Kartagener-Syndrom

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Kindernetzwerk e.V.
für Kinder, Jugendliche und (junge) Erwachsene mit
chronischen Krankheiten und Behinderungen
Krankheitsübersicht
Kartagener-Syndrom
KINDERNETZWERK
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Behinderung oder das entsprechende Schlagwort.
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unseres pädiatrischen Beraterkreises und wissenschaftlichen Fachbeirats – aus
diversen Quellen ( Fachbücher, Fachartikel, Kindernetzwerk-Archiv sowie aus dem
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Bei der Krankheitsübersicht wird darauf geachtet, dass die Informationen verständlich
und gut leserlich geschrieben sind. Wir möchten Eltern, Betroffenen und
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besser zu verstehen.
Wir streben einen möglichst hohen Grad an Aktualität an, können aber wegen des
rapiden medizinischen Fortschrittes nicht in jedem Fall garantieren, stets den
allerneusten Stand des Wissens komplett abzubilden. Gerade deshalb empfehlen wir,
sich immer an einer der zuständigen Selbsthilfegruppen zu wenden (siehe beiligende
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Materialien stellen keine Bewertung von Seiten des Kindernetzwerks dar, sondern
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Bei einem Teil der Krankheitsbildern liegen beim Kindernetzwerk noch umfassendere
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Kartagener Syndrom
Primäre ziliäre Dyskinesie
Primäre ciliäre Dyskinesie
Immotile cilia syndrome
Zusammengestellt für das Kindernetzwerk von:
Prof. Dr. Heymut Omran
Universitäts-Kinderklinik Freiburg
Rüdiger Fürle
Selbsthilfegruppe Primäre Ciliäre Dyskinesie und
Kartagener Syndrom e.V.
07/2006
Kurzbeschreibung:
Die „Primäre Ciliäre Dyskinesie“ (PCD) ist eine Erbkrankheit, die durch eine angeborene
(primäre) Fehlbeweglichkeit (Dyskinesie) der Flimmerhärchen (Zilien) charakterisiert ist.
Durch Defekte der strukturellen und funktionellen Proteine (Eiweiße) sind die Zilien beim
PCD-Patienten in ihrem Aufbau verändert und deshalb funktionsuntüchtig. Die
Selbstreinigung der oberen (Nase, Nebenhöhlen, Mittelohrbereich) und unteren Atemwege
(Bronchien, Lunge) ist dadurch beeinträchtigt. Es kommt zu chronischem Schnupfen,
bleibenden Husten, eingeschränkter Hörfähigkeit aufgrund häufiger Mittelohrentzündungen
und rezidivierenden (wiederkehrenden) Lungenentzündungen sowie Polypenbildung im
Nasen-Rachen-Raum.
Bei 50% der Betroffenen liegt ein Situs inversus vor. Dies ist eine spiegelbildliche
(seitenverkehrte) Anlage der inneren Organe (z.B. Herz rechts statt links). In diesem Fall
wird das Krankheitsbild auch "Kartagener Syndrom" genannt.
Symptome, Formen, Krankheitsverlauf:
Respiratorische Epithelzellen kleiden die oberen und unteren Atemwege aus und tragen an
ihrer Oberfläche multiple bewegliche Zilien (Flimmerhärchen), die in eine dünnflüssige
Schleimschicht eingebettet sind. Der koordinierte Zilienschlag der respiratorischen Zilien
ermöglicht den Transport von Schmutzpartikeln (Keime, Pollen, Staub) in Richtung
Mundhöhle, wo er geschluckt oder abgehustet wird. Diese kontinuierliche Reinigung der
oberen und unteren Atemwege trägt wesentlich zur Infektionsabwehr des Atemtraktes bei.
PCD-Patienten leiden typischerweise an rezidivierenden Infektionen der Atemwege aufgrund
des angeborenen Defektes dieses mukoziliären Reinigungsmechanismus.
Bereits kurz nach der Geburt zeigt circa ein Drittel der Patienten eine respiratorische
Anpassungsstörung oder ein akutes Atemnotsyndrom. Häufig wird diese Symptomatik als
konnatale
Pneumonie
("angeborene"
Lungenentzündung)
fehl
gedeutet.
Die
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Erregerdiagnostik bleibt negativ. Vielfach berichten die Eltern, dass ihre betroffenen Kinder
von Geburt an eine laufende Nase (Rhinitis) hatten.
Im Kleinkindesalter treten oft Infektionen im Bereich der oberen Atemwege auf. Chronisch
rezidivierende Mittelohrentzündungen prägen das klinische Bild und lassen sich
therapeutisch nur schwer beeinflussen. In dieser Zeit kommt es auch oft zu Bronchitiden und
Lungenentzündungen. Da die Atemwege nicht durch ein funktionierendes Flimmerepithel
gereinigt werden, bleibt den Kindern das Abhusten als einziger Reinigungsmechanismus.
Anhaltender Husten ist daher ein typischer klinischer Befund bei PCD-Patienten. Der
behandelnde Arzt wird häufig nicht von Eltern und Betroffenen auf diesen dauernden Husten
hingewiesen, da er von frühester Kindheit dazu gehört.
Erst im späteren Kindes- und Jugendalter kommt es zu chronischen Affektionen der
Nasennebenhöhlen und Entwicklung einer Polyposis nasi (gutartige Wucherungen der
Nasenschleimhaut). Rezidivierende Infektionen der unteren Atemwege können aufgrund
chronischer entzündlicher Prozesse zur Entwicklung von irreversiblen Bronchiektasen
(schleimgefüllte Aussackungen des Bronchialsystems) führen. Typischerweise tritt dies im
späten Kindes- und Jugendalter auf. Diese Veränderung lässt sich radiologisch früh mittels
Computertomographie und etwas später in konventionellen Röntgenbildern nachweisen.
Kartagener-Syndrom:
In der Hälfte der Fälle wird bei PCD-Patienten ein Situs inversus (spiegelbildliche
Vertauschung der inneren Organe) beobachtet; dies wird auch als Kartagener Syndrom
bezeichnet. Die Ursachen liegen in der frühen embryonalen Entwicklung. Der "Knoten" ist
eine Zellstruktur des sehr jungen, noch völlig symmetrischen Embryos, von dem aus die
dreidimensionale Differenzierung gesteuert wird. Die Zellen des embryonalen Knotens
tragen jeweils eine Monozilie (nodale Zilie), welche permanent im Uhrzeigersinn rotiert und
eine Strömung („nodal flow“) der umgebenden Flüssigkeit von rechts nach links erzeugt.
Dieser gerichtete Strom scheint maßgeblich für die Festlegung der Links/RechtsKörperasymmetrie verantwortlich zu sein. Wahrscheinlich unterbleibt bei PCD-Patienten,
deren nodalen Zilien vermutlich unbeweglich sind, die Ausbildung dieser gerichteten
Strömung. Deshalb entsteht eine zufällige (randomisierte) Anordnung der Links/RechtsKörperasymmetrie, so dass die Hälfte der PCD-Patienten ein Situs inversus aufweist,
während die andere Hälfte eine regelrechte Anordnung der inneren Organe zeigt. Der
Befund des Situs inversus hat für den Patienten in der Regel keinen zusätzlichen
Krankheitswert, führt jedoch bei gleichzeitig vorliegenden respiratorischen Symptomen
häufig zur früheren Diagnosestellung. Dies erklärt auch, warum PCD-Patienten ohne Situs
inversus of verspätet diagnostiziert werden. Klinisch ist das Wissen um den Situs inversus
wichtig, um intraabdominelle Pathologien wie z.B. Appendizitis (Blinddarmentzündung)
besser einordnen zu können: Leider hat so mancher Patient mit Kartagener Syndrom im
Rahmen einer Appendizitis zunächst einen Bauchschnitt rechts statt links erhalten.
Fertilität:
Männliche PCD-Betroffene sind in ca. 60% der Fälle infertil (nicht fortpflanzungsfähig).
Ursächlich hierfür sind dysmotile oder unbewegliche Spermienschwänze. Dies lässt sich
durch die ähnliche Struktur von Spermienschwänzen und Zilien erklären. Aufgrund der
mangelnden Spermienbeweglichkeit haben PCD-Patienten auch häufig eine verminderte
Anzahl von Spermien im Ejakulat (Azoospermie). Dies liegt wahrscheinlich daran, dass die
Samenwege mit der Zeit verstopfen. Wichtig ist jedoch, dass nicht alle Männer mit primärer
ziliärer Dyskinesie eine verminderte Fruchtbarkeit aufweisen, sodass bei Kinderwunsch eine
andrologische Abklärung sinnvoll ist.
Einige weibliche PCD-Patienten zeigen vermutlich aufgrund einer gestörten
Transportfunktion der Eileiter, welche ebenfalls mit Zilien ausgekleidet sind, eine verminderte
Fruchtbarkeit. Dies ist jedoch eher die Ausnahme. Aufgrund des gleichen Defektes ist
möglicherweise die Rate von Eileiterschwangerschaften erhöht.
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Diagnostik:
Als selektiver Test wurde früher der Saccharin-Test verwendet, der sich jedoch in der
klinischen Praxis aufgrund des zeitlichen Aufwandes und der benötigten hohen
Kooperativität des Patienten (nur ältere Kinder) nicht bewährt hat.
Kürzlich konnte gezeigt werden, dass die Messung des nasalen NO’s (nitric oxide,
Stickstoffoxid) als Selektions-Test geeignet ist. Wichtig ist zu betonen, dass es sich hierbei
um die Messung des nasalen NO’s und nicht um den NO-Wert in der Ausatem-Luft handelt.
Das nasale NO ist bei PCD-Patienten typischerweise erniedrigt. Dieser Parameter eignet
sich aufgrund des hohen Vorhersagewertes als Selektionstest, steht jedoch nur in wenigen
Zentren zur Verfügung. Insbesondere bei Säuglingen ist die Messung nicht einfach. Auch
wenn i.d.R. PCD-Patienten ein vermindertes nasales NO aufweisen, gibt es Ausnahmen,
sodass die Durchführung von Bestätigungstests bei typischer Klinik auch bei normalen NO
sinnvoll ist. Bei erniedrigtem Wert sollte die Diagnose ebenfalls bestätigt werden, da selten
auch falsch-positive Befunde beobachtet werden.
In vielen Zentren wird die direktmikroskopische Analyse des Zilienschlages als
Screening- und Bestätigungstest eingesetzt.
•
•
Die Diagnose der PCD basiert auf dem Vorliegen zweier Kriterien:
Typische Klinik mit rezidivierenden Infektionen der Atemwege mit oder ohne Situs inversus.
Nachweis charakteristischer ziliärer ultrastruktureller Defekte mittels Elektronen- oder
hochauflösender
Immunfluoreszenzmikroskopie,
und/oder
Nachweis
von
immotilen/dysmotilen
respiratorischen
Zilien/Spermien
mittels
Direktmikroskopie
(Hochfrequenz-Videomikroskopie).
Verfügbarkeit/Indikation für molekulargenetische Diagnostik:
Eine bestätigende genetische Diagnostik ist z.Z. nur bei Patienten mit bestimmten
Defekten des äußeren Dyneinarmes, einer im Elektronenmikroskop zu erkennenden
Ultrastruktur, oder bei männlichen PCD-Betroffenen mit Retinitis pigmentosa (RPGR)
möglich. Eine genetische Diagnostik steht weltweit nur in wenigen Laboratorien zur
Verfügung. In Deutschland bietet das Labor von Prof. Dr. H. Omran (Universitäts-Kinderklinik
Freiburg) eine solche Diagnostik an.
Ursache der Erkrankung:
Ätiologie / Pathogenese / Genetik
Die Erkrankung wird durch angeborene (primäre) Defekte der Zilien und Geißeln
verursacht. Es handelt sich bei diesen Zellorganellen um wenige mikrometer-messende
haarähnliche Auswüchse der Zelloberfläche. Aus evolutionärer Sicht gehören Zilien und
Geißeln zu den ältesten Strukturen menschlichen und pflanzlichen Lebens. Ursprünglich
dienten Zilien und Geißeln der Fortbewegung von einzelligen Organismen wie Algen,
Trompeten- und Pantoffeltierchen. Im Laufe der Evolution hat sich die Funktion von Zilien
und Geißeln erweitert und wurde an neue biologische Bedürfnisse angepasst. Beim
Menschen weiß man heute um deren Schlüsselrolle für so unterschiedliche Prozesse wie
mukoziliäre Clearance (Atemwegsreinigung), Körperachsenformation, und zerebrospinaler
Fluss (Strömung des Gehirnwassers). Im Gegensatz zur biologischen Funktion hat sich die
strukturelle Anordnung der Zilien und Geißeln wenig verändert.
4
•
•
Mehrere Gen-Defekte konnten in den letzten Jahren bei PCD-Patienten charakterisiert
werden und es ist anzunehmen, dass eine Vielzahl weiterer Defekte in naher Zukunft
identifiziert wird. PCD ist eine genetisch heterogene Erkrankung, d.h. es sind
verschiedene Defekte in unterschiedlichen Genen ursächlich.
In der Regel wird die Erkrankung autosomal rezessiv vererbt: beide Elternteile müssen
Erbträger (sie besitzen ein unverändertes und ein mutiertes Allel des Gens) sein und
statistisch erhält nur jedes 4. Kind jeweils das nicht intakte Allel des Elternteils.
Nur selten wurden Fälle mit einem dominanten (bereits ein mutiertes Allel führt zur
Erkrankung) oder X-chromosomal rezessiven Vererbungsmuster beschrieben.
Für autosomal-rezessiv vererbte PCD-Varianten mit Defekten des äußeren Dyneinarmes
wurden bislang vier Genorte auf den Chromosomen 9p13-p21, 19q13.3-qter, 5p15-p14 und
16p12.1-12.2 lokalisiert. Für zwei Genorte konnte das verantwortliche Gen, DNAI1 bzw.
DNAH5, identifiziert werden. Beide Gene kodieren für Komponenten des äußeren
Dyneinarms und deren Mutationen verursachen PCD mit Defekten des äußeren
Dyneinarmes, einer Randomisierung der Links/Rechts-Körperasymmetrie sowie männlicher
Infertilität.
Von 121 PCD-Patienten, die auf das Vorliegen von DNAI1-Mutationen untersucht wurden,
waren 17 DNAI1-Mutationsträger. Fast die Hälfte der mutierten Allele zeigte eine bestimmte
DNAI1-Mutation (219+3insT). Aus diesem Grund erscheint eine systematische
Untersuchung auf das Vorliegen dieser Mutation bei PCD-Patienten sinnvoll.
In einer großen Anzahl von PCD-Patienten (n=134) konnte in 28% der Fälle ein
Mutationsnachweis für DNAH5 erbracht werden. In einer vorselektierten Gruppe von PCDPatienten (alle wiesen Defekte des äußeren Dyneinarmes auf) konnte in ca. der Hälfte der
Fälle Mutationen dieses Gens nachgewiesen werden.
Inwieweit DNAH11– Mutationen ebenfalls PCD verursachen ist noch nicht abschließend
geklärt. Mutationen im RPRG-Gen bedingen 15-20% aller Fälle mit Retinitis pigmentosa
(hereditärer Netzhaut-Aderhautdystrophie). Die Erkrankung wird X-chromosomal rezessiv
vererbt. In Einzelfällen wurden bei männlichen Patienten mit Retinitis pigmentosa und
nachgewiesenen RPGR-Mutationen zusätzlich typische Symptome einer PCD beobachtet.
Die Diagnose einer PCD konnte durch den spezifischen Nachweis ultrastruktureller Defekte
respiratorischer Zilien bestätigt werden. Einige der Betroffenen wiesen zudem eine InnenohrSchwerhörigkeit auf.
Häufigkeit:
Die primäre ciliäre Dyskinesie (PCD) ist eine klinisch und genetisch heterogene Erkrankung.
Es handelt sich um eine seltene hereditäre Erkrankung mit einer Häufigkeit von ca. 1:
20.000.
Die Erkrankung wird i.d.R. autosomal rezessiv vererbt. Nur in Einzelfällen wurden dominante
oder X-chromosomal rezessive Vererbungswege beobachtet.
Differentialdiagnose / Verwandte Krankheiten /
Begleitfehlbildungen:
Eine Reihe unterschiedlicher Störungen wie z.B.
•
Hydrocephalus internus (Wasserkopf),
•
Retinitis pigmentosa (Nachtblindheit),
•
zystische Nierenerkrankungen,
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verschiedene Herzfehler im Rahmen von Situsanomalien oder
Schwerhörigkeit
können nach neuesten Forschungsergebnissen ebenfalls auf Zilienfunktionsstörungen
zurückgeführt werden. Es ist deshalb nicht erstaunlich, dass sie bei PCD Patienten selten
auch assoziiert auftreten können.
Das Auftreten angeborener Aquäduktverschlüssen mit begleitendem triventrikulären
Hydrocephalus internus ist bei PCD-Patienten erhöht und basiert wahrscheinlich auf dem
Funktionsverlust ependymaler Zilien bei der Aufrechterhaltung des Liquortransports
(Hirnwasserströmung).
Zystische Nierenerkrankungen werden auf sensorische Ziliendefekte (Zilien sind auch
Sinnesorgane) renaler Tubuluszellen (zilientragende, zylindrische Nierenepithelzellen)
zurückgeführt und bei Retinitis pigmentosa konnte eine Dysfunktion der „connecting cilia“,
welche das äußere mit dem inneren Segment des Photorezeptors der Retina (Netzhaut des
Auges) verbindet, nachgewiesen werden. Selten werden auch Innenohrschwerhörigkeit,
angeborene Herzfehler und Fehlbildungen der Gallengänge bei PCD-Patienten beschrieben.
Vielen Klinikern sind diese seltenen assoziierten Erkrankungsmanifestationen unbekannt,
was häufig dazu führt, dass differentialdiagnostisch nicht an eine PCD gedacht wird.
•
•
Früherkennung:
Typische klinische Symptome (s.o.) wie Situs inversus sollten an die Diagnose denken
lassen und eine konsequente Diagnostik durchgeführt werden.
Standardtherapie:
Die angeborene Ziliendysfunktion lässt sich medikamentös nicht wiederherstellen, d.h. zum
jetzigen Zeitpunkt steht keine kausale, d.h. die Ursache bekämpfende, Therapie zur
Verfügung.
Aus diesem Grunde beschränkt sich die Therapie bei PCD auf prophylaktische und
symptomatische Maßnahmen sowie konsequente Infektionsbekämpfung und
Physiotherapie, um die Entwicklung chronischer destruktiver Prozesse hinauszuzögern
oder gänzlich zu verhindern.
➢ Prophylaktische Maßnahmen umfassen die Sicherstellung einer angemessenen
Immunisierung. Fehlende Impfungen sollten nachgeholt werden.
➢ Da die mukoziliäre Reinigung der oberen und unteren Atemwege nicht funktioniert,
sollten regelmäßige physikalische Maßnahmen (Physiotherapie) veranlasst
werden. Die Schulung der Eltern und Kinder bezüglich Atem- und
Drainagetechniken ist essentiell, um die Reinigung der Atemwege zu unterstützen.
Der Reinigung durch regelmäßiges Husten („cough clearance“) darf keinesfalls durch
hustenstillende Präparate (z.B. Codein) beeinträchtigt werden.
➢ Ebenfalls sollte auf eine regelmäßige sportliche Ertüchtigung der Kinder geachtet
werden.
➢ Viele Kinder profitieren von einer regelmäßigen Inhalationstherapie.
➢ Sollte bei regelmäßig durchzuführenden Lungenfunktionsuntersuchungen eine
obstruktive Atemwegs-Affektion (Verengung der Atemwege) auffallen, ist eine antiobstruktive Therapie sinnvoll.
➢ Bakterielle respiratorische Infekte sollten frühzeitig konsequent antibiotisch behandelt
werden, um chronische destruktive Lungenveränderung zu vermeiden. Infektionen
werden häufig durch H. influenza, aber auch durch St. aureus und St. pneumoniae
verursacht. Eine regelmäßige Kultivierung der Atemwegsflora ist sinnvoll und die
Therapie dem Antibiogramm angepasst werden. Pseudomonas-Infektionen treten
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häufig erst im Erwachsenalter auf. Bei rezidivierenden Infektionen kann eine
prophylaktische antibiotische Therapie hilfreich sein.
➢ Nur selten werden lungenchirurgische Interventionen notwendig, z.B. wenn
chronisch-destruierte Lungensegmente immer wieder Anlass zu neuen
Lungenentzündungen führen.
Viele Kinder leiden frühzeitig an chronischen Mittelohrentzündungen, die durch
therapeutisch nur schwer zu beeinflussende Belüftungsstörungen verursacht werden.
Eine Schallleitungsschwerhörigkeit kann die Folge sein. Die Therapie dieser
Mittelohraffektionen ist kompliziert, da die Anlage von Trommelfell-Röhrchen zu
permanenten Trommelfelldefekten führen kann. In der Folge entwickeln dann viele
PCD-Patienten eine chronische Mastoiditis (Entzündung des Warzenfortsatzes des
Schläfenbeines). Häufig sind rezidivierende HNO-Operationen und Mastoidektomie
die Folge. Deshalb sollte die Indikation einer HNO-ärztlichen Intervention nur
zurückhaltend gestellt werden. Falls dennoch der Entschluß für eine Operationfällt,
sollte zunächst nur einseitig operiert und das Resultat der Operation abgewartet
werden. Alternativ ist bei schweren Fällen der Mittelohrschwerhörigkeit eine HörgerätAnpassung zu erwägen. Mit zunehmendem Alter verliert in der Regel die
Mittelohrschwerhörigkeit an Gewicht und chronische entzündliche Prozesse der
Nasennebenhöhlen dominieren im Bereich der oberen Atemwege. Auch hier sollten
operative Eingriffe nur mit Zurückhaltung indiziert werden. Rezidive der Polyposis
treten regelmäßig auf. Die regelmäßige Anwendung von „Nasenduschen“ reinigt die
oberen Atemwege und führt bei vielen PCD-Betroffenen zu einer Abnahme von
Infektionen oder Schleimverhalten. Die Anwendung dieser Nasenduschen ist jedoch
i.d.R. erst ab dem späteren Kindesalter möglich. Inhalationstherapien können
ebenfalls in der Prophylaxe von oberen Luftwegsaffektionen hilfreich sein.
➢ Viele männliche PCD-Patienten haben aufgrund einer Spermiendysmotilität eine
verminderte Fertilität. Bei Kinderwunsch ist prinzipiell eine assistierte Befruchtung
(intrazytoplasmatische Injektion) möglich. Weibliche Betroffene haben nur selten eine
verminderte Fruchtbarkeit.
➢
Weitere Therapien, zum Teil noch in der Erforschung:
Pharmakogentherapeutische Ansätze werden z.Z. in vitro (im Reagenzglas) erprobt.
Prognose:
Der respiratorische Erkrankungsphänotyp kann stark variieren, wahrscheinlich in
Abhängigkeit von Begleiterkrankungen und dem zugrunde liegenden genetischen Defekt.
Einige Patienten zeigen eine eher milde Ausprägung, wenige entwickeln schon im mittleren
Erwachsenenalter ein chronisches Lungenversagen und bedürfen dann einer
Lungentransplantation. Weiterhin zeigen viele Kinder einen schweren gastro-ösophagealen
Reflux.
Beratung der Familien:
Die klinische Versorgung sollte in Zentren erfolgen, die Erfahrung in der Betreuung von PCDPatienten haben.
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Viele Betroffene profitieren von Kontakten zur sehr aktiven deutschen Selbsthilfegruppe
(„Kartagener Syndrom und Primäre Ciliäre Dyskinesie e.V.“).
http://www.kartagener-syndrom.org
Weitere Informationen finden sich unter:
http://www.ukl.uni-freiburg.de/kinderkl/omran/
Da die Erkrankung i.d.R. autosomal rezessiv vererbt wird, ist das Risiko in diesen Fällen
statistisch gesehen 1:4. Aufgrund der Komplexizität der Erkrankung sollte in jedem Fall eine
genetische Beratung bei einem Institut für Humangenetik erfolgen.
BUNDESVERBÄNDE
Bei folgenden BUNDESWEITEN ANLAUFSTELLEN können Sie
Informationsmaterial anfordern. Fragen Sie dort auch nach Ansprechpartnern des
jeweiligen Verbandes in der Umgebung Ihres Wohnortes! Falls vorhanden, sind
auch Auslandsadressen mit aufgelistet. Bitte haben Sie dafür Verständnis, daß wir
in Bereichen, in denen bereits bundesweite Ansprechpartner existieren, primär
diesen Initiativen den Versand von Informationsmaterial und die Vermittlung
spezieller Hilfen überlassen. Bei zusätzlichen Fragen können Sie sich natürlich
jederzeit wieder an das Kindernetzwerk wenden!
Kartagener Syndrom und Primäre Ciliäre
PCD (Primary Ciliary Dyskinesia)
Dyskinesie e.V., c/o Ralf Willi Frank
Family Support Group
Lärchenweg 14
16 Graham Road
76275 Ettlingen
Tel.: 0 72 43/3 93 38
GB-CR4 2HA Mitcham / Surrey
Tel.: 0044 1908 2816 35
e-mail: [email protected];
[email protected]
Internet: www.kartagener-syndrom.org
e-mail: [email protected]
Internet: www.pcdsupport.org.uk
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