmetastasen sollte erst erfolgen, wenn keine Remission nach Chemo- oder Radiotherapie zu verzeichnen ist [40]. Die NWTS-Studie hat gezeigt, dass primär chirurgische Resektionen keine Verbesserung der 4-Jahres-Überlebensrate zur Folge haben [44]. Sie weist des weiteren auf schlechtere Ergebnisse hin, wenn Lungenmetastasen ausschließlich mit A und V behandelt werden und empfiehlt deswegen eine Radiatio und eine Chemotherapie mit Doxorubicin [30]. In unserer Studie wurden in 3 Fällen Lungenmetastasen chirurgisch entfernt: Bei einer Patientin (Fall 6) traten die Lungenrundherde zwei Wochen nach WT-Chirurgie erneut auf. Histologisch handelte es sich in der linken Niere um einen Tumor von hoher Malignität, der Tumor der rechten Niere wies ein Standardrisiko auf. Lymphknotenmetastasen wurden entfernt. Die Patientin starb an einem Bulktumor noch im gleichen Jahr der Diagnosestellung, trotz einer Hochdosisbestrahlung und Metastasenentfernung in der Lunge. Ein anderer Patient (Fall 15) entwickelte Lungenmetastasen unter Chemotherapie mit A und V zum Zeitpunkt der Tumoroperation an beiden Nieren. Pathohistologisch waren die Nierentumoren beider Seiten von hoher Malignität, es wurden zudem positive Lymphknoten reseziert. Zwei Wochen nach der letzten pN entfernte man die Lungenrundherde. Eine Bestrahlung sowie eine Chemotherapie bestehend aus Carboplatin, Etoposid, Cyclophosphamid und Doxorubicin wurde daraufhin eingeleitet. Der Patient verstarb an einem Rezidivtumor. Er erkrankte 10 Monate nach der Entfernung der Lungenrundherde und der Initialtumoren an einem Rezidiv. Bei der dritten Patientin (Fall 3) wurden verdächtige Lungenrundherde bereits 7 Monate nach initialer Tumorchirurgie entdeckt. 2 Jahre post OP wurden die regressiv veränderten Lungenmetastasen entfernt. Es fand zuvor keine Radiatio statt, die Chemotherapie wurde im AVD112 Arm des Studienprotokolls ausgeführt, histologisch gab es keinen Anhalt auf Lymphknotenmetastasen, beide Nierentumoren waren von intermediärer Malignität. Die Patientin lebt nunmehr bereits über 2 Jahre nach Metastasenresektion ohne Rezidiv. Patienten mit Rezidiven können laut Miser in 2 prognostische Gruppen unterteilt werden. Eine hohe Überlebenschance mit konventioneller Therapie haben Kinder mit erstem Rezidiv später als 6 Monate nach Nephrektomie und in einem nicht zuvor bestrahlten Bereich [85]. Lymphknotenmetastasen sollten ausgeschlossen sein, nur ein Gewebe oder Organ darf befallen sein, und histologisch hochgradige Malignität muss ausgeschlossen sein. In allen anderen Fällen liegt die Überlebensrate bei knapp 20% [85]. Inwieweit bei solchen Patienten durch eine Hochdosischemotherapie mit nachfolgendem Stammzell-Rescue die Prognose verbessert werden kann, ist weiterhin unklar [60][69] und ist zurzeit Gegenstand einer prospektiven randomisierten gemeinsamen Studie der SIOP und NWTS. Die Prognosen von Miser konvergieren mit den Behandlungsverläufen unserer 3 Patienten. Nierenfunktion Schädigungen der Niere können durch Verlust des Parenchyms (subtotale oder totale Nephrektomie) und temporäre bzw. dauerhafte Störung durch zytostatische Therapie, Radiotherapie, aber auch durch adjuvante medikamentöse Therapie (Immunsuppressiva, Antibiotika, Diuretika) hervorgerufen werden [54]. Eine Analyse der NWTS Daten ergab, dass die Mehrzahl der Niereninsuffizienzen bei Kindern mit bilateraler Erkrankung auftreten [111]. Eine andere Studie von Mpofu kam zu ähnlichen Ergebnissen [88]. Nach Breslow et al liegt die Inzidenz zur Entwicklung eines Nierenversagens für Patienten mit BWT nach 20 Jahren bei etwas über 10%. Patienten, die zusätzlich congenitale Malformationen aufweisen, haben ein deutlich erhöhtes Risiko ein Nierenversagen zu erleiden, 50% der Kinder mit DDS entwickelten nach 15 Jahren ein Nierenversagen, 70% der WAGR-Patienten und 20% Patienten mit urogenitalen Anomalien waren ebenfalls davon betroffen [13]. Die häufigste Ursache für ein Nierenversagen war die beidseitige Nephrektomie, gefolgt von Schädigungen der Niere als Folge von Bestrahlung und anderen therapiebedingten Schädigungen der Niere, wie chirurgische Komplikationen. Ein Nierenversagen aufgrund von Hyperfiltration und Glomerulosklerosis wurde selten angegeben [13]. Die Zahl der Fälle mit Nierenfunktionsstörungen bis hin zum Nierenversagen nimmt ab. Dies liegt v.a. daran, dass von chirurgischer Seite nierenerhaltende Tumoroperationen erfolgreich 113 durchgeführt werden können. Aufgrund der geringen Zahl von Langzeitstudien und der Tatsache, dass die „follow-up“ Zeiten zur Dokumentation von Nierenfunktionsdefiziten immer kürzer werden, können verlässliche Aussagen über den Grad der Nierenschädigung nicht bzw. nicht ausreichend getroffen werden. Experimentelle und klinische Studien ergaben, dass nach subtotaler Nephrektomie, die verbleibenden Nephrone einer chronischen Hyperfiltration erliegen, die wiederum eine renale Dysfunktion erzeugt. Wie es im einzelnen Fall zur Entwicklung einer Nierenschädigung durch Hyperfiltration kommt, ist derzeit Stand der wissenschaftlichen Diskussion. Es gibt wenige Studien, die über einen Langzeitverlauf der Nierenfunktion nach Nephrektomie bei WT Patienten verfügen [2][142]. Diese Studien prognostizieren Kindern mit unilateraler Nephrektomie ein hohes Risiko, im späteren Leben an einer renalen Dysfunktion zu erkranken. Es gibt jedoch auch Forschergruppen, die diesem Ansatz widersprechen [9][5][27]. Smith et al. konnte in 28 von 81 bestrahlten Kinder nach BWT Zeichen einer Niereninsuffizienz erkennen. Als Bemessungsgrundlage zog er Serumkreatininwerte >1,6 mg/dl (>134 μmol/l) sowie Blutharnstoffwerte >25 mg/dl (> 8,8 mmol/l) heran, der Beobachtungszeitraum erstreckte sich über 2 Jahre nach Abschluss der Behandlung [126]. In einer Studie von Davidoff et al. über 12 Patienten mit synchronem BWT, wiesen alle noch lebenden 10 Kinder eine behandlungsbedürftige arterielle Hypertension auf, es kam zu keiner signifikanten Proteinurie, die Creatinin-Clearance (Schwartz'sche Formel) war durchwegs im Normbereich nach einem mittleren Nachsorgeintervall von 3.9 Jahren [23]. In einer Studie von Fuchs verschlechterte sich allerdings die glomeruläre Filtrationsrate nach bilateraler pN in einer Gruppe von 14 Patienten mit BWT auf durchschnittlich 80ml/min/m2 von initial durchschnittlich 128 ml/min/m2 (Schwatz'sche Formel) [33]. In unserer Studie weisen 11 der 13 lebenden Patienten durchwegs normale bis minimal eingeschränkte GFR (zwischen 76 – 148 ml/min, durchschnittlich 114 ml/min) auf . In zwei Fällen ist die Nierenfunktion deutlich eingeschränkt: ● (Fall 9) zeigt nach abdominaler Strahlentherapie eine progrediente Verschlechterung der Creatinin-Clearance von 81ml/min auf 61 ml/min nach nur 6 Monaten. In der aktuellen Untersuchung sank der Wert auf nunmehr 43 ml/min. An beiden Nieren wurde partiell nephrektomiert. ● (Fall 1) mit einer schweren Nierenfunktionsstörung aufgrund mangelndem funktionsfähigen Nierengewebes, die GFR liegt bei 29 ml/min. Die Tumorchirurgie bestand aus einer totalen 114 und einer partiellen Nephrektomie der Gegenseite. In keinem Fall musste bisher eine Dialyse eingeleitet werden. Die Messung eines Elektrolytstatus für Natrium, Kalium Chlorid und Calcium ergab für alle Studienteilnehmer unauffällig Werte. In der Gruppe der harnpflichtigen Substanzen im Serum wurden für Harnstoff, Kreatinin und Harnsäure ebenfalls physiologische Werte ermittelt. Keiner unserer 15 Studienpersonen präsentiert derzeit eine auffällige Mikroalbuminurie. Eine erhöhte Proteinurie konnte man ausschließlich in Fall 13 feststellen, es handelt sich um den einzigen Patienten mit urogenitaler Fehlbildung, als Operationen wurden 1 pN und eine Nephrektomie durchgeführt, eine Bestrahlung fand nicht statt. Inwieweit eine beidseitige partielle Nephrektomie im Langzeitverlauf die Funktion der Restnieren beeinflusst, ist noch nicht hinreichend untersucht. Auch wenn messbare Funktionsparameter wie z.B. die Creatininclearance lange unverändert im Normbereich bleiben (mit Ausnahme einer kompensatorischen Vergrößerung), lassen sich Anzeichen für die Entwicklung einer arteriellen Hypertonie in Abhängigkeit zum Resektionsgrad der Nieren erkennen. Das heißt, je weniger Nierenparenchym vorhanden, desto höher die Wahrscheinlichkeit einer Hypertonie. In unserer Studie entwickelten 4 aus einer Gruppe von 7 Kindern mit nur einer verbliebenen Restniere einen arteriellen Hypertonus, der medikamentös kaum beherrschbar ist. Alle 8 Kinder mit partieller Nephrektomie beiderseits sind normoton, zwei von acht werden allerdings derzeit erfolgreich antihypertensiv behandelt. Mit Hilfe der partiellen Nephrektomie ist es heute möglich, parenchymsparende Operationen erfolgreich zu vollziehen. Es wäre jedoch sinnvoll, wenn diese Patienten in ein Langzeit- nachsorgeprogramm aufgenommen würden, in denen Blutdruck, Proteinurie, Serumcreatiningehalt und die renale Clearance routinemäßig überprüft werden würden. Viele Kinder, die bis zur Pubertät ohne Anzeichen einer Nierenschädigung leben, entwickeln eine solche im späteren Leben. Langzeitverlauf Keines der Kinder aus unserer Studie leidet bei einer mittleren Nachsorgedauer von 3 Jahren unter einer Kardiomyopathie. Bei zwei Patienten wurde von einer Vincristin bedingten Neuropathie berichtet, in beiden Fällen war diese nach Ende der Therapie wieder rückläufig. Intraoperativ wurden in mehreren Fällen Anzeichen einer VOD nach Actinomycin D Gabe gefunden. Langfristig ist vor allem allem auf Wachstumsstörungen von Skelett und Weichteilen als Folge der 115 Bestrahlung zu achten. Zumeist wird dies während der Wachstumsschübe offenkundig. Das Ausmaß der Beeinträchtigung ist abhängig von der Bestrahlungsdosis, dem Bestrahlungsvolumen und dem Alter des Kinder zum Zeitpunkt der Behandlung [54]. Aufgrund des kurzen Auswertungszeitraumes dieser Studie können verlässliche Aussagen über die Langzeitprognose und die sich möglicherweise entwickelnden Folgeschäden in unserem Kollektiv noch nicht getroffen werden. Überlebenszeit Die Langzeitüberlebensrate für Patienten mit synchronen bilateralen WT wird mit 70 – 80% in der Literatur angegeben [87][10][11]. In unserer Studie beträgt das Gesamtüberleben (OS) derzeit 87% bei einer mittleren Nachsorgedauer von 3 Jahren. Studien zufolge weisen Patienten mit metachronen Tumoren gegenüber synchronem Auftreten schlechtere Überlebenschancen auf [20][64]. Die Gesamtprognose für Kinder mit BWT verschlechtert sich, wenn der Tumor eine high-risk Histologie aufweist, ein höheres lokales Stadium vorherrscht und das Kind älter als 3 Jahre bei Diagnosestellung ist [87][99][131][141]. Die Erfahrungen in unserem Patientenkollektiv bestätigen diese Thesen. Patienten mit Metastasen und solche, die wegen bilateraler NBL-Herde eine Vorbehandlung erhielten, gehören ebenfalls zur Risikogruppe. Nierenerhaltende Operationsverfahren zur Tumorentfernung verschlechtern das rezidivfreie Überleben, die Gesamtüberlebenszeit bleibt davon jedoch unberührt [131]. Die tendenziell schlechteren Überlebensraten für Patienten mit BWT im Vergleich zur unilateralen Erkrankung könnten mehrere Ursachen haben: ● Durch intensive Chemotherapie zur Tumorvolumenreduktion könnte ein “Understaging” in dem Sinne erfolgen, dass kleinste Absiedelungen des Tumors nach neoadjuvanter Chemotherapie zwar nicht mehr sichtbar sind, jedoch noch lebende maligne Zellverbände vorherrschen, die nach Abschluss der Therapie zu höheren Rezidivraten führen [136]. ● Eine partielle Nephrektomie, die vor allem bei bilateralen WT angewendet wird, birgt eine erhöhte Gefahr von R1 Resektionen [62]. ● Spricht ein Patient schlecht auf die Therapie an, so ist man bestrebt, durch intensivere 116 Therapie bessere Ergebnisse zu erreichen. Dies kann zum einen zu einer Verschleierung von therapieresistenten Tumoren führen, zum anderen steigt das Ausmaß der therapiebedingten Schädigungen. ● Es muss auch erwähnt werden, dass über 9% der Patienten mit synchronen BWT im Laufe der Zeit eine Niereninsuffizienz entwickeln und an deren Folgen sterben können [122]. 117 V. Zusammenfassung Der häufigste maligne Nierentumor im Kindesalter, der Wilms-Tumor (WT), gilt heute als Vorzeigebeispiel einer heilbaren bösartigen Erkrankung. Die Erkenntnisse groß angelegter randomisierter Studien, der National Wilms Tumor Study Group (NWTS, seit der Fusion mit der Pediatric Oncology Group nun: Children's Oncology Group, COG) und der europäischen Therapieoptimierungsstudien der Société Internationale d'Oncologie Pédiatrique (SIOP), ermöglichen heute ein nahezu optimales Therapiekonzept, auch für Kinder mit bilateraler Erkrankung. Ziel dieser Studie ist die Analyse der Erkrankung von 15 Kindern, die in den Jahren 2004 bis 2008 mit der Diagnose bilateraler Wilms-Tumor (BWT) an der von Haunerschen Kinderklinik in München behandelt wurden. Die Strategie zur Behandlung bilateraler WT konvergiert in beiden großen Studien: Sowohl SIOP als auch COG starten mit einer präoperativen Chemotherapie für maximal 12 Wochen. In dieser Zeit sollen die Tumoren an Masse verlieren, anschließend soll in einer Operation möglichst viel gesundes Nierengewebe für möglichst lange Zeit erhalten werden. Während sich SIOP allein auf die bildgebende Diagnostik zur Einleitung der obligaten neoadjuvanten Chemotherapie stützt, wird in Nordamerika und England vor Therapiebeginn eine histologische Auswertung des Tumors mittels Biopsie gefordert. Dabei führt die Probeentnahme durch eine sogenannte „tru-cut“ Stanze zu keiner Hochstufung des Tumors bezüglich der Stadieneinteilung. Neueste Ergebnisse zeigen auch keine erhöhte Gefahr für Rezidiventwicklungen durch Biopsie, zudem sind Komplikationen bei der Durchführung sehr gering. Die histologischen Analysen könnten bei der präoperativen Therapie, welche gerade bei bilateralen WT eine große Rolle einnimmt, zur Wahl des geeigneten Chemotherapeutikums und der Dauer der Therapie helfen und somit die Effizienz der Behandlung nochmals steigern. An vier unserer 15 Studienteilnehmer wurde während der Tumoroperation an einer Seite eine Probeentnahme an der Gegenseite durchgeführt. Die histologische Aufarbeitung wurde zur Therapieoptimierung genutzt. Alle Studienteilnehmer erhielten eine präoperative Chemotherapie. Diese führte in 62,5% unserer Kinder zu einer Tumorverkleinerung von über 75%. Sprechen Tumoren schlecht auf neoadjuvante Chemotherapie an, so kann dies zum einen an der Aggressivität des Tumors (hohe Malignität, Anaplasie) liegen, zum anderen aber an dessen Stromareichtum. Stromareiche Tumoren gelten als intermediär maligne und weisen i.a. eine gute Prognose auf. In unserem Patientenkollektiv nahmen ausschließlich stromareiche Tumoren während neoadjuvanter Chemotherapie an Masse zu (+20, 118 +31% der Ausgangsgröße). Die Vorbehandlung kann somit als prognostischer Marker zur Beurteilung der Histologie des Tumors herangezogen werden. Bei fehlender Tumorvolumenabnahme während der präoperativen Chemotherapie empfiehlt sich eine baldige Tumorentfernung. Nephrogene Reste und Nephroblastomatoseherde (NBL) finden sich häufig in Patienten mit WilmsTumoren. Nephrogene Reste weisen 90% der Patienten mit synchroner und 94% der Patienten mit metachroner Erkrankung auf [82]. In unserem Patientengut trat eine NBL in 86,7% der Fälle in Erscheinung. Diese Daten spiegeln den engen Zusammenhang zwischen BWT und bilateraler Nephroblastomatosis wider. Jeder NBL-Herd in einem resezierten Tumor sollte Anlass dazu geben, entsprechend intensive Nachsorgeuntersuchungen anzustellen. Wurden Nephroblastomatoseherde prä- oder intraoperativ diagnostiziert, so sollte eine organerhaltende Operationsweise (die sogenannte „nephron-sparing surgery“) für gut abgegrenzte NBL-Komplexe angewendet werden. Nach wie vor ist die Operation der Hauptbestandteil der WT-Therapie. Wenn Histologie, Tumorausdehnung und Lokalisation es zulassen, so wird der Erhalt von mehr als 50% des Nierenparenchyms angestrebt, um ein Hyperperfusionssyndrom und damit eine zusätzliche Schädigung der Restniere zu vermeiden. Die Rate der Teilnephrektomien (pN) betrug in unserem Studienkollektiv 76,7%, d.h. 23 von 30 Nieren konnten organerhaltend operiert werden. Das Risiko, tumorinfiltrierte Resektionsränder nach partiellen Nephrektomien zu erhalten, ist höher als bei der gesamten Entfernung der Niere [131], in unserer Studie betrug der Anteil 26%. Solche negativen Vorgaben bedingen eine vierfach höhere Rezidivrate bei nierenerhaltenden Operationstechniken [62]. In unserer Studie entwickelte jedoch keines der 6 Kinder mit R1 Resektionen ein Rezidiv an der betroffenen Seite. Vergleicht man das Gesamtüberleben zwischen Patienten mit totaler Nephrektomie mit teilnephrektomierten Kindern, so bleibt die Überlebenschance nach pN trotz schlechterer Ausgangslage (Stadium III) nahezu gleich, das rezidivfreie Überleben sinkt jedoch [131]. Trotz der Fortschritte in der Behandlung werden durch negative prognostische Kriterien, dazu zählen eine hochgradig maligne Histologie, ein fortgeschrittenes Tumorstadium, höheres Alter bei Diagnose, das frühe Auftreten eines Rezidivs und Metastasenentwicklung unter Therapie, sowie Entwicklung von Rezidiven auf vorher bestrahlte Bereiche, die Überlebenschancen deutlich reduziert [85][131]. Beide verstorbenen Kinder in unserer Studie präsentierten diese nachteiligen Bedingungen. Alle anderen 13 Studienteilnehmer leben trotz zum Teil vorherrschender negativer Prognosefaktoren. Das Ziel heutiger Studien ist es, unter kurativen Gesichtspunkten, die Spätfolgen und somit die Spätmorbidität zu verringern. So wird in der laufenden SIOP Studie die Bedeutung von 119 Doxorubicin, welches zu Spätschäden am Herzen führen kann, in der Behandlung der Patienten mit Tumoren intermediärer Malignität der Stadien II und III randomisiert untersucht. Die Erhaltung einer ausreichenden Nierenfunktion, gerade bei bilateralem Tumorgeschehen nach Chirurgie und gegebenenfalls Bestrahlung, sowie nach Einsatz nephrotoxischer Chemotherapeutika, stellt weiterhin eine Herausforderung dar. In unserer Studie wurde die Nierenfunktion anhand verschiedener Parameter gemessen: So wurden Serumkreatinin und Harnstoffwerte bestimmt, die glomeruläre Filtrationsrate wurde entweder über die Schwartz'sche Formel geschätzt, oder über 24 Stunden Sammelurin gemessen. Über das Ausmaß funktionsfähigen Nierengewebes konnte darüber hinaus eine DMSA Szintigraphie Aufschluss geben, und schließlich bildeten Blutdruckmessungen und Urinuntersuchungen zur Bestimmung der Proteinausscheidung den Abschluss unserer Untersuchungsreihe. Während die Serumkreatininwerte sowie der Elektrolytstatus unserer Patienten im relativen Normbereich waren, zeigten sich Veränderungen in der gemessenen glomerulären Filtrationsrate: dabei verschlechterte sich diese bei einem Patienten während eines Jahres nach abdominaler Bestrahlung zunehmend, und zwar um 50%. Die Bestimmung der Mikroalbuminurie, die als Frühmarker einer Nierenschädigung gilt, sowie die Proteinausscheidung im Urin, war bis auf einen Fall mit urogenitaler Fehlbildung im physiologischen Bereich. Die Auswertung der Blutdruckmessungen in unserer Studiengruppe bestätigte einen Zusammenhang zwischen der Menge des verbliebenen Nierenparenchyms und dem sich entwickelnden arteriellen Hypertonus. Je weniger Restnierengewebe vorhanden war, um so höher war auch das Risiko für die Entwicklung eines Bluthochdrucks und damit einer zusätzlichen Nierenschädigung. Vier unserer sieben Kinder mit nur einer verbliebenen Restniere leiden derzeit an einem schwer behandelbaren Bluthochdruck. Alle Kinder mit pN beidseits präsentieren unauffällige Werte. Die Effizienz bei der Behandlung von bilateralen WT könnte durch eine Biopsie der Tumoren vor Behandlungsbeginn nochmals gesteigert werden. Eine sogenannte „tru-cut“ Stanze würde eine noch gezieltere präoperative Therapie für den jeweils vorherrschenden Subtyp des Tumors ermöglichen, zum einen hinsichtlich der Wahl des/der geeigneten Chemotherapeutika, und zum anderen hinsichtlich der Behandlungsdauer vor Chirurgie. Zudem könnte durch die Überprüfung von Nierenfunktionsparametern in längerfristig angelegten Nachsorgeprogrammen eine eventuelle Verschlechterung der Gesamtleistung der Nieren schneller entdeckt und auch behandelt werden. 120 VI. Abkürzungsverzeichnis A Actinomycin D AV Actinomycin D, Vincristin AVD Actinomycin D, Vincristin, Doxorubicin BWT bilateraler Wilms-Tumor COG Children’s Oncology Group Dox Doxorubicin EDCC Etoposid, Doxorubicin, Cycolopholphamid, Carboplatin N Nephrektomie NBL Nephroblastomatose NWTS National Wilms Tumor Study OS overall survival pN partielle Nephrektomie SIOP/GPOH Societe Internationale D'Oncologie Pediatrique / Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie UKCCSG United Kingdom Children's Cancer Study Group V Vincristin WT Wilms-Tumor VII. Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Epitheliale Komponente eines Wilms-Tumors 19 Abbildung 2: Blastemanteil in einem WT 20 Abbildung 3: Stromale Komponente eines Wilms-Tumors 21 Abbildung 4 Schematischer Ablauf der Behandlung bilateraler Nephroblastome 26 Abbildung 5: Therapieübersicht für Stadium V nach SIOP 2001/GPOH 35 Abbildung 6: Geschlechterverteilung bei WT-Patienten 44 121 Abbildung 7: Diagnosealter unterteilt nach Geschlecht 45 Abbildung 8: Symptome zum Zeitpunkt der Diagnosestellung 47 Abbildung 9: Tumorvolumen vor Therapiebeginn 49 Abbildung 10: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie; Fall 1 53 Abbildung 11: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 2 54 Abbildung 12: Tumoren initial, Fall 2 54 Abbildung 13: Tumoren nach 12 Wochen Chemotherapie, Fall 2 54 Abbildung 14: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 3 55 Abbildung 15: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 4 56 Abbildung 16: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 5 56 Abbildung 17: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 6 57 Abbildung 18: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 7 58 Abbildung 19: MRT, Fall 7, Tumoren initial Chemotherapie 59 Abbildung 20: MRT, Fall 7, Tumoren nach 4 Wochen 59 Abbildung 21: MRT, Fall 7, nach 8 Wochen Chemotherapie 59 Abbildung 22: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 8 60 Abbildung 23: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 9 61 Abbildung 24: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 10 61 Abbildung 25: MRT, Fall 10, Tumoren initial 62 Abbildung 26: MRT, Fall 10, Tumoren nach 4 Wochen Chemotherapie 62 Abbildung 27: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 11 63 Abbildung 28: Tumorvolumenreduktion durch präoperative Chemotherapie, Fall 12 63 Abbildung 29: MRT, Fall 12, Tumor links initial 64 Abbildung 30: MRT, Fall 12, Tumor links nach Chemotherapie 64 Abbildung 31: MRT, Fall 12, Tumor rechts initial 64 Abbildung 32: MRT, Fall 12, Tumor rechts nach Chemotherapie 64 Abbildung 33: Tumorvolumenreduktion nach präoperativer Chemotherapie, Fall 13 65 Abbildung 34: Tumorvolumenreduktion nach präoperativer Chemotherapie, Fall 14 66 Abbildung 35: MRT, Fall 14, Tumoren initial 66 Abbildung 36: MRT, Fall 14, Tumoren nach 4 Wochen Chemotherapie 66 Abbildung 37: MRT, Fall 14, nach Nephrektomie links 67 Abbildung 38: Tumorvolumenreduktion nach präoperativer Chemotherapie, Fall 15 68 122 Abbildung 39: Zeitintervall zwischen Diagnosestellung und erster Tumoroperation in Wochen, Fall 1 - 15 Abbildung 40: 69 Bei zweizeitiger Operationsweise: Zeitabstand in Wochen zwischen den Tumoroperationen 70 Abbildung 41: Durchgeführte Operationen 71 Abbildung 42: Partielle Nephrektomie versus Nephrektomie 74 Abbildung 43: Postoperatives lokales Stadium und Alter bei Diagnosestellung 75 Abbildung 44: Pathohistologie der Tumorpräparate 77 Abbildung 45: Malignitätsgrad der Tumorpräparate 78 Abbildung 46: Aufgetretene Metastasen ab dem Zeitpunkt der WT-Diagnose in unserem Patientenkollektiv Abbildung 47: 86 DMSA Szintigraphie präop., Fall 7, Partialfunktion re:li 53:47 Abbildung 48: DMSA Szintigraphie 8 Monate postop., Fall 7, Partialfunktion re:li 65:35 Abbildung 49: 93 93 Veränderung der Blutdruckwerte prä- und postoperativ in 15 Fällen 95 VIII. Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Syndrome und Fehlbildungen mit einer Prädisposition für Nephroblastome und deren Häufigkeit [Graf 2007][Stehr 2009] Tabelle 2: Annähernde Prävalenz von nephrogenen Resten Tabelle 3: Die wichtigsten Differentialdiagnosen zum Nephroblastom mit bildgebender und klinischer Klassifizierung [Furtwängler 2008] Tabelle 4: 8 10 12 Risiko der präoperativen Chemotherapie ohne histologische Diagnose eines Wilms-Tumors [Graf 2000] 14 Tabelle 5: Stadieneinteilung für renale Tumoren [Kalapurakal 2004] 16 Tabelle 6: Stadieneinteilung von Nierentumoren nach UICC/AJCC, 2002, 6. Auflage 18 123 Tabelle 7: Grading von WT im Kindesalter 22 Tabelle 8: Stadieneinteilung bei Vorliegen eines Tumorthrombus 30 Tabelle 9: Therapiepläne für lokalisierte Stadien nach SIOP 2001/GPOH, Januar 2003 34 Tabelle 10: Pathologien bei 15 Kindern mit bilateraler WT-Erkrankung 46 Tabelle 11: Patienten mit Lungenmetastasen vor Therapiebeginn 49 Tabelle 12: Chemotherapie präoperativ 50 Tabelle 13: Chemotherapie zwischen zwei Tumoroperationen 51 Tabelle 14: Postoperative Komplikationen; Fall 1 - 15 73 Tabelle 15: Abweichende pathohistologische Ergebnisse zwischen der Referenzpathologie Kiel und dem Pathohistologischem Institut München 76 Tabelle 16: Pathohistologische Auswertung der Tumorpräparate; Fall 1 – 15 76 Tabelle 17: Patientenübersicht: Ergebnisse der präoperativen Therapie sowie postoperatives Staging und Grading 79 Tabelle 18: Postoperative Chemotherapie, Fall 1-15 82 Tabelle 19: Postoperative Strahlenbehandlung im Studienkollektiv 84 Tabelle 20: Klassifikation von Nierenerkrankungen anhand GFR 88 Tabelle 21: Glomeruläre Filtrationsrate, Fall 1-15 89 Tabelle 22: Klassifikation: Albuminausscheidung im Urin 91 Tabelle 23: Blutdruckwerte Fall 1 - 15 und ggf. deren Therapie 94 IX Literaturverzeichnis 1) Andrews PE, Kelalis PP, Haase GM (1992): Extrarenal Wilms' Tumor: Results of the National Wilms Tumor Study. J Pediatr Surg 9 (27): 1181-84 2) ArguesoLR, Ritchey ML, Boyle J et al (1992): Prognosis of children with solitary kidney after unilateral nephrectomy. J Urol 148: 747 - 751 3) Arya M, Shergill IS, Gommersall L (2006): Current trends in the Management of Wilms' Tumour. J Compilation: 899-904 124 4) Barbaux S, Niaudet P, Gubler MC et al (1997): Donor splice-site mutations in WT1 are responsible for Frasier syndrome. Nat Genet 17: 467–470 5) Barrera M, Roy LP, Stevens M (1989): Long-Term follow-up after unilateral nephrectomy and radiotherapy for Wilms' tumour. Pediatr Nephrol 3: 430-432 6) Beckwith JB (1998): Nephrogenic Rest and the Pathogenesis of Wilms' Tumor: Developmental and Clinical Considerations. Am J Med Genet 79:268-273 7) Beckwith JB (1993): Precursor lesions of Wilms' tumor: Clinical and biological implications. Med Ped Oncol 21: 158-168 8) Beckwith JB, Kiviat NB, Bonadio JF (1990): Nephrogenic rests, nephroblastomatosis, and t he pathogenesis of Wilms'tumor. Pediatr Pathol 10:1-36 9) Bhisitkul DM, Morgan ER, Vozar MA et al (1991): Renal functional reserve in long-term survivors of unilateral Wilms' tumor. J Pediatr 118:698-702 10) Bishop HC, Tefft M, Evans AE et al (1977): Survival in bilateral Wilms’ tumor –review of 30 National Wilms’ Tumor Study cases. J Pediatr Surg 12:631–638 11) Blute ML, Kelalis PP, Offord N et al (1987): Bilateral Wilms' tumor. J Urol 138:968-973 12) Bove KE (1999): Wilms Tumor and Related Abnormalities in Fetus and Newborn. Sem Perinatol 4 (23):310-318 13) Breslow N, Grigoriev Y, Peterson S et al (2005): End Stage Renal Disease In Patients With Wilms Tumor: Results from the National Wilms Tumor Study Group and the U.S. Renal Data System. J Urol 174 (5):1972-1975 14) Breslow NE, Beckwith JB, Haase GM, Kalapurakal JA, Ritchey ML, Shamberger RC, Thomas PR, D'Angio GJ, Green DM (2006): Radiation therapy for favorable histology Wilms tumor: prevention of flank recurrence did not improve survival on National Wilms Tumor Studies 3 and 4. Int J Radiat Oncol Biol Phys 1 (65):203-9 15) Breslow NE, Churchill G, Nesmith B (1986): Clinicopathologic features and prognosis for Wilms tumor patients with metastases at diagnoses. Cancer 68:2486-2488 16) Byrne J, Mulvihill JJ, Connelly RR, Austin DA, et al (1988): Reproductive Problems and Birth Defects in survivors of Wilms' Tumor and Their Relatives. Med and Ped Oncology 16: 233-240 17) Cohen MM Jr (2005): Beckwith-Wiedemann syndrome: historical, clinicopathological, and 125 etiopathogenetic perspectives. Pediatr Dev Pathol 8:287-304 18) Cooper CS, Jaffe WI, Huff DS et al (2000): The role of renal salvage procedures for bilateral Wilms tumor: a 15 year review. J Urol1 63:265-268 19) Coppes MJ, Arnold M, Beckwith JB et al (1999): Factors affecting the risk of contralateral Wilms’ tumor development: a report from the National Wilms’ Tumor Study. Cancer 85:1616–1625 20) Coppes MJ, de Kraker J, van Dijken PJ et al (1989): Bilateral Wilms’ tumor: long-term survival and some epidemiological features. J Clin Oncol 7:310–315 21) Coppes MJ, Pritchard-Jones K (2000): Principles of Wilms' tumor biology. Urol Clin North Am 27:423-433 22) D’Angio GJ, Breslow N, Beckwith B et al (1989): Treatment of Wilms’tumor. Results of the Third National Wilms’Tumor Study. Cancer 64:349–360 23) Davidoff AM, Giel DW, Jones DP, et al (2008): The Feasibility and Outcome of Nephronsparing Surgery for Children With Bilateral Wilms Tumor. Cancer 9 (112):2060-2070 24) Davies R, Moore A, Schedl A et al (1999): Multiple roles for the Wilms’tumor suppressor, WT1 . Cancer Res 59:1747–1751 25) de Kraker J, Graf N, van Tinteren H, Pein F, Sandstedt B, Godzinski J, Tournade MF for the International Society of Paediatric Oncology Nephroblastoma Trial Committee(2004): Reduction of postoperative chemotherapy in children with stage I intermediate risk and anaplasia Wilms’Tumour . The SIOP 93-01 randomised trial. Lancet 364:229-235 26) de Kraker J, Pritchard Jones K (2005): Treatment of Wilms Tumor: An International Perspective. J of Clin Onco 13 (23):3156-3157 27) de Toledo J, Rodriguez GC, Gallego MS et al (1994): Renal function in long-term survivors of Wilms' tumor. Med Pediatr Oncol 23:265 28) Delatte SJ, Hazen-Martin DJ, Re GG, Kelly JR, Sutphin A, Tagge EP (2001): Restoration of p53 function in anaplastic Wilms' tumor. J Pediatr Surg 36:43-50 29) Dome JS, Coppes MJ (2002): Recent advances in Wilms tumor genetics. Curr Opin Pediatr 14:5-11 30) Ehrlich PF, Hamilton TE, Grundy P, Ritchey M, et al (2006): The value of surgery in directing therapy for patients with Wilms'tumor with pulmonary disease. A report from the National Wilms' Tumor Study Group (National Wilms' Tumor Study 5). J Pediatr Surg 1 126 (41):162-167 31) Ellisen LW (2002): Regulation of gene expression by WT1 in development and tumorigenesis. Int J Hematol 6:110-116 32) Fischbach BV, Trout KL, Lewis J, Luis CA, Sika M (2005): WAGR syndrome: a clinical review of 54 cases. Pediatrics 116: 984-988 33) Fuchs J, Wünsch L, Flemming P, et al (1999): Nephron-sparing Surgery in Synchronous Bilateral Wilms' Tumors. J of Ped Surgery 10 (34):1505-1509 34) Furtwängler R, Schenk JP, Alkasser M et al (2008): Das Nephroblastom und andere pädiatrische Nierentumoren. Marseille Verlag München: 59-77 35) Gadner H, Niemeyer C, Gaedicke G, Ritter J (2006): Pädiatrische Hämatologie und Onkologie: Nephroblastom und andere Nierentumoren. Springer Verlag: 498-502 36) Gessler M, König A, Bruns G (1992): The genomic organization and expression of the WT1 gene. Genomics 12: 807–813 37) Godzinski J, Tournade MF, deKraker J et al (1998): Rarity of surgical complications after postchemotherapy nephrectomy for nephronblastoma. Experience of the International Society of Paediatric Oncology Trial and Study "SIOP-9". Eur J Pediatr Surg 8: 83-86 38) Gommersall LM, Arya M, Mushtaq I et al (2005): Current challenges in Wilms' tumor management. Nat Clin Pract Oncol 2: 298-304 39) Graf N (2007): Nephroblastoma - State of the Art, URL: <http://nephroblastom.de/index.php?option=com_content&task=view&id=13&Itemid=2> 40) Graf N (2003): Therapieoptimierungsstudie zur Behandlung von Kindern und Jugendlichen mit einem Nephroblastom. SIOP 2001/GPOH 2003. 2: 1-274 41) Graf N, Semler O, Reinhard H (2004): Die Prognose des Wilms-Tumors im Verlauf der SIOP-Studien. Urologe A 43: 421-428 42) Graf N, Tournade MF, de Kraker (2000): The role of preoperative chemotherapy in the management of Wilms' tumor. Uro Clin North Am 27: 443-454 43) Graf N, Reinhard H (2003): Wilms-Tumoren, Diagnostik und Therapie. Der Onkologe 9: 416-433 44) Green CM, Breslow NE, Li Y et al (1996): The role of surgical excision in the management of relapsed Wilms' tumor patients with pulmonary metastases: a report from the National 127 Wilms' Tumor Study. J Pediatr Surg 6 (26): 728-733 45) Green DM, Beckwith JB, Breslow NE et al (1994): Treatment of children with stages II to IV anaplatstic Wilms' Tumor: a report from the National Wilms' Tumor Study Group. J Clin Onco 12: 2126-2131 46) Green DM et al (1998): Comparison between single-dose and divided-dose administration of dactinomycin and doxorubicin for patients with Wilms’ tumor: a report from the National Wilms’ Tumor Study Group. J Clin Oncol 16: 237-245 47) Green DM, Breslow NE, Li Y, Grundy PE et al (1991): The role of surgical excision in the management of relapsed Wilms' tumor patients with pulmonary metastases: a report from the National Wilms' Tumor Study.J Ped Surg 6 (26): 728-733 48) Green DM, Cotton CA, Malogolwkin M et al (2007): Treatment of Wilms Tumor Relapsing After Initial Treatment with Vincristine and Actinomycin D: A Report From the National Wilms Tumor Study Group. Pediatr Blood Cancer 48: 493-499 49) Grundy P, Coppes MJ, Haber D (1995): Molecular Genetics of Wilms Tumor. Hematol Oncol Clin North Am 9: 1201-1215 50) Grundy P, Koufos A, Morgan K, Li FP, Meadows AT, Cavenee WK (1988): Familial predisposition to Wilms tumour does not map to the short arm of chromosome 11. Nature 336: 374–376 51) Grundy PE, Breslow NE, Li S, Perlman E, Beckwith JB, Ritchey ML, Shamberger RC, Haase GM, D'Angio GJ, Donaldson M, Coppes MJ, Malogolowkin M, Shearer P, Thomas PR, Macklis R, Tomlinson G, Huff V, Green DM; National Wilms Tumor Study Group (2005): Loss of heterozygosity for chromosomes 1p and 16q is an adverse prognostic factor in favorable-histology Wilms tumor: a report from the National Wilms Tumor Study Group. J Clin Oncol 23: 7312-7321 52) Grundy PE, Telzerow PE, Breslow N, Moksness J, Huff V, Paterson MC (1994): Loss of heterozygosity for chromosomas 16q and 1p in Wilms’tumors predicts an adverse outcome. Cancer Res 54: 2331-2333 53) Grunning KB, Cohn SL, Tomlinsen GE, Strong LC, Huff V (1996): Analysis of possible abnormal WT1 RNA processing in primary Wilms tumors. Oncogene 13: 1179–1185 54) Gutjahr P (2004): Krebs bei Kindern und Jugendlichen. Deutscher Ärzteverlag. 5 55) Gutjahr P, Kaatsch P, Spaar HJ et al (1990): Klinik, Therapie und Prognose bei 373 Kindern 128 mit Wilms-Tumoren - Ergebnisse der bundesweiten Studie 1980 - 1988. Akt Uro 121: 132141 56) Gylys-Morin V, Hoofer FA, Kozakewich H, Shamberger RC (1993): Wilms tumor and nephroblastomatosis: imaging characteristics at gadolinium-enhanced MR imaging.Radiology 188: 517-521 57) Haber DA, Buckler AJ, Glaser T et al (1990): An internal deletion within an 11p13 zinc finger gene contributes to the development of Wilms tumor. Cell 60:1257–1269 58) Häcker FM, von Schweinitz D, Burger D, Graf N (2005): Nierenerhaltende Resektionen bei unilateralem Wilms Tumor: Ergebnisse der Studie SIOP 93-01/GPOH. German Medical Science 04/05 59) Hamilton TE, Green DM, Perlman EJ et al (2006): Bilateral Wilms' tumor with anaplasia: lessons from the National Wilms' Tumor Study. J of Ped Surg 41: 1641-1644 60) Hempel L, Kremens B, Weirich A, Graf N, Zintl F, Ludwig R (1996): High dose consolidation with autologous stem cell rescue (ASCR) for nephroblastoma intially treated according to the SIOP9/GPOH trial and study. Klin Pädiatr 208: 186–189 61) Hing S, Lu YJ, Summersgill B, King-Underwood L, Nicholson J, Grundy P, Grundy R, Gessler M, Shipley J, Pritchard-Jones K (2001): Gain of 1q is associated with adverse outcome in favorable histology Wilms' tumors. Am J Pathol 158: 393-398 62) Horwitz, Ritchey, Moksness, Breslow, Smith, Thomas, Haase et al (1996): Renal Salvage Procedures in Patients With Synchronous B. WT, J of Pediatric Surgery 31 (8): 1020-1025 63) Huff V (1998): Wilms Tumor genetics. Am J Med Genet 79: 260–267 64) Jones B, Hrabovsky E, Kiviat N et al (1982): Metachronous bilateral Wilms’ tumor, National Wilms’ Tumor Study. Am J Clin Oncol 5: 545–550 65) Kalapurakal JA, Dome JS, Perlman EJ et al (2004): Management of Wilms’tumour: current practice and future goals. Lancet Oncol 5: 37-46 66) Kaste, Dome, Babyn, Graf et al (2008): Wilms tumour: prognostic factors, staging, therapy and late effects. Pediatr Radiol 38: 2-17 67) Kay R, Taqnk E (1986): The current management of bilateral Wilms' tumor. J Urol1 35: 983-985 68) Klamt B, Schulze M, Thate C et al (1998): Allele loss in Wilms tumors of Chromosome arms 1 Iq, 16q, and 22q correlate with clinicopathological parameters. Genes Chromosome. 129 Cancer 22: 287–294 69) Kremens B, Gruhn B, Klingebiel T, Hasan C, Laws H-J, Koscielniak E, Hero B, Selle B, Niemeyer C, Finckenstein FG, Schulz A, Wawer A, Zintl F, Graf N (2002): High-dose chemotherapy with autologous stemcell rescue in children with nephroblastoma. Bone Marrow Transplantation30: 893-898 70) Kumar R, Fitzgerald R et al (1998): Conservative surgical management of bilateral Wilms' tumor: Results of the United Kingdom Children's Cancer Study Group. J Urol 160:14501453 71) Laberge JM, Nguyen LT, Homsy YL et al (1987): Bilateral Wilms' tumors: Changing concepts in management. J Pediatr Surg 22: 730-735 72) Lamond AI (1995): RNA processing. Wilms’ tumour-the splicing connection? Current Biology 5: 862–865 73) Lee SB, Haber DA (2001): Wilms' tumor and the WT1 gene. Exp Cell Res 264: 74-99 74) Lemerle J, de Kraker J, Tournade MF et al (1993): The SIOP Wilms' tumor trials and studies. Med Pediatr Oncol 2: 553 75) Little M, Holmes G, Walsh P (1999): WT1: what has the last decade told us. 21: 191–202 76) Maher ER, Reik W (2000): Beckwith-Wiedemann syndrome: imprinting in clusters revisited. J Clin Invest 105: 247–252 77) Malik K, Salpekar A, Hancock A, Moorwood K, Jackson S, Charles A (2000): Identification of differential methylation of the WT1 antisense regulatory region and relaxation of imprinting in Wilms’ tumor. Cancer Res 60: 2356–2360 78) Malik K, Yan P, Huang TH, Brown K (2001): Wilms' tumor: a paradigm for the new genetics. Oncol Res 12:441-449 79) Malkin D, Sexsmith E, Yeger H, Williams BRG (1994): Mutations of the p53 Tumor suppressor gene occur infrequently in Wilms’Tumor. Cancer Res 54: 2077-2079 80) McLorie GA, McKenna PH, Greenberg M et al (1991): Reduction in tumor burden allowing partial nephrectomy following preoperative chemotherapy in biopsy proved Wilms' tumor. J Urol 146: 509-513 81) McTaggart SJ, Algar E, Chow CW, Powell HR, Jones CL (2001): Clinical spectrum of Denys-Drash and Frasier syndrome. Pediatr Nephrol 16: 335-339 82) Merchant SA, Badhe PB (1995): Nephroblastomatosis - pathologic and imaging 130 characteristics. J Postgrad Med 41: 72-80 83) Metzger M, Dome J (2005): Current Therapy for Wilms' Tumor. The Oncologist 10: 815826 84) Millar AJW, Davidson A, Rode H et al (2005): Bilateral Wilms' tumors: a single-center experience with 19 cases. J of Ped Surg 40: 1289-1294 85) Miser JS, Tournade MF (1995): The management of relapsed Wilms tumor. Hematol Oncol Clin N Am 9: 1287–1302 86) Mitchell C, Shannon R, Vujanic GM et al (2003): The Treatment of Wilms' Tumour: Results of the United Kingdom Children's Cancer Study Group Third Wilms' Tumour Study. Med Pediatr Oncol 41: 287 87) Montgomery BT, Kelalis PP, Blute ML et al (1991): Extended follow up of bilateral Wilms Tumor: results of the National Wilms' Tumor Study. J of Urology 146: 514-518 88) Mpofu C, Mann JR (1992): Urinary protein/creatinine index in follow up of patients with Wilms' tumour after nephrectomy. Archives of Disease in Childhood 67: 1462-1466 89) Othersen HB, De Lorimer A, Hrabovsky E, Lelasis PP et al (1990): Surgical evaluations of lymph node metastases in Wilms' tumor. J Pediatr Surg 3 (25): 330-331 90) Owens CM, Brisse HJ, Olsen OE, et al (2008): Bilateral disease and new trends inWilms tumour. Ped Radiol 38: 30-39 91) Patek CE, Little MH, Fleming S et al (1999): A zinc finger truncation of murine WT1 results in the characteristic urogenital abnormalities of Denys-Drash syndrome. Proc Natl Acad Sci 96: 2931–2936 92) Paulino A, Coppes M (2006): Pediatrics: general medicine: Oncology:Wilms Tumor: Follow-up. eMedicine Specialties: 93) Paulino A, Thakkar B, Henderson WG (1998): Metachronous bilateral Wilms’ tumor: the importance of time interval to the development of a second tumor. Cancer 82: 415–420 94) Perlman EJ, Dijoud F, Boccon-Gibod L (2004): Nephrogenic rests and nephroblastomatosis. Ann Pathol 24: 510-515 95) Perlman EJ, Faria P, Soares A et al (2006): Hyperplastic perilobar Nephroblastomatosis: Long-Term Survival of 52 Patients. Ped Blood Cancer 2 (46): 203-221 96) Perotti D, De Vecchi G, Testi MA, Lualdi E, Modena P, Mondini P, Ravagnani F, Collini P, 131 Di Renzo F, Spreafico F, Terenziani M, Sozzi G, Fossati-Bellani F, Radice P (2004): Germline mutations of the POU6F2 gene in Wilms tumors with loss of heterozygosity on chromosome 7p14. Hum Mutat 24: 400-407 97) Pizzo PA, Poplack DG (2001): Principles and Practice of Pediatric Oncology. Lippincott Williams & Wilkins 98) Prasil P, Laberge JM, Bond M et al (2000): Management decisions in children with nephroblastomatosis. Med Pediatr Oncol 4 (35):429-433 99) Pritchard-Jones K, Kelsey A, Vujanic G et al (2003): Older age is an adverse prognostic factor in stage I, favorable histology Wilms’ tumor treated with vincristine monochemotherapy: a study by the United Kingdom Children’s Cancer Study Group, Wilms’ Tumor Working Group. J Clin Oncol 21: 3269–3275 100) Pritchard-Jones K (2004): Success of clinical trials in childhood Wilms' tumour around the world. Lancet 364: 1468-1470 101) Pritchard-Jones K, Vujanic G (2006): Multiple pathways to Wilms tumor: how much is genetic? Ped Blood Cancer 47: 232-234 102) Rahman N, Abidi F, Ford D et al (1998): Confirmation of FWT1 as a Wilms’ tumour susceptibility gene and phenotypic characteristics of Wilms’ tumour attributable to FWT1. Hum Genet 103: 547–556 103) Rance TF (1814): Causes of lung hematodes of the kidneys. Med Phys J 19: 132 104) Rauscher FJ, Morris JF, Tournay OE, Cook DM, Curran T (1990): Binding of the Wilms tumor zinc finger protein to the EGR-1 consensus sequence. Science 250: 1259–1262 105) Reinhard H et al (2004): Results of the SIOP 93-01/GPOH trial and study for the treatment of patients with unilateral nonmetastatic Wilms Tumor. Klin Pediatr 216: 132-140 106) Reinhard H, Furtwängler R, Graf N (2007): Wilms' tumor - update. Urologe A 2 (46): 143145 107) Ritchey ML, Panayotis PK, Breslow N et al (1992): Surgical complications after nephrectomy for Wilms' tumor. Surg Gynecol Obstetr 175: 507-514 108) Ritchey ML (2008): Renal Sparing Surgery for Children with bilateral Wilms Tumor. Cancer 9 (112):1877-1878 109) Ritchey ML, Coppes MJ (1995): The management of synchronous bilateral Wilms Tumor. Hematol Oncolog Clin North Am 9 (6): 1303-1315 132 110) Ritchey ML, Green DM, Breslow NB, Moksness J, Norkool (1995): Accuracy of Current Imaging Modalities in the Diagnosis of synchronous Bilateral Wilms' Tumor 75 (2): 600604 111) Ritchey ML, Green DM, Thomas PRM et al (1996): Renal failure in Wilms' tumor patients: A report from the National Wilms' Tumor Study Group. Med Pediatr Oncol 26: 75-80 112) Ritchey ML, Coppes MJ (1995): The management of synchronus bilateral Wilms Tumor. Hem Clin NA 9: 1303-1315 113) Rivera MN, Haber DA (2005): Wilms' tumour: connecting tumorigenesis and organ development in the kidney. Nat Rev Cancer 5: 699-712 114) Rohrschneider WK, Weirich A, Rieden K et al (1998): US, CT and MR imaging characteristics of nephroblastomatosis. Pediatr Radiol 28: 435-443 115) Royer-Pokora, Beier, Henzler, Alam et al (2004): Twenty-Four New Cases of WT1 Germline Mutations and Review of the Literatur. Am J Med Gen 127: 249-257 116) Rudin C, Prichard J, Fernando ON et al (1988): Renal transplantation in the management of bilateral Wilms' tumour (BWT) and of Denys-Drash syndrome (DDS). Nephrol Dial Transplant 12: 1506-1510 117) Ruteshouser EC, Huff V (2004): Familial Wilms tumor. Am J Med Genet C. Semin Med Genet 129: 29-34 118) Schenk JP, Schrader C, Zieger B, Furtwängler R, Leuschner I, Graf N, Tröger J (2006): Referenzradiologie des Nephroblastoms: Diagnosegenauigkeit und Bedeutung für die präoperative Chemotherapie. Fortschr Röntgenstr 178: 38-45 119) Schlomm T, Gunawan B, Schulten HJ, Sander B, Thangavelu K, Graf N, Leuschner I, Ringert RH (2005): Effects of Chemotherapy on the Cytogenetic Constitution of Wilms Tumor .Clin Cancer Res 11: 4382-4387 120) Schumacher V, Schneider S, Figge A et al (1997): Correlation of germ-line mutations and two-hit inactivation of the WT1 gene with Wilms tumors of stromal predominant histology. Proc Natl Acad Sci 94: 3972–3977 121) Schwartz CE, Haber DE, Stanton VP, Strong LC, Skolnick MH, Housman DE (1991): Familial predisposition to Wilms tumor does not segregate with the WT1 gene. Genomics 10: 927–930 122) Shamberger R, Haase G, Argani P et al (2006): Bilateral Wilms' tumors with progressive or 133 nonresponsive disease. J of Ped Surg 41: 652-657 123) Shaul DB, Srikanth MM , Ortega JA, et al (1992): Treatment of bilateral Wilms' tumor: Comparison of initial biopsy and chemotherapy to initial surgical resection in the preservation of renal mass and function. J Ped Surg 27: 1009-1015 124) Shibata R, Hashiguchi A, Sakamoto J, Yamada T, Umezawa A, Hata J (2002): Correlation between a specific Wilms tumour suppressor gene (WT1) mutation and the histological findings in Wilms tumour (WT). J Med Genet 39: 83 125) Shibata R, Takata A, Hashiguchi A et al (2003): Responsiveness of chemotherapy based on the histological type and Wilms' tumor suppressor gene mutation in bilateral Wilms' tumor. Pathology Int 53: 214-220 126) Smith GR, Thomas PR, Ritchey M, Norkool P (1998): Long-term renal function in patients with irradiated bilateral Wilms tumor. National Wilms' Tumor Strucy Group. Am J Clin Oncol 1: 58-63 127) Smith SI, Down M, Boyd AW, Li CL (2000): Expression of the Wilms’ Tumor suppressor gene, WT1, reduces the tumorigenicity of the leukemic cell line M1 in C. B-17 scid/scid Mice. Cancer Res 60: 808–814 128) Sossey-Alaoui K, Vieira L, David D, Boavida MG, Cowell JK (2003): Molecular characterization of a 7p15-21 homozygous deletion in a Wilms tumor. Genes Chromosomes Cancer 36: 1-6 129) Srinivas M, Agarwala S, Padhy AK et al (1998): Somatic growth and renal function after unilateral nephrectomy for Wilms' tumor. Pediatr Surg Int 3 (14): 185-188 130) Stehr M, Deilmann K, Haas RJ, Dietz HG (2005): Surgical complications in the treatment of Wilms' tumor. Eur J Pediatr Surg 6 (15): 414-419 131) Stehr M, Furtwängler R, Schmolze M, et al (2008): A clinical perspective to bilateral renal tumours; Data from SIOP 9/GPO, SIOP93-01/GPOH and SIOP 2001/GPOH, 2008 132) Stone MS, Beaver BL, Sun CCJ, Hill JL (1990): The nephroblastomatosis complex and its relationship to Wilms'tumor. J Ped Surg 10: 933-938 133) Subhas N, Argani P, Gearhart JP et al (2004): Nephrogenic rests mimicking Wilms tumour on CT. Pediatr Radiol 34: 152-155 134) Thomas PRM, Shochat SJ, Norkool P et al (1991): Prognostic implications of hepatic adhesion, invasion and metastases at diagnosis of Wilms' tumor. Cancer 68: 2486-2488 134 135) Tournade MF, Com-Nougue C, de Kraker J et al (2001): Optimal duration of preoperative therapy in unilateral and nonmetastatic Wilms’tumor in children older than 6 months results of the Ninth International Society of Pediatric Oncology Wilms’Tumor Trial and Study. J Clin Oncol 19: 488–500 136) Tournade MF, Com-Nougue C, Voute PA et al (1993): Results of the Sixth International Society of Pediatric Oncology Wilms' Tumor Trial and Study: a risk-adapted therapeutic approach in Wilms' tumor. J Clin Oncol 11: 1014-1023 137) Vujanic GM, Kelsey A, Mitchell C, Shannon RS (2003): The role of biopsy in the diagnosis of renal tumors of childhood: Results of the UKCCSG Wilms tumor study 3. Med Pediatr Oncol 40: 18-22 138) Wagner KD, Wagner N, Schedl A (2003): The complex life of WT1. J Cell Sci 116: 16531658 139) Weese DL, Applebaum H, Taber P (1991): Mapping intravascular extension of Wilms tumor with magnetic resonance imaging. J Ped Surg 26: 64-67 140) Weirich A, Leuschner I, Harms D et al (2001): Clinical impact of histologic subtypes in localized non-anaplastic nephroblastoma treated according to the trial and study SIOP9/GPOH. Ann Oncol 12: 311-319 141) Weirich A, Ludwig R, Graf N, Abel U, Leuschner I et al (2004): Survival in nephroblastoma treated according to the trial and study SIOP 9/GPOH with respect to relapse and morbidity. Ann Oncol 15: 808 - 820 142) Welch TR, McAdams AJ (1986): Focal glomerulosclerosis as a late sequela of Wilms' tumor. J Pediatr 108: 105-109 143) Wilms M (1899): Die Mischgeschwülste der Niere. Arthur Georgie: 1-90 144) Zirn B, Hartmann O, Samans B, Krause M, Wittmann S, Mertens F, Graf N, Eilers M, Gessler M (2006): Expression profiling of Wilms tumors reveals new candidate genes for different clinical parameters. Oncogene 118: 1954-1962 145) Zirn B, Samans B, Spangenberg C, Graf N, Eilers M, Gessler M (2005): All-trans retinoic acid treatment of Wilms tumor cells reverses expression of genes associated with high risk and relapse in vivo. Oncogene 24: 5246-525 146) Zuppan CW, Beckwith JB Weeks DA et al (1991): The effect of preoperative chemotherapy on the histologic features of Wilms' tumor. An analysis of cases from the third National 135 Wilms' Tumor Study. Cancer 68: 385-394 136 Danksagung An dieser Stelle möchte ich allen danken, die mich beim Verfassen meiner Dissertation unterstützt haben. Herrn Prof. Dr. D. von Schweinitz, Direktor der Kinderchirurgischen Klinik des von Haunerschen Kinderspitals, sowie Herrn Prof. Dr. H.G. Dietz, Leiter der Kinderurologischen Abteilung, danke ich herzlich für die freundliche Überlassung des Themas. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. M. Stehr für seine begleitende Förderung bei der Erstellung dieser Arbeit und seine anregende Betreuung über die gesamte Zeit hinweg. Dank gilt auch PD Dr. Weber für die Auskunftsbereitschaft und Hilfestellung im Bereich der Nephrologie. Außerdem sollen hier die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der radiologischen Klinik, besonders Fr. OÄ Dr. Coppenrath für die Hilfe bei der Auswertung der MRT's , dankend Erwähnung finden. Bedanken möchte ich mich desweiteren bei Hr. Prof. Müller-Höcker für die freundliche Überlassung zweier Histo-Präparate, sowie Hr. Dr. Schatz für das Bereitstellen eines zur Auswertung geeigneten Mikroskops. Nicht zuletzt bedanke ich mich herzlich bei meinem Mann, der mir ein Studium mit Familie ermöglicht hat. 137 Lebenslauf Persönliche Daten Name Geburtsdatum Geburtsort Familienstand Brigitte Günther 12.09.1972 Rosenheim verheiratet, 2 Kinder (5 und 8 Jahre alt) Schulausbildung 1978 – 1988 Grundschule in Großkarolinenfeld, Realschule in Bad Aibling, Abschluss: Mittlere Reife BOS Fachrichtung Wirtschaft in München, Abschluss: allgemeine Hochschulreife 1998 – 2000 Berufsausbildung 1988 – 1990 zur Bankkauffrau, Deutsche Bank Rosenheim 1991 – 1993 zur Physiotherapeutin in Siegen Berufsausübung 1993 – 1998 als Physiotherapeutin in Bad Berleburg, Bad Endorf und freiberuflich in Kolbermoor Auslandsaufenthalt 1990 – 1991 als Au-Pair in New York Hochschulausbildung 2001 – 2008 Studium der Zahnmedizin an der LMU in München zahnärztliche Prüfung Januar 2008 Berufsausübung seit 02/2009 als Vorbereitungsassistentin der Zahnheilkunde tätig Praxis Dr. Dettmar in München 138