Ethik in der Psychiatrie – Grundlagen Übersich Der Mensch

Werbung
24.01.2015'
24.01.2015'
Ethik in der Psychiatrie
–
Grundlagen
Hinführung
Ethik in der Psychiatrie und Psychotherapie
15. Vierwaldstätter-Psychiatrietag
22. Januar 2015
Dr. theol. Ruth Baumann-Hölzle
Interdisziplinäres Institut für Ethik im Gesundheitswesen
Stiftung Dialog Ethik
1
24.01.2015
Übersich
Der Mensch
  Ethik – Sitte – Moral
  Ethik – Recht
  Ethik in der Psychiatrie
  Doppelnatur des Menschen
24.01.2015
3
  Naturwesen
  Vernunftwesen
  Verhältnis von Natur und Vernunft?
  Als reines Naturwesen wäre der Mensch nur
instinktgesteuert
  Als reines Vernunftwesen wäre der Mensch
absolut entscheidungsfähig
  Freiheit und Zwänge
2
24.01.2015
1'
4
2'
24.01.2015'
24.01.2015'
Wer'bin'ich?'
Was'will'ich?'
Was'kann'ich?'
Was'muss'ich'tun?''
Was'soll'ich'tun?'
Moral'
Persönlicher'
Lebensentwurf'
24.01.2015
5
24.01.2015
7
6
24.01.2015
8
Si@e'
Moral'
Ethik'
24.01.2015
3'
4'
24.01.2015'
24.01.2015'
ETHIK'
ETHIK''
WISSENSCHAFT'VON'DER'MORAL'
als''
Ethik'
WISSENSCHAFT'VON'DER'MORAL'
Moral'
24.01.2015
Moral'
Moral'
GruppenS'
moral'
Individueller'
Lebensentwurf'
GruppenS'
moral'
Individueller'
Lebensentwurf'
GruppenS'
moral'
Individueller'
Lebensentwurf'
9
Sitte – Moral – Ethik
  Sitte:
  Unreflektiertes Set an Werten, Normen und Prinzipien, generiert
selbstverständliches Handeln
  Gemeinsames Verständnis einer Gruppe
Freiheit!'
  Moral:
  Reflektiertes Set an Werten, Normen und Prinzipien, generiert
selbstverständliches Handeln
  Verständnis einer Person (Lebensentwurf) und/oder gemeinsames
Verständnis einer Gruppe (Gruppenmoral)
  Ethik:
  Reflexion über Sitte und Moral
24.01.2015
10
12
5'
6'
24.01.2015'
Ethik
24.01.2015'
Entscheidungen sind geprägt von
  Reflektiert Werte, Normen und Prinzipien
  Befasst sich mit ethischen Problemen
Wertespannungen, neuen
Handlungsmöglichkeiten
  Orientiert sich am Guten Leben und Guten
Sterben für alle
  Kommt dann ins Spiel, wenn moralische
Selbstverständlichkeiten zerbrechen
Struktur'
Kultur'
Implizit'und'explizit'
Implizit'und'explizit'
Allgemein'und'spezifisch'
für'ethische'Dilemmata'
13
Ich'habe'ein'Recht,'
über''mein'Leben'
zu'bes[mmen!'
Ich'wähle!'
Ich'entscheide!'
Der ethische Blick
Ich'will'nicht'leiden!'
In'was'für'einer'Gesellscha\'
wollen'wir'leben?'
Herausforderung''Pflege'
Menschenbild?'
Finanzielle'Interessen?'
Lebensunwertes'Leben?'
Gesellscha\liche'
Solidarität?'
  Hinschauen auf Wertehintergründe
 
 
Gesellscha\liche'Zwänge'
In Entscheidungen und Handlungen
In Strukturen und Organisationen
14
7'
8'
24.01.2015'
Normative Ebenen der
Entscheidungsfindung
Ethische Verantwortung Vier Beziehungsdimensionen
IchSBeziehung'
DuSBeziehung'
Soziale'WirS
Beziehung'in'
der'
Gesellscha\'
Funk[onale'
WirSBeziehung'
in''
Organisa[onen'
24.01.2015'
Persönlicher,Verantwortungsraum:,Individuelle'
Moral,'Lebensentwurf,'innere'S[mmigkeit,'Gewissen'
Organisa(onale,Bereichsverantwortung:,,
Richtlinien,'Vorgehensweisen''
Organisa(onale,Gesamtverantwortung:,,
Leitbild,'Charta,'Richtlinien,'Vorgehensweisen,'etc'
Gesellscha::'
Menschenwürde,'Menschenrechte,'Gesellscha\sklima,'Si@en,'Gesetze,'KindesS'und'
Erwachsenenschutzrecht,'Respekt'gegenüber'dem'Abwehrrecht'–'Pflichten'gegenüber'
dem'Lebensschutz'S'Fürsorgeverpflichtungen'
19
Verantwortungsdimensionen
Ethik in der Psychiatrie
Individuum'
Organisa[on'
Gesellscha\'
24.01.2015
20
18
9'
10'
24.01.2015'
Ethik...
24.01.2015'
Organisationale Analyse
  Wie kommt es, dass diese Patientensituation
thematisiert wird?
  Wer darf sie wie thematisieren?
  Wo findet das Problem statt?
  Wer ist daran beteiligt?
  Welche Kompetenzen haben die Personen?
...unterstützt'den'Umgang'mit'
ethischen'Spannungsfeldern'und'
Dilemmasitua[onen''
...ist'Öl'im'Getriebe'
...unterstützt'bei'
Entscheidungen'
...ist'Sand'im'Getriebe'
...hinterfragt'die'gängige'Praxis'
und'gesellscha\lichen'
Rahmenbedingungen'
...verlangt'Veränderungen'beim'
Entscheiden''und'Handeln'
21
24.01.2015
Patientensituation
23
Verantwortungsdimensionen
  Patient, 49 jährig, mit einer paranoiden
Schizophrenie und einem Vergiftungswahn
verweigert jegliche Medikamentation und
Ernährung.
  Aufgrund seines schlechten Allgemeinzustandes
müsste er dringend auch Medikamente zur
Verbesserung seines somatischen Zustandes
einnehmen.
  Patient ist sich bewusst, dass er mit der
Medikamenten- und Nahrungsverweigerung sein
Leben auf‘s Spiel setzt.
  Was würden Sie tun?
Individuum'
Organisa[on'
Gesellscha\'
22
24
11'
12'
24.01.2015'
24.01.2015'
Konkreter Ethischer
Entscheidungsfindungsprozess
Organisationsethik
  Faktenanalyse:
  Organisationale Voraussetzungen
  Patientensituation
Ethisch'
reflek[ert'
entscheiden'
und'
handeln'
 
 
 
 
 
 
Ethik'
betreiben:'
Werte'und'
Normen'
reflek[eren'
Ethik'
organisieren'
25
Analyse der ethischen Güter
Formulierung des ethischen Dilemmas
Ethische Güterabwägung
Entscheid
Handlung
Evaluation
24.01.2015
27
Organisationsethik
Entscheidungssituationen
  Ethik organisieren: Diskursorte definieren;
bestehende und neue
  Ethik betreiben: Werte- und Normen reflektieren
  Ethisch reflektiert entscheiden und handeln
  Mit dem urteilsfähigen Patienten
  Stellvertretend für den urteilsunfähigen Patienten
26
24.01.2015
13'
28
14'
24.01.2015'
24.01.2015'
Die Selbstbestimmung des Patienten
Arzt – Patienten – Beziehung
in der somatischen Medizin mit einem
urteilsfähigen Patienten
niedrig
hoch
Partizipative
Entscheidungsfindung
24.01.2015
31
29
Recht'auf'sorgfäl[ge'
Behandlung'
Recht'auf'Würde''
und'Selbstbes[mmung'
Recht'auf'Behandlung'
Recht auf
Information
Pflicht,'den'Arzt'zu''
informieren'
 
 
 
 
 
Recht'auf'Nichtwissen'
Recht'auf'Vertraulichkeit'
Recht'auf'eine'
Zweitmeinung'
Recht'auf'Einsicht'
in'die'Krankengeschichte'
gleichberechtigte Partner
gleichfähige Partner?
aktive Beteiligung von Patient und Arzt
geteilte Information
gemeinsam verantwortete Entscheidung?
,par[zipa[ve'Entscheidungsfindung'
32
30
www.dialog-ethik.ch
15'
16'
24.01.2015'
24.01.2015'
Beide Seite tragen dazu bei
Kommunikation
Patient
«Gesagt ist noch nicht gehört.
Gehört ist noch nicht verstanden.
Verstanden ist noch nicht einverstanden.
Einverstanden ist noch nicht beherzigt.
Beherzigt ist noch nicht angewendet.
Angewendet ist noch nicht beibehalten.»
dialogischer
Austausch
Arzt,
- medizinische
Daten
- Gestaltung der
Beziehung
- Beschwerden
- Gefühle und
Werte
Selbstbestimmung
Fürsorge
Entscheidung für
welche beide
Verantwortung
übernehmen
Volksmund
35
33
www.dialog-ethik.ch
Informationspflicht des
Patienten
Drei wirkungsvolle Regeln für ein
gelingendes Gespräch zwischen Arzt und
Patient:
  Fragen
  Fragen
  Fragen
Der Patient ist verpflichtet, dem Arzt alle
Informationen zu geben, die für die Behandlung
von Bedeutung sind:
  Schmerzen
  Beschwerden
  Medikamente
36
34
www.dialog-ethik.ch
www.dialog-ethik.ch
17'
18'
24.01.2015'
Arzt-Patienten-Beziehung
24.01.2015'
Arzt – Patienten - Beziehung
  Für den urteilsfähigen psychisch kranken
Patienten gelten die gleichen Ansprüche an die
Arzt – Patienten – Beziehung wie in der Somatik
aber:
  In der Psychiatrie ist das Abwehrrecht des
Patienten beschränkt.
  Im Gegensatz zur Somatik muss mit dem
Patienten stets ein Behandlungsplan erstellt
werden, dem der urteilsfähige Patient zustimmen
können muss.
  Machtgefälle
  Verantwortung zur Beziehungsgestaltung
  Der urteilsfähige somatisch kranke Patient hat
das Recht, lebenserhaltende Massnahmen zu
verweigern. Tod wird dabei in Kauf genommen.
 Freiheit zur Selbstschädigung
37
24.01.2015
39
Psychisch kranker Patient
Bei Urteilsfähigkeit:
  Behandlungsplan muss unter Einbezug des
Patienten und seiner Vertrauensperson erstellt
werden.
  Zustimmung ohne Hinweis auf Zwangsbehandlung
  Anspruch auf Information über Gründe, Zweck, Art
und Modalitäten der Behandlungen als auch über
mögliche Risiken und Nebenwirkungen, über
Behandlungsalternativen und potenzielle Folgen des
Unterlassens einer Behandlung zu informieren (Art.
433. Abs. 2 ZGB)
Arzt – Patientenbeziehung in der Psychiatrie mit
dem urteilsfähigen Patienten
Andrea Büchler & Margot Michel 2015, S. 141
24.01.2015
38
24.01.2015
19'
40
20'
24.01.2015'
24.01.2015'
Behandlungsvereinbarung
Ausdruck einer Arzt-Patienten-Beziehung
auf
Augenhöhe!
41
24.01.2015
Abwehrrecht des
Psychischkranken
Artikel 7 der BV
  Beschränkt sich auf somatisch medizinische
Massnahmen
  Gegenüber psychiatrischen Behandlungen
hingegen kann sich der Psychischkranke nur
solange wehren, als die Schädigung gering sind.
  Zwangsmassnahmen sind möglich.
  Dies aber sind Handlungen mit grösster
ethischer Eingriffstiefe in einem demokratisch
verbrieften Rechtsstaat.
24.01.2015
43
  „Die Würde des Menschen ist zu achten und zu
schützen“
  Der Menschenwürdeanspruch gilt grundsätzlich
42
44
21'
22'
24.01.2015'
Existentieller Würde- und
Autonomieanspruch
24.01.2015'
Schweizerische
Bundesverfassung Grundrechte
Ethischer'Orien[erungspunkt'
einer'humanen'Gesellscha\'
Art. 10 Recht auf Leben und auf persönliche
Freiheit
1. Jeder Mensch hat das Recht auf Leben. Die
Todesstrafe ist verboten.
2. Jeder Mensch hat das Recht auf persönliche
Freiheit, insbesondere auf körperliche und geistige
Unversehrtheit und auf Bewegungsfreiheit.
3. Folter und jede Art grausamer, unmenschlicher oder
erniedrigender Behandlung oder Bestrafung sind
Verboten.
'''''Wesenha\er'WürdeS'u.''
Autonomieanspruch'des'Menschen'
 'absolut'
 'unverlierbar'
 'unbedingt'zu'achten'u.'zu'schützen'
 'unabhängig'von'den'konkreten'
 'Eigenscha\en'und'Fähigkeiten'
Tatsächliche''
Autonomiefähigkeiten'
 'GegenstandsS'u.'situa[onsbezogen'
 'Graduell'variabel'
 '(Teilweise)'verlierbar'
47
45
Menschenwürde und
Menschenrechte
Körperverletzung
Menschenwürde:
  Jede medizinische und pflegerische Handlung
gilt in der Schweiz juristisch als Körperverletzung
  Die Einwilligung des Patienten/der Patientin hebt
diesen Tatbestand nicht auf, sondern nur die
Widerrechtlichkeit der Handlung
  Diese Abwehrrecht hat zur Folge, dass die
Freiheit zur Selbstschädigung besteht.
  Der Mensch hat eine Würde und keinen Preis
  Der Mensch darf nicht für fremde Zwecke instrumentalisiert werden.
  Der Mensch hat grundsätzlich Anspruch auf Selbstbestimmung im
Sinne von Autonomie als einem existentiellen Grundanspruch (autonomos = Selbstgesetzgebung)
  Dieser Grundanspruch ist ein Abwehrrecht, aber kein
Einforderungsrecht.
  Dieser Grundanspruch geht mit dem Menschen als Menschen einher
und ist gerade nicht abhängig von bestimmten Eigenschaften oder
Fähigkeiten
  Menschenrechte:
  Schutz des Menschen vor Instrumentalisierung
48
46
23'
24'
24.01.2015'
Autonomieanspruch
 
 
 
 
 
 
24.01.2015'
Informed consent
Auto-nomos = Selbstgesetzgebung der vernünftigen Wesen (I. Kant)
Anspruch auf Willensfreiheit
Anspruch auf Würde = Instrumentalisierungsverbot
Anspruch als Subjekt behandelt zu werden
Autonomieanspruch ist v. a. ein Abwehrrecht
Gilt unabhängig von konkreten Eigenschaften und Fähigkeiten!
Einwilligungsfähigkeit („competence“)
Informationsvermittlung („disclosure“)
Informationsverständnis („comprehension“)
Freiheit der Entscheidung („voluntariness“)
Einwilligung in eine konkrete medizinische
Massnahme („consent“)
  Personen müssen gefragt werden, wenn etwas mit ihnen
geschehen soll (informed consent)
  Urteilsunfähige Personen haben Anspruch auf Autonomie und
Würde – es muss nach ihrem mutmasslichen Willen gehandelt
werden und sie dürfen nicht instrumentalisiert werden.
'Belmont'report'1979'
49
51'
Paradigmenwechsel in der
medizinischen Entscheidungsfindung
Urteilsfähigkeit
  Von der Orientierung an der „Heiligkeit des
Lebens“ und dem Arzt/der Ärztin als gute Mutter/
guter Vater zum autonomen Entscheid des
urteilsfähigen Patienten/der urteilsfähigen
Patientin
  Anspruch auf informierte Zustimmung (informed
consent)
  Normativ gilt das Abwehrrecht gilt auch für die
urteilsunfähige Person
(Instrumentalisierungsverbot)
  Dreh und Angelpunkt bei der praktischen
Umsetzung der demokratisch verbrieften
Werteordnung
  Doch sobald die Urteilsfähigkeit nicht mehr
gegeben ist, tritt die Verpflichtung zur
Lebenserhaltung an die erste Stelle
50
24.01.2015
25'
52
26'
24.01.2015'
Urteilsfähigkeit
Autonomieorientierung
  Urteilfähigkeit ist ein Rechtsbegriff (Büchler/Michel, S. 65)
  Urteilsfähigkeit bezieht sich immer auf den zu
entscheidenden Gegenstand –ist immer relativ
  Die fachliche Bestimmung der Urteilsfähigkeit
obliegt der Psychiatrie.
  KESB entscheidet in strittigen Fällen aufgrund
von psychiatrischen Gutachten
24.01.2015
Suche'nach'dem'angemessenen'Handeln'
Entscheidungshoheit'des'Pa[enten/der'
Pa[en[n'und'der'Stellvertretung'
Orien[erung'an'der'
Machbarkeit'
Orien[erung'Pa[entenwillen'
und'dem'Angemessenen'
53
55
Definitionsmacht
Ethisches Spannungsfeld
  Definitionsmacht bei der Bestimmung der
Urteilsfähigkeit hat eigentlich der Rechtsstaat
  Faktisch aber hat entscheidet die Psychiatrie mit
ihren Gutachten
  Psychiatrie entscheidet bei Bestimmungen über
die Urteilsfähigkeit über Handlungen mit der
grössten staatrechtlichen Eingriffstiefe
24.01.2015
24.01.2015'
Schutzverpflichtung'des'Staates'des'
Lebensschutzes'
Autonomieanspruch'des'urteilsfähigenIndividuums'als'Abwehrrecht'
54
56
27'
28'
24.01.2015'
24.01.2015'
Ethisches Spannungsfeld
BESTIMMUNG DER
URTEILSFÄHIGKEIT
Autonomieanspruch'des'
urteilsunfähigen-Individuums'als'
Abwehrrecht'
Schutzverpflichtung'des'Staates'des'
Lebensschutzes'
57
59
Ethische Ambivalenz/
Dilemma
Art. 16 Neues ZGB
Urteilsfähigkeit
Achtung'der'
Selbstbes[mmung'
Hilfeleistungspflicht'
Individualethische'
Perspek[ve'
Sozialethische'Perspek[ve'
Freiheitsraum'des'
Individuums'
Schutz'Unversehrtheit'durch'
Staat'
Individueller'
Freiheitsanspruch'
Schutz'vor'gesellscha\lichen'
Zwängen'
Urteilsfähig'im'Sinne'des'Gesetzes'ist'jede'
Person,'der'nicht'wegen'ihres'
Kindesalters,'infolge'geis[ger'
Behinderung,'psychischer'Störung,'Rausch'
oder'ähnlicher'Zustände'die'Fähigkeit'
mangelt,'vernun\gemäss'zu'handeln.'
60'
29'
30'
24.01.2015'
Vernunftgemässes und
vernünftiges Handeln
24.01.2015'
Urteilsfähigkeit
Vernun\gemässes'Handeln'ist'nicht'gleich'vernün\iges'
Handeln'
• Erkenntnisfähigkeit'
• Wertungsfähigkeit'
Urteilsfähigkeit' • Fähigkeit'zur'
Willensbildung'
• Fähigkeit,'gemäss'eigenem'
Willen'zu'handeln
''
Urteilsfähig'ist,'wer'eine'konkrete'Situa[on'logisch'
durchdringen'und'einen'Entscheid'fällen'kann.'Diesen'
Willen'muss'der'Betroffene'ausserdem'mi@eilen'können.''
Ohne'Anzeichen'für'das'Gegenteil'wird'bei'mündigen'
Personen'ohne'Weiteres'vermutet,'dass'sie'urteilsfähig'
sind.''
(Naef,'BaumannSHölzle,'Ritzenthaler)'
'V.DITTMANN'
61
63'
Feststellung der
Urteilsfähigkeit
Urteilsfähigkeit
Kriterien:
  Fähigkeit, Informationen zu verstehen
  Fähigkeit, Situation und Konsequenzen abzuwägen
  Fähigkeit, Informationen zu gewichten
  Fähigkeit, eigene Wahl zu äussern
• Fähigkeit,'vernun\gemäss'
zu'handeln'
Urteilsfähigkeit' • Komponenten:'
• Einsichtsfähigkeit'
• Steuerungsfähigkeit'
SAMW-Richtlinien
Betreuung von Pat. am Lebensende
62'
64'
31'
32'
24.01.2015'
Urteilsfähigkeit
24.01.2015'
Urteilsfähigkeit
  Vermutung der Urteilsfähigkeit
  Beweislast der Urteilsunfähigkeit
  Feststellung erfordert häufig psychiatrische
Einschätzung bzw. Gutachten
Verstandesdefekt'
Beeinträch[gung'
Willensdefekt'
67'
Relativität der Urteilsfähigkeit
Urteilsunfähiger Patient
Urteilsfähig'
S'wozu'
hinsichtlich'
einer'
bes[mmten'
Handlung''
konkrete'
Umstände'
zum'
gegebenen'
Zeitpunkt'
24.01.2015
66'
33'
68
34'
24.01.2015'
24.01.2015'
Freiheit
Somatisch kranker Patient
  Somatisch Kranke: Freiheit zu
selbstschädigendem Verhalten
  Psychisch Kranke: Freiheit zu
selbstschädigendem Verhalten im somatischen
Bereich, sofern sie in Bezug auf die somatisch
medizinische Behandlung urteilsfähig sind.
24.01.2015
Bei Urteilsfähigkeit:
  Muss in eine Behandlung einwilligen können
  Jedoch keine Verpflichtung für einen Behandlungsplan
  Kann jede medizinische Behandlung und Betreuung
ablehnen:
  Freiheit zur Selbstschädigung
Bei Urteilsunfähigkeit:
  Umsetzung der Patientenverfügung
  Stellvertretung muss ihre Zustimmung zum Behandlungsplan
geben können
Im Notfall:
  Im Zweifel für das Leben, wenn Urteilsfähigkeit fraglich
69
71
Stellvertretung
1.  die in einer PV ernannte Vertretung
2.  die behördlich bestimmte Vertretung (Beistand)
3.  der Ehegatte bzw. die eingetragene Partnerin mit
der die urteilsunfähige Person einen Haushalt führt
oder ihr Beistand leistet
4.  die Person mit der die urteilsunfähige Person und
einen gemeinsamen Haushalt führt *
5.  die Nachkommen *
6.  die Eltern *
7.  die Geschwister *
* … sofern sie der urteilsunfähigen Person Beistand
leisten.
Urteilsunfähiger Patient
24.01.2015
70
24.01.2015
35'
72
36'
24.01.2015'
24.01.2015'
Psychisch kranker Patient
Urteilsunfähige Patienten
Bei Urteilsunfähigkeit:
•  Patientenverfügung nur zu berücksichtigen
•  Keine Stellvertretungskaskade
  Behandlung ohne Zustimmung mit schriftlicher
Anordnung des Chefarztes oder der Chefärztin
der Abteilung möglich.
  Zwangsbehandlung möglich Grundrechtbindung berücksichtigen
Somatisch Kranke:
  Stellvertreterentscheide
gemäss
Entscheidungskaskade:
Behandlungszustimmu
ng durch Personen mit
der grössten
Beziehungsnähe
  Ärztliche
Garantenstellung:
Anrufung der KESB
Andrea Büchler & Margot Michel 2015, S. 141f
24.01.2015
Psychisch Kranke:
  Stellvertreterentscheide
durch den
behandelnden Arzt/
Ärztin
  Garantenstellung der
Vertrauenspersonen:
Anrufung der KESB
73
75
Stellvertretungskaskade
Zwangsbehandlung –
Definition
  Gilt auch für somatische Therapieentscheide für
Psychischkranke
  „Die Behandlung somatischer Erkrankungen bei
urteilsunfähigen, psychisch kranken Personen
fällt hingegen, auch wenn sie in einer
psychiatrischen Klinik erfolgt, nach
überwiegender Auffassung in den
Anwendungsbereich von Art. 377 ff.“
  „Als Zwangsbehandlung gilt in erster Linie der Fall, in dem
einem Betroffenen gegen seinen Willen unter Anwendung von
physischer Gewalt Medikamente verabreicht werden. Von
einer Zwangsbehandlung ist ferner auszugehen, wenn der
Patient unter dem Druck bevorstehenden unmittelbaren
Zwangs in die ärztliche Behandlung einwilligt (...) oder nach
einer tatsächlich vorgenommenen zwangsweisen
Verabreichung von Medikamenten diese im weiteren Verlauf
des Aufenthalts „ohne Druck“ bzw. „freiwillig“ einnimmt
(...).“ (BGer, Urteil vom 7. Oktober 2013, 5A_666/2013E.3.2. )
Andrea Büchler & Margot Michel (2015)
in Büchler A. &Michel M. Medizin – Mensch – Recht, S. 142
74
24.01.2015
37'
76
38'
24.01.2015'
24.01.2015'
Patientensituation
Patientensituation - Fragen
  Patient lehnt die medizinisch somatische
Behandlung nicht mit der Begründung der
schädlichen Wirkung der Medikation ab, sondern
weil er befürchtet, dass ihn der Arzt vergiften
möchte. Dies obwohl er explizit am Leben
bleiben möchte.
  Darf der Patient in dieser Situation aus
psychiatrischen Gründen gegen seine
Willensäusserungen nicht nur psychiatrisch
sondern auch somatisch zwangsbehandelt
werden?
  Inwiefern ist der Patient urteilsfähig im Hinblick
auf die somatische Behandlung?
  Dürfte in dieser Situation die Stellvertretung den
Behandlungsplan ablehnen?
  Worin besteht die rechtliche Verpflichtung des
Behandlungsteams dem Patienten gegenüber?
24.01.2015
24.01.2015
77
79
Psychisch kranke Patienten
Patientensituation
  Im medizinischen Notfall, darf der psychisch
kranke Patient auch somatisch behandelt
werden, wenn seine Zweifel an seiner
Urteilsfähigkeit bestehen.
  Ausserhalb des medizinischen Notfalls muss die
Einwilligung für die somatische Behandlung
durch die Stellvertretung, respektive durch die
KESB erfolgen.
  Trifft diese Schlussfolgerung auf den Patienten
zu?
  Dringliche Situation: Somatische
Lebenserhaltung vor Abwehrrecht, da Ablehnung
der Ernährung Ausdruck der psychischen
Erkrankung ist.
  Aber: Nur ultima ratio nach Ausschöpfung aller
Möglichkeiten, den Mann zur Zustimmung des
Behandlungsplanes zu bringen.
24.01.2015
24.01.2015
78
39'
80
40'
24.01.2015'
24.01.2015'
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
24.01.2015
81
83
Einwilligung'des'Pa[enten'und'
S[mmigkeit'für'alle'Beteiligten'als'Ziel'
ethischer'Entscheidungsfindung''
24.01.2015
82
41'
42'
Herunterladen