Hausarbeit

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Seminararbeit
Martingal-Pricing-Theorie
von: Christina Riedel
I
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................... III
Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... IV
1.
Einleitung ........................................................................................................................... 1
2.
Martingale ......................................................................................................................... 1
2.1.
3.
2.1.1.
Stochastischer Prozess.......................................................................................... 2
2.1.2.
Filtration ............................................................................................................... 2
2.1.3.
Bedingter Erwartungswert.................................................................................... 2
2.2.
Definition von Martingalen ......................................................................................... 3
2.3.
Brownsche Bewegung als Beispiel für ein Martingal ................................................. 4
2.4.
Identifikation stetiger Martingale ................................................................................ 6
Martingal-Pricing-Theorie ............................................................................................... 8
3.1.
Nutzung von Martingalen zur Preissetzung von Vermögenswerten ........................... 8
3.2.
Doob-Meyer-Zerlegung ............................................................................................. 10
3.2.1.
Doop-Meyer-Theorem ....................................................................................... 10
3.2.2.
Nutzung der Doob-Meyer-Zerlegung................................................................. 11
3.3.
5.
Girsanov Theorem ..................................................................................................... 12
3.3.1.
Maße und Numeraire .......................................................................................... 12
3.3.2.
Normalverteilte Zufallsvariablen ....................................................................... 14
3.3.3.
Äquivalentes Wahrscheinlichkeitsmaß .............................................................. 15
3.3.4.
Aussage und Anwendung des Girsanov Theorems ............................................ 16
3.4.
4.
Stochastische Grundlagen............................................................................................ 2
Anwendung äquivalenter Martingal-Maße zur Bestimmung von Anlagepreisen ..... 18
3.4.1.
Umwandlung von Anlagewerten in Martingale ................................................. 18
3.4.2.
Ableitung der Black-Scholes-Lösungsformel zur Optionspreisbestimmung ..... 20
Black-Scholes-Merton-Modell ....................................................................................... 24
4.1.
Grundlagen des Basismodells von Black, Scholes und Merton ................................ 24
4.2.
Die Black-Scholes-Merton- Differentialgleichung ................................................... 25
4.3.
Lösung der Black-Scholes-PDE ................................................................................ 29
Vergleich der Ableitung der Black-Scholes-Formel mit PDE und Martingalansatz 31
5.1.
Äquivalenz der beiden Ansätze ................................................................................. 31
5.2.
Ergebnis des Vergleichs ............................................................................................ 34
II
6.
7.
Martingale als Grundlage für Monte-Carlo-Simulationen ......................................... 35
6.1.
Einführung in die Monte-Carlo-Simulation des Kapitalwertes ................................. 35
6.2.
Der Martingale Ansatz in der MC-Simulation .......................................................... 38
Zusammenfassung........................................................................................................... 39
Anhang .................................................................................................................................... 42
Literaturverzeichnis ............................................................................................................... 44
III
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Brownsche Bewegung mit verschiendenen Drifts und Volatilitäten ................... 6
Abbildung 2: Zwei Monte-Carlo-Iterationen der Stückkosten mit der Martingalen Methode 37
IV
Abkürzungsverzeichnis
EMM
KW
MC
PDE
RNM
SDG
Äquivalentes Martingal-Maß
Kapitalwert
Monte-Carlo
Partielle Differentialgleichung
risikoneutrales Maß
Stochastische Differentialgleichung
1
1.
Einleitung
Die Abstammung des Begriffs Martingal ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. KLENKE (vgl. 2008, S. 196-197) leitet das Wort la martingale aus dem Französischen für einen im
Reitsport beim Spring- und Geländereiten als Teil des Zaumzeugs verwendeten Hilfszügel her
und so im Sinne der Martingale, als „das Bestreben einer Spielstrategie, den Zufall im Zaume
zu halten“ (KLENKE 2008, S. 197). Zudem sieht er die verzweigte Form besonders des
Jagdmartingals allegorisch für die Verdopplungsstrategie im Petersburger Spiel1.
Eine wichtige Bedeutung hat das Martingal als Spielstrategie beim Roulette. Dabei wird bei
einem Verlust versucht diesen zu kompensieren, indem man den Einsatz verdoppelt, um ihn
dann zu einem bestimmten Zeitpunkt wieder auszugleichen und dabei zusätzlich einen gesicherten Gewinn zu erzielen (vgl. WIEBE 2008, S. 96).
In den folgenden Kapiteln wird die Bedeutung von Martingalen in der modernen Finanzmathematik aufgezeigt. Dabei werden zunächst wichtige stochastische Grundlagen erörtert, anschließend Martingale näher definiert und anhand eines Beispiels verdeutlicht. Dabei wird
auch auf die Möglichkeiten zur Identifikation stetiger Martingale eingegangen. Im Kapitel 3
werden nach der Erläuterung des Nutzens von Martingalen für Anlagewerte zwei Verfahren
vorgestellt, um Anlagen so umzuwandeln, dass sie die Eigenschaften von Martingalen übernehmen. Daraufhin werden die gewonnenen Ergebnisse dazu genutzt den Preis für Anlagen
zu bestimmen. Dabei erhält man die Black-Scholes-Lösungsformel für den Preis von europäischen Optionen, welche im darauf folgenden Kapital 4 erläutert wird. Nach der Herleitung der
Black-Scholes-Differentialgleichung wird diese abgeleitet, um abermals die eben genannte
Lösungsformel zu erhalten. Im Anschluss daran werden im fünften Kapitel beide Verfahren
zur Optionspreisbestimmung miteinander verglichen. Nachfolgend wird noch die Bedeutung
der Martingale bei der Monte-Carlo-Simulation anhand eines Beispiels dargestellt und abschließend die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit im Kapitel 7 kurz zusammengefasst.
2.
Martingale
Im folgenden Kapitel wird nach einer Einführung in stochastische Grundlagen der Begriff der
Martingale definiert. Anschließend werden einige Beispiele für Martingale gegeben, wobei
auf eines näher eingegangen wird. Letztlich folgt die Herleitung und Erklärung der MartingalPricing-Theorie.
1
Das Petersburger Spiel geht auf das Gedankenexperiment des Mathematikers Daniel Bernoulli zurück, der die
Grundlagen der heutigen Wahrscheinlichkeitstheorie entwickelte. Dabei kann ein Spieler eine Münze so lange
werfen, bis diese zum ersten Mal Zahl zeigt. Er erhält dabei 2€ wenn beim ersten Wurf Zahl erscheint, 4€ wenn
Zahl beim zweiten Mal, 8€ wenn Zahl beim dritten Mal usw. erscheint. Somit verdoppelt dich bei jedem Wurf
der Gewinn, so dass der Spieler € beim n-ten Wurf einer Zahl erhält. Die Frage ist nun, wie viel würde der
Spieler zahlen um an dem Gewinnspiel teilnehmen zu können (vgl. JOST 2008, S. 139).
2
2.1. Stochastische Grundlagen
Zunächst werden wichtige Grundlagen erläutert, welche für die Martingale bedeutend sind.
2.1.1. Stochastischer Prozess
Ein Stochastischer Prozess
mit dem Parameterraum und dem Zustandsraum ist
eine Folge von Zufallsvariablen , wobei die Menge aller Zustände/Werte darstellt, die die
Zufallsgrößen für alle
annehmen können (vgl. SCHLITTGEN/STREITBERG 2001, S.
90). Dabei wird von einem stochastischen Prozess mit diskreter Zeit gesprochen, falls die
Menge der Parameter endlich oder abzählbar unendlich ist. „Ist ein Intervall, dann spricht
man von einem stochastischen Prozess mit stetiger Zeit“ (BEICHELT/MONTGOMERY
2003, S. 108).
2.1.2. Filtration
Sei
und
ein stochastischer Prozess bzw. eine Folge von Zufallsvariablen in diskreter Zeit
sei eine Menge an Informationen aus der Vergangenheit (t-Vergangenheit von
( 2.1 )
dann heißt die Menge
Filtration, wenn gilt
( 2.2 )
Analog gilt für stochastische Prozesse
in stetiger Zeit, dass
eine Filtration
ist, wenn gilt
mit
und
( 2.3 )
die Menge an Informationen (vgl. NEFTCI 2000, S. 120). „Jedes einzelne
ist
eine - Algebra, die genau die Menge umfasst, für die zum Zeitpunkt bekannt ist, ob der
wahre in eintretende Zustand in ihnen liegt oder nicht“ (BRANGER/SCHLAG 2004, S. 44).
In den Modellen der folgenden Kapitel wird „der Wissenszuwachs im Laufe der Zeit über
eine Filtration modelliert“ (HAUSMANN et al. 2002, S. 353).
2.1.3. Bedingter Erwartungswert
Um die Martingale Preissetzungstheorie besser verstehen zu können, muss man sich zunächst
die wichtigen Eigenschaften von bedingten Erwartungswerten
vergegenwärtigen.
1.
( 2.4 )
3
Dies sagt aus, dass, wenn man einen Erwartungswert basierend auf nicht vorliegende Informationen bildet, eine einfache Erwartung erhält.
2.
( 2.5 )
mit
Diese als Tower Law bekannte Eigenschaft des bedingten Erwartungswertes besagt, dass,
wenn man zuerst die bedingte Erwartung zum Zeitpunkt gefolgt von der bedingten Erwartung zum Zeitpunkt nimmt, es das Gleiche ist, wie die bedingte Erwartung zum Zeitpunkt
zu nehmen. Mit dem Tower Law und der Eigenschaft eines stetigen Martingals,
für alle
,
( 2.6 )
lässt sich eine einfache Methode ableiten um Martingale zu erstellen:
( 2.7 )
mit
als Martingal.
3.
( 2.8 )
Wenn man auf eine Information bedingt, welche unabhängig vom Wert der Zufallsvariablen
ist, dann erhält man denselben Wert, als würde man auf keine Information bedingen (vgl.
JOSHI 2007, S. 145).
2.2. Definition von Martingalen
In diskreter Zeit ist ein stochastischer Prozess
ein Martingal, wenn gilt, dass
, der
erfüllt,
( 2.9 )
Unter denselben Voraussetzungen ist ein Stochastischer Prozess ein Supermartingal, wenn
gilt, dass
( 2.10 )
und ein Submartingal, wenn gilt, dass
( 2.11 )
Gleichbedeutend zur ersten Gleichung ist
4
( 2.12 )
Der stochastische Prozess
,
1.
2.
ist ein Martingal in stetiger Zeit, wenn für alle
gilt
ist bekannt, gegeben
.
.
3.
mit
einer
Wahrscheinlichkeit
von
1
für
alle
.
Ein Stochastischer Prozess heißt Sub- bzw. Supermartingal, wenn weiter gilt, dass
bzw.
( 2.13 )
(vgl. RINNE 2008, S. 421; NEFTCI 2000, S. 121).
Oder mit Filtrationen formuliert, dann ist
ein Martingal, wenn
, für alle
( 2.14 )
und ein Sub- bzw. Supermartingal falls
bzw.
( 2.15 )
Für Gleichung ( 2.14 ) kann man auch schreiben:
( 2.16 )
Mit
zeigt man also auch den Erwartungswert der Variablen
unter Nutzung
einer Menge an Informationen zum oder vor dem Zeitpunkt (vgl. NEFTCI 2000, S. 121).
2.3. Brownsche Bewegung als Beispiel für ein Martingal
Als Brownsche Bewegung versteht man im Allgemeinen die Beobachtung von Robert Brown,
dass „kleine Teilchen einer Flüssigkeit unter dem Einfluss rasch aufeinander folgender zufälliger Zusammenstöße mit Nachbarpartikeln eine unregelmäßige Bewegung ausführen“
(HULL 2009, S. 320). Sie wird auch als Wiener Prozess bezeichnet, da die Änderung der Va-
5
riable im Zeitverlauf charakteristische Merkmale aufweist, die in einer stochastischen Modellierung von Norbert Wiener2 erarbeitet wurde.
Der Prozess
1.
2.
3.
ist ein Brownscher Prozess, wenn folgendes gilt:
ist stetig und
ist normalverteil mit
mit
ist normalverteilt mit
Vergangenheit des Prozesses bis zum Zeitpunkt )
und unabhängig von
(der
(vgl. BAXTER/RENNIE 2007, S. 48 und 77).
Um zu zeigen, dass der Brownsche Prozess ein Martingal ist, muss man zeigen, dass
( 2.17 )
Mit den oben genannten Eigenschaften kann man sagen, dass
. Dadurch,
dass
=
folgt
. Mit Hilfe der linearen Transformation für Erwartungswerte kann man schreiben:
( 2.18 )
Womit bewiesen wäre, dass der Brownsche Prozess ein Martingal ist (vgl. BAXTER/
RENNIE 2007, S. 77; JOSHI 2007, S. 92).
Im Allgemeinen kann man sagen, dass ein Martingal eine Brownsche Bewegung mit einem
Drift von null ist. Folgende Abbildung 1 zeigt drei Diagramme mit jeweils unterschiedlichen
Drift- (rate) und Volatilitätswerten (sigma), wobei jene fünf Prozesse, die eine rate von null
haben, Martingale sind. Die ersten Werte repräsentieren dabei jeweils die roten Linien, die
Zweiten haben die Farbe Blau und die grünen Graphen sind entsprechend für die dritten Werte.
2
Ein stochastischer Prozess
,
, heißt Wiener Prozess, wenn gilt :
1.
hat stationäre und unabhängige Zuwächse
2. Für jedes
ist
normalverteilt mit
und
3.
(vgl. BEICHELT/ MONTGOMERY 2003, S. 199).
6
Abbildung 1: Brownsche Bewegung mit verschiendenen Drifts und Volatilitäten
2.4. Identifikation stetiger Martingale
In Abschnitt 2.3. wurde gezeigt, dass der Brownsche Prozess
ein Martingal ist und somit
kann man sagen, dass zu jeder beliebigen Zeit der Erwartungswert von
gleich seinem gegenwärtigem Wert ist.
Um stetige Martingale zu identifizieren, muss man die Definition für stochastische
se aus Abschnitt 2.1.1. erweitern, indem man ihn durch die kurzfristige Weiterentwicklung
in jeder möglichen Situation beschreibt. Das heißt, man stellt für ihn eine stochastische Differentialgleichung folgender Form auf, bei welcher
ein Brownscher Prozess ist und
eine
Familie von Zufallsvariablen (vgl. HAUSMANN et al. 2002, S. 381; JOSHI 2007, S. 95 &
146):
7
( 2.19 ) 3
Dabei beschreibt die Gleichung eine sehr kleine Änderung der Größe
(
,
die
Änderung der Zeit und
die Änderung, die eine Brownsche Bewegung vollzieht. Die
Gleichung bedeutet, dass zu jedem Zeitpunkt , bei dem
und somit auch
(Driftterm) und
(Diffusionsterm) bekannt sind, die Veränderung
von
in einem
kleinen Zeitintervall
„als Zufallsvariable näherungsweise durch eine Normalverteilung mit
Erwartungswert [
und Varianz [
²]
beschrieben werden kann“ (HAUSMANN et al. 2002, S. 381):
( 2.20 )
Jetzt wird gezeigt, dass diese Prozesse
Martingale sind. Es wurde vorausgesetzt, dass
für alle
und
sehr klein ist. kann man auch definieren als
( 2.21 )
mit einem sehr kleinem error-Term und einer Driftrate von Null. Eine Driftrate von null bedeutet, dass der Prozess eine erwartete Änderung in Höhe von null pro Zeiteinheit aufweist
(vgl. HULL 2009, S. 331). Um die Martingale Eigenschaft zu versorgen, gibt es einen Bias
nach oben oder nach unten und man erhält (vgl. JOSHI 2007, S. 146):
( 2.22 )
Allgemein heißt das, dass ein Martingal ein stochastischer Prozess mit einem Drift von null ist
und eine Variable einem Martingal folgt, wenn ihr Prozess
die obige Form hat (vgl.
HULL 2001, S. 715).
Somit sind Martingale Zufallsvariablen, deren künftige Änderung, gegeben der augenblicklichen Information, vollständig unvorhersehbar sind. Dies kann man zum Beispiel wie folgt
erkennen: man geht davon aus, dass
ein Martingal ist und man die geschätzte Änderung
von über ein Intervall der Länge
betrachtet:
( 2.23 )
ist allerdings die Prognose einer Zufallsvariable, deren Wert bereits bekannt (vgl. Abschnitt 2.2. Definition für stetige Martingale) und somit gleich
ist. Wenn ein Martingal
ist, ist
auch gleich
Somit ist
, also damit die beste Vorhersage der Änderung in
über ein beliebiges Intervall
. Somit kann man sagen, dass die
3
Im Folgenden wird diese Art von Gleichung wie folgt vereinfacht dargestellt:
8
künftigen Bewegungen bei Martingalen nicht vorhersehbar sind. Dies ist die wesentliche Eigenschaft von Prozessen, die sich wie Martingale verhalten (vgl. NEFTCI 2000, S. 121).
3.
Martingal-Pricing-Theorie
Für das folgende Kapitel muss man sich vergegenwärtigen, dass Martingale immer bezogen
auf eine Menge an Informationen definiert werden aber ebenso hinsichtlich einiger Wahrscheinlichkeitsmaße. Wenn man den Inhalt der Information oder die Wahrscheinlichkeit ändert, kann es dazu kommen, dass kein Martingal mehr existiert. Anders herum ist dies jedoch
auch möglich. Gegeben einen Prozess , der sich nicht wie ein Martingal verhält, kann es
möglich sein, dass man durch die Änderung des Maßes
in ein Martingal umwandelt (vgl.
NEFTCI 2000, S. 122).
Martingale spielen eine zentrale Rolle bei der Bewertung von Derivaten. Gerade dieser Aspekt ist für die Martingal-Pricing-Theorie von essentieller Bedeutung wie man in den folgenden Abschnitten erkennen wird (vgl. HULL 2001, S. 715). Bezogen wird sich dabei auf die
stetige Zeit.
3.1. Nutzung von Martingalen zur Preissetzung von Vermögenswerten
Wie im Abschnitt 2.4. erläutert ist ein Prozess
ein Martingal, wenn die künftige Bewegung
unvorhersehbar ist gegeben einer Menge an Informationen. Es ist jedoch bekannt, dass Aktien- oder Bondpreise eben nicht vollständig unberechenbar sind, sondern man geht davon
aus, dass die abgezinsten Preise über die Zeit gesehen steigen (vgl. NEFTCI 2000, S. 122).
Sei nun der Preis eines diskontierten Bonds der zum Zeitpunkt (
ausläuft
( 3.1 )
Hier ist klar, dass sich der Preis des diskontierten Bonds nicht wie ein Martingal verhält.
Ähnlich geschieht dies bei einer Aktie die einen positiven Ertrag besitzt und deswegen kein
Martingal sein kann. Dies kann auch geschrieben werden als:
( 3.2 )
mit als positivem Ertrag.
Ähnliche Aussagen kann man auch über Optionen
treffen. Sie haben einen Zeitwert und
wenn Zeit vergeht, wird der Preis einer europäischen Option sinken. Dieser Prozess ist ein
Supermartingal (vgl. NEFTCI 2000, S. 122).
9
Viele Anlagen verhalten sich also wie Sub- oder Supermartingale. Die Meisten lassen sich
jedoch in Martingale umwandeln. Zum Beispiel kann man eine Wahrscheinlichkeitsverteilung
finden, mit der die durch den risikofreien Zins diskontierten Bond- oder Aktienpreise,
Martingale werden. Wenn dies vollzogen wurde, können Paritäten wie
( 3.3 )
für Bonds oder
( 3.4 )
für Aktien sehr nützlich sein, um derivative Finanzinstrumente4 preislich zu schätzen.
Für die Umwandlung von Submartingalen in Martingale gibt es zwei Möglichkeiten.
Die Erste ist eher offensichtlich. Man zieht von
oder
einfach den erwarteten
Trend ab. Damit würde man die Abweichung um den Trend unvorhersehbar machen und die
transformierten Variablen wären somit Martingale. Diese Methode ist das sogenannte Martingal Repräsentationstheorem. Unter bestimmten Voraussetzungen impliziert die Doop-MeyerZerlegung die Zerlegung eines willkürlichen Prozesses in Martingal und ansteigenden oder
auch fallenden Prozess. Eliminiert man Letzteres, erhält man das gewünschte Martingal
(NEFTCI 2000, S. 123)
Die zweite Möglichkeit ist komplexer aber auch nützlicher als die Erste. Anstatt das Sub- oder
Supermartingal direkt zu ändern, transformiert man, wie bereits erwähnt, stattdessen seine
Wahrscheinlichkeitsverteilung.
Hat man zum Beispiel
( 3.5 )
mit
als die berechnete bedingte Erwartung unter der Wahrscheinlichkeitsverteilung ,
könnte man versuchen, eine äquivalente Wahrscheinlichkeit zu finden, so dass der neue
Erwartungswert
( 3.6 )
erfüllt und
ein Martingal wird. Diese Wahrscheinlichkeitsverteilungen, die Gleichungen wie ( 3.5 ) in Gleichungen wie ( 3.6 ) umwandeln bezeichnet man als Äquivalentes
Martingalmaß (EMM). Zur Umwandlung benutzt man das Girsanov Theorem, welches bei
4
Ein derivatives Finanzinstrument ist im Wert abhängig von einem zugrunde liegenden Basiswert (sogenanntes
underlying). Darüber hinaus handelt es sich dabei um Termingeschäfte, bei denen Vertragsabschluss und Erfüllung zeitlich auseinander liegen. Ein Beispiel wäre die Option als bedingtes Termingeschäft (vgl. SCHWARZ
2006, S. 10&19).
10
der Preissetzung von Vermögenswerten vielversprechender als die Doop-Meyer-Zerlegung ist
(vgl. NEFTCI 2000, S. 123-124).
Diese Verfahren werden in den beiden kommenden Abschnitten vorgestellt.
3.2. Doob-Meyer-Zerlegung
Zunächst muss man sich darüber klar werden, was es mit den Wahrscheinlichkeiten auf sich
hat.
Man nimmt an, dass ein Händler zu verschiedenen Zeiten
( 3.7 )
die Preise einer finanziellen Anlage beobachtet.
Wenn das Intervall zwischen
und sehr klein und der Markt liquide ist, wird der Preis
der Anlage voraussichtlich einen Kursauf-, oder abschlag während
haben. Dies formuliert man folgendermaßen:
Man sagt, dass es zu jedem Augenblick
nur zwei Möglichkeiten für
gibt sich zu ändern:
( 3.8 )
Die Änderungen sind unabhängig voneinander. Für
, ist der erwartete Wert von
gleich null (vgl. NEFTCI 2000, S. 137).
Nun kann die Wahrscheinlichkeit für einen Kursaufschlag zu jedem Zeitpunkt auch etwas
größer sein als der Abschlag für eine bestimmte Anlage, so dass man einen gewissen Aufwärtstrend in der Kurve erwartet und man somit ein Submartingal hätte. Die Doob-MeyerZerlegung zerlegt nun einen willkürlichen Prozess in Martingal und ansteigenden oder auch
fallenden Prozess. Nach der Eliminierung des Prozesses erhält man das gewünschte Martingal.
3.2.1. Doop-Meyer-Theorem
Das Doop-Meyer-Theorem sagt nun folgendes:
Sei
eine Menge an Informationen. Wenn
ein rechtsstetiges Submartingal in
Bezug auf
ist und wenn
für alle , dann lässt folgende Zerlegung
( 3.9 )
11
zu, wobei
ein rechtsstetiges Martingal5 hinsichtlich der Wahrscheinlichkeit und
ein
messbarer steigender Prozess bezüglich
ist (vgl. NEFTCI 2000, S. 141; BAGDONAVIČIUS/
NIKULIN 2002, S. 293).
Dieses Theorem zeigt also, dass man, selbst wenn der durchgehend beobachtete Anlagepreis
Sprünge enthält und sein Trend aufwärts geht, ihn in ein Martingal umwandeln kann, wenn
man den beobachteten Prozess zum Zeitpunkt abzieht. Wenn der Prozess nur stetig ohne
Sprünge ist, ist das resultierende Martingal auch stetig6
3.2.2. Nutzung der Doob-Meyer-Zerlegung
Durch die Doob-Meyer-Zerlegung kann man also einen Prozess nehmen, der kein Martingal
ist und ihn in ein solches umwandeln. Dies ist in der Preissetzung von finanziellen Anlagen
sehr nützlich. Hier wird dies an einem Beispiel verdeutlicht (vgl. NEFTCI 2000, S. 141-143).
Die Zeit
sei stetig und der Wert für eine Call-Option
durch die Funktion
auf das Basisobjekt
ist
( 3.10 )
gegeben mit Ablaufdatum . Wenn der Basiswert über dem Basispreis liegt, dann nimmt
die Option den Wert der Preisdifferenz an. Wenn der Basiswert kleiner als ist hat die Option den Wert null.
Zu einer früheren Zeit
ist der Wert von
unbekannt. Allerdings kann man eine
Prognose errechnen, indem man die Information zum Zeitpunkt nutzt.
.
( 3.11 )
Man nimmt also die Erwartung hinsichtlich der Verteilungsfunktion, die die Preisbewegung
steuert.
Entgegen der Erwartung kann man auch fragen, ob der übliche Marktpreis
dem richtigem
diskontierten Wert von
gleichen wird. Nimmt man zum Beispiel an,
dass man den konstanten risikofreien Zins nutzt um
abzuzinsen,
dann schreibt man
( 3.12 )
5
Ein rechtsstetiges Martingal zeigt durch
einen unregelmäßigen Kurvenverlauf der durch Sprünge unterbrochen ist aber weiterhin keinen Trend ausweist (vgl. NEFTCI 2000, S. 124).
6
Ein stetiges Martingal zeigt einen unregelmäßigen Kursverlauf wobei der Kursverlauf stetig ist im Sinne das
. Dabei zeigt jedoch weiterhin keinen Trend (vgl. NEFTCI 2000, S. 124).
12
Ob der Marktwert auch wirklich der Call-Option entspricht, hängt davon ab, ob
Martingal hinsichtlich und ist. Wenn das so ist, dann hat man
ein
( 3.13 )
bzw. nach der Multiplikation beider Seiten mit
( 3.14 )
und
wäre ein Martingal.
Nun stellt sich die Frage, ob auch
ein Martingal unter der wahren Wahrscheinlichkeit
ist.
Unter der Annahme, dass Investoren risikoavers sind, kann man schreiben, dass
,
wobei
( 3.15 )
ein Submartingal ist. In Anlehnung an die Doob-Meyer-Zerlegung kann man
nun so teilen, dass man
=
( 3.16 )
erhält, wobei eine steigende mit
messbare Zufallsvariable ist und
ein Martingal bezüglich der Information
Wenn die Funktion
deutlich beobachtet werden kann, dann
kann man die Zerlegung in Gleichung ( 3.16 ) zusammen mit ( 3.15 ) dazu nutzen, den
Marktwert einer Call-Option zum Zeitpunkt zu bekommen.
3.3. Girsanov Theorem
Für die zweite Möglichkeit zur Umwandlung von Submartingalen in Martingale transformiert
man die Wahrscheinlichkeitsverteilung. Dies ist jedoch ein komplexer Prozess der einiger
Vorbearbeitung bedarf. Im folgenden Abschnitt werden zunächst einige Grundlagen erläutert
und dann Schritt für Schritt das gewünschte Martingal bestimmt.
3.3.1. Maße und Numeraire
Im Allgemeinen kann man einen Prozess in zwei verschiedenen Welten betrachten. Sei
zum Beispiel eine Aktie, die einer geometrischen Brownsche Bewegung folgt. In der realen
Welt folgt sie dem Prozess
( 3.17 )
13
in der risikoneutralen dem Prozess
( 3.18 )
(Beweis siehe Anhang 1).
In einer risikoneutralen Welt ist der Marktpreis des Risikos gleich null, während in der realen
Welt der Marktpreis des Risikos gegeben ist durch:
( 3.19 )
Die Gleichungen ( 3.17 ) und ( 3.18 ) veranschaulichen, dass sich bei z.B. einer Aktie die erwartete Rendite „beim Übergang von der risikoneutralen zur realen Welt ändert, aber die Volatilität gleich bleibt“ (HULL 2009, S. 314). Wenn man sich „von einer Welt mit bestimmten
Risikopräferenzen zu einer anderen Welt mit anderen Risikopräferenzen beweg[t], verändern
sich die erwarteten Wachstumsraten in den Variablen, aber ihre Volatilitäten bleiben dieselben“ (HULL 2009, S. 314). Diesen Wechsel der Präferenzen des Risikos bezeichnet man auch
als Maßwechsel, wobei das Maß für die reale Welt dabei als P-Maß und das der risikoneutralen Welt als Q-Maß bezeichnet wird. Der Marktpreis des Risikos einer Variablen bestimmt
dabei die Wachstumsraten aller Wertpapiere, die von dieser abhängen. Bewegt man sich von
Einem Marktpreis des Risikos zum Anderen, ändern sich dabei die erwarteten Wachstumsraten der Weltpapierpreise während dessen die Volatilitäten gleich bleiben. „Die Wahl eines
bestimmten Marktpreises des Risikos wird auch als Definieren des Wahrscheinlichkeitsmaßes
bezeichnet (HULL 2001, S. 716).
Im obigen Fall (bzw. für einen genauen Nachweis, vgl. Anhang 1) wurde der Preis der Aktie
mit einem Bond
mit stetiger Verzinsung und einem risikofreien Zinssatz
normiert:
( 3.20 )
ist der relative Preis von bezogen auf , bzw. ein Maß für den Preis in Einheiten von
, statt zum Beispiel in der Währung Euro.
wird dabei als Numeraire bezeichnet. Man
spricht dabei auch von einer Normierung (vgl. HULL 2001, S. 716; DEUTSCH 2008, S. 207).
In diesem Fall sind die normierten Preise unter dem risikoneutralen Maß Martingale (RNM).
Damit kann der heutige Preis eines Derivats „als Erwartungswert der mit dem kurzfristigen
Zins diskontierten zukünftigen Zahlungen unter dem RNM berechnet werden“
(BRANGER/SCHLAG 2004, S. 34). Dieses Konzept lässt sich auf beliebige Numeraire ver-
14
allgemeinern7, indem man zu einem gegebenen Numeraire wieder ein geeignetes Wahrscheinlichkeitsmaß sucht, welches die normierten Preise zu Martingalen macht. Dieses Maß bezeichnet man als äquivalentes Martingalmaß.
3.3.2. Normalverteilte Zufallsvariablen
Bevor man jedoch näher auf das EMM eingehen kann, bedarf es noch weiterer Grundlagen
(vgl. NEFTCI 2000, S. 323-324).
Sei fix und die Zufallsvariable sei normalverteilt:
( 3.21 )
Die Dichte von
sei
und das unterstellte Wahrscheinlichkeitsmaß , so dass
( 3.22 )
wird. Als nächstes formuliert man eine neue Funktion
( 3.23 )
Multipliziert man
mit
erhält man eine neue Wahrscheinlichkeit
( 3.24 )
bzw.
( 3.25 )
Bei der Multiplikation von
mit
ändert sich der Mittelwert von , aber die Varianz bleibt unverändert. Während unter dem Maß
die Zufallsvariable den Mittelwert
und Varianz
bunden mit dem neuen Maß
hatte, hat die normalverteilte Zufallsvariable
nun einen Mittelwert von
verund
rianz
.
Es existiert also eine Funktion
so dass man bei der Multiplikation mit einem Wahrscheinlichkeitsmaß mit ihrer Funktion eine neue Wahrscheinlichkeit erhält. Diese Transformation ist auch wieder umkehrbar (vgl. NEFTCI 2000, S. 323-324).
7
Beispiele hierzu siehe HULL 2001, S. 718-723.
15
Diese Methode ist äußerst nützlich, da man somit auch einen Mittelwert von null erreichen
kann. Im Prozess bei Beispiel 3.3.1. musste, um die diskontierten Preise in Martingale umzuwandeln, die Maßeinheit verändert werden. Dies wird durch eine Änderung des Wahrscheinlichkeitsraumes der Brownsche Bewegung, die der Verschiebung der Aktienpreise unterliegt,
erreicht. So eine Änderung muss die Wahrscheinlichkeitsausprägungen 0 und 1 erhalten (vgl.
JOSHI 2007, S. 147)8.
Gegeben sei z.B. seine Zufallsvariable
mit Wahrscheinlichkeitsmaß
man mit Multiplikation von
eine neue Wahrscheinlichkeit , somit
so erhält
( 3.26 )
Nun kann man auch das äquivalente Wahrscheinlichkeitsmaß formulieren.
3.3.3. Äquivalentes Wahrscheinlichkeitsmaß
BEDINGUNG: Gegeben sei ein Intervall
nau dann umkehrbar, wenn
und
, dann sind die Wahrscheinlichkeiten ge-
( 3.27 )
Wenn diese Bedingung erfüllt ist, dann existiert
(im Finanzbereich auch bekannt als
Radon-Nikodym Derivat) und man kann immer zwischen den Wahrscheinlichkeiten und
hin und her wechseln unter Verwendung folgender Relation:
( 3.28 )
( 3.29 )
Das heißt somit, dass für alle praktischen Zielsetzungen bzw. Zwecke beide Maße äquivalent
sind. Man spricht hier von äquivalenten Wahrscheinlichkeitsmaßen (vgl. NEFTCI 2000, S.
329).
8
Es stellt sich heraus, dass eine Maßtransfomation der Brownschen Bewegung im Prinzip dasselbe ist, wie den
Drift des Brownschen Bewegungsprozesses zu ändern. Man kann also mit der Änderung des Wahrscheinlichkeitsmaßes die Brownsche Bewegung je nach dem Drift ändern, den man sich wünscht (vgl. JOSHI 2007, S.
147).
16
3.3.4. Aussage und Anwendung des Girsanov Theorems
Im den bisherigen Abschnitten wurde nur mit einer einzigen Zufallsvariablen anstatt einem
zufälligen Prozess gearbeitet. Das Girsanov Theorem ermöglicht die Voraussetzung, unter der
das Radon-Nikodym Derivat
auch für Fälle existiert, in denen ein stetiger stochastischer Prozess ist.
THEOREM: Sei ein Prozess
wie folgt definiert
( 3.30 )
über einem Intervall, wobei
durch die Menge an Informationen
und
ein Wiener Prozess mit der Wahrscheinlichkeitsverteilung
Wiener Prozess
genau bekannt
ist, dann ist
ein
( 3.31 )
bezüglich
und in Bezug auf das Wahrscheinlichkeitsmaß
gegeben mit
( 3.32 )
ist ein Ereignis bedingt auf
und
ist die Indikatorfunktion des Ereignisses.
Mit heuristischer Methode kann man auch schreiben, dass dieses Theorem aussagt, dass gegeben einen Wiener Prozess , die Wahrscheinlichkeitsverteilung von diesem multipliziert
mit , man dann einen neuen Wiener Prozess
hält. Beide Prozesse sind durch
mit Wahrscheinlichkeitsverteilung
er-
( 3.33 )
miteinander verbunden. Man kann auch sagen, dass man
durch Abziehen eines durch
geeigneten Drifts erhält (vgl. NEFTCI 2000, S. 330-331). Was dabei passiert ist folgendes:
Man gibt dem Weg, der eine bestimmte Richtung verfolgt zusätzliches Gewicht und denen,
die eine andere Richtung verfolgen ein Geringeres (vgl. JOSHI 2007, S. 148). Wichtig ist
noch zu sagen, dass sowohl
unter als auch
unter keinen Drift haben, da sie beide
Standard Wiener Prozesse sind (vgl. NEFTCI 2000, S. 332). Man benutzt das Girsanov Theorem vor allem, um beliebige Prozesse in Martingale zu ändern (vgl. NEFTCI 2000, S. 123).
17
Das Theorem kann man nun praktisch anwenden um den Prozess von einem Submartingal
in ein Martingal umzuwandeln, indem man zu einem äquivalenten Maß wechselt, damit der
Drift letztlich null wird.
Angenommen
weist eine zunehmende Änderung im Aktienpreis auf. Diese Änderungen
basieren auf winzig kleinen Vorstößen die normalverteilt sind, so dass man
unter Anwendung von der SDG und bedingt durch den Wiener Prozess
schreiben kann als
( 3.34 )
Um das gewünschte Ergebnis zu erreichen, muss man die ursprüngliche Verteilung mit der
Funktion
multiplizieren.
Man geht davon aus, dass ein Submartingal unter ist,
( 3.35 )
man braucht
aber als Martingal
( 3.36 )
Die Dichte von
ist gegeben mit
( 3.37 )
bezogen auf das Maß (vgl. NEFTCI 2000, S. 334).
Man definiert
durch
( 3.38 )
und nach der Multiplikation von
mit
erhält man
( 3.39 )
bzw. nach Umstellung der Exponenten
( 3.40 )
18
Dies ist nun ein Wahrscheinlichkeitsmaß mit einem normalverteilten Prozess mit Drift null
und Streuung . Somit schreibt man für den Zuwachs von unter Bedingung des treibenden
Terms
:
( 3.41 )
Und damit ist der Prozess nun ein Martingal, wobei der Wiener Prozess
Wahrscheinlichkeit definiert ist (vgl. NEFTCI 2000, s. 333-334).
hinsichtlich der
Diese Methode um Submartingale in Martingale umzuwandeln, wie es auch schon bei der
Doob-Meyer-Zerlegung passiert ist, ist komplizierter aber auch vielversprechender (vgl.
NEFTCI 2000, S. 124).
3.4. Anwendung äquivalenter Martingal-Maße zur Bestimmung
von Anlagepreisen
In den folgenden Abschnitten wird gezeigt, wie äquivalente Martingal-Maße am Beispiel der
Preisfindung von Optionen angewendet werden können. Dabei wird, nach Definition geeigneter Annahmen, gezeigt, wie durch die Ermittlung eines geeigneten Maßes , die Umwandlung
von Anlagewerten in Martingale möglich ist. Diesmal wird, um letztlich zur Black-ScholesGleichung zur Bewertung von Optionen zu gelangen, das Girsanov Theorem nicht explizit
benutzt.
3.4.1. Umwandlung von Anlagewerten in Martingale
sei ein stetiger Prozess, der auch als genereller Wiener Prozess bezeichnet werden kann, da
er die Eigenschaften
( 3.42 )
bzw.
( 3.43 )
mit
als normalverteilte Zufallsvariable besitzt, mit gegebenem
Prozess
.
ist ein geometrischer
( 3.44 )
mit als Startpunkt von (vgl. NEFTCI 2000, S. 348).
Die bedingte Erwartung eines geometrischen Prozesses ist definiert als
19
( 3.45 )
(vgl. NEFTCI, S. 349).
Wie in Abschnitt 3.1. beschrieben verhalten sich viele Anlagen bezogen auf die wahre Wahrscheinlichkeit wie Submartingale, demnach
( 3.46 )9
Das Problem ist ein Wahrscheinlichkeitsmaß
en die Form
zu finden, so dass die berechneten Erwartung-
( 3.47 )
aufweisen, damit
ein Martingal wird. Um dieses Maß zu finden, definiert man zunächst
allgemein das neue Maß unter
( 3.48 )
mit einem beliebigen als einzigen Unterschied zwischen und .
Damit kann man unter Berücksichtigung der Bedingung ( 3.45 )10 die bedingte Erwartung wie
folgt evaluieren
( 3.49 )
Da der Parameter beliebig ist, kann man ihn, solange die Erwartung bezüglich
tingalen Eigenschaft folgt, so bestimmen wie man ihn benötig.
Definiert man folgendermaßen
der Mar-
( 3.50 )
ist er nun fixiert unter der Volatilität und dem risikolosem Zins. Das Wichtige dabei ist,
dass mit diesem der Exponent in Gleichung ( 3.49 ) null wird durch
9
Diese Formel ist dieselbe wie die in Gleichung ( 3.5 ), nur wegen der folgenden Rechnungen wie oben dargestellt.
10
Bzw. unter Berücksichtigung der Entstehung der Gleichung. Dafür sei verwiesen auf NEFTCI 2000, S. 346349.
20
( 3.51 )
und man für die Gleichung ( 3.49 ) somit
( 3.52 )
erhält. Nach der Transformation von
auf die rechte Seite ergibt sich
( 3.53 )
womit
unter
somit ein Martingal wurde.
Indem man somit einen bestimmten Wert für gewählt hat, erhält man eine Wahrscheinlichkeitsverteilung, unter der die Erwartungen für Anlagewerte die Eigenschaft für Martingale
besitzen. Hier hat man dann eine Normalverteilung mit der Form
( 3.54 )
die sich nur durch den Mittelwert von der ursprünglichen Verteilung unterscheidet (vgl.
NEFTCI 2000, S. 349-352).
Die gewonnenen Erkenntnisse können nun zur Bestimmung des Optionspreises mit dem Martingal-Ansatz genutzt werden.
3.4.2. Ableitung der Black-Scholes-Lösungsformel zur Optionspreisbestimmung
Sei im Folgenden der Aktienpreis,
der Basis- bzw. Strikepreis und der Preis für eine
europäische Call-Option unter den Black-Scholes-Rahmenbedingungen (vgl. Abschnitt 4.1.).
Die Basisbeziehung ist die Martingale Eigenschaft, dass
unter dem Maß
( 3.55 )
erfüllen muss, wobei
das Ablaufdatum der Call-Option ist. Für die Randbedingung für
gilt folgende Bedingung:
21
( 3.56 )
(vgl. Abschnitt 3.2.2.) und mit Gleichung ( 3.56 ) ergibt sich für die Eigenschaft von
( 3.57 )
Um die Black-Scholes-Lösungsformel zur Optionspreisbestimmung zu erreichen, wird diese
Erwartung nun direkt berechnet. Zur Vereinfachung wird angenommen, dass man
1.
, den Optionspreis also ab dem Zeitpunkt null berechnet
2. und die derzeitige Menge an Informationen
zu
wird. Dadurch kann man den
Operator für unbedingte Erwartungen
nutzen und rechnet weiter mit
( 3.58 )
Dabei nutzt man das Wahrscheinlichkeitsmaß , was man durch Nutzung der bereits erwiesenen Gleichungen ( 3.40 ) und ( 3.50 ) erhält:
( 3.59 )
mit
( 3.60 )
Damit kann man direkt den Ausdruck ( 3.60 ) errechnen, den man auch schreiben kann als
( 3.61 )
Nach dem Einsetzen von ( 3.59 ) und ( 3.60 ) in ( 3.61 ) erhält man
( 3.62 )
Um die Maximierungsfunktion innerhalb des Integrals zu eliminieren, muss man die Grenzen
des Integrals ändern. Dies kann man hier zum Beispiel machen, indem man sagt, dass das
Integral nur dann nicht gleich null ist, wenn
( 3.63 )
bzw.
22
( 3.64 )
ist. Nach Einsetzen in ( 3.62 )
( 3.65 )
kann man das Integral in zwei Teile teilen
( 3.66 )
(vgl. NEFTCI 2000, S. 354-355).
Nun definiert man eine neue Variable x mit
( 3.67 )
bzw.
( 3.68 )
Dies erfordert eine Korrektur der unteren Grenzen in den Integralen, die nun mit bezeichnet
werden mit:
( 3.69 )
Das Integral hat nun folgende Terme:
23
Term 1
( 3.70 )
Term 2
( 3.71 )
Term 2 ist durch eine Eigenschaft von Normalverteilungen relativ leicht zu lösen. Diese lautet, dass man für Standard-Normalverteilungen folgendes schreiben kann:
( 3.72 )
Dadurch lautet der zweite Term:
( 3.73 )
( 3.74 )
Somit bleibt noch der erste Term. Mit folgender Substitution lässt sich jedoch auch dieser Teil
lösen:
( 3.75 )
und man erhält:
( 3.76 )
( 3.77 )
24
.
( 3.78 )
Durch Zusammenfügen beider Terme ergibt sich für den Preis einer Call-Option:
( 3.79 )
mit
( 3.80 )
( 3.81 )
(vgl. JOSHI 2007, S. 149-150; NEFTCI 2000, S. 356-358).
Dies ist die Lösung der Black-Scholes-Merton Gleichung, welche im folgenden Kapitel näher
beschrieben wird.
4.
Black-Scholes-Merton-Modell
Das Modell von Fischer Black, Maron Scholes und Robert C. Merton aus den 70er Jahren ist
ein häufig genutztes Modell zur Bewertung von Optionen. Diese „Optionsbewertungsformel,
die im Allgemeinen als Black-Scholes-Formel bezeichnet wird, hat sich zum ‚Industriestandard‛ entwickelt, da sie der Ausgangspunkt vieler optionspreistheoretischer Überlegungen ist“
(RUDOLPH/SCHÄFER 2005, S. 244).
Im Folgenden Kapitel werden zunächst die Grundlagen des Modells erläutert. Danach wird
die Differentialgleichung hergeleitet und anschließend gelöst.
4.1.
Grundlagen des Basismodells von Black, Scholes und Merton
In ihrem Ansatz modellieren Black, Scholes und Merton über einen geometrischen
Brownschen Prozess, welcher die Annahme normalverteilter Aktienrenditen impliziert, die
Aktienkursbewegung. Die Formel selbst beruht auf folgenden Annahmen:
1. Das logarithmierte Verhältnis der Aktienkurse bzw. die Aktienrenditen ist/sind normalverteilt. Die momentane Varianz ist konstant.
2. Optionen und Aktien werden ständig gehandelt.
25
3. Der Kapitalmarkt ist vollkommen und vollständig.
4. Die Ausübung der Optionen können nur an einem bestimmten Termin durchgeführt
werden, deswegen werden ausschließlich europäische Optionen betrachtet.
5. Während der Laufzeit der Option fallen auf die zugrunde liegenden Aktien keine Dividendenzahlungen an.
Für europäische Kaufoptionen (Call) auf Aktien ohne Dividenden sowie einer europäischen
Verkaufsoption (Put) auf eine dividendenlose Aktie zum Zeitpunkt null, lautet die klassische
Formel von Black, Scholes und Merton wie folgt (vgl. RUDOLPH/SCHÄFER 2005, S. 244):
( 4.1 )
( 4.2 )
mit
( 4.3 )
( 4.4 )
„Die Funktion
ist die kumulative Verteilungsfunktion einer Standardnormalverteilung,
also die Wahrscheinlichkeit, dass eine Variable mit einer Standardnormalverteilung
kleiner als oder gleich ist“ (vgl. HULL 2009, S. 365). Die restlichen Variablen sind aus dem
vorherigen Kapitel bereits bekannt, werden aber zur Vervollständigung wiederholt. C und P
steht jeweils für den Preis der Kauf- bzw. Verkaufsoption einer europäischen Aktie.
entspricht dem Aktienkurs zum Zeitpunkt null, dem Basispreis, dem risikolosen Zinssatz bei
stetiger Verzinsung, der Volatilität bzw. der Preisschwankung des Aktienkurses und der
Restlaufzeit der Option.
Eine Möglichkeit zur Herleitung der Formel besteht im Martingalansatz, wie im vorherigen
Kapitel gezeigt wurde. Des Weiteren kann man diese Gleichung auch durch die Lösung der
Black-Scholes – Differentialgleichung herleiten, wie nun in den nächsten Abschnitten gezeigt
wird.
4.2. Die Black-Scholes-Merton- Differentialgleichung
Zunächst müssen für die Herleitung der Differentialgleichung folgende Annahmen festgelegt
werden (vgl. HULL 2009, S. 359):
26
1. Bei vollständiger Verwendung der resultierenden Einnahmen ist ein Leerverkauf
von Wertpapieren möglich.
2. Es gibt weder Transaktionskosten noch Steuern. Alle Wertpapiere sind ohne Einschränkung teilbar und ein Handel mit ihnen findet fortlaufend statt.
3. Es gibt während der Laufzeit des Derivates keine Dividendenzahlungen.
4. Es existieren keine risikolosen Arbitragemöglichkeiten.
5. Der risikolose Zinssatz ist für alle Laufzeiten identisch und konstant.
Ein häufig verwendetes Modell für Aktienkurse, welches auch schon im Abschnitt 3.3.1. benutzt wurde und die Grundlage des Black-Scholes-Ansatzes darstellt, ist die geometrische
Brownsche Bewegung. Der Aktienkurs erfüllt bei Annahme des Modells folgende Gleichung:
( 4.5 )
beschreibt die Änderung des Kurses der Aktie in einem kleinen Zeitintervall .
ist
ein Wiener Prozess. Der Driftparameter stellt die erwartete Rendite der Aktie pro Zeiteinheit dar. Die Volatilität (Preisschwankung) ist ein Maß für die zufälligen Schwankungen des
Aktienkurses, und sind dabei konstant (vgl. HULL 2009, S. 334; FRANKE et al. 2003, S.
69). Der Wert von sollte vom Risiko der Aktie abhängen, da ein rationaler Anleger bei einem höheren Risiko eine höhere erwartete Rendite erwartet.
Allerdings muss man sich tatsächlich nicht weiter mit dieser Determinante befassen, da „der
Wert eines von einer Aktie abhängigen Derivats im Allgemeinen unabhängig von ist. Im
Gegensatz dazu ist der Parameter […] von kritischer Bedeutung für die Bestimmung des
Wertes der meisten Derivate“ (vgl. HULL 2009, S. 336).
„Der Preis einer Aktienoption ist eine Funktion des Preises der zugrunde liegenden Aktie und
der Zeit“ (HULL 2009, S. 337). Somit kann man auch sagen, dass „der Preis eines beliebigen
Derivats eine Funktion der dem Derivat zugrunde liegenden stochastischen Variablen und der
Zeit ist“ (HULL 2009, S. 337). Für die weitere Entwicklung der Differentialgleichung muss
deswegen auch das Verhalten der Funktion, durch das von dem Mathematiker Kiyosi Itô entdeckte Resultat, auch bekannt als Itôs Lemma, dargestellt werden.
Folgt der Wert einer Variablen
dem Itô-Prozess
( 4.6 )
wobei ein Wiener Prozess ist, und Funktionen von und darstellen und den Drift
und die Varianz
hat. Itôs Lemma zeigt dann, dass eine weitere Funktion G von und
folgendem Prozess folgt:
27
( 4.7 )
wobei
derselbe Wiener Prozess wie in Gleichung ( 4.6 ) ist und
Itô- Prozess folgt mir Drift
daher ebenfalls einem
( 4.8 )
und Varianz
( 4.9 )
Sei nun der Preis einer Kaufoption (oder auch eines anderen Derivates) einer Aktie , dann
muss die Variable eine Funktion von und sein. Unter Verwendung der Gleichung ( 4.5 )
und dem Itô-Prozess aus ( 4.7 ) folgt:
( 4.10 )
Zur weiteren Berechnung braucht man die diskreten Versionen von Gleichung ( 4.5 ) und
( 4.10 ):
( 4.11 )
und
( 4.12 )
wobei
und
eine Änderung in einem kurzen Zeitintervall
darstellen. Wie bereits erwähnt, ist der Wiener Prozess
in beiden Gleichungen identisch. Somit kann man aus der
Aktie und der Option ein Portfolio so zusammenstellen, dass diese Variable eliminiert wird.
Ein geeignetes Portfolio setzt sich wie folgt zusammen:
-1: Option +
Anteile der Aktie.
28
„Der Inhaber dieses Portfolios hat eine Short-Position in einem Derivat sowie eine LongPosition mit
Aktien“ (HULL 2009, S. 360) bzw. er hat „ein Derivat leerverkauft und
Aktien gekauft“ (HULL 2001, S. 351). Mit wird der Wert des Portfolios definiert.
Somit gilt:
( 4.13 )
Eine Änderung von , also dem Wert des Portfolios im Zeitintervall
, ist gegeben durch
( 4.14 )
Nach dem Einsetzen der Gleichungen ( 4.11 ) und ( 4.12 ) in ( 4.14 ) erhält man
( 4.15 )
Wie man erkennen kann, ist
nicht mehr Bestandteil der Gleichung, weshalb das Portfolio
über den Zeitraum
risikolos sein muss.
Am Anfang dieses Abschnittes wurden Annahmen getroffen, die implizieren, dass dieses
Portfolio denselben Ertrag wie weitere kurzfristige risikolose Anlagen erzielen muss, um
Arbitragemöglichkeiten auszuschließen. Somit folgt, dass
( 4.16 )
mit als risikoloser Zins ist. Durch Einsetzen der Gleichungen ( 4.13 ) und ( 4.15 ) in ( 4.16 )
erhält man
( 4.17 )
und schließlich
( 4.19
) )
( 4.18
was die bekannte Black-Scholes-Merton-Differentialgleichung darstellt, welche auch BlackScholes-PDE genannt wird.
29
Sie hat zahlreiche Lösungen, je nachdem welches Derivat man mithilfe von als zugrundeliegende Variable definiert. Um eine spezielle Lösung für ein Derivat zu erlangen, muss man
die entsprechenden Randbedingungen definieren, welche die Werte an den Grenzen des Derivats bestimmen. Für eine europäische Kauf- bzw. Verkaufsoption lauten sie:
falls
( 4.20 )
falls
( 4.21 )
(vgl. HULL 2009, S. 359-361).
Wichtig ist noch zu erwähnen, dass das verwendete Portfolio nicht permanent risikofrei ist,
denn dies gilt nur für unendlich kleine Zeiträume. Verändern sich und , dann wird sich
auch
ändern, was aber ein Bestandteil der Black-Scholes-PDE ist. Damit das Portfolio risi-
kofrei bleibt, ist es nötig, das Verhältnis von Derivat und Aktie öfters zu ändern (vgl. HULL
2001, S. 352-354).
4.3. Lösung der Black-Scholes-PDE
Für die Lösung der Black-Scholes-Merton-Differentialgleichung muss zunächst zur Vereinfachung die Substitution
bzw.
vorgenommen werden (vgl. JOSHI 2007, S.
109; WILKENS 2000, S. 165). Nach Einsetzen von und Umschreiben der Gleichung ( 4.19
) erhält man
( 4.22 )
mit konstanten Koeffizienten.
Um die Gleichung weiter zu vereinfachen nimmt man an, dass nicht die aktuelle Zeit den
Preis einer Option beeinflusst, sondern die Summe der vergangenen Zeit. Mit
erhält
man
( 4.23 )
Da man versucht, den Preis des Wertes eines möglichen Cashflows in der Zukunft zu errechnen, kann man schreiben, dass
ist, womit man ausdrückt, dass der mögliche künftige Zahlungsfluss in die augenblickliche Zeit diskontiert wird. Damit erhält man
( 4.24 )
30
Als nächstes eliminiert man den erstrangigen Term. Nun sei der Mittelwert von
punkt
zum Zeit-
. Um dies mit in Betracht zu ziehen schreibt man die Koordinaten
um in
( 4.25 )
,
womit Gleichung ( 4.24 ) zu
( 4.26 )
wird (vgl. JOSHI 2007, S. 109). Dies ist die eindimensionale Wärmeleitungsgleichung. Für
diese Gleichung kann man „eine Theorie entwickeln, die der Potentialtheorie für die Laplacesche Differentialgleichung entspricht; auf diese Weise kann man die Randwertprobleme der
Wärmeleitungsgleichung in Integralgleichungsprobleme überführen“ (SMIRNOV 1989, S.
397). Die Nebenbedingungen sind zum Einen Gleichung ( 4.20 ) und zum Anderen
falls
, also, wenn die Aktie keinen Wert besitzt, ist auch die Kaufoption wertlos (vgl.
KACHAKLIEV 2009, S. 11). Beim Lösen der Differentialgleichung unter diesen Bedingungen erhält man nun die Formel zur Bewertung von europäischen Kaufoptionen (vgl. JOSHI
2007, S. 109-110; BLACK/SCHOLES 1973, S. 642-644):
( 4.27 )
,
wobei
die kumulierte Normalverteilung
darstellt mit
( 4.28 )
( 4.29 )
Hier müssen noch zwei Gegebenheiten erwähnt werden. Zum Einen erscheint die erwartete
Rendite nicht in der Gleichung ( 4.27 ). Somit ist der Wert der Option als Funktion des Aktienpreises unabhängig von der erwarteten Rendite der Aktie. Die erwartete Rendite der Option hängt allerdings von der erwarteten Rendite der Aktie ab. Die Verfallszeit
zum
Anderen kommt in ( 4.27 ) nur multipliziert mit oder
vor. Somit hat eine Steigung der
Restlaufzeit den gleichen Effekt auf den Wert der Option wie eine gleiche prozentuale Erhöhung in Beiden, und
(vgl. BLACK/SCHOLES 1973, S. 644).
31
5.
Vergleich der Ableitung der Black-Scholes-Formel mit
PDE und Martingalansatz
Wie man in Abschnitt 3.4.2. und im Kapitel 4 gesehen hat, lässt sich die Black-ScholesFormel zur Bestimmung von Optionspreisen auf zwei Arten herleiten, nämlich mit dem Lösen
der Black-Scholes-Differentialgleichung und dem Martingalansatz. Der erste Ansatz erzielt
den erwünschten Preis durch Gestaltung risikofreier Portfolios. Der Zweite basierte auf der
Behauptung, dass man ein Wahrscheinlichkeitsmaß finden kann, unter dem die Wahrscheinlichkeit
ein Martingal wird, also
( 5.1 )
bzw. dass der Drift des stochastischen Differentials
( 5.2 )
gleich null ist (vgl. NEFTCI 2000, S. 358).
Obwohl beide Ansätze sehr unterschiedlich sind, müssen sie auf irgendeine Art und Weise
verwandt sein. Im Folgenden wird diese Beziehung zueinander hergestellt.
5.1. Äquivalenz der beiden Ansätze
Um zu zeigen, wie beide Ansätze zusammenhängen, muss man schrittweise vorgehen. Als
Erstes wird gezeigt, wie man
in ein Martingal umformt, indem man den Wiener Prozess und das verbundene Wahrscheinlichkeitsmaß auswechselt und anschließend wird dasselbe für ein Derivat
vollzogen (vgl. NEFTCI 2000, S. 358-363).
Umformung von
in ein Martingal
Man beginnt mit dem Basismodell, das die Dynamik des zugrundeliegenden Aktienpreises
untersucht. Der Aktienpreis folgt der stochastischen Differentialgleichung
mit
,
( 5.1 )
wobei der Drift und der Diffusionsterm nur vom beobachteten Aktienpreis
abhängen.
ist der normale Wiener Prozess mit Wahrscheinlichkeitsmaß . Um die Notation klar zu
machen vereinfacht man die Gleichung und schreibt stattdessen:
( 5.2 )
32
Man kann die SDG durch
, dem durch den risikofreien Zins diskontierten Preis, unter
Anwendung von Itô’s Lemma berechnen und erhält:
11
Nach dem Einsetzen von
( 5.3 )
aus Gleichung ( 5.2 ) erhält man:
( 5.4 )
Normalerweise wird diese Gleichung keinen Drift von null
eine risikoreiche Anlage ist und somit wird
kein Martingal.
Aber man kann wie in Abschnitt 3.3.4. das Girsanov Theorem benutzen um
Martingal zu überführen.
Indem man die Gleichung ( 3.33 ) in die Gleichung ( 5.4 ) einfügt erhält man
haben, da
in ein
( 5.5 )
Nach dem Theorem wird
unter der neuen Wahrscheinlichkeit ein Standard Wiener Prozess sein. wird ein Martingalmaß sein, wenn der Drift gleich null ist. Dafür nimmt man
äquivalent zu der Gleichung ( A.8 ) (siehe Beweis Anhang 1) für
den Marktpreis des Risikos:
( 5.6 )
und erhält die stochastische Differentialgleichung
( 5.7 )
Somit hat man ein Martingalmaß , einen neuen Wiener Prozess
und die dazugehörige
Driftanpassung , so dass
ein Martingal ist, was man für den folgenden Abschnitt
benötigt.
Umformung von
in ein Martingal
Um den Preis für ein Derivat bzw. eine Option bestimmen zu können, muss man zeigen, dass
die Martingale Eigenschaft unter
besitzt. Man vollzieht im Prinzip die gleichen
Schritte wie zu Beginn des Abschnitts und fängt an, unter Zuhilfenahme von Itô’s Lemma,
eine stochastische Differentialgleichung für
zu entwickeln.
11
Zum Nachvollziehen wird auf folgende Literatur verwiesen: NEFTCI 2000, S. 240.
33
Für ein vereinfachtes Verhalten von Derivaten erhält man
( 5.8 )12
Wenn man
unter Anwendung von Itô’s Lemma austauscht, erhält man die PDE
( 5.9 )
Nun muss man sich überlegen, was man für
substituiert. Man kann entweder Gleichung
( 5.7 ) nutzen, bei dem
unter ein Martingal ist, oder das original
aus der ursprünglichen Gleichung ( 5.2 ). Hier wird die zweite Möglichkeit genutzt. Man eliminiert
,
indem man ( 5.2 ) in ( 5.9 ) einsetzt:
( 5.10 )
und nach einer neuen Anordnung erhält man
( 5.11 )
Erneut kann man nun das Girsanov Theorem nutzen. Man definiert den Wiener Prozess
( 5.12 )
und transformiert Gleichung ( 5.11 ) unter Nutzung des Girsanov Theorems zu:
( 5.13 )
Auch hier ist der Term
nur unter dem Wahrscheinlichkeitsmaß
Prozess. Folglich wird die relevante Wahrscheinlichkeit.
12
Man vereinfach
auf der rechten Seite zu
.
ein Standard Wiener
34
Unter erneuter Nutzung von
mit
( 5.14 )
,
wie in Gleichung ( 5.6 ) und einsetzen in Gleichung ( 5.13 ), erhält man
( 5.15 )
und somit
( 5.16 )
Damit
unter
und
13
ein Martingal ist muss der Driftterm null sein, also
( 5.17 )
Dieser Ausdruck ist die Black-Scholes-Differentialgleichung.
Mit dieser Wahl von
folgt der durch den risikofreien Zins abdiskontierte Preis des Derivates der stochastischen Differentialgleichung:
( 5.18 )
Der Driftparameter ist null.
5.2. Ergebnis des Vergleichs
Wie gezeigt wurde, gibt es eine gewisse Äquivalenz zwischen dem Martingalansatz für die
Preissetzung von Derivaten und dem PDE.
Im Martingalansatz arbeitet man mit bedingten Erwartungen hinsichtlich des äquivalenten
Martingalmaßes, welches alle durch den risikofreien Zins diskontierten Aktien umwandelt.
Diese Erwartungen sind relativ leicht zu entwerfen, wenn man die Idee des Girsanov Theorems verstanden hat.
13
Wenn es keine Arbitragemöglichkeit gäbe, würde eben dieses
(vgl. NEFTCI 2000, S. 363).
alle Anlagepreise in Martingale umwandeln
35
Der Martingalansatz beeinhaltet die gleiche stochastische Differentialgleichung wie der PDEAnsatz. Der Unterschied besteht darin, dass der Ansatz mit dem Martingal die stochastische
Differentialgleichung (Black-Scholes-Differentialgleichung) eine Konsequenz aus einer risikoneutralen Preissetzung ist, währenddessen bei der PDE-Methode man mit der Differentialgleichung beginnt, um risikofreie Preise zu erhalten.
6.
Martingale als
Simulationen
Grundlage
für
Monte-Carlo-
Unter einer Monte Carlo Simulation versteht man das Nachspielen eines Zufallsvorgangs mit
Zufallszahlen. Seit einigen Jahren wird diese Methode in vielen betriebswirtschaftlichen Praxisanwendungen eingesetzt, da viele „Zufallsexperimente effizient nur mit leistungsfähigen
Computern umsetzbar sind“ (SUHL/MELLOULI 2009, S. 14). Die Zufallszahlen werden dabei mit einem Algorithmus erzeugt. Diese wirken zwar zufällig, sind letztlich aber Pseudozufallszahlen (vgl. ROMEIKE 2003, S. 194). Üblicherweise wird die „Monte-Carlo-Simulation
in Fällen eingesetzt, in denen aus einer Input-Verteilung eine Output-Verteilung generiert
wird. Es kann sich bei Input und Output auch um viele unterschiedliche Verteilungen handeln“ (SUHL/MELLOULI 2009, S. 15). Im Folgenden wird die Wichtigkeit von Martingalen
bei der Monte-Carlo-Simulation anhand eines Beispiels näher erläutert.
6.1.
Einführung in die Monte-Carlo-Simulation des Kapitalwertes
Zwei wichtige Ansätze zur Risikoanalyse von Investitionsprojekten sind deterministische
Techniken, mit Methoden wie Fehleranalyse, aber auch stochastische Methoden, wie die
Monte-Carlo-Simulation des Kapitalwertes (KW). Analysten nehmen normalerweise für jede
Periode des Projektes Wahrscheinlichkeitsverteilungen für die Parameter an und benutzen
diese Verteilungen dann, um daraus die Wahrscheinlichkeit zu errechnen, dass der KW positiv ist. HURLEY (1998, S. 169-170) ist jedoch der Meinung, dass diese konventionellen Ansätze der mehrperiodigen Unsicherheit zu unrealistisch für einige Parameter sind. Seine Lösung modelliert die Entwicklung der Parameter als Martingal mit schrumpfenden Varianzfehlertermen. Er beschreibt seine Methode anhand des folgenden Beispiels (vgl. HURLEY 1998,
S. 169-182).
Wenn man eine neue Produktionstechnologie, die verspricht, die variablen Stückkosten zu
senken, bewerten soll, dann muss das Management die diskontierten Werte der gesparten
Kosten mit dem Preis vergleichen, das das Investment kostet. Auch ist es zu prüfen, wie sich
die Stückkosten über die Dauer des Projektes entwickeln. Normalerweise schwanken die Kosten in einem anfänglichen Unsicherheitsbereich, aber über die Zeit gesehen, werden sie sich
zu langfristigen Stückkosten ausgleichen. Bei jedem Schritt der Simulation wird der Analyst
eine Zeitreihe der Stückkosten generieren, eine für jede Periode der Investitionslaufzeit. Diese
36
Zeitreihe wird umgewandelt in eine diskontierte Kosteneinsparungsiteration. Diese Iteration
wird dann genutzt um die Wahrscheinlichkeit auszurechnen, dass der diskontierte Wert der
Kosteneinsparung die Anfangsinvestition übersteigt.
Wie diese Zeitreihe der Stückkosten generiert wird, hängt von der Erwartung des Analysten
über den Wert der Unsicherheit des Parameters ab. Eine Methode ist die perfekte Korrelation,
die aus der ersten Periode die Stückkosten aus der Verteilung nimmt und dann annimmt, dass
diese Kosten auch in den künftigen Perioden passen. Ein anderes Extrem ist die Annahme
keiner Korrelation. Dabei zieht der Analyst aus der Verteilung der ersten Periode mal, einmal für jede Periode des Projekts.
Manchmal produzieren diese Ansätze Zeitreihen die unrealistisch sind, da beide Annahmen
getrennt voneinander eher unwahrscheinlich sind. Darüber hinaus führen beide Herangehensweisen zu einer erheblich unterschiedlichen Varianz des KW und somit zu einer anderen
Wahrscheinlichkeit, dass der KW positiv ist.
Ein dazwischenliegender Ansatz modelliert die Zeitreihe als Martingal mit einem zusätzlichen
Fehlerterm mit schrumpfender Varianz (der Fehlerterm wird mit jeder nachfolgender Periode
des Projekts kleiner). Diese Vorgehensweise führt zu einer realistischeren Zeitreihe. Aber was
noch wichtiger ist, bei einer Martingalen Zeitreihe wird über den Verlauf des Projekts hinweg,
die Unsicherheit beseitigt. A priori weiß der Analyst nicht, wie sich die langfristigen Kosten
niederschlagen, er kann aber sicher sein, dass sie sich, wenn das Projekt fortschreitet, ausgleichen. Dies kann man zum Beispiel an folgender Abbildung 2 erkenne, die zwei Iterationen
der Stückkosten mit der Martingal-Methode darstellt. Zuerst hüpfen die Kosten umher um
sich dann in einem langfristigen Wert nieder zu lassen.
37
Abbildung 3: Zwei Monte-Carlo-Iterationen der Stückkosten mit der Martingalen Methode (in Anlehnung an: HURLEY 1998, S. 174)14
14
Hierbei wurde ein Startwert von 50 verwendet. Die erste Iteration wurde mit
erzeugt.
und die Zweite mit
38
6.2.
Der Martingale Ansatz in der MC-Simulation
Generell nimmt man an, dass man einen unsicheren Parameter hat, wie in diesem Fall die variablen Stückkosten, als ein Vektor von Zufallsvariablen
mit
( 6.1 )
,
wobei
der Wert des Parameters zum Zeitpunkt ist und die Laufzeit des Projekts. Generiert man nun eine Monte-Carlo-Iteration des Vektors, würde der Martingale Ansatz der Iteration wie folgt aussehen:
1. Setze
mit als die beste Schätzung von
mit Mittelwert und Varianz .
2. Setze die verbleibenden Elemente der Zeitreihe gleich
und
sei normalverteilt
,
wobei
normalverteilt mit Mittelwert
( 6.2 )
und Varianz sei
( 6.3 )
mit
als Geschwindigkeit der Unsicherheitsauslösung des Parameters.
Mit
wird die Fehlervarianz
nach und nach schrumpfen, bis die parametrische
Zeitreihe sich in einem langfristigen Wert festsetzt. Bei Abbildung 2 kann man zum Beispiel
gut erkennen, dass die langfristigen Stückkosten sich bei einem kleinen Wert für schneller
einpendeln.
Mit dem Ansatz der Martingale ist der langfristige Wert von
unsicher und seine Verteilung
entspricht folgender Aussage:
Wenn
mit der Martingal-Methode erzeugt wird, dann ist
normalverteilt mit
den Parametern
( 6.4 )15
mit
( 6.5 )16
15
Unter der Martingal-Methode kann folgendermaßen ausgedrückt werden:
.
ist die
Summe von normalverteilten Zufallsvariablen und ist deswegen selbst eine normalverteilte Zufallsvariable mit
da
(vgl. HURLEY 1998, s. 179).
16
Mit
, dann
HURLEY 1998, s. 179).
(vgl.
39
Mit dem Martingal als Ansatz zur Modellierung mehrperiodischer unsicherer Parameter liegt
der größte Vorteil im Ergebnis realistischer Parameter. Außerdem kann er direkt in Computerprogramme implementiert werden.
7.
Zusammenfassung
Zusammenfassend kann man sagen, dass in stetiger Zeit der stochastische Prozess
tingal ist, wenn
ein Mar-
( 7.1 )
, für alle
ist. Die Brownsche Bewegung, also die Beobachtung, dass kleine Teilchen einer Flüssigkeit
eine unregelmäßige Bewegung aufweisen, ist zum Beispiel ein Martingal. Es wurde gezeigt,
wie man stetige Martingale identifizieren kann. Dabei kam man unter Anderem zu dem Ergebnis, dass ein Martingal ein stochastischer Prozess mit einem Drift von null ist und dass
eine Variable einem Martingal folgt, wenn ihr Prozess die Form
( 7.1 )
hat und ihre künftigen Bewegungen nicht vorhersehbar sind.
Das Hauptkapitel über die Martingal-Pricing-Theorie zeigt, warum Martingale eine zentrale
Rolle bei der Bewertung von Derivaten spielen. Viele Anlagen verhalten sich wie Submartingale, indem man davon ausgeht, dass die abgezinsten Preise über die Zeit gesehen steigen.
Mit der Doob-Meyer-Zerlegung und dem Girsanov Theorem gibt es zwei Möglichkeiten, diese Submartingale in Martingale umzuwandeln. Die zweite Methode ist die Nützlichere, allerdings auch kompliziertere Vorgehensweise. Bei ihr wird, anstatt wie bei der Ersten das Submartingal direkt zu ändern, seine Wahrscheinlichkeitsverteilung so transformiert, dass man
aus
,
( 7.2 )
mit
als die berechnete bedingte Erwartung unter der Wahrscheinlichkeitsverteilung ,
einen Erwartungswert bekommt, der
( 7.3 )
erfüllt und
unter dem neuen äquivalenten Wahrscheinlichkeitsmaß
ein Martingal
wird. Dieses Maß kann dabei auf zwei Arten bestimmt werden. Einmal wird eine Funktion
gesucht, bei deren Multiplikation mit dem Wahrscheinlichkeitsmaß mit ihrer Funkti-
40
on eine neue Wahrscheinlichkeit
Maß mit
erzielt wird. Beim zweiten Mal definiert man ein neues
( 7.4 )
und , als einzigem Unterschied zwischen
und .
wird wie folgt bestimmt,
( 7.5 )
so dass die Erwartung bezüglich der Martingalen Eigenschaft folgt. Dieses EMM kann angewendet werden, um den Preis für eine europäische Option zu berechnen. Dabei gelangt man
mit diesem Ansatz zu der Black-Scholes-Differentialgleichung.
Für eine europäische Call-Option auf Aktien gilt folgende klassische Formel:
( 7.1 )
mit
( 7.2 )
( 7.3 )
Diese Formel kann man einmal mit dem Martingalansatz erzielen, aber auch, indem man die
Black-Scholes-PDE unter Nebenbedingungen löst unter Erstellung eines risikofreien Portfolios. Vergleicht man beide Ansätze miteinander gelangt man zu dem Ergebnis, dass der
Martingalansatz die gleiche stochastische Differentialgleichung wie der PDE-Ansatz enthält.
Der Unterschied besteht darin, dass im Ansatz mit dem Martingal die Black-ScholesDifferentialgleichung eine Konsequenz von einer risikoneutralen Preissetzung ist, währenddessen bei der PDE-Methode man mit der Differentialgleichung beginnt, um risikofreie Preise
zu erhalten.
Martingale sind auch bei Monte-Carlo-Simulationen wichtig, da sie dabei genutzt werden, um
zum Beispiel bei Investitionsprojekten die Wahrscheinlichkeit zu errechnen, dass der Kapitalwert positiv ist.
Abschließend soll die Nutzung von Martingalen noch anhand des folgenden Bildes vermittelt
werden. Man hat zum Beispiel die Funktion eines Calls, mit dem man zu jedem Preis, welche
der zugrunde liegende Basiswert, z.B. die Aktie annehmen kann, mit Sicherheit sagen kann,
41
welcher Betrag letztlich ausgezahlt wird. Allerdings kennt man zur gegenwärtigen Zeit den
Wert nicht, den die Aktie in der Zukunft annehmen wird. Der Preisprozess soll nun einem
stochastischen Prozess mit Eigenschaften von Martingalen folgen, so dass der Erwartungswert
der künftigen Preise mit dem derzeitigen Preis übereinstimmt. Damit wird er gezügelt und
man kann den Preis für einen Call heute schon berechnen, obwohl man den künftigen Preis
der Aktie eben noch nicht kennt.
42
Anhang
Anhang 1: Umwandlung des Prozesses
von der realen Welt in die risikoneutrale Welt
ist eine Aktie, die einer geometrischen Brownsche Bewegung folgt und
stetiger Verzinsung und einem risikofreien Zinssatz:
17
ist ein Bond mit
( A.1 )
somit:
( A.2 )
Mit
( A.3 )
erhält man
( A.4 )
und somit
( A.5 )
Unter Nutzung des Girsanov Theorem:
Sei
ein Wiener Prozess mit Stichprobenraum und Maß . Wenn
Funktion ist, dann existiert ein äquivalentes Maß auf , so dass
eine angemessene
( A.6 )
mit
als ein neuer Wiener Prozess entsteht.
Übertragung des Theorems zur Gleichung ( A.5 ):
17
„Der Parameter [und ] stellt die erwartete Rendite aus der Aktie [und dem Bond] pro Zeiteinheit dar, der
Parameter ist die Volatilität [Preisschwankung] des Aktienkurses. Diese beiden Parameter werden als konstant
angesehen“ (HULL 2009, S. 334).
43
( A.7 )
Um den Drift aus der Gleichung zu nehmen nimmt man für
( A.8 )
was dem negativen Marktpreis des Risikos entspricht.
Nach dem Einsetzen von
in die Gleichung ( A.7 ) erhält man
( A.9 )
und somit ein Martingal.
Unter Berücksichtigung von Gleichung ( A.1 ) erhält man äquivalent:
( A.10 )
was dem Prozess
in der risikoneutralen Welt entspricht (vgl. JOSHI 2003, S. 147-148).
Diese Gleichung ist sehr interessant, da diese die stochastische Differentialgleichung einer
Aktie mit geometrischer Brownscher Bewegung ist, als Drift allerdings den risikofreien Zins
hat (vgl. JOSHI 2007, S. 148-149). würde einen Risikoaufschlag beinhalten, der normalerweise nicht bekannt ist bevor
nicht ausgerechnet wurde, während bekannt ist (vgl.
NEFTCI 2000, S. 353). Der Übergang zu einem EMM hat somit den gleichen Effekt wie
anzunehmen, dass die Anleger risikoneutral sind und der Marktpreis des Risikos somit null ist
(vgl. JOSHI 2007, S. 149).
44
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