Allergie Patienteninformation „Ihre Gesundheit – Unser Thema“ ist ein Service Ihrer niedergelassenen Ärzte und Psychotherapeuten in Bayern Heuschnupfen, allergisches Asthma, Neurodermitis oder Nahrungsmittelallergien: Die Palette reicht von Symptomen an den Schleimhäuten, in den Atemwegen, an der Haut und im MagenDarm-Trakt bis zum akuten Notfall, dem so genannten anaphylaktischen Schock. Der Wiener Kinderarzt Clemens Freiherr von Pirquet (1874 bis 1929) gab dieser Symptompalette den Namen „Allergie“. Er erkannte, dass Antikörper aus dem körpereigenen Abwehrsystem diese Symptome verursachen – da sie nicht nur schützende Immunantworten vermitteln, sondern auch Überempfindlichkeitsreaktionen auslösen können. Heute erkranken in Deutschland nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung etwa 40 Prozent der Erwachsenen im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an einer Allergie. Im Kindesalter gehören Allergien inzwischen zu den häufigsten chronischen Erkrankungen. Das Risiko dafür ist vererbbar: Wenn ein Elternteil betroffen ist, liegt es für das Kind bei 20 bis 40 Prozent, leiden beide Eltern an der gleichen Allergie, sogar bei 60 bis 80 Prozent. 2 Was passiert im Körper? Allergien sind überschießende Reaktionen des Immunsystems. Der menschliche Körper kann mit seinem Abwehrsystem Fremdstoffe und Krankheitserreger unschädlich machen. In mehreren Schritten bildet er dabei unter anderem so genannte Antikörper gegen die Eindringlinge. Bei einer allergischen Reaktion bildet das Immunsystem Antikörper gegen Stoffe, die für den Körper normalerweise harmlos sind. Diese Stoffe nennen die Mediziner „Allergene“. Die häufigsten Allergene sind Pollen von Bäumen, Gräsern, Getreide beziehungsweise Kräutern, Tierhaare, Hausstaubmilben, Schimmelpilze, Insektengifte oder Nahrungsmittel. Eine Allergie entwickelt sich in zwei Phasen: Zunächst muss das Immunsystem einmal mit dem allergieauslösenden Stoff, dem „Allergen“, in Kontakt kommen. Dabei bildet es Antikörper gegen diese an sich harmlose Substanz, stuft sie irrtümlich als gefährlich ein und speichert eine Art Abbild davon in seinem Immungedächtnis ab. In dieser so genannten Sensibilisierungsphase zeigt der Körper zunächst noch keine Symptome. 3 Die zweite Phase beginnt, sobald ein erneuter Kontakt mit dem Allergen stattfindet. Jetzt treten allergische Reaktionen auf. Die Antikörper erkennen den „Fremdling“ und aktivieren weitere Abwehrzellen, unter anderem so genannte Mastzellen. Diese Zellen kommen besonders häufig in den Schleimhäuten der Atemwege und des Verdauungstraktes sowie in der Haut vor, wo eine gute Abwehr benötigt wird. Sind die Mastzellen durch die Antikörper einmal aktiviert, schütten sie Botenstoffe wie Histamin aus. Bei einem Angriff von Krankheitserregern ist das durchaus sinnvoll, denn weitere Immunzellen, die im Blut zirkulieren, gelangen an die Entzündungsstelle. Bei einer allergischen Veranlagung führen allerdings zum Beispiel selbst harmlose Pollen zu einer überschießenden Reaktion und schließlich zu allergischen Symptomen. Je nach Zeitablauf unterscheiden Experten verschiedene Allergietypen: Allergien vom Soforttyp setzen zehn bis 20 Minuten nach Kontakt mit dem Allergen ein. Auslöser sind in der Regel Pollen, Tierhaare, Hausstaubmilben, Schimmelpilze, Insektengift oder Nahrungsmittel. 4 Allergien vom Spättyp setzen meistens 24 bis 72 Stunden nach dem Kontakt mit dem Allergen ein. Hierzu zählen Kontaktallergien, die sich in juckenden Hautausschlägen äußern. Allergene können Duftstoffe, Kosmetika, Schmuck, Salbengrundlagen, Gummi, Farben, Desinfektions- oder Waschmittel sein. Mögliche Allergiesymptome bei Heuschnupfen Niesreiz oder Niesanfälle wässriger, plötzlich einsetzender Schnupfen (Fließschnupfen) verstopfte Nase mit behinderter Nasenatmung (Stockschnupfen) tränende, juckende oder brennende Augen (Bindehautentzündung) geschwollene Augenlider Juckreiz in Nase oder Ohren 5 Mögliche Symptome bei allergischem Asthma Asthmaanfälle mit plötzlich einsetzender Atemnot und pfeifenden oder giemenden Geräuschen (vor allem beim Ausatmen) Husten und Atemnot verstärkt in der Nacht (Reiz)husten bei kaltem oder feuchtem Wetter (Reiz)husten und Atemnot beim Einatmen von Farben oder Duftstoffen, Zigarettenrauch oder bei körperlicher Anstrengung Mögliche Allergiesymptome der Haut bei Säuglingen: juckender Hautausschlag im Gesicht und manchmal am gesamten Kopf bei Kindern: juckender Hautausschlag an den Beugeseiten von Armen und Beinen bei Erwachsenen: juckender Hautausschlag am gesamten Körper Quaddelbildung bei Nesselsucht (Urtikaria) bei Kontaktallergie: juckender Hautausschlag an den Kontaktstellen 6 Mögliche Symptome der Nahrungsmittelallergie Juckreiz und pelziges Gefühl an Lippen und Gaumen Lippen- und Zungenschwellung, Schluckbeschwerden, Atemnot (Angioödem) Bauchkrämpfe, Durchfall, Übelkeit, Erbrechen Kreislaufprobleme mit Herzrasen, Blutdruckabfall oder Kopfschmerzen sämtliche Symptome der Allergie bei Heuschnupfen, Asthma und der Haut Im Extremfall: lebensbedrohlicher anaphylaktischer Schock Behandlung der Allergie Zur Vorbeugung sollten Mütter Neugeborene mit erhöhtem Allergierisiko während der ersten vier Lebensmonate stillen. Über die Muttermilch erhalten die Kinder wichtige Stoffe, die das Immunsystem der Darmschleimhaut trainieren und vor dem Eindringen von Allergenen schützen. Ist das Stillen nicht möglich, empfehlen Experten hypoallergene Babynahrung. 7 Zur Behandlung einer Allergie gibt es drei verschiedene Möglichkeiten: 1. Vermeidung des Allergens Wo kein Auslöser ist, gibt es auch keine Allergie. Pollenallergiker können den Allergenkontakt verringern, indem sie im Frühjahr und Sommer – abhängig vom Pollenflugkalender – die Fenster schließen und abends die Allergene beim Duschen aus den Haaren waschen. Am Meer und im Gebirge gibt es weniger Pollen. Aufenthalte in diesen Gebieten können deshalb die Beschwerden lindern. Allergendichte Bettbezüge (so genannte Encasings) reduzieren deutlich die Hausstaubmilben in den Betten. Das vollständige Vermeiden von sämtlichen Allergenen ist allerdings nicht immer möglich. 2. Medikamentöse Therapie Medikamente können das Auftreten von allergischen Symptomen mildern oder verhindern, heilen können sie die Allergiebereitschaft nicht. Je nach Beschwerden gibt es unterschiedliche Wirkmechanismen. Ihr Arzt wird Ihnen das geeignete Medikament verordnen, zum Beispiel: 8 Antihistaminika heben die Histaminwirkung auf. Histamin stellt kleinere Blutgefäße weit (Hautrötung), macht Gefäßwände durchlässig (Ödembildung) oder die Bronchien eng (Bronchokonstriktion). An der Haut sorgt es für Juckreiz. Mastzellstabilisatoren verhindern, dass die Mastzellen Histamin und andere Botenstoffe ausschütten, indem sie die Zellwände stabilisieren. Atemwegserweiternde Sprays (β2-Sympathomimetika) helfen zum Beispiel bei allergischem Asthma. Kortison wirkt entzündungshemmend und unterdrückt die Immunantwort. Das oftmals lebenswichtige Medikament kann allergische Symptome rasch abmildern. 3. Hyposensibilisierung Diese Therapie soll dem Körper helfen, unempfindlicher gegenüber Allergenen zu werden, indem er sich an die Substanzen gewissermaßen gewöhnt. Dazu spritzt entweder der Arzt das speziell aufbereitete Allergen oder Teile davon in langsam steigender Menge in die Haut oder der Patient nimmt es in flüssiger Form als Tropfen. Mit der Zeit ermüdet die Immunreaktion, Experten sprechen von einer Toleranzentwicklung: Selbst wenn der Körper jetzt mit dem Allergen in Kontakt kommt, reagiert er nicht mehr mit 9 allergischen Symptomen. Die Erfolgsquote hängt vom Allergen und von der Stärke der Symptome ab. Bei einer Hyposensibilisierung gegen Bienen- oder Wespengift liegt die Erfolgsquote bei etwa 95 Prozent, bei Pollen sind es 80 bis 90 Prozent, gegen Milben rund 70 bis 80 Prozent und bei Schimmelpilzen zwischen 60 und 70 Prozent. Doch die Hyposensibilisierung kann nicht nur gegen das eigentliche Allergen helfen. Experten haben beobachtet, dass bei Pollenallergikern nach einer Hyposensibilisierung viel seltener ein so genannter Etagenwechsel (Wechsel von Heuschnupfen zu Asthma bronchiale) auftritt. Außerdem können Nahrungsmittelallergien, die mit Pollen kreuzreagieren, also oft in Kombination auftreten, abgeschwächt werden. 10 Inhalt Patientenservice der Kassenärztlichen Vereinigung Bayerns (KVB) Ärztlicher Bereitschaftsdienst in Bayern: 116 117 PatientenInfoline: Ihr Kontakt für Fragen zur Gesundheitsversorgung in Bayern 0 89 / 5 45 46 – 4 04 20 Therapieplatzvermittlung Psychotherapie: Telefondienst für Patienten und Angehörige 09 21 / 78 77 65 – 4 04 10 Arzt- und Psychotherapeutensuche und Patienteninformationen im Internet www.kvb.de 11 Arztstempel Impressum Herausgeber: Kassenärztliche Vereinigung Bayerns Elsenheimerstraße 39 80687 München www.kvb.de Gestaltung: Stabsstelle Kommunikation Bilder: BilderBox.com Redaktion: Referat Versorgungskonzepte und Zusatzverträge Stand: August 2013