Zweiatomige Moleküle - Institut für Theoretische Physik

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Zweiatomige Moleküle
Nicolas Wink
16. November 2014
Inhaltsverzeichnis
1
Einleitung
2
2
Born-Oppenheimer Näherung
2
3
Rotations- und Vibrationsbewegung zweiatomiger Moleküle
5
4
LCAO Näherung
7
5
Zusammenfassung
7
Literatur
8
1
1 Einleitung
Zweiatomige Moleküle sind in der theoretischen Physik von besonderer Interesse, weil sie die
Grundlage aller komplexeren Moleküle bilden und für deren Verständnis unentbehrlich sind.
Moleküle mit zwei Atomkernen lassen sich in zwei unterschiedliche Kategorien einteilen:
• Homonukleare Moleküle (H2 , N2 , O2 , etc.)
• Heteronukleare Moleküle (HCL, OH− , etc.)
Die ersten Versuche (zweiatomige) Moleküle theoretisch zu beschreiben hat eine sehr lange Vergangenheit. Die ersten Versuche wurden bereits von den griechischen Philosophen (z.B. Leucippus) unternommen. Die erste Unterscheidung zwischen Atomen und Molekülen wurde 1811
von Amedeo Avogadro vorgenommen, im Folgenden wurden vermehrt Versuche unternommen,
Modelle für Moleküle zu entwickeln. Ein erwähnenswertes Modell wurde von Gilbert N. Lewis
am Anfang des 20. Jahrhunderts entwickelt, mit dem unter Anderem die Elektronenpaarbindung
beschrieben wird. Eine mathematische Beschreibung wurde mit der Entwicklung der Quantenmechanik möglich, in deren Rahmen Fritz London und Walter Heitler 1927 das Wasserstoffmolekül
näherungsweise beschrieben. Einen weiteren Meilensteil stellt die Born-Oppenheimer Näherung
dar, in der die Wellenfunktion der Kerne und Elektronen separiert wird. Im Rahmen moderner
theoretischer Beschreibungen sind zweiatomige Moleküle vorallem wegen ihrer guten experimentellen Messbarkeit von Bedeutung, um theoretische Näherungsrechnungen zu überprüfen.
2 Born-Oppenheimer Näherung
Die Born-Oppenheimer Näherung wurde 1927 von Max Born und Robert Oppenheimer entwickelt und findet heute noch Anwendung in der Beschreibung von Molekülen. In der folgenden
Herleitung wird die Schrödingergleichung zunächst in ein äquivalentes System gekoppelter Gleichungen umgeschrieben und anschließend die Näherung unternommen, dass die Position der
Kerne von den Elektronen als fest angenommen wird. Eine Grundvoraussetzung ist, dass relativistische und QED Effekte sowie Spin Wechselwirkungen als Störung betrachtet werden können,
also die Schrödingergleichung anwendbar ist.
Der Hamiltonoperator für ein Molekül lautet


2
X 1
X ZN ZM
X P̂ 2
X ZN
X P̂ 2
e
1
1
n
N


+
+
−
+
Ĥ =
2mN
2m
4πε
2
d
d
2
d
e
0
nm
N
m
N
M
n
n,m
N,m
N
(1)
N,M
Hierbei ist P̂ der Impulsoperator, große Indizes stehen für die Atomkerne, kleine Indizes für die
Elektronen und der Abstand zwischen zwei Teilchen ist durch dnm = |rn − rm | gegeben.
P P̂ 2
Mit der Definition T̂K = N 2mNN lässt sich der Hamiltonoperator umschreiben und implizit Ĥ0
definieren.
Ĥ ≡ Ĥ0 + T̂K
(2)
Die zu vereinfachende Schrödingergleichung lautet damit
Ĥ0 + T̂K ψ(R, r) = Eψ(R, r)
2
(3)
Zunächst wird die Position der Kerne als fest angenommen, damit reduziert sich die vorherige Gleichung zu:
Ĥ0 φR (r) = E (0) (R)φR (r)
(4)
Dabei gibt der Index R an, dass die Wellenfunktion φR (r) immernoch vom Kernabstand R
abhängt.
Die Lösung dieser Gleichung bildet das vollständige, orthonormale Funktionensysten φR
s (r) mit
(0)
den zugehörigen Energieeigenwerten Es (R).
(0)
Ein beispielhafter Verlauf verschiedener Energien Es (R) in Abhängigkeit der
Kernpositionen |R| ist in Abbildung 1 dargestellt.
Abbildung 1: Verlauf verschiedener Eigenenergien
Der Gleichgewichtsabstand zwischen den Kernen wird sich im Rahmen der Born-Oppenheimer
Näherung als Minimum dieser Kurven herausstellen.
Mit den bekannten Lösung von (4) lässt sich die Wellenfunktion ψ(R, r), welche die vollständige
Schrödingergleichung (3) löst, in den Funktionen φR
s (r) entwickeln:
X
ψ(R, r) =
χs (R)φR
(5)
s (r)
s
Dabei sind die χs (R) die Entwicklungskoeffizienten, welche nur von R, jedoch nicht von r
abhängen. Diese Koeffizienten können später als die Wellenfunktionen der Kerne identifiziert
werden.
Diese Entwicklung lässt sich nun explizit in die Schrödingergleichung (3) einsetzten.
X
X
X
Es(0) (R)φR
T̂K (χs (R)φR
χs (R)φR
s (r)χs (R) +
s (r)) = E
s (r)
s
s
(6)
s
Hierbei wurde benutzt, dass die φR
s (r) Eigenfunktionen von Ĥ0 sind.
Im nächsten Schritt mitteln wir die Gleichung über die Wellenfunktionen der Elektronen mit
dem Ziel eine Gleichung für die Wellenfunktionen der Kerne χs (R) zu erhalten. Dazu wird die
∗
Gleichung von links mit (φR
t (r)) multipliziert und über r integriert. Dabei wird benutzt, dass
3
die
φR
s (r) ein vollständiges, orthogonales Funktionensystem bilden und somit
RWellenfunktionen
R
φt (r)|φs (r) = δt,s gilt.
!
Z
X
(0)
R
∗
R
χs (R)φs (r) = Eχt (R)
(7)
Et χt (R) + dr(φt (r)) T̂K
s
Im Folgenden ist es instruktiv, im verbleibenden Integral den Impulsoperator explizit auszuschreiben und die Kettenregeln anzuwenden.
! Z
Z
X
X
R
∗
R
∗
dr(φt (r)) T̂K
χs (R)φs (r) = dr(φR
T̂K χs (R) φR
t (r))
s (r)
s
Z
+
∗
dr(φR
t (r))
X
s
T̂K φR
s (r)
2
Z
χs (R) − h̄
s
∗
dr(φR
t (r))
X 1
∂R φR (r)∂Rk χs (R)
mk k s
(8)
s,k
Der erste Summand lässt sich als T̂k χt (R) schreiben und somit lässt sich implizit die Größe cts
definieren.
!
Z
X
X
R
∗
R
cts χs (R)
(9)
dr(φt (r)) T̂K
χs (R)φs (r) ≡ T̂k χt (R) +
s
s
Damit lässt sich die Schrödingergleichung 3 durch ein äquivalentes Gleichungssystem darstellen.
Ĥ0 φR (r) = E (0) φR (r)
X
(0)
T̂k χt (R) +
cts χ(R) = E − Et (R) χt (R)
(10)
(11)
s
Um diese Gleichungen zu entkoppeln, muss die Wechselwirkung zwischen der Elektronenhülle
und der Kernbewegung vernachlässigbar sein, damit ist die Born-Oppenheimer Näherung formal
gegeben durch:
cts ≡ 0
(12)
Anschaulich bedeutet dies, dass die Elektronen ihren Zustand adiabatisch an die Änderungen
der Kernpositionen anpassen.
Eine adiabatische Zustandsänderung bedeutet in der Quantenmechanik, dass das System in seinem Eigenzustand verbleibt, wenn ein äußeres Potential, das sich zeitlich verändert, auf das
System wirkt.
Das adiabatische Theorem der Quantenmechanik besagt, dass ein physikalisches System in seinem instantanen Eigenzustand verbleibt, wenn eine Pertubation langsam genug wirkt und der
Abstand zwischen dem Eigenwert und dem restlichen Spektrum des Hamiltonoperators ausreichend groß ist.
Der nächste Punkt von Interesse ist, wann die Born-Oppenheimer Näherung ihre Gültigkeit
verliert, dazu schätzen
wir Ezunächst die Größenordnung der Koeffizienten cts ab. Der erste
D
Summand lautet φs |T̂k |φm , es lässt sich zeigen, dass die resultierende Energie um den Fakme
tor m
kleiner ist als die kinetische Energie der Elektronen. Für den zweiten Summanden
k D
E
2P
1
−h̄
k φt | mk ∂Rk |φs ∂Rk lässt sich zeigen, dass die resultierende Energie um einen Faktor
q
me
mk kleiner ist als die kinetische Energie der Elektronen.
Unter welchen Umständen die Born-Oppenheimer Näherung zusammenbricht, lässt sich veranschaulichen, wenn man im Hamiltonoperator (2) den Impulsoperator T̂k als Störung betrachet
4
und den Hamiltonoperator in Ĥ = Ĥ0 + λW umschreibt, so ergeben sich die ersten 3 Glieder in
der Entwicklung der Energie zu:
D
ED
E
(0)
(0)
(0)
D
E X φ(0)
φt |T̂k |φs
s |T̂k |φt
(0)
Es = Es(0) + φ(0)
+
+ O(λ3 )
(13)
s |T̂k |φs
(0)
(0)
Es − Et
t6=s
Dies zeigt, dass die Born-Oppenheimer Näherung nur für genügen weit auseinander liegende
(0)
Energieeigenwerte Es akzeptable Ergebnisse liefern wird. Damit ergibt sich die folgende Bedingung für die Gültigkeit der Born-Oppenheimer Näherung:
E1 (R) E2 (R) E3 (R) · · ·
(14)
Dies entspricht der Bedingung, dass sich die Kurven in Abbildung 1 nicht zu nah kommen.
In diesem Gültigkeitsbereich lautet das Gleichungssystem der Born-Oppenheimer Näherung:
Ĥ0 φR (r) = E (0) φR (r)
(0)
T̂k χt (R) = E − Et (R) χt (R)
(15)
(16)
Relativistische, QED und andere Korrekturen können beim Lösen dieser Gleichungen als Störung
behandelt werden.
Als Konsequenz der Entkoppelung des Gleichungssystems ergibt sich, dass die Summe in (5)
verschwindet und die Gesamtwellenfunktion sich als Produkt aus der Wellenfunktion der Kerne
und der Wellenfunktion der Elektronen ergibt, womit die Gesamtenergie lediglich die Summe der
einzelnen Energieeigenwerte ist.
ψn,i (r, R) = φn (r)χn,i (R)
(17)
Im Folgenden können damit die Gleichungen (15) und (16) getrennt behandelt werden, dies ist
im weiteren Verlauf auf zweiatomige Moleküle beschränkt. Die Gleichung für die Wellenfunktion
der Elektronen (16) ergibt die Bindungsenergie des Moleküls und aus der Gleichung für die
Wellenfunktion der Kerne (16) lässt sich die Rotations- und Vibrationsbewegung der Atomkerne
ableiten.
3 Rotations- und Vibrationsbewegung zweiatomiger Moleküle
Im Folgenden geht es um die genauere Analyse von Gleichung (16) für zweiatomige Moleküle,
da es sich hier um ein Zweikörperproblem handelt, lassen sich die Bewegung des Schwerpunkts,
sowie die Relativbewegung der Kerne separieren. Die zu lösende Schrödingergleichung für die
2
Relativbewegung der Atomkerne mit der reduzierten Masse µ = MM11+M
M2 lautet:
h̄2 2
(0)
− ∇ + En (|R|) χnm (R) = Enm χnm (R)
2µ
(18)
(0)
Es ist zu beachten, dass der Potentialterm En (|R|) nur noch vom Abstand R = |R1 − R2 |
abhängt.
Formal entspricht Gleichung (18) der Schrödingergleichung des Wasserstoffatoms und in Analogie
wird der folgende Seperationsansatz gewählt:
χ(R, θ, φ) = S(R) · Y (θ, φ)
5
(19)
Daraus folgen die beiden Gleichungen:
1 d
2µ
C · h̄2
2 dS
(0)
S=0
R
+
E
−
E
(R)
−
n
R2 dR
dR
2µR2
h̄2
1 ∂
∂Y
1 ∂2Y
+C ·Y =0
sin θ
+
sin θ ∂θ
∂θ
sin2 θ ∂φ2
(20)
(21)
Hierbei wurde die Seperationskonstante C eingeführt, welche sich analog zum Wasserstoffatom
als J(J + 1) erweist, wobei J die Quantenzahl des Drehimpulses ist. Von den obigen Gleichungen
beschreibt die erste (20) die Radialbewegung und damit die Vibration des Moleküls, während
die zweite Gleichung (21) die Rotation des Moleküls beschreibt.
Wird als Vereinfachung der Abstand der Atomkerne konstant auf den Gleichgewichtsabstand
gesetzt R = R0 so folgt damit, dass die Funktion der Radialbewegung S(R0 ) ebenfalls konstant
(0)
ist. Wählt man das Potential En (R), welches ein Minimum beim Gleichgewichtsabstand R0
(0)
besitzt, so, dass En (R0 ) = 0 gilt, folgt aus (20) die Rotationsenergiewerte eines starren Rotators:
E(J) =
J(J + 1)h̄2
2µR02
(22)
Der vereinfachte Fall der Vibration ergibt sich, wenn das Molekül als nicht rotierend angenommen
wird.
Dazu wird in Gleichung (20) die Substitution U (R) = R · S(R) durchgeführt und es ergibt sich:
d2 U
2µ
+ 2 [E − En (R)] U = 0
dR2
h̄
(23)
Wird für das Potential En (R) in erster Näherung ein harmonisches Potential gewählt, so folgen
die bekannten Energieeigenwerte des harmonischen Oszillators:
1
Eν = h̄ω0 ν +
(24)
2
Diese Näherung wird für höhere Quantenzahlen schnell schlechter, weil das harmonische Potential
unendlich hohe Energieeigenwerte zulässt, in der Realität diese jedoch durch die Bindungsenergie
EB beschränkt ist. Eine Verbesserung ergibt sich mit dem Ansatz:
h
i
2
En (R) = EB 1 − e−a(R−R0 )
(25)
Dieses Potential wird als Morsepotential bezeichnet wird. Mit diesem Potential ergeben sich
nicht mehr äquidistante Energieeigenwerte, sondern eine Abnahme der Distanzen zwischen den
Energien. Die Energieeigenwerte sind gegeben durch:
2
h̄2 ω02
1
1
−
ν+
Eν = h̄ω0 ν +
2
4EB
2
(26)
Bessere Ansätze für das Potential En (R) müssen direkt aus der Schrödingergleichung für die
Elektronen (??) für das spezifische Molekül hergeleitet werden.
6
4 LCAO Näherung
Die Abkürzung LCAO steht für ”Linear combination of atomic orbits”. Ziel dieser Näherung ist
es die Grundzustandsenergie im Rahmen der Born-Oppenheimer Näherung zu bestimmten, dazu
wird die Schrödingergleichung bei festem Kernabstand (16) gelöst. In dieser Näherung wird für
die Wellenfunktion eines Elektrons als Ansatz eine Linearkombination aus Eigenfunktionen der
verschiedenen, im Molekül vorhanden, Atome gewählt. Anschließen wird mit dem Variationsverfahren das Minimum des Erwartungswertes der Energie bestimmt. Bezeichnet E0 die Energie
des Grundzustand eines quantenmechanischen Systems mit Hamiltonoperator Ĥ, so gilt für jede
beliebige Funktion φ die folgende Ungleichung:
< φ|Ĥ|φ >
≥ E0
< φ|φ >
(27)
In der LCAO Näherung wird die gesamte Wellenfunktion als ein Produkt von Wellenfunktionen
für die einzelnen Elektronen 1, 2, ..., N gewählt, damit ergibt sich der Ansatz:
Φ(1, 2, . . . , N ) =
k
X
ci φi (1)φi (2) . . . φi (N )
(28)
i=1
Die Anzahl der Testfunktionen φ kann dabei sehr hoch gewählt werden, in der Regel werden
als Testfunktionen Eigenfunktionen der Atome gewählt. In dem Produkt der Wellenfunktionen
muss noch eine vollständige Antisymmetrisierung vorgenommen werden, dabei müssen die Spinfunktionen der einzelnen Elektronen berücksichtigt werden. Die Koeffizienten ci werden durch
Minimierung bestimmt:
∂
< Φ|Ĥ|Φ >= 0
(29)
∂ci
Mit der daraus resultierenden Wellenfunktion kann die Bindungsenergie unter Verwendung von
Gleichung (27) bestimmt werden.
5 Zusammenfassung
Es wurde gezeigt, wie man aus der Schrödingergleichung die Born-Oppenheimer Näherung erhält,
ein Gleichungssysten, in dem die Wellenfunktion für Elektronen und die Kerne getrennt behandelt werden können. Dabei nehmen die Elektronen die Kerne lediglich bei einem festen Abstand
wahr und die Kerne spüren das gemittelte Potential der Elektronen für einen gegeben Kernabstand. Darüber hinaus wurde die Rotations- und Vibrationsbewegung der Kerne im vereinfachten
Fall des starren Rotators, sowie der harmonischen Schwingung und der Schwingung im Morsepotential behandelt. Zuletzt wurde noch in die LCAO-Näherung eingeführt, mit der im Rahmen
der Born-Oppenheimer Näherung numerische Rechnungen zur Bestimmung der Bindungsenergie
durchgeführt werden können.
7
Literatur
[1] Franz Schwabl, Quantenmechanik. Springer-Verlag Berlin Heidelberg New York 7. Auflage,
2007.
[2] Wolfgang Demtröder, Molekülphysik. Oldenbourg Verlag München 2. Auflage, 2013.
[3] Wolfgang Demtröder, Experimentalphysik 3. Springer-Verlag Berlin Heidelberg 4. Auflage,
2010.
[4] www2.physics.ox.ac.uk/sites/default/files/2011-09-16/born_oppenheimer_pdf_
31916.pdf Abgerufen am: 05.11.2014
[5] http://en.wikipedia.org/wiki/History_of_molecular_theory
Abgerufen am: 05.11.2014
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