776_824_BIOsp_0707.qxd:776_824 07.11.2007 14:10 Uhr Seite 813 813 Romy Kunzmann Jahrgang 1990. Seit 2002 Schülerin des Carl-Friedrich-GaußGymnasiums in Frankfurt (Oder), Brandenburg, MINT-ExellenceCenter, seit 2005 Mitglied des Leistungszentrums Biologie, Preisträgerin bei Jugend forscht (3. Platz, Biologie) ó Das an sich harmlose Bakterium Staphylococcus aureus ist bei 20 % aller Menschen ständig nachweisbar, 60 % sind intermittierende Träger und bei 20 % der Bevölkerung kann der Keim nie oder nur selten nachgewiesen werden[1]. S. aureus ist deshalb so weit verbreitet, da eine Übertragung dieses Keims bereits bei einem einfachen Handschlag erfolgen kann und dieser Keim einen besonders großen Toleranzbereich gegenüber Umwelteinflüssen hat. Die in der Bevölkerung registrierten Stämme sind in der Regel wenig pathogen[2]. Dennoch gehört das Bakterium zu den häufigsten Erregern eitriger Infektionen der Haut und der Weichteile, wie zum Beispiel Follikulitis. S. aureus ließ sich in der Vergangenheit gut mit verschiedenen Antibiotika therapieren, heute erweist sich die Therapie durch die selektive und sukzessive Entwicklung resistenter Stämme jedoch zunehmend schwieriger. Vorläufiges Fazit einer seit etwa 15 Jahren zu beobachteten Resistenzentwicklung von S. aureus ist, dass der Keim ein ernstes Problem insbesondere in der Behandlung eitriger Infektionen von immungeschwächten Patienten darstellt, da diese mit derzeit auf dem Markt befindlichen Antibiotika immer schwieriger therapierbar sind. Vor allem in Krankenhäusern stellt die Behandlung von Erkrankungen durch multiresistente S. aureus-Stämme (MRSA) eine große prozedurale Herausforderung dar. Da die Entwicklung und Verbreitung von MRSA innerhalb der Bevölkerung mit der des 41. Bundeswettbewerb „Jugend forscht“ Vorkommen von Staphylococcus aureus in Abhängigkeit der Lebensgewohnheiten bei Jugendlichen ROMY KUNZMANN FACHBEREICH BIOLOGIE, CARL-FRIEDRICH-GAUß-GYMNASIUM, FRANKFURT (ODER) ursprünglich harmloseren Stamms korreliert, liefern Erkenntnisse über dessen Verbreitung das Basiswissen zur Epidemiologie der gefährlichen MRSA-Keime. Um die Verbreitung von S. aureus in einer jugendlichen Kohorte (12–20 Jahre) eines städtischen Gymnasiums in Frankfurt (Oder) zu ermitteln, wurden nach Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts Nasenabstriche zu drei verschiedenen Zeitpunkten entnommen. Zeitgleich wurden die Probanden zu deren Lebensumfeldern und Lebensgewohnheiten befragt. Insgesamt wurden 148 Schüler auf S. aureus und MRSA untersucht. Bei Nachweis von S. aureus wurde die Resistenzlage dieser Stämme ermittelt (Abb. 1). Insgesamt 55,4 % der untersuchten Schüler waren Träger von S. aureus-Stämmen. Diese Stämme wiesen jedoch keine Resistenz gegenüber Oxacillin auf und werden somit nicht als MRSA klassifiziert. Bei Probanden, die regelmäßig Medikamente einnahmen, konnte eine signifikant häufigere Besiedlung mit S. aureus festgestellt werden. Weiterhin wurde nachgewiesen, dass aktive Raucher häufiger von S. aureus besiedelt waren. Ein Zusammenhang mit einer Schleimhautveränderung bei Rauchern kann in Betracht gezogen werden. Gleichfalls können Raucher erhebliche systemische Veränderungen im 80 Literatur 70 % 60 ¯ Abb. 1: Besiedlungsrate von Schülern mit S. aureus in Abhängigkeit ihrer Lebensgewohnheiten. Besiedlungsrate in 50 40 30 20 10 0 Immunsystem aufweisen, die eine Besiedlung möglicherweise begünstigen. Ein weiteres interessantes Ergebnis bestand in einer signifikant höheren Besiedlung von Schülern mit S. aureus, welche sich regelmäßig einer aktiven Immunisierung gegenüber Grippeviren mit einer Schutzimpfung unterziehen. Auch hier ist eine Interpretation einer höheren Kontaminationsrate aufgrund einer leicht gestörten immunologischen Situation des Probanden zu diskutieren. Außerdem konnte eine höhere Besiedlungsrate bei Schülern gefunden werden, welche sich mehr als viermal pro Woche mindestens eine Stunde lang sportlich betätigen, gegenüber den Schülern, die keinen Freizeitsport betreiben. Die signifikant höhere Besiedlung bei Grippeschutzgeimpften sowie bei sportlich sehr aktiven Probanden überraschte. Eine Erklärung der gefundenen Häufigkeiten fällt schwer und erfordert weitere Studien an dieser Gruppe. Weiterführende Studien mit Probanden aus diesen Bevölkerungsgruppen sollen einen Zusammenhang zwischen deren Lebensgewohnheiten und der hohen Besiedlungsrate aufzeigen. Durch genauere Kenntnisse des Vorkommens von S. aureus können sozialmedizinische Maßnahmen abgeleitet werden, wodurch in Zukunft die Verbreitung von MRSA eingegrenzt und somit die Gefahr innerhalb der Medizin minimiert werden kann. ó Medikamenten Grippeschutz Nikotinabusus Freizeitsport positiv 73,5 58,4 76 78,9 negativ 26,5 41,6 24 21,1 BIOspektrum | 07.07 | 13. Jahrgang [1] Heizmann, P., Heizmann, W. R., Hetzer, R. (2005): MRSA: Resistenzmechanismen, Epidemiologie, Risikofaktoren, Prophylaxe, Therapie. Herz-Thorax-Gefäßchir. 19: 78–88. [2] Lowy, F. D. (1998): Staphylococcus aureus infections. NEJM 339: 520–532. Korrespondenzadresse: Romy Kunzmann Fachbereich Biologie Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasium Friedrich-Ebert-Straße 52 D-15234 Frankfurt (Oder) [email protected]