Schon - PATRIZIA Immobilien AG

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PATRIZIA
estatements
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FTUBUFNFOUTmagazin 01|11
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EDITORIAL
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ACHTUNG ZUKUNFT!
INHALT
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WENN HÄUSER
KONTAKT AUFNEHMEN
„Prognosen sind schwierig, besonders wenn sie die Zukunft betreffen“ – so lautet ein bekanntes Zitat. Für
viele ist die Zukunft ein Buch mit sieben Siegeln: unvorhersehbar, unbestimmt, unergründlich. Insofern
sind viele Menschen unsicher, was die Zukunft betrifft und stehen ihr skeptisch gegenüber.
Fassaden haben heute längst nicht mehr nur die Aufgabe, Hülle für
ein Gebäude zu sein. Medienfassaden lassen erahnen, was in Zukunft
möglich sein wird. Die mitdenkende, mitfühlende Fassade ist auf dem
Weg in die Stadt.
„Früher war alles besser“, lautet daher oft die Devise. Verklärt betrachtet mag das vielleicht der Fall sein,
dennoch sprechen die Fakten eine andere Sprache: So ist zum Beispiel in den letzten 200 Jahren die
Weltbevölkerung um mehr als das Sechsfache gewachsen, gleichzeitig werden die Menschen heute doppelt so alt wie damals. Allein in den letzten 50 Jahren hat sich das inflationsbereinigte Durchschnittseinkommen verdreifacht. Trotz mancher Rückschläge entwickelt sich die Welt also zu einer besseren. Es ist
nur so, dass Fortschritt erst in der Rückschau sichtbar wird und meist am Rande unserer von Krisen und
Katastrophen geprägten Wahrnehmung stattfindet. Gute Nachrichten haben einfach keine Lobby,
schlechte dagegen schon – lassen sie sich doch in Bild und Ton publikumswirksam aufbereiten. Fortschritt
dagegen geschieht meist zuerst im Kleinen, einfach so, nebenbei und zwischendurch. Aber er findet statt,
auch wenn er nicht zur besten Sendezeit um 20 Uhr als „Breaking News“ zu sehen ist. Obwohl es sich oft
anders anfühlt, die Zukunft ist weitaus besser als viele denken.
LEBENSWELTEN 2.0:
SOLO IN DER GRUPPE
DIE MOBILE
STADT
Deutschlands bekanntester Zukunftswissenschaftler Professor
Dr. Horst W. Opaschowski stellt zehn Zukunftsperspektiven
auf, wie unser Leben von morgen aussehen könnte.
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ZUKUNFT FINDET STADT
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Es gibt viele Städte, in denen Zukunft statt (Stadt) findet. Viele, die
die Zukunft noch vor sich haben und einige, die sie schon hinter
sich haben. estatements hat sich Gedanken über das Wie und das
Warum gemacht.
STADT VOM REISSBRETT
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Seit Jahrhunderten träumen Philosophen und Stadtplaner von der
idealen Stadt. In der Nähe der südkoreanischen Metropole Seoul
soll dieser Traum jetzt Wirklichkeit werden: Mit Songdo entsteht
bis 2015 eine komplett am Reißbrett geplante Stadt.
INVESTMENT-HORIZONTE 2010
Fahrrad, S-Bahn und Elektroautos
statt verstopfter Straßen, langer
Staus und stinkender Pkw. Wie
Mobilitätsforscher daran arbeiten,
dass die Metropolen der Zukunft
mobiler werden.
SMART LIVING DER ZUKUNFT
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estatements sprach mit DGNB-Auditor Franz Hirsch über nachhaltiges Bauen, ausgezeichnete Projekte und seine Gedanken zum
Wohnen der Zukunft.
ÜBERNACHTEN BEI GIORGIO
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Immer mehr Designer gehen unter die Hoteliers. Wie Armani,
Versace, Bulgari und Co. nicht mehr nur Models, sondern immer
mehr Hotelsuiten gekonnt modisch und luxuriös in Szene setzen.
„Ausnahmen bestätigen die Regel“, besagt ein weiteres Sprichwort: Obwohl die Zukunft grundsätzlich unvorhersehbar ist, so sicher ist doch, dass immer mehr Menschen ihre Zukunft in der Stadt suchen. Also
„Zukunft findet Stadt“. Und genau das ist das Leitthema unserer aktuellen estatements. Wir haben uns
gefragt: Was macht Städte attraktiv? Wie sieht die ideale Stadt aus? Wie bewegt man sich in ihr? Wie wohnt
man in der Zukunft? Kurz: Wo findet Zukunft Stadt? Wo findet sie statt? Wie? Und warum?
„Der beste Weg, die Zukunft vorauszusagen, ist, sie zu gestalten“ – dieses Zitat des ehemaligen
Bundeskanzlers Willy Brandt haben wir bei PATRIZIA wieder mit Leben gefüllt. Mit dem Erwerb der in
Hamburg ansässigen Kapitalanlagegesellschaft LB Immo Invest ist der PATRIZIA Verbund zu einer
Top 3-Adresse im deutschen Spezialfondsmarkt aufgestiegen. Damit haben wir einen weiteren Schritt zum
europaweit agierenden Immobilien-Investment-Haus getan und einen weiteren Grundstein für eine erfolgreiche Zukunft mit unseren Kunden gelegt.
Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie uns auf unserem Weg weiterhin begleiten und Sie der PATRIZIA auch
zukünftig gewogen bleiben.
Eine zukunftsweisende Lektüre wünscht Ihr
22
Zwei Tage trafen sich Wissenschaftler, Experten und Unternehmer
bei PATRIZIA, um über die Zukunft zu diskutieren.
IMPRESSUM
Herausgeber: PATRIZIA Immobilien AG | PATRIZIA Bürohaus | Fuggerstraße 26 | 86150
Augsburg | Telefon +49 (0) 8 21 / 5 09 10-0 00 | Telefax +49 (0) 8 21 / 5 09 10-9 99 |
[email protected] | www.patrizia.ag Verlag: vmm wirtschaftsverlag gmbh & co. kg
| Augsburg www.vmm-wirtschaftsverlag.de Autoren dieser Ausgabe: Monique Grethel
(CR), Andreas Menke (Projektleitung), Martin Beier, Christian Hunziker, Prof. Dr. Horst W.
Opaschowski, Anette Kiefer, Alexander Stirn, Helge Sobik Bildquellen: Armani Hotel
Dubai/Emaar Hospitality, Fotolia, getty images, Harry Schiffer Photodesign, Media
Facades Festival Europe 2010, PATRIZIA Immobilien AG, privat, TK \ PR Public Relations
Druckerei: AZ Druck und Datentechnik Disclaimer: Dieses Magazin stellt keine Anregung
oder Aufforderung zum Kauf, Verkauf oder sonstigem Handel von Wertpapieren der
PATRIZIA Immobilien AG dar. Die zur Verfügung gestellten Informationen und Daten
bieten dem Leser einen Überblick über das Unternehmen zu Informationszwecken.
Dieses Magazin enthält keine Informationen, aufgrund derer wertpapierrechtliche
Ansprüche geltend gemacht werden können.
Wolfgang Egger
Vorstandsvorsitzender
PATRIZIA Immobilien AG
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iermal pro Woche steigt der Airbus in den Frankfurter Abendhimmel: LH 1466 nach Kasan mit Zwischenstopp in Samara.
In älteren Atlanten steht noch Kuibischew für Samara. Das sei
„die Perle im Süden Russlands“, heißt es. Der „Platz des Ruhmes“ hat
etwas vom Schlossplatz der Partnerstadt Stuttgart. Oder gar vom Markusplatz in Venedig. Nach vorne geht’s zum Genießen an die weite WolgaPromenade. Das Umland gilt als wirtschaftlich am meisten entwickelt in
Russland. Die Region nördlich von Schwarzem Meer und Krim könnte sich
zur Kornkammer für ganz Europa entwickeln.
Die Zukunft findet an diesem Morgen allerdings woanders statt: Die Millionenstadt Samara schläft noch. Eine Stunde später landet der A319 mit
100 Passagieren Wolga-aufwärts in Kasan oder, je nach Lesart, auch:
Kazan. Das liegt etwa auf halber Strecke zwischen Moskau und dem östlichen Ende Europas. Zukunft findet in der Hauptstadt der Teilrepublik
Tatarstan nicht nur deshalb statt, weil Moskau einen Gegenpol zur Westlastigkeit der Föderation sucht. Zukunft findet hier Stadt, weil es schon
mehr als 1.000 Jahre Vergangenheit gibt, anders als in kommunistischen
Retortenstädten wie etwa in der nahen, von Fiat beeinflussten Autostadt
Togliatti, der Partnerstadt von Wolfsburg.
In Kasan steht der Kreml, das schlossartige Rathaus, auf der Liste des
Weltkulturerbes. Über der Pravo-Bulachnaya Ulitsa schwebt – auch ohne
Bilder von Street View – ein Hauch von Königsallee. Moslems und Christen praktizieren in Kasan seit jeher Multikulti in Reinkultur. Die Staatliche Universität hat nicht nur Leo Tolstoi und Wladimir Iljitsch Uljanow,
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genannt Lenin, hervorgebracht. Die Eliteuni liefert heute den Nachwuchs
für die nahe und ferne Öl- und Gasindustrie. 2013 wird Kasan mit der
Universiade gekrönt. 2018 kommen dann die Fifa-Fußballer zur WM: Der
Sommer ist angenehmer in Kasan als in Katar. Bürgermeister Ilsur Metshin war kürzlich schon mal in Istanbul: Er wollte lernen, wie man Verkehrsstaus in einer dynamisch wachsenden Stadt vermeidet.
Istanbul und die Türkei liegen für Meister Metshin nicht nur entfernungsmäßig näher als Frankfurt oder die Partnerstadt Braunschweig. Die TurkKultur beginnt gleich nebenan von Kasan in Kasachstan. Der Türke reist –
anders als der Deutsche – ohne Visum nach Russland. Den anatolischen
Tigerstaat hängt Europa in puncto wirtschaftlicher Dynamik ab. Staatsinsolvenz oder kommunale Zwangsverwaltung: Diese Themen sind mit
anderen Namen besetzt.
Istanbul droht schon aus allen Nähten zu platzen. Die bikontinentale
Mega-City steht ganz oben im Global Metro Monitor; objektiv von der London School of Economics gemessen: London rangiert nicht in den Top 20.
Istanbul und die Städte in Kleinasien gelten über das türkische Potenzial
hinaus als Tor zur MEA-Region, den neuen Märkten in Middle East und
Afrika. Für griechische Unternehmen liegt die Zukunft derweil woanders:
zum Beispiel in Düsseldorf.
„Finanzen sind natürlich ein klarer Standort- und Zukunftsfaktor“, sagt
Professor Johannes Ringel, Direktor des Instituts für Stadtentwicklung
und Bauwirtschaft an der Universität Leipzig. „Die Angst der sparsamen
Schwaben vor weiteren Schulden baut sich vor Stuttgart 21 auf“, sagt
Architekt Ringel. Er ist gleichzeitig einer der geschäftsführenden Gesellschafter von RKW Architektur + Städtebau in Düsseldorf. In der schuldenfreien Stadt der Königsallee wird die Innenstadt noch auf Jahre hinaus
aufgerissen sein. Ein Teil des historischen Hofgartens ist so lange zuasphaltiert; Protest? Fehlanzeige! „Der Rheinländer ist Optimist. Der freut
sich auf die grandiose Zukunft, die hier stattfinden wird“, weiß Ringel.
Anders als die NRW-Metropole taucht die Schwaben-Metropole nicht auf
vorderen Rängen einschlägiger Städterankings auf. Und Dublin wird aus
den Rankings verschwinden, sobald es mit dem Steuerdumping in Irland
vorbei sein wird. Die Unternehmensnomaden werden spätestens dann
weiterziehen und wissen: Zukunft liegt nicht in kurzfristiger, möglicherweise vorübergehender Minimierung von Kosten, sondern in mehrdimensionaler Nachhaltigkeit, mit der Chancen erarbeitet und verwertet werden
und mit der allgemeine Akzeptanz entsteht.
Als die Fußballwelt 2006 „zu Gast bei Freunden“ war, da bekam Stuttgart das Spiel um den dritten Platz. Düsseldorf bekam nicht mal das FifaPressezentrum. Stattdessen kamen die Gäste jedoch zwischen den WMSpielen zum Flanieren auf die Kö oder zur Party auf die Rheinpromenade.
Und als die Engländer schließlich wieder zurück mussten auf ihre Insel, da
fragten sie vorsichtig an, ob sie nicht auch mal so kommen könnten, wenn
keine WM ist. Inzwischen fliegen sie wochenends ein; sei es zum Shoppen
oder um Bundesliga zu erleben; etwa am Millerntor in St. Pauli oder in
Köln. Der Schwerpunkt liegt auf „erleben“. Schon Stunden vor den
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Spielen geht das los. Nachher geht es oft in der Düsseldorfer Altstadt weiter. Der Spaß ist mit Flug und Übernachtung weniger teuer als ein Besuch
zum Beispiel an der Stamford Bridge in London oder in Manchesters Old
Trafford.
zur Schule oder zum Leben in der Freizeit. Das Problem ist nur: Wenn der
Befund vorliegt, „die Stadt ist zu groß geworden“, dann ist es mit der Zukunft wahrscheinlich erst mal vorbei. Dann dauert es lange, bis sie wieder
zurückkommt.
Der Standortfaktor Kultur besteht aus mehr als nur Oper, Theater und
Museen. Der „Party-Faktor“ etwa des Oktoberfests oder des Christkindlmarkts mag weicher sein als die Zugkraft von Akropolis oder Kölner
Dom. Das Leben der Zukunft besteht jedoch weniger aus alten Steinen
als aus Bewegung und Begegnung, quasi aus Rolling Stones. „Lebensqualität und Freizeitwert geben neben allen anderen Faktoren im Zweifel den Ausschlag“, erklärt Ringel. Es geht um die künftigen Leistungsgenerationen. Sie können sich vermutlich die Arbeitsplätze aussuchen, die
der Demografiewandel frei macht. Oder die neu entstehen durch technischen Fortschritt und wachsenden Welthandel. Und die (noch) nicht
besetzt werden (können) von Konkurrenten aus aufstrebenden Nationen. Obendrein geht es um ein attraktives Umfeld; mit zeitgerechtem
Wohnraum, mit geringer Kriminalität und wenig Umweltschmutz und
Elend. Es geht ferner um internationale Schulen für die nachwachsenden Generationen.
„Better City – Better Life“: So lautete das Motto der Weltausstellung 2010.
Hamburg, Bremen, Düsseldorf und Freiburg, aber auch die Zukunftsstadt
Barcelona waren in Shanghai mit eigenen Pavillons dabei. Im Vergleich
zu den Mega-Cities in China muten aber selbst Shanghai’s Partnerstädte Barcelona und Hamburg an wie Kleinstädte. Inzwischen beheimatet
Hamburg aber schon Hunderte von chinesischen Unternehmen. Deren
Abgesandte erleben an der Alster, wie eine der deutschen Top-Cities sich
selbst in den Griff bekam. Der Titel „Europas Umwelthauptstadt 2011“ ist
Lohn für kontrollierte Müllentsorgung und -verwertung, für alternative
Stromerzeugung und manches mehr. Der Titel ist zugleich eine Art Vorschusslorbeer für das, was noch kommen muss, damit Zukunft auch in
fernerer Zukunft noch in Hamburg Stadt findet.
Die wenigsten Städte erfüllen alle oder zumindest einige dieser Kriterien.
Dennoch ziehen immer mehr Menschen in die Städte. Sie erhoffen sich
dort eine bessere Zukunft als auf dem Land. Schon heute, sagen Experten, würde mehr als die Hälfte der Menschheit in Städten leben und arbeiten. Das sind in Europa nicht diese schwer regierbaren und kaum noch
steuerbaren Gegensätze von Reich und Arm, die immer
aufdringlich aus Schwellenländern herauswachsen.
Doch auch in der Alten Welt kippt die Zukunft der
Stadt, sobald die Stadt zu groß wird. Dann werden
Wege und Staus zu lang; sei es zur Arbeitsstätte,
Weltweit zählen Hamburg und erst recht die anderen „Kleinstädte“ eher
zu den sogenannten Second Cities. Das sind jene Städte, die noch nicht
über die kritische Größe hinaus gewachsen sind. Second Cities profitieren
von den First Cities insoweit, als sie das abbekommen, was dort nicht
mehr (so gut) stattfinden kann. Eine solche Second City ist beispielsweise
in Frankreich die Nordstadt Lille auf der florentinisch-flandrischen Textillinie über Lyon nach Brügge und Amsterdam. In jener Zeit war an Paris
noch nicht zu denken. Zukunft findet in Lille also nicht erst seit der liebevollen filmischen Aufklärung durch „Les Ch’tis“ statt. Sie findet in Lille
auch deshalb Stadt, weil sie in Paris nicht mehr richtig stattfinden kann.
Oder weil Lille, genauso wie Hamburg, Partnerstadt von Shanghai ist und
selbstverständlich bei der Weltausstellung dabei war.
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AUFBLUHEND
Die vier Universitäten von Lille entlassen jedes Jahr 20.000 bis 30.000
Absolventen ins Berufsleben. Die benachbarten Autofabriken warten auf
sie. Oder es warten Eurostar und TGV: Täglich pendeln nach London, Paris
oder Brüssel – das ist von Lille aus fast so wie anderswo Busfahren. Nach
Straßburg fährt der TGV sogar an den Kopfbahnhöfen von Paris vorbei.
Diese Endstationen können die First City mit ihren enormen (Immobilien)Preisen eines Tages zur Lost City werden lassen. Paris 21, ein solches
Stuttgart-ähnliches Tunnelprojekt als Zukunftsalternative; das wäre wahrscheinlich selbst den Franzosen zu ambitioniert. Vielleicht wird das erst
etwas, wenn die Ingenieure nebenbei die Wärme aus dem tiefen Grund
unter der Seine als Energiequelle zu nutzen verstehen. In Uni-Laboren ist
das längst von Menschenhand erprobt. Menschenwille darf es nun in der
Praxis nicht wegprotestieren. Nicolas Sarkozy hat das Problem längst erkannt: Unter der Überschrift „Grand Paris“ hat der französische Präsident
bereits Milliarden für die Rettung der Metropole bewilligen lassen.
vielfach fast noch so, wie Heinrich Böll sie einst beschrieb; nämlich so,
dass sie nie von der Fantasie würde eingeholt werden können.
Lille rangiert derweil noch mehr in der Größenklasse von Freiburg, Münster oder auch von Metz: Die lothringische Landeshauptstadt schien schon
am Ende, als es vor Jahren mit Kohle und Stahl in der Region zu Ende ging.
Heute ist Metz das Zentrum der Informationstechnologie in Frankreich.
Sechs Eliteschulen liefern die Know-how-Träger. Die Industriestadt mit Ursprüngen in der Römerzeit ist zur sexy Touristenattraktion aufgestiegen.
Das visionäre Centre-Pompidou-Metz ist das mit Kulturkapital aus Paris
geförderte Symbol des Aufbruchs.
Bukarest sei die preiswerteste Stadt in Europa. Das wollen Experten der
UBS-Bank aus der Schweiz herausgefunden haben; und dass Kopenhagen die teuerste Stadt sei. Doch der Preis der Lebenshaltung ist nur
eine der Dimensionen. Der Wert von Zukunft hat noch weitere Dimensionen; vielleicht sogar, dass die perspektivstarke Technik-Town Eindhoven
18 Meter über dem Meeresspiegel in den Niederlanden vergleichsweise
trocken liegt. Oder dass im kleinen Oxford, eine Stunde nordwestlich von
London, englische Industrietradition weiterlebt: Die Autofabrik im Stadtteil Cowley produziert allerdings heute für BMW die Kultmarke Mini. Oder:
Aus dem beschaulichen Niestetal bei Kassel haben Techniker die Weltfirma SMA Solar aufsteigen lassen. Die ebenfalls noch jungen Weltfirmen
Aixtron oder Qiagen sind jenseits der Konzerne und Metropolen aufgewachsen. Erfolg macht sexy. Mehr schon als ein Geheimtipp ist ein kultiger Sommer-Event auf der Krim; veranstaltet von Schweizern unter dem
Namen KaZantip. Von Kazan und Samara aus sind Krim und das Schwarze
Meer nicht weiter als Mallorca von der Ruhr.
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In Metz findet Zukunft offenbar mehr Stadt als in der Multistadt Ruhr zwischen Duisburg und Dortmund. Hier ist die Kohle noch nicht ganz zu Ende.
Und die Zukunft hat noch nicht wirklich angefangen; trotz vieler Universitäten und Hochschulen, trotz Milliarden-Subventionen. Keine der RuhrStädte, die sich 2010 – neben Istanbul – als Kulturhauptstadt Europas
feiern durften, verfügt in ausreichendem Umfang über jene Faktoren, die
Zukunft zumindest nicht weiter abwandern lassen. Die Gegenwart scheint
Wo Zukunft tatsächlich Stadt finden wird? Wo urbanes Leben nicht nur
die Rückwanderung der Alten bedeutet – aus der Idylle der Vorstädte
in die Nähe medizinischer Versorgung. Das ist eines der spannendsten
Themen der Zeit. Ob Kasan Kriminalität und Multikulti unter Kontrolle
halten kann, wenn die Sportspiele vorüber sein werden? Sarajewo war
einst das Vorzeigemodell, wie die Menschen verschiedener Religionen
friedlich zusammenlebten. Bis die Olympischen Winterspiele 1984 vorbei
waren. Jetzt rechnet man Zagreb und Ljubljana wieder Zukunftschancen
aus; jedenfalls mehr als Sofia oder Budapest. Dort hat man es mit der
Privatisierung der Wohnungen übertrieben. Viele der neuen Eigentümer
können oder wollen nichts an den Gebäuden tun. Ganze Viertel verfallen.
Die Städte stagnieren.
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er Central Park ist von New York inspiriert, das
Kanalsystem von Venedig, die breiten Boulevards von Paris und das Kongresszentrum
vom Opernhaus in Sydney: Die Planer von Songdo International Business District (IBD), wie die neue Stadt
in Korea offiziell heißt, wollen die besten Elemente
aus verschiedenen Metropolen übernehmen und darüber hinaus eine unverwechselbare Stadt von hoher
architektonischer Qualität und pulsierender Urbanität
schaffen.
Das ist ein hoher Anspruch, mit dem sich die Planer
von Songdo in eine jahrhundertealte Tradition einreihen. Immer wieder machten Planer und Schriftsteller ihre Vorstellungen der idealen Stadt publik,
und manchmal gelang es ihnen sogar, sie zumindest
ansatzweise zu realisieren. In der Renaissance etwa
beschrieb der Florentiner Bildhauer Filarete sein Bild
der Idealstadt, wie es im Kleinstädtchen Palmanova
in Norditalien noch heute zu besichtigen ist. In der
Barockzeit folgten Residenzstädte wie Karlsruhe der
Idee, die städtische Struktur ganz auf das Schloss
des Herrschers auszurichten. Und am Ende des
19. Jahrhunderts entfaltete der englische Schriftsteller
Ebenezer Howard in seinem Traktat „Garden Cities of
Tomorrow“ das Konzept autonomer Gartenstädte mit
jeweils 32.000 Einwohnern.
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Jüngere Vorläufer von Songdo sind die Stadtneugründungen des 20. Jahrhunderts, die in der Regel mit den
Namen großer Architekten verbunden sind – man
denke an Chandigarh in Indien (Le Corbusier) oder
an Brasilia (Oscar Niemeyer). Doch während diese
beiden Hauptstädte auf die Übernahme staatlicher
Funktionen ausgerichtet waren, ist Songdo als Wirtschaftsstandort konzipiert und von privater Initiative
getragen – Investor ist ein Joint Venture aus dem USamerikanischen Immobilienkonzern Gale International und der zu einem koreanischen Stahlkonzern
gehörenden Gesellschaft Posco Engineering & Construction.
Diese ökonomische Schwerpunktsetzung wird dadurch unterstrichen, dass Songdo zur Freihandelszone der Stadt Incheon gehört. Im Jahr 2001 begannen
die Planungen; schon ein Jahr später genehmigten die
Behörden den Masterplan des New Yorker Architekturbüros Kohn Pedersen Fox (KPF), und 2009 wurde
offiziell die Eröffnung der Stadt gefeiert. Wirklich vollendet sein soll sie im Jahr 2015. Dabei beanspruchen
die Verantwortlichen für ihr mit einem Investitionsvolumen von 35 Milliarden US-Dollar verbundenen Projekt einen modellhaften Charakter. „Die Erfahrungen
von Songdo IBD können auf der ganzen Welt als Vorbild dienen, um privat finanzierte, auf einem Masterplan beruhende Projektentwicklungen zu realisieren“,
sagt John B. Hynes, CEO und Managing Partner von
Gale International.
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Nur: Wie geht man bei der Planung einer komplett
neuen Stadt vor? Die Architekten von KPF setzen
auf ein Konzept, das im Zentrum eine hohe bauliche
Dichte festlegt, während zu den Rändern der Stadt
hin die Höhe der Gebäude abnimmt. Die Achse, die
zum Flughafen von Incheon führt, ist deshalb von
Bürohochhäusern gesäumt. An sie grenzen gemischt
genutzte Gebäude an, ehe die Bebauung in reine
Wohnquartiere übergeht. Auf diese Weise, so die Darstellung von KPF, entsteht eine an ein Zelt erinnernde
Stadtgestalt.
Das zweite zentrale Element des Masterplans ist die
Nutzungsmischung. Denn obwohl Songdo in erster
Linie als Wirtschaftszentrum konzipiert ist, entstehen
keineswegs nur Bürobauten mit dem 68-geschossigen North East Asia Trade Tower an der Spitze, sondern auch 22.000 Wohnungen in unterschiedlichen
Gebäuden – vom Wohnturm bis zum Einfamilienhaus.
Schon heute leben 20.000 Menschen in Songdo;
2015 sollen es 65.000 sein. Hinzu kommen Freizeit-,
Kultur- und Sozialeinrichtungen: der 40 Hektar große
Central Park zum Beispiel, das Songdo Convensia
Convention Center und ein von Stararchitekt Daniel
Libeskind entworfenes Einkaufszentrum. Auch Schulen, ein Krankenhaus und ein Golfplatz sind entstanden oder in Bau.
Ergebnis von all dem soll eine in Sachen Nachhaltigkeit vorbildliche Stadt sein. Dokumentieren wollen
dies die Entwickler durch das Zertifikat „LEED for
Neighborhood Development“, also diejenige Variante
des US-Zertifizierungssystems, die nicht nur einzelnen Gebäuden eine hohe Nachhaltigkeit bescheinigt,
sondern dem städtischen Gebilde als Ganzem. Dazu
beitragen sollen nebst anderen Maßnahmen ein Grünflächenanteil von 40 Prozent, ein 25 Kilometer langes
Netz von Fahrradwegen, eine fußgängerfreundliche
Verkehrserschließung, Tankstellen für Elektroautos
und ein sparsamer Umgang mit Wasser. Unterstützt
wird die Energieeffizienz durch eine umfassende Datenvernetzung, bei der die Investoren mit Partnern
wie Microsoft und Cisco zusammenarbeiten.
Doch lässt sich ein solch umfassendes Konzept überhaupt über einen längeren Zeitraum durchhalten
– gerade auch in weltwirtschaftlich so turbulenten
Zeiten wie den vergangenen Jahren? „Ja“, antwortet
Projektsprecherin Mary Lou DiNardo: „Die internationale Finanzkrise hat das Bauprogramm lediglich um
acht bis zwölf Monate verzögert.“ 50 Baukomplexe
sind bereits vollendet, weitere 50 Gebäude sind derzeit in Bau.
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Auch anderswo in Asien nehmen mometan ganze Retortenstädte und -stadtteile
Gestalt an – übrigens nicht selten unter
deutscher Federführung. Das Hamburger Architekturbüro von Gerkan, Marg
und Partner (gmp) etwa entwarf die bei
Shanghai gelegene Hafenstadt Lingang,
die bis 2020 errichtet werden soll und einem völlig anderen städtebaulichen Prinzip als Songdo folgt: Im Mittelpunkt der
auf 800.000 Einwohner angelegten Stadt
erstreckt sich ein See, um den kreisförmig
angeordnet Geschäfts- und Wohnviertel
entstehen. Das Frankfurter Architekturbüro
Albert Speer & Partner seinerseits beplant
ein 1.840 Quadratkilometer großes Gebiet
zwischen den chinesischen Millionenstädten Zhengzhou und Kaifeng, wobei es mit
funktional gemischten, von Naturräumen
begrenzten Siedlungszellen arbeitet.
Nun lassen sich Straßen, Plätze, Grünflächen und Gebäude zweifellos am Reißbrett planen. Doch gilt das
auch für das urbane Leben, das auf einer langen Tradition, auf der spontanen Begegnung von Menschen
und auf oft unvorhergesehenen Entwicklungen basiert? „Urbanität entsteht durch Vielfalt und Mischung
unterschiedlicher Menschen und Funktionen in einem
anregenden, gesunden und angenehmen Umfeld“,
bestätigt Stadtplaner Professor Albert Speer. Eine
wichtige Voraussetzung dafür ist nach seinen Worten
eine angemessen hohe Dichte, da sie die nötigen Anlässe zur Interaktion schaffe. „Zu solchen Rahmenbedingungen“, sagt Speer, „kann ein intelligentes städtebauliches Konzept einen bedeutenden Beitrag leisten
– wenngleich wir als Stadtplaner uns dabei häufig
gegen einseitige Gewinnmaximierungsziele oder
organisatorischen Gleichmut durchsetzen müssen.“
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DIE MOBILE STADT
Die Deutschen lieben ihr Auto. Noch mehr aber lieben sie es, damit durch die Stadt zu kurven: Über 170 Milliarden Kilometer legen
Deutschlands Autofahrer Jahr für Jahr allein im Stadtverkehr zurück.
Was sie allerdings gar nicht lieben, ist dabei im Stau zu stehen.
Das jedoch ist immer öfter unvermeidbar.
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chon heute verbringen Autofahrer fast 15 Prozent ihrer Zeit mit Warten. Künftig könnte dieser Anteil noch deutlich höher ausfallen. „Die
Menschen fahren in Zukunft nicht nur mehr, sie ziehen auch verstärkt wieder in die Innenstädte zurück“,
sagt Irene Feige, stellvertretende Leiterin des Instituts
für Mobilitätsforschung der BMW-Gruppe. „Somit wird
dort, wo ohnehin schon viel Verkehr ist, noch deutlich
mehr los sein.“
Mit den althergebrachten Methoden – mit ein paar
neuen Straßen, ein paar Radwegen, mehr Schienen
und besseren Leitsystemen – wird sich das Problem
nicht lösen lassen. Kreative Ideen sind gefordert, vor
allem aber ein umfassendes Konzept: „Die Zeiten, in
denen Verkehrsmittel gegeneinander oder aneinander vorbei optimiert worden sind, müssen endgültig
vorbei sein“, fordert Andreas Knie, Mobilitätsforscher
am Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung.
Das fängt beim Fahrrad an. Als Kopenhagen vor einigen Jahren als erste Großstadt die grüne Welle für
Radler einführte, befürchteten viele das totale Chaos.
Doch es kam anders: Nicht einmal um fünf Prozent
ging die Durchschnittsgeschwindigkeit der Autofahrer
zurück, gleichzeitig kamen die Radler aber 33 Prozent
schneller ans Ziel – mit einem durchschnittlichen
Tempo von 20 Stundenkilometern. „Fahrräder werden zwar gerne verlacht, in der Metropole der Zukunft
nehmen sie aber eine wichtige Rolle ein“, sagt Mobilitätsforscher Knie.
Paris macht das bereits vor: Rund 20.000 Räder können dort an 1.200 automatischen Verleihstationen mitgenommen werden. Die Tageskarte kostet einen, das
Jahresabo 29 Euro. Erst nach einer halben Stunde Fahrt
wird eine zusätzliche Nutzungsgebühr fällig. Jeder
zehnte Pariser besitzt inzwischen ein Abo fürs „Vélib“,
allein im ersten Jahr wurden 27,5 Millionen Fahrten mit
den robusten Dreigangrädern unternommen.
Im kommenden Sommer soll das System nun auf
kleine Elektroautos ausgeweitet werden. Auch die
können – wie schon die Fahrräder – mit der Kreditkarte ausgeliehen und an 700 Stationen ohne
Parkplatzsorgen zurückgegeben werden. Carsharing
auf Französisch. „Wenn ich die Kinder von der Schule
abholen oder sie mit ihren Sporttaschen zum Fußball
fahren will, hilft mir so ein kleines Auto nicht wirklich weiter“, sagt dagegen Rolf Schumann, Manager
beim Elektroautoprovider Better Place. Schumann
setzt lieber darauf, vollwertige Strommobile alltagstauglich zu machen – ein Vorhaben, das bislang
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hauptsächlich an den Batterien scheitert. Die sind
teuer, halten oft nicht mehr als 150 Kilometer und
müssen dann für lange Zeit wieder an die Steckdose.
Schumanns Idee: Anstatt ein teures E-Mobil zu kaufen, schließen die Autofahrer einen Vertrag über ein
pauschales Kilometerpaket ab. Better Place stellt ihnen im Gegenzug ein günstiges Elektroauto vor die
Haustür und garantiert, dass es immer aufgeladen ist
– ganz ähnlich wie ein Mobilfunkanbieter, der seine
Kunden mit subventionierten Handys und einem flächendeckenden Netz versorgt.
Geladen werden die Autos in der heimischen Garage, am Arbeitsplatz oder auf dem Parkplatz des Supermarktes. Und gibt der Fahrer einmal ein Ziel in
den Bordcomputer ein, für das die Akkuladung nicht
ausreicht, lotst das System den Wagen zur nächsten
Batterietauschstation. Dort wird der Akku in einer Art
Waschstraße automatisch gegen eine volle Batterie
gewechselt. „Das geht schneller als einmal volltanken“, sagt Rolf Schumann.
Mobilitätsforscherin Feige warnt allerdings: „Selbst
wenn sich Elektroautos als Stadtfahrzeuge durchsetzen, bleibt noch immer das Problem der Kapazität des Straßennetzes.“ Durch eine Stadt wie Berlin
quälen sich derzeit etwa 1,7 Millionen Autos. Fahren
sie in Zukunft leise und sauber mit Ökostrom, können
zwar die Anwohner aufatmen, die Autofahrer selbst
kommen aber nicht schneller voran. „An der konsequenten Weiterentwicklung schlauer Verkehrsleitsysteme für Ballungsräume führt daher kein Weg vorbei“,
sagt Feige.
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Ideen gibt es zuhauf, zum Beispiel für verständnisvollere Fahrzeuge: Über eine Funkverbindung, ähnlich
dem drahtlosen Internet, tauschen sich die Autos
fortwährend mit dem Gegenverkehr, dem Vordermann, aber auch mit Schildern am Fahrbahnrand aus.
Informationen über Unfälle, Staus und Straßenzustand werden weitergegeben, Ausweichrouten vorgeschlagen und zusätzliche Fahrspuren freigeschaltet.
Automatisch stellen sich die Ampeln auf eine grüne
Welle ein.
Unangenehmer Nebeneffekt: Wenn der Verkehr rollt,
steigt wieder kein Autofahrer auf alternative Verkehrsmittel um – zumindest nicht freiwillig. Um das zu ändern, setzt Mobilitätsforscher Knie auf sanften Zwang:
auf eine moderate Citymaut nach Londoner Vorbild,
vor allem aber auf deutlich weniger Abstellplätze für
private Autos. „In Zukunft wird der Parkraum in den
Innenstädten für Fahrräder und andere kollektive Verkehrsmittel wie Leihwagen reserviert sein“, prognostiziert Knie.
Komplett autofreie Quartiere, in denen nur Menschen
wohnen dürfen, die dem Auto abschwören, sieht der
Mobilitätsforscher dagegen skeptisch. In solchen
Vierteln gibt es überhaupt keine Stellplätze, nur Parkmöglichkeiten fürs Carsharing. Dafür sind Schulen,
Supermärkte, Hallenbad und Apotheke in Laufweite.
„So etwas funktioniert allenfalls in kleinen Ecken
und Winkeln“, sagt Andreas Knie. „Der Mensch muss
sich bewegen, sozialer Aufstieg und Bildung sind nur
durch eine hohe Qualität der Verkehrsmittel möglich.“
Wer Kontakte pflegen, Verwandte versorgen oder sich
ehrenamtlich engagieren will, wer also am gesellschaftlichen Leben teilhaben möchte, kommt um Mobilität nicht herum.
Was also tun? Neue Autos oder bessere Bahnen?
Mehr Leihfahrräder oder intelligentere Leitsysteme?
„Alles zusammen“, sagt Knie, ohne zu zögern. „Dem
gebündelten Verkehr, der all diese Ansätze integriert, wird in Zukunft große Bedeutung zukommen.“
Wer mobil sein will, fährt künftig mit dem Fahrrad zur
Straßenbahn-Haltestelle, bekommt die optimalen
Verbindungsdaten aufs Handy und steigt ein paar
Stationen später in die S-Bahn um – ohne dabei warten zu müssen. Am Zielbahnhof angekommen, nimmt
er das nächstbeste Elektroauto und fährt damit auf
direktem Weg ans Ziel. Alles mit einem Ticket oder einer Mobilkarte, gemeinsam organisiert von der Bahn,
den Stromkonzernen und den Autoherstellern, finanziell unterstützt von den Kommunen.
Und wer dennoch nicht auf die vertraute Umgebung
seines eigenen, vierrädrigen Wohnzimmers verzichten will, kann auch dieses in das System einbinden:
„Wer bei uns ein Jahresabo über eine bestimmte
Zahl von Kilometern abschließt, kann diese Strecken
selbstverständlich auch mit Bahnen oder CarsharingAngeboten abfahren“, sagt Better-Place-Projektchef
Schumann. „Erst wenn ich mir statt eines Autos eine
komplette Fahrt mieten kann, wird Mobilität interessant.“ Nutzen statt besitzen, so lautet das mobile Credo der Zukunft.
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LEBENSWELTEN 2.0:
SOLO IN DER GRUPPE
Die Ameisen machen es vor: Eine große Gemeinschaft aus vielen Singles. Alt lebt mit Jung
auf engstem Raum miteinander, ohne Privat- und Berufsleben zu trennen. Zehn Perspektiven, wie unser Leben morgen aussehen könnte.
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 1
DIE ZUKUNFT IST URBAN: STÄDTE
SCHRUMPFEN UND WACHSEN ZUGLEICH
Weltweit zieht es immer mehr Menschen in die Stadt. Zum ersten Mal
in der Geschichte der Menschheit lebt mehr als die Hälfte der Bevölkerung in Städten. 2030 werden wir eine urbane Weltbevölkerung von etwa
60 Prozent haben, was einer Verdoppelung seit den 50er-Jahren entspricht. Und in gut 30 Jahren werden gar drei Viertel der Weltbevölkerung
Städter sein. Die Weltbevölkerung wandert und wächst, Deutschlands
Bevölkerung hingegen altert und schrumpft. Jahr für Jahr verliert das
Land 3oo.ooo bis 400.000 junge Menschen. Auf die Städte in Deutschland kommt eine schwierige Gratwanderung zwischen Schrumpfung und
Wachstum zu. Manche Regionen müssen mit massiven Bevölkerungsrückgängen rechnen, andere entwickeln sich zu regelrechten Wachstumsregionen: Aus städtepolitischer Sicht gleicht die Entwicklung mehr dem
Bild einer bipolaren Stadt.
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 2
DIE MENSCHEN WANDERN ZUM WOHLSTAND:
PENDLER KEHREN IN DIE STADT ZURÜCK
Erfahrungsgemäß zieht es die Menschen dorthin, wo es Arbeit gibt. Die
„besten Köpfe“, also junge und gut ausgebildete Menschen, lösen starke Binnenwanderungen aus und verschärfen die Ungleichgewichte zwischen den Regionen. Viele Bürger haben in den letzten Jahren die Stadt
als Pendler verlassen – und kehren als Stadtbewohner wieder zurück. In
den Zukunftsvorstellungen der Bevölkerung kommen Lebensqualitätswünsche zum Ausdruck, die mit den Attributen „zentral“/„nah“/„kurz“ auf
eine Abkehr von der Pendlergesellschaft hinweisen. Wer es sich leisten
kann, wohnt citynah – und spart Zeit. So gesehen wird die innerstädtische
Wohnlage wieder attraktiver. Die Nahversorgung wandert in die Städte,
während Millionen Menschen in den ländlichen Regionen keine Post und
keine Bank mehr in ihrer Nähe haben.
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 3
IMMER MEHR SINGLES UND SENIOREN
WOLLEN IN ZENTRALER LAGE WOHNEN
Der wachsende Wohnwunsch „bezahlbare Wohnung in zentraler Lage“
gleicht einer Quadratur des Kreises. Denn Citywohnen stößt erfahrungsgemäß schnell an die Grenze der Finanzierbarkeit. Single- und Seniorenhaushalte breiten sich in den Städten aus. Selbst an den Stadträndern
werden Einfamilienhäuser zu Einpersonenhäusern. Zugleich wandeln
sich die Wohnwünsche: Die Wohnflächen wachsen weiter, das heißt, die
Haushalte werden kleiner, aber die Wohnfläche pro Person größer. Dabei
steigt vor allem der Anteil der kleinen Ein- und Zweipersonenhaushalte
auf über 75 Prozent. Gleichzeitig sinkt die Nachfrage nach Eigenheimen
erheblich, weil es immer weniger junge Familien gibt. Die Wohneigentumsbildung verlagert sich auf den Geschosswohnungsbau in den Städten und im städtischen Umland.
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 4
DAS EIGENTUMSDENKEN VERÄNDERT SICH:
STÄDTER MIETEN LEBENSSTILE
Die Zeitfenster für Immobilienverkäufe werden enger und die Chancen
für einen Rückgang der Leerstandsraten immer geringer. Auf den Punkt
gebracht: sinkende Geburtenraten = fallende Immobilienpreise. Der kinderlose Städter der Zukunft verkauft sein Einfamilienhaus und zieht als
Mieter in ein Haus mit Balkon oder Dachterrasse. Weil sich das Eigentumsdenken verändert, wird das Wohnerleben neu definiert: Wohnen wie
im eigenen Haus – aber sich nicht wie ein Eigentümer um alles kümmern
müssen. Im Unterschied zu den traditionellen Mietern, die sich zwar ein
eigenes Haus wünschen, es sich aber nicht leisten können, breitet sich
eine nach oben mobile Gruppe aus, die Miete statt Eigentum wählt. Die
Menschen mieten und kaufen Lebensstile und nicht nur Wohnhäuser. Berliner Verhältnisse kommen auf uns zu: Berlin hat einen Mietwohnungsanteil von fast 90 Prozent. Deutschland wird zum Mieterland. Mieter können
sich mehr leisten im Leben.
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ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 5
SOZIALE POLARISIERUNG: STÄDTISCHE
UNTERSCHICHTEN SORGEN FÜR KONFLIKTE
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 9
ALT WERDEN MIT FAMILIE UND FREUNDEN
STATT EINWEISUNG INS HEIM
In Zukunft wird die Kluft zwischen Arm und Reich weiter zunehmen und
damit auch die Polarisierungstendenz. Gering Qualifizierte bleiben weitgehend arbeits- und chancenlos mit einer hierarchisierten Spirale nach
unten. Erst kommen die Deutschen, dann die EU-Bürger, danach die
Spätaussiedler und ganz zuletzt die Migranten aus anderen Kulturen. Die
soziale Polarisierung in den Städten verstärkt sich, weil sich dort die „5A“,
Arme, Alte, Arbeitslose, Ausländer und Alleinstehende, konzentrieren. Für
die Zukunft ist zu befürchten, dass sich Parallelwelten bilden. Ein Großteil
der künftigen Integrationsprobleme werden im Kern Generationskonflikte sein: alte Einheimische – junge Zuwanderer. Als neuer Standortfaktor
kommt in Zukunft die örtliche Toleranz für ethnische Minderheiten hinzu.
Mit jedem Wandel einer Lebensphase ändern sich die Wohnstile. Mit der
Zunahme der Lebenserwartung muss jede(r) viele und vielfältige Lebensphasen (und damit Wohnformen) durchlaufen. Idealerweise müsste mit
jeder neuen Lebensphase das Haus bzw. die Wohnung neu eingerichtet
oder gar umgebaut werden. Lebensgemeinschaft wird neu definiert: „Soziale Konvois“ (Freunde/Nachbarn) werden als lebenslange Begleiter immer wichtiger. In Zukunft ist eher bescheideneres Wohnen mit sozialer
Lebensqualität als komfortableres Wohnen mit räumlicher Isolation gefragt. Und es heißt auch: mehr Selbstständigkeit und mehr Wohnen mit
Nestwärme.
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 6
WOHNUNGSUNTERNEHMEN WERDEN
ZU SOZIALEN DIENSTLEISTERN
Im Jahr 2030 wird die Mehrheit der über 60-Jährigen nicht verheiratet,
sondern ledig, verwitwet oder geschieden sein. Die meisten leben in
Einpersonenhaushalten und sind dann, wenn sie kinder- und enkellos
bleiben, auf den Auf- und Ausbau einer professionellen Infrastruktur von
Hilfe- und Pflegeleistungen angewiesen. Immobilienbranche und Wohnungsunternehmen bieten in Zukunft auch ein Quartiermanagement an,
das vor allem soziale Dienste für die wachsende Zahl alter, hochaltriger
und langlebiger Menschen leistet. Das Wohnungsmanagement wird wie
ein sozialer Kitt wirken, wozu Altenbetreuung, Mietschuldenberatung,
Beschäftigungsprojekte, Nachbarschaftshilfsvereine, Tauschringe etc.
gehören.
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 7
NACHBARSCHAFTSHILFEN WERDEN IMMER BEDEUTSAMER
Ein Comeback der guten Nachbarn steht bevor. Denn: Je mehr Nachbarn
sich mit Vornamen kennen, desto sicherer ist die Wohngegend. Sicherheit und soziales Klima hängen entscheidend von der Vertrautheit unter
den Nachbarn ab. Institutionelle Hilfeleistungen durch Behörden, Vereine
und Verbände haben im Alltagsleben der Bevölkerung eine viel geringere
Bedeutung als die spontane Hilfsbereitschaft in den eigenen vier Wänden, vor der Haustür oder um die Ecke. Im Einzelnen sind dies: Betreuung
von alten Menschen und von Kinderspielplätzen, sozialer Fahrdienst, zum
Beispiel Essen auf Rädern, Lotsendienst durch Begleitung von Patienten
zu Therapien sowie Telefondienst für Tagesmüttervereine.
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 8
GENERATIONEN UNTER EINEM DACH:
WOHNEN MIT WAHLFAMILIEN
Neue Wohnkonzepte geben in Zukunft konkrete Antworten auf die Folgen
einer Gesellschaft des langen Lebens. Dabei geht es auch um Alternativen zu den traditionellen Altersheimen. Gefragt sind vor allem generationsübergreifende Wohnkonzepte: Baugemeinschaften und Wohngenossenschaften sind im Trend. Im 21. Jahrhundert entstehen durch eine Art
Adoption neue Wahlfamilien: Enkel-, Kinder- und Familienlose werden
wie durch Adoption in Wahlfamilien und -verwandtschaften aufgenommen. Gleichzeitig wird der Familienbegriff um den Gedanken des „ganzen
Hauses“ erweitert. Im „ganzen Haus“ haben in Zukunft wieder alle Platz.
„Gemeinsam statt einsam“ heißt das Wohnkonzept der Zukunft.
ZUKUNFTSPERSPEKTIVE 10
LEBENSWERTE STÄDTE UND REGIONEN
ALS LEITBILDER DER ZUKUNFT
Nicht Ufos, Lufttaxis oder rollende Bürgersteige werden das Gesicht
der Stadt der Zukunft prägen, sondern Singles und Senioren, Baugemeinschaften und Mehrgenerationenhäuser, Tausch- und Helferbörsen in jedem Stadtteil sowie Nachbarschaftstreffs in jedem Kiez. Die
radikale Trennung von Arbeiten, Wohnen und Erholen wird tendenziell wieder aufgehoben. Pendler kehren in die Stadt und Tante-EmmaLäden in die Wohnquartiere zurück, weil sich das Einkaufsverhalten in
der älter werdenden Stadtgesellschaft verändert und die Menschen
mehr in Wohnungsnähe als auf der grünen Wiese einkaufen wollen.
AUSBLICK
Wohnen auf dem Land und in außerstädtischen Randlagen wird es zwar
auch in Zukunft geben. Die Versorgung dieser Land- und Stadtrandbewohner muss dann aber mehr durch Rufbusse, rollende Bibliotheken und
mobile ärztliche Versorgung gewährleistet werden. Und weil es weniger
Großfamilien gibt, sind auch weniger Großmärkte und Großeinkäufe erforderlich. Supermärkte und SB-Warenhäuser auf der grünen Wiese werden zunehmend von wohnungsnahen Nachbarschaftsshops verdrängt,
die dann alles in einem sind: Bäcker und Lebensmittelladen, Zeitungskiosk und Postamt.
Quartiermanager bieten Concierge-, Einkaufs- und Begleitdienste an. Und
für Baugemeinschaften gibt es Gästezimmer, Gemeinschaftsräume und
Innenhöfe, die alle nutzen können. Viele Menschen werden noch bis 70
und darüber hinaus arbeiten wollen und müssen. Außerdem werden sie
nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit sowohl Hilfe anbieten als auch beanspruchen müssen. Weil sie immer älter werden, wird es – wider Erwarten –
keine Expansion von Altersheimen geben. Denn die Menschen sind mehr
als bisher auf familiäre und nachbarschaftliche Unterstützung angewiesen.
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ber das Leben in der Zukunft wurde schon so einiges vorhergesagt. So prognostizierten Futurologen für das Jahr 2010, dass
Briefe von einem Ende der Welt per Rakete schnell zum anderen
Ende zugestellt würden. In virtuellen Räumen könne man – steht gerade
kein realer Gesprächspartner aus Fleisch und Blut zur Verfügung – mit
künstlich erzeugten Menschen über die Unternehmungen vom vergangenen Wochenende plaudern. Viele Zukunftsvisionen haben sich bis heute
nicht bewahrheitet, andere – vergleicht man die Vorgehensweise zwischen Raketen- und elektronischer Post (E-Mail) – konnten in abgewandelter Form realisiert werden und sind aus unserem hochtechnisierten
Alltag nicht mehr wegzudenken.
Neben den Visionen über die vielen technischen Annehmlichkeiten, die
unser Leben erleichtern sollen, hat sich die Forschung schon immer mit
den zukünftigen Wohn- und Lebensformen der Menschheit beschäftigt.
Kofi Annan, UN-Generalsekretär von 1997 bis 2006, rief in Berlin anlässlich der Eröffnung der „Weltkonferenz zur Zukunft der Städte“ das „Jahrtausend der Städte“ aus. Das Leben spiele sich in zunehmendem Maße
in Städten ab. Schon heute würden die Stadtbewohner fast die Hälfte der
Weltbevölkerung ausmachen. In nur 25 Jahren, so der Politiker weiter,
würden zwei Drittel aller Menschen in Städten leben.
Eine immer älter werdende Gesellschaft in Deutschland und die weltweite
Verknappung von Energieressourcen fordern die Immobilienwirtschaft heraus.
Beide Faktoren werden das Leben und Wohnen und somit den Wohnungssektor in der Zukunft stark beeinflussen. Wie genau – darüber diskutierten
Wissenschaftler und Experten aus der Wirtschafts-, Finanz- und Immobilienwelt anlässlich des PATRIZIA Zukunftspanels „Hier findet Zukunft Stadt“.
Für die Hauptveranstaltung der zweitägigen „Investment-Horizonte 2010“
bei der PATRIZIA Immobilien AG in Augsburg gab es somit keinen trefflicheren Titel als „Hier findet Zukunft Stadt“. Zahlreiche Experten aus der
Immobilien-, Wirtschafts- und Finanzwelt beleuchteten Themen wie Werte
und Ethik, Verantwortung und Management, Investments und Finanzen,
aber auch Planung und Zukunftsvisionen. So diskutierten der Finanzexperte und Regierungsberater Professor Dr. Bernd Raffelhüschen, Trendund Zukunftsforscher Matthias Horx, Senior Economist und Immobilienexperte des ifo Instituts Erich Gluch sowie Professor Dr. Thomas Jocher,
Direktor des Instituts Wohnen und Entwerfen der Universität Stuttgart,
unter der Moderation von ntv-Frau Katja Dofel anlässlich des Zukunftspanels „Hier findet Zukunft Stadt“ über die zukünftigen Entwicklung der
Gesellschaft, die sich verändernden Anforderungen an die Städte sowie
deren Auswirkungen auf die Immobilienwirtschaft.
„Was Sie alles für Zukunft halten ist Quatsch“, eröffnete der Demograf Raffelhüschen die Diskussionsrunde, „denn die Zukunft ist, obwohl sie erst
kommt, bereits schon geschehen“. Ein Umstand, den es bei der Diskussion um Zukunft zu verstehen gelte. Da die Zukunft etwas völlig unsicheres
und die demografische Entwicklung in Deutschland im Gegensatz schon
längst für die nächsten 30 bis 40 Jahre festgeschrieben sei, sei diese also
sicher und könne damit nicht Zukunft sein.
„In den vergangenen 40 Jahren wurden zu wenige Kinder geboren, deshalb wird sich die Altersstruktur in Deutschland verschieben. Im Jahr
2030 wird es doppelt so viel alte Menschen wie heute geben.“ Auch das
Verhältnis von Beitragszahlern zu Kranken, Alten und Pflegebedürftigen
im Zeitraum 2030 bis 2040 ließe sich selbst jetzt durch eine höhere Geburtenrate nicht mehr beeinflussen, es stünde bereits heute fest. „Da die
Zukunft bereits geschehen ist, ist unser zukünftiges Verhalten für die Zukunft irrelevant.“
Medienmeldungen, dass die Bevölkerung schrumpfe, tat Raffelhüschen
als Unsinn ab. „Die Bevölkerungszahl wird lange Zeit noch stabil sein.
Allerdings wird die Gesellschaft eine veränderte Struktur aufweisen, andere Wünsche und Vorstellungen haben, welche sich direkt auf die Wohnungswirtschaft auswirken werden.“ So seien zum Beispiel barrierefreies
Wohnen in einer alternden Gesellschaft oder die Nähe zu zentralen Einrichtungen große Themen.
Erich Gluch, Prognoseexperte für Bau-, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft des ifo Instituts München, hob die idealen Standortvoraussetzungen Deutschlands in Europa hervor. „Mit neun Nachbarländern und
4.000 Kilometer Grenze liegt Deutschland im Herzen Europas und ist somit die ideale Drehscheibe für das europäische Geschehen.“ Die föderale
Struktur hierzulande begünstige die Entwicklung zahlreicher Großstädte
wie beispielsweise München, Hamburg oder Berlin. Diese stellten für sich
selbst „kleine Metropolen“ dar und wiesen so eine hohe Attraktivität für
die Menschen in diesen Regionen auf. „Zudem gab es in Deutschland in
den letzten Jahren eine Raumordnungspolitik, die gezielt nicht nur wenige
Regionen förderte. Man war sich bewusst, dass neben Oberzentren
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auch Mittelzentren gestärkt werden müssen.“ Anhand des bayerischen
Freistaates zeigte Gluch die verdichtete Siedlungsstruktur auf. „Um München als Oberzentrum liegen zahlreiche Mittelzentren wie Landsberg am
Lech, Augsburg, Rosenheim oder Landshut. All diese Städte können letztlich im Dreiviertelstundentakt erreicht werden.“
Auch weise Deutschland den besonderen Vorteil einer im Allgemeinen
qualitativ hochwertigen Bauwerkssubstanz auf, wie sie vergleichsweise
nur in wenigen anderen Ländern vorzufinden sei. „Vor diesem Hintergrund kann ich nicht nachvollziehen, dass Investoren beispielsweise in
Immobilien in den USA investieren. Wir haben in Deutschland eine so
hohe Qualität der Bausubstanz, dass es sich fast immer lohnt, die Bestände eben nicht nach 30 bis 40 Jahren abzureißen, sondern diese zu sanieren. Für den Wohnungssektor gilt, Immobilien in guten Lagen werden
stets gefragt sein. Kurz: Attraktive Immobilien werden immer gewinnen,
schlechte verlieren.“
Professor Dr. Thomas Jocher stellte die Themen Energie und Ressourcen
als zukünftige Herausforderungen klar in den Mittelpunkt. Beide Punkte
würden die Zukunft und den Alltag der Menschheit wesentlich verändern.
Anhand der aktuellen Shell-Studie zeigte Jocher die Problematik auf: „Die
Shell-Studie zeigt, dass unsere Ölressourcen noch für mindestens die
nächsten 100 Jahre reichen. Allerdings schreibt die Studie auch, dass die
Ressourcen von gut zugänglichen Ölquellen 2015 zu Ende gehen.“
Hier gelte es, alternative Energien und Lösungen zu finden. „In Berlin ist für
das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS)
ein Einfamilienhaus in Planung, das selbstständig so viel Sonnenenergie
sammelt, dass der eigene Fuhrpark für 30.000 Kilometer versorgt werden
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kann.“ Einfamilienhäuser hätten aufgrund der stark ansteigenden Energiepreise in Zukunft schlechte Karten. „Viele Menschen werden sich die
Fahrt zum Häuschen auf dem Land nicht mehr leisten können. Deshalb
wird es zu einer Landflucht kommen.“
Der schonende Umgang mit Ressourcen stelle den Wohnungsbau aber
noch vor weitere Herausforderungen. „Da die Hülle eines Hauses zukünftig durch die kommenden Energieeinsparverordnungen sehr viel teurer
werden wird, muss man sich in der Nutzfläche einschränken. Hier sind
in der Folge flexible Grundrisse gefragt. Eine kleinere Außenhülle, bei
der weniger geheizt werden muss, erfordert ein fantasiereiches, variables Wohnen, bei dem es die alte, starre Raumaufteilung in Schlafzimmer,
Wohnzimmer und Küche nicht mehr gibt.“
Auch Trend- und Zukunftsforscher Matthias Horx sieht die Immobilienwirtschaft und die Architektur durch den künftigen Umgang mit Energie
gefordert. „Wenn sich die Energiekosten massiv verstärken werden, wird
die Energiefrage zur Architekturfrage. Hier muss die Architektur Lösungen
schaffen.“ Der in Wien lebende Wissenschaftler reagierte bereits auf die
sich ändernden Bedingungen und baute sein sogenanntes „Future Evolution House“.
„Die Funktionen und Anforderungen an Wohnungen und Häuser haben
sich im Verlauf der Epochen immer wieder verändert: In der Steinzeit
dienten die Höhlenbehausungen als Schutz vor Gefahren. In der agrarischen Kultur markierten Haus und Garten das eigene Territorium. Im industriellen Zeitalter beginnen Häuser in bestimmte Funktionen auszudifferenzieren. Wenn man sich nun die Frage stellt, welche soziale Funktion
Häuser im 21. Jahrhundert haben, sind wir auf die grundlegende Vorstel-
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lung gekommen, das Haus einen ‚Hub’ zu nennen, weil wir feststellen,
dass immer mehr Menschen immer mehr unterwegs sind, was eine immer
größere Ausdünnung der Lokalität bedeutet.“ So baue die Mehrheit zum
Beispiel für eine Phase ein Haus, die, laut Horx, bereits dann schon vorbei
sei. Der Bau wäre fertiggestellt, wenn die Kinder aus dem Haus gingen
und dieses dann somit leer stünde. „Wir haben versucht, ein Haus zu
bauen, das auf die verschiedenen Trends reagiert. Da ein Gebäude doch
für viele Jahre existiert, ist es wichtig, dass dieses auf die verschiedenen
Trends und Entwicklungen reagieren kann“, erklärte Horx.
„Bei der ganzen Diskussion darf die Notwendigkeit zur Akzeptanz des
Nutzers, der letzten Endes in der Wohnung wohnt, nicht vergessen werden. Hier muss die Wohnungswirtschaft auch an den Menschen denken
und kluge Systeme anbieten“, sagte Professor Dr. Thomas Jocher abschließend. „Wir können es schaffen, wenn wir jetzt reagieren. Dessen bin
ich mir sicher.“
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„ WIR HABEN DER-
ZEIT DIE BESTE ALLER
MÖGLICHEN WELTEN
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estatements sprach mit Professor
Dr. Bernd Raffelhüschen, Finanzexperte und Regierungsberater,
über die Zukunft, die, weil sie
schon war, eigentlich keine ist,
über Gewinner der demografischen Entwicklung und warum es
lohnt, das Dach über dem Kopf
sein Eigen nennen zu können.
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Ã%JF;VLVOGUJTUCFSFJUTQBTTJFSU²
@@1SPGFTTPS %S #FSOE 3BGGFMITDIFO Demografisch gesehen ist es
tatsächlich so, dass das, was noch kommt, schon gewesen ist. So kann
die Zukunft demografisch nicht mehr beeinflusst werden. In den vergangenen 40 Jahren wurden in Deutschland zu wenige Kinder geboren. Für
die demografische Entwicklung bedeutet das eine dementsprechende Altersstrukturverschiebung. Deshalb gilt diese für die kommenden 30 Jahre
als vorgefertigt und daran können wir auch durch zukünftig mehr Kinder
nichts mehr ändern. Sie kämen auf jeden Fall zu spät.
8JF XJSE TJDI EJF #FWzMLFSVOH JO %FVUTDIMBOE [VLOGUJH FOUXJ
DLFMO @@3BGGFMITDIFO In Deutschland ist die Bevölkerungsstruktur zwischen
0 bis 40 Jahren deutlich ausgedünnt. Dagegen sind die geburtenstarken
Jahrgänge sehr breit. Bildlich gesprochen entwickelt sich die Struktur der
Gesellschaft von der Form eines Tannenbaums im Jahr 2030 zu einer
Pilzstruktur. Das bedeutet: Die Anzahl der Rentner und Pflegebedürftigen
wird sich verdoppeln bis verdreifachen. Im Gegensatz dazu wird sich die
Zahl der Erwerbstätigen, die diesen Anteil der Erwerbslosen stützt, wenn
es gut läuft, auf drei Viertel, und wenn es schlecht läuft, auf zwei Drittel
der gegenwärtigen Beitragszahler vermindern.
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@@3BGGFMITDIFO Die Horrorszenarien, dass sich niemand mehr Wohn-
eigentum oder Miete leisten kann, sind falsch. Die absolute Bevölkerungszahl wird aufgrund der Langlebigkeit der geburtenstarken Jahrgänge bis
2030/2040 stabil, das heißt, unverändert bleiben. Da es aber immer
mehr Einpersonenhaushalte durch alte Menschen, Hinterbliebene oder
Geschiedene gibt, wird die Pro-Kopf-Nachfrage für Wohnungen eher steigen. Diese singularisierten Haushalte haben dann ebenfalls einen deutlich höheren absoluten Bedarf an Wohnraum. Für den Immobilienmarkt
bedeutet das: Bei einer absolut gleichen Bevölkerung wird die Nachfrage
dennoch steigen.
modernen Wohnraum wie heute. Objektiv gesehen gibt es keine Wohnraumnot. In diesem Zusammenhang lässt sich sagen, dass wir im Moment die beste aller möglichen Welten haben. Sicher gibt es regionale
Unterschiede. Während es sehr gefragte Städte mit unfinanzierbarem
Wohnraum gibt, in denen es als Durchschnittsverdiener mit Kind schwierig ist, eine geeignete Wohnung zu finden, oder die monatliche Miete
große Einkommensanteile verschluckt, gibt es im Gegenzug Städte, die
sehr preiswerten Wohnraum bieten. Allerdings ist das Arbeitsplatzangebot dann auch oft dementsprechend nicht sehr breit.
(JCUFTJOEJFTFS&OUXJDLMVOHSFHJPOBMF6OUFSTDIJFEF @@3BGGFMITDIFO Es ist unsicher, wie sich die Bevölkerung in den einzelnen Regionen entwickeln wird. Dagegen weiß man sicher, dass Ballungszentren seit 50 bis 100 Jahren immer verstädterter werden. Eine älter
werdende Gesellschaft sucht immer die Nähe zu Versorgungssystemen,
Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen, denn im Alter spielen Distanzen eine entscheidende Rolle. Daher wird es eher zu Abwanderungsbewegungen vom Land in die Stadt oder in städtische Gebiete kommen,
die als Cluster komplett versorgt werden. Ich bin mir sicher, dass viele
Städte, jedoch nicht alle, in dieser Entwicklung als Gewinner hervorgehen
werden.
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@@3BGGFMITDIFO Es gibt kaum ein Gut, von dem wir wissen, ob wir es
in 50 Jahren noch brauchen. Die einzige Ausnahme bildet hier der Wohnraum, denn wohnen muss jeder. Auch im Alter brauchen wir ein Dach
über dem Kopf, allerdings ein anderes wie in der Jugend- oder Familiensituation. Das Zuhause muss dem Alter entsprechend angepasst werden.
Ein Gut, von dem ich weiß, dass ich es im Alter noch brauchen werde,
kann ich natürlich so finanzieren, dass ich es im Alter habe. Das ist genau
der Punkt der Altersvorsorge, denn selbst genutzter Wohnraum ist eine
Form der Altersvorsorge.
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@@3BGGFMITDIFO Generell bestimmt die Entwicklung der Bevölkerung
die Wohnraumnachfrage. Derzeit finden wir in Deutschland eine sehr gute
Situation vor: Pro-Kopf und Pro-Familie gab es noch nie so viel und so
FTUBUFNFOUTVielen Dank für das Gespräch.
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FTUBUFNFOUTmagazin 01|11
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Schon Romanheld Dorian Gray wusste: „Nur oberflächliche Menschen urteilen nicht nach Äußerlichkeiten.“ Das gilt auch für Häuser: Die Fassade
prägt unseren Eindruck von einem Gebäude,
und sie schafft es, den Betrachter zu emotionalisieren. Ob wir ein Haus auf Anhieb mögen oder
nicht, entscheidet die Fassade. „Mit einer Fassade kann ich mich selbst darstellen und zeigen,
wie ich von außen wirken will“, sagt Tobias Wulf,
Professor für Baukonstruktion und Entwerfen.
„Eine besondere Symmetrie oder Höhe demonstriert Macht. Eine glatte, kalte Fassade dagegen
vermittelt Unnahbarkeit. Und wenn ich Sonnenkollektoren oder andere Energiegewinnungsmittel einbaue, kann ich damit meine Umweltfreundlichkeit zur Schau stellen.“
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ie menschliche Gesichter wirken die Fassaden – und beide
wollen sich selbst darstellen und damit von der Masse der anderen abheben“, sagt der Stuttgarter Architekt Kai Bierich. Dabei können auch Gebäude je nach Tageszeit ganz unterschiedlich wirken.
In der dunklen Glasfassade des Willis Building‘s im englischen Ipswich
zum Beispiel, einem der ersten Aufträge des britischen Stararchitekten Sir
Norman Foster, spiegeln sich tagsüber die anderen Gebäude des Viertels.
Form und Fassade des Gebäudes sollten „der Kurve in der Straße folgen“,
erklärte Foster damals. Doch nachts, wenn die Beleuchtung angeschaltet
ist, wird der ganze Bau transparent und lässt die Passanten in sein Innerstes schauen – während die Fassade den Tag dominiert, tritt sie des
Nachts ganz in den Hintergrund.
Doch Fassaden können noch viel mehr. Sie schützen das Gebäude vor
Sonne, Wind, Regen und Lärm. Oft sogar, ohne dass es für das Laienauge erkennbar wäre: „Vorgehängte hinterlüftete Fassade“ (VHF) heißt
ein Zauberwort der Architekten. Hierbei wird die äußere Schicht, also die
eigentliche Fassade, durch eine Luftschicht vom Gebäude getrennt. Der
Vorteil: Der Architekt kann für die Außenhülle so gut wie jedes Material
verwenden – zum Beispiel Metallblech, Keramik, Fiberglas, Holz oder Glas
– und das Gebäude lässt sich trotzdem hervorragend isolieren. „Für Einfamilienhäuser ist diese Technik meist zu teuer, aber bei größeren Gebäuden wird die vorgehängte hinterlüftete Fassade inzwischen mehrheitlich
eingesetzt“, sagt Gert Moegenburg vom VHF-Fachverband. Zum Beispiel
auch bei der Klinkerfassade von Frank Gehrys Meisterwerk „Neuer Zollhof“ im Düsseldorfer Medienhafen.
Seit einigen Jahren nehmen Fassaden sogar buchstäblich Kontakt zur Außenwelt auf: nämlich die sogenannten „Medienfassaden“. In den meisten
Fällen wird dafür vor Teile des bestehenden Gebäudes ein riesiger Fernsehbildschirm montiert, auf dem dann
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FTUBUFNFOUTmagazin 01|11
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Werbung oder andere Bilder gezeigt werden können. „Noch vor 20 Jahren
gab es am New Yorker Times Square nichts als Neonröhren. Jetzt sehen
Sie dort überall bewegte Bilder“, sagt der Design-Professor Ulrich Knaack
von der Uni Delft. Auch in Deutschland sind Medienfassaden längst zur
Popkultur geworden, wie die zahllosen selbst gedrehten Filmchen auf
YouTube beweisen. In Berlin findet inzwischen sogar einmal im Jahr das
„Media Facades Festival“ statt. In diesem Jahr wurden dafür Medienfassaden in der ganzen Stadt mit anderen in Brüssel, Helsinki, Madrid und
Budapest vernetzt. „Die Medienfassaden werden zu Bühnen und öffnen
ein Fenster in die Welt. Sie verbinden die Menschen vor Ort mit anderen
Städten in ganz Europa“, heißt es auf der Festival-Internetseite.
Einfach einen Bildschirm davorschrauben und lossenden – so kann fast
jedes Haus auch nachträglich eine Medienfassade bekommen. Doch nur
in den wenigsten Fällen ist eine solche Nachrüstung, laut Experten, auch
sinnvoll. „Einerseits verursachen die Bildschirme enorme Kosten bei der
Anschaffung, der Instandhaltung und dem Stromverbrauch. Andererseits
passt eine Riesenanzeigetafel einfach nicht zu jedem Haus“, sagt Volker
von Kardoff, dessen Unternehmen Kardoff Lichtplanung sich auf Gebäude-Beleuchtungskonzepte spezialisiert hat. „Eine Medienfassade muss
mit der Architektur verschmelzen. Zu einer klassizistischen Fassade zum
Beispiel passt kein aufgesetzter Bildschirm. Es ist immer schwierig, eine
Medienfassade erst im Nachhinein in das Gebäude zu integrieren – in
acht von zehn Fällen zerstört es die Wirkung der Architektur.“
Es sei denn, die Architektur soll bewusst ganz in den Hintergrund treten
und nur noch eine Bühne für die Licht- und Bilderflut bieten. So wie bei
der größten dreidimensionalen Medienfassade der Welt in Leverkusen,
die derzeit noch im Testbetrieb läuft und in Kürze auch offiziell an den
Start gehen soll. Dafür wurde das frühere Bayer-Hochhaus umgerüstet,
das nach dem Auszug der Verwaltung leer stand und eigentlich abgerissen werden sollte. Doch dann entschied sich
der Konzern für Plan B: Das Gebäude
wurde komplett entkernt und auf allen vier Seiten mit LED-Stahlmatten
umhüllt – und so zu einer Kunstskulptur gemacht. Demnächst können
dann auf 17,500 Quadratmetern Werbefilme, Bilder und Lichtinstallationen gezeigt werden. Allerdings ist nicht alles erlaubt, was technisch möglich wäre: Fußballspiele etwa dürfen auf der Riesenleinwand nicht gezeigt
werden, weil sonst die Autofahrer auf der nahen Bundesstraße zu stark
abgelenkt werden könnten.
sind sie in atemberaubender Geschwindigkeit fast überall auf der Welt
angekommen. „Das liegt auch daran, dass ihr Hauptbestandteil Licht hervorragend zum 21. Jahrhundert passt“, sagt Volker Kardoff. „Der Materialismus der 80er-Jahre ist völlig in den Hintergrund getreten; heute werden
Dinge nicht mehr dafür geschätzt, was sie kosten, sondern was sie leisten
können. Licht hat absolut keinen materiellen Wert, aber es kann in den
Medienfassaden immer mehr leisten.“
Am besten funktionieren Medienfassaden meist dann, wenn sie gleich
bei der Konzeption des Gebäudes in die Planung integriert werden. Ein
Vorzeigebeispiel ist das Kunstmuseum in Graz, das wegen seiner außerirdischen Form auch unter dem Spitznamen „Friendly Alien“ bekannt ist.
In seine Außenhaut sind fast 1.000 ringförmige Leuchtstoffröhren eingelassen, wie es sie in jedem Baumarkt für wenig Geld gibt. Sie projizieren
Muster, Schriften und Bilder auf die Fassade. Dafür beauftragt das Kunsthaus in regelmäßigem Wechsel Lichtgrafiker und andere Künstler mit Medienarbeiten, die dann auf der Außenhülle in Szene gesetzt werden.
Und in den nächsten Jahren wird es noch viel mehr lernen. Das nächste
große Projekt heißt durchsichtige Medienfassade: Die Bildschirme sollen transparent werden wie eine Glasscheibe. Dann könnten die Flächen
nämlich sowohl von innen als auch von außen genutzt werden. Nicht
nur für auffällige Werbung, sondern auch ganz subtil: Eine Kamera filmt
die Passanten vor einem Gebäude, ändert aber virtuell den Hintergrund
dazu und projiziert ihn von innen auf die Medienscheibe. Der Betrachter
sieht dann die gleichen Menschen draußen vorbeigehen wie im wahren
Leben, doch statt strömendem Regen scheint dazu die Sonne. Und am
Saarbrücker Leibniz-Institut für Neue Materialien arbeiten die Forscher
schon an Fassaden, die ihre Eigenschaften selbstständig ändern können: Im Winter dienen sie als Kälteschutz, im Sommer als Sonnenschirm.
Die mitdenkende, mitfühlende Fassade ist auf dem Weg in die Stadt.
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Gerade die Grobkörnigkeit dieser Installation mit dem Namen „BIX“
macht dabei ihren Reiz aus: „Technisch wäre auch damals schon eine
viel größere Pixelzahl möglich gewesen, aber darauf kam es uns gar nicht
an“, sagt Jan Edler vom Architekturbüro realities:united, der 2003 die BIXFassade mit entworfen hat. „Stattdessen ging es darum, die Architektur
selbst medial zu gestalten. Das Haus sollte nicht einfach ein Bildschirm
für die üblichen Werbefilmchen werden, sondern selbst dynamisch werden.“ Ein weiterer Pluspunkt: Viele Medienfassaden sehen schon nach
kurzer Zeit wieder vergleichsweise alt aus, weil die Technik sich rasant
weiterentwickelt. Die BIX-Fassade spielt dagegen von Anfang an mit einer
alten Technik, quasi mit Omas Küchenlampe – und ist deshalb wesentlich
alterungsresistenter.
Anders als die klassische Hausfassade haben sich die technisierten Medienfassaden nicht über Tausende von Jahren entwickeln können. Dennoch
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SMART LIVING
DER ZUKUNFT
Das Wohnen in der Zukunft wird ein anderes sein als heute. Doch
wer jetzt an Glaskuppeln auf dem Mond denkt, der irrt. Auch in der
Zukunft wird das Wohnen ein irdisches sein – vielmehr ein natürliches, weil nachhaltiger. estatements sprach mit dem DGNB-Auditor
Franz Hirsch über nachhaltiges Bauen, ausgezeichnete Projekte
und seine Gedanken zum Wohnen der Zukunft.
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_'SBO[)JSTDI Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kam das erste Mal in der Holzwirtschaft im 18. Jahrhundert auf, um das völlige Abholzen der Wälder
zu verhindern. Für jeden abgeholzten Baum sollte ein neuer gepflanzt
werden, um den Wald im Gleichgewicht zu halten. In unsere heutige Zeit
übertragen heißt das, dass auch künftige Generationen die gleichen
Chancen wie wir heute haben sollen. Also ein nachhaltiges Vorgehen, bei
dem die Ressourcen für die Nachwelt geschont werden.
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XJFLBOOOBDIIBMUJHFT#BVFOHFNFTTFOXFSEFO
_)JSTDI Nachhaltiges Bauen wird durch fünf Hauptkriterien definiert.
Das erste Kriterium ist „Ökologie“, das heißt „Energie und Umwelt“. Hier
werden der Energieverbrauch sowie der Schadstoffausstoß eines Gebäudes gemessen. Je weniger Energie verbraucht wird, desto weniger Schadstoffe werden produziert. Die „Ökonomie“ oder „Wirtschaftlichkeit“ eines
Gebäudes wird vor allem über dessen Lebenszykluskosten bemessen. Ein
weiterer Aspekt ist die Umnutzungsfähigkeit eines Gebäudes. So sollte
sich der Aufwand einer Umnutzung, wie beispielsweise vom Büro- in ein
Wohngebäude, im relativen Rahmen halten. Unter dem Hauptkriterium
„Soziokulturelle Werte“ misst man unter anderem Barrierefreiheit, Behag-
lichkeit, Nutzerzufriedenheit und Baubiologie. Also alle Faktoren, die sich
direkt auf das Gefühl beim Wohnen oder Nutzen im Gebäude auswirken.
Innerhalb der „Technischen Qualität“ wird die Erfüllung der DIN-Normen
geprüft. Das sind unter anderem bauphysikalische Normen wie Wärmeoder Schallschutz sowie Vorschriften, die die Sicherheit, wie zum Beispiel
Brand- und Einbruchschutz, betreffen. Als DGNB-Auditor empfehle ich,
wenn es möglich und wirtschaftlich vertretbar ist, eine Übererfüllung
einzelner geltender DIN-Vorschriften, um das Gebäude für die in Zukunft
zu erwartenden höheren Normanforderungen heute schon zu erfüllen.
Der fünfte Bemessungspunkt ist die „Prozessqualität“. Hierbei wird der
Planungs- und Bauprozess betrachtet; inwieweit sich die Planer und die
ausführenden Firmen mit Nachhaltigkeit beschäftigt haben. Das gilt aber
auch für die Baustelle, wie dort zum Beispiel mit Lärm oder Abfall umgegangen wird.
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POFOCUTJFBVT
_)JSTDI Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, kurz DGNB, ist
ein eingetragener Verein, der 2007 gegründet und gemeinsam mit dem
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung (BMVBS) ein
deutsches Zertifizierungssystem entwickelt hat. Mittlerweile ist die DGNB
allerdings eigenständig und zertifiziert verschiedenste Gebäudetypen.
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_)JSTDI Die PATRIZIA hat von Beginn an sehr nachhaltige Gebäude konzipiert und entworfen. So ist das Gebäudeensemble zum Beispiel dank
seiner guten Außenhülle sehr energieeffizient geplant. Generell erhält
man das Vorzertifikat für die Planung eines Baus.
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_)JSTDI VERO sieht die Nutzung regenerativer Energien vor. So sorgen
Sonnenkollektoren auf dem Dach für warmes Wasser. Durch eine kontrollierte Wohnraumbe- und -entlüftung zieht eine Wärmepumpe verbrauchte Raumluft ab, welche dann die angesaugte Frischluft erwärmt und in
den Wohnraum abgibt. Der Energieverbrauch soll durch eine optimal
gedämmte Gebäudehülle und Leistungsverteilungen wie Versorgungsstränge minimiert werden.
4JFTJOE%(/#"VEJUPS8BTNBDIFO4JFHFOBV _)JSTDI Ein Auditor ist wie ein Sachverständiger und Berater zu sehen,
der zunächst alle am Bauprozess Beteiligten zur nachhaltigen Planung und
Bauausführung berät. Anschließend werden alle Bau- und Planungsunterlagen auf Grundlage von Einzelkriterien zusammengestellt, geprüft und
dann der DGNB zur Bewertung eingereicht. Obwohl ich eine Bewertungsempfehlung ausspreche, bewertet die DGNB im Anschluss noch einmal
völlig eigenständig. Auf dieser Basis kommt es dann zur Zertifizierung.
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XFMDIF(FCjVEFUZQFOIBUEJF%(/#CJTIFSCFXFSUFU
_)JSTDI Das erste Zertifikat wurde für die Bewertung von Verwaltungsgebäuden entwickelt. In der Zwischenzeit zertifiziert die DGNB Einkaufszentren, Industriebauten, Bildungsbauten und sogar Stadtquartiere. Das
Siegel für Neubau-Wohngebäude basiert auf einem hinsichtlich Wohnzwecken angepassten System, das auf der Bewertungsgrundlage von
Büro- und Verwaltungsgebäude aufbaut.
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_)JSTDI Das amerikanische Siegel „LEED“ existiert schon lange und bedarf deshalb auch einer Überarbeitung, die derzeit vorgenommen wird.
LEED lässt den wirtschaftlichen Aspekt eines Gebäudes völlig außen vor,
stattdessen werden hier vor allem Umweltaspekte fokussiert. Während
die DGNB genaue Abstufungen vornimmt, wird beim amerikanischen System nur nach „erfüllt“ oder „nicht erfüllt“ bewertet. In Großbritannien ist
das Siegel „BREEAM“ weitverbreitet. Für alle drei Zertifizierungssysteme
gilt eine zunehmende Internationalisierung. So ist die DGNB verstärkt in
Osteuropa und hat bereits weitere Kooperationsverträge mit anderen europäischen Ländern geschlossen.
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_)JSTDI Die deutsche Baukultur ist qualitativ sehr hochwertig und basiert auf bewährten Normen, welche nur schwer mit amerikanischen Bauvorschriften gleichgesetzt werden können, da diese nicht passen. So ist
zum Beispiel der sommerliche Wärme- und Hitzeschutz oder der Trink-
;VSDL[VEFO%(/#8PIOCBVLSJUFSJFO8FMDIFTJOEIJFSUZQJTDI
_)JSTDI Neben den fünf Hauptkriterien werden auch die Qualitätsmerkmale und die soziale Integration eines Wohngebäudes bewertet: Können
im Gebäude zum Beispiel Menschen mit unterschiedlichstem Alter und
sozialem Status zusammenwohnen? Ziel ist es, eine Gettoisierung, wie
es beispielsweise in den USA oft der Fall ist, zu vermeiden. Unter dem
Punkt Wohnqualität werden sämtliche Faktoren, die das Wohnen positiv
beeinflussen, bemessen.
8JFTJFIUFTNJUEFO2VBMJUjUTNFSLNBMFOCFJ7&30BVT
_)JSTDI Bei dem PATRIZIA Projekt wurde der Schwerpunkt auf die hohe
Flexibilität der Räume gelegt. Da nur die Gebäudehülle und der Treppenhauskern tragende Elemente sind, können in den Wohnungen flexible
Trennwände eingezogen und wieder rückgebaut werden. So können zum
Beispiel extra breite Flure, durch die auch ein Rollstuhl passt, geschaffen werden. Zugängliche Installationsstraßen im Boden machen eine
Nachrüstung von Kommunikations- oder Versorgungsleitungen jederzeit
möglich. Weitere Qualitätsmerkmale sind zum einen die großzügigen Terrassen, Dachterrassen und Balkone, die qualitätsvolle Außenanlage und
zum anderen mit dem Standort Westend die sehr gute Lage von VERO.
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_)JSTDI Mit dem Siegel können Baukörper und deren Entstehungsgeschichte auf Herz und Nieren geprüft und verglichen werden. Dies hat eine
verbesserte Gebäudequalität, eine höhere Nutzerzufriedenheit und eine
höhere Performance im Bereich Emission und Energieverbrauch während
der Gebäudelebensdauer zur Folge. Letztendlich profitieren alle von dieser sparsamen, umweltfreundlichen und biologischen Bauweise.
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_)JSTDI Davon bin ich überzeugt. Wohnen ist im Laufe der Zeit immer
qualitativer geworden. Jetzt, wo diese Qualität auch gemessen werden
kann, wird sich der Nachhaltigkeitsfaktor noch verstärken. Vor allem sind
die Messungen nachhaltigen Wohnens durch die olympische Einteilung
in Gold, Silber und Bronze für jeden verständlich. So wird eine Frage von
Käufern in Zukunft sicher lauten: Gold, Silber oder Bronze?
wasserverbrauch in Deutschland ein ganz anderer als in den USA und
kann somit nicht gleich bewertet werden.
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_)JSTDI Es gibt bereits Investoren, die nur Gebäude erwerben, die ein
Nachhaltigkeitszertifikat aufweisen. Diese Entwicklung wird sich zukünftig noch verstärken. Die hohe Qualität bedeutet für Investoren eine höhere Investitionssicherheit und damit verbunden eine bessere Wertschöpfungskette. Zwar sind die Erwerbskosten eines solchen Gebäudes höher,
allerdings werden diese durch die optimale Gebäudeperformance und
einen höheren Gebäude- und somit Wiederverkaufswert mehr als ausgeglichen. Durch den hohen Komfort und die geringeren Nebenkosten ist
das Objekt auch besser vermietbar.
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_)JSTDI Es gibt sicher Investoren und Mieter, die vielleicht derzeit über
die Vorteile von nachhaltigen Gebäuden noch nicht genügend aufgeklärt
sind. Hier fehlt stellenweise die Akzeptanz, für hochwertige Gebäude eine
höhere Kaltmiete oder einen höheren Kaufpreis zu zahlen. Der aufgeklärte Mieter weiß jedoch, dass er dafür Nebenkosten einspart und in einem
Gebäude mit einer hohen Wohnqualität lebt.
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FTUBUFNFOUTmagazin 01|11
ÜBERNACHTEN
BEI GIORGIO
Armani ist Hotelier geworden – nicht irgendwo, sondern mitten in einem ganz neuen Stadtviertel in Dubai. Und vor allem: im höchsten Wolkenkratzer der Welt. Immer mehr Designer
zieht es in ungewohnter Rolle als Edelherbergsväter in die Stadtzentren. Bulgari, Missoni,
Ferragamo und Versace sind mit von der Partie.
D
er Mann ist auf seine alten Tage unter die Hoteliers gegangen
und eröffnete die erste Edelherberge mit seinem weltbekannten
Namenszug über dem Portal ausgerechnet im höchsten Wolkenkratzer der Welt: Die Geschosse eins bis acht und 38/39 belegt Giorgio
Armani im Mega-Wolkenkratzer Burj Khalifa, dem Herzstück eines neuen
Stadtteils zwischen Wüste und Persischem Golf in Dubai.
Der klangvolle Name des Modeschöpfers aus Mailand soll edel betuchte
Gäste aus aller Welt in den Neubau ziehen. Folgerichtig verantwortete der
Modezar das komplette Innendesign von der Tischdecke über den Teppichboden bis hin zum Bett. Schnörkellos ist der Stil, mit Understatement,
klaren Schwarz-Weiß-Kontrasten.
Armani ist der Hauptmieter des neuen Towers und hat neben den 160 Hotelzimmern auch 144 Eigentumswohnungen, die sogenannten „Armani
Residences“ ausgestattet. Die trotz Krise bereits lange vor Fertigstellung
restlos ausverkauften Wohnungen sind an Stil und Understatement kaum
zu überbieten. Warum all das? Weil die Zukunft in den Städten stattfindet.
Weil sich hier das Geld verdienen lässt. Und weil es sich lohnt, eine positiv
aufgeladene Marke in weitere Felder der Genusswelt zu diversifizieren.
Giorgio Armani ist dabei nicht der erste Designer, der seinen Namen für
eine Hotelkette hergibt und mit edlen Stadtquartieren in das Geschäft mit
dem Zimmer auf Zeit einsteigt. Er folgt einem Trend und hat lange genug wertsteigernd gezögert, um nun ein hervorragendes Geschäft
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FTUBUFNFOUTmagazin 01|11
australischen Goldcoast im Bundesstaat Queensland vor fast einem Jahrzehnt im typischen Look mit viel Gold und reichlich Schnörkeln eröffnete.
Donatella Versace will nun mit weiteren Fünf-Sterne-Domizilen wachsen.
Der zweite „Palazzo Versace“, diesmal in Dubai auf der LandgewinnungsPalme, steht kurz vor der Fertigstellung.
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mit der Lizenzierung seines Namens zu machen, der als Qualitätssiegel
für die Edelherberge höchste Erwartungen weckt – an den Komfort wie an
den Übernachtungspreis.
Gleichzeitig erspart so etwas dem Partner Multi-Millionen-Aufwendungen
für Werbung und Marketing, die die globale Positionierung eines unbekannten Namens erfordert hätte. Mit im Boot ist in diesem Fall der Bauund Immobilienkonzern Emaar aus Dubai, der das Geld mitbringt, um
neue Hotelimmobilien der Extraklasse in die begehrtesten Baulücken der
Welt zu zaubern. Zehn Häuser binnen zehn Jahren will Emaar für die Marke Armani hochziehen, eine Milliarde Dollar dafür in die Hand nehmen.
Die Branchenkenntnisse bringen angeheuerte Manager mit. Als Zweites
steht ein Haus in Mailands Via Manzoni mitten im Quadrilatero della
Moda an, dem Modeviertel der lombardischen Hauptstadt. Anschließend
sollen Stadthotels in Marrakesch und den internationalen Schlüsseldestinationen New York, Shanghai und London folgen.
Insgesamt zeichnet sich derweil eine Entwicklung ähnlich wie in der Bekleidungsindustrie ab, ähnlich wie Armani, Boss & Co. gegen H&M, Gap
und Zara: Beide Extreme „funktionieren“ am Markt – die Designer-Hotels
mit ihren teuren Labels finden ihre Kunden ebenso wie auch die Preiswertschiene mit immer schicker designten und an die edlen Trendsetter
angelehnten, aber kleinen Zimmern zum Minimalpreis. Dafür steht in
Deutschland zum Beispiel Motel One – und wurde binnen kürzester Zeit
zur eigenen Qualitätsmarke ohne Highend-Preise. Und ganz ohne Anschubhilfe durch prominente Namen.
Die Großen bestätigt das nur in ihrem Vorgehen. Sie legen nach – jetzt
auch Armanis Zunftkollege Versace, dessen bislang einziges Hotel an der
Und auch Bulgari hat gezeigt, wie weit am obersten Ende der Fahnenstange man sich in der Hotellerie als Newcomer positionieren und was
für exorbitante Zimmerpreise man pro Nacht kassieren kann, wenn man
Image und Lifestyle mit vermietet, das eigene Konzept konsequent auf
eine andere Branche überträgt und mit dem richtigen High-End-Partner
an der Seite umsetzt. Der Juwelen-, Parfum- und Duschgel-Konzern der
obersten Zehntausend hatte sich dafür Ritz-Carlton ausgesucht. Die Firma aus Chevy Chase bei Washington, zuständig für das Luxussegment
innerhalb des amerikanischen Marriott-Hotelkonzerns, übernimmt seitdem Marketing und operatives Geschäft der bislang zwei bis ins Letzte
durchgestylten Bulgari Hotels – das erste an der Via Privata Fratelli Gabba
mitten im Zentrum der lombardischen Modemetropole, das andere auf
Bali. Ab rund 550 Euro kostet ein Doppelzimmer pro Nacht, 5.500 Euro
eine Suite – zuzüglich Frühstück. Unter den Gästen: unter anderem Naomi Campbell und Karl Lagerfeld.
Im Idealfall befruchten sich Hotellerie, Immobilienentwicklung und Designer-Branche bei solchen Geschäften gegenseitig. Einer profitiert vom
Image des anderen und im besten Fall von dessen Know-how im operativen Geschäft. Ein echtes Risiko geht keiner der Partner ein – wenn
die Paarung stimmt. Das sieht offenbar auch das Modehaus Missoni so
und arbeitet mit dem Rezidor-Konzern (unter anderem Radisson Hotels)
zusammen. Die erste Eröffnung gab es bereits in Edinburgh.
Einen Sonderweg beschreitet die Ferragamo-Dynastie, zu deren Imperium inzwischen eine Handvoll Hotels in Florenz und Rom gehören. Die
Ferragamos verschweigen im Namen den Bezug zum Mutterunternehmen
und nennen sich weit weniger klangvoll „Lungarno Hotels“. Preislich rangieren sie dennoch selbstbewusst in der Spitzengruppe.
In Dubai unterdessen standen mehr als 10.000 Bewerber aus aller Welt Schlange, als die 600 Jobs im weltweit ersten Armani Hotel
zu vergeben waren – ohne zu dem Zeitpunkt zu wissen, auf was genau sie sich einließen. Sicher war für die Job-Aspiranten nur so viel:
Sie würden in einem der exklusivsten Häuser der Welt bedienen. Und
ihr Dress würde vom Anzug des Direktors bis zum Käppi des Pagen
von einem älteren Herrn aus Mailand designt sein: Giorgio Armani.
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Unternehmen, dessen Geschäftstätigkeit den Ankauf,
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GmbH, legt das Unternehmen zudem Immobilienspezialfonds auf. Der PATRIZIA Verbund zählt heute zu den Top 3Adressen im deutschen Spezialfondsmarkt. Insgesamt
betreut die PATRIZIA heute ein Immobilienvermögen von
über fünf Milliarden Euro.
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